L 16 RJ 43/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 RJ 699/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RJ 43/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Juli 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Die 1954 geborene Klägerin hatte erstmals im Klageverfahren vorgetragen, in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) eine Berufsausbildung als Gebäudereiniger abgeschlossen zu haben. Seit dem 16. Juli 1984 war die Klägerin beim D (DVA) in der DDR als Reinigungskraft versicherungspflichtig beschäftigt. Dieses Arbeitsverhältnis wurde von der Bundesrepublik Deutschland ab 1. Januar 1991 beim B B II fortgeführt. Die Klägerin war dort bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 11. August 1997 tätig. Das Beschäftigungsverhältnis ist ungekündigt. Nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung bezog die Klägerin vom 22. September 1997 bis 23. Juli 1998 Krankengeld und anschließend Leistungen vom Arbeitsamt, und zwar Arbeitslosengeld vom 24. Juli 1998 bis 6. Oktober 1998 - es schloss sich eine von der Beklagten gewährte stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit Übergangsgeldzahlung vom 7. Oktober 1998 bis 28. Oktober 1998 an -, vom 2. November 1998 bis 3. Juni 1999, 27. November 1999 bis 1. Februar 2000, 21. Februar 2000 bis 29. Mai 2000 und 7. Juli 2000 bis 4. Februar 2001 (An-spruchserschöpfung) sowie Anschluss-Arbeitslosenhilfe seit 5. Februar 2001. Seit März 1996 bezieht die Klägerin Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).

Im Dezember 1997 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Facharzt für Neurochirurgie Dr. Z untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte der Klägerin in seinem Gutachten vom 16. März 1998 noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der darge-legten qualitativen Leistungseinschränkungen (lumbales Schmerzsyndrom bei Ileosakralgelenksreizung links und Beinverkürzung rechts, Zustand nach Schilddrüsenresektion, Zustand nach Hysterektomie wegen Uteruskarzinom 1990). Mit Bescheid vom 1. April 1998 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens durchlief die Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 7. Oktober 1998 bis 28. Oktober 1998 in der Rehabilitationsklinik R W B K, aus der sie mit einem nach Auffassung der Klinik vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten entlassen wurde; auf den Entlassungsbericht vom 28. Oktober 1998 wird Bezug genommen. Die Klägerin legte ein von ihrem behandelnden Orthopäden Dr. Sch erstelltes Privatgutachten vom 12. September 1999 vor, wonach auf Grund eines chronischen Schmerzsyndroms und einer Wirbelsäulenverkrümmung ein vollschichtiges Leistungsvermögen nur noch für leichte körperliche Tätigkeiten bestehe. Die Beklagte holte noch Gutachten auf chirurgisch-orthopädischem (Arzt G) und internistisch-sozialmedizinischem Fachgebiet (Dr. F) vom 16. Februar 2000 und 8. März 2000 ein. Diese Ärzte bescheinigten der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen (kombinierte Thorakolumbalskoliose, Arthralgien, rezidivierende Bronchitiden bei Nikotinabusus, rezidivierendes Ulcus ventrikuli bzw. Gastritis, vaginale Hysterektomie wegen Krebserkrankung 1990, Adipositas, psychovegetatives Syndrom). Als Glas- und Gebäudereinigerin könne die Klägerin nicht mehr tätig sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es liege weder BU noch Erwerbsunfähigkeit (EU) vor.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Allgemeinmediziner Dr. P vom 6. Juni 2000 und von Dr. Sch vom 14. Juli 2000 und vom 20. November 2000. Arbeitgeberauskünfte des B B II vom 16. August 2000 und 4. April 2001 sind beigezogen worden; auf diese Unterlagen wird Bezug genommen. Die Klägerin hat zum Inhalt der von ihr zuletzt verrichteten Tätigkeit vorgetragen; auf die Sitzungsniederschriften des SG vom 30. Oktober 2000 und 9. Juli 2001 sowie die mit Schriftsatz vom 16. November 2000 vorgelegte Aufstellung der Tätigkeitsbereiche eines Glas- und Gebäudereinigers wird Bezug genommen.

Das SG hat die auf Gewährung von Rente wegen BU ab "Dezember 1997" gerichtete Klage mit Urteil vom 9. Juli 2001 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin sei nicht berufsunfähig. Auf Grund ihres bisherigen Berufes einer Reinigungskraft sei die Klägerin unter Berücksichtigung der eingeholten Arbeitgeberauskünfte als angelernte Arbeiterin im unteren Bereich anzusehen. Die Klägerin habe im Verwaltungsverfahren selbst angegeben, weder eine Lehre noch eine Berufsausbildung durchlaufen oder abgeschlossen zu haben. Als angelernte Arbeiterin des unteren Bereichs sei sie auf jede Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, soweit diese nicht nur einen sehr geringen qualitativen Wert habe. Als solche würden beispielsweise das Verpacken von Kleinteilen oder die Montage kleinerer Gegenstände in Betracht kommen. Für derartige Tätigkeiten verfüge die Klägerin nach den im Verwaltungsverfahren eingeholten medizinischen Gutachten noch über ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht weiterhin Berufsschutz als gelernte Glas- und Gebäudereinigerin geltend. Als Urlaubsvertreterin sei sie zeitweise auch für den Rapport zuständig gewesen. Auf den Schriftsatz vom 14. Januar 2002 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 1. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2000 zu verurteilen, ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Dezember 1997 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Klägerin nach wie vor nicht für berufsunfähig.

Der Senat hat ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin vom 17. November 1997 (Dr. G) beigezogen und Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Klägerin erstatten lassen, und zwar von dem Internisten Dr. Sch vom 1. Februar 2002 und von Dr. Sch vom 12. März 2002 und 15. August 2002.

Der Senat hat den Facharzt für Orthopädie Dr. K als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 18. November 2002 (Unter-suchung am 23. Oktober 2002) bei der Klägerin folgende Leiden diagnostiziert: rezidivierendes Zervikalsyndrom bei Osteochondrose und Spondylose der unteren Halswirbelsäule, chronisches Lumbalsyndrom bei Thorakolumbalskoliose, Impingementsyndrom am rechten Schultergelenk mit partieller Schultersteife. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen - unter Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - verrichten. Die Einschränkungen am rechten Schultergelenk seien durch geeignete therapeutische Maßnahmen besserungsfähig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und das Sachverständigengutachten von Dr. K Bezug genommen.

Die Sozialhilfeakten des Bezirksamtes M-H von B - Abt. Sozialwesen - (3 Bände), die Personalakten des B B II (3 Bände), die Leistungsakten des Arbeitsamtes B (2 Bände), die Akten der Beklagten (Renten- und Rehabilitationsakten) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen BU für die Zeit ab 1. Dezember 1997. Denn sie war und ist nicht berufsunfähig.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach § 43 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), weil die Klägerin ihren Rentenantrag im Dezember 1997 gestellt hat und Rente wegen BU (auch) für Zeiträume vor dem 1. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Die Klägerin war und ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI.

Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf" der Versicherten (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R - nicht veröffentlicht). Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -). Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese zugleich die qualitativ höchste gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 53, 66). Nach diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf der Klägerin der Beruf der Reinigungskraft der rentenrechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Diesen Beruf hatte die Klägerin zuletzt seit dem 16. Juli 1984 bei dem DVA und ab 1. Januar 1991 beim B B II bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter AU am 11. August 1997 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt. Fest steht zwar, dass die Klägerin diesen ihren bisherigen Beruf als Reinigungskraft aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann. Denn mit ihrem Leistungsvermögen, das nach Auffassung der im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachter und des gerichtlichen Sachverständigen Dr. K auf körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen beschränkt ist, kann die Klägerin der Tätigkeit einer Reinigungskraft nicht mehr nachgehen. Diese Tätigkeit erfordert, wie allgemein bekannt ist und sich zudem aus der Arbeitgeberauskunft des B B II vom 16. August 2000 ergibt, auch das Heben und Tragen zumindest mittelschwerer Lasten sowie das Arbeiten in gebeugten Zwangshal-tungen, die der Klägerin auf Grund ihrer Gesundheitsstörungen am Bewegungsapparat - was im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist - nicht mehr möglich sind.

Gleichwohl ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen BU steht der Versicherten nicht schon dann zu, wenn sie ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukom-men muss vielmehr, dass für die Versicherte auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die sie mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -).

Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas ist die Klägerin nicht der Berufsgruppe der Facharbeiter, sondern allenfalls der zweiten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters zuzuordnen. Nach den Feststellungen des Senats kommt innerhalb dieser großen inhomogenen Gruppe zudem nur eine Zuordnung der Klägerin zum unteren Bereich der Angelernten in Betracht. Voraussetzung für die Zuordnung einer Versicherten zum oberen Bereich der Berufsgruppe der Angelernten ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass der Versicherte der Wertigkeit nach einen Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von zwei Jahren (z.B. Berufskraftfahrer; vgl. die Verordnung über die Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer vom 26. Oktober 1973 - BGBl. I S. 1518), zumindest aber eine Beschäftigung verrichtet hat, die eine Ausbildungs- oder Anlernzeit von wenigstens zwölf Kalendermonaten erfordert (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45; BSG, Urteil vom 27. Februar 1997 - 13 RJ 9/96 - nicht veröffentlicht). Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin jedenfalls nicht vor.

Nach den vorliegenden Arbeitgeberauskünften des B B II vom 16. August 2000 und 4. April 2001 handelte es sich bei der Beschäftigung der Klägerin als Reinigungskraft um eine ungelernte, allenfalls aber einfach angelernte Tätigkeit, für die eine Ausbildungs- oder Anlernzeit von wenigstens zwölf Kalendermonaten nicht erforderlich war. Diese objektive Wertigkeit der Tätigkeit spiegelt sich auch in der tariflichen Einstufung wieder. Die Klägerin wurde ab 1. Juli 1991 in die Lohngruppe 2 Fallgruppe 1 des Manteltarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb-O) eingruppiert. Die Lohngruppe 2 Fallgruppe 1 MTArb-O umfasst Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende fachliche Einarbeitung erforderlich ist. Bereits auf Grund der tariflichen Eingruppierung ist somit eine Zuordnung der Klägerin zur Gruppe der Facharbeiter bzw. zur Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zu verneinen. Die Höherstufung der Klägerin in die Lohngruppe 2a ab 1. Dezember 1991 und in die Lohngruppe 3 ab 13. Dezember 1991 kann hingegen für die Wertigkeit des bisherigen Berufs nicht herangezogen werden, weil die dafür maßgeblichen Gesichtspunkte, nämlich der Bewährungsaufstieg, qualitätsfremd sind (vgl. BSG, Urteile vom 8. September 1982 - 5b RJ 16/81 = SozR 2200 § 1246 Nr. 101, vom 28. Mai 1991 - 13/5 RJ 69/90 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 14, vom 11. Juli 1985 - 5b RJ 88/84 = SozR 2200 § 1246 Nr. 129 und vom 1. September 1999 - B 13 RJ 89/98 R - nicht veröffentlicht). Dies gilt für alle diejenigen tariflichen Eingruppierungen, die allein auf einer bestimmten Dienstzeit, einem Lebensalter oder einem so genannten Bewährungsaufstieg beruhen (vgl. BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 13 RJ 89/98 R m.w.N.). Ob die Klägerin - wie von ihr erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen - in der früheren DDR eine Berufsausbildung zum Gebäudereiniger durchlaufen hatte, kann dahinstehen. Denn eine Versicherte kann nur dann in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters eingestuft werden, wenn sie entweder die erforderliche Ausbildung durchlaufen hat und - was bei der Klägerin nicht der Fall war - entsprechend ihrem Ausbildungsberuf entlohnt wird, oder wenn sie, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, einen anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hat und entsprechend entlohnt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 5 RJ 28/99 R - nicht veröffentlicht -, Urteil vom 28. Juni 1989 - 5 RJ 5/88 = SozR 2200 § 1246 Nr. 168 m.w.N.). In der Gesamtschau erreicht damit der bisherige Beruf der Klägerin ungeachtet dessen, ob diese tatsächlich eine Berufsausbildung zum Gebäudereiniger absolviert hatte, nicht die für die Zuordnung zum oberen Anlernbereich bzw. zur Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters erforderliche Wertigkeit. Diese Wertigkeit kann sich nur nach den Kriterien bestimmen, die objektiv den Wert der Tätigkeit für den Arbeitgeber ausmachen. Danach ist die tarifliche Eingruppierung der von der Klägerin verrichteten Tätigkeit als Reinigungskraft in die Lohngruppe 2 Fallgruppe 1 MTArb-O nicht zu beanstanden. Sie erfolgte auf Grund der Tätigkeitsdarstellung und -bewertung des Arbeitgebers vom 5. August 1993, die von der Klägerin nicht beanstandet worden ist (Komplettreinigung von Treppenhäusern und Aufgängen, Reinigung von Kellergängen, Reinigen von Aufzugskabinen, Grundreinigung von leerstehenden Wohnungen nach Baumaßnahmen, Reinigen von Containerabwurfräumen). Es mag zutreffen, dass die Klägerin daneben zeitweise auch qualifiziertere Glasreinigungsarbeiten durchgeführt hatte. Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbereich, der nicht zum arbeitsvertraglich bestimmten Aufgabenbereich der Beschäftigten gehört, reicht jedenfalls nicht für eine Einstufung in die Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters aus (vgl. BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 13 RJ 89/98 R m.w.N.).

Auf Grund der Bewertung des bisherigen Berufs der Klägerin als einer ungelernten Tätigkeit bzw. allenfalls einer Anlerntätigkeit im unteren Bereich ist die Klägerin aber sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, für die ihr Restleistungsvermögen noch ausreicht. Denn grundsätzlich darf die Versicherte im Vergleich zu ihrem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Berufsgruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung: vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -). Ein Berufsschutz, der die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit erfordert hätte, steht der Klägerin daher nicht zu.

Das Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist auch nicht derart eingeschränkt, dass ihr Arbeitseinsatz auf dem weiten Feld des allgemeinen Arbeits-marktes ausgeschlossen bzw. erheblich eingeschränkt erschiene. Auf Grund der Ermittlungen im Berufungsverfahren ist klargestellt, dass durchgehend während des für das Rentenbegehren entscheidungserheblichen Zeitraumes noch ein vollschichtiges Restleistungsvermögen der Klägerin zumindest für körperlich leichte Tätigkeiten - mit bestimmten weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen - bestand und besteht. Sämtliche im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren herangezogenen Gutachter bzw. Sachverständige wie auch die hierzu im erstinstanzlichen Verfahren befragten behandelnden Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein vollschichtiges Restleistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten bescheinigt, und zwar durchgehend seit der Rentenantragstellung im Dezember 1997. Der Senat legt dieses Restleistungsvermögen der Klägerin seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde. Durchgreifende inhaltliche Einwendungen, insbesondere gegen das Gutachten von Dr. K, hat die Klägerin nicht vorgetragen.

Das vollschichtige Restleistungsvermögen der Klägerin ist nach den von Dr. K festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen auch nicht derart eingeengt, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegenstünde. Die Klägerin kann zwar nach den von Dr. K getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden nur noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen bei gelegentlichem Haltungswechsel verrichten; auszuschließen sind einseitige körperliche Tätigkeiten, das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und Arbeiten im Steigen oder Klettern bzw. Arbeiten mit dem rechten Arm über der Horizontalen und insbesondere Überkopfarbeiten. Insbesondere im Hinblick darauf, dass nach den Feststellungen der gehörten Gutachter bzw. des Sachverständigen Dr. K Einschränkungen der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit nicht erkennbar sind, besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung, noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 - B 5/4 RA58/97 R - nicht veröffentlicht). Es sind zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen festzustellen, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der körperlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg zu vermeiden. In ihrer Mehrzahl sind die festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Die bei der Klägerin vorliegenden Leistungseinschränkungen zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen. Auch die Beschränkung beim Heben und Tragen von Lasten auf bis zu 5 kg reicht nicht aus, um ein der Klägerin noch verbleibendes ausreichendes Arbeitsfeld zu verneinen (vgl. BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 87/96 - nicht veröffentlicht).

Im Übrigen konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen noch leichte Bürotätigkeiten verrichten, wie sie in der Tarifgruppe X des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) erfasst sind. Das gleiche gilt für leichte Sortier- und Verpackungstätigkeiten. Schließlich ist die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen gesundheitlich auch noch in der Lage, die Tätigkeit eines einfachen Pförtners vollschichtig zu verrichten. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung des medizinischen Sachverständigen keine relevanten Einschränkungen bezüglich der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und der Auffassungsgabe anzunehmen sind, kann die Klägerin auch noch derart einfache Bürotätigkeiten, wie sie mit der Tarifgruppe X BAT tariflich vergütet werden, nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten, ebenso wie leichte Sortier- und Verpackungstätigkeiten und die Tätigkeit eines einfachen Pförtners.

Die Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem so genannten allgemeinen Arbeitsmarkt ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil sie nur noch in der Lage wäre, Tätigkeiten zu verrichten, die typischerweise in der Arbeitswelt als Erwerbsmöglichkeit nicht vorhanden sind, oder weil sie nur Vollzeittätigkeiten ausüben könnte, bei denen wegen ihrer Seltenheit zumindest die erhebliche Gefahr einer "Verschlossenheit des Arbeitsmarktes" besteht (so genannte Seltenheits- oder Katalogfälle: vgl. hierzu BSG, Urteile vom 25. Juni 1986 - 4a RJ 55/84 = SozR 2200 § 1246 Nr. 137, vom 9. September 1986 - 5b RJ 50/84 = SozR 2200 § 1246 Nr. 139 und vom 14. September 1995 - 5 RJ 50/94 - nicht veröffentlicht). Dafür, dass bei der Klägerin einer dieser Fälle vorliegt, finden sich nach dem festgestellten Restleistungsvermögen keinerlei Anhaltspunkte.

Die Gewährung von Rente wegen EU hat die Klägerin nicht geltend gemacht.

Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht besteht schließlich kein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei BU, weil die insoweit ab 1. Januar 2001 geltende Vorschrift des § 240 SGB VI noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normiert als das bisherige BU-Ren-tenrecht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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