Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 AL 7177/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5071/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und eine damit verbundene Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von insgesamt 902,33 EUR.
Der 1972 geborene Kläger bezog ab 1. März 2009 Alg mit einem täglichen Leistungssatz von 31,03 EUR. Am 8. Mai 2009 fuhr der Kläger nach Bulgarien, ohne dies der Beklagten mitzuteilen. Bei der Rückfahrt wurde er am 11. Mai 2009 aufgrund eines türkischen Rechtshilfeersuchens an der bulgarischen Grenze verhaftet. Am 24. Juni 2009 teilte die Ehefrau des Klägers der Beklagten mit, ihr Mann sei in Bulgarien verhaftet worden, sie wisse nicht, wann er zurückkomme.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung wegen fehlender Verfügbarkeit ab 8. Mai 2009 auf. Mit Bescheid vom gleichen Tag forderte sie die Erstattung von überzahltem Alg für den Zeitraum 8. bis 31. Mai 2009 in Höhe von 713,69 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 29. Juni 2009 forderte sie die Erstattung für diesen Zeitraum überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 188,64 EUR. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2009 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 28. Oktober 2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger sei am 11. Mai 2009 völlig überraschend an der bulgarischen Grenze verhaftet worden. Er sei einerseits telefonisch erreichbar und andererseits unverschuldet nicht in der Lage gewesen, ab Montag, 11. Mai 2009 der Beklagten für Vermittlungsbemühungen vor Ort zur Verfügung zu stehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Bewilligung von Alg zu Recht ab 8. Mai 2009 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X solle der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene gewusst oder nicht gewusst habe, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt habe, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Der Kläger sei ab 8. Mai 2009 nicht mehr arbeitslos gewesen, damit habe ab diesem Zeitpunkt eine wesentliche Änderung der bei der Bewilligung zugrunde liegenden Verhältnisse vorgelegen. Nach § 119 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei arbeitslos, wer u.a. den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stehe (Verfügbarkeit). Verfügbar sei nach § 119 Abs. 5 SGB III u.a., wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben könne und dürfe und Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) müsse der Arbeitslose sicherstellen, dass die Beklagte ihn persönlich an jedem Werktag unter der von ihm genannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO). Erfülle der Arbeitslose die Anforderung nicht, stehe dies der Verfügbarkeit für drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt habe (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EAO). Der Kläger habe sich seit dem 8. Mai 2009, einem Werktag, in Bulgarien aufgehalten, ohne dass die Beklagte dem Auslandsaufenthalt zugestimmt hätte. Ab diesem Zeitpunkt sei er nicht mehr verfügbar gewesen, ein Anspruch auf Alg habe damit nicht mehr bestanden. Der Kläger habe auch wissen müssen, dass bei einer solchen Ortsabwesenheit sein Alg-Anspruch zum Wegfall komme. Spätestens aufgrund der Inhaftierung sei er zudem objektiv nicht mehr verfügbar gewesen. Die Verpflichtung zur Erstattung des überzahlten Alg und der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folge aus § 50 SGB X und § 335 SGB III.
Gegen den Gerichtsbescheid richtet sich die am 30. Oktober 2010 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Es sei bekannt, dass ein Alg-Anspruch auch bei Ortsabwesenheit, beispielsweise bei einem Urlaub nicht verloren gehe. Der nicht über das Gesetz Informierte komme daher bei einer überraschenden Inhaftierung nicht auf den Gedanken, dass in einem solchen Fall der Alg-Anspruch nicht bestehe, weil über diese Ortsabwesenheit die Beklagte nicht vorab informiert worden sei. Ab Freitagnachmittag, 8. März 2010 sei nicht mehr damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger von der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch gebeten werden würde. Von da bis einschließlich Montag früh habe der Kläger seine Fahrt durchführen wollen. Er sei davon ausgegangen, dass eine solche Ortsabwesenheit nicht vorher mitzuteilen sei. Hätte er sich am Sonntag ein Bundesligafußballspiel in H. ansehen wollen und dies mit dem Besuch von Freunden den Tag zuvor verknüpft, wäre kein Mensch auf den Gedanken gekommen, dass dies meldepflichtig sei. Warum die vom Kläger durchgeführte Fahrt meldepflichtig gewesen sein solle, erschließe sich nicht. Mit der Verhaftung sei nicht zu rechnen gewesen, so dass auch von Fahrlässigkeit keine Rede sein könne. Darüber hinaus seien die Leistungen für den Lebensunterhalt der Familie verbraucht worden. Greife § 47 SGB X ein, gelte Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift; der Verwaltungsakt dürfe nicht widerrufen werden, weil der Kläger auf seinen Bestand vertraut habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Oktober 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 25. und 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zu Recht festgestellt, dass die Bescheide vom 25. und 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2009 nicht zu beanstanden seien. Der Kläger habe ab 8. Mai 2009 weder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, noch könne er sich auf Vertrauensschutz berufen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass er der Beklagten seine Ortsabwesenheit vor Reisebeginn hätte melden müssen. Dieser Mitteilungspflicht sei er nicht nachgekommen. Ob die Inhaftierung für ihn überraschend gewesen sei, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach erteiltem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 750 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Alg ist § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Danach verlangt die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Rückwirkend ist eine Aufhebung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X möglich. Eine Änderung der Verhältnisse besteht dann, wenn nach Ergehen des Bewilligungsbescheids der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alg entfallen ist. Dies ist beim Kläger der Fall, denn ab 8. Mai 2009 war er nicht mehr arbeitslos. Nach § 119 Abs. 5 SGB III steht nur der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung und ist deshalb auch nur der arbeitslos i.S.v. § 119 Abs. 1 SGB III, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung i.S.d. Nummer 1 anzunehmen und auszuüben und (4.) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
Der Kläger war bereits ab Freitag, 8. Mai 2009 für die Beklagte nicht mehr erreichbar i.S.v. § 119 Abs. 5 Nr. 2 SGB III, denn er war auf dem Weg nach Bulgarien und damit nicht in der Lage, einen potentiellen neuen Arbeitgeber aufzusuchen, einen Vorstellungs- oder Beratungstermin wahrzunehmen oder einem sonstigen Vorschlag der Beklagten Folge zu leisten (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 5. Aufl., § 119 Rdnr. 75). Näheres zu den Pflichten des Arbeitslosen, Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten, hat der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit in der EAO geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO kann Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO). Ein Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs steht der Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt hat (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EAO). Da die Beklagte dem Auslandsaufenthalt nicht zugestimmt hatte, war der Kläger bereits ab 8. Mai 2009 nicht mehr verfügbar und damit nicht mehr arbeitslos. Da die Erreichbarkeit eine objektive Voraussetzung ist, ist es unerheblich, ob den Arbeitslosen an der Nichterreichbarkeit ein Verschulden trifft. Ab seiner Verhaftung am 11. Mai 2009 war der Kläger zudem auch nicht mehr in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung i.S.v. § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III aufzunehmen und daher auch deshalb nicht mehr arbeitslos.
Auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sind erfüllt. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger - sofern er tatsächlich keine positive Kenntnis hatte - nur deshalb nicht wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes ganz weggefallen war, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Verlangt wird eine Sorgfaltspflichtverletzung mit einem außergewöhnlich hohen Ausmaß, d.h. es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden seien, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet der Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris)).
Im Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Erhalt der Kläger am 1. März 2009 unterschriftlich bestätigt hat, wird unter Ziffer 2.5 darauf hingewiesen, dass eine Ortsabwesenheit rechtzeitig vorher mitzuteilen ist und der vorherigen Zustimmung der Agentur für Arbeit bedarf. Für den Fall eines Reiseantritts ohne vorherige Unterrichtung und Zustimmung der Agentur für Arbeit enthält das Merkblatt den Hinweis auf die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung von Reisebeginn an. Der Kläger musste daher wissen, dass der Anspruch auf Alg bereits ab 8. Mai 2009, einem Werktag, entfallen war. Insoweit ist eine Reise nach Bulgarien ab Freitag - wie von der Ehefrau bestätigt - nicht mit einem Besuch in Hamburg über das Wochenende vergleichbar. Dies gilt insbesondere, da der Kläger keineswegs ohne die Verhaftung bereits am Montag, 11. Mai 2009 wieder den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte, denn er hat erst an diesem Tag die Rückreise angetreten und ist bei dieser Gelegenheit an der bulgarischen Grenze verhaftet worden. Dass der Kläger nach seinem Vortrag beabsichtigt hatte, am 12. Mai 2009 wieder aus Bulgarien zurück zu sein, ändert weder an der fehlenden Verfügbarkeit ab Reisebeginn etwas noch daran, dass dem Kläger aufgrund der Hinweise im Merkblatt hätte klar sein müssen, dass der Anspruch auf Alg deshalb entfallen war. Dass die Ortsabwesenheit ohne die überraschende Verhaftung des Klägers vermutlich unentdeckt geblieben wäre, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Ab dem 11. Mai 2009 war der Kläger zusätzlich auch deshalb nicht mehr verfügbar, da er infolge der Inhaftierung nicht mehr in der Lage war, eine Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden aufzunehmen. Auch insoweit musste dem Kläger aufgrund der Hinweise im Merkblatt klar sein, dass sein Anspruch auf Alg entfällt, wenn die Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit nicht mehr gegeben ist. Auf die Frage, ob die Verhaftung für den Kläger vorhersehbar war, kommt es nicht an.
Darüber hinaus hat der Kläger auch seine Mitteilungspflichten durch die fehlende Meldung seiner Ortsabwesenheit grob fahrlässig verletzt, so dass auch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X die Aufhebung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse erfolgen kann.
Da die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X erfüllt sind, kommt Vertrauensschutz nicht in Betracht. § 330 Abs. 3 SGB III ordnet insoweit zwingend die Aufhebung der Bewilligung rückwirkend ab Änderung der Verhältnisse an, ohne dass Ermessen auszuüben wäre oder Härtegesichtspunkte berücksichtigt werden könnten. Daher kann auch der Verbrauch der Leistungen für den Lebensunterhalt der Familie zu keiner anderen Beurteilung führen. § 47 SGB X betrifft den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte und ist vorliegend ohnehin nicht einschlägig.
Rechtsgrundlage für die Erstattung des überzahlten Alg ist § 50 Abs. 1 SGB X. Die Rückforderung der von der Beklagten getragenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Die Rückforderungsbeträge wurden von der Beklagten - auch der Höhe nach - zutreffend festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und eine damit verbundene Erstattungsforderung der Beklagten in Höhe von insgesamt 902,33 EUR.
Der 1972 geborene Kläger bezog ab 1. März 2009 Alg mit einem täglichen Leistungssatz von 31,03 EUR. Am 8. Mai 2009 fuhr der Kläger nach Bulgarien, ohne dies der Beklagten mitzuteilen. Bei der Rückfahrt wurde er am 11. Mai 2009 aufgrund eines türkischen Rechtshilfeersuchens an der bulgarischen Grenze verhaftet. Am 24. Juni 2009 teilte die Ehefrau des Klägers der Beklagten mit, ihr Mann sei in Bulgarien verhaftet worden, sie wisse nicht, wann er zurückkomme.
Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung wegen fehlender Verfügbarkeit ab 8. Mai 2009 auf. Mit Bescheid vom gleichen Tag forderte sie die Erstattung von überzahltem Alg für den Zeitraum 8. bis 31. Mai 2009 in Höhe von 713,69 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 29. Juni 2009 forderte sie die Erstattung für diesen Zeitraum überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 188,64 EUR. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 2009 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 28. Oktober 2009 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Zur Begründung wird vorgetragen, der Kläger sei am 11. Mai 2009 völlig überraschend an der bulgarischen Grenze verhaftet worden. Er sei einerseits telefonisch erreichbar und andererseits unverschuldet nicht in der Lage gewesen, ab Montag, 11. Mai 2009 der Beklagten für Vermittlungsbemühungen vor Ort zur Verfügung zu stehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe die Bewilligung von Alg zu Recht ab 8. Mai 2009 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X solle der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene gewusst oder nicht gewusst habe, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt habe, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen sei. Der Kläger sei ab 8. Mai 2009 nicht mehr arbeitslos gewesen, damit habe ab diesem Zeitpunkt eine wesentliche Änderung der bei der Bewilligung zugrunde liegenden Verhältnisse vorgelegen. Nach § 119 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) sei arbeitslos, wer u.a. den Vermittlungsbemühungen der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung stehe (Verfügbarkeit). Verfügbar sei nach § 119 Abs. 5 SGB III u.a., wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben könne und dürfe und Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten könne. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 der Erreichbarkeitsanordnung (EAO) müsse der Arbeitslose sicherstellen, dass die Beklagte ihn persönlich an jedem Werktag unter der von ihm genannten Anschrift durch Briefpost erreichen könne (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO). Erfülle der Arbeitslose die Anforderung nicht, stehe dies der Verfügbarkeit für drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt habe (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EAO). Der Kläger habe sich seit dem 8. Mai 2009, einem Werktag, in Bulgarien aufgehalten, ohne dass die Beklagte dem Auslandsaufenthalt zugestimmt hätte. Ab diesem Zeitpunkt sei er nicht mehr verfügbar gewesen, ein Anspruch auf Alg habe damit nicht mehr bestanden. Der Kläger habe auch wissen müssen, dass bei einer solchen Ortsabwesenheit sein Alg-Anspruch zum Wegfall komme. Spätestens aufgrund der Inhaftierung sei er zudem objektiv nicht mehr verfügbar gewesen. Die Verpflichtung zur Erstattung des überzahlten Alg und der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung folge aus § 50 SGB X und § 335 SGB III.
Gegen den Gerichtsbescheid richtet sich die am 30. Oktober 2010 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger habe nicht grob fahrlässig gehandelt. Es sei bekannt, dass ein Alg-Anspruch auch bei Ortsabwesenheit, beispielsweise bei einem Urlaub nicht verloren gehe. Der nicht über das Gesetz Informierte komme daher bei einer überraschenden Inhaftierung nicht auf den Gedanken, dass in einem solchen Fall der Alg-Anspruch nicht bestehe, weil über diese Ortsabwesenheit die Beklagte nicht vorab informiert worden sei. Ab Freitagnachmittag, 8. März 2010 sei nicht mehr damit zu rechnen gewesen, dass der Kläger von der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch gebeten werden würde. Von da bis einschließlich Montag früh habe der Kläger seine Fahrt durchführen wollen. Er sei davon ausgegangen, dass eine solche Ortsabwesenheit nicht vorher mitzuteilen sei. Hätte er sich am Sonntag ein Bundesligafußballspiel in H. ansehen wollen und dies mit dem Besuch von Freunden den Tag zuvor verknüpft, wäre kein Mensch auf den Gedanken gekommen, dass dies meldepflichtig sei. Warum die vom Kläger durchgeführte Fahrt meldepflichtig gewesen sein solle, erschließe sich nicht. Mit der Verhaftung sei nicht zu rechnen gewesen, so dass auch von Fahrlässigkeit keine Rede sein könne. Darüber hinaus seien die Leistungen für den Lebensunterhalt der Familie verbraucht worden. Greife § 47 SGB X ein, gelte Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift; der Verwaltungsakt dürfe nicht widerrufen werden, weil der Kläger auf seinen Bestand vertraut habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Oktober 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 25. und 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zu Recht festgestellt, dass die Bescheide vom 25. und 29. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Oktober 2009 nicht zu beanstanden seien. Der Kläger habe ab 8. Mai 2009 weder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden, noch könne er sich auf Vertrauensschutz berufen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass er der Beklagten seine Ortsabwesenheit vor Reisebeginn hätte melden müssen. Dieser Mitteilungspflicht sei er nicht nachgekommen. Ob die Inhaftierung für ihn überraschend gewesen sei, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach erteiltem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 750 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Alg ist § 48 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Danach verlangt die Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Rückwirkend ist eine Aufhebung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X möglich. Eine Änderung der Verhältnisse besteht dann, wenn nach Ergehen des Bewilligungsbescheids der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Alg entfallen ist. Dies ist beim Kläger der Fall, denn ab 8. Mai 2009 war er nicht mehr arbeitslos. Nach § 119 Abs. 5 SGB III steht nur der den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung und ist deshalb auch nur der arbeitslos i.S.v. § 119 Abs. 1 SGB III, wer (1.) eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, (2.) Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, (3.) bereit ist, jede Beschäftigung i.S.d. Nummer 1 anzunehmen und auszuüben und (4.) bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen.
Der Kläger war bereits ab Freitag, 8. Mai 2009 für die Beklagte nicht mehr erreichbar i.S.v. § 119 Abs. 5 Nr. 2 SGB III, denn er war auf dem Weg nach Bulgarien und damit nicht in der Lage, einen potentiellen neuen Arbeitgeber aufzusuchen, einen Vorstellungs- oder Beratungstermin wahrzunehmen oder einem sonstigen Vorschlag der Beklagten Folge zu leisten (vgl. Brand in Niesel, SGB III, 5. Aufl., § 119 Rdnr. 75). Näheres zu den Pflichten des Arbeitslosen, Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge zu leisten, hat der Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit in der EAO geregelt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO kann Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Der Arbeitslose hat deshalb sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO). Ein Aufenthalt außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs steht der Verfügbarkeit bis zu drei Wochen im Kalenderjahr nicht entgegen, wenn das Arbeitsamt vorher seine Zustimmung erteilt hat (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EAO). Da die Beklagte dem Auslandsaufenthalt nicht zugestimmt hatte, war der Kläger bereits ab 8. Mai 2009 nicht mehr verfügbar und damit nicht mehr arbeitslos. Da die Erreichbarkeit eine objektive Voraussetzung ist, ist es unerheblich, ob den Arbeitslosen an der Nichterreichbarkeit ein Verschulden trifft. Ab seiner Verhaftung am 11. Mai 2009 war der Kläger zudem auch nicht mehr in der Lage, eine versicherungspflichtige Beschäftigung i.S.v. § 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III aufzunehmen und daher auch deshalb nicht mehr arbeitslos.
Auch die Voraussetzungen für eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sind erfüllt. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger - sofern er tatsächlich keine positive Kenntnis hatte - nur deshalb nicht wusste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes ganz weggefallen war, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat. Verlangt wird eine Sorgfaltspflichtverletzung mit einem außergewöhnlich hohen Ausmaß, d.h. es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden seien, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet der Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris)).
Im Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Erhalt der Kläger am 1. März 2009 unterschriftlich bestätigt hat, wird unter Ziffer 2.5 darauf hingewiesen, dass eine Ortsabwesenheit rechtzeitig vorher mitzuteilen ist und der vorherigen Zustimmung der Agentur für Arbeit bedarf. Für den Fall eines Reiseantritts ohne vorherige Unterrichtung und Zustimmung der Agentur für Arbeit enthält das Merkblatt den Hinweis auf die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung von Reisebeginn an. Der Kläger musste daher wissen, dass der Anspruch auf Alg bereits ab 8. Mai 2009, einem Werktag, entfallen war. Insoweit ist eine Reise nach Bulgarien ab Freitag - wie von der Ehefrau bestätigt - nicht mit einem Besuch in Hamburg über das Wochenende vergleichbar. Dies gilt insbesondere, da der Kläger keineswegs ohne die Verhaftung bereits am Montag, 11. Mai 2009 wieder den Vermittlungsbemühungen der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte, denn er hat erst an diesem Tag die Rückreise angetreten und ist bei dieser Gelegenheit an der bulgarischen Grenze verhaftet worden. Dass der Kläger nach seinem Vortrag beabsichtigt hatte, am 12. Mai 2009 wieder aus Bulgarien zurück zu sein, ändert weder an der fehlenden Verfügbarkeit ab Reisebeginn etwas noch daran, dass dem Kläger aufgrund der Hinweise im Merkblatt hätte klar sein müssen, dass der Anspruch auf Alg deshalb entfallen war. Dass die Ortsabwesenheit ohne die überraschende Verhaftung des Klägers vermutlich unentdeckt geblieben wäre, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Ab dem 11. Mai 2009 war der Kläger zusätzlich auch deshalb nicht mehr verfügbar, da er infolge der Inhaftierung nicht mehr in der Lage war, eine Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden aufzunehmen. Auch insoweit musste dem Kläger aufgrund der Hinweise im Merkblatt klar sein, dass sein Anspruch auf Alg entfällt, wenn die Anspruchsvoraussetzung der Verfügbarkeit nicht mehr gegeben ist. Auf die Frage, ob die Verhaftung für den Kläger vorhersehbar war, kommt es nicht an.
Darüber hinaus hat der Kläger auch seine Mitteilungspflichten durch die fehlende Meldung seiner Ortsabwesenheit grob fahrlässig verletzt, so dass auch gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X die Aufhebung mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse erfolgen kann.
Da die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 SGB X erfüllt sind, kommt Vertrauensschutz nicht in Betracht. § 330 Abs. 3 SGB III ordnet insoweit zwingend die Aufhebung der Bewilligung rückwirkend ab Änderung der Verhältnisse an, ohne dass Ermessen auszuüben wäre oder Härtegesichtspunkte berücksichtigt werden könnten. Daher kann auch der Verbrauch der Leistungen für den Lebensunterhalt der Familie zu keiner anderen Beurteilung führen. § 47 SGB X betrifft den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte und ist vorliegend ohnehin nicht einschlägig.
Rechtsgrundlage für die Erstattung des überzahlten Alg ist § 50 Abs. 1 SGB X. Die Rückforderung der von der Beklagten getragenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung beruht auf § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Die Rückforderungsbeträge wurden von der Beklagten - auch der Höhe nach - zutreffend festgesetzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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