Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 21 KA 1060/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 78/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anlage 4 "Härtefallregelung EBM 96" zum Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten im 1. Quartal 1996.
Der Kläger nahm im streitigen Zeitraum als HNO-Arzt in N. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Seinen Antrag vom 9. August 1996 auf Zuerkennung einer Honorarausgleichszahlung für das 1. Quartal 1996 nach Anlage 4 des HVM begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass sich seine HNO-Praxis noch im Aufbau befinde. Er habe trotz Steigerung der Patientenzahl um knapp 20 % gegenüber denm Vergleichsquartal 1/95 eine geringere Vergütung erhalten. Er habe noch Anfang 1996 in diagnostische Geräte investiert, nachdem eine Vergütungsminderung von über 20 % beim besten Willen nicht abzusehen gewesen sei. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 1997 ab, weil keine unbillige Härte vorliege. Das Gesamthonorar werde im Vergleich zum Gesamthonorar des entsprechenden Vorjahresquartals 1995 nicht um 15 % unterschritten.
Seinen dagegen eingelegten Widerspruch lies der Kläger im Wesentlichen damit begründen, dass das alleinige Abstellen auf das zur Abrechnung gebrauchte Gesamthonorar dann nicht ausreiche, wenn sich die Praxen noch in einer Entwicklung befänden. Berücksichtige man im Falle des Widerspruchsführer die Fallentwicklung und rechne diese auf das Honorar hoch, liege eine Unterschreitung von über 18 % vor. Durch die Ablehnung der Härtefallentscheidungen werden dem Kläger im Vergleich zu etabilierten Praxen ohne nachvollziehbaren Rechtsgrund benachteiligt. Dies verstosse gegen Art.12 GG in Verbindung mit Art.3 GG. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1997 aus denselben Gründen wie im Ausgangsbescheid zurück. Ergänzend führte sie aus, dass die Honorarunterschreitung 2,29 % betragen habe (Gesamthonorar im Quartal 1/96: DM 73.977,31 Gesamthonorar im Vergleichsquartal 1/95: DM 75.708,84; Differenz: DM 1.731,53).
Gegen den am 25. Juli 1997 zugestellten Bescheid ließ der Kläger am 12. August 1997 Klage zum Sozialgericht München erheben (Az.: S 21 KA 1129/97, fortgeführt unter dem Az.: S 21 KA 1060/99). Zu deren Begründung ließ er im Wesentlichen folgendes vortragen: Es sei außer Acht gelassen worden, dass es in seiner Praxis im Zeitraum 1/95 bis 1/96 zu einer Fallzahlsteigerung um 20,62 % bei gleichzeitiger Fallwertabsenkung um 33 % gekommen sei. Die Praxis befinde sich aufgrund der Anfängerstrukturen immer noch in einer Entwicklung. Bei Neugründerpraxen müsste im Rahmen der Honorarverteilungsregelungen auch die tatsächliche Entwicklung dieser Praxen Berücksichtigung finden. Bei einer Praxis, die die Etablierungsphase noch nicht abgeschlossen habe, wirke sich die Härtefallregelung sehr viel fataler aus, da ihr jegliche Entwicklungsmöglichkeit genommen werde. Würden Härtefallregelungen eingeführt, müssten diese auch die Möglichkeit eröffnen, auf echte Härtefälle zu reagieren. Da die zugrunde liegende Härtefallregelung evidente Mängel aufweise, sei sie rechtswidrig.
In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2000 erklärte der Kläger auf Frage des Vorsitzenden ergänzend, dass die ausgezahlte Honorarsumme im Quartal 1/96 im Vergleich zum Quartal 1/95 um DM 5.934,47 geringer gewesen sei (- 7,84 %).
Der Kläger beantragte, den Bescheid vom 17. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Härtefallantrag zu entscheiden. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Sie vertrat in ihrer Klageerwiderung vom 9. Februar 1998 die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Anlage 4 zum HVM zutreffend ausgelegt und angewandt worden sei. Diese Regelung verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Aus Art.12 GG und Art.3 GG ergebe sich keine Verpflichtung, dem Vertragsarzt alle finanziellen Risiken bei der Berufsaufnahme und Berufsausübung abzunehmen. Diese Grundrechte garantierten dem Vertragsarzt weder ein bestimmtes Einkommensniveau, noch bestimmte Mindestumsätze, noch einen bestimmten Scheinschnitt. Im Übrigen lägen auch die weiteren Voraussetzungen der Anlage 4 nicht vor.
Mit Urteil vom 22. März 2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es liege keine unbillige Härte im Sinne der Anlage 4 zum HVM vor, weil das Gesamthonorar des Arztes im 1. Quartal 1996 das Gesamthonorar im entsprechenden Vorjahresquartal (1/95) nicht um mehr als 15 % unterschreite. Ob auch andere Umstände im Rahmen der Entscheidung über die Honorarausgleichszahlung zu berücksichtigen seien, etwa die vom Kläger vorgetragene Aufbauphase der Praxis, könne dahingestellt bleiben, denn dies sei in der Härtefallregelung nicht vorgesehen. Aus Art.12 Abs.1 GG und Art.3 Abs.1 GG lasse sich kein Anspruch auf eine Härtefallregelung herleiten. Ob eine Härtefallregelung überhaupt zu treffen sei und mit welchem Inhalt, liege in der Gestaltungsfreiheit der Beklagten.
Gegen das am 6. Juli 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. August 2000, einem Montag, Berufung einlegen lassen. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Härtefallregelung nach Anlage 4 HVM werde den höchstrichterlichen Vorgaben nicht gerecht, insbesondere nicht dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 71/97. Bei der Praxis des Klägers handele es sich um eine Praxisneugründung. Bei Anwendung der Anlage 4 sei außer Acht gelassen worden, dass sich im Zeitraum 1/95 bis 1/96 in dieser Praxis die Fallzahl um mehr als 20 % ausgeweitet habe und gleichzeitig der Fallwert um 33 % gesunken sei. Die Beklagte hätte dem Kläger ein Entwicklungspotential bis zum Fachgruuppendurchschnitt durch entsprechende Honorarausgleichszahlungen ermöglichen müssen. Dies habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 71/97, entschieden. Es werde zwar auch diesseits gesehen, dass die dieser Entscheidung zugrunde liegende Problematik der individuellen Budgets im Bereich der zahnärztlichen Honorierung nicht ohne Weiteres auf das hier zugrunde liegende Problem der Härtefallsystematik übertragbar sei. Es ließen sich dieser Entscheidung jedoch einige grundsätzliche Anforderungen an Härtefallregelungen entnehmen. Die Beklagte habe in ihrer Härtefallregelung die Forderung des Bundessozialgerichts nach abstrakter Berücksichtigung von Fallzahlentwicklungen, mindestens bis zum Fachgruppendurchschnitt, völlig außer Acht gelassen. Dies führe zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit. In Praxen, die die Etablierungsphase noch nicht abgeschlossen hätten, wirke sich die Härtefallregelung der Anlage 4 sehr viel fataler aus als bei etablierten Praxen. Solchen Praxen werde jegliche Entwicklungsmöglichkeit genommen, auch wenn sie eine entsprechend gesunde Entwicklung durch das Anwachsen der Fallzahlen und nicht von Fallwerten genommen hätten. Da die Härtefallregelung evidente Mängel aufweise, sei sie rechtswidrig.
Das Gericht hat den Beteiligten ergänzend je eine Kopie des Urteils des Senats vom 12. April 2000, Az.: L 12 KA 146/98, übersandt. Die Bevollmächtigten des Klägers haben daraufhin mit Schriftsatz vom 6. September 2001 ergänzend vorgetragen, dass der diesem Urteil zugrundliegende Sachverhalt mit dem hier streitigen nicht vergleichbar sei. Darüber hinaus habe der Senat die hier relevanten rechtlichen Anforderungen, wie sie unter Bezugnahme auf das Urteil vom 21. Oktober 1198, Az.: B 6 KA 71/97 dargelegt worden sein, nicht berücksichtigt. Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt habe keinen Anlass gegeben, sich mit Praxen auseinanderzusetzen, die weder in Fallzahl noch im Fallwert den entsprechenden Fachgruppendurchschnitt erreicht hätten. Die Bevollmächtigten vertreten weiter die Auffassung, dass wegen Abweichung von der Entscheidung des Bundessozialgerichts die Revision zuzulassen wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. März 2000 ebenso wie die Härtefallentscheidung vom 17. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1997 aufzuheben. Die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht erneut über den Härtefallantrag des Klägers zu entscheiden. Hilfsweise beantragt er die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte (Härtefallregelung EBM 96 gemäß Anlage 4 zum HVM - 1/96), die Klageakten (Az.:S 21 KA 1129/97, S 21 KA 1060/99) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 KA 78/00) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 1997 mit dem die Zuerkennung einer Honorarausgleichszahlung abgelehnt wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat deshalb die dagegen erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu Recht abgewieen. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte die Anlage 4 zum HVM rechtsfehlerfrei ausgelegt und angewandt hat.
Soweit die Bevollmächtigten gestützt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 71/97 R, SozR 3-2500 § 85 Nr.28) einen Verstoß gegen höherrangiges Recht rügen und aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit einen Anspruch auf eine andere Gestaltung der Härtefallregelung in Anlage 4 zum HVM herleiten, so hat sich der Senat bereits im Urteil vom 12. April 2000, Az.: L 12 KA 146/98 S.11 f. hierzu geäußert. Er hat ein entsprechendes Verlangen abgelehnt, weil er die Entscheidung des Bundessozialgerichts, die zum zahnärztlichen Honorarverteilungsmaßstab mit individuellen Budgets ergangen ist, nicht auf den vertragsärztlichen Bereich für übertragbar gehalten hat. Der Senat hat es allerdings offen gelassen, ob bereits in den Anlagen 1 und 2 eine Ausnahmeregelung hätte vorgesehen werden müssen (S.10). Dies ist in diesem Rechtsstreit ebenfalls nicht zu entscheiden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann auf die hier streitige Honorarverteilung in den Quartalen 1/96 und 2/96 nicht übertragen werden, denn der in diesem Zeitraum geltende HVM der Beklagten sah in den Anlagen 1 unnd 2 nur Verteilungsregelungen, jedoch keine Begrenzungsregelungen vor (vgl. dazu: Urteil des Senats vom 12. April 2000, Az.: L 12 KA 146/98 S.12; zur Härtefallregelung ab dem 4. Quartal 1996: Urteil des Senats vom 1. August 2001, Az.: L 12 KA 89/00). Auch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 4. Juli 2001, Az.: Vf. 2-VII-00, fordert eine Differenzierung nur bei Honorarbegrenzungsregelungen.
Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. März 2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 und Abs.4 Satz 2 SGG und beruht auf der Erwägung, dass die Beklagte auch im Berufungsverfahren obsiegt hat.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abgewichen, sondern hält diese auf den vorliegenden Fall für nicht anwendbar.
II. Der Kläger hat der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Anlage 4 "Härtefallregelung EBM 96" zum Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten im 1. Quartal 1996.
Der Kläger nahm im streitigen Zeitraum als HNO-Arzt in N. an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Seinen Antrag vom 9. August 1996 auf Zuerkennung einer Honorarausgleichszahlung für das 1. Quartal 1996 nach Anlage 4 des HVM begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass sich seine HNO-Praxis noch im Aufbau befinde. Er habe trotz Steigerung der Patientenzahl um knapp 20 % gegenüber denm Vergleichsquartal 1/95 eine geringere Vergütung erhalten. Er habe noch Anfang 1996 in diagnostische Geräte investiert, nachdem eine Vergütungsminderung von über 20 % beim besten Willen nicht abzusehen gewesen sei. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 1997 ab, weil keine unbillige Härte vorliege. Das Gesamthonorar werde im Vergleich zum Gesamthonorar des entsprechenden Vorjahresquartals 1995 nicht um 15 % unterschritten.
Seinen dagegen eingelegten Widerspruch lies der Kläger im Wesentlichen damit begründen, dass das alleinige Abstellen auf das zur Abrechnung gebrauchte Gesamthonorar dann nicht ausreiche, wenn sich die Praxen noch in einer Entwicklung befänden. Berücksichtige man im Falle des Widerspruchsführer die Fallentwicklung und rechne diese auf das Honorar hoch, liege eine Unterschreitung von über 18 % vor. Durch die Ablehnung der Härtefallentscheidungen werden dem Kläger im Vergleich zu etabilierten Praxen ohne nachvollziehbaren Rechtsgrund benachteiligt. Dies verstosse gegen Art.12 GG in Verbindung mit Art.3 GG. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1997 aus denselben Gründen wie im Ausgangsbescheid zurück. Ergänzend führte sie aus, dass die Honorarunterschreitung 2,29 % betragen habe (Gesamthonorar im Quartal 1/96: DM 73.977,31 Gesamthonorar im Vergleichsquartal 1/95: DM 75.708,84; Differenz: DM 1.731,53).
Gegen den am 25. Juli 1997 zugestellten Bescheid ließ der Kläger am 12. August 1997 Klage zum Sozialgericht München erheben (Az.: S 21 KA 1129/97, fortgeführt unter dem Az.: S 21 KA 1060/99). Zu deren Begründung ließ er im Wesentlichen folgendes vortragen: Es sei außer Acht gelassen worden, dass es in seiner Praxis im Zeitraum 1/95 bis 1/96 zu einer Fallzahlsteigerung um 20,62 % bei gleichzeitiger Fallwertabsenkung um 33 % gekommen sei. Die Praxis befinde sich aufgrund der Anfängerstrukturen immer noch in einer Entwicklung. Bei Neugründerpraxen müsste im Rahmen der Honorarverteilungsregelungen auch die tatsächliche Entwicklung dieser Praxen Berücksichtigung finden. Bei einer Praxis, die die Etablierungsphase noch nicht abgeschlossen habe, wirke sich die Härtefallregelung sehr viel fataler aus, da ihr jegliche Entwicklungsmöglichkeit genommen werde. Würden Härtefallregelungen eingeführt, müssten diese auch die Möglichkeit eröffnen, auf echte Härtefälle zu reagieren. Da die zugrunde liegende Härtefallregelung evidente Mängel aufweise, sei sie rechtswidrig.
In der mündlichen Verhandlung am 22. März 2000 erklärte der Kläger auf Frage des Vorsitzenden ergänzend, dass die ausgezahlte Honorarsumme im Quartal 1/96 im Vergleich zum Quartal 1/95 um DM 5.934,47 geringer gewesen sei (- 7,84 %).
Der Kläger beantragte, den Bescheid vom 17. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über seinen Härtefallantrag zu entscheiden. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.
Sie vertrat in ihrer Klageerwiderung vom 9. Februar 1998 die Auffassung, dass im vorliegenden Fall die Anlage 4 zum HVM zutreffend ausgelegt und angewandt worden sei. Diese Regelung verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Aus Art.12 GG und Art.3 GG ergebe sich keine Verpflichtung, dem Vertragsarzt alle finanziellen Risiken bei der Berufsaufnahme und Berufsausübung abzunehmen. Diese Grundrechte garantierten dem Vertragsarzt weder ein bestimmtes Einkommensniveau, noch bestimmte Mindestumsätze, noch einen bestimmten Scheinschnitt. Im Übrigen lägen auch die weiteren Voraussetzungen der Anlage 4 nicht vor.
Mit Urteil vom 22. März 2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. Es liege keine unbillige Härte im Sinne der Anlage 4 zum HVM vor, weil das Gesamthonorar des Arztes im 1. Quartal 1996 das Gesamthonorar im entsprechenden Vorjahresquartal (1/95) nicht um mehr als 15 % unterschreite. Ob auch andere Umstände im Rahmen der Entscheidung über die Honorarausgleichszahlung zu berücksichtigen seien, etwa die vom Kläger vorgetragene Aufbauphase der Praxis, könne dahingestellt bleiben, denn dies sei in der Härtefallregelung nicht vorgesehen. Aus Art.12 Abs.1 GG und Art.3 Abs.1 GG lasse sich kein Anspruch auf eine Härtefallregelung herleiten. Ob eine Härtefallregelung überhaupt zu treffen sei und mit welchem Inhalt, liege in der Gestaltungsfreiheit der Beklagten.
Gegen das am 6. Juli 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. August 2000, einem Montag, Berufung einlegen lassen. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Härtefallregelung nach Anlage 4 HVM werde den höchstrichterlichen Vorgaben nicht gerecht, insbesondere nicht dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 71/97. Bei der Praxis des Klägers handele es sich um eine Praxisneugründung. Bei Anwendung der Anlage 4 sei außer Acht gelassen worden, dass sich im Zeitraum 1/95 bis 1/96 in dieser Praxis die Fallzahl um mehr als 20 % ausgeweitet habe und gleichzeitig der Fallwert um 33 % gesunken sei. Die Beklagte hätte dem Kläger ein Entwicklungspotential bis zum Fachgruuppendurchschnitt durch entsprechende Honorarausgleichszahlungen ermöglichen müssen. Dies habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 71/97, entschieden. Es werde zwar auch diesseits gesehen, dass die dieser Entscheidung zugrunde liegende Problematik der individuellen Budgets im Bereich der zahnärztlichen Honorierung nicht ohne Weiteres auf das hier zugrunde liegende Problem der Härtefallsystematik übertragbar sei. Es ließen sich dieser Entscheidung jedoch einige grundsätzliche Anforderungen an Härtefallregelungen entnehmen. Die Beklagte habe in ihrer Härtefallregelung die Forderung des Bundessozialgerichts nach abstrakter Berücksichtigung von Fallzahlentwicklungen, mindestens bis zum Fachgruppendurchschnitt, völlig außer Acht gelassen. Dies führe zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verteilungsgerechtigkeit. In Praxen, die die Etablierungsphase noch nicht abgeschlossen hätten, wirke sich die Härtefallregelung der Anlage 4 sehr viel fataler aus als bei etablierten Praxen. Solchen Praxen werde jegliche Entwicklungsmöglichkeit genommen, auch wenn sie eine entsprechend gesunde Entwicklung durch das Anwachsen der Fallzahlen und nicht von Fallwerten genommen hätten. Da die Härtefallregelung evidente Mängel aufweise, sei sie rechtswidrig.
Das Gericht hat den Beteiligten ergänzend je eine Kopie des Urteils des Senats vom 12. April 2000, Az.: L 12 KA 146/98, übersandt. Die Bevollmächtigten des Klägers haben daraufhin mit Schriftsatz vom 6. September 2001 ergänzend vorgetragen, dass der diesem Urteil zugrundliegende Sachverhalt mit dem hier streitigen nicht vergleichbar sei. Darüber hinaus habe der Senat die hier relevanten rechtlichen Anforderungen, wie sie unter Bezugnahme auf das Urteil vom 21. Oktober 1198, Az.: B 6 KA 71/97 dargelegt worden sein, nicht berücksichtigt. Der dem Urteil zugrundeliegende Sachverhalt habe keinen Anlass gegeben, sich mit Praxen auseinanderzusetzen, die weder in Fallzahl noch im Fallwert den entsprechenden Fachgruppendurchschnitt erreicht hätten. Die Bevollmächtigten vertreten weiter die Auffassung, dass wegen Abweichung von der Entscheidung des Bundessozialgerichts die Revision zuzulassen wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. März 2000 ebenso wie die Härtefallentscheidung vom 17. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 1997 aufzuheben. Die Beklagte wird verurteilt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gericht erneut über den Härtefallantrag des Klägers zu entscheiden. Hilfsweise beantragt er die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte (Härtefallregelung EBM 96 gemäß Anlage 4 zum HVM - 1/96), die Klageakten (Az.:S 21 KA 1129/97, S 21 KA 1060/99) sowie die Berufungsakte (Az.: L 12 KA 78/00) vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 1997 mit dem die Zuerkennung einer Honorarausgleichszahlung abgelehnt wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat deshalb die dagegen erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu Recht abgewieen. Das Sozialgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte die Anlage 4 zum HVM rechtsfehlerfrei ausgelegt und angewandt hat.
Soweit die Bevollmächtigten gestützt auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998, Az.: B 6 KA 71/97 R, SozR 3-2500 § 85 Nr.28) einen Verstoß gegen höherrangiges Recht rügen und aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit einen Anspruch auf eine andere Gestaltung der Härtefallregelung in Anlage 4 zum HVM herleiten, so hat sich der Senat bereits im Urteil vom 12. April 2000, Az.: L 12 KA 146/98 S.11 f. hierzu geäußert. Er hat ein entsprechendes Verlangen abgelehnt, weil er die Entscheidung des Bundessozialgerichts, die zum zahnärztlichen Honorarverteilungsmaßstab mit individuellen Budgets ergangen ist, nicht auf den vertragsärztlichen Bereich für übertragbar gehalten hat. Der Senat hat es allerdings offen gelassen, ob bereits in den Anlagen 1 und 2 eine Ausnahmeregelung hätte vorgesehen werden müssen (S.10). Dies ist in diesem Rechtsstreit ebenfalls nicht zu entscheiden. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann auf die hier streitige Honorarverteilung in den Quartalen 1/96 und 2/96 nicht übertragen werden, denn der in diesem Zeitraum geltende HVM der Beklagten sah in den Anlagen 1 unnd 2 nur Verteilungsregelungen, jedoch keine Begrenzungsregelungen vor (vgl. dazu: Urteil des Senats vom 12. April 2000, Az.: L 12 KA 146/98 S.12; zur Härtefallregelung ab dem 4. Quartal 1996: Urteil des Senats vom 1. August 2001, Az.: L 12 KA 89/00). Auch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 4. Juli 2001, Az.: Vf. 2-VII-00, fordert eine Differenzierung nur bei Honorarbegrenzungsregelungen.
Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 22. März 2000 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 und Abs.4 Satz 2 SGG und beruht auf der Erwägung, dass die Beklagte auch im Berufungsverfahren obsiegt hat.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Der Senat ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abgewichen, sondern hält diese auf den vorliegenden Fall für nicht anwendbar.
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