L 12 KA 92/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KA 1024/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 92/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat der Beklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist als Orthopäde mit den Zusatzbezeichnungen Sportmedizin und Chirotherapie in N. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er begehrt die Erweiterung des Zusatzbudgets "Chirotherapie".

Mit Bescheid vom 2. Juli 1999 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 31. März 1999 auf Erweiterung des Zusatzbudgets "Chirotherapie" ab, weil die Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung nach den allgemeinen Bestimmungen A I. B 4.3 des Einheitlicher Bewertungsmaßstabes (EBM) nicht vorlägen. Der Kläger hat dagegen Widerspruch eingelegt und zur Begründung vortragen lassen, in seiner Praxis bestehe ein besonderer Versorgungsbedarf zur Behandlung von Problempatienten mit chronischen Schmerzen im Bewegungsapparat, insbesondere auch bei Instabilitätsproblemen, mit chirotherapeutischen Leistungen nach EBM-Nrn. 3210 und 3211. Derartige Krankheitsfälle und die hierfür erforderlichen spezifischen Behandlungsleistungen stellten den Schwerpunkt der Praxistätigkeit dar. Der Kläger sei auf dem Gebiet der Chirotherapie hochqualifiziert. Er arbeite eng mit der Schmerzambulanz der Klinik für Anästhesiologie der Universität E. zusammen und übernehme seit Jahren chronische Rückenschmerzenpatienten aus dem Raum N. , die in der oben genannten Klinik aus Kapazitätsgründen nicht behandelt werden könnten. Außerdem stehe der Kläger in enger Kooperation mit der orthopädischen Abteilung des W.krankenhauses S. in E. , für die er besonders Patienten mit Problemen im Kopfgelenkbereich betreue. Er erhalte eine Reihe von Patienten mit Zielauftrag Chirotherapie überwiesen, teils auch von Ärzten, die selber Chirotherapeuten seien. Er legte dazu eine Patientenliste sowie Bestätigungen von Fachkollegen vor.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2000 zurück. Die Einführung der Praxis- und Zusatzbudgets solle zur Begrenzung der medizinisch nicht nachvollziehbaren Mengenausweitung und zur Reduzierung des Leistungsbedarfs führen. Eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets bis zur Höhe des in der Vergangenheit abgerechneten Leistungsvolumens sei deshalb in der Regel nicht möglich. Das Führen einer Zusatzbezeichnung und die Tätigkeit in diesem Bereich sei regelmäßig kein Grund für eine Budgeterweiterung, weil Leistungen (hier Chirotherapie), die von Ärzten einer Fachgruppe schwerpunktmäßig erbracht würden, durch die Bildung der qualifikationsgebundenen oder bedarfsabhängigen Zusatzbudgets bereits berücksichtigt würden. Die schwerpunktmäßige Tätigkeit in einem solchen Bereich könne nur dann zu einer Erweiterung des Zusatzbudgets führen, wenn dies für die Sicherstellung eines beson- deren Versorgungsbedarfs notwendig sei. Ein besonderer Versorgungsbedarf auf dem Bereich der Chirotherapie liege jedoch aufgrund der diesbezüglich sichergestellten vertragsärztlichen Versorgung im Planungsbereich nicht vor. Außerdem erforderten Leistungen der Chirotherapie eine persönliche Leistungserbringung, so dass während dieser Zeit keine anderen Leistungen erbracht werden könnten. Damit müsse das insgesamt zur Verfügung stehende Budget grundsätzlich nicht geändert werden. Die Leistungsvergütung für Zusatzbudgets nach A I. B 1.3 EBM erfolge fallzahlabhängig auf der Grundlage des regional ermittelten Punktzahlbedarfs der diese Leistung abrechnenden Ärzte einer Arztgruppe. In diese Berechnung seien alle Leistungen aus diesem Bereich einbezogen worden.

Dagegen hat der Kläger das Sozialgericht München angerufen und zur Begründung der Klage zunächst darauf hingewiesen, dass er auch bezüglich der EBM-Nr. 290, die er im Zusammenhang mit der Sklerosierungsbehandlung nach Babor erbringe, eine Erweiterung des Praxisbudget beantragt habe. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 4. August 1999 abgelehnt worden. Über den dagegen gerichteten Widerspruch sei noch nicht entschieden. Es bestehe ein Zusammenhang zwischen den Leistungsbereichen Chirotherapie und Sklerosierungsbehandlung. Die Praxis des Klägers sei auf diese Leistungen hochspezialisiert und erbringe überwiegend Leistungen aus beiden Leistungsbereichen die für ein und dasselbe Patientengut erbracht würden. Im Wesentlichen handle es sich um Patienten mit Instabilität der Wirbelsäule. 60 % der Patienten des Klägers litten an Instabilität und Hypermobilität vor allem der Wirbelsäule aber auch der Schultergelenke und der Außenbänder der Sprunggelenke sowie Wirbelkörperverschiebungen. Bei diesen Patienten seien neben der Sklerosierungsbehandlung nach Babor fast durchwegs auch chirotherapeutische Leistungen nach EBM-Nrn. 3210 und 3211 erforderlich. Hinzu kämen sonstigen Fälle mit chirotherapeutischen Leistungen. Insgesamt erbringe der Kläger in mehr als 90 % seiner Fälle chirotherapeutische Leistungen. Dabei handle es sich durchwegs um erfolglos vorthera- pierte Problempatienten, die aus weitem Umkreis kämen. Es würden auch Patienten von Ärzten überwiesen, die selbst chirotherapeutische Leistungen erbrächten. 74 % der Patienten kämen aus N. , womit ein besonderer Versorgungsbedarf in die- sem Planungsbereich nachgewiesen sei. Unbudgetiert machten die Nrn. 3210 und 3211 20,6 % am Gesamtleistungsbedarf im Quartal 1/99 und 23,8 % im Quartal 3/99 aus. Das gelte auch für die Folgequartale. Die vom Kläger erbrachten Leistungen seien durchwegs budgetiert. In den Jahres 1998 und 1999 seien die dem Praxisbudget unterliegenden Leistungen gerade mal mit einer Quote von 45 bis 60 % vergütet worden. Bei den Chirotherapieleistungen habe die Quote bei 25 % gelegen. Der Kläger sei dadurch nachhaltig und im Vergleich zu seinen Fachkollegen ungleich härter betroffen. Die anderen Orthopäden und Allgemeinärzte im Planungsbereich, die ebenfalls chirotherapeutische Leistungen erbrächten, verfügten nicht über die erforderlichen Kenntnisse zur gezielten Therapie einzelner Gelenke, wie zum Beispiel im Bereich des Atlas oder anderer Gelenke der HWS. Der Kläger nehme bei der gezielten chirotherapeutischen Behandlung in schweren Fällen eine Ausnahmestellung ein und sei deshalb auch überregional bei den Kollegen bekannt, was zur Zuweisung schwerer und problematischer Fälle führe. Bei den in der Vereinbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 genannten Krankheitsfällen oder spezifischen Betreuungsleistungen handle es sich nicht um eine abschließende Aufzählung, sondern lediglich um Beispiele. Es sei entgegen der Ansicht der Beklagten nicht sachgerecht, die Erweiterung der Budgets restriktiv zu handhaben.

Der Kläger hat beim Sozialgericht beantragt, die Beklagte zu verurteilen, das Zusatzbudget Chirotherapie auf 566,5 Punkte pro Behandlungsfall zu erweitern, was der vollen Vergütung dieser Leistungen im Quartal 1/99 entsprochen hätte. Die Beklagte hat dem entgegengehalten, die Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets nach A I. B 4.3 EBM stelle einen Ausnahmetatbestand dar und sei deshalb restriktiv zu handhaben. Das mit der Einführung der Praxisbudgets angestrebte Ziel, der medizinisch nicht indizierten Mengenentwicklung der ärztlichen Leistungen entgegen zu wirken, dürfe nicht mit der Gewährung von Erweiterungen umgangen werden. Einzelne Ärzte einer Arztgruppe mit einem speziellen Leistungsspektrum, das den Schwerpunkt der Praxis bilde, und die deshalb durch die Budgetierung besonders hart betroffen würden, könnten durch ein zusätzliches bedarfsabhängiges Praxis- und/oder Zusatzbudget einen Ausgleich erhalten. Eine Erweiterung dieses Zusatzbudgets könne erst dann erfolgen, wenn eine für die Arztgruppe atypische Praxisbesonderheit vorliege, die den Schwerpunkt der Praxistätigkeit bilde, für die ein besonderer Versorgungsbedarf bestehe und die durch die Nrn. 4.1 und 4.2 Kapitel A I. Teil B EBM noch nicht berücksichtigt sei. Eine derartige spezifische Schwerpunktsetzung in einem quantitativ relevanten Ausmaß sei in der Praxis des Klägers nicht zu erkennen. Es bestehe auch kein besonderer Versorgungsbedarf. Im Planungsbereich N.-Stadt erbrächten 30 niedergelassene Orthopäden und 34 niedergelassene Allgemeinärzte Leistungen nach Nrn. 3210 und 3211 EBM.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Februar 2001 abgewiesen. Dabei schloss es sich gemäß § 136 Abs.3 So- zialgerichtsgesetz (SGG) dem Widerspruchsbescheid der Beklag- ten an. Darüber hinaus war die Kammer der Meinung, dass der Kläger nicht bloß in den Gebührenordnungspositionen 3210 und 3211 einen Schwerpunkt habe, sondern auch überall sonst, so zum Beispiel bei Nr. 5.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 19. April 2001 zugegange- ne Urteil mit Faxbrief vom 18. Mai 2001 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, die Urteilsbegründung des SG sei aus sich heraus nicht verständlich. Desweiteren nahmen sie Bezug auf das Vorbringen in den früheren Instanzen. Der Anteil der chirotherapeutischen Leistungen nach Nrn. 3210 und 3211 EBM/EGO am Gesamtbedarf liege in den Quartalen 1/98 bis 2/99 bei etwa 20 % und mehr und sei bis heute gleichbleibend. Die bereits budgetierten Entgeltpunkte, auf die sich die Beklagte gestützt habe, seien zur Ermittlung eines Praxisschwerpunktes untauglich. Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2002 hat der Kläger noch weitere Unterlagen (zwei Arztbriefe, ein Schreiben eines Pa- tienten) übersandt.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Februar 2001 wird aufgehoben.
2. Der Bescheid der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2000 wird aufgehoben.
3. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger auf seinen Antrag vom 31. März 1999 für die Zeit ab dem Abrechnungsquartal 1/99 ein auf 566,5 Punkte pro Behandlungsfall erweitertes Zusatzbudget Chirotherapie (EBM-Leis- tungspositionen 3210, 3211) zuzuerkennen, hilfsweise, die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 31. März 1999 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, weiter hilfsweise, die Beklagte wird verurteilt, über den Widerspruch des Klägers vom 8. Juli 1999 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Februar 2001 zurückzuweisen.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass im Zeitraum vor dem 3. Quartal 1997 beim Kläger ständig Wirtschaftlichkeitsprüfungen im Zusammenhang mit seiner chirotherapeutischen Tätigkeit (Leistungsgruppe 08) vorgenommen worden seien. So sei die Leistungsgruppe 8 im Quartal 2/97 um 42,5 %, im Quartal 1/97 um 45 %, im Quartal 4/96 um 30 % und im Quartal 2/96 ebenfalls um 30 % gekürzt worden. Die Wirtschaftlichkeitsprüfungen reich- ten mindestens bis in das Jahr 1985 zurück. Sie gingen auch nach Einführung der Budgetierungen zum 1. Juli 1997 weiter. Beispielhaft vorgelegt wurden Computerausdrucke der bestandskräftigen Prüfbescheide zu den Quartalen 1 bis 3/99.

Dem Senat liegen die Akten der Beklagten, die Klageakte, Az.: S 32 KA 1024/00 und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 1024/00 vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat es die Beklagte abgelehnt, das Zusatzbudget "Chirotherapie" des Klägers zu erweitern.

Nach den allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B 1 EBM unterlie- gen die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthaltenen ärztlichen Leistungen je Arztpraxis und Abrechnungsquartal für die in A I. B Nr.1.5 EBM ausgeführten Arztgruppen einer fallzahlabhängigen Budgetierung. Als Orthopäde gehört der Kläger zu den in Nr.1.5 aufgeführten Arztgruppen, die von ihm abgerechneten Leistungen unterliegen der Budgetierung. Darüber hinaus sieht der EBM unter A I. B 4. vor, dass für bestimmte Leistungsbereiche Zusatzbudgets gebildet werden, die in Ziffer 4.1 im Einzelnen aufgeführt sind. Danach erhalten die Orthopäden, die wie der Kläger die Zusatzbezeichnung Chirotherapie führen, ein qualifikationsgebundenes Zusatzbudget "Chirotherapie", das die EBM-Nrn. 3210 und 3211 umfasst. Der Kläger erhält dieses Zusatzbudget, ist aber der Meinung, dass auch damit die von ihm in großem Umfang erbrachten chirotherapeutischen Leistungen nicht ausreichend berücksichtigt seien. Im Quartal 1/99 hat er für Leistungen nach Nrn. 3210 und 3211 aus dem Zusatzbudget 153.406 Punkte erhalten. Ange- fordert hatte er 713.960 Punkte für diese Leistungen. Damit ergab sich eine Quote von 21,3466 %. Der Kläger hat deshalb beantragt, das Zusatzbudget so weit zu erweitern, dass die Leistungen der Chirotherapie bei ihm praktisch unbudgetiert vergütet werden. Diesen Antrag hat die Beklagte zu Recht ab- gelehnt.

Nach A I. Allgemeine Bestimmungen, Teil B Ziffer 4.3 EBM kann die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag des Vertragsarztes im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Erweiterung der Praxis- und/oder Zusatzbudgets gewähren. Dazu haben die Parteien des Bundesmantelvertrages in der Ver- einbarung zur Einführung von Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 (DÄBl.94, Heft 7 vom 14. Februar 1997, S.A-403) unter Nr.4 festgestellt, die Regelung A I. B 4.3 EBM werde dahingehend ausgelegt, dass eine Budgeterweiterung oder -aussetzung ins- besondere dann erfolgen könne, wenn nachfolgend genannte Krankheitsfälle oder spezifische Betreuungsleistungen den Schwerpunkt der Praxistätigkeit darstellten: - Betreuung von HIV Patienten - onkologische Erkrankungen - Diabetes - Mukoviszidose - Schmerztherapie (Teilnehmer an der Schmerztherapievereinbarung) - kontinuierliche Patientenbetreuung in beschützenden Einrichtungen - erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt liegender Überweisungsanteil.

Beim Kläger liegen die in der Vereinbarung genannten Tatbestände sämtlich nicht vor. Insbesondere liegt sein Überweisungsanteil ausweilich der vom Senat beigezogenen Gesamtübersichten und Häufigkeitsstatistiken ab Quartal 1/98 nur etwa bei 10 %, und damit bei weitem nicht erheblich über dem Arztgruppendurchschnitt. Zu Recht wird jedoch von Klägerseite darauf hingewiesen, dass zumindest dem Wortlaut nach die Aufzählung von Tatbeständen, die eine Budgeterweiterung nach A I. B 4.3 EBM ermöglichen, nicht abschließend ist ("inbesondere"). Rein quantitativ entfallen auf die vom Kläger erbrachten chirotherapeutischen Leistungen durchwegs mehr als 20 % des von ihm in den Quartalen ab 1/99 angeforderten Honorars. Dabei ist entgegen dem Vorbringen der Beklagten von den unbudgetierten Punktzahlen auszugehen. Ein rein quantitativer Praxisschwerpunkt rechtfertigt indes- sen nicht die Erweiterung bzw. Aussetzung von Budgets. Sinn der Budgets ist es vielmehr, dem medizinisch nicht begründeten dauernden Mengenwachstum entgegen zu wirken. Dies könnte nicht erreicht werden, wenn die bloße Tatsache, dass ein Arzt eine Leistung im großen Umfang erbringt, insoweit zu einer Budget- erweiterung führen würde. Hinzukommen muss vielmehr, dass die über den Budgetrahmen hinausgehende Abrechnungshäufigkeit zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfes erforderlich ist. Indizien für das Vorliegen eines besonderen Versor- gungsbedarfs sind eine nachhaltige von der Typik der Arztgrup- pe abweichende Praxisausrichtung, ein besonderer Behandlungsschwerpunkt bzw. die Konzentration auf die Erbringung von Leistungen aus einem Teilbereich des Fachgebietes (BSG vom 16. Mai 2001 - B 6 KA 53/00 R -).

Vor diesem Hintergrund haben die Beklagten und das Erstgericht das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfes nach Nr. 4.3 a.a.O. für die begehrte Erweiterung des Zusatzbudgets "Chirotherapie" zu Recht abgelehnt. Dieses beinhaltet ausschließlich die EBM-Nrn. 3210 und 3211. Berechtigt zum Erhalt des Zusatz- budgets sind alle Orthopäden mit der Zusatzbezeichnung "Chiro- therapie". Die Erbringung chirotherapeutischer Eingriffe nach Nrn. 3210, 3211 BMÄ/E-GO stellt für diese Personengruppe keine Besonderheit dar, sondern ist deren ausschließliches Merkmal. Der Kläger unterscheidet sich von den übrigen Empfängern des Zusatzbudgets im Wesentlichen nur durch den weit überdurchschnittlichen Ansatz der Nrn. 3210, 3211 BMÄ/E-GO, insbeson- dere auf den einzelnen Behandlungsfall bezogen, was aus den vorliegenden Übersichten erkennbar ist. So hat der Kläger beispielsweise im Quartal 1/99 bei 1.260 Patienten die Nr.3210 in 1.077 Fällen 2.227-mal und die Nr.3211 in 832 Fällen 1.492-mal abgerechnet, also in einigen Fällen beide Ziffern und die Ziffer 3210 durchschnittlich pro Fall mehr als zweimal.

Diese Ansatzhäufigkeit ist für den mit zwei Ärzten als ehrenamtliche Richter fachkundig besetzten Senat medizinisch nicht nachvollziehbar. Der Senat hat das vom Kläger im Widerspruchsverfahren vorgelegte Segment von 50 Behandlungsfällen im Einzelnen durchgesehen und konnte kein für Orthopäden speziell mit der Zusatzbezeichnung "Chirotherapie" außergewöhnliches Patientengut feststellen. Insbesondere der mehrfache Ansatz der Nrn. 3210, 3211 BMÄ/E-GO pro Behandlungsfall ist anhand der angegebenen Diagnosen nicht hinreichend zu begründen. Bei den Patienten des Klägers handelt es sich keineswegs überwiegend um schwierige Überweisungsfälle, denn der Kläger hatte in dem o.g. Quartal 1/99 nur insgesamt 140 Überweisungsfälle. An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass der Raum N. , wo der Kläger seine Praxis betreibt, mit 30 Orthopäden und 34 Allgemeinärzten, die chirotherapeutische Leistungen erbringen, quantitativ gut versorgt ist. Eine Parallele zu dem vom BSG a.a.O. S.6 genannten Beispielsfall eines Chirurgen, der in einer Stadt ohne Radiologen deutlich mehr Röntgenleistungen u.a. auf Überweisungen erbringt als das für die Chirurgen mit Röntgenberechtigung üblich ist, besteht offenkundig nicht.

Dagegen, dass der Leistungsumfang Ausdruck eines besonderen Versorgungsbedarfes im Sinne der Ziffer 4.3 wäre, spricht darüber hinaus auch, dass der Kläger in den zurückliegenden Quartalen wiederholt erhebliche Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise bei der Leistungsgruppe 08 (Sonderleistungen), hinnehmen musste, die wesentlich auf der häufigen Abrechnung der Nrn. 3210 und 3211 BMÄ/E-GO beruhten. Insoweit wird ausdrücklich auf die von der Beklagten vorgelegten bestandskräftigen Bescheide des Beschwerdeausschusses betreffend die Quartale 1/99 bis 3/99 verwiesen. Die Erbringung unwirtschaftlicher Leistungen kann per se kein Grund für eine Budgeterweiterung sein.

Zusammenfassend gelangt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Beklagte zu Recht die vom Kläger begehrte Erweiterung des Zusatzbudgets "Chirotherapie" abgelehnt hat. Die Berufung gegen das die Entscheidung der Beklagten bestätigende Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Februar 2001 war deshalb - auch in den Hilfsanträgen - zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs.4 Satz 2 SGG in der hier anzuwendenden bis zum 02.01.2002 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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