Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 32 AS 2163/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Zum Begriff der Klassenfahrt in § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II a.F (jetzt § 28 Abs. 2 Nr. 2 SGB II) - Eine Klassenfahrt liegt aus der Perspektive des sächsischen Schulrechtes nur vor, wenn sich eine Klasse oder ein Kurs gemeinsam auf Fahrt begibt, die oder der
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten zweier Fahrten des Klägers nach Eastbourne in England mit weiteren Schülern. Der Kläger bezog in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und seiner Schwester seit dem 01.01.2005 Leistungen vom Beklagten zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Der Kläger nahm mit weiteren Schülern an zwei Fahrten nach Eastbourne in England teil. Die erste Fahrt fand vom 08.10.2006 bis 13.10.2006 statt. Aus der Klasse des Klägers nahmen 5 von 20 Schülern an der Fahrt teil. Der Kläger besuchte damals die 8. Klasse. Weiter nahmen an der Fahrt insgesamt 45 Schüler teil, davon 13 Schüler einer Radeberger Schule und 32 Schüler der Schule des Klägers. Die 32 Schüler der Schule des Klägers verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Klassen: Aus der Klasse 8a nahmen 3 von 20 Schülern teil, aus der Klasse 8b des Klägers 5 von 20 Schülern, aus der Klasse 9a 1 von 16 Schülern, aus der Klasse 9b 5 von 17 Schülern, aus der Klasse 9c 2 von 27 Schülern, aus der Klasse 10a 9 von 20 Schülern und aus der Klasse 10b 7 von 19 Schülern. Die zweite Fahrt des Klägers nach Eastbourne fand vom 13.10.2008 bis 17.10.2008 statt. Der Kläger besuchte die Klasse 10b. Insgesamt nahmen an dieser Fahrt 44 Schüler aus der Schule des Klägers statt, davon 9 von 21 Schülern aus der Klasse 8a, 5 von 20 Schülern aus der Klasse 8b, 11 von 18 Schülern aus der Klasse 9a, 10 von 20 Schülern aus der Klasse 9b, keiner von 16 Schülern aus der Klasse 10a und 9 von 18 Schülern aus der Klasse 10b. Die Teilnahme an den Fahrten nach Eastbourne war den Schülern freigestellt (Bl. 350 f. der Verwaltungsakte). Die Kosten für die Fahrt im Oktober 2006 betrugen 250,00 EUR (Bl. 103 der Verwaltungsakte), die Kosten für die Fahrt im Oktober 2008 betrugen 270,00 EUR (Bl. 243 der Verwaltungsakte). Der Kläger beantragte am 17.05.2006 beim Beklagten die Übernahme der Kosten in Höhe von 250,00 EUR. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19.05.2006 dem Kläger 150,00 EUR (Bl. 8 f. der Gerichtsakte S 32 AS 2164/09). Am 29.05.2008 beantragte der Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten in Höhe von 270,00 EUR für die Fahrt im Oktober 2008. Der Beklagte wies den Antrag mit Bescheid vom 23.09.2008 zurück. Der Kläger legte am 24.09.2008 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2009 zurückwies (Bl. 10 ff. der Gerichtsakte). Am 25.09.2008 beantragte der Kläger zudem die Überprüfung des Bescheides vom 19.05.2006, den der Beklagte mit Bescheid vom 16.10.2008 zurückwies (Bl. 10 der Gerichtsakte S 32 AS 2164/09). Der Kläger legte am 22.10.2008 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2009 zurückwies (Bl. 13 ff. der Gerichtsakte S 32 AS 2164/09). Hiergegen erhob der Kläger am 04.05.2009 jeweils Klage. Das Gericht hat die Klagen in der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 verbunden. Der Kläger meint, die Fahrten stellten eine Klassenfahrt im Sinne des § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II dar. Ob die Schüler im Klassenverband an der Fahrt teilnehmen, sei nicht erheblich. Weiter sei unbeachtlich, ob die Studienfahrt freiwillig oder verpflichtend sei. Zudem seien die Kosten in voller Höhe zu tragen. Eine Pauschalierung, wie im Bescheid vom 19.05.2006, sei nicht zulässig.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 23.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 und den Bescheid vom 19.05.2006 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 16.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, weitere 370,00 EUR an den Kläger zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es handele sich bei den durchgeführten Fahrten nicht um Klassenfahrten, da die Sprachreisen nicht im Klassenverband durchgeführt wurden. Die Fahrten fanden vielmehr zusätzlich zu den regulären Klassenfahrten statt. Sinn und Zweck der Kostenübernahme von mehrtägigen Klassenfahrten sei die Vermeidung der Ausgrenzung des Klägers. Genau dieser Fall sei jedoch hier nicht gegeben gewesen. Das Gericht hat das Verfahren gemeinsam mit dem Verfahren S 32 AS 2164/09 mit den Beteiligten am 20.07.2011 mündlich verhandelt und in der Verhandlung beide Verfahren verbunden. Das Gericht hat zudem die Leistungsakten des Beklagten beigezogen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf diese sowie den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, und das Protokoll vom 20.07.2011 wird zur Ergänzung des Tatbestandes verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid vom 23.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Bescheid vom 19.05.2006 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 16.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 ist rechtswidrig, verletzt den Kläger aber nicht in seinen Rechten.
B. 1. Bei dem Anspruch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.d.F., die vom 01.01.2005 bis 31.12.2010 unverändert galt (künftig a.F.), handelt es sich um einen Individualanspruch des jeweiligen Schülers, der isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden kann. Die Kammer konnte daher hier isoliert über die Kosten der Klassenfahrt entscheiden, ohne dass es einer Überprüfung der für die Bedarfsgemeinschaft des Klägers gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bedurft hätte, BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R, juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 14 AS 6/09 R, juris, Rn. 9. 2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Fahrten nach Eastborne durch den Grundsicherungsträger. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 SGB II a.F. verpflichtet die Grundsicherungsträger, die Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen über die Regelleistung hinaus zu übernehmen. Die Fahrten, an denen der Kläger teilgenommen hat, sind keine Klassenfahrten im Sinne des § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II a.F. a. Was eine Klassenfahrt im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. ist, richtet sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes, BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R, juris, Rn. 15. Der Rechtsbegriff der Klassenfahrt ist nach dem zitierten Urteil des BSG vom Landesrecht auszugestalten. Ähnlich wie das baden-württembergische Recht (dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2010, L 13 AS 678/10, juris, Rn. 23 f.) kennt das sächsische Schulrecht keine Definition des Begriffes Klassenfahrt. Der Begriff der Klassenfahrt taucht in § 43 Abs. 2 Nr. 6 des Sächsischen Schulgesetzes (SächsSchulG) auf, der normiert, dass Beschlüsse der Lehrerkonferenz zu schulinternen Grundsätzen für außerunterrichtliche Veranstaltungen, z. B. Klassenfahrten und Wandertage, des Einverständnisses der Schulkonferenz bedürfen. Die Schulpflicht regelt § 26 SächsSchulG. Nach Abs. 2 der Norm erstreckt sich die Schulpflicht auch auf übrige verbindliche Veranstaltungen der Schule. Dabei handelt es sich um Veranstaltungen, die der Schulleiter oder die Schulverwaltung als verbindlich erklärt, Niebes/Becher/Pollmann, SächsSchulG, 2. Auflage 1996, § 26 Rn. 4. Nach Auffassung von Holfelder/Bosse/Benda/Runck, SächsSchulG, 4. Auflage 1995, § 26 Rn. 2, dürften außerunterrichtliche Veranstaltungen dann nicht verbindlich sein, wenn sie im Verhältnis zum normalen Unterrichtsbetrieb zusätzliche Belange des elterlichen Erziehungsrechts betreffen oder über die Schulgeld- und Lernmittelfreiheit erheblich hinausgehende Kosten verursachten. Dies könne insbesondere bei mehrtägigen Studienfahrten, Schullandheimfahrten und Klassenfahrten der Fall sein. Die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung von Schulfahrten (VwV-Schulfahrten) sieht in Nummer 4.2 vor, dass die Schüler grundsätzlich zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet seien, soweit sie nicht nach § 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Besuch öffentlicher Schulen im Freistaat Sachsen befreit seien. Im konkreten Fall bestand nach Auskunft des Schulleiters, Bl. 351 der Leistungsakte, keine Pflicht für die Schüler zur Teilnahme, so dass die Kammer offenlassen konnte, ob eine Subsumtion der Fahrten unter den Begriff "Klassenfahrt" allein deshalb geboten war, weil die Fahrten der Schulpflicht unterlagen oder der Kläger sonst einer Teilnahmepflicht unterlag. Die VwV-Schulfahrten unterscheidet Schulfahrten als Schulwanderungen, Schulfahrten als Bildungsveranstaltungen, Schulfahrten als Schullandheimaufenthalte und Schulfahrten im Rahmen von Maßnahmen der internationalen Bildungskooperation. Auch unter Zuhilfenahme dieser Verwaltungsvorschrift ergibt sich nicht, dass der Sächsische Schulgesetzgeber den Begriff der Klassenfahrt als eigenständig rechtlich ausgefüllten Begriff definiert hätte. Demnach musste die Kammer den Begriff auslegen. Die Kammer folgt in der Begriffsauslegung weitgehend dem Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg, L 13 AS 678/10, juris, Rn. 24. Demnach handelt es sich um eine schulische Veranstaltung, die nicht an der Schule stattfindet und dadurch gekennzeichnet ist, dass die Klasse im Verband oder in der Sekundarstufe ein Kurs im Verband sich auf Fahrt begibt. Auf der Klassenfahrt wird zwar grundsätzlich der Unterricht fortgeführt, allerdings ergänzt um soziale und pädagogische Inhalte, die sich gerade auf das soziale Verhalten im Klassenverband oder Kursverband beziehen. Voraussetzung ist nach Auffassung der Kammer daher eine gewisse soziale Verbundenheit der Schüler, die sich auf Fahrt begeben, und die sich aus der Schulorganisation ergibt, etwa dadurch, dass die Schüler im Klassen- oder Kursverband gemeinsam unterrichtet werden. Dass zwischen den Schülern einer Klasse nach Auffassung des Sächsischen Schulgesetzes jeweils ein sozialer Zusammenhalt besteht, ergibt sich insbesondere aus dem Begriff der Klasse, wie er im Sächsischen Schulgesetz geprägt ist. Neben der Normierung der Klassenstärke in § 4a SächsSchulG sind insbesondere die §§ 39 Abs. 2 und 4, 45, 46, 51 und 52 Ausdruck der sozialen Verbundenheit. Besonders sei auf § 39 Abs. 2 Nr. 2 SächsSchulG verwiesen, wonach die Überweisung eines Schülers in eine andere Klasse der gleichen Klassenstufe oder einen anderen Kurs der gleichen Jahrgangsstufe eine Ordnungsmaßnahme darstellt, den Schüler also sanktionieren soll. Nach Auffassung der Kammer kann daher von einer Klassenfahrt aus Perspektive des sächsischen Schulrechtes nur gesprochen werden, wenn sich eine Klasse oder ein Kurs gemeinsam auf Fahrt begibt, die oder der durch einen gemeinsam unterrichteten Lehrstoff während des gesamten Schuljahres im Sinne eines fachbezogenen Unterrichtsverbundes zusammengefasst ist (ähnlich Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20.09.2010, L 7 AS 355/10 B, PKH, nicht veröffentlicht, Seite 6, wonach Klassenfahrten mehrtägige Reisen seien, die in Klassen- bzw. Kursverband erfolgen und mit dem der jeweiligen Schule zuzurechnenden Unterricht zusammenhingen). b. Hier im konkreten Fall stand die Fahrt jeweils Schülern der 9. bis zur 10. Klasse offen, die Fahrt im Jahr 2006 sogar Schülern einer weiteren Schule. Aus der Klasse des Klägers nahmen jeweils 1/4 bzw. die Hälfte der Schüler an den Fahrten teil. Weder erfolgten die Fahrten damit in einem Klassen- oder Kursverband noch gab es einen Bezug zu einem gemeinsamen Unterricht. Eine auf das soziale Verhalten im Klassenverband gerichtete Zielsetzung konnten die Fahrten schon deswegen nicht haben, weil Schüler aus 7 Klassen und einer weiteren Schule bzw. aus 5 Klassen teilgenommen haben. c. Auch der Zweck von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F., wonach insbesondere die Ausgrenzung von leistungsbeziehenden Schülern vermieden werden soll (dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.02.1995, 5 C 2/93, juris = BVerwGE 97, 376 ff. zum BSHG), gebot hier keine andere Beurteilung. Da nur 1/4 bzw. die Hälfte der Schüler aus der Klasse des Klägers an der Fahrt teilnahmen, drohte diesem durch seine Nichtteilnahme gerade keine soziale Ausgrenzung. An dieser Stelle mag klargestellt werden, dass eine Klassenfahrt im Sinne des hier vertretenen Begriffsverständnisses nicht aufhört, eine Klassenfahrt zu sein, weil einzelne wenige Schüler nicht teilnehmen. Dass sich eine Klasse oder ein Kurs gemeinsam auf Fahrt begibt, der durch einen gemeinsam unterrichteten Lehrstoff während des gesamten Schuljahres im Sinne eines fachbezogenen Unterrichtsverbundes zusammengefasst ist, muss also die Intension der Fahrt sein. Der Anspruch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. entfällt nicht dadurch, dass die Klasse "unvollständig" fährt. Wenn allerdings bei einer Fahrt, die für eine Vielzahl von Schülern offen steht, ohne dass gemeinsamer Unterricht, Klassen- oder Kurszugehörigkeit auch nur eine Rolle spielt, nur ein (geringer) Teil der Klasse neben anderen Schülern teilnimmt, kann – auch bei weiter Auslegung des Begriffes Klassenfahrt – der Zweck des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. nicht verfehlt werden. Denn Zweck des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. ist es gerade nicht, dass Fahrten durchgeführt werden an denen – im absurden Falle – wegen der hohen Kosten ausschließlich leistungsbeziehende Kinder teilnehmen (anders Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10.05.2007, L 11 AS 178/06, juris, Rn. 21: auf drohende Ausgrenzung oder pädagogischen Zweck der Fahrt komme es nicht an). Nach Auffassung der Kammer lässt sich entgegen Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10.05.2007, L 11 AS 178/06, juris, Rn. 21, aus der knappen Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII (BT-Drucksache 15/1514, S. 60) nicht ableiten, dass "Klassenfahrt" im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. jegliche schulische Fahrten erfasse, ohne dass es etwa auf pädagogische oder sonstige Zwecke ankäme. Zwar scheint der Gesetzgeber in der Begründung die Begriffe Klassenfahrt und "Schulfahrt" synonym zu verwenden. Allerdings liegt das Hauptaugenmerk auf der Frage der Höhe der Kostenübernahme ("Für mehrtägige Klassenfahrten sind dagegen keine Pauschalen vorgesehen. Da die Regelung nur Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen umfasst, sollen die tatsächlichen Kosten übernommen werden, um eine Teilnahme zu gewährleisten. Damit wird auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehung durch die Schulen sind.", BT-Drucksache 15/1514, S. 60). Die Kammer meint daher, dass der Gesetzgeber indem er die Fahrten als wichtigen Bestandteil der Erziehung beschreibt, den gesetzlichen Begriff gerade offen für Zwecke über die bloße gemeinsame Fahrt hinaus gestaltet hat.
d. Eine Rechtsgrundlage neben § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. für das Begehren des Klägers ist nicht ersichtlich. Ihm stand daher kein Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der begehrten Kosten zu. Vielmehr wurde der Kläger durch den Bescheid vom 19.05.2006 rechtswidrig begünstigt.
C. 1. Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
2. Da der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht, war die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Eine veröffentlichte Entscheidung sächsischer Gerichte zum Begriff der Klassenfahrt ist nicht ersichtlich (der Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 20.09.2010, L 7 AS 355/10 B PKH ist nicht veröffentlicht). Die Entscheidungen des VG Leipzig vom 28.05.2003, 2 K 380/03 ASL 2004, 33 f., und des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 20.07.2006, L 3 AS 57/06, juris, hatten keinen Anlass, sich mit dem Begriff der Klassenfahrt auseinanderzusetzen. Zudem ist beim Bundessozialgericht unter B 4 AS 204/10 R die Revision zur mehrfach zitierten Entscheidung des LSG Stuttgart anhängig. Demnach wird das BSG über die Rechtsfrage, ob der Begriff "Klassenfahrt" im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. weit oder eng auszulegen ist, wenn die landesrechtlichen schulrechtlichen Bestimmungen keine Regelung zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs beinhalten, noch entscheiden müssen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Übernahme von Kosten zweier Fahrten des Klägers nach Eastbourne in England mit weiteren Schülern. Der Kläger bezog in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und seiner Schwester seit dem 01.01.2005 Leistungen vom Beklagten zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Der Kläger nahm mit weiteren Schülern an zwei Fahrten nach Eastbourne in England teil. Die erste Fahrt fand vom 08.10.2006 bis 13.10.2006 statt. Aus der Klasse des Klägers nahmen 5 von 20 Schülern an der Fahrt teil. Der Kläger besuchte damals die 8. Klasse. Weiter nahmen an der Fahrt insgesamt 45 Schüler teil, davon 13 Schüler einer Radeberger Schule und 32 Schüler der Schule des Klägers. Die 32 Schüler der Schule des Klägers verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Klassen: Aus der Klasse 8a nahmen 3 von 20 Schülern teil, aus der Klasse 8b des Klägers 5 von 20 Schülern, aus der Klasse 9a 1 von 16 Schülern, aus der Klasse 9b 5 von 17 Schülern, aus der Klasse 9c 2 von 27 Schülern, aus der Klasse 10a 9 von 20 Schülern und aus der Klasse 10b 7 von 19 Schülern. Die zweite Fahrt des Klägers nach Eastbourne fand vom 13.10.2008 bis 17.10.2008 statt. Der Kläger besuchte die Klasse 10b. Insgesamt nahmen an dieser Fahrt 44 Schüler aus der Schule des Klägers statt, davon 9 von 21 Schülern aus der Klasse 8a, 5 von 20 Schülern aus der Klasse 8b, 11 von 18 Schülern aus der Klasse 9a, 10 von 20 Schülern aus der Klasse 9b, keiner von 16 Schülern aus der Klasse 10a und 9 von 18 Schülern aus der Klasse 10b. Die Teilnahme an den Fahrten nach Eastbourne war den Schülern freigestellt (Bl. 350 f. der Verwaltungsakte). Die Kosten für die Fahrt im Oktober 2006 betrugen 250,00 EUR (Bl. 103 der Verwaltungsakte), die Kosten für die Fahrt im Oktober 2008 betrugen 270,00 EUR (Bl. 243 der Verwaltungsakte). Der Kläger beantragte am 17.05.2006 beim Beklagten die Übernahme der Kosten in Höhe von 250,00 EUR. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19.05.2006 dem Kläger 150,00 EUR (Bl. 8 f. der Gerichtsakte S 32 AS 2164/09). Am 29.05.2008 beantragte der Kläger beim Beklagten die Übernahme der Kosten in Höhe von 270,00 EUR für die Fahrt im Oktober 2008. Der Beklagte wies den Antrag mit Bescheid vom 23.09.2008 zurück. Der Kläger legte am 24.09.2008 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2009 zurückwies (Bl. 10 ff. der Gerichtsakte). Am 25.09.2008 beantragte der Kläger zudem die Überprüfung des Bescheides vom 19.05.2006, den der Beklagte mit Bescheid vom 16.10.2008 zurückwies (Bl. 10 der Gerichtsakte S 32 AS 2164/09). Der Kläger legte am 22.10.2008 Widerspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2009 zurückwies (Bl. 13 ff. der Gerichtsakte S 32 AS 2164/09). Hiergegen erhob der Kläger am 04.05.2009 jeweils Klage. Das Gericht hat die Klagen in der mündlichen Verhandlung vom 20.07.2011 verbunden. Der Kläger meint, die Fahrten stellten eine Klassenfahrt im Sinne des § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II dar. Ob die Schüler im Klassenverband an der Fahrt teilnehmen, sei nicht erheblich. Weiter sei unbeachtlich, ob die Studienfahrt freiwillig oder verpflichtend sei. Zudem seien die Kosten in voller Höhe zu tragen. Eine Pauschalierung, wie im Bescheid vom 19.05.2006, sei nicht zulässig.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 23.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 und den Bescheid vom 19.05.2006 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 16.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, weitere 370,00 EUR an den Kläger zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es handele sich bei den durchgeführten Fahrten nicht um Klassenfahrten, da die Sprachreisen nicht im Klassenverband durchgeführt wurden. Die Fahrten fanden vielmehr zusätzlich zu den regulären Klassenfahrten statt. Sinn und Zweck der Kostenübernahme von mehrtägigen Klassenfahrten sei die Vermeidung der Ausgrenzung des Klägers. Genau dieser Fall sei jedoch hier nicht gegeben gewesen. Das Gericht hat das Verfahren gemeinsam mit dem Verfahren S 32 AS 2164/09 mit den Beteiligten am 20.07.2011 mündlich verhandelt und in der Verhandlung beide Verfahren verbunden. Das Gericht hat zudem die Leistungsakten des Beklagten beigezogen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Auf diese sowie den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, und das Protokoll vom 20.07.2011 wird zur Ergänzung des Tatbestandes verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Bescheid vom 23.09.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Bescheid vom 19.05.2006 in Gestalt des Überprüfungsbescheides vom 16.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2009 ist rechtswidrig, verletzt den Kläger aber nicht in seinen Rechten.
B. 1. Bei dem Anspruch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.d.F., die vom 01.01.2005 bis 31.12.2010 unverändert galt (künftig a.F.), handelt es sich um einen Individualanspruch des jeweiligen Schülers, der isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden kann. Die Kammer konnte daher hier isoliert über die Kosten der Klassenfahrt entscheiden, ohne dass es einer Überprüfung der für die Bedarfsgemeinschaft des Klägers gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bedurft hätte, BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R, juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 14 AS 6/09 R, juris, Rn. 9. 2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Fahrten nach Eastborne durch den Grundsicherungsträger. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 SGB II a.F. verpflichtet die Grundsicherungsträger, die Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen über die Regelleistung hinaus zu übernehmen. Die Fahrten, an denen der Kläger teilgenommen hat, sind keine Klassenfahrten im Sinne des § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II a.F. a. Was eine Klassenfahrt im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. ist, richtet sich nach den schulrechtlichen Bestimmungen des Landes, BSG, Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R, juris, Rn. 15. Der Rechtsbegriff der Klassenfahrt ist nach dem zitierten Urteil des BSG vom Landesrecht auszugestalten. Ähnlich wie das baden-württembergische Recht (dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.06.2010, L 13 AS 678/10, juris, Rn. 23 f.) kennt das sächsische Schulrecht keine Definition des Begriffes Klassenfahrt. Der Begriff der Klassenfahrt taucht in § 43 Abs. 2 Nr. 6 des Sächsischen Schulgesetzes (SächsSchulG) auf, der normiert, dass Beschlüsse der Lehrerkonferenz zu schulinternen Grundsätzen für außerunterrichtliche Veranstaltungen, z. B. Klassenfahrten und Wandertage, des Einverständnisses der Schulkonferenz bedürfen. Die Schulpflicht regelt § 26 SächsSchulG. Nach Abs. 2 der Norm erstreckt sich die Schulpflicht auch auf übrige verbindliche Veranstaltungen der Schule. Dabei handelt es sich um Veranstaltungen, die der Schulleiter oder die Schulverwaltung als verbindlich erklärt, Niebes/Becher/Pollmann, SächsSchulG, 2. Auflage 1996, § 26 Rn. 4. Nach Auffassung von Holfelder/Bosse/Benda/Runck, SächsSchulG, 4. Auflage 1995, § 26 Rn. 2, dürften außerunterrichtliche Veranstaltungen dann nicht verbindlich sein, wenn sie im Verhältnis zum normalen Unterrichtsbetrieb zusätzliche Belange des elterlichen Erziehungsrechts betreffen oder über die Schulgeld- und Lernmittelfreiheit erheblich hinausgehende Kosten verursachten. Dies könne insbesondere bei mehrtägigen Studienfahrten, Schullandheimfahrten und Klassenfahrten der Fall sein. Die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung von Schulfahrten (VwV-Schulfahrten) sieht in Nummer 4.2 vor, dass die Schüler grundsätzlich zur Teilnahme an Schulfahrten verpflichtet seien, soweit sie nicht nach § 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Besuch öffentlicher Schulen im Freistaat Sachsen befreit seien. Im konkreten Fall bestand nach Auskunft des Schulleiters, Bl. 351 der Leistungsakte, keine Pflicht für die Schüler zur Teilnahme, so dass die Kammer offenlassen konnte, ob eine Subsumtion der Fahrten unter den Begriff "Klassenfahrt" allein deshalb geboten war, weil die Fahrten der Schulpflicht unterlagen oder der Kläger sonst einer Teilnahmepflicht unterlag. Die VwV-Schulfahrten unterscheidet Schulfahrten als Schulwanderungen, Schulfahrten als Bildungsveranstaltungen, Schulfahrten als Schullandheimaufenthalte und Schulfahrten im Rahmen von Maßnahmen der internationalen Bildungskooperation. Auch unter Zuhilfenahme dieser Verwaltungsvorschrift ergibt sich nicht, dass der Sächsische Schulgesetzgeber den Begriff der Klassenfahrt als eigenständig rechtlich ausgefüllten Begriff definiert hätte. Demnach musste die Kammer den Begriff auslegen. Die Kammer folgt in der Begriffsauslegung weitgehend dem Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg, L 13 AS 678/10, juris, Rn. 24. Demnach handelt es sich um eine schulische Veranstaltung, die nicht an der Schule stattfindet und dadurch gekennzeichnet ist, dass die Klasse im Verband oder in der Sekundarstufe ein Kurs im Verband sich auf Fahrt begibt. Auf der Klassenfahrt wird zwar grundsätzlich der Unterricht fortgeführt, allerdings ergänzt um soziale und pädagogische Inhalte, die sich gerade auf das soziale Verhalten im Klassenverband oder Kursverband beziehen. Voraussetzung ist nach Auffassung der Kammer daher eine gewisse soziale Verbundenheit der Schüler, die sich auf Fahrt begeben, und die sich aus der Schulorganisation ergibt, etwa dadurch, dass die Schüler im Klassen- oder Kursverband gemeinsam unterrichtet werden. Dass zwischen den Schülern einer Klasse nach Auffassung des Sächsischen Schulgesetzes jeweils ein sozialer Zusammenhalt besteht, ergibt sich insbesondere aus dem Begriff der Klasse, wie er im Sächsischen Schulgesetz geprägt ist. Neben der Normierung der Klassenstärke in § 4a SächsSchulG sind insbesondere die §§ 39 Abs. 2 und 4, 45, 46, 51 und 52 Ausdruck der sozialen Verbundenheit. Besonders sei auf § 39 Abs. 2 Nr. 2 SächsSchulG verwiesen, wonach die Überweisung eines Schülers in eine andere Klasse der gleichen Klassenstufe oder einen anderen Kurs der gleichen Jahrgangsstufe eine Ordnungsmaßnahme darstellt, den Schüler also sanktionieren soll. Nach Auffassung der Kammer kann daher von einer Klassenfahrt aus Perspektive des sächsischen Schulrechtes nur gesprochen werden, wenn sich eine Klasse oder ein Kurs gemeinsam auf Fahrt begibt, die oder der durch einen gemeinsam unterrichteten Lehrstoff während des gesamten Schuljahres im Sinne eines fachbezogenen Unterrichtsverbundes zusammengefasst ist (ähnlich Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 20.09.2010, L 7 AS 355/10 B, PKH, nicht veröffentlicht, Seite 6, wonach Klassenfahrten mehrtägige Reisen seien, die in Klassen- bzw. Kursverband erfolgen und mit dem der jeweiligen Schule zuzurechnenden Unterricht zusammenhingen). b. Hier im konkreten Fall stand die Fahrt jeweils Schülern der 9. bis zur 10. Klasse offen, die Fahrt im Jahr 2006 sogar Schülern einer weiteren Schule. Aus der Klasse des Klägers nahmen jeweils 1/4 bzw. die Hälfte der Schüler an den Fahrten teil. Weder erfolgten die Fahrten damit in einem Klassen- oder Kursverband noch gab es einen Bezug zu einem gemeinsamen Unterricht. Eine auf das soziale Verhalten im Klassenverband gerichtete Zielsetzung konnten die Fahrten schon deswegen nicht haben, weil Schüler aus 7 Klassen und einer weiteren Schule bzw. aus 5 Klassen teilgenommen haben. c. Auch der Zweck von § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F., wonach insbesondere die Ausgrenzung von leistungsbeziehenden Schülern vermieden werden soll (dazu Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 09.02.1995, 5 C 2/93, juris = BVerwGE 97, 376 ff. zum BSHG), gebot hier keine andere Beurteilung. Da nur 1/4 bzw. die Hälfte der Schüler aus der Klasse des Klägers an der Fahrt teilnahmen, drohte diesem durch seine Nichtteilnahme gerade keine soziale Ausgrenzung. An dieser Stelle mag klargestellt werden, dass eine Klassenfahrt im Sinne des hier vertretenen Begriffsverständnisses nicht aufhört, eine Klassenfahrt zu sein, weil einzelne wenige Schüler nicht teilnehmen. Dass sich eine Klasse oder ein Kurs gemeinsam auf Fahrt begibt, der durch einen gemeinsam unterrichteten Lehrstoff während des gesamten Schuljahres im Sinne eines fachbezogenen Unterrichtsverbundes zusammengefasst ist, muss also die Intension der Fahrt sein. Der Anspruch nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. entfällt nicht dadurch, dass die Klasse "unvollständig" fährt. Wenn allerdings bei einer Fahrt, die für eine Vielzahl von Schülern offen steht, ohne dass gemeinsamer Unterricht, Klassen- oder Kurszugehörigkeit auch nur eine Rolle spielt, nur ein (geringer) Teil der Klasse neben anderen Schülern teilnimmt, kann – auch bei weiter Auslegung des Begriffes Klassenfahrt – der Zweck des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. nicht verfehlt werden. Denn Zweck des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. ist es gerade nicht, dass Fahrten durchgeführt werden an denen – im absurden Falle – wegen der hohen Kosten ausschließlich leistungsbeziehende Kinder teilnehmen (anders Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10.05.2007, L 11 AS 178/06, juris, Rn. 21: auf drohende Ausgrenzung oder pädagogischen Zweck der Fahrt komme es nicht an). Nach Auffassung der Kammer lässt sich entgegen Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 10.05.2007, L 11 AS 178/06, juris, Rn. 21, aus der knappen Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII (BT-Drucksache 15/1514, S. 60) nicht ableiten, dass "Klassenfahrt" im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. jegliche schulische Fahrten erfasse, ohne dass es etwa auf pädagogische oder sonstige Zwecke ankäme. Zwar scheint der Gesetzgeber in der Begründung die Begriffe Klassenfahrt und "Schulfahrt" synonym zu verwenden. Allerdings liegt das Hauptaugenmerk auf der Frage der Höhe der Kostenübernahme ("Für mehrtägige Klassenfahrten sind dagegen keine Pauschalen vorgesehen. Da die Regelung nur Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen umfasst, sollen die tatsächlichen Kosten übernommen werden, um eine Teilnahme zu gewährleisten. Damit wird auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehung durch die Schulen sind.", BT-Drucksache 15/1514, S. 60). Die Kammer meint daher, dass der Gesetzgeber indem er die Fahrten als wichtigen Bestandteil der Erziehung beschreibt, den gesetzlichen Begriff gerade offen für Zwecke über die bloße gemeinsame Fahrt hinaus gestaltet hat.
d. Eine Rechtsgrundlage neben § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. für das Begehren des Klägers ist nicht ersichtlich. Ihm stand daher kein Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der begehrten Kosten zu. Vielmehr wurde der Kläger durch den Bescheid vom 19.05.2006 rechtswidrig begünstigt.
C. 1. Die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.
2. Da der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nicht erreicht, war die Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen. Eine veröffentlichte Entscheidung sächsischer Gerichte zum Begriff der Klassenfahrt ist nicht ersichtlich (der Beschluss des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 20.09.2010, L 7 AS 355/10 B PKH ist nicht veröffentlicht). Die Entscheidungen des VG Leipzig vom 28.05.2003, 2 K 380/03 ASL 2004, 33 f., und des Sächsischen Landessozialgerichtes vom 20.07.2006, L 3 AS 57/06, juris, hatten keinen Anlass, sich mit dem Begriff der Klassenfahrt auseinanderzusetzen. Zudem ist beim Bundessozialgericht unter B 4 AS 204/10 R die Revision zur mehrfach zitierten Entscheidung des LSG Stuttgart anhängig. Demnach wird das BSG über die Rechtsfrage, ob der Begriff "Klassenfahrt" im Sinne des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II a.F. weit oder eng auszulegen ist, wenn die landesrechtlichen schulrechtlichen Bestimmungen keine Regelung zur Ausfüllung dieses Rechtsbegriffs beinhalten, noch entscheiden müssen.
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