Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 Kg 145/92
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 28/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Januar 1997 verurteilt, dem Kläger den Kindergeldzuschlag für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz und die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens in voller Höhe zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeldzuschuss gemäß § 11a des Bundeskindergeldgesetzes in der vor dem 01.01.1996 geltenden und letzten Fassung (BKGG a.F.) für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991.
Der im Jahre 1959 geborene Kläger, ein spanischer Staatsangehöriger, war seit April 1974 als Wanderarbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) tätig. Zuletzt bezog er Lohnersatzleistungen und kehrte, nachdem ihm rückwirkend ab 01.01.1988 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war (netto 1.381,77 DM monatlich ab 01.01.1988 und 1.457,42 DM ab 01.07.1989 laut Bescheid der Landesversicherungsanstalt Hessen vom 10.07.1989 in Ausführung des sozialgerichtlichen Vergleichs vom 03.05.1989), mit seiner Ehefrau und den aus dieser Ehe stammenden Kindern am 04.10.1989 in sein Heimatland zurück.
Für die fünf im Zeitraum von April 1980 bis März 1989 geborenen Kinder bezog er von der Beklagten Kindergeld; außerdem zahlte ihm die Beklagte den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1988 und - gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. - vorläufig, zweimonatlich im Voraus - für das Jahr 1989.
Nachdem im Oktober 1989 der Verzug des Klägers nach Spanien amtsbekannt geworden war, überwies ihm die Beklagte das Kindergeld unter Berücksichtigung der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 (EG-VO 1408/71) weiter, unter anderem auch für die Jahre 1990 und 1991; außerdem wurde noch im Juni 1990 die für November/Dezember 1989 ausstehende Rate des Kindergeldzuschlags gezahlt.
Den am 28.05.1990 gestellten Antrag auf vorläufige Zahlung des Kinderzuschlags für das Jahr 1990 gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. lehnte die Beklagte mit bindend gewordenem Bescheid vom 26.06.1990 ab, weil der Kläger mangels eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in der BRD nicht im Inland steuerpflichtig sei und ihm somit für seine Kinder die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs.6 des Einkommensteuergesetzes (EStG a.F.) nicht zustünden (sinngemäßer Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen in § 11a Abs.1 Satz 1 BKGG a.F.).
Am 19.06.1991 ging bei der Beklagten unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) mit Az.: 10 RKg 4/90 (gemeint Beschluss vom 28.02.1990 - Vorlage einer Rechtsfrage an den Europäischen Gerichtshof - EuGH -) ein Antrag auf Bewilligung des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1990 und 1991 ein. Aus dem diesbezüglichen Formblatt im Zusammenhang mit vorher und nachher eingereichten Unterlagen für das Kindergeld (Kindergeldanträge nach dem in der Europäischen Gemeinschaft - EG - vorgesehenen Formblatt, Familienstandsbescheinigungen und Einkommensfragebögen) ergibt sich, dass die Kinder im Haushalt des Klägers und dessen Ehefrau lebten und die Einkünfte der Familie lediglich aus der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach deutschen Vorschriften sowie dem Kindergeld nach dem BKGG a.F. bestanden; der Kläger hatte keine Versicherungszeiten in Spanien zurückgelegt, seine Ehefrau war weder in der BRD noch in Spanien erwerbstätig.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19.09.1991 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990/91 mit derselben Begründung wie im Bescheid vom 26.06.1990 ab. In dem hiergegen erhobenen Widerspruch nahm der Kläger Bezug auf Art.77 Abs.2 Buchstabe a EG-VO 1408/71 ("Familienleistungen ... werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt ...") und wies auf die Vorlage des BSG an den EuGH mit Beschluss vom 23.08.1989 - 10 RKg 26/88 (Sache der italienischen Staatsangehörigen R ... - 317/89) hin. Dort habe das BSG angefragt, ob die für Familienangehörige geltende Wohnsitzfiktion in Art.73 und 74 EG-VO 1408/71 zur Folge habe, dass der Arbeitnehmer und der Arbeitslose im Rahmen des § 11a BKGG a.F. und den dort genannten steuerrechtlichen Vorschriften so zu behandeln sei, als ob die Kinder im Geltungsbereich des BKGG wohnten. Diese Frage sei vom EuGH nicht beantwortet worden, weil die Bundesanstalt für Arbeit den Anspruch auf den Kindergeldzuschlag anerkannt und die Klägerin klaglos gestellt habe (vgl. BSG vom 28.02.1990 - 10 RKg 4/90).
Ebenso habe die Beklagte, um eine Entscheidung des EuGH in der Sache des spanischen Staatsangehörigen Caparros - 74/90 (Vorlagebeschluss des BSG vom 05.12.1989 - 11 RAr 135/88) zu vermeiden, einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter fiktiver Zugrundelegung des Wohnsitzes der Ehefrau im Inland und der damit verbundenen inländischen Steuerklasse III entsprechend Leistungsgruppe C für die Berechnung des Arbeitslosengeldes (anstelle der Steuerklasse I entsprechend der Leistungsgruppe A) anerkannt.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.1992 zurück und stützte sich dabei im Wesentlichen darauf, dass dem Kläger weder ein Kinderfreibetrag gemäß § 32 EStG noch der Abzugsbetrag nach § 33a EStG (außergewöhnliche Belastung bei Unterhaltsleistungen für Kinder) zustehe, weil nicht nur seine Kinder, sondern auch er selbst keinen inländischen Wohnsitz hätten.
Mit der beim Sozialgericht Nürnberg eingelegten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihm den Kindergeldzuschlag ab 1990 zu gewähren; später, nach Außer-Kraft-Treten des § 11a BKGG mit Ablauf des 31.12.1995, beschränkte er seine Klage auf den Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990 bis 1995.
Der Kläger wiederholte seine im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründe und legte den Schriftsatz der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 03.11.1993 in der Vorabentscheidungssache I ... C-321/93 vor, die die Frage der Gewährung des Kindergeldzuschlags für einen in der BRD beschäftigten spanischen Wanderarbeitnehmer betrifft, dessen Kinder und dessen Ehegattin in Spanien wohnten. Die Beklagte hatte in diesem Falle den Kindergeldzuschlag nicht in voller Höhe gewährt, weil sie bei Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften, auf die § 11a BKGG a.F. verwies, berücksichtigte, 1. dass dem Kläger anstelle der Kinderfreibeträge (§ 32 Abs.6 EStG) nur der anteilig nach Monaten berechnete Freibetrag nach § 33a Abs.1 EStG (außergewöhnliche Belastung durch Unterhaltsgewährung für ein Kind im Ausland) zustand, 2. für die Ehegattin des Klägers mangels Wohnsitzes in der BRD und mangels "Mittellosbescheinigung" kein Freibetrag vorgesehen war und 3. die Einkommensteuer mangels Wohnsitzes der Ehegattin in der BRD nicht nach § 32a EStG (Splittingverfahren bei Zusammenveranlagung gemäß § 26b EStG) berechnet und auch der zweifache Grundbetrag gemäß § 32a Abs.1 Satz 2 Nr.1 EStG nicht gewährt wurde. Die Kommission war der Ansicht, dass eine unterschiedliche Behandlung sowohl von Kindern mit ausländischem Wohnsitz als auch von Ehegatten mit ausländischem Wohnsitz in Vergleich zu Familienangehörigen mit Wohnsitz in der BRD nicht gerechtfertigt sei, wobei zwei Lösungsmöglichkeiten in Frage kämen. In erster Linie in Betracht zu ziehen sei die Ungültigkeit steuerrechtlicher Normen (hier i.V.m. § 11a BKGG) wegen Verstoßes gegen Art.48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - EWG-Vertrag - (Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Verbot der Diskriminierung) und gegen Art.7 Abs.2 EG-VO 1612/68 des Rates vom 15.10.1968 (der Beschäftigungsstaat hat den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländischen Arbeitnehmern zu gewähren). In zweiter Linie komme die Auslegung der steuerrechtlichen Normen im Sinne der Fiktion eines inländischen Wohnsitzes gemäß Art.73 EG-VO 1408/71 in Frage.
Die Beklagte war der Ansicht, die Rechtsverweisung des Art.77 Abs.2 Buchstabe a EG-VO 1408/71 nehme zwar auf Familienleistungen nach dem deutschen BKGG Bezug, fingiere aber nicht einen inländischen Wohnsitz mit der Folge der uneingeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers im Sinne von § 1 Abs.1 EStG a.F., könne daher zugunsten des Klägers nicht zu der Annahme führen, ihm stünden Kinderfreibeträge nach § 32 Abs.6 EStG a.F. zu. Artikel 77 der genannten Verordnung könne nicht über den fehlenden Wohnsitz im Inland hinweghelfen, weil das Steuerrecht nicht zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung gehöre. Der Rentner (im Ausland), der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats (hier BRD) Rente erhalte, könne nicht in jeglicher - also auch in einkommensteuerrechtlicher - Hinsicht so behandelt werden, als ob er in diesem Staate wohne, aus dem er Rente beziehe. Eine so weitgehende Stellung ergebe sich nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Würde man die generelle Auffassung vertreten, so müsste dies auch Konsequenzen für die generelle Steuerpflichtigkeit dieser Rentenbezieher in Deutschland haben, dürfte aber nicht einmal vom Kläger selbst gewollt sein und wäre auch ihrerseits nur über eine Änderung des Steuerrechts zu bewerkstelligen, nicht aber durch eine Überinterpretation des Sozialleistungsrechts im Lichte der EG-Vorschriften.
Die Beklagte wies ferner darauf hin, dass der vorliegende Streitfall sich von dem vom Kläger angesprochenen Fall I ... (C 321/93) dadurch maßgebend unterscheide, dass vorliegend der Anspruch auf Kindergeldzuschlag unabhängig vom Wohnsitz des Klägers und seiner Familien ausgeschlossen sei, weil das Einkommen des Klägers nur aus Einkünften (Rente) bestehe, bei denen wegen Art.21 des Deutsch-Spanischen Doppelbesteuerungsabkommens (DS-Abkommen) die Besteuerung durch den Wohnsitzstaat Spanien erfolge. Der Kindergeldzuschlag nach § 11a BKGG a.F. sei aber eng mit dem deutschen Steuerrecht verknüpft. Stehe dem (deutschen) Staat kein Besteuerungsrecht zu, bestehe auch keine Verpflichtung, Unterhaltsaufwendungen für Kinder durch die Gewährung von Kinderfreibeträgen oder durch vergleichbare Abzugsbeträge auszugleichen. Leistungen des innerstaatlichen Familienlastenausgleichs verlören damit ihren rechtfertigenden Grund.
Der Kläger vertrat hierauf die Ansicht, die Beklagte verkenne Art.19 DS-Abkommen. Nach Art.19 Abs.1 (Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen) werde z.B. eine deutsche Betriebsrente, die einer in Spanien ansässigen Person gezahlt werde, nur in Spanien besteuert. Gemäß Art.19 Abs.2 sei aber eine Rente aus der Rentenversicherung von der Steuer in Spanien befreit und werde nur in Deutschland versteuert.
Das Sozialgericht holte die Auskunft des Bundesministeriums der Finanzen vom 07.11.1996 ein. Danach werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Leibrenten nach § 22 Nr.1 Satz 3 Buchstabe a EStG nur mit dem Ertragsteil zur Einkommensteuer herangezogen. Renten aus der deutschen Renten- und Unfallversicherung, die in Spanien ansässigen Personen zuflössen, unterlägen als sonstige Einkünfte im Sinne des Art.21 DS-Abkommen der spanischen Besteuerung. Deutschland dürfe sie nicht besteuern, soweit sie nicht ohnehin nach dem deutschen innerstaatlichen Steuerrecht (z.B. § 3 Nr.1 Buchstabe a EStG für Unfallrenten) von der Steuer befreit seien. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend war im Schreiben vom 28.11.1996 der Auffassung, unter Zugrundelegung der Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen stehe dem Kläger ein Kindergeldzuschlag nicht zu.
Mit Urteil vom 27.01.1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Hinsichtlich des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1992 bis 1995 sei die Klage unzulässig, weil der Kindergeldzuschlag im Gegensatz zum Kindergeld eine auf das jeweilige Kalenderjahr beschränkte Leistung sei, die für jedes Jahr gesondert beantragt werden müsse; der Kläger habe aber für die Jahre 1992 bis 1995 keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1990/91 hielt das Sozialgericht die Klage für unbegründet. Die Leistung sei zwar eine Familienbeihilfe im Sinne des Art.77 EG-VO 1408/71. Der EuGH habe auch beim Kinderzuschlag für ausländische Arbeitnehmer entschieden, dass der in Art.73 EG-VO 1408/71 enthaltenen Wohnsitzfiktion ein Großteil der praktischen Wirksamkeit genommen werde, wenn sie durch Verweis auf steuerrechtliche Vorteile unterlaufen werden könne, wenn sich also die Wohnsitzvoraussetzung aus steuerrechtlichen Vorschriften ergebe, auf die die sozialrechtlichen Vorschriften für die Bestimmung der Anspruchsberechtigten und der Höhe der in Frage stehenden Familienleistung verwiesen. Der vom EuGH entschiedene Fall sei jedoch mit dem jetzigen Fall nicht vergleichbar. Art.77 EG-VO 1408/71 enthalte keine der Wohnsitzfiktion des Art.73 EG-VO 1408/71 vergleichbare Regelung, sondern die Bestimmung, dass Leistungen ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnten, gewährt würden. Artikel 77 diene insoweit nur der Bestimmung des Mitgliedstaates, nach dessen Recht sich die Gewährung von Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und für Waisen regele, sei also lediglich eine Zuständigkeitsvorschrift. Mangels Wohnsitzfiktion in Art.77 EG-VO 1408/71 seien die von § 11a Abs.1 BKGG in Bezug genommenen steuerrechtlichen Vorschriften unmittelbar anzuwenden. Als Ausländer ohne inländischen Wohnsitz und nur mit Renteneinkünften unterliege der Kläger nicht der deutschen Einkommensteuer (§§ 1, 22 EStG). Damit stehe fest, dass ein Kinderfreibetrag einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden könne, da nach § 32 Abs.6 Satz 1 EStG ein Kinderfreibetrag nur für jedes zu berücksichtigende Kind eines Steuerpflichtigen abgezogen werden dürfe. Eine Diskriminierung (gemeint im Sinne des EG-Rechts) des Klägers könne die Kammer hierin nicht sehen. Im Hinblick auf die direkten Steuern befänden sich Gebietsansässige und Gebietsfremde in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger habe keinen Bezug zum deutschen Steuerrecht, weder durch direkte noch durch indirekte Steuern. Die Ausgleichsleistung Kindergeldzuschlag für Eltern, die den steuerlichen Kinderfreibetrag wegen der geringen Höhe ihres Einkommens nicht oder nicht in vollem Umfange ausschöpfen könnten, bei denen also die beabsichtigte steuerliche Entlastung nicht (in vollem Umfang) realisiert werden könne, fehle die innere Rechtfertigung.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren, zuletzt beschränkt auf den Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990 und 1991, weiter. Er bringt vor, Art.77 Abs.2 Satz 1 EG-VO 1408/71 enthalte eine Wohnsitzfiktion für Kinder und Rentner. Falls dem Art.77 die Wohnsitzfiktion fehlen würde, würde diese durch Art.51 EWG-Vertrag ersetzt, worin die Zahlung der Leistungen aus der EG-VO 1408/71 an Personen, die sich in den Hoheitsgebieten anderer Mitgliedstaaten aufhielten, vorgesehen sei. Der EuGH habe wiederholt festgestellt, dass der Gleichheitssatz des Art.48 EWG-Vertrag nicht nur offene, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung verbiete, die mit Hilfe der Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis führten. Dies gelte auch vorliegend. Im Übrigen sei die Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen fehlerhaft; Art.21 DS-Abkommen sei nicht einschlägig, weil die Rente des Klägers in Art.19 dieses Abkommens ausdrücklich erwähnt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.01.1997 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.09.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1992 zu verurteilen, ihm Kindergeldzuschlag für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, und bezieht sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Hierauf und auf die zu Beweiszwecken beigezogene Kindergeldakte der Beklagten wird zur Ergänzung des Tatbestands - insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten - Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Sie erweist sich in der Hauptsache auch als begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf den Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990 und 1991 zu. Dies ergibt sich zwar nicht allein aus den nationalen Vorschriften i.V.m. dem DS-Abkommen, aber unter Heranziehung des Art.77 EG-VO 1408/71, der den Geltungsbereich der nationalen Gesetze erweitert und den Leistungsexport ins Ausland gewährleistet.
Das Kindergeld erhöht sich unter bestimmten Voraussetzungen um den Kindergeldzuschlag (§ 11a Abs.1 BKGG a.F.). Zwar sind Kindergeld und Kindergeldzuschlag rechtlich gesondert zu sehende Ansprüche, die Gewährung eines Kindergeldzuschlags setzt aber voraus, dass vorweg ein Anspruch auf Kindergeld zusteht. Einen solchen Anspruch auf Kindergeld hatte der Kläger in den Jahren 1990 und 1991, und die Beklagte bestreitet dies auch nicht. Gleichwohl sei zum Verständnis der nationalen Vorschriften und des erweiterten Anwendungsbereichs in Zusammenhang mit überstaatlichem Recht auf die Gesamtregelung der damals (1990/91) geltenden Fassungen der einschlägigen Normen hingewiesen.
1. Rechtslage hinsichtlich des Kindergeldanspruchs: Gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG a.F. hatte "nach den Vorschriften dieses Gesetzes" derjenige einen Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder, der im "Geltungsbereich dieses Gesetzes" (d.h. der BRD) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. § 1 Abs.3 BKGG a.F. bestimmte, dass Ausländer, die sich ohne Aufenthaltsberechtigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhielten, einen Anspruch "nach diesem Gesetz" nur hatten, "wenn ihre Abschiebung auf unbestimmte Zeit unzulässig war oder wenn sie auf Grund landesrechtlicher Vorschriften auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden konnten" (ab 09.07.1989 geltende Fassung) bzw. "wenn sie nach den §§ 51, 53 und 54 des Ausländergesetzes auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden konnten" (ab 01.01.1991 geltende Fassung), frühestens jedoch nach einem gestatteten oder geduldeten ununterbrochenen Aufenthalt von einem Jahr. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatten, wurden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG a.F. mit darauf folgenden, hier nicht einschlägigen Ausnahmeregelungen).
Die Kindergeldberechtigung war damit primär auf deutsche Staatsangehörige und sekundär auf Ausländer mit rechtlich abgesichertem und deshalb auf unbestimmte Dauer angelegtem Inlandsaufenthalt bezogen, wenn sowohl diese Personen als auch ihre Kinder im Gebiet der BRD wohnten. § 42 BKGG a.F. bestimmte hierzu: "Soweit in diesem Gesetz Ansprüche Deutschen vorbehalten sind, haben Angehörige der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, Flüchtlinge und Staatenlose nach Maßgabe des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen die gleichen Rechte. Auch im Übrigen bleiben die Bestimmungen der genannten Verordnungen unberührt."
Auch ohne diesen Vorbehalt hätte das EG-Recht als übergeordnetes Recht entgegenstehende nationale Vorschriften "durchbrochen" bzw. in persönlicher und räumlicher Hinsicht erweitert. Auf die grundsätzlichen, aber auch allgemeineren Vorschriften des EWG-Vertrags muss hier nicht eingegangen werden, es genügen vorliegend die Normen der EG-VO 1408/71. Art.3 Abs.1 dieser Verordnung schreibt vor, dass die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wie die Staatsangehörigen dieses Staates haben, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen. Die Vorschrift verschafft allen Personen, die nach Art.2 von der Verordnung erfasst werden und im Bereich der EG wohnen, gegenüber den einzelnen Mitgliedstaaten die gleiche Rechtsstellung, die deren Staatsangehörige nach deren Rechtsvorschriften haben (Diskriminierungsverbot insbesondere im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit, an die die nationalen Gesetze anknüpfen können, bedeutsam vor allem bei der Ungleichbehandlung von Deutschen und Ausländern im Bereich der BRD oder bei der Anwendung der Vorschriften über die Erbringung von Leistungen an Berechtigte im Ausland, nach denen für die Zahlung an einen Deutschen mit Auslandswohnsitz günstigere Leistungsbedingungen bestehen).
Art.3 EG-VO 1408/71 allein ist nicht immer ausreichend, um den Leistungsexport zu gewährleisten, insbesondere dann, wenn - wie im deutschen Kindergeldrecht - nach nationalem Recht die Zahlung der Leistung ins Ausland für Deutsche wie auch Ausländer gleichermaßen beschränkt wird. In solchen Fällen hilft oft Art.10 EG-VO 1408/71 (Aufhebung von Wohnortklauseln) zugunsten der Ausländer und auch der deutschen Staatsangehörigen mit Aufenthalt im Ausland weiter; (bestimmte) Renten- und Sterbegelder dürfen, sofern in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.
Auf Familienleistungen wie das Kindergeld (und den Kindergeldzuschlag) ist Art.10 EG-VO 1408/71 nicht anwendbar. Es finden sich aber besondere Regelungen für Arbeitnehmer, Arbeitslose und bestimmte Selbständige in Art.72 f. EG-VO 1408/71 sowie für Rentner und Waisen in Art.77 f. EG-VO 1408/71. Diese Vorschriften haben keineswegs - im Bezug auf Art.77 EG-VO hat sich das Sozialgericht geirrt - nur die Funktion einer Zuständigkeitsregelung (Welcher Staat ist für die Zahlung der Leistung zuständig?). Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 bestimmt: Die Leistungen (im Sinne des Abs.1, also Familienbeihilfen unter anderem für Empfänger von Alters- oder Invaliditätsrenten) werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt: a) der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften eines einzigen Staates Rente bezieht, erhält die Leistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates; b) der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten Rente bezieht, erhält die Leistungen i) nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, wenn ... ii) in anderen Fällen ...
Aus dem Gegensatz vom Einfachrentner (Buchstabe a) zum Mehrfachrentner (Buchstabe b) geht hervor, dass der Wohnsitz im Bereich des jeweiligen Mitgliedstaats der EG nur Bedeutung für die Mehrfachrentner in Bezug auf die Zuständigkeit mehrerer in Frage kommenden Leistungsträger haben soll; darüber hinaus gilt aber für beide Rentenbezieher der Grundsatz, dass es bei der "Leistungsgewährung" nicht auf den Wohnsitz des Rentners oder/und der Kinder im Bereich der EG ankommt, d.h., dass das im Recht eines Mitgliedstaats (eventuell) vorgesehene Erfordernis eines Wohnsitzes im Inland durch das des Wohnsitzes im EG-Bereich ersetzt wird.
Insoweit geht es nicht um eine Zuständigkeitsregelung oder eine Koordinierung von Anspruchskonkurrenzen (die Art.77 auch beinhaltet), sondern im Vorfeld darum, dass zunächst in das nationale Recht, sofern es das Territorialitätsprinzip zugrunde legt, "eingegriffen" oder - besser gesagt - der Geltungsbereich des nationalen Rechts erweitert wird. Zuerst werden durch Art.77 Abs.2 Satz 1 EG-VO 1408/71 Ansprüche auf Familienbeihilfe unter Modifizierung des nationalen Rechts (sofern dort wohnortsbedingte Einschränkungen vorhanden sind) erstmals begründet, dann erst Anspruchskonkurrenzen, die bereits bestanden haben oder durch die Modifizierung des nationalen Rechts erstmals entstehen, in Art.77 Abs.2 Buchstabe b, Art.79 EG-VO 1408/71 gelöst.
Letztlich müßig ist die Diskussion darüber, ob diese Regelung über Ansprüche auf Familienbeihilfe unabhängig vom Wohnsitz juristisch als Wohnsitzfiktion wie in Art.73 EG-VO 1408/71 bezeichnet werden kann. Ihrem Sinn und Zweck nach muss jedenfalls dann, wenn ein nationales Recht auf den Territorialitätsgrundsatz bei der Gewährung einer Familienbeihilfe abstellt, bei Anwendung des Rechts im Ergebnis der ausländische Wohnsitz dem inländischen gleichgestellt werden (praxisbezogene, ergebnis- orientierte Betrachtungsweise). Dogmatisch korrekt ist die Ansicht, dass hinsichtlich Familienbeihilfen die Anspruchsvoraussetzung eines Wohnsitzes des Rentners oder/und seiner Familienangehörigen im Nationalstaat erweitert wird. Bezüglich des Wohnsitzes ist lediglich der örtliche Geltungsbereich der Verordnung zu beachten (Baumeister in RVO-Gesamtkommentar, Anm.3 zu Art.77 EWG-VO Nr.1408/71).
Es ist von der Beklagten ohne Weiteres beim Kindergeld im EG-Bereich anerkannt, dass grundsätzlich zur Zahlung der Familienbeihilfe für Rentner der für die Rentenzahlung zuständige Staat verpflichtet ist und der Wohnsitz des Rentners und seiner Familienangehörigen nur Bedeutung hat, wenn Renten aus mehreren EG-Staaten bezogen werden. Deutsche und Staatsangehörige eines anderen EG-Staates, die ausschließlich aus der deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen Alters oder wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezögen, könnten Kindergeld unabhängig davon erhalten, in welchem EG-Staat der Rentenberechtigte und die Kinder wohnten (so schon Runderlass 375/74 der Bundesanstalt für Arbeit, Stand September 1994, DA 107.3 und 107.31). Auf die Wohnsitzklausel in § 1 Abs.1 BKGG und die sonstigen Einschränkungen in § 1 Abs.3 BKGG käme es nicht an (Runderlass, a.a.O., DA 107.2 und 103.1). Mithin ist schon lange von der Beklagten, die sich vorliegend auf die unzutreffenden gegenteiligen Ausführungen des Sozialgerichts beruft, anerkannt, dass Art.77 EG-VO 1408/71 mehr als nur die vom Sozialgericht angenommene Zuständigkeitsregelung beinhaltet.
Der wesentliche Unterschied zwischen Art.73 (Familienleistungen für Arbeitnehmer) und Art.77 Abs.1 (Familienbeihilfen für Rentner) ist nur darin begründet, dass Art.73 ("ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, ... hat Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates ...") vorweg - hinsichtlich der Person des Arbeitnehmers - vom Beschäftigungslandprinzip, geregelt in Art.13 f. EG-VO 1408/71, ausgeht (vgl. Nomos, Kommentar zum Europäischen Sozialrecht, Stand Juni 1999, Vorbemerkung 2 zu Art.77 f. EG-VO 1408/71), gleich ob der Arbeitnehmer im Beschäftigungsland wohnt oder nicht wohnt, und daher nur noch im Hinblick auf Familienleistungen normiert, dass das nationale Recht so anzuwenden ist, als ob auch die Familienangehörigen im Beschäftigungsland wohnten (sofern sie nicht dort wohnen).
Das "Beschäftigungslandprinzip" kann bei Rentnern keine Anwendung finden (Nomos, a.a.O.). Der daher von Art.77 EG-VO 1408/71 vorgesehene Bezugspunkt für die Person des Rentners sind die Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaates, nach denen der Rentner - unabhängig vom Wohnsitz - Rente bezieht (§ 44 f. EG-VO 1408/71); im Hinblick auf Familienbeihilfeleistungen ist bestimmt, dass es auch insoweit - hinsichtlich der Person des Rentners und der Familienangehörigen - nicht auf den Wohnsitz in dem einen oder dem anderen EG-Staat ankommen darf.
Es bestehen hier von der Ausgangslage, Arbeitnehmer oder Rentner, naturgemäß entsprechend dem Personenkreis verschiedene Anknüpfungspunkte, aber die Rechtslage hinsichtlich der Ansprüche auf Familienleistungen ist im Ergebnis gleich geregelt; die Ansprüche auf Familienbeihilfen folgen - ohne Rücksicht auf die Wohnsitzverhältnisse innerhalb der EG - den jeweiligen Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaates, die für die Arbeitnehmer bzw. für die Rentner gelten (wird von dem hier nicht gegebenen Sonderfall abgesehen, dass bei dann eventuell eintretenden Anspruchskonkurrenzen zusätzlich der Wohnort des Rentners als Korrektiv zur Vermeidung von Doppelleistungen heranzuziehen ist).
Der EuGH hat sich in vielen Entscheidungen über Familienbeihilfen für Arbeitnehmer/Arbeitslose und für Rentner/Waise, die nicht im leistungsgewährenden EG-Staat wohnen, gleichermaßen auf die Freizügigkeit des Arbeitnehmers (Art.51 EWG-Vertrag) gestützt. Prägnant sind die Grundsätze z.B. im Urteil des EuGH vom 11.06.1991 - C-251/89 - zu Art.77 EG-VO 1408/71 (SozR 3-6050 Art.77 Nr.1) zusammengefasst: "In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die EG-VO 1408/71 im Lichte des mit Art.51 EWG-Vertrag - ihrer Rechtsgrundlage - verfolgten Ziels auszulegen ist, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu sichern. Dieses Ziel würde aber nicht erreicht, wenn das Recht eines Mitgliedstaats über die Fälle hinaus, die die gemeinschaftliche Regelung im Einklang mit den Zielen des Vertrags ausdrücklich vorsieht, die Gewährung der Vergünstigungen der sozialen Sicherheit, die nach diesem Recht geschuldet werden, von der Voraussetzung abhängig machen würde, dass der Arbeitnehmer im betreffenden Mitgliedstaat wohnt. Bezüglich der Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und der Leistungen für Waisen sehen die Art.77 Abs.2 und 78 Abs.2 EG-VO 1408/71 ausdrücklich vor, dass diese Leistungen nach Maßgabe dieser Vorschriften ohne Rücksicht darauf gewährt werden, in welchem Mitgliedstaat die Rentner und die Kinder oder aber die Waisen oder die Personen, die ihren Unterhalt bestreiten, wohnen. Außerdem wird der Anspruch auf eine Zusatzleistung für Waisen oder für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern den Waisen und den Rentnern gerade dann zuerkannt, wenn sie nicht in dem Mitgliedstaat wohnen, der die höheren Leistungen gewährt. Die Zuerkennung eines solchen Anspruchs wäre demnach völlig wertlos, wenn das Recht dieses Mitgliedstaats die Gewährung der Leistungen von der Voraussetzung abhängig machen würde, dass sowohl der Berechtigte als auch das berücksichtigungsfähige Kind im Inland wohnen, und wenn diese Voraussetzung der Waise und dem Rentner, die eine Zusatzleistung beantragen, entgegengehalten werden könnte."
Dieselbe Rechtslage und die gleichen vom EuGH aufgestellten Grundsätze gelten auch beim Kindergeldzuschlag. Es besteht kein rechtfertigender Grund, hiervon abzuweichen.
2. Allgemeines zum Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag: Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass streitgegenständlich der Bescheid vom 19.09.1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1992 (Kindergeldzuschläge für die Jahre 1990 und 1991) ist, und der Nachprüfung dieser Verwaltungsakte nicht (teilweise, für das Jahr 1990) der bindend gewordene Bescheid vom 26.06.1990 (Kindergeldzuschlag für das Jahr 1990) entgegensteht. Mit dem letztgenannten Bescheid ist lediglich die vorläufige Zahlung des Kindergeldzuschlags 1990 bereits während des Jahres, für das er in Betracht kommt, gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 19.09.1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1992 ist aber "endgültig" über den Kindergeldzuschlag für 1990 und 1991 entschieden worden.
Unerheblich ist es, dass die Gründe für die Ablehnung der vorläufigen Zahlung (1990) und für die "endgültige" Ablehnung von Ansprüchen (1990/91) die gleichen waren. Rechtsverbindlich geworden ist nur der Regelungssatz (Verfügungssatz - "Tenor") des Bescheids vom 26.06.1990, und nicht die zugrunde liegende rechtliche Begründung; die "endgültige Entscheidung" kann - gleich ob die vorläufige Zahlung bewilligt oder abgelehnt worden ist - hiervon abweichend ausfallen (vgl. hierzu auch § 11a Abs.8 Satz 4 i.V.m. § 11 Abs.3 Satz 4 bis Satz 6 BKGG a.F.).
Der dem Bescheid vom 19.09.1991 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.1992) zugrunde liegende Antrag vom 19.06.1991 ist jedenfalls fristgerecht - auch für den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1990 - gestellt worden, weil er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf dieses Jahres bei der Beklagten eingegangen ist (§ 11a Abs.7 Satz 2 BKGG a.F.).
Hinsichtlich der Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau stellt der Senat fest, dass laut Angaben des Klägers, bestätigt durch den spanischen Versicherungsträger, nur eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1990 und 1991 bezogen worden ist, und sich jedenfalls der Höhe nach ein Anspruch auf den Zuschlag errechnen würde, wenn der Kläger und seine Familienangehörigen nicht ihren Wohnsitz in Spanien hätten.
3. Regelung des Kindergeldzuschlags gemäß § 11a BKGG a.F. i.V.m. den damit zusammenhängenden steuerrechtlichen Vorschriften: § 11a Abs.1 Satz 1 und Satz 3 BKGG a.F. bestimmte, dass das Kindergeld für die Kinder, für die dem Berechtigten der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs.2 des EStG zusteht, sich um den nach Abs.6 bemessenden Zuschlag erhöht, wenn das zu versteuernde Einkommen des Berechtigten geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs.1 Nr.1 des EStG ... Ist die tarifliche Einkommensteuer nach § 32a Abs.5 (Zusammenveranlagung von Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG - Splittingverfahren) oder Abs.6 des EStG berechnet worden, Betrags. Gemäß § 11a Abs.6 Satz 1 BKGG a.F. beträgt der Zuschlag ein Zwölftel von 19 vom Hundert des Unterschiedsbetrages zwischen dem zu versteuernden Einkommen und dem nach Abs.1 Satz 1 oder Satz 3 maßgeblichen Grundfreibetrag, höchstens von 19 vom Hundert der Summe der dem Berechtigten zustehenden Kinderfreibeträge.
§ 1 Abs.1 Satz 1 EStG a.F. bestimmte: "Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig." (Abs.2 und Abs.3 der Vorschrift regeln Sonderfälle, in denen bedienstete deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz im Ausland und Empfänger von Versorgungsbezügen im Sinne des § 19 Abs.2 Nr.1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gelten.) Gemäß Abs.4 sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG (u.a. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie dem Steuerabzug unterworfen werden) haben.
In § 26 Abs.1 EStG a.F. hieß es: "Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind, können zwischen getrennter Veranlagung (§ 26a) und Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen ..." § 26b EStG a.F. lautete: "Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten werden die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt."
Nach § 32 Abs.6 EStG a.F. konnte ein "Kind ... nur berücksichtigt werden, wenn es zu Beginn des Kalenderjahrs unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war oder im Laufe des Kalenderjahres unbeschränkt einkommensteuerpflichtig geworden ist". Nach Absatz 6 dieser Bestimmung wurde ein "Kinderfreibetrag von 1.512,00 DM ... für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen vom Einkommen abgezogen. Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wird ein Kinderfreibetrag von 3.024,00 DM abgezogen, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht."
Die Gesamtregelung des Kindergeldzuschlags zeigt auf, dass - wird das EG-Recht hinweggedacht - ein Anspruch des Klägers dem Grunde nach nur besteht, wenn sowohl er als auch das zu berücksichtigende Kind einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Außerdem ist der Anspruch auf den Zuschlag in voller Höhe nur dann gegeben, wenn auch die Ehefrau so behandelt wird, als ob sie im Inland wohnen würde.
Aus rein steuerrechtlicher Hinsicht ergäbe sich, dass der Kläger weder unbeschränkt steuerpflichtig ist noch nach Abs.4 des § 1 EStG a.F. beschränkt steuerpflichtig wäre. Der Ertragsteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 22 Nr.1 EStG), der bei Wohnsitz im Inland steuerpflichtig wäre, begründet nicht einmal die beschränkte Steuerpflicht im Sinne von § 1 Abs.4 EStG a.F. Der Kläger hat zwar "inländische Einkünfte", aber nicht im Sinne von § 49 Abs.1 Nr.7 EStG a.F., weil der darin vorgesehene Steuerabzug in den Jahren 1990/91 nicht angeordnet und somit § 49 EStG a.F. gegenstandslos war.
Das DS-Abkommen, ratifiziert durch das Gesetz zu dem Abkommen vom 05.12.1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 16.01.1968 (BGBl.1968 II, 9) ändert hieran nichts.
Das DS-Abkommen trifft unter anderem Regelungen zur Einkommensteuer (Art.2 Abs.3 Nr.1 Buchstabe a DS-Abkommen). Die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers wird nicht von den in Art.6 bis 20 des Abkommens ausdrücklich genannten Einkünften erfasst, unterfällt damit dem Art.21 des Abkommens: "Die in den vorstehenden Artikeln nicht ausdrücklich erwähnten Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person können nur in diesem Staate besteuert werden", also vorliegend in Spanien.
Insbesondere Art.19 des Abkommens ist nicht einschlägig. Wird von Absatz 3 der genannten Vorschrift, betreffend Vergütungen für einen Schaden als Folge einer Kriegshandlung oder politischen Verfolgung abgesehen, bezieht sich die Regelung auf "Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden"; insoweit erfolgt die Besteuerung nur in diesem Staate (Art.19 Abs.1). Ungeachtet des Absatz 1 sind aber Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die von einem Vertragsstaat und einem Land oder einer ihrer autonomen Einrichtungen, öffentlichen Behörden oder öffentlichen Verwaltungen unmittelbar oder aus einem von ihnen errichteten Sondervermögen für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, in dem anderen Vertragsstaat von der Steuer befreit (Art.19 Abs.2). Absatz 1 und Absatz 2 betreffen Leistungen ähnlicher Art, wobei hinsichtlich des Ursprungs der Leistungen differenziert wird, ob sie von einem "öffentlich-rechtlichen Dienstherrn" oder von einem sonstigen Arbeitgeber stammen. Art.19 Abs.2 des Abkommens führt hierbei Art.18 Abs.1 des Abkommens fort, der Vergütungen von "öffentlich-rechtlichen Dienstherrn" (BRD oder einem Land oder einer ihrer autonomen öffentlichen Einrichtungen, örtlichen Behörden oder örtlichen Verwaltungen) unmittelbar oder aus einem von ihnen errichteten Sondervermögen für die geleisteten Dienste gezahlt werden, betrifft.
Art.19 Abs.1 und Abs.2 sowie Art.18 Abs.1 DS-Abkommen beziehen sich damit im Bereich des deutschen Rechts auf Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 EStG; Art.19 Abs.2 DS-Abkommen regelt hiervon nur die "Versorgungsbezüge" im Sinne des § 19 Abs.2 Satz 2 EStG. Nach der letztgenannten Vorschrift sind "Versorgungsbezüge" Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die als Ruhegehalt a) aufgrund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften b) nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften oder in anderen Fällen wegen Erreichens einer Altersgrenze, Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder als Hinterbliebenenbezüge gewährt werden.
Wenn der Kläger meinte, seine Erwerbsunfähigkeitsrente werde von Art.19 Abs.1 und 2 DS-Abkommen erfasst mit der Folge, dass die Rente nur in Deutschland besteuert werde (Art.19 Abs.1 DS-Abkommen) und in Spanien von der Steuer befreit sei (Art.19 Abs.2 DS-Abkommen), so irrte er. Seine Rente wird nicht "als Ruhegehalt oder ähnliche Vergütung für frühere unselbständige Arbeit" von einem privaten Arbeitgeber oder einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn gezahlt, sondern vom Rentenversicherungsträger aufgrund eines Versicherungsverhältnisses und der früher eingezahlten Beiträge; unerheblich ist hierbei, ob sein früherer Arbeitgeber oder er selbst oder - wie vorliegend - beide ehemals die Versicherungsbeiträge getragen haben. Die Erwerbsunfähigkeitsrente stellt sich nicht als Fortsetzung der Zahlung von Bezügen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis dar, wie es z.B. bei Beamtenpensionen der Fall ist.
Sollte der Kläger - seine Ausführungen sind insoweit lückenhaft - gemeint haben, der Rentenversicherungsträger wäre "eine autonome öffentliche Einrichtung, örtliche Behörde oder örtliche Verwaltung" eines Vertragsstaates, nämlich der BRD, oder eines Landes des Vertragsstaates, so mag er zwar damit Recht haben. Er war aber nicht ehemals Arbeitnehmer dieser autonomen öffentlichen Einrichtung, für den diese Einrichtung nunmehr das Ruhegehalt oder eine ähnliche Vergütung zahlt. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers in der BRD wiederum zahlt aus dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis keine Rente an den Kläger, ist im Übrigen kein Vertragsstaat oder Land eines Vertragsstaates oder autonome Einrichtung, Behörde usw. des Vertragsstaats oder eines Landes dieses Vertragsstaates.
Zu Recht hat die Beklagte in erster Instanz unter Bezug auf Korn/Debatin, Doppelbesteuerung Bd.IV - Spanien - S.161 f. vorgebracht, dass es sich bei Alters- und Erwerbsunfähigkeitsrenten um Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis handelt, für die die Auffangsklausel des Art.21 DS-Abkommen gilt, und nicht um Leistungen unmittelbar aus dem Arbeits- bzw. Dienstverhältnis im Sinne des Art.19 DS-Abkommen. Mithin kann die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers, die in Deutschland als sonstige Einkunft (Leibrente) mit einem Teil, dem Ertrag des Rentenrechts, der Besteuerung unterliegen würde (§ 22 Nr.1 EStG), nur in Spanien versteuert werden (Art.21 DS-Abkommen).
Wenn der Kläger hiergegen eingewendet hat, dass von Deutschland nach Spanien gezahlte Betriebsrenten gemäß Art.19 Abs.1 DS-Abkommen nur in Spanien versteuert würden, Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß Abs.2 der genannten Vorschrift in Deutschland, so kann hieraus kein maßgebendes Argument gefolgert werden. Die Betriebsrente stellt eine Leistung des Arbeitgebers aus dem zugrunde liegenden privatrechtlichen Arbeitsverhältnis dar, und nicht eine Leistung eines Versicherungsträgers aufgrund einer abgeschlossenen Versicherung oder einer gesetzlichen Pflichtversicherung. Eine "Betriebsrente" aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses unterliegt Art.19 Abs.1 DS-Abkommen, eine solche aus öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis dem Absatz 2 dieser Vorschrift. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung hingegen werden weder von Absatz 1 noch von Absatz 2 des Art.19 des DS-Abkommen erfasst.
Festzuhalten bleibt, dass der Kläger und seine Kinder in den Jahren 1990/91 - aus steuerrechtlicher Sicht gesehen - weder unbeschränkt noch beschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sind. Die Rechtslage, wie sie nach dem EStG a.F. bestand, wurde im vorliegenden Streitfalle durch das DS-Abkommen nicht geändert. Art.21 DS-Abkommen "wiederholte" lediglich die sich aus dem EStG ergebende Regelung.
4. Zur Handhabung des § 11a BKGG a.F. und der damit zusammenhängenden steuerrechtlichen Vorschriften gemäß dem EG-Recht:
4.1 Vorweg ist nochmals zu betonen, dass Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 nicht nur eine Zuständigkeitsregelung enthält, sondern eine Gebietsgleichstellung (Inland-Ausland) oder - besser gesagt - die Erstreckung nationaler Vorschriften, die auf den Territorialitätsgrundsatz abstellen, auf das Gebiet der EG. Der Einfachrentner, der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats Rente bezieht, erhält die Familienbeihilfen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates, und zwar unter der für Einfachrentner und Mehrfachrentner gleichermaßen geltenden Prämisse des Art.77 Abs.2 Satz 1 EG-VO 1408/71, dass die Beihilfen ohne Rücksicht darauf zu gewähren sind, in welchem Mitgliedstaat der Rentner oder/und die Kinder wohnen.
4.2 Der Kindergeldzuschlag stellt wie das Kindergeld nicht nur eine Familienleistung im Sinne der Art.72 f., Art.1 Buchstabe u Ziffer i EG-VO 1408/71 (alle Sach- und Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Art.4 Abs.1 Buchstabe a genannten Vorschriften bestimmt sind) dar (vgl. EuGH vom 22.02.1990 - C-228/88 B ... und EuGH vom 05.10.1995 - C-321/93 I ... in SozR 3-6050 Art.73 Nrn.1 und 7), sondern auch eine Familienbeihilfe im Sinne der Art.77 f., Art.1 Buchstabe u Ziffer ii EG-VO 1408/71 (regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden). Hierüber hat nie Streit bestanden. Mag zwar die Regelung des Kindergeldzuschlags in enger Verbindung mit den Kinderfreibeträgen des EStG stehen, so stellt er doch offensichtlich eine Familienleistung dar, wohingegen der Kinderfreibetrag nicht als Familienleistung qualifiziert werden kann, weil hier nicht geleistet, sondern verschont wird (Jörg Haverkate/Stefan Huster, Europäisches Sozialrecht, S.212). Außerdem hat die BRD das Kindergeld einschließlich des Kindergeldzuschlags als Familienbeihilfe "deklariert". Gemäß Art.5 der EG-VO 1408/71 geben die Mitgliedsstaaten in Erklärungen, die gemäß Art.97 notifiziert und veröffentlicht werden, die Rechtsvorschriften und Systeme ... sowie die Leistungen im Sinne der Art.77 und 78 an; dementsprechend hat die BRD das "Kindergeld" nach dem "Bundeskindergeldgesetz vom 14.04.1964 mit Änderungen und Ergänzungen in der jeweils geltenden Fassung" in das EG-Recht eingeführt (vgl. ABl.1980 C 139, S.1 in der geänderten Fassung ABl.1983 C 351, S.1).
Zwar kann aus dem Umstand allein, dass bestimmte nationale Leistungen in der Erklärung gemäß Art.5 EG-VO 1408/71 nicht aufgeführt sind, nicht abgeleitet werden, dass diese Leistungen keine Leistungen im Sinne der Verordnung sind. Werden aber nationale Leistungen nach Art.5 i.V.m. Art.97 EG-VO 1408/71 deklariert, sind sie stets als Leistungen im Sinne der Verordnung anzusehen (vgl. u.a. EuGH vom 11.06.1991 - C-251/89 A ... in SozR 3-6050 Art.77 Nr.1), und ein Streit hierüber ist ausgeschlossen.
4.3 Richtiger Ansatzpunkt für Handhabung der Vorschriften über den Kindergeldzuschlag im EG-Bereich ist vorliegend die Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, die der EuGH bereits weitestgehend vorgenommen hat, und nicht die Vorlage der Angelegenheit an den EuGH zur Prüfung und gegebenenfalls Ungültigerklärung steuerrechtlicher Normen der BRD.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sah zwar im Schriftsatz vom 03.11.1993 zur Sache I ... C 321/93 (Kindergeldzuschlag für einen Arbeitnehmer) präjudiziell die Frage an, ob das deutsche Steuerrecht mit seinen "Wohnsitzklauseln" nicht gegen Art.48 EWG-Vertrag und Art.7 Abs.2 der EG-VO 1612/68 des Rats vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft verstoße, denn wenn das nationale Steuerrecht nicht mit dem EG-Recht zu vereinbaren sei, so müsse nicht mehr erörtert werden, inwieweit die Wohnsitzfiktion in Art.73 EG-VO 1408/71 Auswirkungen auf die Regelung über den Kindergeldzuschlag habe. Der EuGH hat aber in seinem Urteil vom 05.10.1995 (a.a.O.) allein das Mittel der Auslegung des Art.73 EG-VO herangezogen. Diesem Schritt folgt der Senat im vorliegenden den Art.77 EG-VO 1408/71 betreffenden Streitfall. Es stehen hier nicht allgemeine steuerrechtliche Fragen und das Verhalten eines EG-Staats zur Beurteilung an, wie sie die Kommission in Zusammenhang mit den Vertragsverletzungsverfahren 282/87 und 179/90 gegen die BRD in Bezug auf die ab 01.01.1986 geltenden Normen über Kinderfreibeträge und Ehegattensplitting interessierten, sondern die Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 im Sinne einer Erweiterung des nationalen Territorialitätsgrundsatzes. Der Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 ist der Vorrang einzuräumen gegenüber der Ungültigerklärung nationaler Vorschriften. Die Vorschrift eines EG-Staats kann dann gedanklich nicht gegen höherrangiges Recht, z.B. gegen Art.51 EWG-Vertrag (Freizügigkeit), verstoßen, wenn sich bei richtiger Auslegung der gegenüber dem nationalen Recht höherrangigen EG-VO 1408/71 bereits ergibt, dass Art.77 Abs.2 EG-VO rechtserweiternd auf das nationale Recht wirkt, so dass der nationale Territorialitätsgrundsatz nunmehr auf den Bereich der EG zu beziehen ist. (Eine andere, im jetzigen Rechtsstreit unerhebliche Frage ist es, ob Vertragsverletzungsverfahren gleichwohl angebracht sind, wenn der nationale Gesetzgeber durch von ihm vorgesehene territoriale Anspruchsvoraussetzungen und bei ungenügender Nachbesserung der Gesetze versucht, die übergeordneten Grundsätze der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und des freien Leistungsexports zu behindern oder gar zu umgehen.)
Die Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 im Sinne einer territorialen Erweiterung nationaler Vorschriften über Familienbeihilfen ist in Anbetracht der Rechtsprechung des EuGH selbstverständlich. Im Laufe einer 20-jährigen Rechtsprechung existieren zahlreiche Urteile des EuGH, dass laut Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 Familienbeihilfen wie das Kindergeld auch dann zu zahlen sind, wenn weder der Rentner noch das Kind, für das die Beihilfe zu gewähren ist, in dem EG-Staat wohnen, nach dessen Vorschrift die Rente zu zahlen ist. Warum etwas anderes für den Kindergeldzuschlag gelten soll, der ebenfalls eine Familienbeihilfe darstellt, ist nicht nachvollziehbar. Auch hier muss Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 rechtserweiternd dahingehend wirken, dass territoriale Einschränkungen in den nationalen Vorschriften über die Beihilfen nicht zur Auswirkung kommen. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob der Wohnsitz, ein anspruchsbegründender Tatbestand, an irgendeiner Stelle im BKGG als allgemeine Voraussetzung (z.B. § 1 Abs.1, § 2 Abs.5 BKGG) oder in einer speziellen Vorschrift des BKGG (§ 11a BKGG) oder in Vorschriften außerhalb dieses Gesetzes (§ 1 EStG a.F. i.V.m. §§ 8 und 9 der Abgabenverordnung) stand, auf die das BKGG a.F. zur Anspruchsbegründung Bezug nahm. Der Senat verkennt nicht, dass - allein aus der Sicht des nationalen Rechts gesehen - die Bezugnahme des § 11a BKGG a.F. auf steuerrechtliche Normen eine Rechtsgrundverweisung darstellt. Aus der Sicht des EG-Recht sind aber, nachdem die BRD die Leistungen des BKGG a.F. im Sinne einer Familienbeihilfe deklariert hat, alle Normen, die die Leistung "Kindergeldzuschlag" regeln, Vorschriften über die Familienbeihilfe, und unterliegen schon deshalb der Wirkung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71. Zutreffend hat der EuGH in seinem Urteil vom 05.10.1995 - C-321/93 (a.a.O.) zum Kindergeldzuschlag für einen Arbeitnehmer sinngemäß zusammengefasst ausgeführt: Art.73 der EG-VO 1408/71 in der Fassung der EWGV 3427/89 ist dahin auszulegen, dass dann, wenn die steuerrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaates, auf die seine sozialrechtlichen Vorschriften verweisen, die Gewährung und die Höhe der Leistung für ein unterhaltsberechtigtes Kind davon abhängig machen, dass das Kind im Inland wohnt und/oder dass der Ehegatte des betroffenen Erwerbstätigen im Inland wohnt, diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen sind, wenn das Kind oder/und der Ehegatte in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Es soll verhindert werden, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen kann, dass die Familienangehörigen in dem die Leistungen erbringendem Wohnsitzstaat wohnen (Unterlaufen der Wohnsitzfiktion). Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der EG-Erwerbstätige davon abgehalten wird, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Diesem Ergebnis kann nicht der Umstand entgegenstehen, dass sich die Wohnsitzvoraussetzungen, wie im vorliegenden Fall, aus steuerrechtlichen Vorschriften ergeben, auf die die sozialrechtlichen Vorschriften für die Bestimmung des Anspruchsberechtigten und der Höhe der in Frage stehenden Familienleistungen verweisen.
Diese Auslegung gilt auch im Rahmen des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, zumal - wie bereits dargelegt - Art.73 und 77 Abs.2 1. Halbsatz EG-VO 1408/71 gleichermaßen - zur Verwirklichung des Art.51 EWG-Vertrag - territoriale Grenzen außer Kraft setzen.
Nahezu naiv wäre der Versuch, einen maßgebenden Unterschied zwischen dem jetzigen Streitverfahren eines Rentners und dem vom EuGH entschiedenen Fall damit zu begründen, dass in letztgenanntem Fall immerhin der Kindergeld- und Kindergeldzuschlagsberechtigte in der BRD gewohnt habe. Wie ebenfalls vom Senat bereits dargelegt worden ist, kommt es auch darauf nicht an, wo innerhalb des EG-Bereichs der Leistungsberechtigte seinen Wohnsitz hat (vgl. EuGH vom 11.06.1991 - C-251/89, a.a.O.). Letzten Endes hat dies zur Konsequenz, dass weder der Arbeitnehmer/Rentner noch das Kind, für das die Familienbeihilfe oder Familienleistung zu gewähren ist, noch der Ehegatte, dessen Vorhandensein die Höhe der Leistung beeinflusst (oder der sogar als nichterwerbstätiger Familienangehöriger aus der Rechtsposition des Ehegatten als Arbeitnehmer Ansprüche ableiten kann), zu irgendeinem Zeitpunkt der Beschäftigung oder des Rentenbezugs im Gebiet desjenigen Staates wohnen oder gewohnt haben müssen, der das Beschäftigungsland (gewesen) ist, nach dessen Vorschriften später die Rente zu zahlen ist (vgl. EuGH vom 16.07.1992 - C-78/91 in SozR 3-6050 Art.4 Nr.5 zu einem britischen Staatsangehörigen, der mit seinen Familienangehörigen ausschließlich in Irland wohnte, aber ein Beschäftigungsverhältnis in Großbritannien/Nordirland hatte).
4.5 Mit Einwendungen, die sich aus der Rechtsnatur der Leistung Kindergeldzuschlag ergeben, kann die Beklagte nicht gehört werden.
Der Senat ist sich bewusst, dass der Kindergeldzuschlag vom Regelungsinhalt und von der Intention des Gesetzgebers her eine steuerrechtliche und eine sozialrechtliche Komponente hat. Durch das 11. Änderungsgesetz vom 27.06.1985 (BGBl.I, 1251) ist mit Wirkung ab 01.01.1986 der Kindergeldzuschlag in das BKGG a.F. eingeführt worden, wobei die Leistungsvoraussetzungen, ausgenommen der vorausgesetzte Kindergeldbezug, und die Berechnung dem Steuerrecht zu entnehmen sind. Mit dem Kindergeldzuschlag sollen Eltern einen Ausgleich dafür erhalten, die den steuerlichen Kinderfreibetrag wegen der geringen Höhe ihres Einkommens nicht oder nicht in vollem Umfange ausschöpfen können (vgl. Bundestags-Drucksache 10/2886, S.6), wenn also die beabsichtigte steuerliche Entlastung nicht (in vollem Umfang) realisiert werden kann. Konkreter Anlass hierfür war die Erhöhung der steuerlichen Kinderfreibeträge ab 01.01.1986 von 432,00 DM auf 2.484,00 DM pro Kind, die nur denjenigen mit höherem Einkommen zugute kam, wohingegen sich diese Vergünstigung nicht bei Personen mit niedrigerem Einkommen realisieren ließ. Aus politischen Gründen sollten aber die Niedrigverdiener nicht von einer Begünstigung ausgeschlossen werden. Mit der Regelung des § 11a BKGG a.F. wurde nun bewirkt, dass der Berechtigte den Betrag ausbezahlt bekommt, den der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs.6 EStG a.F. bei noch bei hinreichendem Einkommen als Einkommensteuerersparnis bewirken würde.
Eine solche Regelung passte rechtsdogmatisch nicht in das Einkommensteuerrecht, das ja bei der Besteuerung grundsätzlich das "Nehmen" von den vom Bürger erzielten Einkünften in mehr oder weniger großem Umfang (gegebenenfalls also ein "Verschonen" von Besteuerung), aber nicht das "Geben" staatlicher Leistungen, die unmittelbare Subventionierung, vorsieht. Das Gewähren von Leistungen für Kinder aus allgemeinen Steuermitteln zum Zwecke des Familienlastenausgleichs entsprach einer sozialrechtlichen Familienleistung und konnte insoweit in das BKGG eingeordnet werden, wenn auch hier wiederum störend wirkte, dass es sich um eine Vorschrift über einen zweckgerichteten steuerrechtlichen "Vorteilsausgleich" handelte.
Aus der Doppelnatur des § 11a BKGG a.F. als steuerrechtliche und als sozialrechtliche Vorschrift haben die Beklagte und das Sozialgericht einseitig und zu Unrecht Argumente gegen einen Anspruch auf Kindergeldzuschlag für die mit ihren Kindern im Ausland lebenden Rentner abgeleitet; so müsse doch der Gleichklang von Besteuerung (d.h. unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Klägers und der Kinder im Inland) und von steuerrechtlicher Vergünstigung bei Unterhaltsaufwendungen für Kinder gewahrt werden, bzw. fehle es an der inneren Rechtfertigung dafür, dass der Kläger steuerrechtliche Vergünstigungen aus der BRD erhalte, aber nur in Spanien steuerpflichtig sei.
Derartige Argumente mögen aus beschränkt nationaler Sicht ihre Richtigkeit haben, sind jedoch im vorliegenden Streitfall irrelevant. Zum einen ist zu beachten, dass übergeordnetes EG-Recht nicht nach untergeordnetem nationalen Recht ausgelegt werden darf, sondern vielmehr die Auslegung des übergeordneten Rechts (Art.73, 77 EG-VO 1408/71) und die Auswirkung des übergeordneten Rechts auf das nationale Recht absoluten Vorrang hat.
Zum anderen ist auf der Ebene des EG-Rechts die steuerrechtliche Seite des Kindergeldzuschlags ohne Bedeutung. Bei Anwendung des EG-Rechts gilt allein, dass der Kindergeldzuschlag (auch) eine Leistung der sozialen Sicherheit (Familienbeihilfe) im Sinne von Art.4 EG-VO 1408/71 darstellt, und daher die diesbezüglichen Vorschriften Anwendung finden müssen. Wiederholt hat der EuGH bereits ähnliche Fälle entschieden. Im Vordergrund stand hierbei zunächst die Frage, ob eine bestimmte Leistung als Leistung der sozialen Sicherheit oder als anders geartete Leistung (z.B. als Sozialhilfe) zu verstehen ist. Bestand aber eine echte Doppelfunktion, so kam das EG-Recht in vollem Umfang zur Anwendung, und der zweite Aspekt der Leistung, der nur im nationalen Recht Bedeutung hatte, war irrelevant. In diesem Zusammenhang verweist der Senat auf das Urteil des EuGH vom 16.07.1992 - C-78/91 (a.a.O.) zum britischen "family credit" in der Doppelfunktion als Leistung der sozialen Sicherheit nach Art.4 EG-VO 1408/71 und als Anreiz für gering bezahlte, persönlich bedürftige Arbeitnehmer, weiterhin einer Erwerbstätigkeit im Wohnsitzstaat nachzugehen und so nicht in vollem Umfange der Allgemeinheit zur Last zu fallen. Der EuGH sprach hier die Leistung zu, weil sie auch die Kriterien einer Familienbeihilfe erfüllte, und ließ unberücksichtigt, dass der Leistungsbezieher nicht in dem Staat wohnte, der die Leistung gewährte. Unbeachtet blieb, dass der Leistungsberechtigte nicht im leistungsgewährenden Staat einer Beschäftigung nachging und bei Aufgabe der Beschäftigung nicht die vollen Sozialhilfeleistungen des leistungsgewährenden Staates hätte beanspruchen können, mithin der Sinn und Zweck des "family credits" aus nationaler Sicht - jedenfalls in Bezug auf eine Sozialhilfeleistung geringeren Umfangs - verfehlt war und mangels Wohnsitzes und Beschäftigung in diesem Staate nie hätte gewährt werden dürfen. Nicht von Bedeutung war ferner, dass gemäß Art.4 Abs.4 EG-VO 1408/71 die Verordnung nicht auf die Sozialhilfeleistungen anzuwenden ist, mithin in Bezug auf den ersten Aspekt des "family credits" als Leistung der sozialen Sicherheit der sachliche Geltungsbereich der EG-VO 1408/71 zu bejahen (Art.4 Abs.1 EG-VO 1408/71), hinsichtlich des zweiten Aspekts aber zu verneinen war (Art.4 Abs.4 EG-VO 1408/71).
Im vorliegenden Streitfall des Klägers hat jede Argumentation aus dem Sinn und Zweck steuerrechtlicher Normen zu unterbleiben, da es auf die Natur des Kindergeldzuschlags auch als steuerrechtliche Leistung nicht ankommt. Ein derartiges Verhalten der Beklagten ist umso weniger verständlich, als auch das Kindergeld nach dem BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung eine "echte Doppelfunktion" hatte, es aber nie gerechtfertigt erschien, die Leistung des Kindergelds an EG-Angehörige, die weder in ihrer Person noch in Bezug auf die Kinder die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 1 Abs.1 und 3, 2 Abs.5 BKGG a.F. erfüllten, mit der Begründung zu versagen, dass die Leistungsgewährung mit steuerrechtlichen Vorschriften bzw. Grundsätzen nicht vereinbar sei.
Das Kindergeld war bis zum 31.12.1995 nie ausschließlich eine sozialrechtliche Leistung, sondern diente dazu, die von 1975 bis 1982 im EStG gestrichenen Kinderfreibeträge zu ersetzen und die ab 01.01.1983 wieder eingeführten Kinderfreibeträge im erheblichen Umfang zu ergänzen; hier bestand eine enge Verbindung von Sozial- und Steuerrecht (vgl. im Einzelnen BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 in Breithaupt 1990, 663). Gleichwohl ist niemand auf den Gedanken gekommen, im EG-Bereich das Kindergeld mangels Wohnsitzes von Rentnern und Kindern bzw. wegen Fehlens der unbeschränkten Steuerpflicht der genannten Personen ganz oder teilweise zu versagen, weil sie keinen Anspruch auf steuerliche Entlastung (Kinderfreibeträge) in der BRD hätten und trotz fehlender inländischer Steuerpflicht in ungerechtfertigter Weise Leistungen, die wesentlich auf die steuerrechtliche Entlastung abzielten, bezögen.
Beim Kindergeld wie beim Kindergeldzuschlag gilt aber gleichermaßen: Wenn ein Staat als Mitglied der EG Leistungen der sozialen Sicherheit gewährt, hat er die übergeordneten Vorschriften der Gemeinschaft zu beachten; es ist allein Sache des Mitgliedstaats, Unstimmigkeiten in verschiedenen nationalen Rechtsbereichen von vornherein nicht aufkommen zu lassen oder durch geeignete Regelungen - ohne gegen EG-Recht zu verstoßen - zu beseitigen.
4.6 Einem Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, das Steuerrecht (EStG) gehöre nicht zum sachlichen Geltungsbereich der EG-VO 1408/71.
Dies ist im Allgemeinen überwiegend zutreffend, nicht aber z.B. in Bezug auf den Kindergeldzuschlag. Art.4 Abs.1 EG-VO 1408/71 bestimmt, dass die Verordnung für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit gilt, die folgende Leistungsarten betreffen: a) ... h) Familienleistungen. Vorliegend geht es um den Kindergeldzuschlag, eine Familienleistung. Alle Rechtsvorschriften, die den Kindergeldzuschlag regeln, sind "sozialrechtliche" Rechtsvorschriften im Sinne der EG-VO 1408/71. Unerheblich ist es, in welchem nationalen Gesetz oder Gesetzen sich die diesbezüglichen Vorschriften befinden. Gemäß Art.1 Buchstabe j EG-VO 1408/71 werden "Rechtsvorschriften" definiert als "in jedem Mitgliedstaat die bestehenden oder künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften im Bezug auf die in Art.4 Abs.1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit oder die in Art.4 Abs.2a erfassten beitragsunabhängigen Sonderleistungen".
Damit ist klar bestimmt, dass sich alle Vorschriften, die sich auf eine Familienleistung bzw. Familienbeihilfe "beziehen", Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit sind. Der sachliche Bezug zur Familienbeihilfe, d.h. der Regelungsgehalt, ist maßgebend, nicht aber, ob der leistungsgewährende Staat die Anspruchsvoraussetzungen in einem Gesetz regelt oder Begriffe in diesem Gesetz verwendet, die in anderen Vorschriften näher geregelt sind, oder davon Gebrauch macht, dass das Gesetz zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Familienbeihilfe Bezug auf die Erfüllung von Tatbestandsmerkmalen in anderen Gesetzen nimmt, die auch für andersartige Leistungen oder Vergünstigungen maßgebend sind. Die Gesetzestechnik im Einzelnen ist nicht ausschlaggebend.
Im Übrigen - dies war aber vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich - irrte die Beklagte auch insoweit, als der EuGH im Rahmen der Leistungen nach der EG-VO 1408/71 Einwirkungsmöglichkeiten auch auf nationale Rechtsvorschriften hat, die selbst nicht Leistungen der sozialen Sicherheit regeln, aber im Bezug auf diese Leistungen EG-Angehörige unmittelbar oder mittelbar diskriminieren oder/und gegen Art.48 EWG-Vertrag und Art.7 Abs.2 EG-VO 1612/68 (Gewährung der gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen für inländische und ausländische Arbeitnehmer) verstoßen. Hierzu weist der Senat auf die zahlreichen Urteilszitate im Schriftsatz der Kommission vom 03.11.1993 zur Rechtssache C-321/93 sowie in Schmidt, EStG, Aufl.1998, Rdz.5 zu § 1) hin.
4.7 Letzten Endes greift auch nicht der Einwand der Beklagten, der Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag werde nicht durch das EStG ausgeschlossen, sondern durch das DS-Abkommen, insoweit könne ein Verstoß gegen EG-Recht nicht vorliegen.
Das Argument ist bereits insoweit schief, als auf nationaler Ebene der Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag in erster Linie durch die Vorschriften des EStG ausgeschlossen ist. Wird das DS-Abkommen hinweggedacht, wäre mangels Wohnsitzes des Klägers und seiner Kinder im Inland die unbeschränkte Steuerpflicht dieser Personen nicht gegeben, im Übrigen auch nicht die eingeschränkte Steuerpflicht. Das DS-Abkommen besagt auch nichts anderes.
Nur wenn bejaht wird, dass Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 den von nationalen Vorschriften geforderten Wohnsitz im Inland durch den Wohnsitz im EG-Bereich erweitert, wäre die unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne von §§ 1, 26, 32 EStG gegeben. Erst wenn die Beklagte diesen Schritt vollzieht, stellt sich die weitere Frage, welche Auswirkung es hat, dass nunmehr Art.21 DS-Abkommen bestimmt, dass hinsichtlich der Rente des Klägers nur ein Besteuerungsrecht des Spanischen Staates besteht, weil der Kläger dort wohnhaft ist. Möglicherweise meinte die Beklagte hier, der Effekt des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, dass der Kläger hinsichtlich Familienleistungen wie ein in der BRD wohnender Rentner zu behandeln ist, werde wieder durch das DS-Abkommen aufgehoben. Gegen eine solche Meinung der Beklagten wäre auszuführen, dass weder das nationale Recht noch zwischenstaatliches Recht (Vereinbarungen allein zwischen zwei oder mehr EG-Staaten) bzw. die nationalen Rechte, die in diesen Staaten als Folge eines solchen Abkommens entstehen, höherrangiges EG-Recht durchbrechen. Vielmehr wirkt das EG-Recht, hier Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 (einschließlich seiner Auslegung) auch auf solche Regelungen ein. Im Übrigen hat Art.21 DS-Abkommen vorliegend im Endergebnis nicht mehr Bedeutung als ein anderes Gesetz, das der deutsche Gesetzgeber erlassen hat.
Das Doppelbesteuerungsabkommen wird erst mit Ratifizierung in beiden Staaten wirksam (Art.29 DS-Abkommen), d.h. die vereinbarten Regelungen werden dann zu zwischenstaatlichem Recht, das den nationalen Gesetzen als übergeordnetes und spezielles Recht vorgeht. In der BRD ist für die Ratifizierung die Zustimmung des Bundestags durch Gesetz vorgesehen. Die Normen des DS-Abkommens - letztlich im Rang von Gesetzen - müssen mit höherrangigen Normen (der EG) vereinbar sein und unterliegen auch insoweit der Nachprüfung. Ebenso hat das EG-Recht im Bereich der nationalen Gesetze (einschließlich des zwischenstaatlichen Rechts) über Leistungen der sozialen Sicherheit (Art.4 Abs.1 EG-VO 1408/71, gleich wo sich diese Regelungen befinden, abändernde bzw. erweiternde Wirkung (zur Verdrängung zwischenstaatlicher Abkommen durch EG-Recht Stahlberg, Europäisches Sozialrecht, S.192 ff.).
Die Beklagte hat bei ihrer Argumentation nicht beachtet, dass § 11a BKGG a.F. nicht allein auf die Vorschriften des EStG Bezug nimmt, sondern auf alle steuerrechtlichen Normen, die etwas darüber aussagen, ob "dem Berechtigten der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs.6 EStG zusteht", damit gegebenenfalls auch auf das DS-Abkommen, sofern es Einfluss auf den Kindergeldzuschlag wegen des Wohnsitzes des Klägers nimmt. Alle nationalen Vorschriften, die den Anspruch auf Kindergeldzuschlag regeln, unterliegen damit von vornherein dem Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, der die erweiternde Gewährung der Familienbeihilfe im gesamten EG-Bereich normiert.
Steuerrechtliche Ungereimtheiten, die bei der Ausführung des Art.77 Abs.2 EG-VO auftreten, sind hinzunehmen und bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Familienbeihilfe nicht zu berücksichtigen. Die steuerlichen Ungereimtheiten hat ohnehin meist der Nationalstaat infolge einer nicht sachgemäßen Gesetzgebung (s. oben zur unglücklichen Doppelnatur des Kindergeldzuschlags) oder einer in Bezug auf Art.48 EWG-Vertrag, Art.7 Abs.2 EG-VO 1612/68 bedenklichen Gesetzgebung zu vertreten. Im Übrigen steht es dem betroffenen EG-Staat bzw. zwei durch Abkommen verbundenen Vertragsstaaten frei, die steuerrechtliche Seite entsprechend der sozialrechtlichen Seite, die vom übergeordneten Recht bestimmt wird, zu gestalten oder eine andere Regelung der Familienbeihilfe, die aber gemeinschaftsverträglich sein muss, herbeizuführen. Dies hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Kindergeldrechts, die auch aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich gewesen ist, für die Zeit ab 01.01.1996 gestrichen und das Kindergeld - bei Vorliegen und bei Fehlen der unbeschränkten Steuerpflicht unter Berücksichtigung der Kriterien, die der EuGH vorgegeben hatte - als sozialrechtliches Kindergeld (BKGG n.F.) und als steuerrechtliches Kindergeld (EStG n.F.) geregelt worden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber das EStG in Bezug auf eine mit dem EG-Recht vereinbare steuerrechtliche Regelung auch anderweitig geändert und § 1a EStG (fiktive unbeschränkte Steuerpflicht von EU- und EWR-Angehörigen) eingeführt hat. Insgesamt gesehen wurde also nicht nur "anerkannt", sondern auch nachvollzogen, dass alle im übergeordneten EG-Recht angesprochenen Leistungen der sozialen Sicherheit nicht durch an den nationalen Wohnsitz anknüpfende einkommensteuerrechtliche Regelungen beeinträchtigt werden dürfen und im Übrigen auch nicht eine unmittelbare oder versteckte Diskriminierung erlaubt ist.
Daher war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG das erstinstanzliche Urteil abzuändern und der Berufung des Klägers stattzugeben.
Gründe für die Vorlage einer Rechtsfrage an den EuGH, die eine Sachentscheidung hindern könnten, hat der Senat nicht gesehen. Insbesondere hängt der vorliegende Rechtsstreit nicht von der Gültigkeit einer nationalen Vorschrift ab, sondern der Rechts- territorialen Geltungsbereich nationaler Vorschriften über Familienbeihilfen erweitert. Insoweit hat sich der EuGH in mehreren Entscheidungen zu den maßgebenden Rechtsgrundsätzen bereits geäußert.
Ebenso wenig sind dem Senat Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG ersichtlich. Eine Divergenzentscheidung ist nicht bekannt. Eine grundsätzliche Rechtsfrage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Zu anfänglich bestehenden Zweifelsfragen - das BSG hatte insoweit Veranlassung zur Vorlage einer Rechtsfrage an den EuGH gesehen, wobei es aber wegen des Verhaltens der Beklagten (Klaglosstellung) nicht zu einer Entscheidung gekommen ist - hat sich der EuGH zwischenzeitlich anderweitig geäußert.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz und die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens in voller Höhe zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeldzuschuss gemäß § 11a des Bundeskindergeldgesetzes in der vor dem 01.01.1996 geltenden und letzten Fassung (BKGG a.F.) für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991.
Der im Jahre 1959 geborene Kläger, ein spanischer Staatsangehöriger, war seit April 1974 als Wanderarbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) tätig. Zuletzt bezog er Lohnersatzleistungen und kehrte, nachdem ihm rückwirkend ab 01.01.1988 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war (netto 1.381,77 DM monatlich ab 01.01.1988 und 1.457,42 DM ab 01.07.1989 laut Bescheid der Landesversicherungsanstalt Hessen vom 10.07.1989 in Ausführung des sozialgerichtlichen Vergleichs vom 03.05.1989), mit seiner Ehefrau und den aus dieser Ehe stammenden Kindern am 04.10.1989 in sein Heimatland zurück.
Für die fünf im Zeitraum von April 1980 bis März 1989 geborenen Kinder bezog er von der Beklagten Kindergeld; außerdem zahlte ihm die Beklagte den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1988 und - gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. - vorläufig, zweimonatlich im Voraus - für das Jahr 1989.
Nachdem im Oktober 1989 der Verzug des Klägers nach Spanien amtsbekannt geworden war, überwies ihm die Beklagte das Kindergeld unter Berücksichtigung der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 (EG-VO 1408/71) weiter, unter anderem auch für die Jahre 1990 und 1991; außerdem wurde noch im Juni 1990 die für November/Dezember 1989 ausstehende Rate des Kindergeldzuschlags gezahlt.
Den am 28.05.1990 gestellten Antrag auf vorläufige Zahlung des Kinderzuschlags für das Jahr 1990 gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. lehnte die Beklagte mit bindend gewordenem Bescheid vom 26.06.1990 ab, weil der Kläger mangels eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in der BRD nicht im Inland steuerpflichtig sei und ihm somit für seine Kinder die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs.6 des Einkommensteuergesetzes (EStG a.F.) nicht zustünden (sinngemäßer Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen in § 11a Abs.1 Satz 1 BKGG a.F.).
Am 19.06.1991 ging bei der Beklagten unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) mit Az.: 10 RKg 4/90 (gemeint Beschluss vom 28.02.1990 - Vorlage einer Rechtsfrage an den Europäischen Gerichtshof - EuGH -) ein Antrag auf Bewilligung des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1990 und 1991 ein. Aus dem diesbezüglichen Formblatt im Zusammenhang mit vorher und nachher eingereichten Unterlagen für das Kindergeld (Kindergeldanträge nach dem in der Europäischen Gemeinschaft - EG - vorgesehenen Formblatt, Familienstandsbescheinigungen und Einkommensfragebögen) ergibt sich, dass die Kinder im Haushalt des Klägers und dessen Ehefrau lebten und die Einkünfte der Familie lediglich aus der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach deutschen Vorschriften sowie dem Kindergeld nach dem BKGG a.F. bestanden; der Kläger hatte keine Versicherungszeiten in Spanien zurückgelegt, seine Ehefrau war weder in der BRD noch in Spanien erwerbstätig.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19.09.1991 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990/91 mit derselben Begründung wie im Bescheid vom 26.06.1990 ab. In dem hiergegen erhobenen Widerspruch nahm der Kläger Bezug auf Art.77 Abs.2 Buchstabe a EG-VO 1408/71 ("Familienleistungen ... werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt ...") und wies auf die Vorlage des BSG an den EuGH mit Beschluss vom 23.08.1989 - 10 RKg 26/88 (Sache der italienischen Staatsangehörigen R ... - 317/89) hin. Dort habe das BSG angefragt, ob die für Familienangehörige geltende Wohnsitzfiktion in Art.73 und 74 EG-VO 1408/71 zur Folge habe, dass der Arbeitnehmer und der Arbeitslose im Rahmen des § 11a BKGG a.F. und den dort genannten steuerrechtlichen Vorschriften so zu behandeln sei, als ob die Kinder im Geltungsbereich des BKGG wohnten. Diese Frage sei vom EuGH nicht beantwortet worden, weil die Bundesanstalt für Arbeit den Anspruch auf den Kindergeldzuschlag anerkannt und die Klägerin klaglos gestellt habe (vgl. BSG vom 28.02.1990 - 10 RKg 4/90).
Ebenso habe die Beklagte, um eine Entscheidung des EuGH in der Sache des spanischen Staatsangehörigen Caparros - 74/90 (Vorlagebeschluss des BSG vom 05.12.1989 - 11 RAr 135/88) zu vermeiden, einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter fiktiver Zugrundelegung des Wohnsitzes der Ehefrau im Inland und der damit verbundenen inländischen Steuerklasse III entsprechend Leistungsgruppe C für die Berechnung des Arbeitslosengeldes (anstelle der Steuerklasse I entsprechend der Leistungsgruppe A) anerkannt.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.1992 zurück und stützte sich dabei im Wesentlichen darauf, dass dem Kläger weder ein Kinderfreibetrag gemäß § 32 EStG noch der Abzugsbetrag nach § 33a EStG (außergewöhnliche Belastung bei Unterhaltsleistungen für Kinder) zustehe, weil nicht nur seine Kinder, sondern auch er selbst keinen inländischen Wohnsitz hätten.
Mit der beim Sozialgericht Nürnberg eingelegten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihm den Kindergeldzuschlag ab 1990 zu gewähren; später, nach Außer-Kraft-Treten des § 11a BKGG mit Ablauf des 31.12.1995, beschränkte er seine Klage auf den Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990 bis 1995.
Der Kläger wiederholte seine im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Gründe und legte den Schriftsatz der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 03.11.1993 in der Vorabentscheidungssache I ... C-321/93 vor, die die Frage der Gewährung des Kindergeldzuschlags für einen in der BRD beschäftigten spanischen Wanderarbeitnehmer betrifft, dessen Kinder und dessen Ehegattin in Spanien wohnten. Die Beklagte hatte in diesem Falle den Kindergeldzuschlag nicht in voller Höhe gewährt, weil sie bei Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften, auf die § 11a BKGG a.F. verwies, berücksichtigte, 1. dass dem Kläger anstelle der Kinderfreibeträge (§ 32 Abs.6 EStG) nur der anteilig nach Monaten berechnete Freibetrag nach § 33a Abs.1 EStG (außergewöhnliche Belastung durch Unterhaltsgewährung für ein Kind im Ausland) zustand, 2. für die Ehegattin des Klägers mangels Wohnsitzes in der BRD und mangels "Mittellosbescheinigung" kein Freibetrag vorgesehen war und 3. die Einkommensteuer mangels Wohnsitzes der Ehegattin in der BRD nicht nach § 32a EStG (Splittingverfahren bei Zusammenveranlagung gemäß § 26b EStG) berechnet und auch der zweifache Grundbetrag gemäß § 32a Abs.1 Satz 2 Nr.1 EStG nicht gewährt wurde. Die Kommission war der Ansicht, dass eine unterschiedliche Behandlung sowohl von Kindern mit ausländischem Wohnsitz als auch von Ehegatten mit ausländischem Wohnsitz in Vergleich zu Familienangehörigen mit Wohnsitz in der BRD nicht gerechtfertigt sei, wobei zwei Lösungsmöglichkeiten in Frage kämen. In erster Linie in Betracht zu ziehen sei die Ungültigkeit steuerrechtlicher Normen (hier i.V.m. § 11a BKGG) wegen Verstoßes gegen Art.48 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - EWG-Vertrag - (Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Verbot der Diskriminierung) und gegen Art.7 Abs.2 EG-VO 1612/68 des Rates vom 15.10.1968 (der Beschäftigungsstaat hat den Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie inländischen Arbeitnehmern zu gewähren). In zweiter Linie komme die Auslegung der steuerrechtlichen Normen im Sinne der Fiktion eines inländischen Wohnsitzes gemäß Art.73 EG-VO 1408/71 in Frage.
Die Beklagte war der Ansicht, die Rechtsverweisung des Art.77 Abs.2 Buchstabe a EG-VO 1408/71 nehme zwar auf Familienleistungen nach dem deutschen BKGG Bezug, fingiere aber nicht einen inländischen Wohnsitz mit der Folge der uneingeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers im Sinne von § 1 Abs.1 EStG a.F., könne daher zugunsten des Klägers nicht zu der Annahme führen, ihm stünden Kinderfreibeträge nach § 32 Abs.6 EStG a.F. zu. Artikel 77 der genannten Verordnung könne nicht über den fehlenden Wohnsitz im Inland hinweghelfen, weil das Steuerrecht nicht zum sachlichen Geltungsbereich der Verordnung gehöre. Der Rentner (im Ausland), der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats (hier BRD) Rente erhalte, könne nicht in jeglicher - also auch in einkommensteuerrechtlicher - Hinsicht so behandelt werden, als ob er in diesem Staate wohne, aus dem er Rente beziehe. Eine so weitgehende Stellung ergebe sich nicht aus dem Gemeinschaftsrecht. Würde man die generelle Auffassung vertreten, so müsste dies auch Konsequenzen für die generelle Steuerpflichtigkeit dieser Rentenbezieher in Deutschland haben, dürfte aber nicht einmal vom Kläger selbst gewollt sein und wäre auch ihrerseits nur über eine Änderung des Steuerrechts zu bewerkstelligen, nicht aber durch eine Überinterpretation des Sozialleistungsrechts im Lichte der EG-Vorschriften.
Die Beklagte wies ferner darauf hin, dass der vorliegende Streitfall sich von dem vom Kläger angesprochenen Fall I ... (C 321/93) dadurch maßgebend unterscheide, dass vorliegend der Anspruch auf Kindergeldzuschlag unabhängig vom Wohnsitz des Klägers und seiner Familien ausgeschlossen sei, weil das Einkommen des Klägers nur aus Einkünften (Rente) bestehe, bei denen wegen Art.21 des Deutsch-Spanischen Doppelbesteuerungsabkommens (DS-Abkommen) die Besteuerung durch den Wohnsitzstaat Spanien erfolge. Der Kindergeldzuschlag nach § 11a BKGG a.F. sei aber eng mit dem deutschen Steuerrecht verknüpft. Stehe dem (deutschen) Staat kein Besteuerungsrecht zu, bestehe auch keine Verpflichtung, Unterhaltsaufwendungen für Kinder durch die Gewährung von Kinderfreibeträgen oder durch vergleichbare Abzugsbeträge auszugleichen. Leistungen des innerstaatlichen Familienlastenausgleichs verlören damit ihren rechtfertigenden Grund.
Der Kläger vertrat hierauf die Ansicht, die Beklagte verkenne Art.19 DS-Abkommen. Nach Art.19 Abs.1 (Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen) werde z.B. eine deutsche Betriebsrente, die einer in Spanien ansässigen Person gezahlt werde, nur in Spanien besteuert. Gemäß Art.19 Abs.2 sei aber eine Rente aus der Rentenversicherung von der Steuer in Spanien befreit und werde nur in Deutschland versteuert.
Das Sozialgericht holte die Auskunft des Bundesministeriums der Finanzen vom 07.11.1996 ein. Danach werden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Leibrenten nach § 22 Nr.1 Satz 3 Buchstabe a EStG nur mit dem Ertragsteil zur Einkommensteuer herangezogen. Renten aus der deutschen Renten- und Unfallversicherung, die in Spanien ansässigen Personen zuflössen, unterlägen als sonstige Einkünfte im Sinne des Art.21 DS-Abkommen der spanischen Besteuerung. Deutschland dürfe sie nicht besteuern, soweit sie nicht ohnehin nach dem deutschen innerstaatlichen Steuerrecht (z.B. § 3 Nr.1 Buchstabe a EStG für Unfallrenten) von der Steuer befreit seien. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend war im Schreiben vom 28.11.1996 der Auffassung, unter Zugrundelegung der Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen stehe dem Kläger ein Kindergeldzuschlag nicht zu.
Mit Urteil vom 27.01.1997 wies das Sozialgericht die Klage ab. Hinsichtlich des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1992 bis 1995 sei die Klage unzulässig, weil der Kindergeldzuschlag im Gegensatz zum Kindergeld eine auf das jeweilige Kalenderjahr beschränkte Leistung sei, die für jedes Jahr gesondert beantragt werden müsse; der Kläger habe aber für die Jahre 1992 bis 1995 keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1990/91 hielt das Sozialgericht die Klage für unbegründet. Die Leistung sei zwar eine Familienbeihilfe im Sinne des Art.77 EG-VO 1408/71. Der EuGH habe auch beim Kinderzuschlag für ausländische Arbeitnehmer entschieden, dass der in Art.73 EG-VO 1408/71 enthaltenen Wohnsitzfiktion ein Großteil der praktischen Wirksamkeit genommen werde, wenn sie durch Verweis auf steuerrechtliche Vorteile unterlaufen werden könne, wenn sich also die Wohnsitzvoraussetzung aus steuerrechtlichen Vorschriften ergebe, auf die die sozialrechtlichen Vorschriften für die Bestimmung der Anspruchsberechtigten und der Höhe der in Frage stehenden Familienleistung verwiesen. Der vom EuGH entschiedene Fall sei jedoch mit dem jetzigen Fall nicht vergleichbar. Art.77 EG-VO 1408/71 enthalte keine der Wohnsitzfiktion des Art.73 EG-VO 1408/71 vergleichbare Regelung, sondern die Bestimmung, dass Leistungen ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnten, gewährt würden. Artikel 77 diene insoweit nur der Bestimmung des Mitgliedstaates, nach dessen Recht sich die Gewährung von Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und für Waisen regele, sei also lediglich eine Zuständigkeitsvorschrift. Mangels Wohnsitzfiktion in Art.77 EG-VO 1408/71 seien die von § 11a Abs.1 BKGG in Bezug genommenen steuerrechtlichen Vorschriften unmittelbar anzuwenden. Als Ausländer ohne inländischen Wohnsitz und nur mit Renteneinkünften unterliege der Kläger nicht der deutschen Einkommensteuer (§§ 1, 22 EStG). Damit stehe fest, dass ein Kinderfreibetrag einkommensteuerrechtlich nicht berücksichtigt werden könne, da nach § 32 Abs.6 Satz 1 EStG ein Kinderfreibetrag nur für jedes zu berücksichtigende Kind eines Steuerpflichtigen abgezogen werden dürfe. Eine Diskriminierung (gemeint im Sinne des EG-Rechts) des Klägers könne die Kammer hierin nicht sehen. Im Hinblick auf die direkten Steuern befänden sich Gebietsansässige und Gebietsfremde in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger habe keinen Bezug zum deutschen Steuerrecht, weder durch direkte noch durch indirekte Steuern. Die Ausgleichsleistung Kindergeldzuschlag für Eltern, die den steuerlichen Kinderfreibetrag wegen der geringen Höhe ihres Einkommens nicht oder nicht in vollem Umfange ausschöpfen könnten, bei denen also die beabsichtigte steuerliche Entlastung nicht (in vollem Umfang) realisiert werden könne, fehle die innere Rechtfertigung.
Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren, zuletzt beschränkt auf den Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990 und 1991, weiter. Er bringt vor, Art.77 Abs.2 Satz 1 EG-VO 1408/71 enthalte eine Wohnsitzfiktion für Kinder und Rentner. Falls dem Art.77 die Wohnsitzfiktion fehlen würde, würde diese durch Art.51 EWG-Vertrag ersetzt, worin die Zahlung der Leistungen aus der EG-VO 1408/71 an Personen, die sich in den Hoheitsgebieten anderer Mitgliedstaaten aufhielten, vorgesehen sei. Der EuGH habe wiederholt festgestellt, dass der Gleichheitssatz des Art.48 EWG-Vertrag nicht nur offene, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung verbiete, die mit Hilfe der Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu demselben Ergebnis führten. Dies gelte auch vorliegend. Im Übrigen sei die Auskunft des Bundesministeriums für Finanzen fehlerhaft; Art.21 DS-Abkommen sei nicht einschlägig, weil die Rente des Klägers in Art.19 dieses Abkommens ausdrücklich erwähnt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27.01.1997 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19.09.1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1992 zu verurteilen, ihm Kindergeldzuschlag für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, und bezieht sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Hierauf und auf die zu Beweiszwecken beigezogene Kindergeldakte der Beklagten wird zur Ergänzung des Tatbestands - insbesondere hinsichtlich des Vortrags der Beteiligten - Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 f., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Sie erweist sich in der Hauptsache auch als begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf den Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990 und 1991 zu. Dies ergibt sich zwar nicht allein aus den nationalen Vorschriften i.V.m. dem DS-Abkommen, aber unter Heranziehung des Art.77 EG-VO 1408/71, der den Geltungsbereich der nationalen Gesetze erweitert und den Leistungsexport ins Ausland gewährleistet.
Das Kindergeld erhöht sich unter bestimmten Voraussetzungen um den Kindergeldzuschlag (§ 11a Abs.1 BKGG a.F.). Zwar sind Kindergeld und Kindergeldzuschlag rechtlich gesondert zu sehende Ansprüche, die Gewährung eines Kindergeldzuschlags setzt aber voraus, dass vorweg ein Anspruch auf Kindergeld zusteht. Einen solchen Anspruch auf Kindergeld hatte der Kläger in den Jahren 1990 und 1991, und die Beklagte bestreitet dies auch nicht. Gleichwohl sei zum Verständnis der nationalen Vorschriften und des erweiterten Anwendungsbereichs in Zusammenhang mit überstaatlichem Recht auf die Gesamtregelung der damals (1990/91) geltenden Fassungen der einschlägigen Normen hingewiesen.
1. Rechtslage hinsichtlich des Kindergeldanspruchs: Gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 BKGG a.F. hatte "nach den Vorschriften dieses Gesetzes" derjenige einen Anspruch auf Kindergeld für seine Kinder, der im "Geltungsbereich dieses Gesetzes" (d.h. der BRD) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. § 1 Abs.3 BKGG a.F. bestimmte, dass Ausländer, die sich ohne Aufenthaltsberechtigung im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhielten, einen Anspruch "nach diesem Gesetz" nur hatten, "wenn ihre Abschiebung auf unbestimmte Zeit unzulässig war oder wenn sie auf Grund landesrechtlicher Vorschriften auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden konnten" (ab 09.07.1989 geltende Fassung) bzw. "wenn sie nach den §§ 51, 53 und 54 des Ausländergesetzes auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden konnten" (ab 01.01.1991 geltende Fassung), frühestens jedoch nach einem gestatteten oder geduldeten ununterbrochenen Aufenthalt von einem Jahr. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatten, wurden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs.5 Satz 1 BKGG a.F. mit darauf folgenden, hier nicht einschlägigen Ausnahmeregelungen).
Die Kindergeldberechtigung war damit primär auf deutsche Staatsangehörige und sekundär auf Ausländer mit rechtlich abgesichertem und deshalb auf unbestimmte Dauer angelegtem Inlandsaufenthalt bezogen, wenn sowohl diese Personen als auch ihre Kinder im Gebiet der BRD wohnten. § 42 BKGG a.F. bestimmte hierzu: "Soweit in diesem Gesetz Ansprüche Deutschen vorbehalten sind, haben Angehörige der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften, Flüchtlinge und Staatenlose nach Maßgabe des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen die gleichen Rechte. Auch im Übrigen bleiben die Bestimmungen der genannten Verordnungen unberührt."
Auch ohne diesen Vorbehalt hätte das EG-Recht als übergeordnetes Recht entgegenstehende nationale Vorschriften "durchbrochen" bzw. in persönlicher und räumlicher Hinsicht erweitert. Auf die grundsätzlichen, aber auch allgemeineren Vorschriften des EWG-Vertrags muss hier nicht eingegangen werden, es genügen vorliegend die Normen der EG-VO 1408/71. Art.3 Abs.1 dieser Verordnung schreibt vor, dass die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates wie die Staatsangehörigen dieses Staates haben, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen. Die Vorschrift verschafft allen Personen, die nach Art.2 von der Verordnung erfasst werden und im Bereich der EG wohnen, gegenüber den einzelnen Mitgliedstaaten die gleiche Rechtsstellung, die deren Staatsangehörige nach deren Rechtsvorschriften haben (Diskriminierungsverbot insbesondere im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit, an die die nationalen Gesetze anknüpfen können, bedeutsam vor allem bei der Ungleichbehandlung von Deutschen und Ausländern im Bereich der BRD oder bei der Anwendung der Vorschriften über die Erbringung von Leistungen an Berechtigte im Ausland, nach denen für die Zahlung an einen Deutschen mit Auslandswohnsitz günstigere Leistungsbedingungen bestehen).
Art.3 EG-VO 1408/71 allein ist nicht immer ausreichend, um den Leistungsexport zu gewährleisten, insbesondere dann, wenn - wie im deutschen Kindergeldrecht - nach nationalem Recht die Zahlung der Leistung ins Ausland für Deutsche wie auch Ausländer gleichermaßen beschränkt wird. In solchen Fällen hilft oft Art.10 EG-VO 1408/71 (Aufhebung von Wohnortklauseln) zugunsten der Ausländer und auch der deutschen Staatsangehörigen mit Aufenthalt im Ausland weiter; (bestimmte) Renten- und Sterbegelder dürfen, sofern in der Verordnung nichts anderes bestimmt ist, nicht deshalb gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, weil der Berechtigte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des Staates wohnt, in dessen Gebiet der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat.
Auf Familienleistungen wie das Kindergeld (und den Kindergeldzuschlag) ist Art.10 EG-VO 1408/71 nicht anwendbar. Es finden sich aber besondere Regelungen für Arbeitnehmer, Arbeitslose und bestimmte Selbständige in Art.72 f. EG-VO 1408/71 sowie für Rentner und Waisen in Art.77 f. EG-VO 1408/71. Diese Vorschriften haben keineswegs - im Bezug auf Art.77 EG-VO hat sich das Sozialgericht geirrt - nur die Funktion einer Zuständigkeitsregelung (Welcher Staat ist für die Zahlung der Leistung zuständig?). Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 bestimmt: Die Leistungen (im Sinne des Abs.1, also Familienbeihilfen unter anderem für Empfänger von Alters- oder Invaliditätsrenten) werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt: a) der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften eines einzigen Staates Rente bezieht, erhält die Leistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates; b) der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten Rente bezieht, erhält die Leistungen i) nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, wenn ... ii) in anderen Fällen ...
Aus dem Gegensatz vom Einfachrentner (Buchstabe a) zum Mehrfachrentner (Buchstabe b) geht hervor, dass der Wohnsitz im Bereich des jeweiligen Mitgliedstaats der EG nur Bedeutung für die Mehrfachrentner in Bezug auf die Zuständigkeit mehrerer in Frage kommenden Leistungsträger haben soll; darüber hinaus gilt aber für beide Rentenbezieher der Grundsatz, dass es bei der "Leistungsgewährung" nicht auf den Wohnsitz des Rentners oder/und der Kinder im Bereich der EG ankommt, d.h., dass das im Recht eines Mitgliedstaats (eventuell) vorgesehene Erfordernis eines Wohnsitzes im Inland durch das des Wohnsitzes im EG-Bereich ersetzt wird.
Insoweit geht es nicht um eine Zuständigkeitsregelung oder eine Koordinierung von Anspruchskonkurrenzen (die Art.77 auch beinhaltet), sondern im Vorfeld darum, dass zunächst in das nationale Recht, sofern es das Territorialitätsprinzip zugrunde legt, "eingegriffen" oder - besser gesagt - der Geltungsbereich des nationalen Rechts erweitert wird. Zuerst werden durch Art.77 Abs.2 Satz 1 EG-VO 1408/71 Ansprüche auf Familienbeihilfe unter Modifizierung des nationalen Rechts (sofern dort wohnortsbedingte Einschränkungen vorhanden sind) erstmals begründet, dann erst Anspruchskonkurrenzen, die bereits bestanden haben oder durch die Modifizierung des nationalen Rechts erstmals entstehen, in Art.77 Abs.2 Buchstabe b, Art.79 EG-VO 1408/71 gelöst.
Letztlich müßig ist die Diskussion darüber, ob diese Regelung über Ansprüche auf Familienbeihilfe unabhängig vom Wohnsitz juristisch als Wohnsitzfiktion wie in Art.73 EG-VO 1408/71 bezeichnet werden kann. Ihrem Sinn und Zweck nach muss jedenfalls dann, wenn ein nationales Recht auf den Territorialitätsgrundsatz bei der Gewährung einer Familienbeihilfe abstellt, bei Anwendung des Rechts im Ergebnis der ausländische Wohnsitz dem inländischen gleichgestellt werden (praxisbezogene, ergebnis- orientierte Betrachtungsweise). Dogmatisch korrekt ist die Ansicht, dass hinsichtlich Familienbeihilfen die Anspruchsvoraussetzung eines Wohnsitzes des Rentners oder/und seiner Familienangehörigen im Nationalstaat erweitert wird. Bezüglich des Wohnsitzes ist lediglich der örtliche Geltungsbereich der Verordnung zu beachten (Baumeister in RVO-Gesamtkommentar, Anm.3 zu Art.77 EWG-VO Nr.1408/71).
Es ist von der Beklagten ohne Weiteres beim Kindergeld im EG-Bereich anerkannt, dass grundsätzlich zur Zahlung der Familienbeihilfe für Rentner der für die Rentenzahlung zuständige Staat verpflichtet ist und der Wohnsitz des Rentners und seiner Familienangehörigen nur Bedeutung hat, wenn Renten aus mehreren EG-Staaten bezogen werden. Deutsche und Staatsangehörige eines anderen EG-Staates, die ausschließlich aus der deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen Alters oder wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bezögen, könnten Kindergeld unabhängig davon erhalten, in welchem EG-Staat der Rentenberechtigte und die Kinder wohnten (so schon Runderlass 375/74 der Bundesanstalt für Arbeit, Stand September 1994, DA 107.3 und 107.31). Auf die Wohnsitzklausel in § 1 Abs.1 BKGG und die sonstigen Einschränkungen in § 1 Abs.3 BKGG käme es nicht an (Runderlass, a.a.O., DA 107.2 und 103.1). Mithin ist schon lange von der Beklagten, die sich vorliegend auf die unzutreffenden gegenteiligen Ausführungen des Sozialgerichts beruft, anerkannt, dass Art.77 EG-VO 1408/71 mehr als nur die vom Sozialgericht angenommene Zuständigkeitsregelung beinhaltet.
Der wesentliche Unterschied zwischen Art.73 (Familienleistungen für Arbeitnehmer) und Art.77 Abs.1 (Familienbeihilfen für Rentner) ist nur darin begründet, dass Art.73 ("ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, ... hat Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften dieses Staates ...") vorweg - hinsichtlich der Person des Arbeitnehmers - vom Beschäftigungslandprinzip, geregelt in Art.13 f. EG-VO 1408/71, ausgeht (vgl. Nomos, Kommentar zum Europäischen Sozialrecht, Stand Juni 1999, Vorbemerkung 2 zu Art.77 f. EG-VO 1408/71), gleich ob der Arbeitnehmer im Beschäftigungsland wohnt oder nicht wohnt, und daher nur noch im Hinblick auf Familienleistungen normiert, dass das nationale Recht so anzuwenden ist, als ob auch die Familienangehörigen im Beschäftigungsland wohnten (sofern sie nicht dort wohnen).
Das "Beschäftigungslandprinzip" kann bei Rentnern keine Anwendung finden (Nomos, a.a.O.). Der daher von Art.77 EG-VO 1408/71 vorgesehene Bezugspunkt für die Person des Rentners sind die Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaates, nach denen der Rentner - unabhängig vom Wohnsitz - Rente bezieht (§ 44 f. EG-VO 1408/71); im Hinblick auf Familienbeihilfeleistungen ist bestimmt, dass es auch insoweit - hinsichtlich der Person des Rentners und der Familienangehörigen - nicht auf den Wohnsitz in dem einen oder dem anderen EG-Staat ankommen darf.
Es bestehen hier von der Ausgangslage, Arbeitnehmer oder Rentner, naturgemäß entsprechend dem Personenkreis verschiedene Anknüpfungspunkte, aber die Rechtslage hinsichtlich der Ansprüche auf Familienleistungen ist im Ergebnis gleich geregelt; die Ansprüche auf Familienbeihilfen folgen - ohne Rücksicht auf die Wohnsitzverhältnisse innerhalb der EG - den jeweiligen Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaates, die für die Arbeitnehmer bzw. für die Rentner gelten (wird von dem hier nicht gegebenen Sonderfall abgesehen, dass bei dann eventuell eintretenden Anspruchskonkurrenzen zusätzlich der Wohnort des Rentners als Korrektiv zur Vermeidung von Doppelleistungen heranzuziehen ist).
Der EuGH hat sich in vielen Entscheidungen über Familienbeihilfen für Arbeitnehmer/Arbeitslose und für Rentner/Waise, die nicht im leistungsgewährenden EG-Staat wohnen, gleichermaßen auf die Freizügigkeit des Arbeitnehmers (Art.51 EWG-Vertrag) gestützt. Prägnant sind die Grundsätze z.B. im Urteil des EuGH vom 11.06.1991 - C-251/89 - zu Art.77 EG-VO 1408/71 (SozR 3-6050 Art.77 Nr.1) zusammengefasst: "In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die EG-VO 1408/71 im Lichte des mit Art.51 EWG-Vertrag - ihrer Rechtsgrundlage - verfolgten Ziels auszulegen ist, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu sichern. Dieses Ziel würde aber nicht erreicht, wenn das Recht eines Mitgliedstaats über die Fälle hinaus, die die gemeinschaftliche Regelung im Einklang mit den Zielen des Vertrags ausdrücklich vorsieht, die Gewährung der Vergünstigungen der sozialen Sicherheit, die nach diesem Recht geschuldet werden, von der Voraussetzung abhängig machen würde, dass der Arbeitnehmer im betreffenden Mitgliedstaat wohnt. Bezüglich der Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und der Leistungen für Waisen sehen die Art.77 Abs.2 und 78 Abs.2 EG-VO 1408/71 ausdrücklich vor, dass diese Leistungen nach Maßgabe dieser Vorschriften ohne Rücksicht darauf gewährt werden, in welchem Mitgliedstaat die Rentner und die Kinder oder aber die Waisen oder die Personen, die ihren Unterhalt bestreiten, wohnen. Außerdem wird der Anspruch auf eine Zusatzleistung für Waisen oder für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern den Waisen und den Rentnern gerade dann zuerkannt, wenn sie nicht in dem Mitgliedstaat wohnen, der die höheren Leistungen gewährt. Die Zuerkennung eines solchen Anspruchs wäre demnach völlig wertlos, wenn das Recht dieses Mitgliedstaats die Gewährung der Leistungen von der Voraussetzung abhängig machen würde, dass sowohl der Berechtigte als auch das berücksichtigungsfähige Kind im Inland wohnen, und wenn diese Voraussetzung der Waise und dem Rentner, die eine Zusatzleistung beantragen, entgegengehalten werden könnte."
Dieselbe Rechtslage und die gleichen vom EuGH aufgestellten Grundsätze gelten auch beim Kindergeldzuschlag. Es besteht kein rechtfertigender Grund, hiervon abzuweichen.
2. Allgemeines zum Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag: Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass streitgegenständlich der Bescheid vom 19.09.1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1992 (Kindergeldzuschläge für die Jahre 1990 und 1991) ist, und der Nachprüfung dieser Verwaltungsakte nicht (teilweise, für das Jahr 1990) der bindend gewordene Bescheid vom 26.06.1990 (Kindergeldzuschlag für das Jahr 1990) entgegensteht. Mit dem letztgenannten Bescheid ist lediglich die vorläufige Zahlung des Kindergeldzuschlags 1990 bereits während des Jahres, für das er in Betracht kommt, gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. abgelehnt worden. Mit Bescheid vom 19.09.1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.1992 ist aber "endgültig" über den Kindergeldzuschlag für 1990 und 1991 entschieden worden.
Unerheblich ist es, dass die Gründe für die Ablehnung der vorläufigen Zahlung (1990) und für die "endgültige" Ablehnung von Ansprüchen (1990/91) die gleichen waren. Rechtsverbindlich geworden ist nur der Regelungssatz (Verfügungssatz - "Tenor") des Bescheids vom 26.06.1990, und nicht die zugrunde liegende rechtliche Begründung; die "endgültige Entscheidung" kann - gleich ob die vorläufige Zahlung bewilligt oder abgelehnt worden ist - hiervon abweichend ausfallen (vgl. hierzu auch § 11a Abs.8 Satz 4 i.V.m. § 11 Abs.3 Satz 4 bis Satz 6 BKGG a.F.).
Der dem Bescheid vom 19.09.1991 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.1992) zugrunde liegende Antrag vom 19.06.1991 ist jedenfalls fristgerecht - auch für den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1990 - gestellt worden, weil er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf dieses Jahres bei der Beklagten eingegangen ist (§ 11a Abs.7 Satz 2 BKGG a.F.).
Hinsichtlich der Einkünfte des Klägers und seiner Ehefrau stellt der Senat fest, dass laut Angaben des Klägers, bestätigt durch den spanischen Versicherungsträger, nur eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 1990 und 1991 bezogen worden ist, und sich jedenfalls der Höhe nach ein Anspruch auf den Zuschlag errechnen würde, wenn der Kläger und seine Familienangehörigen nicht ihren Wohnsitz in Spanien hätten.
3. Regelung des Kindergeldzuschlags gemäß § 11a BKGG a.F. i.V.m. den damit zusammenhängenden steuerrechtlichen Vorschriften: § 11a Abs.1 Satz 1 und Satz 3 BKGG a.F. bestimmte, dass das Kindergeld für die Kinder, für die dem Berechtigten der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs.2 des EStG zusteht, sich um den nach Abs.6 bemessenden Zuschlag erhöht, wenn das zu versteuernde Einkommen des Berechtigten geringer ist als der Grundfreibetrag nach § 32a Abs.1 Nr.1 des EStG ... Ist die tarifliche Einkommensteuer nach § 32a Abs.5 (Zusammenveranlagung von Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG - Splittingverfahren) oder Abs.6 des EStG berechnet worden, Betrags. Gemäß § 11a Abs.6 Satz 1 BKGG a.F. beträgt der Zuschlag ein Zwölftel von 19 vom Hundert des Unterschiedsbetrages zwischen dem zu versteuernden Einkommen und dem nach Abs.1 Satz 1 oder Satz 3 maßgeblichen Grundfreibetrag, höchstens von 19 vom Hundert der Summe der dem Berechtigten zustehenden Kinderfreibeträge.
§ 1 Abs.1 Satz 1 EStG a.F. bestimmte: "Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig." (Abs.2 und Abs.3 der Vorschrift regeln Sonderfälle, in denen bedienstete deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz im Ausland und Empfänger von Versorgungsbezügen im Sinne des § 19 Abs.2 Nr.1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gelten.) Gemäß Abs.4 sind natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG (u.a. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie dem Steuerabzug unterworfen werden) haben.
In § 26 Abs.1 EStG a.F. hieß es: "Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und bei denen diese Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind, können zwischen getrennter Veranlagung (§ 26a) und Zusammenveranlagung (§ 26b) wählen ..." § 26b EStG a.F. lautete: "Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten werden die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt."
Nach § 32 Abs.6 EStG a.F. konnte ein "Kind ... nur berücksichtigt werden, wenn es zu Beginn des Kalenderjahrs unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war oder im Laufe des Kalenderjahres unbeschränkt einkommensteuerpflichtig geworden ist". Nach Absatz 6 dieser Bestimmung wurde ein "Kinderfreibetrag von 1.512,00 DM ... für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen vom Einkommen abgezogen. Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, wird ein Kinderfreibetrag von 3.024,00 DM abgezogen, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht."
Die Gesamtregelung des Kindergeldzuschlags zeigt auf, dass - wird das EG-Recht hinweggedacht - ein Anspruch des Klägers dem Grunde nach nur besteht, wenn sowohl er als auch das zu berücksichtigende Kind einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Außerdem ist der Anspruch auf den Zuschlag in voller Höhe nur dann gegeben, wenn auch die Ehefrau so behandelt wird, als ob sie im Inland wohnen würde.
Aus rein steuerrechtlicher Hinsicht ergäbe sich, dass der Kläger weder unbeschränkt steuerpflichtig ist noch nach Abs.4 des § 1 EStG a.F. beschränkt steuerpflichtig wäre. Der Ertragsteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 22 Nr.1 EStG), der bei Wohnsitz im Inland steuerpflichtig wäre, begründet nicht einmal die beschränkte Steuerpflicht im Sinne von § 1 Abs.4 EStG a.F. Der Kläger hat zwar "inländische Einkünfte", aber nicht im Sinne von § 49 Abs.1 Nr.7 EStG a.F., weil der darin vorgesehene Steuerabzug in den Jahren 1990/91 nicht angeordnet und somit § 49 EStG a.F. gegenstandslos war.
Das DS-Abkommen, ratifiziert durch das Gesetz zu dem Abkommen vom 05.12.1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 16.01.1968 (BGBl.1968 II, 9) ändert hieran nichts.
Das DS-Abkommen trifft unter anderem Regelungen zur Einkommensteuer (Art.2 Abs.3 Nr.1 Buchstabe a DS-Abkommen). Die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers wird nicht von den in Art.6 bis 20 des Abkommens ausdrücklich genannten Einkünften erfasst, unterfällt damit dem Art.21 des Abkommens: "Die in den vorstehenden Artikeln nicht ausdrücklich erwähnten Einkünfte einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person können nur in diesem Staate besteuert werden", also vorliegend in Spanien.
Insbesondere Art.19 des Abkommens ist nicht einschlägig. Wird von Absatz 3 der genannten Vorschrift, betreffend Vergütungen für einen Schaden als Folge einer Kriegshandlung oder politischen Verfolgung abgesehen, bezieht sich die Regelung auf "Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden"; insoweit erfolgt die Besteuerung nur in diesem Staate (Art.19 Abs.1). Ungeachtet des Absatz 1 sind aber Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die von einem Vertragsstaat und einem Land oder einer ihrer autonomen Einrichtungen, öffentlichen Behörden oder öffentlichen Verwaltungen unmittelbar oder aus einem von ihnen errichteten Sondervermögen für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, in dem anderen Vertragsstaat von der Steuer befreit (Art.19 Abs.2). Absatz 1 und Absatz 2 betreffen Leistungen ähnlicher Art, wobei hinsichtlich des Ursprungs der Leistungen differenziert wird, ob sie von einem "öffentlich-rechtlichen Dienstherrn" oder von einem sonstigen Arbeitgeber stammen. Art.19 Abs.2 des Abkommens führt hierbei Art.18 Abs.1 des Abkommens fort, der Vergütungen von "öffentlich-rechtlichen Dienstherrn" (BRD oder einem Land oder einer ihrer autonomen öffentlichen Einrichtungen, örtlichen Behörden oder örtlichen Verwaltungen) unmittelbar oder aus einem von ihnen errichteten Sondervermögen für die geleisteten Dienste gezahlt werden, betrifft.
Art.19 Abs.1 und Abs.2 sowie Art.18 Abs.1 DS-Abkommen beziehen sich damit im Bereich des deutschen Rechts auf Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Sinne des § 19 EStG; Art.19 Abs.2 DS-Abkommen regelt hiervon nur die "Versorgungsbezüge" im Sinne des § 19 Abs.2 Satz 2 EStG. Nach der letztgenannten Vorschrift sind "Versorgungsbezüge" Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die als Ruhegehalt a) aufgrund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften b) nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Verbänden von Körperschaften oder in anderen Fällen wegen Erreichens einer Altersgrenze, Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder als Hinterbliebenenbezüge gewährt werden.
Wenn der Kläger meinte, seine Erwerbsunfähigkeitsrente werde von Art.19 Abs.1 und 2 DS-Abkommen erfasst mit der Folge, dass die Rente nur in Deutschland besteuert werde (Art.19 Abs.1 DS-Abkommen) und in Spanien von der Steuer befreit sei (Art.19 Abs.2 DS-Abkommen), so irrte er. Seine Rente wird nicht "als Ruhegehalt oder ähnliche Vergütung für frühere unselbständige Arbeit" von einem privaten Arbeitgeber oder einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn gezahlt, sondern vom Rentenversicherungsträger aufgrund eines Versicherungsverhältnisses und der früher eingezahlten Beiträge; unerheblich ist hierbei, ob sein früherer Arbeitgeber oder er selbst oder - wie vorliegend - beide ehemals die Versicherungsbeiträge getragen haben. Die Erwerbsunfähigkeitsrente stellt sich nicht als Fortsetzung der Zahlung von Bezügen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis dar, wie es z.B. bei Beamtenpensionen der Fall ist.
Sollte der Kläger - seine Ausführungen sind insoweit lückenhaft - gemeint haben, der Rentenversicherungsträger wäre "eine autonome öffentliche Einrichtung, örtliche Behörde oder örtliche Verwaltung" eines Vertragsstaates, nämlich der BRD, oder eines Landes des Vertragsstaates, so mag er zwar damit Recht haben. Er war aber nicht ehemals Arbeitnehmer dieser autonomen öffentlichen Einrichtung, für den diese Einrichtung nunmehr das Ruhegehalt oder eine ähnliche Vergütung zahlt. Der ehemalige Arbeitgeber des Klägers in der BRD wiederum zahlt aus dem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis keine Rente an den Kläger, ist im Übrigen kein Vertragsstaat oder Land eines Vertragsstaates oder autonome Einrichtung, Behörde usw. des Vertragsstaats oder eines Landes dieses Vertragsstaates.
Zu Recht hat die Beklagte in erster Instanz unter Bezug auf Korn/Debatin, Doppelbesteuerung Bd.IV - Spanien - S.161 f. vorgebracht, dass es sich bei Alters- und Erwerbsunfähigkeitsrenten um Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis handelt, für die die Auffangsklausel des Art.21 DS-Abkommen gilt, und nicht um Leistungen unmittelbar aus dem Arbeits- bzw. Dienstverhältnis im Sinne des Art.19 DS-Abkommen. Mithin kann die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers, die in Deutschland als sonstige Einkunft (Leibrente) mit einem Teil, dem Ertrag des Rentenrechts, der Besteuerung unterliegen würde (§ 22 Nr.1 EStG), nur in Spanien versteuert werden (Art.21 DS-Abkommen).
Wenn der Kläger hiergegen eingewendet hat, dass von Deutschland nach Spanien gezahlte Betriebsrenten gemäß Art.19 Abs.1 DS-Abkommen nur in Spanien versteuert würden, Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß Abs.2 der genannten Vorschrift in Deutschland, so kann hieraus kein maßgebendes Argument gefolgert werden. Die Betriebsrente stellt eine Leistung des Arbeitgebers aus dem zugrunde liegenden privatrechtlichen Arbeitsverhältnis dar, und nicht eine Leistung eines Versicherungsträgers aufgrund einer abgeschlossenen Versicherung oder einer gesetzlichen Pflichtversicherung. Eine "Betriebsrente" aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses unterliegt Art.19 Abs.1 DS-Abkommen, eine solche aus öffentlich-rechtlichem Dienstverhältnis dem Absatz 2 dieser Vorschrift. Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung hingegen werden weder von Absatz 1 noch von Absatz 2 des Art.19 des DS-Abkommen erfasst.
Festzuhalten bleibt, dass der Kläger und seine Kinder in den Jahren 1990/91 - aus steuerrechtlicher Sicht gesehen - weder unbeschränkt noch beschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen sind. Die Rechtslage, wie sie nach dem EStG a.F. bestand, wurde im vorliegenden Streitfalle durch das DS-Abkommen nicht geändert. Art.21 DS-Abkommen "wiederholte" lediglich die sich aus dem EStG ergebende Regelung.
4. Zur Handhabung des § 11a BKGG a.F. und der damit zusammenhängenden steuerrechtlichen Vorschriften gemäß dem EG-Recht:
4.1 Vorweg ist nochmals zu betonen, dass Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 nicht nur eine Zuständigkeitsregelung enthält, sondern eine Gebietsgleichstellung (Inland-Ausland) oder - besser gesagt - die Erstreckung nationaler Vorschriften, die auf den Territorialitätsgrundsatz abstellen, auf das Gebiet der EG. Der Einfachrentner, der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats Rente bezieht, erhält die Familienbeihilfen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates, und zwar unter der für Einfachrentner und Mehrfachrentner gleichermaßen geltenden Prämisse des Art.77 Abs.2 Satz 1 EG-VO 1408/71, dass die Beihilfen ohne Rücksicht darauf zu gewähren sind, in welchem Mitgliedstaat der Rentner oder/und die Kinder wohnen.
4.2 Der Kindergeldzuschlag stellt wie das Kindergeld nicht nur eine Familienleistung im Sinne der Art.72 f., Art.1 Buchstabe u Ziffer i EG-VO 1408/71 (alle Sach- und Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Art.4 Abs.1 Buchstabe a genannten Vorschriften bestimmt sind) dar (vgl. EuGH vom 22.02.1990 - C-228/88 B ... und EuGH vom 05.10.1995 - C-321/93 I ... in SozR 3-6050 Art.73 Nrn.1 und 7), sondern auch eine Familienbeihilfe im Sinne der Art.77 f., Art.1 Buchstabe u Ziffer ii EG-VO 1408/71 (regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden). Hierüber hat nie Streit bestanden. Mag zwar die Regelung des Kindergeldzuschlags in enger Verbindung mit den Kinderfreibeträgen des EStG stehen, so stellt er doch offensichtlich eine Familienleistung dar, wohingegen der Kinderfreibetrag nicht als Familienleistung qualifiziert werden kann, weil hier nicht geleistet, sondern verschont wird (Jörg Haverkate/Stefan Huster, Europäisches Sozialrecht, S.212). Außerdem hat die BRD das Kindergeld einschließlich des Kindergeldzuschlags als Familienbeihilfe "deklariert". Gemäß Art.5 der EG-VO 1408/71 geben die Mitgliedsstaaten in Erklärungen, die gemäß Art.97 notifiziert und veröffentlicht werden, die Rechtsvorschriften und Systeme ... sowie die Leistungen im Sinne der Art.77 und 78 an; dementsprechend hat die BRD das "Kindergeld" nach dem "Bundeskindergeldgesetz vom 14.04.1964 mit Änderungen und Ergänzungen in der jeweils geltenden Fassung" in das EG-Recht eingeführt (vgl. ABl.1980 C 139, S.1 in der geänderten Fassung ABl.1983 C 351, S.1).
Zwar kann aus dem Umstand allein, dass bestimmte nationale Leistungen in der Erklärung gemäß Art.5 EG-VO 1408/71 nicht aufgeführt sind, nicht abgeleitet werden, dass diese Leistungen keine Leistungen im Sinne der Verordnung sind. Werden aber nationale Leistungen nach Art.5 i.V.m. Art.97 EG-VO 1408/71 deklariert, sind sie stets als Leistungen im Sinne der Verordnung anzusehen (vgl. u.a. EuGH vom 11.06.1991 - C-251/89 A ... in SozR 3-6050 Art.77 Nr.1), und ein Streit hierüber ist ausgeschlossen.
4.3 Richtiger Ansatzpunkt für Handhabung der Vorschriften über den Kindergeldzuschlag im EG-Bereich ist vorliegend die Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, die der EuGH bereits weitestgehend vorgenommen hat, und nicht die Vorlage der Angelegenheit an den EuGH zur Prüfung und gegebenenfalls Ungültigerklärung steuerrechtlicher Normen der BRD.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften sah zwar im Schriftsatz vom 03.11.1993 zur Sache I ... C 321/93 (Kindergeldzuschlag für einen Arbeitnehmer) präjudiziell die Frage an, ob das deutsche Steuerrecht mit seinen "Wohnsitzklauseln" nicht gegen Art.48 EWG-Vertrag und Art.7 Abs.2 der EG-VO 1612/68 des Rats vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft verstoße, denn wenn das nationale Steuerrecht nicht mit dem EG-Recht zu vereinbaren sei, so müsse nicht mehr erörtert werden, inwieweit die Wohnsitzfiktion in Art.73 EG-VO 1408/71 Auswirkungen auf die Regelung über den Kindergeldzuschlag habe. Der EuGH hat aber in seinem Urteil vom 05.10.1995 (a.a.O.) allein das Mittel der Auslegung des Art.73 EG-VO herangezogen. Diesem Schritt folgt der Senat im vorliegenden den Art.77 EG-VO 1408/71 betreffenden Streitfall. Es stehen hier nicht allgemeine steuerrechtliche Fragen und das Verhalten eines EG-Staats zur Beurteilung an, wie sie die Kommission in Zusammenhang mit den Vertragsverletzungsverfahren 282/87 und 179/90 gegen die BRD in Bezug auf die ab 01.01.1986 geltenden Normen über Kinderfreibeträge und Ehegattensplitting interessierten, sondern die Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 im Sinne einer Erweiterung des nationalen Territorialitätsgrundsatzes. Der Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 ist der Vorrang einzuräumen gegenüber der Ungültigerklärung nationaler Vorschriften. Die Vorschrift eines EG-Staats kann dann gedanklich nicht gegen höherrangiges Recht, z.B. gegen Art.51 EWG-Vertrag (Freizügigkeit), verstoßen, wenn sich bei richtiger Auslegung der gegenüber dem nationalen Recht höherrangigen EG-VO 1408/71 bereits ergibt, dass Art.77 Abs.2 EG-VO rechtserweiternd auf das nationale Recht wirkt, so dass der nationale Territorialitätsgrundsatz nunmehr auf den Bereich der EG zu beziehen ist. (Eine andere, im jetzigen Rechtsstreit unerhebliche Frage ist es, ob Vertragsverletzungsverfahren gleichwohl angebracht sind, wenn der nationale Gesetzgeber durch von ihm vorgesehene territoriale Anspruchsvoraussetzungen und bei ungenügender Nachbesserung der Gesetze versucht, die übergeordneten Grundsätze der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und des freien Leistungsexports zu behindern oder gar zu umgehen.)
Die Auslegung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 im Sinne einer territorialen Erweiterung nationaler Vorschriften über Familienbeihilfen ist in Anbetracht der Rechtsprechung des EuGH selbstverständlich. Im Laufe einer 20-jährigen Rechtsprechung existieren zahlreiche Urteile des EuGH, dass laut Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 Familienbeihilfen wie das Kindergeld auch dann zu zahlen sind, wenn weder der Rentner noch das Kind, für das die Beihilfe zu gewähren ist, in dem EG-Staat wohnen, nach dessen Vorschrift die Rente zu zahlen ist. Warum etwas anderes für den Kindergeldzuschlag gelten soll, der ebenfalls eine Familienbeihilfe darstellt, ist nicht nachvollziehbar. Auch hier muss Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 rechtserweiternd dahingehend wirken, dass territoriale Einschränkungen in den nationalen Vorschriften über die Beihilfen nicht zur Auswirkung kommen. Hierbei kann es keinen Unterschied machen, ob der Wohnsitz, ein anspruchsbegründender Tatbestand, an irgendeiner Stelle im BKGG als allgemeine Voraussetzung (z.B. § 1 Abs.1, § 2 Abs.5 BKGG) oder in einer speziellen Vorschrift des BKGG (§ 11a BKGG) oder in Vorschriften außerhalb dieses Gesetzes (§ 1 EStG a.F. i.V.m. §§ 8 und 9 der Abgabenverordnung) stand, auf die das BKGG a.F. zur Anspruchsbegründung Bezug nahm. Der Senat verkennt nicht, dass - allein aus der Sicht des nationalen Rechts gesehen - die Bezugnahme des § 11a BKGG a.F. auf steuerrechtliche Normen eine Rechtsgrundverweisung darstellt. Aus der Sicht des EG-Recht sind aber, nachdem die BRD die Leistungen des BKGG a.F. im Sinne einer Familienbeihilfe deklariert hat, alle Normen, die die Leistung "Kindergeldzuschlag" regeln, Vorschriften über die Familienbeihilfe, und unterliegen schon deshalb der Wirkung des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71. Zutreffend hat der EuGH in seinem Urteil vom 05.10.1995 - C-321/93 (a.a.O.) zum Kindergeldzuschlag für einen Arbeitnehmer sinngemäß zusammengefasst ausgeführt: Art.73 der EG-VO 1408/71 in der Fassung der EWGV 3427/89 ist dahin auszulegen, dass dann, wenn die steuerrechtlichen Vorschriften eines Mitgliedstaates, auf die seine sozialrechtlichen Vorschriften verweisen, die Gewährung und die Höhe der Leistung für ein unterhaltsberechtigtes Kind davon abhängig machen, dass das Kind im Inland wohnt und/oder dass der Ehegatte des betroffenen Erwerbstätigen im Inland wohnt, diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen sind, wenn das Kind oder/und der Ehegatte in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Es soll verhindert werden, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung oder die Höhe von Familienleistungen davon abhängig machen kann, dass die Familienangehörigen in dem die Leistungen erbringendem Wohnsitzstaat wohnen (Unterlaufen der Wohnsitzfiktion). Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der EG-Erwerbstätige davon abgehalten wird, von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen. Diesem Ergebnis kann nicht der Umstand entgegenstehen, dass sich die Wohnsitzvoraussetzungen, wie im vorliegenden Fall, aus steuerrechtlichen Vorschriften ergeben, auf die die sozialrechtlichen Vorschriften für die Bestimmung des Anspruchsberechtigten und der Höhe der in Frage stehenden Familienleistungen verweisen.
Diese Auslegung gilt auch im Rahmen des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, zumal - wie bereits dargelegt - Art.73 und 77 Abs.2 1. Halbsatz EG-VO 1408/71 gleichermaßen - zur Verwirklichung des Art.51 EWG-Vertrag - territoriale Grenzen außer Kraft setzen.
Nahezu naiv wäre der Versuch, einen maßgebenden Unterschied zwischen dem jetzigen Streitverfahren eines Rentners und dem vom EuGH entschiedenen Fall damit zu begründen, dass in letztgenanntem Fall immerhin der Kindergeld- und Kindergeldzuschlagsberechtigte in der BRD gewohnt habe. Wie ebenfalls vom Senat bereits dargelegt worden ist, kommt es auch darauf nicht an, wo innerhalb des EG-Bereichs der Leistungsberechtigte seinen Wohnsitz hat (vgl. EuGH vom 11.06.1991 - C-251/89, a.a.O.). Letzten Endes hat dies zur Konsequenz, dass weder der Arbeitnehmer/Rentner noch das Kind, für das die Familienbeihilfe oder Familienleistung zu gewähren ist, noch der Ehegatte, dessen Vorhandensein die Höhe der Leistung beeinflusst (oder der sogar als nichterwerbstätiger Familienangehöriger aus der Rechtsposition des Ehegatten als Arbeitnehmer Ansprüche ableiten kann), zu irgendeinem Zeitpunkt der Beschäftigung oder des Rentenbezugs im Gebiet desjenigen Staates wohnen oder gewohnt haben müssen, der das Beschäftigungsland (gewesen) ist, nach dessen Vorschriften später die Rente zu zahlen ist (vgl. EuGH vom 16.07.1992 - C-78/91 in SozR 3-6050 Art.4 Nr.5 zu einem britischen Staatsangehörigen, der mit seinen Familienangehörigen ausschließlich in Irland wohnte, aber ein Beschäftigungsverhältnis in Großbritannien/Nordirland hatte).
4.5 Mit Einwendungen, die sich aus der Rechtsnatur der Leistung Kindergeldzuschlag ergeben, kann die Beklagte nicht gehört werden.
Der Senat ist sich bewusst, dass der Kindergeldzuschlag vom Regelungsinhalt und von der Intention des Gesetzgebers her eine steuerrechtliche und eine sozialrechtliche Komponente hat. Durch das 11. Änderungsgesetz vom 27.06.1985 (BGBl.I, 1251) ist mit Wirkung ab 01.01.1986 der Kindergeldzuschlag in das BKGG a.F. eingeführt worden, wobei die Leistungsvoraussetzungen, ausgenommen der vorausgesetzte Kindergeldbezug, und die Berechnung dem Steuerrecht zu entnehmen sind. Mit dem Kindergeldzuschlag sollen Eltern einen Ausgleich dafür erhalten, die den steuerlichen Kinderfreibetrag wegen der geringen Höhe ihres Einkommens nicht oder nicht in vollem Umfange ausschöpfen können (vgl. Bundestags-Drucksache 10/2886, S.6), wenn also die beabsichtigte steuerliche Entlastung nicht (in vollem Umfang) realisiert werden kann. Konkreter Anlass hierfür war die Erhöhung der steuerlichen Kinderfreibeträge ab 01.01.1986 von 432,00 DM auf 2.484,00 DM pro Kind, die nur denjenigen mit höherem Einkommen zugute kam, wohingegen sich diese Vergünstigung nicht bei Personen mit niedrigerem Einkommen realisieren ließ. Aus politischen Gründen sollten aber die Niedrigverdiener nicht von einer Begünstigung ausgeschlossen werden. Mit der Regelung des § 11a BKGG a.F. wurde nun bewirkt, dass der Berechtigte den Betrag ausbezahlt bekommt, den der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs.6 EStG a.F. bei noch bei hinreichendem Einkommen als Einkommensteuerersparnis bewirken würde.
Eine solche Regelung passte rechtsdogmatisch nicht in das Einkommensteuerrecht, das ja bei der Besteuerung grundsätzlich das "Nehmen" von den vom Bürger erzielten Einkünften in mehr oder weniger großem Umfang (gegebenenfalls also ein "Verschonen" von Besteuerung), aber nicht das "Geben" staatlicher Leistungen, die unmittelbare Subventionierung, vorsieht. Das Gewähren von Leistungen für Kinder aus allgemeinen Steuermitteln zum Zwecke des Familienlastenausgleichs entsprach einer sozialrechtlichen Familienleistung und konnte insoweit in das BKGG eingeordnet werden, wenn auch hier wiederum störend wirkte, dass es sich um eine Vorschrift über einen zweckgerichteten steuerrechtlichen "Vorteilsausgleich" handelte.
Aus der Doppelnatur des § 11a BKGG a.F. als steuerrechtliche und als sozialrechtliche Vorschrift haben die Beklagte und das Sozialgericht einseitig und zu Unrecht Argumente gegen einen Anspruch auf Kindergeldzuschlag für die mit ihren Kindern im Ausland lebenden Rentner abgeleitet; so müsse doch der Gleichklang von Besteuerung (d.h. unbeschränkte Einkommensteuerpflicht des Klägers und der Kinder im Inland) und von steuerrechtlicher Vergünstigung bei Unterhaltsaufwendungen für Kinder gewahrt werden, bzw. fehle es an der inneren Rechtfertigung dafür, dass der Kläger steuerrechtliche Vergünstigungen aus der BRD erhalte, aber nur in Spanien steuerpflichtig sei.
Derartige Argumente mögen aus beschränkt nationaler Sicht ihre Richtigkeit haben, sind jedoch im vorliegenden Streitfall irrelevant. Zum einen ist zu beachten, dass übergeordnetes EG-Recht nicht nach untergeordnetem nationalen Recht ausgelegt werden darf, sondern vielmehr die Auslegung des übergeordneten Rechts (Art.73, 77 EG-VO 1408/71) und die Auswirkung des übergeordneten Rechts auf das nationale Recht absoluten Vorrang hat.
Zum anderen ist auf der Ebene des EG-Rechts die steuerrechtliche Seite des Kindergeldzuschlags ohne Bedeutung. Bei Anwendung des EG-Rechts gilt allein, dass der Kindergeldzuschlag (auch) eine Leistung der sozialen Sicherheit (Familienbeihilfe) im Sinne von Art.4 EG-VO 1408/71 darstellt, und daher die diesbezüglichen Vorschriften Anwendung finden müssen. Wiederholt hat der EuGH bereits ähnliche Fälle entschieden. Im Vordergrund stand hierbei zunächst die Frage, ob eine bestimmte Leistung als Leistung der sozialen Sicherheit oder als anders geartete Leistung (z.B. als Sozialhilfe) zu verstehen ist. Bestand aber eine echte Doppelfunktion, so kam das EG-Recht in vollem Umfang zur Anwendung, und der zweite Aspekt der Leistung, der nur im nationalen Recht Bedeutung hatte, war irrelevant. In diesem Zusammenhang verweist der Senat auf das Urteil des EuGH vom 16.07.1992 - C-78/91 (a.a.O.) zum britischen "family credit" in der Doppelfunktion als Leistung der sozialen Sicherheit nach Art.4 EG-VO 1408/71 und als Anreiz für gering bezahlte, persönlich bedürftige Arbeitnehmer, weiterhin einer Erwerbstätigkeit im Wohnsitzstaat nachzugehen und so nicht in vollem Umfange der Allgemeinheit zur Last zu fallen. Der EuGH sprach hier die Leistung zu, weil sie auch die Kriterien einer Familienbeihilfe erfüllte, und ließ unberücksichtigt, dass der Leistungsbezieher nicht in dem Staat wohnte, der die Leistung gewährte. Unbeachtet blieb, dass der Leistungsberechtigte nicht im leistungsgewährenden Staat einer Beschäftigung nachging und bei Aufgabe der Beschäftigung nicht die vollen Sozialhilfeleistungen des leistungsgewährenden Staates hätte beanspruchen können, mithin der Sinn und Zweck des "family credits" aus nationaler Sicht - jedenfalls in Bezug auf eine Sozialhilfeleistung geringeren Umfangs - verfehlt war und mangels Wohnsitzes und Beschäftigung in diesem Staate nie hätte gewährt werden dürfen. Nicht von Bedeutung war ferner, dass gemäß Art.4 Abs.4 EG-VO 1408/71 die Verordnung nicht auf die Sozialhilfeleistungen anzuwenden ist, mithin in Bezug auf den ersten Aspekt des "family credits" als Leistung der sozialen Sicherheit der sachliche Geltungsbereich der EG-VO 1408/71 zu bejahen (Art.4 Abs.1 EG-VO 1408/71), hinsichtlich des zweiten Aspekts aber zu verneinen war (Art.4 Abs.4 EG-VO 1408/71).
Im vorliegenden Streitfall des Klägers hat jede Argumentation aus dem Sinn und Zweck steuerrechtlicher Normen zu unterbleiben, da es auf die Natur des Kindergeldzuschlags auch als steuerrechtliche Leistung nicht ankommt. Ein derartiges Verhalten der Beklagten ist umso weniger verständlich, als auch das Kindergeld nach dem BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung eine "echte Doppelfunktion" hatte, es aber nie gerechtfertigt erschien, die Leistung des Kindergelds an EG-Angehörige, die weder in ihrer Person noch in Bezug auf die Kinder die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 1 Abs.1 und 3, 2 Abs.5 BKGG a.F. erfüllten, mit der Begründung zu versagen, dass die Leistungsgewährung mit steuerrechtlichen Vorschriften bzw. Grundsätzen nicht vereinbar sei.
Das Kindergeld war bis zum 31.12.1995 nie ausschließlich eine sozialrechtliche Leistung, sondern diente dazu, die von 1975 bis 1982 im EStG gestrichenen Kinderfreibeträge zu ersetzen und die ab 01.01.1983 wieder eingeführten Kinderfreibeträge im erheblichen Umfang zu ergänzen; hier bestand eine enge Verbindung von Sozial- und Steuerrecht (vgl. im Einzelnen BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 in Breithaupt 1990, 663). Gleichwohl ist niemand auf den Gedanken gekommen, im EG-Bereich das Kindergeld mangels Wohnsitzes von Rentnern und Kindern bzw. wegen Fehlens der unbeschränkten Steuerpflicht der genannten Personen ganz oder teilweise zu versagen, weil sie keinen Anspruch auf steuerliche Entlastung (Kinderfreibeträge) in der BRD hätten und trotz fehlender inländischer Steuerpflicht in ungerechtfertigter Weise Leistungen, die wesentlich auf die steuerrechtliche Entlastung abzielten, bezögen.
Beim Kindergeld wie beim Kindergeldzuschlag gilt aber gleichermaßen: Wenn ein Staat als Mitglied der EG Leistungen der sozialen Sicherheit gewährt, hat er die übergeordneten Vorschriften der Gemeinschaft zu beachten; es ist allein Sache des Mitgliedstaats, Unstimmigkeiten in verschiedenen nationalen Rechtsbereichen von vornherein nicht aufkommen zu lassen oder durch geeignete Regelungen - ohne gegen EG-Recht zu verstoßen - zu beseitigen.
4.6 Einem Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag steht auch nicht der Einwand der Beklagten entgegen, das Steuerrecht (EStG) gehöre nicht zum sachlichen Geltungsbereich der EG-VO 1408/71.
Dies ist im Allgemeinen überwiegend zutreffend, nicht aber z.B. in Bezug auf den Kindergeldzuschlag. Art.4 Abs.1 EG-VO 1408/71 bestimmt, dass die Verordnung für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit gilt, die folgende Leistungsarten betreffen: a) ... h) Familienleistungen. Vorliegend geht es um den Kindergeldzuschlag, eine Familienleistung. Alle Rechtsvorschriften, die den Kindergeldzuschlag regeln, sind "sozialrechtliche" Rechtsvorschriften im Sinne der EG-VO 1408/71. Unerheblich ist es, in welchem nationalen Gesetz oder Gesetzen sich die diesbezüglichen Vorschriften befinden. Gemäß Art.1 Buchstabe j EG-VO 1408/71 werden "Rechtsvorschriften" definiert als "in jedem Mitgliedstaat die bestehenden oder künftigen Gesetze, Verordnungen, Satzungen und alle anderen Durchführungsvorschriften im Bezug auf die in Art.4 Abs.1 und 2 genannten Zweige und Systeme der sozialen Sicherheit oder die in Art.4 Abs.2a erfassten beitragsunabhängigen Sonderleistungen".
Damit ist klar bestimmt, dass sich alle Vorschriften, die sich auf eine Familienleistung bzw. Familienbeihilfe "beziehen", Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit sind. Der sachliche Bezug zur Familienbeihilfe, d.h. der Regelungsgehalt, ist maßgebend, nicht aber, ob der leistungsgewährende Staat die Anspruchsvoraussetzungen in einem Gesetz regelt oder Begriffe in diesem Gesetz verwendet, die in anderen Vorschriften näher geregelt sind, oder davon Gebrauch macht, dass das Gesetz zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Familienbeihilfe Bezug auf die Erfüllung von Tatbestandsmerkmalen in anderen Gesetzen nimmt, die auch für andersartige Leistungen oder Vergünstigungen maßgebend sind. Die Gesetzestechnik im Einzelnen ist nicht ausschlaggebend.
Im Übrigen - dies war aber vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich - irrte die Beklagte auch insoweit, als der EuGH im Rahmen der Leistungen nach der EG-VO 1408/71 Einwirkungsmöglichkeiten auch auf nationale Rechtsvorschriften hat, die selbst nicht Leistungen der sozialen Sicherheit regeln, aber im Bezug auf diese Leistungen EG-Angehörige unmittelbar oder mittelbar diskriminieren oder/und gegen Art.48 EWG-Vertrag und Art.7 Abs.2 EG-VO 1612/68 (Gewährung der gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen für inländische und ausländische Arbeitnehmer) verstoßen. Hierzu weist der Senat auf die zahlreichen Urteilszitate im Schriftsatz der Kommission vom 03.11.1993 zur Rechtssache C-321/93 sowie in Schmidt, EStG, Aufl.1998, Rdz.5 zu § 1) hin.
4.7 Letzten Endes greift auch nicht der Einwand der Beklagten, der Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag werde nicht durch das EStG ausgeschlossen, sondern durch das DS-Abkommen, insoweit könne ein Verstoß gegen EG-Recht nicht vorliegen.
Das Argument ist bereits insoweit schief, als auf nationaler Ebene der Anspruch des Klägers auf Kindergeldzuschlag in erster Linie durch die Vorschriften des EStG ausgeschlossen ist. Wird das DS-Abkommen hinweggedacht, wäre mangels Wohnsitzes des Klägers und seiner Kinder im Inland die unbeschränkte Steuerpflicht dieser Personen nicht gegeben, im Übrigen auch nicht die eingeschränkte Steuerpflicht. Das DS-Abkommen besagt auch nichts anderes.
Nur wenn bejaht wird, dass Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 den von nationalen Vorschriften geforderten Wohnsitz im Inland durch den Wohnsitz im EG-Bereich erweitert, wäre die unbeschränkte Steuerpflicht im Sinne von §§ 1, 26, 32 EStG gegeben. Erst wenn die Beklagte diesen Schritt vollzieht, stellt sich die weitere Frage, welche Auswirkung es hat, dass nunmehr Art.21 DS-Abkommen bestimmt, dass hinsichtlich der Rente des Klägers nur ein Besteuerungsrecht des Spanischen Staates besteht, weil der Kläger dort wohnhaft ist. Möglicherweise meinte die Beklagte hier, der Effekt des Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, dass der Kläger hinsichtlich Familienleistungen wie ein in der BRD wohnender Rentner zu behandeln ist, werde wieder durch das DS-Abkommen aufgehoben. Gegen eine solche Meinung der Beklagten wäre auszuführen, dass weder das nationale Recht noch zwischenstaatliches Recht (Vereinbarungen allein zwischen zwei oder mehr EG-Staaten) bzw. die nationalen Rechte, die in diesen Staaten als Folge eines solchen Abkommens entstehen, höherrangiges EG-Recht durchbrechen. Vielmehr wirkt das EG-Recht, hier Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71 (einschließlich seiner Auslegung) auch auf solche Regelungen ein. Im Übrigen hat Art.21 DS-Abkommen vorliegend im Endergebnis nicht mehr Bedeutung als ein anderes Gesetz, das der deutsche Gesetzgeber erlassen hat.
Das Doppelbesteuerungsabkommen wird erst mit Ratifizierung in beiden Staaten wirksam (Art.29 DS-Abkommen), d.h. die vereinbarten Regelungen werden dann zu zwischenstaatlichem Recht, das den nationalen Gesetzen als übergeordnetes und spezielles Recht vorgeht. In der BRD ist für die Ratifizierung die Zustimmung des Bundestags durch Gesetz vorgesehen. Die Normen des DS-Abkommens - letztlich im Rang von Gesetzen - müssen mit höherrangigen Normen (der EG) vereinbar sein und unterliegen auch insoweit der Nachprüfung. Ebenso hat das EG-Recht im Bereich der nationalen Gesetze (einschließlich des zwischenstaatlichen Rechts) über Leistungen der sozialen Sicherheit (Art.4 Abs.1 EG-VO 1408/71, gleich wo sich diese Regelungen befinden, abändernde bzw. erweiternde Wirkung (zur Verdrängung zwischenstaatlicher Abkommen durch EG-Recht Stahlberg, Europäisches Sozialrecht, S.192 ff.).
Die Beklagte hat bei ihrer Argumentation nicht beachtet, dass § 11a BKGG a.F. nicht allein auf die Vorschriften des EStG Bezug nimmt, sondern auf alle steuerrechtlichen Normen, die etwas darüber aussagen, ob "dem Berechtigten der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs.6 EStG zusteht", damit gegebenenfalls auch auf das DS-Abkommen, sofern es Einfluss auf den Kindergeldzuschlag wegen des Wohnsitzes des Klägers nimmt. Alle nationalen Vorschriften, die den Anspruch auf Kindergeldzuschlag regeln, unterliegen damit von vornherein dem Art.77 Abs.2 EG-VO 1408/71, der die erweiternde Gewährung der Familienbeihilfe im gesamten EG-Bereich normiert.
Steuerrechtliche Ungereimtheiten, die bei der Ausführung des Art.77 Abs.2 EG-VO auftreten, sind hinzunehmen und bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Familienbeihilfe nicht zu berücksichtigen. Die steuerlichen Ungereimtheiten hat ohnehin meist der Nationalstaat infolge einer nicht sachgemäßen Gesetzgebung (s. oben zur unglücklichen Doppelnatur des Kindergeldzuschlags) oder einer in Bezug auf Art.48 EWG-Vertrag, Art.7 Abs.2 EG-VO 1612/68 bedenklichen Gesetzgebung zu vertreten. Im Übrigen steht es dem betroffenen EG-Staat bzw. zwei durch Abkommen verbundenen Vertragsstaaten frei, die steuerrechtliche Seite entsprechend der sozialrechtlichen Seite, die vom übergeordneten Recht bestimmt wird, zu gestalten oder eine andere Regelung der Familienbeihilfe, die aber gemeinschaftsverträglich sein muss, herbeizuführen. Dies hat der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Kindergeldrechts, die auch aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich gewesen ist, für die Zeit ab 01.01.1996 gestrichen und das Kindergeld - bei Vorliegen und bei Fehlen der unbeschränkten Steuerpflicht unter Berücksichtigung der Kriterien, die der EuGH vorgegeben hatte - als sozialrechtliches Kindergeld (BKGG n.F.) und als steuerrechtliches Kindergeld (EStG n.F.) geregelt worden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber das EStG in Bezug auf eine mit dem EG-Recht vereinbare steuerrechtliche Regelung auch anderweitig geändert und § 1a EStG (fiktive unbeschränkte Steuerpflicht von EU- und EWR-Angehörigen) eingeführt hat. Insgesamt gesehen wurde also nicht nur "anerkannt", sondern auch nachvollzogen, dass alle im übergeordneten EG-Recht angesprochenen Leistungen der sozialen Sicherheit nicht durch an den nationalen Wohnsitz anknüpfende einkommensteuerrechtliche Regelungen beeinträchtigt werden dürfen und im Übrigen auch nicht eine unmittelbare oder versteckte Diskriminierung erlaubt ist.
Daher war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG das erstinstanzliche Urteil abzuändern und der Berufung des Klägers stattzugeben.
Gründe für die Vorlage einer Rechtsfrage an den EuGH, die eine Sachentscheidung hindern könnten, hat der Senat nicht gesehen. Insbesondere hängt der vorliegende Rechtsstreit nicht von der Gültigkeit einer nationalen Vorschrift ab, sondern der Rechts- territorialen Geltungsbereich nationaler Vorschriften über Familienbeihilfen erweitert. Insoweit hat sich der EuGH in mehreren Entscheidungen zu den maßgebenden Rechtsgrundsätzen bereits geäußert.
Ebenso wenig sind dem Senat Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG ersichtlich. Eine Divergenzentscheidung ist nicht bekannt. Eine grundsätzliche Rechtsfrage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Zu anfänglich bestehenden Zweifelsfragen - das BSG hatte insoweit Veranlassung zur Vorlage einer Rechtsfrage an den EuGH gesehen, wobei es aber wegen des Verhaltens der Beklagten (Klaglosstellung) nicht zu einer Entscheidung gekommen ist - hat sich der EuGH zwischenzeitlich anderweitig geäußert.
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