L 4 KR 101/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 577/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 101/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist Krankengeld ab 20.07.1996 bis zum Ende der gesetzlichen Bezugsdauer in der 4. Blockfrist.

Der am 1948 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Er war zuletzt (ab 01.10.1996) Verputzer und beendete die Tätigkeit durch Kündigung des Arbeitgebers am 17.12.1996.

Der Kläger erhielt in der dritten vom 20.07.1993 bis 19.07.1996 laufenden Blockfrist wegen Arbeitsunfähigkeit vom 20.07.1993 bis 20.02.1996 für 643 Tage Krankengeld. Er bezog Leistungen nach dem AFG vom 25.10.1993 bis 09.03.1994, 25.04.1994 bis 30.04.1994, 18.12.1995 bis 27.12.1995, 26.01.1996 bis 21.08. 1996 - das Leistungsende wurde mit Bescheid vom 27.08.1996 auf den 12.08.1996 korrigiert -, vom 04.09.1996 bis 23.09.1996 und vom 11.10.1996 bis 17.10.1996. Er erhielt Lohnfortzahlung vom 29.01. bis 20.02.1996 und befand sich davor vom 28.12.1995 bis 25.01.1996 auf Kur und bezog während dieser Zeit Übergangsgeld.

In der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 30.01.1996 wurde Arbeitsunfähigkeit vom 29.01.1996 bis 20.02.1996 wegen Bronchitis, Diabetes mellitus und Polyneuropathie angegeben. Mit Schreiben vom 01.03.1996 teilte die Beklagte dem Kläger das Ende des Krankengeldes zum 18.02.1996 mit und erläuterte die anrechenbaren Zeiträume in der dritten Blockfrist. Mit der ärztlichen Bescheinigung vom 02.07.1996 wurde Arbeitsunfähigkeit wiederum wegen Polyneuropathie, Diabetes mellitus sowie Coronarinsuffizienz und akuter Lumbalgie festgestellt.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit Bescheid vom 30.08.1996 mit, dass während des Bezugs von Übergangsgeld der Anspruch auf Krankengeld geruht habe und dass für die Erkrankung vom 02.07. 1996 nur noch ein Anspruch auf Krankengeld für einen Tag bestehe; für diesen Tag ruhe das Krankengeld wegen des Erhalts von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Nach dem Beginn des neuen Drei-Jahres-Zeitraums entstehe ein neuer Anspruch auf Krankengeld nicht, da in der Zwischenzeit vom Ende des Krankengeldanspruchs (02.07.1996) die Voraussetzungen des § 48 Abs.2 Sozialgesetzbuch V (SGB V) nicht erfüllt seien.

Dr.K. stellte mit der Bescheinigung vom 17.12.1996 fest, dass bei dem Kläger Arbeitsunfähigkeit vom 16.12. bis 19.12.1996 wegen akuter Bronchitis und grippalen Infekts vorliege. Er erstellte Folgebescheinigungen vom 20.12.1996, 13.01.1997, 03.02.1997, 25.02.1997 und 24.03.1997; als Diagnosen wurden Bronchitis und diabetische Polyneuritis angegeben.

Bereits am 04.02.1997 hatte der Kläger beim Sozialgericht München (SG) Klage auf Zahlung von Krankengeld vom 21.08.1996 bis 04.09.1996 erhoben. Das SG setzte am 27.05.1997 das Verfahren bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheides aus.

Die Beklagte hatte mit den Bescheiden vom 10.03.1997 und 10.06.1997 ein weiteres Mal die Beendigung des Krankengeldes mit dem 02.07.1996 festgestellt und dem Kläger die anrechenbaren Zeiten der Erkrankungen in der dritten Blockfrist erläutert. In der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 16.06.1997 hat der Internist Dr.D. angegeben, dass bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit der Diabetes und die Polyneuropathie als Krankheiten relevant seien. Die Beklagte hat den Kläger am 19.06.1997 angehört und mit Bescheid vom 14.07.1997 daraufhin aufgrund der Erkrankung vom 16.12.1996 Krankengeld wieder unter Bezugnahme auf § 48 Abs.2 SGB V abgelehnt. Der Kläger hat dagegen am 25.07.1997 Widerspruch eingelegt. Er hat dem SG mit Schreiben vom 08.10. 1997 mitgeteilt, er habe am 31.05.1995 einen Arbeitsunfall erlitten und dies der Berufsgenossenschaft gemeldet; es handele sich somit nicht um dieselbe Erkrankung, von der die Beklagte zu Unrecht ausgehe. Er hat nach Angaben der Beklagten ab 28.11.1997 wieder Krankengeld bezogen.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 02.12.1997 den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurückgewiesen, in der vom 20.07.1996 bis 19.07.1999 dauernden Rahmenfrist bestehe für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen hätten, ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit nur, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig gewesen seien und einer Erwerbstätigkeit nachgingen oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden hätten. Der Kläger sei am 02.07.1996 erneut arbeitsunfähig wegen eines Leidens geworden, für das er bereits 78 Wochen im letzten Dreijahreszeitraum Krankengeld bezogen habe. Gleiches gelte im Ergebnis für die am 16.12.1996 eingetretene Arbeitsunfähigkeit.

Das SG hat am 23.07.1998 in dem unter dem Az.: S 18 KR 36/97 anhängig gemachten Rechtsstreit einen Erörterungstermin gehalten, in dem die Beklagte bezüglich des geltend gemachten Krankengeldanspruchs vom 21.08. bis 04.09.1996 den Erlass eines Bescheides zugesagt hat und die Beteiligten sich einig gewesen sind, dass der Rechtsstreit damit erledigt ist.

Der Kläger hat am 03.08.1998 beim SG Klage "gegen die Niederschrift in dem Rechtsstreit S 18 KR 36/97 vom 23.07.1998" erhoben (S 18 KR 403/98). Er hat am 28.10.1998 beim SG eine weitere Klage gegen den angeblich am 26.10.1998 erhaltenen Widerspruchsbescheid erhoben und hier angegeben, er sei am Ellenbogen erkrankt (S 18 KR 577/98).

Das SG hat am 30.03.2000 in beiden Streitsachen eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der der Kläger unter Beiziehung einer Dolmetscherin erklärt hat, seine Klage richte sich ausschließlich gegen den Widerspruchsbescheid vom 02.12.1997; alle anderen Verfahren seien erledigt. Er hat sodann beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm auch in der vierten Rahmenfrist Krankengeld nach Maßgabe der ärztlichen Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit zu zahlen. Das SG hat die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 11.08.2000, mit der er wieder geltend macht, er habe einen weiteren Anspruch auf Krankengeld wegen des Arbeitsunfalls; dieser Unfall und der Diabetes mellitus seien nicht dieselben Krankheiten, die früher zur Arbeitsunfähigkeit geführt hätten. Dies sei durch ein Sachverständigengutachten zu klären.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 30.08.1996, 10.03.1997, 10.06.1997 und 14.07.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.12.1997 sowie unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 30.03.2000 zu verurteilen, ihm ab 02.07.1996 Krankengeld für die Höchstbezugsdauer zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist statthaft, da sie wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§§ 143, 144 Abs.1 Satz 2 SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch mehr auf Krankengeld in der dritten Blockfrist, die vom 20.07.1993 bis 19.07.1996 gedauert hat. Nach § 48 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V) erhalten Versicherte Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert. Die Beklagte hat zuletzt im Bescheid vom 10.06.1997 erläutert, dass auf diese Rahmenfrist die Zeiten der Erkrankungen vom 20.07.1993 bis 24.10.1993 (97 Tage), vom 15.11.1993 bis 03.12.1993 (19 Tage), am 09.12.1994 (1 Tag), vom 15.12.1994 bis 25.01.1996 (407 Tage) und vom 29.01.1996 bis 20.02.1996 (23 Tage) anzurechnen waren. Daraus ergibt sich insgesamt eine anrechenbare Zeit von 547 Tagen. Diese Feststellung ist vom Kläger nicht angegriffen worden.

Er hat in dieser dritten Blockfrist keinen weiteren Anspruch auf Krankengeld, weil die Höchstbezugsdauer von 78 Wochen bzw. 546 Kalendertagen bereits ausgeschöpft ist. Denn die oben genannten anrechenbaren Zeiten ergeben bereits 547 Kalendertage. Auf die Leistungsdauer von 78 Wochen je Dreijahreszeitraum werden Zeiten des Bezugs von Krankengeld angerechnet, wenn der Anspruch mindestens teilweise besteht sowie auch Zeiten, in denen der Anspruch nach § 49 SGB V ruht.

Selbst wenn die Höchstbezugsdauer noch nicht ausgeschöpft wäre, hätte er ab 02.07.1996 keinen Anspruch auf Krankengeld, weil wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld der Anspruch auf Krankengeld geruht hat (§ 49 Abs.1 Nr.3a SGB V). Auch der vom Kläger angegebene "Arbeitsunfall" vom 31.05.1995 kann hieran nichts ändern. Abgesehen davon, dass es an entsprechenden ärztlichen Feststellungen fehlt, die Krankheit somit nicht nachgewiesen ist, ist eine entsprechende Meldung vom Kläger erst ab 08.10. 1997 anzunehmen, so dass auch insoweit von einem Ruhen eines Anspruchs auf Krankengeld ausgegangen werden muss (§ 49 Abs.1 Nr.5 SGB V). Ferner ist zu berücksichtigen, dass die angebliche Erkrankung in die Arbeitsunfähigkeitszeit vom 15.12.1994 bis 25.01.1996 fällt. Hätte der Kläger hierfür Verletztengeld der Berufsgenossenschaft erhalten, würde dies gleichfalls zu einem Ruhen des Krankengeldanspruchs führen (§ 49 Abs.1 Nr.3a SGB V).

Ebensowenig hat der Kläger einen Anspruch auf Krankengeld in der vierten Blockfrist, die vom 20.07.1996 bis 19.07.1999 gedauert hat. Denn einem Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs aufgrund der vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen steht § 48 Abs.2 SGB V entgegen. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift besteht für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben, nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate 1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und 2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen. Diese Bestimmung bezweckt, den Anreiz zu beseitigen, das Krankengeld als ununterbrochene Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 29.09.1998 BSGE 83, 7) ist die Vorschrift auf alle Versicherten anwendbar, deren Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit in früheren Blockfristen ausgeschöpft worden ist.

Die Voraussetzungen des § 48 Abs.2 SGB V liegen insgesamt nicht vor. Denn dem Kläger wurde mit den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 09.08.1996, 16.11.1996 sowie den Folgebescheinigungen Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit bescheinigt. Dies ergibt sich aus den angegebenen Diagnosen sowie aus der Stellungnahme des MDK. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 02.07.1996 enthält die Diagnosen Polyneuropathie, Koronarinsuffzienz, Lumbalgie und Diabetes mellitus. In der vierten Blockfrist sind in der Bescheinigung vom 09.08.1996 gleichfalls u.a. die Diagnosen Diabetes, Polyneuritis und Koronarinsuffizienz enthalten; den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 20.12.1996 und 13.01.1997 sind die Diagnosen diabetische Poly- neuropathie bzw. Polyneuritis zu entnehmen. Auch die am 17.12. 1996 von Dr. K. diagnostizierte und zur Arbeitsunfähigkeit führende Bronchitis zählt zu "derselben Krankheit", die in der 3. Blockfrist bereits zu den anderen hinzugetreten war. Wegen all dieser Erkrankungen hat der Arzt Arbeitsunfähigkeit bis 31.01.1997 bescheinigt.

Daran ändert auch der vom Kläger behauptete Arbeitsunfall vom 31.05.1996 nichts, da es insoweit an einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fehlt. Selbst wenn eine derartige Erkrankung nachgewiesen wäre, läge in der neuen Blockfrist immer noch dieselbe Krankheit vor. Dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 SGB V bedeutet soviel wie ein einheitliches Krankheitsgeschehen im ursächlichen Sinne. Es kommt nicht auf das Erscheinungsbild oder die Erscheinungsformen der Krankheit an (BSG a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Es genügt daher, dass ein nicht ausgeheiltes Grundleiden, d.h. eine nicht behobene Krankheitsursache, Krankheitsschübe bewirkt.

Abgesehen davon fehlt bezüglich der Arbeitsunfähigkeitsmeldungen vom 09.08.1996, 16.12.1996 und 20.12.1996 die weitere Voraussetzung des § 48 Abs.2 Nr.1 SGB V, nämlich ein Zeitraum von sechs Monaten, in dem keine Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit vorgelegen hat. Die Tätigkeit als Verputzer vom 01.10.1996 bis 13.01.1997 reicht für die Erfüllung des § 48 Abs.2 Nr.2 SGB V nicht aus.

Da weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach dem 24.03. 1997 und vor dem Beginn des Krankengeldes am 28.11.1997 nicht vorhanden sind, fehlt es an einem entsprechenden Nachweis der Leistungsvoraussetzung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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