Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KR 104/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 113/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30. April 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenübernahme für eine Auslandsbehandlung.
Der am 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig versichert. Er leidet nach seinen Angaben an einer Hypoglykämie, Amalgamvergiftung bzw. -allergie, einem Chronic Fatigue Syndrome (CFS), einer multiplen chemischen Sensibilität (MCS) und einer Elektrosensibilität.
Er beantragte erstmals am 26.08.1997 die Kostenübernahme für das Legen einer PEG-Sonde (PEG = Abkürzung für perkutane en- doskopische Gastrostomie) sowie lebenslange künstliche Ernährung. Mit Schreiben vom 08.12.1997 teilte die Beklagte mit, Kosten einer enteralen Ernährung könnten nur in bestimmten Ausnahmefällen übernommen werden; hierfür sei eine ärztliche Bescheinigung erforderlich, aus der die medizinische Notwendigkeit der Versorgung mit Sondennahrung hervorgehe. Mit Schreiben vom 16.02.1998 antwortete der Kläger, diese Bescheinigung könne nur aufgrund einer Untersuchung und Diagnose im American Biologics-Mexico Hospital and Medical-Center, 1180 Walnut Avenue, Tijuana/Mexico ausgestellt werden; er beantrage gleichfalls die Übernahme der entsprechenden Kosten.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.02.1998 die Übernahme der Kosten für die Untersuchung in diesem Krankenhaus in Mexiko als unwirtschaftlich ab und mit Bescheid vom 02.03. 1998 auch die Kostenübernahme für die künstliche Ernährung mittels der PEG-Sonde. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch holte sie eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Dr.P.) vom 06.05.1998 ein. Die Gutachterin verneinte die Notwendigkeit der beantragten Behandlung in Mexiko; das Legen einer PEG-Sonde sei in nahezu allen Krankenhäusern des Großraums Nürnberg eine Routineleistung. Eine medizinische Indikation zur Ernährung mittels PEG-Sonde sei nicht gegeben. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.1998 mit dieser Begründung den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat mit der Klage vom 09.06.1998 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) geltend gemacht, er benötige zur Behandlung der Erkrankungen, insbesondere der Hypoglykämie, der CFS und des MCS die beantragte Behandlung; die ärztliche Versorgung an den Universitätskliniken in Erlangen sei unzureichend. Die Beklagte hat auf die mehrmaligen Behauptungen des Klägers, er leide an den oben genannten Erkrankungen, ein weiteres Gutachten des MDK (Dr.P.) vom 13.10.1998 eingeholt. Darin ist die Gutachterin zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger leide an diffusen Angststörungen mit Somatisation; nicht belegt seien eine Amalgamintoxikation bzw. -allergie, PCB-Vergiftung, allergische Diathese, systemische Candidamykose, MCS, CFS und Elektrosensibilität. Die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung in dem Krankenhaus in Tijuana (Mexiko) und die Indikation für das Legen einer PEG-Sonde bestünden nicht. Der Kläger könne ambulant zur Kontrolle der Mundschleimhaut in der Dermatologischen Universitätsklinik Erlangen oder in der Umweltambulanz der Universität München behandelt werden. Der Kläger hat daraufhin ein Attest des Allgemeinarztes Dr.B. vom 09.11.1999 vorgelegt, wonach er an einem MCS-Syndrom, Allergien vom Typ IV und einer Hypoglykämie leide.
Das SG hat mit Urteil vom 30.04.2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Behauptungen des Klägers, dass sich im Rahmen des vom Sach- bzw. Dienstleistungssystem geprägten Krankenversicherungswesens der Bundesrepublik Deutschland kein Vertragsarzt bzw. kein zugelassenes Krankenhaus finde, das die Notwendigkeit einer Versorgung mit einer PEG-Sonde bzw. die Notwendigkeit einer Sondenernährung feststellen und deshalb eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nicht stattfinden könne, seien nicht nachvollziehbar. Es fehle auch an einer ärztlichen Verordnung für die Übernahme der Kosten der Sondenernährung.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 23.07.2001. Er hat mit Schriftsatz vom 24.08.2001 unter anderem geltend gemacht, die Schädigung seiner Gesundheit durch die deutsche Schulmedizin sei amtsbekannt und anerkannt und er sei teilweise schweren Diskriminierungen durch die deutsche Schulmedizin ausgesetzt. Er habe das Grundrecht der freien Meinung und Weltanschauung und müsse nicht die Ansicht der Schulmedizin teilen. Eine entsprechende Behandlung seiner Erkrankungen sei in Deutschland nicht möglich. Die Beklagte müsse daher mit sofortiger Wirkung sämtliche Kosten für die Überfahrt, Unterkunft, Behandlung und Untersuchung sowie der Weiterüberweisungen in der benannten Klinik in Mexiko übernehmen. Der Senat hat hierin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gesehen und mit Beschluss vom 13.09.2001 diesen Antrag abgelehnt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.04.2001 und der Bescheide vom 18.02.1998 und 02.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1998 zu verurteilen, die Kosten einer Behandlung im American Biologics - Mexico Hospital and Medical-Center in Tijuana/Mexiko sowie einer lebenslangen Sondenernährung zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung - es geht hier allein um eine Zahlungspflicht der Krankenkasse und nicht um das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art.5 Abs.1 GG) ist § 18 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V).
Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Es handelt sich hier um eine Ermessensleistung. Die Ausübung des Ermessens durch die Beklagte ist rechtlich einwandfrei (§ 54 Abs.2 Satz 2 SGG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werden Auslandsbehandlungen durch § 18 Abs.1 SGB V insoweit in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen einbezogen, als es darum geht, Defizite der medizinischen Versorgung im Inland auszugleichen (z.B. Urteil vom 16.06.1999 BSGE 84, 90 ff. mit weiteren Nachweisen). Das BSG hat hier für Recht erkannt, dass die Krankenkasse Kosten einer Auslandsbehandlung nicht übernehmen darf, wenn eine andere, gleichen oder ähnlichen Erfolg versprechende Behandlung der Krankheit im Inland möglich ist. Eine Krankenkasse darf die Kosten einer im Ausland durchgeführten Therapie gemäß § 18 Abs.1 SGB V nur übernehmen, wenn für die betreffende Krankheit im Inland überhaupt keine, also auch keine andere Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse genügt. Die Notwendigkeit einer Auslandsbehandlung ist zu verneinen, wenn zwar eine bestimmte, vom Versicherten bevorzugte Therapie nur im Ausland erhältlich ist, im Inland aber andere, gleich oder ähnlich wirksame und damit zumutbare Behandlungsmöglichkeiten erhältlich sind. Die Inlandsbehandlung ist auch dann vorrangig, wenn das Leistungsangebot im Ausland wegen einer besonders modernen technischen Ausstattung eines Krankenhauses oder wegen des auch international herausragenden fachlichen Rufs des dortigen Arztes eine überdurchschnittliche Qualität aufweist.
Grundlegende Voraussetzung für einen Anspruch auf Krankenbehandlung ist zwar das Tatbestandsmerkmal einer Erkrankung im Sinne des SGB V (§ 27 Abs.1 SGB V). Das Vorliegen von Erkrankungen, die insbesondere durch Umweltschäden verursacht sein sollen, ist im vorliegenden Fall streitig. Dies muss hier aber vom Senat nicht geklärt werden - daher sind auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. Ermittlungen bei dem Krankenhaus in Mexiko nicht erforderlich -, weil der vom Kläger geltend gemachte Anspruch schon aus den nachfolgend genannten Gründen nicht besteht. Die von ihm vorgelegte Bescheinigung des Dr.B. vom 09.11.1999 hat, soweit sie in Zusammenhang mit der geltend gemachten Auslandsbehandlung zu bringen ist, keinen Erkenntnis- und Beweiswert. In diesem Attest werden die behaupteten Erkrankungen nicht durch Befunde belegt und es ergibt sich hieraus nicht die Notwendigkeit einer Behandlung in dem vom Kläger genannten Krankenhaus in Mexiko. Überdies zieht Dr.B. aus den behaupteten Diagnosen lediglich den Schluss, dass der Kläger berufsunfähig sei. Darauf kommt aber es hier nicht an.
Die Behandlung in der vom Kläger genannten Klinik in Mexiko, wenn der Senat die Existenz dieser Einrichtung und ihre Geeignetheit für die vom Kläger behaupteten Erkrankungen unterstellt, kommt schon deswegen nicht in Frage, weil nicht ersichtlich und belegt ist, weshalb dieses Krankenhaus, aber nicht die inländischen zugelassenen Leistungserbringer in der Lage sind, die angeblichen Krankheiten geeignet und zweckmäßig zu behandeln (§ 12 Abs.1 SGB V). Unterlagen über dieses Krankenhaus und dessen Angebot an medizinischen Leistungen hat der Kläger nicht vorgelegt. Solche von Amts wegen einzuholen, besteht angesichts der bestehenden Situation kein Anlass.
Aufgrund der von der Beklagten eingeholten Gutachten ist ausreichend nachgewiesen, dass die Untersuchung und Behandlung der vom Kläger behaupteten Erkrankungen auch im Inland durch zugelassene Ärzte und Krankenhäuser möglich ist. Insbesondere ist danach das Legen einer PEG-Sonde eine ärztliche "Routineleistung" der in der näheren Umgebung des Klägers gelegenen Krankenhäuser. Der Senat entscheidet hier aber nicht darüber, ob diese ärztliche Maßnahme überhaupt medizinisch indiziert ist. Zur weiteren Behandlung der angeblich durch Umweltschäden verursachten Erkrankungen des Klägers, die gleichfalls nicht ausreichend nachgewiesen sind, kommt nach dem Gutachten des MDK vom 13.10.1998 unter anderem die Behandlung in der Umweltambulanz einer Universitätsklinik in München in Frage. Die Ablehnung war somit frei von Ermessensfehlern.
Der Kläger kann auch nicht mit Recht verlangen, dass die Beklagte ihm eine lebenslängliche Sondennahrung bewilligt bzw. ihn von den hierfür anfallenden Kosten freistellt. Falls er davon ausgeht, diese Maßnahme sei gleichfalls nur in der von ihm genannten Klinik in Mexiko möglich, gelten die obigen Ausführungen zu § 18 SGB V entsprechend. Sollte er jedoch der Ansicht sein, dass die Ernährung mit der Sonde im Inland durchgeführt werden müsse, fehlt es, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, an einer entsprechenden vertragsärztlichen Verordnung. Denn der Anspruch auf Versorgung mit Sondennahrung beurteilt sich nach § 31 Abs.1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat in den Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden. Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist unter anderem, dass eine entsprechende vertragsärztliche Verordnung ergeht (§ 73 Abs.2 Nr.7 SGB V). Eine derartige Verordnung liegt hier nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenübernahme für eine Auslandsbehandlung.
Der am 1960 geborene Kläger ist bei der Beklagten freiwillig versichert. Er leidet nach seinen Angaben an einer Hypoglykämie, Amalgamvergiftung bzw. -allergie, einem Chronic Fatigue Syndrome (CFS), einer multiplen chemischen Sensibilität (MCS) und einer Elektrosensibilität.
Er beantragte erstmals am 26.08.1997 die Kostenübernahme für das Legen einer PEG-Sonde (PEG = Abkürzung für perkutane en- doskopische Gastrostomie) sowie lebenslange künstliche Ernährung. Mit Schreiben vom 08.12.1997 teilte die Beklagte mit, Kosten einer enteralen Ernährung könnten nur in bestimmten Ausnahmefällen übernommen werden; hierfür sei eine ärztliche Bescheinigung erforderlich, aus der die medizinische Notwendigkeit der Versorgung mit Sondennahrung hervorgehe. Mit Schreiben vom 16.02.1998 antwortete der Kläger, diese Bescheinigung könne nur aufgrund einer Untersuchung und Diagnose im American Biologics-Mexico Hospital and Medical-Center, 1180 Walnut Avenue, Tijuana/Mexico ausgestellt werden; er beantrage gleichfalls die Übernahme der entsprechenden Kosten.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18.02.1998 die Übernahme der Kosten für die Untersuchung in diesem Krankenhaus in Mexiko als unwirtschaftlich ab und mit Bescheid vom 02.03. 1998 auch die Kostenübernahme für die künstliche Ernährung mittels der PEG-Sonde. Auf den dagegen eingelegten Widerspruch holte sie eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Dr.P.) vom 06.05.1998 ein. Die Gutachterin verneinte die Notwendigkeit der beantragten Behandlung in Mexiko; das Legen einer PEG-Sonde sei in nahezu allen Krankenhäusern des Großraums Nürnberg eine Routineleistung. Eine medizinische Indikation zur Ernährung mittels PEG-Sonde sei nicht gegeben. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.1998 mit dieser Begründung den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat mit der Klage vom 09.06.1998 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) geltend gemacht, er benötige zur Behandlung der Erkrankungen, insbesondere der Hypoglykämie, der CFS und des MCS die beantragte Behandlung; die ärztliche Versorgung an den Universitätskliniken in Erlangen sei unzureichend. Die Beklagte hat auf die mehrmaligen Behauptungen des Klägers, er leide an den oben genannten Erkrankungen, ein weiteres Gutachten des MDK (Dr.P.) vom 13.10.1998 eingeholt. Darin ist die Gutachterin zu dem Ergebnis gelangt, der Kläger leide an diffusen Angststörungen mit Somatisation; nicht belegt seien eine Amalgamintoxikation bzw. -allergie, PCB-Vergiftung, allergische Diathese, systemische Candidamykose, MCS, CFS und Elektrosensibilität. Die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung in dem Krankenhaus in Tijuana (Mexiko) und die Indikation für das Legen einer PEG-Sonde bestünden nicht. Der Kläger könne ambulant zur Kontrolle der Mundschleimhaut in der Dermatologischen Universitätsklinik Erlangen oder in der Umweltambulanz der Universität München behandelt werden. Der Kläger hat daraufhin ein Attest des Allgemeinarztes Dr.B. vom 09.11.1999 vorgelegt, wonach er an einem MCS-Syndrom, Allergien vom Typ IV und einer Hypoglykämie leide.
Das SG hat mit Urteil vom 30.04.2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Behauptungen des Klägers, dass sich im Rahmen des vom Sach- bzw. Dienstleistungssystem geprägten Krankenversicherungswesens der Bundesrepublik Deutschland kein Vertragsarzt bzw. kein zugelassenes Krankenhaus finde, das die Notwendigkeit einer Versorgung mit einer PEG-Sonde bzw. die Notwendigkeit einer Sondenernährung feststellen und deshalb eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung nicht stattfinden könne, seien nicht nachvollziehbar. Es fehle auch an einer ärztlichen Verordnung für die Übernahme der Kosten der Sondenernährung.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 23.07.2001. Er hat mit Schriftsatz vom 24.08.2001 unter anderem geltend gemacht, die Schädigung seiner Gesundheit durch die deutsche Schulmedizin sei amtsbekannt und anerkannt und er sei teilweise schweren Diskriminierungen durch die deutsche Schulmedizin ausgesetzt. Er habe das Grundrecht der freien Meinung und Weltanschauung und müsse nicht die Ansicht der Schulmedizin teilen. Eine entsprechende Behandlung seiner Erkrankungen sei in Deutschland nicht möglich. Die Beklagte müsse daher mit sofortiger Wirkung sämtliche Kosten für die Überfahrt, Unterkunft, Behandlung und Untersuchung sowie der Weiterüberweisungen in der benannten Klinik in Mexiko übernehmen. Der Senat hat hierin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gesehen und mit Beschluss vom 13.09.2001 diesen Antrag abgelehnt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.04.2001 und der Bescheide vom 18.02.1998 und 02.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1998 zu verurteilen, die Kosten einer Behandlung im American Biologics - Mexico Hospital and Medical-Center in Tijuana/Mexiko sowie einer lebenslangen Sondenernährung zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung (§§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist unbegründet.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung - es geht hier allein um eine Zahlungspflicht der Krankenkasse und nicht um das Grundrecht der freien Meinungsäußerung (Art.5 Abs.1 GG) ist § 18 Abs.1 Sozialgesetzbuch V (SGB V).
Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Es handelt sich hier um eine Ermessensleistung. Die Ausübung des Ermessens durch die Beklagte ist rechtlich einwandfrei (§ 54 Abs.2 Satz 2 SGG).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werden Auslandsbehandlungen durch § 18 Abs.1 SGB V insoweit in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen einbezogen, als es darum geht, Defizite der medizinischen Versorgung im Inland auszugleichen (z.B. Urteil vom 16.06.1999 BSGE 84, 90 ff. mit weiteren Nachweisen). Das BSG hat hier für Recht erkannt, dass die Krankenkasse Kosten einer Auslandsbehandlung nicht übernehmen darf, wenn eine andere, gleichen oder ähnlichen Erfolg versprechende Behandlung der Krankheit im Inland möglich ist. Eine Krankenkasse darf die Kosten einer im Ausland durchgeführten Therapie gemäß § 18 Abs.1 SGB V nur übernehmen, wenn für die betreffende Krankheit im Inland überhaupt keine, also auch keine andere Behandlungsmethode zur Verfügung steht, die dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse genügt. Die Notwendigkeit einer Auslandsbehandlung ist zu verneinen, wenn zwar eine bestimmte, vom Versicherten bevorzugte Therapie nur im Ausland erhältlich ist, im Inland aber andere, gleich oder ähnlich wirksame und damit zumutbare Behandlungsmöglichkeiten erhältlich sind. Die Inlandsbehandlung ist auch dann vorrangig, wenn das Leistungsangebot im Ausland wegen einer besonders modernen technischen Ausstattung eines Krankenhauses oder wegen des auch international herausragenden fachlichen Rufs des dortigen Arztes eine überdurchschnittliche Qualität aufweist.
Grundlegende Voraussetzung für einen Anspruch auf Krankenbehandlung ist zwar das Tatbestandsmerkmal einer Erkrankung im Sinne des SGB V (§ 27 Abs.1 SGB V). Das Vorliegen von Erkrankungen, die insbesondere durch Umweltschäden verursacht sein sollen, ist im vorliegenden Fall streitig. Dies muss hier aber vom Senat nicht geklärt werden - daher sind auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. Ermittlungen bei dem Krankenhaus in Mexiko nicht erforderlich -, weil der vom Kläger geltend gemachte Anspruch schon aus den nachfolgend genannten Gründen nicht besteht. Die von ihm vorgelegte Bescheinigung des Dr.B. vom 09.11.1999 hat, soweit sie in Zusammenhang mit der geltend gemachten Auslandsbehandlung zu bringen ist, keinen Erkenntnis- und Beweiswert. In diesem Attest werden die behaupteten Erkrankungen nicht durch Befunde belegt und es ergibt sich hieraus nicht die Notwendigkeit einer Behandlung in dem vom Kläger genannten Krankenhaus in Mexiko. Überdies zieht Dr.B. aus den behaupteten Diagnosen lediglich den Schluss, dass der Kläger berufsunfähig sei. Darauf kommt aber es hier nicht an.
Die Behandlung in der vom Kläger genannten Klinik in Mexiko, wenn der Senat die Existenz dieser Einrichtung und ihre Geeignetheit für die vom Kläger behaupteten Erkrankungen unterstellt, kommt schon deswegen nicht in Frage, weil nicht ersichtlich und belegt ist, weshalb dieses Krankenhaus, aber nicht die inländischen zugelassenen Leistungserbringer in der Lage sind, die angeblichen Krankheiten geeignet und zweckmäßig zu behandeln (§ 12 Abs.1 SGB V). Unterlagen über dieses Krankenhaus und dessen Angebot an medizinischen Leistungen hat der Kläger nicht vorgelegt. Solche von Amts wegen einzuholen, besteht angesichts der bestehenden Situation kein Anlass.
Aufgrund der von der Beklagten eingeholten Gutachten ist ausreichend nachgewiesen, dass die Untersuchung und Behandlung der vom Kläger behaupteten Erkrankungen auch im Inland durch zugelassene Ärzte und Krankenhäuser möglich ist. Insbesondere ist danach das Legen einer PEG-Sonde eine ärztliche "Routineleistung" der in der näheren Umgebung des Klägers gelegenen Krankenhäuser. Der Senat entscheidet hier aber nicht darüber, ob diese ärztliche Maßnahme überhaupt medizinisch indiziert ist. Zur weiteren Behandlung der angeblich durch Umweltschäden verursachten Erkrankungen des Klägers, die gleichfalls nicht ausreichend nachgewiesen sind, kommt nach dem Gutachten des MDK vom 13.10.1998 unter anderem die Behandlung in der Umweltambulanz einer Universitätsklinik in München in Frage. Die Ablehnung war somit frei von Ermessensfehlern.
Der Kläger kann auch nicht mit Recht verlangen, dass die Beklagte ihm eine lebenslängliche Sondennahrung bewilligt bzw. ihn von den hierfür anfallenden Kosten freistellt. Falls er davon ausgeht, diese Maßnahme sei gleichfalls nur in der von ihm genannten Klinik in Mexiko möglich, gelten die obigen Ausführungen zu § 18 SGB V entsprechend. Sollte er jedoch der Ansicht sein, dass die Ernährung mit der Sonde im Inland durchgeführt werden müsse, fehlt es, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, an einer entsprechenden vertragsärztlichen Verordnung. Denn der Anspruch auf Versorgung mit Sondennahrung beurteilt sich nach § 31 Abs.1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat in den Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.6 SGB V festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen werden. Voraussetzung für einen derartigen Anspruch ist unter anderem, dass eine entsprechende vertragsärztliche Verordnung ergeht (§ 73 Abs.2 Nr.7 SGB V). Eine derartige Verordnung liegt hier nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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