L 4 KR 141/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 230/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 141/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 23. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenübernahme für die Operation einer Fettschürze in Höhe von mehr als 2.000,00 DM.

Die am 1967 geborene und als Arbeitnehmerin pflichtversicherte Klägerin beantragte bei der Beklagten unter Übersendung eines Attestes des Chirurgen Prof.Dr.H. vom 02.07.2000 und eines Attestes des Allgemeinmediziners Dr.Dr.S. vom 12.04. 2000 am 17.07.2000 die Übernahme der Kosten einer Fettschürzenresektion am Unterbauch sowie der Straffung der gesamten Bauchdecke. Prof.Dr.H. hat die Kosten der Fettschürzenresektion mit 2.000,00 DM zuzüglich der Kosten für den stationären Aufenthalt angegeben.

Der von der Beklagten angehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern kam in der gutachtlichen Stellungnahme der Orthopädin J. aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 03.08.2000 zu dem Ergebnis, eine überhängende Fettschürze bestehe nicht, ebenso wenig pathologische Bauchwandveränderungen; es handele sich um physiologische Veränderungen als Folge von Alter und Schwangerschaft. Die gegebenenfalls zugrunde liegende psychische Störung (Verdacht auf larvierte Depression) sollte durch entsprechende psychotherapeutische Maßnahmen behandelt werden.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2000 eine Kostenübernahme ab und erließ auf den Widerspruch der Klägerin einen weiteren, ablehnenden Bescheid am 05.10.2000.

Sie wies mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2000 den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsbescheid, der eine ausführliche Rechtsmittelbelehrung enthielt, wurde von der Post unter der L. auf die Anfrage der Beklagten am 02.11. 2000 die neue Adresse der Klägerin mit G. Weg angegeben hatte, wurde der Widerspruchsbescheid dort am 03.11.2000 durch Niederlegung zugestellt.

Die von der Klägerin am 30.11.2000 verfertigte Klage ist am 07.12.2000 zur Post gegeben worden und am 08.12.2000 beim Sozialgericht Augsburg (SG) eingegangen. Die Klägerin hat sich hierin auf das beigefügte Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr.Dr.S. vom 12.04.2000 bezogen. Sie hat auf Anfrage des SG schriftlich mitgeteilt, sie wohne unter der neuen Aresse und diese sei auch dem Postboten bekannt. Sie hat eine Rücknahme der Klage abgelehnt.

Nach mündlicher Verhandlung am 23.07.2001 und Erörterung der Folgen einer verspäteten Klageerhebung, hat das SG mit Urteil vom gleichen Tage die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe die Klagefrist von einem Monat versäumt und Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 31.08. 2001, mit der sie unter erneuter Vorlage des Attestes von Prof. Dr.H. vom 02.07.2000 geltend macht, die Operation sei für sie sehr wichtig und sie habe noch nie von der Beklagten eine Kur oder große Operation erhalten, aber alle Beitragserhöhungen akzeptiert. Sie hat sich mit Schreiben vom 12.10.2001 für die Versäumung der Klagefrist mit dem Hinweis entschuldigt, sie habe als alleinerziehende Mutter "viel zu tun".

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 23.07.2001 und der Bescheide vom 14.08.2000 und 05.10.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2000 zu verurteilen, die Kosten der stationären Fettschürzenoperation zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,00 Deutsche Mark (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG).

Die Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden; das SG hat zu Recht die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die Klägerin hat die Klagefrist von einem Monat versäumt (§ 87 SGG). Nach dieser gesetzlichen Vorschrift ist die Klage binnen eines Monats nach Zustellung zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Widerspruchsbescheids. Hierauf hat die Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides zutreffend hingewiesen. Für die Berechnung der Frist ist § 64 Abs.1, 2 SGG anzuwenden. Danach beginnt die Frist mit dem Tage nach der Zustellung und eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach der Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Somit hat die Klagefrist am Tag nach der Zustellung, nämlich am 04.11.2000 um 0.00 Uhr, begonnen und am Montag, den 03.12.2000, um 24.00 Uhr geendet. Die am 03.11.2000 durch Niederlegung erfolgte Zustellung des Widerspruchsbescheids ist ordnungsgemäß gewesen, da sie unter der neuen Adresse der Klägerin erfolgt ist.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lassen sich den Angaben der Klägerin nicht entnehmen und sind auch sonst nicht aus dem Inhalt der Akten ersichtlich. Nach § 67 Abs.1 SGG ist jemandem, der ohne sein Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Eine gesetzliche Frist ist ohne Verschulden versäumt, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (Meyer-Ladewig, SGG, 6. Auflage, § 67, Rn.3 mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin hat keinen nachvollziehbaren Grund angegeben, weshalb sie die am 30.11.2000 verfertigte Klageschrift erst am 07.12. 2000 zur Post gegeben hat. Ihre im Berufungsverfahren mitgeteilte Entschuldigung, sie habe als alleinerziehende Mutter viel zu tun, reicht als erheblicher Grund nicht aus. Es ist nicht zu erkennen, weshalb sie in der Zeit vom 30.11.2000 auch unter Ausschöpfung der restlichen Tage des Laufs der Klagefrist nicht in der Lage gewesen sein sollte, das Schriftstück als Brief frankiert rechtzeitig in einen Briefkasten zu werfen oder jemand Anderen damit zu beauftragen. Es ist damit anzunehmen, dass die Klägerin fahrlässig die Dringlichkeit ihrer Angelegenheit übersehen hat.

Anders als es sich die Klägerin offensichtlich vorstellt, kann sich das Gericht nicht über diesen formellen Mangel der Verspätung hinwegsehen. Auch in diesem Punkt ist es an Gesetz und Recht gebunden. Daraus folgt, dass das Gericht gehindert ist, sich mit dem eigentlichen Anliegen der Klägerin auseinanderzusetzen. Hier hat allerdings der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellt, zu versuchen, eine einvernehmende Lösung, eventuell unter Beteilung der Klägerin selbst, zu suchen. Dabei sollte die Klägerin konstruktiv mitwirken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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