L 4 KR 178/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KR 307/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 178/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 16. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist Kostenerstattung für die Umweltanamnese durch Dr.B. , Malz-Agar-Platten, Blutzuckeranamnese, Selit-Tabletten, das Präparat Zink-pure-30 und für die Fahrten zur Behandlung zu Dr.B ...

Der am 1960 geborene und bei der Beklagten freiwillig versicherte und zur Kostenerstattung berechtigte Kläger leidet nach einem Attest des in W. niedergelassenen Vertragsarztes Dr.B. vom 11.07.2000 unter anderem an Hypoglykämie. Auf die telefonische Anfrage des Klägers vom 20.04.1999 antwortete die Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tage, dass sie ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung für die Zukunft die Fahrkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Rahmen einer ambulanten Untersuchung durch Dr.B. (W.) übernehmen werde. Die Kostenübernahme erstrecke sich zunächst auf höchstens vier Behandlungen. Dr.B. dürfe nur solche Leistungen erbringen, die über die Versichertenkarte abgerechnet werden können.

Der Kläger schloss am 05.10.1999 mit Dr.B. einen privatärztlichen Behandlungsvertrag, in dem für die anfallenden Leistungen der Umweltmedizin Analognummern nach der GOÄ angegeben waren und der Kläger darauf hingewiesen wurde, dass er für die Leistungen der Umweltmedizin keine Erstattung durch die Krankenkasse erhalten werde. Die Beklagte übernahm die Kosten der zugesagten Behandlungen.

Am 27.06.2000 beantragte der Kläger unter Vorlage privatärztlicher Rechnungen und Verordnungen von Dr.B. Kostenerstattung für umweltmedizinische Anamnesegespräche (Rechnung vom 16.05.2000 für Behandlungen am 05.10.1999, 09.11.1999, 25.11. 1999, 10.02.2000 und 13.04.2000) in Höhe von insgesamt 952,00 DM, 30 Malz-Agar-Platten (Nährboden zum Austesten von Schimmelbefall verschiedener Stoffe), beschafft aufgrund privatärztlicher Verordnung bei P. E. zu 31,90 DM, das Präparat Zink-pure-30 in Höhe von 72,50 DM, Fahrkosten für die Arztbesuche bei Dr.B. am 09.09.1999, 05.10.1999, 28.10.1999, 09.11.1999, 25.11.1999, 02.12.1999, 17.12.1999, 10.02.2000 und 13.04.2000 in Höhe von 342,00 DM und Blutzuckermessstreifen für das Blutzucker-Messgerät in Höhe von 76,50 DM (Gesamtkosten 1.499,90 DM).

Mit Bescheid vom 18.07.2000 lehnte die Beklagte die Erstattung der umweltmedizinischen Anamnesegespräche mit der Begründung ab, Dr.B. habe eine Kassenzulassung, er könne die erbrachten Leistungen, soweit es sich um abrechenbare Leistungen handle, über die Versichertenkarte unmittelbar abrechnen. Kosten für andere Leistungen, die er privat in Rechnung gestellt habe, könnten nicht erstattet werden. Malz-Agar-Platten und das Präparat Zink-pure-30 seien nicht zugelassene Arzneimittel. Eine Erstattung der Fahrkosten komme bei einer Privatbehandlung nicht in Betracht. Die Kosten für die zum Blutzuckermessgerät gehörenden Teststreifen könnten übernommen werden, wenn der behandelnde Arzt die medizinische Notwendigkeit feststelle und der Kläger die entsprechenden Quittungen vorlege.

Der Kläger machte mit dem Widerspruch vom 21.07.2000 geltend, die privatärztlich erbrachten Anamnesegespräche seien erforderlich, um die umwelt- und schadstoffbedingten Erkrankungen in Zusammenhang mit den erforderlich Laboranalysen feststellen zu können. Die Malz-Agar-Platten benötige er zum Nachweis von Allergien und das Präparat Zink-pure-30 wegen eines Zinkmangels. Fahrkosten seien zu erstatten, da Dr.B. die Untersuchungen und Laboranalysen über Krankenversicherungskarte abrechnen durfte.

Am 04.08.2000 erstattete die Beklagte die Kosten für vier Fahrten zu Dr.B. in Höhe von 182,70 DM. Sie wies am 17.08.2000 den Kläger noch einmal darauf hin, dass für die Erstattung der Blutzuckerteststreifen eine ärztliche Verordnung sowie die dazugehörenden Quittungen erforderlich seien.

Der Kläger beantragte am 04.09.2000 wieder unter Vorlage einer ärztlichen Rechnung sowie privatärztlicher Verordnungen und von Apothekenquittungen die Kostenerstattung für ein umweltmedizinisches Anamnesegespräch durch Dr.B. am 24.08.2000 in Höhe von 175,00 DM, Blutzuckerteststreifen in Höhe von 76,50 DM und reichte außerdem die Quittung einer Apotheke über den Kauf von Blutzuckerteststreifen am 27.06.2000 in Höhe von 76,50 DM nach. Außerdem legte er eine Bescheinigung von Dr.B. über die medizinische Notwendigkeit von Fahrten zu ambulanten Behandlungen am 05.10.1999, 09.11.1999, 25.11.1999, 10.02.2000, 13.04. 2000 und 24.08.2000 vor. Die Beklagte vergütete daraufhin dem Kläger für die Arztbesuche vom 05.10.1999 bis 10.02.2000 insgesamt 182,40 DM.

Mit Bescheid vom 04.09.2000 erklärte sie sich noch einmal bereit, die Kosten der Blutzuckerteststreifen nach Vorlage eines entsprechenden Kassenrezeptes und der dazugehörigen Quittungen zu erstatten. Aufgrund einer Privatverordnung könnten keine Kosten erstattet werden. Sie lehnte die Kosten für das Präparat Zink-pure-30 wegen der fehlenden arzneimittelrechtlichen Zulassung ab.

Der Kläger legte hiergegen am 12.09.2000 sinngemäß Widerspruch ein. Am 11.09.2000, 21.15 Uhr, führte die Sachbearbeiterin ein Gespräch mit der Praxis Dr.B. , in dem Frau B. mitteilte, dass der Kläger lt. Behandlungsvertrag über die fehlende Kostenübernahme durch die Krankenkasse informiert gewesen sei und dass das Blutzuckermessgerät sowie die Blutzuckermess- streifen auf Wunsch des Klägers auf Privatrezept verordnet worden seien. Der Blutzucker des Klägers sei nicht so schwankend, dass er zu kollabieren drohe. Das Zink-Präparat sei ein Nahrungsergänzungsmittel.

Der von der Beklagten gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) teilte am 19.09.2000 mit, es stünden in Deutschland zahlreiche, zugelassene Medikamente mit dem Wirkstoff Zink zur Verfügung.

Am 29.09.2000 beantragte der Kläger die Erstattung der Fahrkosten zur Behandlung durch Dr.B. am 20.09.2000, der Kosten für das Präparat Zink-pure-30, das er sich am 25.09.2000 aufgrund des Privatrezeptes vom 20.09.2000 beschafft hatte (74,60 DM) sowie für Blutzuckerteststreifen aufgrund der privatärztlichen Verordnung von Dr.B. vom 24.08.2000; eine Quittung hierfür war nicht beigefügt.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2000 den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für privatärztliche Behandlungen und Verordnungen. Nach den Angaben der Praxis Dr.B. sei für ihn ein Blutzuckermessgerät medizinisch nicht erforderlich. Es gebe in Nürnberg zahlreiche Vertragsärzte mit umweltmedizinischen Kenntnissen.

Der Kläger hat hiergegen am 17.10.2000 beim Sozialgericht Nürnberg (SG) Klage erhoben und hier sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Er hat am 13.11.2000 Kosten für 12 Fahrten zu Dr.B. in Höhe von insgesamt 547,20 DM in der Zeit vom 09.09.1999 bis 26.10.2000, für umweltmedizinische Anamnesegespräche am 05.10.1999, 09.11.1999, 25.11.1999, 10.02.2000, 13.04.2000 und 24.08.2000 in Höhe von 1.127,00 DM sowie für Malz-Agar-Platten, das Präparat Zink-pure-30 und für Blutzuckermessstreifen jetzt und künftig in voller Höhe beantragt. Am 14.11.2000 beantragte er bei der Beklagten außerdem die Erstattung der Fahrkosten zur Behandlung bei Dr.B. am 26.10. 2000. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 23.11.2000 diesen Antrag ab und wies den Kläger darauf hin, dass die mit Schreiben vom 20.04.1999 zugesagte Kostenerstattung für vier Behandlungen bei Dr.B. erfolgt sei. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Er beantragte am 04.01.2001 bei der Beklagten die Übernahme der Fahrkosten zur Behandlung durch Dr.B. am 12.12.2000 sowie die Erstattung der Kosten für das Präparat Selit-Tabletten in Höhe von 19,05 DM aufgrund der privatärztlichen Verordnung durch Dr.B. vom 12.12.2000. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.01.2001 die Erstattung der beantragten Krankenfahrt sowie der Selit-Tabletten ab.

In der mündlichen Verhandlung am 16.07.2001 hat das SG den behandelnden Arzt Dr.B. als Zeugen einvernommen. Er hat ausgesagt, es sei mit den zuständigen Stellen der Kassenärztlichen Vereinigung vereinbart worden, betreffend den Zeitraum ab dem 4. Quartal 1996 und dies im Wege einer Absicherung für den Praxisbetrieb, dass die umweltmedizinischen Anamneseleistungen als privatärztliche Leistung abgerechnet werden könnten bzw. müssten. Jeder Patient bekomme bereits beim Erstkontakt eine umfassende Information darüber, dass es sich um eine ärztliche Behandlung im Rahmen eines Behandlungsvertrages für privatärztliche Leistung handle. Auch der Kläger sei von Anfang an über die Ausgestaltung als privatärztliche Leistung informiert gewesen und habe auch die entsprechenden ärztlichen Behandlungsverträge unterschrieben. Er habe den Kläger bezüglich der Verordnungen der Malz-Agar-Platten, der Blutzuckerstreifen und der Zink-Präparate darauf hingewiesen, dass er sich diese privat kaufen müsse. Das Vertrauensverhältnis mit dem Kläger habe derart gelitten, dass eine Fortsetzung des privatärztlichen Behandlungsverhältnisses nicht mehr sinnvoll gewesen sei.

Das SG hat mit Urteil vom 16.07.2001 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, sie sei unzulässig, soweit die Beklagte dem Kläger die Kosten für die Behandlungen und Fahrten am 05.10., 09.11., 25.11.1999 und 10.02.2000 bereits erstattet habe. Im Übrigen sei die Klage bezüglich der Kostenerstattung für privatärztliche Behandlungen und Verordnungen sowie der Fahrten unbegründet. Aufgrund des Sachleistungsprinzipes sei die Beklagte nicht zur Erstattung der Kosten für privatärztliche Leistungen verpflichtet. Er habe es sich zur Angewohnheit gemacht, ohne Einschaltung seiner Krankenkasse und die in das Vertragsarztsystem der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogenen Ärzte die ihm genehmen Behandlungsmethoden selbst auszuwählen und die entsprechenden ärztlichen Leistungen als Privatpatient in Anspruch zu nehmen. Der Kläger sei ausreichend darüber informiert, dass in diesem Fall eine Leistungspflicht der Beklagten nicht bestehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 24.10.2001, mit der er wieder geltend macht, er erhalte sei 1989 keine effektive Hilfe durch Kassenärzte, die nur mit den Methoden der Schulmedizin behandelten. Er habe die Krankenkasse vor der jeweiligen Leistungsbeschaffung eingeschaltet, so z.B. mit Schreiben vom 16.04.1999. In anderen Bundesländern würden Leistungen der Umweltmedizin erstattet. Die Fahrten zu Dr.B. hätten in ursächlichem Zusammenhang mit Leistungen der Beklagten (Laborleistungen, Umweltanamnese) gestanden. Die Zink-Präparate, Malz-Agar-Platten und die Blutzuckermessstreifen seien medizinisch erforderlich.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 16.07.2001 sowie der Bescheide vom 18.07.2000 und 04.09.2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2000 und der Bescheide vom 23.11.2000 und 12.01.2001 zu verurteilen, die Kosten für Leistungen der Umweltanamnese durch Dr.B. (1.127,00 DM), für Fahrten zu Dr.B. mit dem Pkw (364,80 DM) sowie für Malz-Agar-Platten (56,90 DM), Blutzuckermessstreifen (76,50 DM), Selit-Tabletten (19,05 DM) und das Präparat Zink-pure-30 (72,50 DM) in Höhe von insgesamt 1.640,25 DM in Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung maßgebenden Wert von 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG). Soweit der Kläger mit der Berufung die Übernahme künftiger Behandlungskosten (Umweltanamnese) sowie der streitigen Verordnung begehrt, liegt ein zulässiger Feststellungsantrag vor (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG). Denn er hat ein berechtiges Interesse an der baldigen Feststellung der entsprechenden Leistungspflicht der Beklagten als Fortsetzung der bisherigen Therapie. In dieser Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache liegt keine Klageänderung (§ 99 Abs.3 Nr.2 SGG). Die ursprüngliche Forderung auf Fahrkostenerstattung hat der Kläger verringert, so dass dieser vom SG als unzulässig gewürdigte Klageanspruch insoweit nicht mehr Streitgegenstand ist.

Die Berufung ist unbegründet.

Nach Lage des Falles kommen als Anspruchsgrundlagen für den Kostenerstattungsanspruch § 13 Abs.2, 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in Betracht. Nach § 13 Abs.2 SGB V (i.d.F. des Gesetzes vom 19.12.1998 BGBl.I 3853) können freiwillige Mitglieder für die Dauer der freiwilligen Versicherung anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen. Hiervon hat der Kläger nach Angaben der Beklagten Gebrauch gemacht. Nach Absatz 3 dieser gesetzlichen Vorschrift hat die Krankenkasse Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn sie entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschafften Leistungen Kosten entstanden sind. Ferner wird vorausgesetzt, dass die Leistung notwendig war.

Unter den Begriff unaufschiebbare Leistungen im Sinne des § 13 Abs.3 SGB V fallen Notfälle gemäß § 76 Abs.1 Satz 2 SGB V, die dann vorliegen, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar war und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nicht-Vertragsarztes angewiesen war (BSG vom 24.05.1972, BSGE 34, 172; BSG vom 20.10.1972, BSGE 35, 10), sowie andere dringliche Bedarfslagen (BSG vom 18.05.1978, BSGE 46, 179).

Gegen einen krankenversicherungsrechtlichen Notfall spricht schon der Umstand, dass der Kläger sich in der Behandlung eines zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arztes befunden hat. Gründe für eine Versorgungslücke sind nicht ersichtlich, da, wie die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hat, allein im Stadtgebiet Nürnberg 12 Ärzte niedergelassen sind, die die Bezeichnung "Umweltmedizin" führen und die Behandlung des Klägers durchführen können. Eine Systemstörung ist zu verneinen, wenn eine Leistung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, d.h. vom Krankenversicherungsträger nicht erbracht werden darf. Die Krankenkassen haben im Rahmen der ihnen obliegenden Garantiehaftung für Systemmängel nur dafür einzustehen, dass die zur Zeit medizinisch möglichen, notwendigen und zweckmäßigen Leistungen erbracht werden (BSG vom 16.07.1996, BSGE 79, 53; BSG vom 16.12.1993, BSGE 73, 271). Das heißt, dass leistungsrechtliche Voraussetzungen wie z.B. eine vertragsärztliche Verordnung oder die Zulassung eines Arzneimittels in Deutschland oder in der EU oder die Zulassung eines Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung zu beachten sind bzw. deren Fehlen grundsätzlich nicht eine Systemstörung darstellt. Denn Grundvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch ist, dass der Versicherte einen Naturalleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch (Primäranspruch) auf die Sach- oder Dienstleistung hatte, den die Krankenkasse nicht erfüllt hat. Hiervon kann nicht die Rede sein, wenn der Kläger eine privatärztliche Behandlung wählt oder sich nicht zugelassene Arzneimittel oder Produkte privatärztlich verordnen lässt.

Die Beklagte hat die streitigen Leistungen auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger kann sich nicht mit Recht auf die Zusage der Beklagten vom 20.04.1999 berufen (§ 34 Abs.1 Sozialgesetzbuch X - SGB X -). Denn die Beklagte hat sich in diesem Schreiben nur in einem eingeschränkten Umfang zur Kostenerstattung für die Leistung Umweltanamnese durch Dr.B. verpflichtet. Sie hat hierin nur Kostenübernahme für maximal vier Behandlungen sowie der entsprechenden Fahrten zugesagt. Diese Zusage wurde von der Beklagten eingehalten. Sie gibt dem Kläger jedoch keine Berechtigung, nicht unter den Leistungskatalog des SGB V fallende Leistungen im Wege der Kostenerstattung zu verlangen.

Der Kläger hat keinen Kostenerstattungsanspruch (§ 13 Abs.2, 3 2. Alt. SGB V) der umweltmedizinischen Anamnesegespräche (Dr.B.). Der Anspruch nach § 13 Abs.2 SGB V ist jedoch, da Kostenerstattung nur anstelle der Sach- oder Dienstleistung erfolgt (§ 13 Abs.1, 2 SGB V), den gleichen Beschränkungen unterworfen. Es gelten somit der Leistungskatalog der §§ 11, 27 ff. SGB V und das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs.1 SGB V). Nach dem Urteil des BSG vom 23.07.1998 (SozR 3-2500 § 13 Nr.17) hat die Krankenkasse nicht für Kosten aufzukommen, die dem Versicherten unter Missachtung der Vorschriften der GOÄ in Rechnung gestellt werden. Dies hat auch für die Kostenerstattung nach § 13 Abs.2 SGB V zu gelten. Denn nach § 1 Abs.1 GOÄ sind Ärzte verpflichtet, die Vergütungen für ihre beruflichen Leistungen nach der GOÄ zu berechnen. Die von Dr.B. erstellte Rechnung vom 16.05.2000 genügt den Anforderungen der GOÄ nicht, weil sie keine Bewertung bzw. Analogbewertung enthält (§§ 5, 6 Abs.2, 12 Abs.2 Nr.2 GOÄ). Damit löst die Rechnung keine Zahlungsverpflichtung aus (§ 12 Abs.1 GOÄ); es ist nicht zulässig, ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichenis der GOÄ zu fordern. Da der Kläger einer durchsetzbaren Honorarforderung des Arztes nicht ausgesetzt war, besteht auch kein Anspruch auf Kostenerstattung, selbst wenn er das Arzthonorar schon bezahlt haben sollte (BSG vom 23.07.1998, (a.a.O.); BSG vom 15.04.1997, SozR 3-2500 § 13 Nr.14).

Der Kläger kann auch nicht mit Recht für die übrigen geltend gemachten Leistungen Kostenerstattung nach § 13 Abs.2 bzw. 3 2. Alt. SGB V verlangen. Bei den Malz-Agar-Platten, die zur Züchtung von Pilzkulturen verwendet werden, handelt es sich nicht um eine Leistung, die unter den o.g. Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung fällt (insbesondere nicht um ein Arzneimittel, § 31 SGB V). Das Präparat Zink-Pure-30 ist nach der von der Beklagten eingeholten Auskunft des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern vom 16.09.2000 ein nicht zugelassenes Arzneimittel. Die Beklagte hat grundsätzlich nur die Kosten für zugelassene Arzneimittel zu übernehmen, soweit es sich um Fertigarzneimittel (wie hier) handelt (BSG vom 23.07.1998, BSGE 82, 233). Bei dem Mittel Selit handelt es sich um ein Mineralstoffpräparat, dessen Verordnung in der vertragsärztlichen Versorgung durch Nr.17.2 der Arzneimittel-Richtlinien i.d.F. vom 03.08.1998 (BAnz Nr.182 vom 29.09. 1998) Beschränkungen unterworfen ist. Es darf nur verordnet werden, wenn zuvor allgemeine, nicht medikamentöse Maßnahmen genutzt wurden, hierdurch das Behandlungsziel nicht erreicht werden konnte und eine medikamentöse Behandlung mit diesem Arzneimittel zusätzlich erforderlich ist. Der Akteninhalt bietet keinen Anhalt für die Annahme - z.B. in Form eines ärztlichen Attestes -, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten, die im Zusammenhang mit den Arztbesuchen bei Dr.B. angefallen sind. Nach § 60 Abs.1 SGB V übernimmt die Krankenkasse nach den Absätzen 2 und 3 die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig sind. Da die Beklagte die am 20.04.1999 zugesagten Leistungen erfüllt hat, hat der Kläger in dieser Hinsicht keine weiteren Ansprüche mehr. Sollten, wie der Kläger behauptet, die Fahrten zu Dr.B. zur Erbringung von Laborleistungen notwendig gewesen sein, dann scheitert der Anspruch auf Kostenerstattung daran, dass die Praxis von Dr.B. nicht die nächstgelegene Behandlungsmöglichkeit gewesen ist. Denn nach § 60 SGB V werden nur die notwendigen Fahrkosten erstattet, d.h. die zwingend und unvermeidlich entstehenden Aufwendungen (BSG vom 23.03.1983, BSGE 55, 37). Es kommen grundsätzlich nur die Fahrkosten vom jeweiligen Aufenthaltsort zur nächsterreichbaren Behandlungsmöglichkeit und zurück in Betracht (BSG vom 11.08.1983, BSGE 55, 241). Da dem Kläger in Nürnberg eine große Zahl von Vertragsärzten zur Verfügung steht, die Laborleistungen erbringen können, waren insoweit die Fahrten von Nürnberg nach W. zu Dr.B. nicht erforderlich. Sollten die Leistungen durch Dr.B. privatärztlich erbracht worden sein, wofür hier mehr spricht, hat der Kläger gleichfalls keinen Anspruch auf Erstattung der Fahrkosten. Denn § 60 SGB V ist eine unselbständige, akzessorische Nebenleistung, die grundsätzlich wie die Hauptleistung zu behandeln ist (BSG vom 10.10.1978, BSGE 47, 80). Da die Beklagte - wie bereits ausgeführt wurde - nicht verpflichtet ist, die Kosten der privatärztlich erbrachten Leistungen des Dr.B. dem Kläger zu erstatten, entfällt damit auch der Anspruch auf Erstattung der damit in Zusammenhang stehenden Fahrten.

Schließlich hat der Kläger auch keinen weitergehenden Anspruch auf Erstattung der Blutzuckerteststreifen. Für die am 28.08. 2000 beantragte Kostenübernahme von 50 Stück Blutzuckerteststreifen erfolgte aufgrund der Verordnung von Dr.B. vom 24.08.2000 am 04.09.2000 eine Kostenerstattung in Höhe von 71,13 DM. Die Beklagte hat den Kläger mehrmals darauf hingewiesen, dass sie bereit ist, gegen Nachweis einer Verordnung und Vorlage einer entsprechenden Apothekenquittung die Blutzuckerteststreifen zu erstatten. Die entsprechende Quittung für die hier streitige Erstattung hat der Kläger nicht vorgelegt. Die zugesagte Kostenerstattung scheitert somit hier bereits am fehlenden Nachweis der Kosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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