Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 198/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 209/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 02.11.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung für Leistungen der pulsierenden Signaltherapie (PST).
Die am 1974 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet an einer beidseitigen Hüftdysplasie sowie einem Zustand nach dreifacher Beckenosteotomie. Sie ließ sich nach ihren Angaben im PST-Behandlungszentrum, das von den Vertragsärzten Dr.N. und Dr.B. , D. geführt wird, in zwölf einstündigen Therapiesitzungen nach der PST behandeln. Es handelt sich hierbei um eine nichtinvasive Therapie zur Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates; pulsierende Signale sollen eine Aktivierung der Knorpel- bzw. Bindegewebszellen bewirken und so die Regeneration der betroffenen Strukturen fördern. Die Kosten pro Behandlung beliefen sich auf 145,- DM, für eine Behandlungsserie von 12 Behandlungen auf 1.730,- DM.
Mit der am 20.03.2001 bei der Beklagten eingegangenen Mitteilung beantragte die Klägerin die Erstattung der bisherigen Behandlungskosten sowie die Übernahme der zukünftigen Behandlungen. Der von der Beklagten gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Gutachter Dr.R.) wies in der Stellungnahme vom 23.03.2001 darauf hin, dass die PST wegen fehlenden Wirksamkeitsnachweises in der Anlage B der BUB- Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten sei und eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.04. 2001 die Kostenübernahme für die PST-Behandlung ab.
Die Klägerin wies mit dem dagegen eingelegten Widerspruch auf das Attest des PST-Behandlungszentrums (Dr.N. , Dr.B.) vom 30.12.2000 hin, das eine signifikante Reduzierung der Schmerzen bescheinigt habe.
Mit Bescheid vom 23.05.2001 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme wiederum unter Bezugnahme auf die BUB-Richtlinien ab.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2001 den Widerspruch der Klägerin unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zurück. Danach handele es sich bei den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen um untergesetzliche Rechtsnormen, die verbindlich festlegten, welche neuen Untersuchungsmethoden Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkassen seien. Die Richtlinien stellten auch im Verhältnis zu den Krankenkassen autonomes, bindendes Recht dar. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe in den BUB-Richtlinien die PST nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt. Diese Behandlungsmethode sei nicht Teil der vertragsärztlichen Behandlung und dürfe damit nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 10.08.2001 beim Sozialgericht Augsburg (SG) geltend gemacht, Dres.N. und B. hätten in dem bereits vorgelegten Attest bescheinigt, dass die PST-Behandlung aufgrund der bisherigen Therapieresistenz vorteilhaft sei. Es stehe fest, dass sie nach diesen Behandlungen nahezu beschwerdefrei gewesen sei.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 02.11.2001 nach Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme künftiger Leistungen. Habe der Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen bereits eine positive oder negative Empfehlung über die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode abgegeben, sei seine Entscheidung von der Verwaltung und den Gerichten zu beachten. Die Klägerin, die sich eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschaffe, könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Kostenerstattungsverfahren nicht mit Recht einwenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in ihrem konkreten Fall wirksam gewesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 28.11. 2001, mit der sie wieder geltend macht, ihre bisherige konventionelle Therapie sei ohne Erfolg geblieben. Die PST fördere die Regeneration der Knorpel- und Bindegewebszellen und es lägen Erfahrungswerte mit 80.000 Patienten vor. Damit seien wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise gegeben.
Sie beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom 02.11.2001 sowie der Bescheide vom 19.04.2001 und 23.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2001 zu verurteilen, die Kosten der Behandlung mittels der pulsierenden Signaltherapie in Höhe von 1.730,- DM (in Euro) zu er- statten sowie auch die zukünftigen Behandlungskosten nach dieser Methode zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgebenden Betrag von 1.000,- DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG a.F.). Soweit die Klägerin mit der Berufung eine Übernahme zukünftiger Behandlungskosten nach der streitigen Methode begehrt, liegt ein zulässiger Feststellungsantrag vor (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG). Denn sie hat aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der entsprechenden Leistungspflicht der Beklagten. In dieser Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache liegt keine Klageänderung (§ 99 Abs.3 Nr.2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet; der angefochtene Beschluss ist nicht zu beanstanden.
Nach Lage des Falles kommt allein ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der Fassung des Gesetzes vom 19.06.2001 (BGBl. I 1046) in Betracht. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift hat die Krankenkasse Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn sie entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Ferner wird vorausgesetzt, dass die Leistung notwendig war. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Einem Anspruch auf Kostenerstattung steht schon entgegen, dass die tatsächlich entstandenen Kosten bisher nicht nachgewiesen sind. § 13 Abs.3 SGB V setzt voraus, dass für die selbstbeschaffte Leistung tatsächlich Kosten entstanden sind. Ein Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Patienten für die hier außerhalb des vertragsärztlichen Versorgungssystems durchgeführte privatärztliche Behandlung besteht nur, wenn eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist (§§ 1 Abs.1, 4 Abs.1, 12 Abs.2 GOÄ). Nach § 12 Abs.1 GOÄ wird eine Vergütung erst fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt worden ist.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts (BSG vom 10.02.2000 BSGE 85, 287 ff.) ist die auf die Erstattung bereits gezahlter Kosten zugeschnittene Bestimmung des § 13 Abs.3 SGB V bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte aber noch nicht gezahlt hat. Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen. Das BSG hat in zwei weiteren Entscheidungen zum Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V ausgeführt, dass dieser Anspruch unter anderem eine Kostenbelastung des Versicherten voraussetzt. Soweit sich ein Leistungserbringer vorbehalten hat, Kosten in Rechnung zu stellen, falls die Krankenkasse die Kosten erstattet, begründet dies keinen Kostenerstattungsanspruch (BSG vom 23.05.2000 SGb 2000, 409 ff.). Anderenfalls könnte das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs.3 SGB V dazu genutzt werden, die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode losgelöst von einer tatsächlichen Kostenbelastung abstrakt klären zu lassen. Das BSG nimmt hierin Bezug auf eine weitere Entscheidung vom 28.03.2000 (B 1 KR 21/99 R), in der es unter anderem für Recht erkannt hat, dass das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs.3 SGB V nicht dazu benutzt werden kann, die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode unabhängig von einer tatsächlichen Kostenbelastung des Versicherten klären zu lassen. Eine derartige Rechnung wurde nicht vorgelegt.
Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung ist auch aus anderen Gründen abzulehnen. Denn die streitige Behandlung war keine unaufschiebbare Leistung und die Beklagte hat auch Kosten nicht zu Unrecht abgelehnt.
Unter den Begriff unaufschiebbare Leistungen im Sinne dieser Vorschrift fallen Notfälle gemäß § 76 Abs.1 Satz 2 SGB V, die dann vorliegen, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar war und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nicht-Vertragsarztes angewiesen war (BSG vom 24.05.1972 BSGE 34, 172; BSG vom 20.10.1972 BSGE 35, 10), sowie andere dringliche Bedarfslagen (BSG vom 18.05.1978 BSGE 46, 179).
Gegen einen krankenversicherungsrechtlichen Notfall spricht schon die Tatsache, dass sich die Klägerin in der Behandlung von zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Orthopäden befunden hat. Denn Dr.N. und Dr.B. sind in D. in einer vertragärztlichren Gemeinschaftspraxis tätig. Gründe für eine Versorgungslücke sind hier nicht ersichtlich, da der Klägerin, abgesehen von der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung auch eine Reihe zugelassener Fachkliniken in Augsburg zur Verfügung steht. Eine Systemstörung ist, wie im vorliegenden Falle, gleichfalls zu verneinen, wenn eine Leistung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, d.h. vom Krankenversicherungsträger nicht erbracht werden darf. Die Krankenkassen haben im Rahmen der ihnen obliegenden Garantiehaftung für Systemmängel nur dafür einzustehen, dass die zur Zeit medizinisch möglichen, notwendigen und zweckmäßigen Leistungen erbracht werden (BSG vom 16.07.1996 BSGE 79, 53; BSG vom 16.12.1993 BSGE 73, 271). Grundvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch ist, dass der Versicherte einen Naturalleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch (Primäranspruch) auf die Sach- oder Dienstleistung hatte, den die Krankenkasse nicht erfüllt hat. Hiervon kann nicht die Rede sein; denn die Klägerin hat sich in vertragsärztlicher orthopädischer Behandlung befunden, die spezifische und zweckmäßige Maßnahmen zur Therapie der Krankheit umfasst.
Selbst wenn der Senat eine Unaufschiebbarkeit der streitigen Leistung unterstellt, ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie es versäumt hat, die Beklagte vor Aufnahme der Behandlung in der ersten Behandlungsserie von der außervertraglichen Therapie in Kenntnis zu setzen. Nach der Entscheidung des BSG vom 25.09.2000 (SozR 3-2500 § 13 Nr.22) wird für die erste Alternative des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs.3 SGB V neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. Der Kostenerstattungsanspruch kann mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten. Derartige Gründe sind hier weder von der Klägerin vorgetragen worden, noch den sonstigen Umständen der Leistungserbringung zu entnehmen.
Der Klägerin steht eine Kostenerstattung auch nicht nach der zweiten Alternative des § 13 Abs.3 SGB V zu, da die Beklagte eine Kostenübernahme der PST nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Auch hier kommt dem Umstand, dass die Klägerin bereits die erste Behandlungsserie abgeschlossen hat, bevor sie die Beklagte mit ihrem Begehren der Kostenerstattung für eine außervertragliche Leistung konfrontiert hat, Bedeutung zu. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG vom 19.06.2001, SGb 2001 549; BSG vom 15.04.1997 SozSich 1998, 38; BSG vom 24.09.1996 BSGE 79, 125; BSG vom 16.12.1993 SozR 3-2500 § 12 Nr.4; BSG vom 10.02.1993 SozR 3-2200 § 182 Nr.15) sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung im Regelfall nicht zu erstatten, wenn der Versicherte sich die Leistung besorgt, ohne zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten. Einer der Beschaffung vorgeschalteten Entscheidung der Krankenkasse bedarf es unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen. Damit schließt § 13 Abs.3 SGB V eine Kostenerstattung für die Zeit vor der Leistungserbringung generell aus (BSG vom 10.05.1995 SozR 3-2500 § 33 Nr.15). Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu, da die Klägerin die Beklagte erst am 20.03.2001 von der Behandlung nach der PST-Methode unterrichtet hat, die in dem Zeitraum vom 30.01. bis 14.02.2001 erbracht worden ist. Die Klägerin hätte, damit der in § 13 Abs.3 SGB V geforderte Kausalzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, insoweit den Erlass eines Bescheides der Beklagten abwarten müssen.
Bezüglich etwaiger, nach der ersten Ablehnung durch die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2001 durchgeführter Behandlungen nach der PST gilt, dass diese Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist. Denn es handelt sich hierbei um eine nicht zweckmäßige Behandlungsmethode im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs.1 SGB V. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift müssen die Leistungen der Krankenkasse ausreichend, zweckmäßig und unwirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Maßstab für die Zweckmäßigkeit von Leistungen ist § 2 Abs.1 Satz 3 und Abs.4 SGB V. Danach haben die Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Hierzu ergänzt § 135 SGB V, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V Empfehlungen abgegeben haben über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden- nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. § 135 Abs.1 SGB V schließt die Leistungspflicht der Krankenkassen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden solange aus, bis diese vom zuständigen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als zweckmäßig anerkannt sind (BSG vom 16.09.1997 SozR 3-2500 § 92 Nr.7; BSG vom 16.09.1997 SozR 3-2500 § 135 Nr.4; BSG vom 28.03.2000 BSGE 86, 54; BSG vom 28.03.2000 ZfS 2000, 180).
Im vorliegenden Fall hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den BUB-Richtlinien Anlage B Nr.24 die "pulsierende Signaltherapie" aufgeführt (Beschluss des Bundesausschusses vom 10.12.1999, Bundesanzeiger Nr.56 vom 21.03.2000). Daraus ergibt sich, dass diese Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist und damit auch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen entweder im Wege der Sachleistung oder der Kostenerstattung abgerechnet werden darf.
Hat der Bundesausschuss bereits eine negative Empfehlung über die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode abgegeben, so ist seine Entscheidung von der Verwaltung und den Gerichten zu beachten. Der Versicherte, der sich eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschafft, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht einwenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen. Damit ist auch der Einwand der Klägerin unbeachtlich, die Behandlung habe ihre Schmerzen verringert.
Ebenso wenig kommt es darauf an, dass in dem von der Klägerin vorgelegten Attest des PST-Behandlungszentrums (Dr.N. , Dr.B.) behaupet wird, dass in der Zeit von Ende 1996 bis Mitte 2000 über 80.000 Patienten mit der PST behandelt worden seien und bei 75 % dieser Patienten eine signifikante Reduzierung der Schmerzen erreicht worden sei. Abgesehen davon, dass ein derartiges Attest nichts über die tatsächliche Wirksamkeit der streitigen Methode besagt, kommt es auf die Beurteilung des Wirksamkeitsnachweises bzw. die Durchsetzung der Behandlungsweise in der medizinischen Praxis nicht an, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zeitnah eine negative Empfehlung abgegeben hat.
Die Berufung ist auch im Feststellungsantrag unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Kosten der Behandlung nach der PST zu übernehmen, solange der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht eine positive Empfehlung abgegeben hat bzw. von einem Systemmangel auszugehen ist. Der Behandlungsanspruch der Klägerin richtet sich nach den oben genannten Maßstäben, nämlich dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit der Leistung im Hinblick auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse (§§ 2 Abs.1 Satz 3, 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V, 135 Abs.1 SGB V). Auch hier ist der Leistungsausschluss der PST durch den oben genannten Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Anlage B der BUB-Richtlinien zu beachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung für Leistungen der pulsierenden Signaltherapie (PST).
Die am 1974 geborene und bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet an einer beidseitigen Hüftdysplasie sowie einem Zustand nach dreifacher Beckenosteotomie. Sie ließ sich nach ihren Angaben im PST-Behandlungszentrum, das von den Vertragsärzten Dr.N. und Dr.B. , D. geführt wird, in zwölf einstündigen Therapiesitzungen nach der PST behandeln. Es handelt sich hierbei um eine nichtinvasive Therapie zur Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates; pulsierende Signale sollen eine Aktivierung der Knorpel- bzw. Bindegewebszellen bewirken und so die Regeneration der betroffenen Strukturen fördern. Die Kosten pro Behandlung beliefen sich auf 145,- DM, für eine Behandlungsserie von 12 Behandlungen auf 1.730,- DM.
Mit der am 20.03.2001 bei der Beklagten eingegangenen Mitteilung beantragte die Klägerin die Erstattung der bisherigen Behandlungskosten sowie die Übernahme der zukünftigen Behandlungen. Der von der Beklagten gehörte Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK, Gutachter Dr.R.) wies in der Stellungnahme vom 23.03.2001 darauf hin, dass die PST wegen fehlenden Wirksamkeitsnachweises in der Anlage B der BUB- Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen enthalten sei und eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19.04. 2001 die Kostenübernahme für die PST-Behandlung ab.
Die Klägerin wies mit dem dagegen eingelegten Widerspruch auf das Attest des PST-Behandlungszentrums (Dr.N. , Dr.B.) vom 30.12.2000 hin, das eine signifikante Reduzierung der Schmerzen bescheinigt habe.
Mit Bescheid vom 23.05.2001 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme wiederum unter Bezugnahme auf die BUB-Richtlinien ab.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2001 den Widerspruch der Klägerin unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zurück. Danach handele es sich bei den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen um untergesetzliche Rechtsnormen, die verbindlich festlegten, welche neuen Untersuchungsmethoden Gegenstand der Leistungspflicht der Krankenkassen seien. Die Richtlinien stellten auch im Verhältnis zu den Krankenkassen autonomes, bindendes Recht dar. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe in den BUB-Richtlinien die PST nicht als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt. Diese Behandlungsmethode sei nicht Teil der vertragsärztlichen Behandlung und dürfe damit nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden.
Die Klägerin hat mit der Klage vom 10.08.2001 beim Sozialgericht Augsburg (SG) geltend gemacht, Dres.N. und B. hätten in dem bereits vorgelegten Attest bescheinigt, dass die PST-Behandlung aufgrund der bisherigen Therapieresistenz vorteilhaft sei. Es stehe fest, dass sie nach diesen Behandlungen nahezu beschwerdefrei gewesen sei.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 02.11.2001 nach Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme künftiger Leistungen. Habe der Bundesausschuss für Ärzte und Krankenkassen bereits eine positive oder negative Empfehlung über die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode abgegeben, sei seine Entscheidung von der Verwaltung und den Gerichten zu beachten. Die Klägerin, die sich eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschaffe, könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Kostenerstattungsverfahren nicht mit Recht einwenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in ihrem konkreten Fall wirksam gewesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 28.11. 2001, mit der sie wieder geltend macht, ihre bisherige konventionelle Therapie sei ohne Erfolg geblieben. Die PST fördere die Regeneration der Knorpel- und Bindegewebszellen und es lägen Erfahrungswerte mit 80.000 Patienten vor. Damit seien wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise gegeben.
Sie beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Augsburg vom 02.11.2001 sowie der Bescheide vom 19.04.2001 und 23.05.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2001 zu verurteilen, die Kosten der Behandlung mittels der pulsierenden Signaltherapie in Höhe von 1.730,- DM (in Euro) zu er- statten sowie auch die zukünftigen Behandlungskosten nach dieser Methode zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt dieser Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt den im Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels maßgebenden Betrag von 1.000,- DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG a.F.). Soweit die Klägerin mit der Berufung eine Übernahme zukünftiger Behandlungskosten nach der streitigen Methode begehrt, liegt ein zulässiger Feststellungsantrag vor (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG). Denn sie hat aus wirtschaftlichen und rechtlichen Gründen ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung der entsprechenden Leistungspflicht der Beklagten. In dieser Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache liegt keine Klageänderung (§ 99 Abs.3 Nr.2 SGG).
Die Berufung ist unbegründet; der angefochtene Beschluss ist nicht zu beanstanden.
Nach Lage des Falles kommt allein ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs.3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) in der Fassung des Gesetzes vom 19.06.2001 (BGBl. I 1046) in Betracht. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift hat die Krankenkasse Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn sie entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Ferner wird vorausgesetzt, dass die Leistung notwendig war. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Einem Anspruch auf Kostenerstattung steht schon entgegen, dass die tatsächlich entstandenen Kosten bisher nicht nachgewiesen sind. § 13 Abs.3 SGB V setzt voraus, dass für die selbstbeschaffte Leistung tatsächlich Kosten entstanden sind. Ein Vergütungsanspruch des Arztes gegen den Patienten für die hier außerhalb des vertragsärztlichen Versorgungssystems durchgeführte privatärztliche Behandlung besteht nur, wenn eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist (§§ 1 Abs.1, 4 Abs.1, 12 Abs.2 GOÄ). Nach § 12 Abs.1 GOÄ wird eine Vergütung erst fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt worden ist.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesssozialgerichts (BSG vom 10.02.2000 BSGE 85, 287 ff.) ist die auf die Erstattung bereits gezahlter Kosten zugeschnittene Bestimmung des § 13 Abs.3 SGB V bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen entsprechend anzuwenden, wenn die Verpflichtung bereits entstanden ist, der Versicherte aber noch nicht gezahlt hat. Statt einer Erstattung kann er dann die Bezahlung seiner Schuld durch den Versicherungsträger verlangen. Das BSG hat in zwei weiteren Entscheidungen zum Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V ausgeführt, dass dieser Anspruch unter anderem eine Kostenbelastung des Versicherten voraussetzt. Soweit sich ein Leistungserbringer vorbehalten hat, Kosten in Rechnung zu stellen, falls die Krankenkasse die Kosten erstattet, begründet dies keinen Kostenerstattungsanspruch (BSG vom 23.05.2000 SGb 2000, 409 ff.). Anderenfalls könnte das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs.3 SGB V dazu genutzt werden, die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode losgelöst von einer tatsächlichen Kostenbelastung abstrakt klären zu lassen. Das BSG nimmt hierin Bezug auf eine weitere Entscheidung vom 28.03.2000 (B 1 KR 21/99 R), in der es unter anderem für Recht erkannt hat, dass das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs.3 SGB V nicht dazu benutzt werden kann, die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine bestimmte Untersuchungs- oder Behandlungsmethode unabhängig von einer tatsächlichen Kostenbelastung des Versicherten klären zu lassen. Eine derartige Rechnung wurde nicht vorgelegt.
Der geltend gemachte Anspruch auf Kostenerstattung ist auch aus anderen Gründen abzulehnen. Denn die streitige Behandlung war keine unaufschiebbare Leistung und die Beklagte hat auch Kosten nicht zu Unrecht abgelehnt.
Unter den Begriff unaufschiebbare Leistungen im Sinne dieser Vorschrift fallen Notfälle gemäß § 76 Abs.1 Satz 2 SGB V, die dann vorliegen, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar war und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nicht-Vertragsarztes angewiesen war (BSG vom 24.05.1972 BSGE 34, 172; BSG vom 20.10.1972 BSGE 35, 10), sowie andere dringliche Bedarfslagen (BSG vom 18.05.1978 BSGE 46, 179).
Gegen einen krankenversicherungsrechtlichen Notfall spricht schon die Tatsache, dass sich die Klägerin in der Behandlung von zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Orthopäden befunden hat. Denn Dr.N. und Dr.B. sind in D. in einer vertragärztlichren Gemeinschaftspraxis tätig. Gründe für eine Versorgungslücke sind hier nicht ersichtlich, da der Klägerin, abgesehen von der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung auch eine Reihe zugelassener Fachkliniken in Augsburg zur Verfügung steht. Eine Systemstörung ist, wie im vorliegenden Falle, gleichfalls zu verneinen, wenn eine Leistung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist, d.h. vom Krankenversicherungsträger nicht erbracht werden darf. Die Krankenkassen haben im Rahmen der ihnen obliegenden Garantiehaftung für Systemmängel nur dafür einzustehen, dass die zur Zeit medizinisch möglichen, notwendigen und zweckmäßigen Leistungen erbracht werden (BSG vom 16.07.1996 BSGE 79, 53; BSG vom 16.12.1993 BSGE 73, 271). Grundvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch ist, dass der Versicherte einen Naturalleistungs- oder Naturalverschaffungsanspruch (Primäranspruch) auf die Sach- oder Dienstleistung hatte, den die Krankenkasse nicht erfüllt hat. Hiervon kann nicht die Rede sein; denn die Klägerin hat sich in vertragsärztlicher orthopädischer Behandlung befunden, die spezifische und zweckmäßige Maßnahmen zur Therapie der Krankheit umfasst.
Selbst wenn der Senat eine Unaufschiebbarkeit der streitigen Leistung unterstellt, ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie es versäumt hat, die Beklagte vor Aufnahme der Behandlung in der ersten Behandlungsserie von der außervertraglichen Therapie in Kenntnis zu setzen. Nach der Entscheidung des BSG vom 25.09.2000 (SozR 3-2500 § 13 Nr.22) wird für die erste Alternative des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs.3 SGB V neben der Unaufschiebbarkeit vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. Der Kostenerstattungsanspruch kann mit dem Unvermögen der Krankenkasse zur rechtzeitigen Erbringung einer unaufschiebbaren Leistung nur begründet werden, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zumutbar war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten. Derartige Gründe sind hier weder von der Klägerin vorgetragen worden, noch den sonstigen Umständen der Leistungserbringung zu entnehmen.
Der Klägerin steht eine Kostenerstattung auch nicht nach der zweiten Alternative des § 13 Abs.3 SGB V zu, da die Beklagte eine Kostenübernahme der PST nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Auch hier kommt dem Umstand, dass die Klägerin bereits die erste Behandlungsserie abgeschlossen hat, bevor sie die Beklagte mit ihrem Begehren der Kostenerstattung für eine außervertragliche Leistung konfrontiert hat, Bedeutung zu. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG vom 19.06.2001, SGb 2001 549; BSG vom 15.04.1997 SozSich 1998, 38; BSG vom 24.09.1996 BSGE 79, 125; BSG vom 16.12.1993 SozR 3-2500 § 12 Nr.4; BSG vom 10.02.1993 SozR 3-2200 § 182 Nr.15) sind die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung im Regelfall nicht zu erstatten, wenn der Versicherte sich die Leistung besorgt, ohne zuvor mit der Krankenkasse Kontakt aufzunehmen und deren Entscheidung abzuwarten. Einer der Beschaffung vorgeschalteten Entscheidung der Krankenkasse bedarf es unabhängig davon, welcher Art die in Anspruch genommene Leistung ist und in welcher Höhe dafür Kosten anfallen. Damit schließt § 13 Abs.3 SGB V eine Kostenerstattung für die Zeit vor der Leistungserbringung generell aus (BSG vom 10.05.1995 SozR 3-2500 § 33 Nr.15). Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu, da die Klägerin die Beklagte erst am 20.03.2001 von der Behandlung nach der PST-Methode unterrichtet hat, die in dem Zeitraum vom 30.01. bis 14.02.2001 erbracht worden ist. Die Klägerin hätte, damit der in § 13 Abs.3 SGB V geforderte Kausalzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht, insoweit den Erlass eines Bescheides der Beklagten abwarten müssen.
Bezüglich etwaiger, nach der ersten Ablehnung durch die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2001 durchgeführter Behandlungen nach der PST gilt, dass diese Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist. Denn es handelt sich hierbei um eine nicht zweckmäßige Behandlungsmethode im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes des § 12 Abs.1 SGB V. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift müssen die Leistungen der Krankenkasse ausreichend, zweckmäßig und unwirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Maßstab für die Zweckmäßigkeit von Leistungen ist § 2 Abs.1 Satz 3 und Abs.4 SGB V. Danach haben die Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, dass die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden. Hierzu ergänzt § 135 SGB V, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.5 SGB V Empfehlungen abgegeben haben über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachten Methoden- nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. § 135 Abs.1 SGB V schließt die Leistungspflicht der Krankenkassen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden solange aus, bis diese vom zuständigen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen als zweckmäßig anerkannt sind (BSG vom 16.09.1997 SozR 3-2500 § 92 Nr.7; BSG vom 16.09.1997 SozR 3-2500 § 135 Nr.4; BSG vom 28.03.2000 BSGE 86, 54; BSG vom 28.03.2000 ZfS 2000, 180).
Im vorliegenden Fall hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen in den BUB-Richtlinien Anlage B Nr.24 die "pulsierende Signaltherapie" aufgeführt (Beschluss des Bundesausschusses vom 10.12.1999, Bundesanzeiger Nr.56 vom 21.03.2000). Daraus ergibt sich, dass diese Behandlungsmethode nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung ist und damit auch nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen entweder im Wege der Sachleistung oder der Kostenerstattung abgerechnet werden darf.
Hat der Bundesausschuss bereits eine negative Empfehlung über die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode abgegeben, so ist seine Entscheidung von der Verwaltung und den Gerichten zu beachten. Der Versicherte, der sich eine in den Richtlinien ausgeschlossene Behandlung auf eigene Rechnung beschafft, kann im Kostenerstattungsverfahren nicht einwenden, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig und in seinem konkreten Fall wirksam gewesen. Damit ist auch der Einwand der Klägerin unbeachtlich, die Behandlung habe ihre Schmerzen verringert.
Ebenso wenig kommt es darauf an, dass in dem von der Klägerin vorgelegten Attest des PST-Behandlungszentrums (Dr.N. , Dr.B.) behaupet wird, dass in der Zeit von Ende 1996 bis Mitte 2000 über 80.000 Patienten mit der PST behandelt worden seien und bei 75 % dieser Patienten eine signifikante Reduzierung der Schmerzen erreicht worden sei. Abgesehen davon, dass ein derartiges Attest nichts über die tatsächliche Wirksamkeit der streitigen Methode besagt, kommt es auf die Beurteilung des Wirksamkeitsnachweises bzw. die Durchsetzung der Behandlungsweise in der medizinischen Praxis nicht an, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen zeitnah eine negative Empfehlung abgegeben hat.
Die Berufung ist auch im Feststellungsantrag unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Kosten der Behandlung nach der PST zu übernehmen, solange der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nicht eine positive Empfehlung abgegeben hat bzw. von einem Systemmangel auszugehen ist. Der Behandlungsanspruch der Klägerin richtet sich nach den oben genannten Maßstäben, nämlich dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit der Leistung im Hinblick auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Kenntnisse (§§ 2 Abs.1 Satz 3, 27 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V, 135 Abs.1 SGB V). Auch hier ist der Leistungsausschluss der PST durch den oben genannten Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen in Anlage B der BUB-Richtlinien zu beachten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.2 Nr.1, 2 SGG).
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