Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 308/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 54/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 16. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Weiterzahlung von Krankengeld über den 10.02.1998 hinaus.
Die 1949 geborene Klägerin hatte bis 1986 als landwirtschaftliche Unternehmerin gearbeitet. Daran schloss sich eine Teilzeitarbeit als Putzfrau bis 1990. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen wurde sie anschließend zur Bürofachkraft umgeschult und war bis 1995 in diesem Beruf tätig. Anschließend war sie arbeitslos. Arbeitslosengeld bezog sie zuletzt seit 22.05.1997. Wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden wurde sie stationär vom 08. bis 31.07.1997 in der Klinik G ... behandelt. Vom 05.12.1997 an war sie mit der Diagnose: "lumbales Schmerzsyndrom unklarer Genese" erneut arbeitsunfähig. Das Arbeitslosengeld wurde bis einschließlich 15.01.1998 bezahlt. Anschließend leistete die Beklagte Krankengeld. Der behandelnde Arzt Dr.N ... bescheinigte fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bis 31.01.1998. Eine gutachterliche Überprüfung nach Lage der Akten durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen - MDK - hielt Arbeitsfähigkeit ab 02.02.1998 wieder für gegeben. Dr.N ... attestierte am 09.02.1998 eine Verschlimmerung, ohne sich zur Arbeitsfähigkeit zu äußern. Gleichzeitig wies er auf die somatoforme Schmerzfehlsteuerung bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden hin. Dr.R ... vom MDK schloss bei seiner Untersuchung am 10.02.1998 das Vorliegen weiterer Arbeitsunfähigkeit aus, was die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tage mitteilte, so dass es zu einer Nachzahlung von Krankengeld für den Zeitraum 02.02. bis 10.02.1998 kam. Die Klägerin meldete sich erneut arbeitslos und bezog im Folgenden Arbeitslosengeld bis zu ihrer Aussteuerung am 27.02.1998. Tags zuvor hatte sie sich erneut zu Dr.N ... begeben, der auf einem Auszahlungsschein bestätigte, dass die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig sei. Dieser Auszahlungsschein wurde der Beklagten am 06.03.1998 vorgelegt. Gegen die Einstellung des Krankengeldes, die die Beklagte noch einmal mit Schreiben vom 24.02.1998 bestätigt hatte, erhob die Klägerin Widerspruch und bezog sich auf eine Untersuchung des Orthopäden Dr.E ..., der am 13.02.1998 eine ausgeprägte Ostheochondrose im Segment L5/S1 mit zusätzlichen Bandscheibenvorfällen mit mäßiger Raumforderung sowie deutliche Spondylarthrose diagnostiziert hatte. Die Beklagte, der seitens der behandelnden Ärzte keine weitere Arbeitsunfähigkeit förmlich gemeldet worden war, zog Behandlungsunterlagen der Klägerin bei und machte sie dem MDK zugänglich. Dort wurde die Klägerin am 23.04.1998 von Dr.R ... erneut untersucht, der den Eintritt einer Befundverschlechterung ausschloss. Darauf gestützt lehnte es die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 26.06.1998 ab, die Krankengeldzahlung zu verlängern, weil das Beschwerdebild bei der Klägerin nicht weiter zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Die Klägerin selbst war vom 29.04 bis 15.05.1998 stationär im Krankenhaus B ... ohne operativen Eingriff behandelt und von dort als arbeitsunfähig entlassen worden. Anschließend kam es zu Rehabilitationsmaßnahmen in der Klinik W ...
Am 01.07.1998 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München. Aufgrund ihres umfassenden Beschwerdekomplexes könne sie weder in dem früheren Beruf als Putzfrau noch im Umschulungsberuf als Bürofachkraft vollschichtig tätig sein. Auch die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, ihr eine körperlich zumutbare Arbeit zu benennen. Nach Auskunft des Arbeitsamtes P ... wurde die Klägerin auch nach Auslaufen des Bezuges von Arbeitslosengeld als vermittlungsfähig für leichte körperliche Arbeiten geführt. Nach Einholung medizinischer Unterlagen erhob das Sozialgericht Beweis durch eine Sachverständigenbegutachtung durch den Orthopäden Dr.F ... Er kam nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen und nach ambulanter Untersuchung am 16.08.1999 zu dem Ergebnis, dass die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen bei der Klägerin besonders die Lendenwirbelsäule beträfen. Mögliche auftretende akute bandscheibenbedingte Erkrankungen in Form etwa einer Ischialgie oder eines Hexenschusses könnten zeitweilige Arbeitsunfähigkeit als Raumpflegerin oder Bürokauffrau herbeiführen. Der Nachweis von Vorhandensein der Bandscheibenvorfälle allein sei ohne klinische Relevanz wenig bedeutsam, sondern erst dann, wenn zusätzliche Defizite aufträten. Es sei aber rückblickend nicht mehr zu verifizieren, ob ein derartiger Zustand über den 10.02.1998 hinaus vorgelegen habe. Ein gelegentlicher Haltungswechsel trage den Beschwerden der Klägerin ausreichend Rechnung. Ein Wechsel der Körperposition zwischen Gehen und Stehen helfe unzumutbare Schmerzen zu vermeiden. Die Gutachter hatten auch auf das ausgeprägte Übergewicht (161 cm/81,5 kg) hingewiesen. Das Sozialgericht folgerte aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Richtigkeit der Annahme vom Vorliegen der Arbeitsfähigkeit nach dem 10.02.1998 und wies mit Urteil vom 16.12.1999 die Klage ab.
In der dagegen am 19.04.2000 eingelegten Berufung beanstandet die Klägerin, dass vor allem ihren Schmerzen nicht ausreichend Rechnung getragen worden seien. Ihr vielfältiges Krankheitsbild verwehre ihr die Aufnahme einer Arbeit. Dazu bezog sie sich auf ein privat eingeholtes Gutachten des Arztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr.L ... vom 18.09.2000. Er betonte die Regelwidrigkeit der intersakralen Gelenke im Bereich des Kreuzdarmbeins, was bislang nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Der Klägerin sei eine Tätigkeit als Bürokauffrau im vollschichtigen Umfang nur dann möglich, wenn die augenblickliche Schmerzsymptomatik, wie sie sich im Zeitpunkt der Untersuchung darstelle, entscheidend gebessert werden könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.12.1999 und den zu Grunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 12.02.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 10.02.1998 hinaus bis zur Erschöpfung des Krankengeldanspruches zu bezahlen, hilfsweise, die bestehende Schmerzsymptomatik bei ihr näher zu ermitteln.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben neben den Leistungsakten der Beklagten die Gerichtsakten beider Instanzen vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM übersteigt (§ 144 SGG), ist zulässig, sie erweist sich als unbegründet.
Der Sachverhalt ist ausreichend aufgeklärt. Die Ermittlungen haben nichts zu Tage gefördert, was den Nachweis einer Fehleinschätzung durch die Beklagte erbringen könnte. Das Gericht kann die Verwaltungsentscheidung nicht korrigieren, denn es fehlt an anspruchsbegründenden Tatsachen für das klägerische Begehren auf Krankengeldzahlung im Rahmen des § 44 Abs.1 Satz 1 SGB V nach dem 10.02.1998. Danach haben Versicherte unter anderem Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Dabei ist Arbeitsunfähigkeit dann anzunehmen, wenn Versicherte ihre zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, ihren Zustand zu verschlimmern, verrichten können (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG vom 08.02.2000, SozR 3-2500, § 49, Nr.4, S.12). Mit Anspruch auf Krankengeld versichert war die Klägerin auf der Grundlage des § 5 Abs.1 Nr.2 SGB V während des Bezuges von Arbeitslosengeld, also bis einschließlich 27.02.1998. Für die Zeit danach setzte die Krankenversicherung als Formalversicherte nach § 189 SGB V aufgrund der Rentenantragstellung ein. Aus dieser Versicherung kann jedoch kein Krankengeldanspruch erwachsen. Die Pflichtversicherung mit Krankengeldanspruch ist auch nicht auf der Grundlage des § 192 Abs.1 Nr.2 SGB V über den 27.02.1998 hinaus erhalten geblieben, weil nach diesem Tag weder Krankengeld bezogen wurde noch ein Anspruch darauf bestand. Das heißt, es ist zunächst ohne Bedeutung, ob die Klägerin Ende März oder im April 1998 wieder arbeitsunfähig geworden sein könnte, so lange nicht Arbeitsunfähigkeit am 27.02. bestanden hatte. Dies ist aber auszuschließen, weil alle Anzeichen darauf hindeuten, dass die Klägerin bereits am 10. bzw. 11.02.1998 wieder arbeitsfähig war. Die Arbeitsfähigkeit ist an ganz leichten Frauenarbeiten zu messen, wozu auch der Umschulungsberuf zu zählen ist. Dabei ist die Klägerin nicht als Bürokauffrau zu beurteilen, sondern als Bürofachkraft, wozu die Verrichtung einfacher, helfender Tätigkeiten in allen Bereichen der Bürotätigkeit zu zählen ist. Von den körperlichen Anforderungen her besteht in der Regel kein Unterschied zwischen beiden Berufen. Nachdem die Arbeitsunfähigkeit am 05.12.1997 eingetreten war, also zu einem Zeitpunkt, als die letzte Beschäftigung schon seit mehr als einem halben Jahr beendet war, ist zu fragen, ob die Klägerin am 11.02.1998 außer Stande war, irgendeine leichte Arbeit vollschichtig zu verrichten, eine Arbeit, für die sie vom Arbeitsamt für vermittlungsfähig angesehen und zwischen dem 11. und 27.02. auch Arbeitslosengeld bezogen hat. Eine zumutbare, konkrete Arbeit braucht die Beklagte nicht zu benennen. Bei Abwägung der gesundheitlichen Verhältnisse verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin zumindest bis 1986 als Landwirtin sicherlich öfters über ihre Kräfte gearbeitet hat und insbesonders auch keine Rücksicht auf ihren Rücken nehmen konnte, sich dort im Laufe der Zeit Abnutzungserscheinungen und unter der erhöhten Belastung des beachtlichen Übergewichts gebildet haben. So besteht kein Zweifel daran, dass die Wirbelsäule bei der Klägerin an verschiedenen Wirbelkörpern bzw. den Bandscheiben geschädigt ist. Diese Schädigung allein führt aber nicht zu einer derart lang andauernden Arbeitsunfähigkeit, wie die Klägerin meint. Das heißt, aus der Diagnose einer Erkrankung der Wirbelsäule kann noch nicht gefolgert werden, dass damit die Einsatzfähigkeit im Beruf verloren gegangen ist. Bei der Betrachtung des Gesamtbildes der klägerischen Erkrankung, auch im Hinblick auf den Beginn bereits Anfang Dezember 1997, ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass für den hier streitigen Zeitpunkt, den 10.02.1998, von einem zeitweiligen Zustand der Stabilisierung auszugehen ist, wie er von allen Ärzten für möglich gehalten wird. Hinzu kommt, eine zeitnahe Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liegt nicht vor. Selbst Dr.E ..., der die Klägerin am 13.02.1998 ausführlich untersucht und den Zustand der Wirbelsäule beschrieben hat, hat keine AU-Bescheinigung ausgestellt. Ferner hat das Arbeitsamt keinen Zweifel an der Vermittlungsfähigkeit nach dem 10.02.1998 geäußert und weiterhin das Arbeitslosengeld bezahlt. Es verwundert bei dem Krankheitsbild der Klägerin nicht, dass die Diagnosebezeichnungen der verschiedenen Ärzte nicht wörtlich deckungsgleich sind. Hinzu kommt, dass der von der Klägerin privat aufgesuchte Chirurg Dr.L ... im Herbst 2000 die von den intersakralen Gelenken ausgehenden Beeinträchtigungen mehr betont, als das die früher die Klägerin untersuchenden Ärzte getan haben. Übereinstimmung sieht der Senat aber darin, dass von Seiten der Mediziner - und das leuchtet auch dem medizinischen Laien ein - die Intervallmäßigkeit der Beschwerden hervorgehoben werden. Es wechseln sich bei dem Krankheitsbild der Klägerin nach Aussagen des Gerichtssachverständigen Dr.F ..., aber auch des privatärztlich konsultierten Dr.L ..., Phasen der besonderen Schmerzhaftigkeit mit Phasen der Erträglichkeit ab. So wie die Klägerin am 10.02.1998 bei der Untersuchung durch Dr.R ... in Erscheinung getreten ist, bestand zu dieser Zeit offenkundig eine Phase der Konsolidierung, was auch nach mehr als zweimonatiger Schonung und Regeneration einleuchtet. In dieses Bild passt es auch, wenn anschließend im April 1998 die Rückenbeschwerden der Klägerin zwar zu einer stationären Behandlung führten, jedoch offensichtlich auch zu diesem Zeitpunkt nicht so ausgeprägt waren, dass sie operativ hätten behandelt werden müssen. Da insoweit die Dinge ineinander passen und auch keine rechtserheblichen Gegensätze oder Unklarheiten verblieben sind, hat der Senat keinen Anlass für eine weitere Sachaufklärung in Form einer Beweiserhebung durch Gutachtenserstellung gesehen. Der für die Klägerin sicherlich einschneidende Umstand, dass sie nach Aussteuerung durch das Arbeitsamt weder Lohnersatzleistungen noch Rentenzahlungen erhält, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte mit unbegrenzter Zahlung des Krankengeldes diese wirtschaftliche Lücke bei der Klägerin füllen muss. Es besteht kein Rechtsgrund, das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts München zu beanstanden noch die Weigerung der Beklagten, das Krankengeld für eine längere Zeitdauer zu bezahlen.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für das Rechtsmittel gesetzt hat, sind der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Weiterzahlung von Krankengeld über den 10.02.1998 hinaus.
Die 1949 geborene Klägerin hatte bis 1986 als landwirtschaftliche Unternehmerin gearbeitet. Daran schloss sich eine Teilzeitarbeit als Putzfrau bis 1990. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen wurde sie anschließend zur Bürofachkraft umgeschult und war bis 1995 in diesem Beruf tätig. Anschließend war sie arbeitslos. Arbeitslosengeld bezog sie zuletzt seit 22.05.1997. Wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden wurde sie stationär vom 08. bis 31.07.1997 in der Klinik G ... behandelt. Vom 05.12.1997 an war sie mit der Diagnose: "lumbales Schmerzsyndrom unklarer Genese" erneut arbeitsunfähig. Das Arbeitslosengeld wurde bis einschließlich 15.01.1998 bezahlt. Anschließend leistete die Beklagte Krankengeld. Der behandelnde Arzt Dr.N ... bescheinigte fortbestehende Arbeitsunfähigkeit bis 31.01.1998. Eine gutachterliche Überprüfung nach Lage der Akten durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen - MDK - hielt Arbeitsfähigkeit ab 02.02.1998 wieder für gegeben. Dr.N ... attestierte am 09.02.1998 eine Verschlimmerung, ohne sich zur Arbeitsfähigkeit zu äußern. Gleichzeitig wies er auf die somatoforme Schmerzfehlsteuerung bezüglich der Wirbelsäulenbeschwerden hin. Dr.R ... vom MDK schloss bei seiner Untersuchung am 10.02.1998 das Vorliegen weiterer Arbeitsunfähigkeit aus, was die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom gleichen Tage mitteilte, so dass es zu einer Nachzahlung von Krankengeld für den Zeitraum 02.02. bis 10.02.1998 kam. Die Klägerin meldete sich erneut arbeitslos und bezog im Folgenden Arbeitslosengeld bis zu ihrer Aussteuerung am 27.02.1998. Tags zuvor hatte sie sich erneut zu Dr.N ... begeben, der auf einem Auszahlungsschein bestätigte, dass die Klägerin weiterhin arbeitsunfähig sei. Dieser Auszahlungsschein wurde der Beklagten am 06.03.1998 vorgelegt. Gegen die Einstellung des Krankengeldes, die die Beklagte noch einmal mit Schreiben vom 24.02.1998 bestätigt hatte, erhob die Klägerin Widerspruch und bezog sich auf eine Untersuchung des Orthopäden Dr.E ..., der am 13.02.1998 eine ausgeprägte Ostheochondrose im Segment L5/S1 mit zusätzlichen Bandscheibenvorfällen mit mäßiger Raumforderung sowie deutliche Spondylarthrose diagnostiziert hatte. Die Beklagte, der seitens der behandelnden Ärzte keine weitere Arbeitsunfähigkeit förmlich gemeldet worden war, zog Behandlungsunterlagen der Klägerin bei und machte sie dem MDK zugänglich. Dort wurde die Klägerin am 23.04.1998 von Dr.R ... erneut untersucht, der den Eintritt einer Befundverschlechterung ausschloss. Darauf gestützt lehnte es die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 26.06.1998 ab, die Krankengeldzahlung zu verlängern, weil das Beschwerdebild bei der Klägerin nicht weiter zur Arbeitsunfähigkeit geführt habe. Die Klägerin selbst war vom 29.04 bis 15.05.1998 stationär im Krankenhaus B ... ohne operativen Eingriff behandelt und von dort als arbeitsunfähig entlassen worden. Anschließend kam es zu Rehabilitationsmaßnahmen in der Klinik W ...
Am 01.07.1998 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München. Aufgrund ihres umfassenden Beschwerdekomplexes könne sie weder in dem früheren Beruf als Putzfrau noch im Umschulungsberuf als Bürofachkraft vollschichtig tätig sein. Auch die Beklagte sei nicht in der Lage gewesen, ihr eine körperlich zumutbare Arbeit zu benennen. Nach Auskunft des Arbeitsamtes P ... wurde die Klägerin auch nach Auslaufen des Bezuges von Arbeitslosengeld als vermittlungsfähig für leichte körperliche Arbeiten geführt. Nach Einholung medizinischer Unterlagen erhob das Sozialgericht Beweis durch eine Sachverständigenbegutachtung durch den Orthopäden Dr.F ... Er kam nach Auswertung der beigezogenen Unterlagen und nach ambulanter Untersuchung am 16.08.1999 zu dem Ergebnis, dass die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen bei der Klägerin besonders die Lendenwirbelsäule beträfen. Mögliche auftretende akute bandscheibenbedingte Erkrankungen in Form etwa einer Ischialgie oder eines Hexenschusses könnten zeitweilige Arbeitsunfähigkeit als Raumpflegerin oder Bürokauffrau herbeiführen. Der Nachweis von Vorhandensein der Bandscheibenvorfälle allein sei ohne klinische Relevanz wenig bedeutsam, sondern erst dann, wenn zusätzliche Defizite aufträten. Es sei aber rückblickend nicht mehr zu verifizieren, ob ein derartiger Zustand über den 10.02.1998 hinaus vorgelegen habe. Ein gelegentlicher Haltungswechsel trage den Beschwerden der Klägerin ausreichend Rechnung. Ein Wechsel der Körperposition zwischen Gehen und Stehen helfe unzumutbare Schmerzen zu vermeiden. Die Gutachter hatten auch auf das ausgeprägte Übergewicht (161 cm/81,5 kg) hingewiesen. Das Sozialgericht folgerte aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Richtigkeit der Annahme vom Vorliegen der Arbeitsfähigkeit nach dem 10.02.1998 und wies mit Urteil vom 16.12.1999 die Klage ab.
In der dagegen am 19.04.2000 eingelegten Berufung beanstandet die Klägerin, dass vor allem ihren Schmerzen nicht ausreichend Rechnung getragen worden seien. Ihr vielfältiges Krankheitsbild verwehre ihr die Aufnahme einer Arbeit. Dazu bezog sie sich auf ein privat eingeholtes Gutachten des Arztes für Chirurgie und Sozialmedizin Dr.L ... vom 18.09.2000. Er betonte die Regelwidrigkeit der intersakralen Gelenke im Bereich des Kreuzdarmbeins, was bislang nicht ausreichend gewürdigt worden sei. Der Klägerin sei eine Tätigkeit als Bürokauffrau im vollschichtigen Umfang nur dann möglich, wenn die augenblickliche Schmerzsymptomatik, wie sie sich im Zeitpunkt der Untersuchung darstelle, entscheidend gebessert werden könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 16.12.1999 und den zu Grunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 12.02.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 10.02.1998 hinaus bis zur Erschöpfung des Krankengeldanspruches zu bezahlen, hilfsweise, die bestehende Schmerzsymptomatik bei ihr näher zu ermitteln.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben neben den Leistungsakten der Beklagten die Gerichtsakten beider Instanzen vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, deren Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM übersteigt (§ 144 SGG), ist zulässig, sie erweist sich als unbegründet.
Der Sachverhalt ist ausreichend aufgeklärt. Die Ermittlungen haben nichts zu Tage gefördert, was den Nachweis einer Fehleinschätzung durch die Beklagte erbringen könnte. Das Gericht kann die Verwaltungsentscheidung nicht korrigieren, denn es fehlt an anspruchsbegründenden Tatsachen für das klägerische Begehren auf Krankengeldzahlung im Rahmen des § 44 Abs.1 Satz 1 SGB V nach dem 10.02.1998. Danach haben Versicherte unter anderem Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Dabei ist Arbeitsunfähigkeit dann anzunehmen, wenn Versicherte ihre zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, ihren Zustand zu verschlimmern, verrichten können (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BSG vom 08.02.2000, SozR 3-2500, § 49, Nr.4, S.12). Mit Anspruch auf Krankengeld versichert war die Klägerin auf der Grundlage des § 5 Abs.1 Nr.2 SGB V während des Bezuges von Arbeitslosengeld, also bis einschließlich 27.02.1998. Für die Zeit danach setzte die Krankenversicherung als Formalversicherte nach § 189 SGB V aufgrund der Rentenantragstellung ein. Aus dieser Versicherung kann jedoch kein Krankengeldanspruch erwachsen. Die Pflichtversicherung mit Krankengeldanspruch ist auch nicht auf der Grundlage des § 192 Abs.1 Nr.2 SGB V über den 27.02.1998 hinaus erhalten geblieben, weil nach diesem Tag weder Krankengeld bezogen wurde noch ein Anspruch darauf bestand. Das heißt, es ist zunächst ohne Bedeutung, ob die Klägerin Ende März oder im April 1998 wieder arbeitsunfähig geworden sein könnte, so lange nicht Arbeitsunfähigkeit am 27.02. bestanden hatte. Dies ist aber auszuschließen, weil alle Anzeichen darauf hindeuten, dass die Klägerin bereits am 10. bzw. 11.02.1998 wieder arbeitsfähig war. Die Arbeitsfähigkeit ist an ganz leichten Frauenarbeiten zu messen, wozu auch der Umschulungsberuf zu zählen ist. Dabei ist die Klägerin nicht als Bürokauffrau zu beurteilen, sondern als Bürofachkraft, wozu die Verrichtung einfacher, helfender Tätigkeiten in allen Bereichen der Bürotätigkeit zu zählen ist. Von den körperlichen Anforderungen her besteht in der Regel kein Unterschied zwischen beiden Berufen. Nachdem die Arbeitsunfähigkeit am 05.12.1997 eingetreten war, also zu einem Zeitpunkt, als die letzte Beschäftigung schon seit mehr als einem halben Jahr beendet war, ist zu fragen, ob die Klägerin am 11.02.1998 außer Stande war, irgendeine leichte Arbeit vollschichtig zu verrichten, eine Arbeit, für die sie vom Arbeitsamt für vermittlungsfähig angesehen und zwischen dem 11. und 27.02. auch Arbeitslosengeld bezogen hat. Eine zumutbare, konkrete Arbeit braucht die Beklagte nicht zu benennen. Bei Abwägung der gesundheitlichen Verhältnisse verkennt der Senat nicht, dass die Klägerin zumindest bis 1986 als Landwirtin sicherlich öfters über ihre Kräfte gearbeitet hat und insbesonders auch keine Rücksicht auf ihren Rücken nehmen konnte, sich dort im Laufe der Zeit Abnutzungserscheinungen und unter der erhöhten Belastung des beachtlichen Übergewichts gebildet haben. So besteht kein Zweifel daran, dass die Wirbelsäule bei der Klägerin an verschiedenen Wirbelkörpern bzw. den Bandscheiben geschädigt ist. Diese Schädigung allein führt aber nicht zu einer derart lang andauernden Arbeitsunfähigkeit, wie die Klägerin meint. Das heißt, aus der Diagnose einer Erkrankung der Wirbelsäule kann noch nicht gefolgert werden, dass damit die Einsatzfähigkeit im Beruf verloren gegangen ist. Bei der Betrachtung des Gesamtbildes der klägerischen Erkrankung, auch im Hinblick auf den Beginn bereits Anfang Dezember 1997, ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass für den hier streitigen Zeitpunkt, den 10.02.1998, von einem zeitweiligen Zustand der Stabilisierung auszugehen ist, wie er von allen Ärzten für möglich gehalten wird. Hinzu kommt, eine zeitnahe Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liegt nicht vor. Selbst Dr.E ..., der die Klägerin am 13.02.1998 ausführlich untersucht und den Zustand der Wirbelsäule beschrieben hat, hat keine AU-Bescheinigung ausgestellt. Ferner hat das Arbeitsamt keinen Zweifel an der Vermittlungsfähigkeit nach dem 10.02.1998 geäußert und weiterhin das Arbeitslosengeld bezahlt. Es verwundert bei dem Krankheitsbild der Klägerin nicht, dass die Diagnosebezeichnungen der verschiedenen Ärzte nicht wörtlich deckungsgleich sind. Hinzu kommt, dass der von der Klägerin privat aufgesuchte Chirurg Dr.L ... im Herbst 2000 die von den intersakralen Gelenken ausgehenden Beeinträchtigungen mehr betont, als das die früher die Klägerin untersuchenden Ärzte getan haben. Übereinstimmung sieht der Senat aber darin, dass von Seiten der Mediziner - und das leuchtet auch dem medizinischen Laien ein - die Intervallmäßigkeit der Beschwerden hervorgehoben werden. Es wechseln sich bei dem Krankheitsbild der Klägerin nach Aussagen des Gerichtssachverständigen Dr.F ..., aber auch des privatärztlich konsultierten Dr.L ..., Phasen der besonderen Schmerzhaftigkeit mit Phasen der Erträglichkeit ab. So wie die Klägerin am 10.02.1998 bei der Untersuchung durch Dr.R ... in Erscheinung getreten ist, bestand zu dieser Zeit offenkundig eine Phase der Konsolidierung, was auch nach mehr als zweimonatiger Schonung und Regeneration einleuchtet. In dieses Bild passt es auch, wenn anschließend im April 1998 die Rückenbeschwerden der Klägerin zwar zu einer stationären Behandlung führten, jedoch offensichtlich auch zu diesem Zeitpunkt nicht so ausgeprägt waren, dass sie operativ hätten behandelt werden müssen. Da insoweit die Dinge ineinander passen und auch keine rechtserheblichen Gegensätze oder Unklarheiten verblieben sind, hat der Senat keinen Anlass für eine weitere Sachaufklärung in Form einer Beweiserhebung durch Gutachtenserstellung gesehen. Der für die Klägerin sicherlich einschneidende Umstand, dass sie nach Aussteuerung durch das Arbeitsamt weder Lohnersatzleistungen noch Rentenzahlungen erhält, kann nicht dazu führen, dass die Beklagte mit unbegrenzter Zahlung des Krankengeldes diese wirtschaftliche Lücke bei der Klägerin füllen muss. Es besteht kein Rechtsgrund, das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts München zu beanstanden noch die Weigerung der Beklagten, das Krankengeld für eine längere Zeitdauer zu bezahlen.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für das Rechtsmittel gesetzt hat, sind der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG). Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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