Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AL 54/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 3/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Bewilligungsbescheides über die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) und die Rückforderung der gezahlten Fördermittel.
Die damals kommunalrechtlich selbständige Gemeinde K., die heute als Ortsteil zur Gemeinde P., die nunmehr Klägerin ist, gehört, stellte am 21. Oktober 1998 bei der Beklagten einen Antrag auf Förderung einer ABM. Als Kurzbeschreibung der Maßnahme war im Antrag angegeben: "Sanierung Wohnhaus Fleischergasse 17 und Umbau zur Heimatstube. Die Gemeinde K. möchte in einem alten 1½geschossigen Lehmhaus aus dem 18. Jahrhundert eine Heimatstube schaffen, in der Gegenstände des täglichen Bedarfs vergangener Generationen ausgestellt werden und unter anderem den Schuldkindern der Ökoschule K. die Geschichte näher gebracht werden kann." Als Ziel und Zweck der Maßnahme und auszuführende Arbeiten war angegeben: "Es sind Abbruch- und Bauhilfsarbeiten auszuführen. Sämtliche Sichtfugen im Bruchstein- bzw. Klinikermauerwerk des Gebäudesockels sind für die Neuverfugung sorgfältig auszustemmen, das Mauerwerk ist gründlich zu reinigen. Hilfs- und Sicherungsgerüste sind zuzuschneiden und aufzustellen. Lehmwände sind abzubrechen und teilweise durch Einsetzen von Lehmziegeln zu ergänzen. Hilfsleistungen beim Auswechseln von geschädigten Deckenbalkenteilen sind zu leisten." Zum Bestehen des öffentlichen Interesses an den Arbeiten (Nutzen für die Allgemeinheit) wurde ausgeführt: "Die Gemeinde K. möchte zur kulturellen Aufwertung des Ortes eine Heimatstube einrichten, in der traditionelle Lebensformen der ländlichen Bevölkerung in den vergangenen Generationen verdeutlicht und präsentiert werden. Ein sonst dem Verfall preisgegebenes Wohnhaus des 18./19. Jahrhunderts wird damit wieder in Nutzung gebracht und das abgeschlossene Bauensemble der ältesten Straße von K., der Fleischergasse erhalten bleiben können."
Mit zwei Bescheiden vom 4. November 1998 bewilligte die Beklagte Zuschüsse in Höhe von 100% der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte für vier zugewiesene Arbeitnehmer und einen Zuschuss im Rahmen der verstärkten Förderung bei Vergabe sowie einen Zuschuss in Höhe von 4.800,00 DM zu den notwendigen Sachkosten. In der Folge wurde dann Arbeiten an dem benannten Gebäude von im Rahmen eines Vergabeverfahrens beauftragten Firmen mit von der Beklagten zugewiesen, vorher arbeitslosen Arbeitnehmern durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde das baufällige Gebäude F. saniert. Dabei wurden in dem Gebäude mit einem Erd- und eine Obergeschoss im Erdgeschoss die baulichen Voraussetzungen für die Einrichtung von Ausstellungsräumen für die Heimatstube geschaffen. Auf der gesamten Fläche des Obergeschosses wurden aber zwei abgeschlossene Wohnungen errichtet.
Die Beklagte überwies an die Gemeinde K. in der Folgezeit (Zeitraum vom 16. November 1998 bis zum 1. Juni 1999) für die ABM aufgrund der ausgesprochenen Bewilligungen insgesamt 304.855,00 DM (dies entspricht einem Betrag von gerundet EUR).
Im Jahr 2003 führte die Staatsanwaltschaft Halle ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die ehemalige Bürgermeisterin der Gemeinde K. u.a wegen des Verdachts der Untreue und Betrugs durch und bat die Gemeinde K. mit Schreiben vom 3. Februar 2003 um Übersendung der Akten zur Förderung von Projekten der Gemeinde. Bei Auswertung der Akten ergab sich u. a.: Die Gemeinde hatte bereits am 22. Dezember 1999 gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurerneuerung zur geplanten Sanierung des Hauses in der F. angegeben, es sei die Nutzung als "Wohnhaus und als Heimatmuseum" beabsichtigt. In einem Aktenvermerk einer beim von der Gemeinde K. beauftragten Ingenieurbüro Schmerschneider beschäftigten Architektin vom 29. August 1998 wird zur beabsichtigten Sanierung des Objekts F. angegeben "Nutzg.-Konzeptvorschlag 2 WE als Maisonettwohnungen gleich groß/ABM-Vergabe bis 7.10.98 Unterlagen". Insoweit wird auf die vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Halle Bezug genommen.
In einem Schreiben vom 25. Februar 2004 teilte die Staatsanwaltschaft Halle dann der Beklagten zur Maßnahme "Sanierung Wohnhaus F. und Umbau zur Heimatstube" mit: In dem Obergeschoss des Gebäudes seien im Zuge der Bauarbeiten zwei Wohnungen eingerichtet worden, aus deren Vermietung die Gemeinde K. innerhalb des Zeitraums vom 1. August 1999 bis 31. Oktober 2003 einen Betrag von 38.723,21 EUR erzielt habe. Nach einer in den Akten der Gemeinde befindlichen Notiz vom 29. September 1998 habe bereits zu diesem Zeitpunkt die Absicht bestanden, in dem Objekt zwei Wohnung zu vermieten."
Die Beklagte hörte daraufhin die Gemeinde K. zu einer beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung der Förderung mit der Folge einer Rückforderung des Zuschusses in voller Höhe. Sie führt aus, die Bewilligung habe auf Angaben beruht, die die Gemeinde vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. Die Verfahrensbevollmächtigte der Gemeinde äußerte daraufhin die Ansicht, die Voraussetzungen für eine Förderfähigkeit hätten zum Zeitpunkt der Bewilligung vorgelegen. Mit Bescheid vom 14. Januar 2005 hob die Beklagte dann die Bewilligung der Fördermittel für die Maßnahme auf und forderte von der Gemeinde K. ausgezahlte Fördermittel in Höhe von 155.869,89 EUR zurück. Den hiergegen am 16. Februar 2005 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2005 zurück und führte aus: Die Gemeinde habe abweichend von den von ihr im Antrag gemachten Angaben mit den Fördermitteln auch Wohnungen geschaffen. Damit habe sie sich wie ein privates Unternehmen betätigt. Die Förderungsbewilligung sei deshalb als von Anfang an rechtswidrig zurückzunehmen.
Die Gemeinde K. hat am 24. Januar 2006 Klage beim Soziagericht Halle (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen angegeben: Zum Zeitpunkt des Förderantrags seien noch keine Einnahmen aus dem Umbau des Objekts erzielt worden, so dass dazu nichts im Förderantrag habe angegeben werden können. Außerdem sei keine überwiegend erwerbswirtschaftliche Funktion des Objekts gegeben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. November 2007 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Die Bewilligung der Fördermittel sei rechtswidrig gewesen und habe aufgehoben werden können. Die Errichtung und Vermietung der Wohnungen habe nicht im öffentlichen Interesse gelegen. Die Gemeinde habe so ganz erhebliche eigene Aufwendungen vermieden. Aus den von der Staatsanwaltschaft Halle sichergestellten Unterlagen gehe auch eindeutig hervor, dass die Gemeinde die Errichtung der Wohnung schon vor Stellung des Förderantrags geplant und dies bei den Angaben zur Förderung verschwiegen habe. Sie könne sich deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Die Gemeinde K. hat gegen das ihr am 6. Dezember 2007 zugestellte Urteil am 7. Januar 2008 (der 6. Januar 2008 war ein Feiertag in Sachsen-Anhalt) Berufung eingelegt. Sie beruft sich weiter darauf, dass die durchgeführte Maßnahme nicht überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen gedient habe und meint: Sie habe nicht durch die Durchführung der Maßnahme Einnahmen erzielt, sondern erst durch die Vermietung im Anschluss. Deshalb könne ihr nicht vorgehalten werden, wesentliche Umstände bei der Beantragung der Förderung nicht mitgeteilt zu haben.
Die nunmehrige Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. Dezember 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist von der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils überzeugt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagen und die von der Staatsanwaltschaft Halle beigezogen Akten (Geschäftsnummer 903 Js 46767/02 VRs) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die angesichts der streitigen Rückforderungssumme gemäß §§ 143, 144 des Sozialgesetzbuches (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten gerichtete Anfechtungsklage (gemäß der 1. Alternative des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) als unbegründet abgewiesen.
Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid vom 14. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2005 zutreffend auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) gestützt. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vor, ist dieser im Bereich des Arbeitsförderungsrechts nach § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit (ohne Ausübung von Ermessen) aufzuheben.
Bei den von der Beklagten aufgehobenen Bewilligungsbescheiden handelte es sich um unanfechtbar gewordene, die Gemeinde K. begünstigende Bewilligungen aus dem Bereich des Arbeitsförderungsrechts. Es handelte sich um die Bewilligung von Fördermitteln nach § 260 SGB III. Durch die Bewilligung wurde die Gemeinde K. begünstigt, denn es wurde für sie ein rechtlicher Vorteil begründet. Mit der Bewilligung wurde dem Förderantrag der Gemeinde im vollen Umfange entsprochen. Ihr wurde damit ein subjektiver Rechtsanspruch auf die zuschussweise Förderung eingeräumt. Die Bewilligung von Fördermitteln war hier auch von Anfang an rechtswidrig erfolgt. Voraussetzung für die Förderung ist nach § 260 Abs. 1 Nr. 2 SGB III unter anderem, dass in den Maßnahmen zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten durchgeführt werden. Arbeiten liegen nach § 261 Abs. 3 Satz 1 SGB III im öffentlichen Interesse, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Das Arbeitsergebnis muss deshalb einen Nutzen für einen unbestimmten Personenkreis haben. Dies konnte bei der konkret geförderten Maßnahme für die Einrichtung der Heimatstube und der Erhaltung der Bausubstanz eines historischen Gebäudes bejaht werden. Die Heimatstube sollte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Auch die Erhaltung des historischen Gebäudes war darauf ausgerichtet, ein Kulturgut für einen unbestimmten Personenkreis zu erhalten. Die Errichtung der beiden Wohnungen lag aber nicht im öffentlichen Interesse. Hier kam das Arbeitsergebnis nur einem kleinen, bestimmbaren Personenkreis (den Mietern) und der Gemeinde K. selbst zugute, die Miteinnahmen erzielen konnte. Ein öffentliches Interesse wird auch nicht dadurch begründet, dass die Mieteinnahmen dem Gemeindehaushalt zufließen. Dies ist nur ein mittelbarer Effekt des geschaffenen Arbeitsergebnisses und begründet nicht zwangsläufig einen Vorteil für die Allgemeinheit.
Die teilweise Verwendung der Fördermittel für die Durchführung nicht im öffentlichen Interesse liegender Arbeiten führt auch zur vollständigen Rechtswidrigkeit der Bewilligungen. Die Gewährung von Geldleistungen zur Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Das Ermessen bezieht sich sowohl darauf, ob eine Maßnahme überhaupt gefördert wird, als auch auf den Umfang der Förderung und darauf, ob eine verstärkte Förderung in Betracht kommt. Für eine solche Ermessenentscheidung ist es von erheblicher Bedeutung, ob die in der Maßnahme durchgeführten Arbeiten ganz oder nur zum Teil im öffentlichen Interesse liegen. Aufgrund der ihr von der Gemeinde K. gemachten Angaben ging die Beklagte bei ihrer Ermessenentscheidung davon aus, es sollten nur im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten durchgeführt werden. Insofern war die Errichtung der Wohnungen ein Umstand, der für die Bewilligung der Mittel für die Gesamtmaßnahme von Bedeutung war. Die Beklagte hat somit ihrer Ermessensentscheidung über die Bewilligung der Maßnahme nicht eine Bewertung aller für die Bewilligung relevanten Umstände zugrunde legen können. Die Ermessensentscheidung auf unrichtiger bzw. unvollständiger Grundlage führt zur Rechtswidrigkeit des gesamten Bewilligungsbescheides wegen fehlerhafter Ermessensausübung (so auch das Sächsische LSG, Urteil vom 7. Dezember 2006 – L 3 AL 118/05, zitiert nach juris).
Es lagen auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit vor. Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen des Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Im § 45 Absatz 2 Satz 3 SGB X sind die Fälle aufgeführt, in denen sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen kann. Ein Berufen der begünstigten Gemeinde auf Vertrauensschutz war hier nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ausgeschlossen. Erfasst werden die Fälle, in denen der aufzuhebende Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Sinn der Regelung ist, dass der bzw. diejenige keinen Vertrauensschutz beanspruchen können soll, die der der selbst schuldhaft eine wesentliche Ursache für die Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsakts gesetzt hat. Wie oben aufgeführt, beruhte die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungen darauf, dass die Gemeinde K. der Beklagten nicht mitgeteilt hatte, dass im Rahme der Maßnahme, für die die Förderung beantragt wurde, auch zwei Wohnungen errichtet werden sollten. Die Bewilligung in ihrer konkreten Form beruhte somit auf unvollständigen Angaben der Gemeinde über das zu fördernde Projekt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Halle bestand der Plan zur Errichtung der Wohnungen schon als der Förderantrag gestellt wurde und damit vor Erlass des Bewilligungsbescheides. Insofern wurde von der Gemeinde die zu fördernde Maßnahme nur unvollständig beschrieben. Dies ist so auch von der Klägerin nicht bestritten worden. Im Ergebnis liegt es nahe, dass die unvollständigen Angaben bei der Antragstellung vorsätzlich gemacht worden, um die Förderung zu erreichen. Zumindest liegt grobe Fahrlässigkeit vor. Der Gemeinde K. bzw. der für sie handelnden Bürgermeisterin musste es sich aufdrängen, dass die beabsichtigte Errichtung vom zu vermietenden Wohnungen im Rahmen der Maßnahme, für die die Förderung beantragt wurde, ein Umstand war, der der Beklagten als für ihre Entscheidung erheblich mitzuteilen war. Es liegt somit ein Fall des § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB X vor, in dem sich der Betroffenen gegenüber einer Rückforderung für die Vergangenheit nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide erfolgt hier auch innerhalb der Frist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigten. Die Jahresfrist begann hier frühestens mit Eingang des Schreibens der Staatsanwaltschaft Halle vom 25. Februar 2004 bei der Beklagten. Durch dieses Schreiben erlangte die Beklagte nach dem Inhalt der Akten erstmals Kenntnis davon, dass in Zuge der geförderten Maßnahme Wohnungen errichtet wurden. Der Aufhebungsbescheid vom 14. Januar 2005 wurde somit fristwahrend erlassen.
Nach § 330 Abs. 2 SGB III war die Bewilligung auch ohne Ausübung von Ermessen aufzuheben. Die Norm ist insofern zwingend und lässt eine Abweichung dann, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB III vorliegt, auch in atypischen Fällen nicht zu. Der Senat schließt sich nicht der Auffassung des Sächsischen LSG in der oben zitierten Entscheidung (Urteil vom 7. Dezember 2006 – L 3 AL 118/05, zitiert nach juris) an, in der ausgeführt wird: Bei der Aufhebung eines wegen fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrigen Bescheides über die Förderung einer ABM sei ausnahmsweise trotz § 330 Abs. 2 SGB III Ermessen auszuüben. Denn die bewilligende Behörde habe zugleich mit der Aufhebung erneut ermessensfehlerfrei über die Bewilligung zu entscheiden. Es sei nicht verfahrensökonomisch, dies in zwei Schritte aufzuteilen. Deshalb sei bei der Aufhebung Ermessen darüber auszuüben, im welchem Umfang die Förderung Bestand habe. Diese Auffassung ist zum einem nicht mit dem klaren Wortlaut des § 330 Abs. 2 SGB III vereinbar und zum anderen auch von ihrer Herleitung nicht zwingend. Auch wenn es zutrifft, dass die Beklagte nach Aufhebung der ermessenfehlerhaften Bewilligung neu über eine Bewilligung entscheiden muss, "zwingen" alleine Gründe der Verfahrensökonomie nicht dazu, Aufhebung und Neubescheidung miteinander zu verbinden. Die Beklagte kann auch abwarten, ob ihr Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid bestandskräftig wird und dann neu über die Bewilligung entscheiden. Zur Rechtswidrigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides könnte die fehlende Verbindung mit einer Neuentscheidung nur führen, wenn der oder die Betroffene ein subjektives Recht auf eine solche Verbindung hätte. Dies könnte nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz "man darf nicht die Herausgabe fordern, wenn man das Erlangte aus anderen Gründen sofort wieder zurückgeben muss", dann der Fall sein, wenn feststünde, dass und in welchem Umfang die Beklagte die Förderung neu bewilligen muss. Dies ist aber bei der hier zu entscheidenden Konstellation nicht der Fall. Denn wenn in einer Maßnahme ein nicht unerheblicher Teil der Arbeiten nicht im öffentlichen Interesse liegt, kann eine vollständige Ablehnung der Maßnahmeförderung durchaus ermessensfehlerfrei sein. Insofern liegt auch eine andere Fallkonstellation vor, als sie der genannten Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts zugrunde lag. Denn dort waren die in der streitigen ABM geförderten Arbeitnehmer zwar auch teilweise für andere Arbeiten eingesetzt worden, als im Förderantrag angegeben. Allerdings war auch bei diesen Arbeiten nicht ausgeschlossen, dass es sich um zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten handelte. Letzlich hatte das LSG Sachsen somit eine andere Rechtsfrage zu beantworten, als sie hier zu entscheiden ist.
Die Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ergibt sich aus § 50 SGB X. Die Beklagte hat die Höhe der Rückforderung zutreffend errechnet. Dass aufgrund der aufgehobenen Bewilligungsbescheide Leistungen in der Höhe der Rückforderung gewährt worden sind, ergibt sich aus den beigezogenen Verwaltungsakten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Es werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung eines Bewilligungsbescheides über die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) und die Rückforderung der gezahlten Fördermittel.
Die damals kommunalrechtlich selbständige Gemeinde K., die heute als Ortsteil zur Gemeinde P., die nunmehr Klägerin ist, gehört, stellte am 21. Oktober 1998 bei der Beklagten einen Antrag auf Förderung einer ABM. Als Kurzbeschreibung der Maßnahme war im Antrag angegeben: "Sanierung Wohnhaus Fleischergasse 17 und Umbau zur Heimatstube. Die Gemeinde K. möchte in einem alten 1½geschossigen Lehmhaus aus dem 18. Jahrhundert eine Heimatstube schaffen, in der Gegenstände des täglichen Bedarfs vergangener Generationen ausgestellt werden und unter anderem den Schuldkindern der Ökoschule K. die Geschichte näher gebracht werden kann." Als Ziel und Zweck der Maßnahme und auszuführende Arbeiten war angegeben: "Es sind Abbruch- und Bauhilfsarbeiten auszuführen. Sämtliche Sichtfugen im Bruchstein- bzw. Klinikermauerwerk des Gebäudesockels sind für die Neuverfugung sorgfältig auszustemmen, das Mauerwerk ist gründlich zu reinigen. Hilfs- und Sicherungsgerüste sind zuzuschneiden und aufzustellen. Lehmwände sind abzubrechen und teilweise durch Einsetzen von Lehmziegeln zu ergänzen. Hilfsleistungen beim Auswechseln von geschädigten Deckenbalkenteilen sind zu leisten." Zum Bestehen des öffentlichen Interesses an den Arbeiten (Nutzen für die Allgemeinheit) wurde ausgeführt: "Die Gemeinde K. möchte zur kulturellen Aufwertung des Ortes eine Heimatstube einrichten, in der traditionelle Lebensformen der ländlichen Bevölkerung in den vergangenen Generationen verdeutlicht und präsentiert werden. Ein sonst dem Verfall preisgegebenes Wohnhaus des 18./19. Jahrhunderts wird damit wieder in Nutzung gebracht und das abgeschlossene Bauensemble der ältesten Straße von K., der Fleischergasse erhalten bleiben können."
Mit zwei Bescheiden vom 4. November 1998 bewilligte die Beklagte Zuschüsse in Höhe von 100% der berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelte für vier zugewiesene Arbeitnehmer und einen Zuschuss im Rahmen der verstärkten Förderung bei Vergabe sowie einen Zuschuss in Höhe von 4.800,00 DM zu den notwendigen Sachkosten. In der Folge wurde dann Arbeiten an dem benannten Gebäude von im Rahmen eines Vergabeverfahrens beauftragten Firmen mit von der Beklagten zugewiesen, vorher arbeitslosen Arbeitnehmern durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeiten wurde das baufällige Gebäude F. saniert. Dabei wurden in dem Gebäude mit einem Erd- und eine Obergeschoss im Erdgeschoss die baulichen Voraussetzungen für die Einrichtung von Ausstellungsräumen für die Heimatstube geschaffen. Auf der gesamten Fläche des Obergeschosses wurden aber zwei abgeschlossene Wohnungen errichtet.
Die Beklagte überwies an die Gemeinde K. in der Folgezeit (Zeitraum vom 16. November 1998 bis zum 1. Juni 1999) für die ABM aufgrund der ausgesprochenen Bewilligungen insgesamt 304.855,00 DM (dies entspricht einem Betrag von gerundet EUR).
Im Jahr 2003 führte die Staatsanwaltschaft Halle ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die ehemalige Bürgermeisterin der Gemeinde K. u.a wegen des Verdachts der Untreue und Betrugs durch und bat die Gemeinde K. mit Schreiben vom 3. Februar 2003 um Übersendung der Akten zur Förderung von Projekten der Gemeinde. Bei Auswertung der Akten ergab sich u. a.: Die Gemeinde hatte bereits am 22. Dezember 1999 gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurerneuerung zur geplanten Sanierung des Hauses in der F. angegeben, es sei die Nutzung als "Wohnhaus und als Heimatmuseum" beabsichtigt. In einem Aktenvermerk einer beim von der Gemeinde K. beauftragten Ingenieurbüro Schmerschneider beschäftigten Architektin vom 29. August 1998 wird zur beabsichtigten Sanierung des Objekts F. angegeben "Nutzg.-Konzeptvorschlag 2 WE als Maisonettwohnungen gleich groß/ABM-Vergabe bis 7.10.98 Unterlagen". Insoweit wird auf die vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft Halle Bezug genommen.
In einem Schreiben vom 25. Februar 2004 teilte die Staatsanwaltschaft Halle dann der Beklagten zur Maßnahme "Sanierung Wohnhaus F. und Umbau zur Heimatstube" mit: In dem Obergeschoss des Gebäudes seien im Zuge der Bauarbeiten zwei Wohnungen eingerichtet worden, aus deren Vermietung die Gemeinde K. innerhalb des Zeitraums vom 1. August 1999 bis 31. Oktober 2003 einen Betrag von 38.723,21 EUR erzielt habe. Nach einer in den Akten der Gemeinde befindlichen Notiz vom 29. September 1998 habe bereits zu diesem Zeitpunkt die Absicht bestanden, in dem Objekt zwei Wohnung zu vermieten."
Die Beklagte hörte daraufhin die Gemeinde K. zu einer beabsichtigten Aufhebung der Bewilligung der Förderung mit der Folge einer Rückforderung des Zuschusses in voller Höhe. Sie führt aus, die Bewilligung habe auf Angaben beruht, die die Gemeinde vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht habe. Die Verfahrensbevollmächtigte der Gemeinde äußerte daraufhin die Ansicht, die Voraussetzungen für eine Förderfähigkeit hätten zum Zeitpunkt der Bewilligung vorgelegen. Mit Bescheid vom 14. Januar 2005 hob die Beklagte dann die Bewilligung der Fördermittel für die Maßnahme auf und forderte von der Gemeinde K. ausgezahlte Fördermittel in Höhe von 155.869,89 EUR zurück. Den hiergegen am 16. Februar 2005 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2005 zurück und führte aus: Die Gemeinde habe abweichend von den von ihr im Antrag gemachten Angaben mit den Fördermitteln auch Wohnungen geschaffen. Damit habe sie sich wie ein privates Unternehmen betätigt. Die Förderungsbewilligung sei deshalb als von Anfang an rechtswidrig zurückzunehmen.
Die Gemeinde K. hat am 24. Januar 2006 Klage beim Soziagericht Halle (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen angegeben: Zum Zeitpunkt des Förderantrags seien noch keine Einnahmen aus dem Umbau des Objekts erzielt worden, so dass dazu nichts im Förderantrag habe angegeben werden können. Außerdem sei keine überwiegend erwerbswirtschaftliche Funktion des Objekts gegeben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12. November 2007 abgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Die Bewilligung der Fördermittel sei rechtswidrig gewesen und habe aufgehoben werden können. Die Errichtung und Vermietung der Wohnungen habe nicht im öffentlichen Interesse gelegen. Die Gemeinde habe so ganz erhebliche eigene Aufwendungen vermieden. Aus den von der Staatsanwaltschaft Halle sichergestellten Unterlagen gehe auch eindeutig hervor, dass die Gemeinde die Errichtung der Wohnung schon vor Stellung des Förderantrags geplant und dies bei den Angaben zur Förderung verschwiegen habe. Sie könne sich deshalb nicht auf Vertrauensschutz berufen.
Die Gemeinde K. hat gegen das ihr am 6. Dezember 2007 zugestellte Urteil am 7. Januar 2008 (der 6. Januar 2008 war ein Feiertag in Sachsen-Anhalt) Berufung eingelegt. Sie beruft sich weiter darauf, dass die durchgeführte Maßnahme nicht überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen gedient habe und meint: Sie habe nicht durch die Durchführung der Maßnahme Einnahmen erzielt, sondern erst durch die Vermietung im Anschluss. Deshalb könne ihr nicht vorgehalten werden, wesentliche Umstände bei der Beantragung der Förderung nicht mitgeteilt zu haben.
Die nunmehrige Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 6. Dezember 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist von der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils überzeugt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagen und die von der Staatsanwaltschaft Halle beigezogen Akten (Geschäftsnummer 903 Js 46767/02 VRs) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die angesichts der streitigen Rückforderungssumme gemäß §§ 143, 144 des Sozialgesetzbuches (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht die gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten gerichtete Anfechtungsklage (gemäß der 1. Alternative des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) als unbegründet abgewiesen.
Die Beklagte hat den angefochtenen Bescheid vom 14. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2005 zutreffend auf § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) gestützt. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts vor, ist dieser im Bereich des Arbeitsförderungsrechts nach § 330 Abs. 2 SGB III auch mit Wirkung für die Vergangenheit (ohne Ausübung von Ermessen) aufzuheben.
Bei den von der Beklagten aufgehobenen Bewilligungsbescheiden handelte es sich um unanfechtbar gewordene, die Gemeinde K. begünstigende Bewilligungen aus dem Bereich des Arbeitsförderungsrechts. Es handelte sich um die Bewilligung von Fördermitteln nach § 260 SGB III. Durch die Bewilligung wurde die Gemeinde K. begünstigt, denn es wurde für sie ein rechtlicher Vorteil begründet. Mit der Bewilligung wurde dem Förderantrag der Gemeinde im vollen Umfange entsprochen. Ihr wurde damit ein subjektiver Rechtsanspruch auf die zuschussweise Förderung eingeräumt. Die Bewilligung von Fördermitteln war hier auch von Anfang an rechtswidrig erfolgt. Voraussetzung für die Förderung ist nach § 260 Abs. 1 Nr. 2 SGB III unter anderem, dass in den Maßnahmen zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten durchgeführt werden. Arbeiten liegen nach § 261 Abs. 3 Satz 1 SGB III im öffentlichen Interesse, wenn das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Das Arbeitsergebnis muss deshalb einen Nutzen für einen unbestimmten Personenkreis haben. Dies konnte bei der konkret geförderten Maßnahme für die Einrichtung der Heimatstube und der Erhaltung der Bausubstanz eines historischen Gebäudes bejaht werden. Die Heimatstube sollte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Auch die Erhaltung des historischen Gebäudes war darauf ausgerichtet, ein Kulturgut für einen unbestimmten Personenkreis zu erhalten. Die Errichtung der beiden Wohnungen lag aber nicht im öffentlichen Interesse. Hier kam das Arbeitsergebnis nur einem kleinen, bestimmbaren Personenkreis (den Mietern) und der Gemeinde K. selbst zugute, die Miteinnahmen erzielen konnte. Ein öffentliches Interesse wird auch nicht dadurch begründet, dass die Mieteinnahmen dem Gemeindehaushalt zufließen. Dies ist nur ein mittelbarer Effekt des geschaffenen Arbeitsergebnisses und begründet nicht zwangsläufig einen Vorteil für die Allgemeinheit.
Die teilweise Verwendung der Fördermittel für die Durchführung nicht im öffentlichen Interesse liegender Arbeiten führt auch zur vollständigen Rechtswidrigkeit der Bewilligungen. Die Gewährung von Geldleistungen zur Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Das Ermessen bezieht sich sowohl darauf, ob eine Maßnahme überhaupt gefördert wird, als auch auf den Umfang der Förderung und darauf, ob eine verstärkte Förderung in Betracht kommt. Für eine solche Ermessenentscheidung ist es von erheblicher Bedeutung, ob die in der Maßnahme durchgeführten Arbeiten ganz oder nur zum Teil im öffentlichen Interesse liegen. Aufgrund der ihr von der Gemeinde K. gemachten Angaben ging die Beklagte bei ihrer Ermessenentscheidung davon aus, es sollten nur im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten durchgeführt werden. Insofern war die Errichtung der Wohnungen ein Umstand, der für die Bewilligung der Mittel für die Gesamtmaßnahme von Bedeutung war. Die Beklagte hat somit ihrer Ermessensentscheidung über die Bewilligung der Maßnahme nicht eine Bewertung aller für die Bewilligung relevanten Umstände zugrunde legen können. Die Ermessensentscheidung auf unrichtiger bzw. unvollständiger Grundlage führt zur Rechtswidrigkeit des gesamten Bewilligungsbescheides wegen fehlerhafter Ermessensausübung (so auch das Sächsische LSG, Urteil vom 7. Dezember 2006 – L 3 AL 118/05, zitiert nach juris).
Es lagen auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit vor. Nach § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen des Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Im § 45 Absatz 2 Satz 3 SGB X sind die Fälle aufgeführt, in denen sich der Begünstigte nicht auf Vertrauen berufen kann. Ein Berufen der begünstigten Gemeinde auf Vertrauensschutz war hier nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ausgeschlossen. Erfasst werden die Fälle, in denen der aufzuhebende Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Sinn der Regelung ist, dass der bzw. diejenige keinen Vertrauensschutz beanspruchen können soll, die der der selbst schuldhaft eine wesentliche Ursache für die Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsakts gesetzt hat. Wie oben aufgeführt, beruhte die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungen darauf, dass die Gemeinde K. der Beklagten nicht mitgeteilt hatte, dass im Rahme der Maßnahme, für die die Förderung beantragt wurde, auch zwei Wohnungen errichtet werden sollten. Die Bewilligung in ihrer konkreten Form beruhte somit auf unvollständigen Angaben der Gemeinde über das zu fördernde Projekt. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Halle bestand der Plan zur Errichtung der Wohnungen schon als der Förderantrag gestellt wurde und damit vor Erlass des Bewilligungsbescheides. Insofern wurde von der Gemeinde die zu fördernde Maßnahme nur unvollständig beschrieben. Dies ist so auch von der Klägerin nicht bestritten worden. Im Ergebnis liegt es nahe, dass die unvollständigen Angaben bei der Antragstellung vorsätzlich gemacht worden, um die Förderung zu erreichen. Zumindest liegt grobe Fahrlässigkeit vor. Der Gemeinde K. bzw. der für sie handelnden Bürgermeisterin musste es sich aufdrängen, dass die beabsichtigte Errichtung vom zu vermietenden Wohnungen im Rahmen der Maßnahme, für die die Förderung beantragt wurde, ein Umstand war, der der Beklagten als für ihre Entscheidung erheblich mitzuteilen war. Es liegt somit ein Fall des § 45 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB X vor, in dem sich der Betroffenen gegenüber einer Rückforderung für die Vergangenheit nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Die Rücknahme der Bewilligungsbescheide erfolgt hier auch innerhalb der Frist nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen, die die Rücknahme für die Vergangenheit rechtfertigten. Die Jahresfrist begann hier frühestens mit Eingang des Schreibens der Staatsanwaltschaft Halle vom 25. Februar 2004 bei der Beklagten. Durch dieses Schreiben erlangte die Beklagte nach dem Inhalt der Akten erstmals Kenntnis davon, dass in Zuge der geförderten Maßnahme Wohnungen errichtet wurden. Der Aufhebungsbescheid vom 14. Januar 2005 wurde somit fristwahrend erlassen.
Nach § 330 Abs. 2 SGB III war die Bewilligung auch ohne Ausübung von Ermessen aufzuheben. Die Norm ist insofern zwingend und lässt eine Abweichung dann, wenn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB III vorliegt, auch in atypischen Fällen nicht zu. Der Senat schließt sich nicht der Auffassung des Sächsischen LSG in der oben zitierten Entscheidung (Urteil vom 7. Dezember 2006 – L 3 AL 118/05, zitiert nach juris) an, in der ausgeführt wird: Bei der Aufhebung eines wegen fehlerhafter Ermessensausübung rechtswidrigen Bescheides über die Förderung einer ABM sei ausnahmsweise trotz § 330 Abs. 2 SGB III Ermessen auszuüben. Denn die bewilligende Behörde habe zugleich mit der Aufhebung erneut ermessensfehlerfrei über die Bewilligung zu entscheiden. Es sei nicht verfahrensökonomisch, dies in zwei Schritte aufzuteilen. Deshalb sei bei der Aufhebung Ermessen darüber auszuüben, im welchem Umfang die Förderung Bestand habe. Diese Auffassung ist zum einem nicht mit dem klaren Wortlaut des § 330 Abs. 2 SGB III vereinbar und zum anderen auch von ihrer Herleitung nicht zwingend. Auch wenn es zutrifft, dass die Beklagte nach Aufhebung der ermessenfehlerhaften Bewilligung neu über eine Bewilligung entscheiden muss, "zwingen" alleine Gründe der Verfahrensökonomie nicht dazu, Aufhebung und Neubescheidung miteinander zu verbinden. Die Beklagte kann auch abwarten, ob ihr Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid bestandskräftig wird und dann neu über die Bewilligung entscheiden. Zur Rechtswidrigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides könnte die fehlende Verbindung mit einer Neuentscheidung nur führen, wenn der oder die Betroffene ein subjektives Recht auf eine solche Verbindung hätte. Dies könnte nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz "man darf nicht die Herausgabe fordern, wenn man das Erlangte aus anderen Gründen sofort wieder zurückgeben muss", dann der Fall sein, wenn feststünde, dass und in welchem Umfang die Beklagte die Förderung neu bewilligen muss. Dies ist aber bei der hier zu entscheidenden Konstellation nicht der Fall. Denn wenn in einer Maßnahme ein nicht unerheblicher Teil der Arbeiten nicht im öffentlichen Interesse liegt, kann eine vollständige Ablehnung der Maßnahmeförderung durchaus ermessensfehlerfrei sein. Insofern liegt auch eine andere Fallkonstellation vor, als sie der genannten Entscheidung des Sächsischen Landessozialgerichts zugrunde lag. Denn dort waren die in der streitigen ABM geförderten Arbeitnehmer zwar auch teilweise für andere Arbeiten eingesetzt worden, als im Förderantrag angegeben. Allerdings war auch bei diesen Arbeiten nicht ausgeschlossen, dass es sich um zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeiten handelte. Letzlich hatte das LSG Sachsen somit eine andere Rechtsfrage zu beantworten, als sie hier zu entscheiden ist.
Die Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ergibt sich aus § 50 SGB X. Die Beklagte hat die Höhe der Rückforderung zutreffend errechnet. Dass aufgrund der aufgehobenen Bewilligungsbescheide Leistungen in der Höhe der Rückforderung gewährt worden sind, ergibt sich aus den beigezogenen Verwaltungsakten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Es werden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.
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