Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 115/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 98/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Rücknahme der Berufung am 25. April 2002 erledigt ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von 4.972,32 DM, entprechend in Euro, an Kosten für privatzahnärztliche Behandlung vom Sommer 1996 bis Frühjahr 1997 und vorrangig darüber, ob eine Rücknahmeerklärung am 25.04.2002 das Verfahren beendet hat.
Nachdem sich die 1946 geborene Klägerin im Jahre 1994 sämtliche Amalgamfüllungen im Ober- und Unterkiefer hatte entfernen und überkronen lassen, wurden im Labor Dr. S. in B. weiterhin Quecksilberreste im Körper der Klägerin diagnostiziert, worauf sie im Folgenden "schwerste Infektions- und Vergiftungserscheinungen" zurückführte. Im Anschluss daran begann sie eine zahnärztliche Sanierung ihrer Ober- und Unterkiefer durch den Zahnarzt Dr.S. im Wege privatärztlicher Behandlung. Weitere Kosten dafür zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 17.12.1996 und 22.01.1997 ab, was sie durch Widerspruchsbescheid vom 31.07.1997 bestätigt. Die nicht mehr erstatteten Kosten dafür in Höhe von 4.972,32 DM zu bezahlen, verklagte die Klägerin die Beklagte vor dem Sozialgericht Augsburg, welches mit Urteil vom 16.01.2001 die Klage abwies.
Aufgrund der dagegen eingelegten Berufung (L 4 KR 80/91), kam es am 25.04.2002 zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Für die Klägerin war ihr Ehemann B. N. erschienen. Das Sach- und Streitverfahren wurde mit ihm erörtert. Auch wurde er vom Vorsitzenden darüber belehrt, dass ein Erstattungsanspruch nicht realisierbar sei, was zu dem Ratschlag führte, den Rechtsstreit nicht weiter fortzuführen. Diesem folgte der Ehemann der Klägerin und erklärte zu Protokoll, dass er die Berufung zurücknehme. Die mündliche Verhandlung erstreckte sich über 25 Minuten.
Am 13.05.2002 wandte sich die Klägerin an den Senat mit den Worten: "Gleichwohl darf ich an dieser Stelle beantragen, das die über meinen Rechtsanwalt eingelegte Berufung mit einem Urteil abgeschlossen wird, schon allein um sämtliche Rechtsmittel auszuschöpfen. Ich nehme daher die Berufung nicht zurück." Mit Schreiben vom 16.05.2002 trug der Ehemann der Klägerin gegenüber dem Senat vor, dass er sich zwischen dem 02.04. und 03.05.2002 im Krankenstand befunden habe, wozu er ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr.R. aus N. zur Vorlage bei der Deutschen Bahn AG vorwies, wonach er am 21.12.2000 einen Unfall erlitten habe. Im Übrigen habe er die Empfehlung des Senats zur Berufungsrücknahme als massiven Druck empfunden und ihr deshalb zugestimmt, weil er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, "den juristischen Konsequenzen des Gerichtstermins vom 25.04.2002 zu folgen", auch sei er vom Gericht unzureichend informiert worden. Er sei weder zur Berufungsrücknahme befugt gewesen, noch habe er diese gewollt.
Auf eine Nachfrage des Senates, in der auf die Rechtsfolgen einer Berufungsrücknahme hingewiesen wurde, hat die Klägerin auf den Erlass eines Urteils bestanden. Dadurch wolle sie erfahren, warum ihren zahlreich gestellten Beweisanträgen nicht nachgegangen worden sei. Ihr Ehemann sei handlungsunfähig gewesen, er habe im Termin lediglich ihr Anwesenheitsrecht wahrnehmen sollen.
Sinngemäß beantragt die Klägerin,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.01.2001 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 17.12. 1996 und 22.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 4.972,32 DM - entsprechend in Euro - an Kosten für die zahnärztliche Behandlung bei Dr.S. vom 14.08. bis 20.12.1996 und 07.01.1997 bis 13.02.1997 zu erstatten, hilfsweise Beweis zu erheben für die Notwendigkeit der von Dr.S. durchgeführten Maßnahmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die ursprünglich vom vormaligen bevollmächtigten Rechtsanwalt F. am 30.05.2001 eingelegte Berufung war gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässig, doch ist der Rechtsstreit durch die Berufungsrücknahme am 25.04.2002 in der Hauptsache erledigt. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.01.2001 ist somit rechtskräftig.
§ 156 Abs.1 SGG räumte der Berufungsklägerin das Recht ein, ihr Rechtsmittel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückzunehmen, ohne dass es der Einwilligung der Beklagten bedurfte. Diese Berufungsrücknahme ist in der mündlichen Verhandlung am 25.04.2002 auch wirksam erklärt worden, so dass eine Entscheidung über die begehrte Zahlung dem Senat nicht mehr möglich ist, weil durch die Rücknahmeerklärung der Rechtsstreit nach § 156 Abs.2 SGG den endgültigen Verlust des Rechtsmittels zur Folge hat, also über den möglichen Erstattungsanspruch keine Sachentscheidung mehr ergehen kann (BSGE 14, 138; 19, 120).
Die vom Vertreter der Klägerin abgegebene Erklärung ist auch wirksam gewesen. Als Ehemann war seine Bevollmächtigung vom Gesetz unterstellt worden (§ 73 Abs.2 Satz 2 SGG). Damit galten gemäß Abs.4 dieser Vorschrift die Wirkungen der §§ 81 ff. ZPO hinsichtlich seiner Erklärungen, das heißt, die Klägerin muss sich seine Prozesshandlungen zurechnen lassen einschließlich der Rücknahmeerklärung (§ 81 ZPO). Von der nachträglichen Beschränkung der Vollmacht, nämlich lediglich anwesend zu sein, hat der Bevollmächtigte nichts verlauten lassen, so dass diese wirkungslos ist (§ 83 ZPO). Ebensowenig hat er einen Hinweis darauf gegeben, dass er sich nicht in Vollbesitz seiner geistigen Kräfte befand oder sich gar vom Senat unter Druck gesetzt fühlte. Die Tatsache, dass er zu jener Zeit arbeitsunfähig war, gleichwohl aber in der Lage war nach München zu reisen, den Termin wahrzunehmen und dort einen verständigen Eindruck machte, lässt dieses Vorbringen als wenig glaubhaft erscheinen. Letztendlich kommt es darauf aber auch nicht an. Ebensowenig, wie eine Rücknahmeerklärung widerrufen werden kann und damit die Rechtsfolgen des § 156 Abs.2 SGG ausgeschlossen werden können, ist die Anfechtung einer solchen Erklärung auf der Grundlage der §§ 119, 123 BGB möglich (BSG SozR Nr.3 § 119 BGB; BSG SozR 1500 § 102 Nr.2 m.w.N., BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79 - oder vom 19.03.2002 - B 9 V 75/01 B -). Auch eine Nichtigkeit der Rücknahmeerklärung könnte selbst dann nicht angenommen werden, wenn diese Erklärung aufgrund einer "Überrumpelung" durch das Gericht oder infolge einer unrichtigen Belehrung über die Prozessaussicht abgegeben worden wäre (BayLSG vom 16.10.2001, L 15 V 37/01). Dies ergibt sich aus der Rechtsnatur von Prozesshandlungen, zu denen auch die Berufungsrücknahme zählt. Diese können zwar durch eine spätere Prozesshandlung widerrufen, ergänzt, geändert oder berichtigt werden. Dies gilt grundsätzlich nur, solange der Rechtsstreit anhängig ist. Nicht frei widerruflich bzw. nicht abänderungsfähig sind Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner eine Rechtsstellung erlangt oder aufgrund deren er seine Rechtsstellung eingerichtet hat. Das ist hier die Bestandskraft seiner angefochtenen Bescheide von 1996 und 1997. Woher der Klägervertreter nunmehr nach Abschluss der mündlichen Verhandlung herleiten will, er sei vom Senat unter Druck gesetzt worden die Prozesserklärung abzugeben und sei außer Stande gewesen, einem solchen angeblichen Druck zu widerstehen, ist nicht ersichtlich.
Nach herrschender Meinung (vgl. BSG vom 24.04.1980, a.a.O.) kann eine Berufungsrücknahme allenfalls dann widerrufen werden, sofern ein gesetzlicher Restitutionsgrund (§ 179 Abs.1 SGG i.V.m. § 579 oder 580 ZPO) gegeben wäre. Die jeweils dort angegebenen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall ebenfalls nicht erfüllt. Die Nichtigkeitsklage findet statt: 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war oder 4. wenn ein Beteiligter in dem Verfahren nicht nach den Vorschriften der Gesetze vertreten war, sofern nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt war. Dabei ist im vorliegenden Fall, in dem die Nichtigkeitsklage nur analog angewandt werden könnte, eine "Entscheidung" am 25.04.2002 nicht ergangen. Soweit man stattdessen "Rücknahmeerklärung" einsetzt, ist keine der vier Nichtigkeitsgründe gegeben, denn weder war der Senat vorschriftswidrig besetzt oder hat ein ausgeschlossener Richter mitgewirkt noch lag keine ordentliche Bevollmächtigung vor.
Auch die verschiedenen Varianten für eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Es hätte ein falscher Parteieid, gefälschte Urkunden, falsche Zeugnisse oder Gutachten oder eine Urteilserschleichung vorliegen müssen. Auch eine richterliche Amtspflichtsverletzung oder das Auffinden einer früheren Urkunde sind ausgeschlossen.
Somit kann der Senat nicht mehr in die eigentliche Entscheidung über den Erstattungsstreit eingreifen und, wie hilfsweise beantragt, auch keine weiteren Beweise zum eigentlichen Erstattungsanspruch erheben. Hier kann nur auf den Inhalt der mündlichen Verhandlung am 25.04.2002 und die darüber ergangene Niederschrift verwiesen werden, aus der sich die fehlende Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung bzw. die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits ergibt.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für das Rechtsmittel gesetzt hat, sind der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von 4.972,32 DM, entprechend in Euro, an Kosten für privatzahnärztliche Behandlung vom Sommer 1996 bis Frühjahr 1997 und vorrangig darüber, ob eine Rücknahmeerklärung am 25.04.2002 das Verfahren beendet hat.
Nachdem sich die 1946 geborene Klägerin im Jahre 1994 sämtliche Amalgamfüllungen im Ober- und Unterkiefer hatte entfernen und überkronen lassen, wurden im Labor Dr. S. in B. weiterhin Quecksilberreste im Körper der Klägerin diagnostiziert, worauf sie im Folgenden "schwerste Infektions- und Vergiftungserscheinungen" zurückführte. Im Anschluss daran begann sie eine zahnärztliche Sanierung ihrer Ober- und Unterkiefer durch den Zahnarzt Dr.S. im Wege privatärztlicher Behandlung. Weitere Kosten dafür zu übernehmen, lehnte die Beklagte mit Bescheiden vom 17.12.1996 und 22.01.1997 ab, was sie durch Widerspruchsbescheid vom 31.07.1997 bestätigt. Die nicht mehr erstatteten Kosten dafür in Höhe von 4.972,32 DM zu bezahlen, verklagte die Klägerin die Beklagte vor dem Sozialgericht Augsburg, welches mit Urteil vom 16.01.2001 die Klage abwies.
Aufgrund der dagegen eingelegten Berufung (L 4 KR 80/91), kam es am 25.04.2002 zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat. Für die Klägerin war ihr Ehemann B. N. erschienen. Das Sach- und Streitverfahren wurde mit ihm erörtert. Auch wurde er vom Vorsitzenden darüber belehrt, dass ein Erstattungsanspruch nicht realisierbar sei, was zu dem Ratschlag führte, den Rechtsstreit nicht weiter fortzuführen. Diesem folgte der Ehemann der Klägerin und erklärte zu Protokoll, dass er die Berufung zurücknehme. Die mündliche Verhandlung erstreckte sich über 25 Minuten.
Am 13.05.2002 wandte sich die Klägerin an den Senat mit den Worten: "Gleichwohl darf ich an dieser Stelle beantragen, das die über meinen Rechtsanwalt eingelegte Berufung mit einem Urteil abgeschlossen wird, schon allein um sämtliche Rechtsmittel auszuschöpfen. Ich nehme daher die Berufung nicht zurück." Mit Schreiben vom 16.05.2002 trug der Ehemann der Klägerin gegenüber dem Senat vor, dass er sich zwischen dem 02.04. und 03.05.2002 im Krankenstand befunden habe, wozu er ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners Dr.R. aus N. zur Vorlage bei der Deutschen Bahn AG vorwies, wonach er am 21.12.2000 einen Unfall erlitten habe. Im Übrigen habe er die Empfehlung des Senats zur Berufungsrücknahme als massiven Druck empfunden und ihr deshalb zugestimmt, weil er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen sei, "den juristischen Konsequenzen des Gerichtstermins vom 25.04.2002 zu folgen", auch sei er vom Gericht unzureichend informiert worden. Er sei weder zur Berufungsrücknahme befugt gewesen, noch habe er diese gewollt.
Auf eine Nachfrage des Senates, in der auf die Rechtsfolgen einer Berufungsrücknahme hingewiesen wurde, hat die Klägerin auf den Erlass eines Urteils bestanden. Dadurch wolle sie erfahren, warum ihren zahlreich gestellten Beweisanträgen nicht nachgegangen worden sei. Ihr Ehemann sei handlungsunfähig gewesen, er habe im Termin lediglich ihr Anwesenheitsrecht wahrnehmen sollen.
Sinngemäß beantragt die Klägerin,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.01.2001 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 17.12. 1996 und 22.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, 4.972,32 DM - entsprechend in Euro - an Kosten für die zahnärztliche Behandlung bei Dr.S. vom 14.08. bis 20.12.1996 und 07.01.1997 bis 13.02.1997 zu erstatten, hilfsweise Beweis zu erheben für die Notwendigkeit der von Dr.S. durchgeführten Maßnahmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die ursprünglich vom vormaligen bevollmächtigten Rechtsanwalt F. am 30.05.2001 eingelegte Berufung war gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässig, doch ist der Rechtsstreit durch die Berufungsrücknahme am 25.04.2002 in der Hauptsache erledigt. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.01.2001 ist somit rechtskräftig.
§ 156 Abs.1 SGG räumte der Berufungsklägerin das Recht ein, ihr Rechtsmittel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückzunehmen, ohne dass es der Einwilligung der Beklagten bedurfte. Diese Berufungsrücknahme ist in der mündlichen Verhandlung am 25.04.2002 auch wirksam erklärt worden, so dass eine Entscheidung über die begehrte Zahlung dem Senat nicht mehr möglich ist, weil durch die Rücknahmeerklärung der Rechtsstreit nach § 156 Abs.2 SGG den endgültigen Verlust des Rechtsmittels zur Folge hat, also über den möglichen Erstattungsanspruch keine Sachentscheidung mehr ergehen kann (BSGE 14, 138; 19, 120).
Die vom Vertreter der Klägerin abgegebene Erklärung ist auch wirksam gewesen. Als Ehemann war seine Bevollmächtigung vom Gesetz unterstellt worden (§ 73 Abs.2 Satz 2 SGG). Damit galten gemäß Abs.4 dieser Vorschrift die Wirkungen der §§ 81 ff. ZPO hinsichtlich seiner Erklärungen, das heißt, die Klägerin muss sich seine Prozesshandlungen zurechnen lassen einschließlich der Rücknahmeerklärung (§ 81 ZPO). Von der nachträglichen Beschränkung der Vollmacht, nämlich lediglich anwesend zu sein, hat der Bevollmächtigte nichts verlauten lassen, so dass diese wirkungslos ist (§ 83 ZPO). Ebensowenig hat er einen Hinweis darauf gegeben, dass er sich nicht in Vollbesitz seiner geistigen Kräfte befand oder sich gar vom Senat unter Druck gesetzt fühlte. Die Tatsache, dass er zu jener Zeit arbeitsunfähig war, gleichwohl aber in der Lage war nach München zu reisen, den Termin wahrzunehmen und dort einen verständigen Eindruck machte, lässt dieses Vorbringen als wenig glaubhaft erscheinen. Letztendlich kommt es darauf aber auch nicht an. Ebensowenig, wie eine Rücknahmeerklärung widerrufen werden kann und damit die Rechtsfolgen des § 156 Abs.2 SGG ausgeschlossen werden können, ist die Anfechtung einer solchen Erklärung auf der Grundlage der §§ 119, 123 BGB möglich (BSG SozR Nr.3 § 119 BGB; BSG SozR 1500 § 102 Nr.2 m.w.N., BSG vom 24.04.1980 - 9 RV 16/79 - oder vom 19.03.2002 - B 9 V 75/01 B -). Auch eine Nichtigkeit der Rücknahmeerklärung könnte selbst dann nicht angenommen werden, wenn diese Erklärung aufgrund einer "Überrumpelung" durch das Gericht oder infolge einer unrichtigen Belehrung über die Prozessaussicht abgegeben worden wäre (BayLSG vom 16.10.2001, L 15 V 37/01). Dies ergibt sich aus der Rechtsnatur von Prozesshandlungen, zu denen auch die Berufungsrücknahme zählt. Diese können zwar durch eine spätere Prozesshandlung widerrufen, ergänzt, geändert oder berichtigt werden. Dies gilt grundsätzlich nur, solange der Rechtsstreit anhängig ist. Nicht frei widerruflich bzw. nicht abänderungsfähig sind Prozesshandlungen, durch die der Prozessgegner eine Rechtsstellung erlangt oder aufgrund deren er seine Rechtsstellung eingerichtet hat. Das ist hier die Bestandskraft seiner angefochtenen Bescheide von 1996 und 1997. Woher der Klägervertreter nunmehr nach Abschluss der mündlichen Verhandlung herleiten will, er sei vom Senat unter Druck gesetzt worden die Prozesserklärung abzugeben und sei außer Stande gewesen, einem solchen angeblichen Druck zu widerstehen, ist nicht ersichtlich.
Nach herrschender Meinung (vgl. BSG vom 24.04.1980, a.a.O.) kann eine Berufungsrücknahme allenfalls dann widerrufen werden, sofern ein gesetzlicher Restitutionsgrund (§ 179 Abs.1 SGG i.V.m. § 579 oder 580 ZPO) gegeben wäre. Die jeweils dort angegebenen Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall ebenfalls nicht erfüllt. Die Nichtigkeitsklage findet statt: 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war oder 4. wenn ein Beteiligter in dem Verfahren nicht nach den Vorschriften der Gesetze vertreten war, sofern nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt war. Dabei ist im vorliegenden Fall, in dem die Nichtigkeitsklage nur analog angewandt werden könnte, eine "Entscheidung" am 25.04.2002 nicht ergangen. Soweit man stattdessen "Rücknahmeerklärung" einsetzt, ist keine der vier Nichtigkeitsgründe gegeben, denn weder war der Senat vorschriftswidrig besetzt oder hat ein ausgeschlossener Richter mitgewirkt noch lag keine ordentliche Bevollmächtigung vor.
Auch die verschiedenen Varianten für eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO treffen auf den vorliegenden Fall nicht zu. Es hätte ein falscher Parteieid, gefälschte Urkunden, falsche Zeugnisse oder Gutachten oder eine Urteilserschleichung vorliegen müssen. Auch eine richterliche Amtspflichtsverletzung oder das Auffinden einer früheren Urkunde sind ausgeschlossen.
Somit kann der Senat nicht mehr in die eigentliche Entscheidung über den Erstattungsstreit eingreifen und, wie hilfsweise beantragt, auch keine weiteren Beweise zum eigentlichen Erstattungsanspruch erheben. Hier kann nur auf den Inhalt der mündlichen Verhandlung am 25.04.2002 und die darüber ergangene Niederschrift verwiesen werden, aus der sich die fehlende Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung bzw. die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits ergibt.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für das Rechtsmittel gesetzt hat, sind der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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