Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 71 KA 162/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 31/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2000 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Abrechnung von Besuchsleistungen, die der Kläger als Arzt im sogenannten Fahrenden Dienst des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (früher: Ärztlichen Notfalldienstes) im I. und II. Quartal 1996 erbrachte.
Der Kläger ist als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung mit Arztsitz in Berlin-Steglitz zugelassen. In den streitbefangenen Zeiträumen nahm er an dem von der Beklagten organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst teil. Die Durchführung des Bereitschaftsdienstes richtete sich nach der Notfalldienstordnung der Beklagten vom 15. Februar 1990. In dieser ist unter Nr. 8.4 (Arzt im Fahrenden Dienst) Folgendes geregelt:
8.4.1
Die zum Fahrenden Dienst eingeteilten Ärzte haben sich spätestens 30 Minuten vor Dienstbeginn in der Zentrale dienstbereit zu melden. Bei verspäteter Meldung in der Zentrale wird der Dienst anderweitig vergeben.
8.4.2
Die Abholung des Arztes zum Dienst und das Absetzen nach dem Dienst erfolgt in der Regel im eingeteilten Ortsteil.
8.4.8
Die Besuchsaufträge sind unverzüglich auszuführen.
8.4.9
Die als „dringend“ bezeichneten Besuche müssen vorrangig ausgeführt werden.
8.4.10
Während des Bereitschaftsdienstes dürfen nur Besuche ausgeführt werden, die von der Zentrale durchgegeben worden sind.
Die angeforderten Arztbesuche werden von der Telefonzentrale des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes entgegen genommen und an die am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Ärzte weitergegeben. Aufgrund der Angaben des Patienten oder der Angehörigen entscheiden diese bzw. nachts der gemäß Nr. 8.2 der Notfalldienstordnung diensthabende Arzt in der Zentrale, ob ein Besuch dringend ist; letzterer ist gegenüber den am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Personen weisungsbefugt. In dringenden Fällen werden die Unterlagen mit „D“ oder „E“ gekennzeichnet.
Der Kläger rechnete u.a. im I. Quartal 1996 510 im Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachte Besuchsleistungen nach Nr. 26 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes -EBM- (Besuch, wegen der Erkrankung unverzüglich nach Bestellung ausgeführt), 15 Bestimmungen der prozentualen Sauerstoffsättigung im Blut nach Nr. 720 EBM sowie 2 Schwangerschaftsnachweise nach Nr. 3854 EBM ab. Die Beklagte wandelte im Wege einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung die Besuchsleistungen in solche nach Nr. 25 EBM (Besuch) um, setzte die Punktdifferenz zwischen Nrn. 26 und 25 EBM (200 Punkte) sowie die Leistungen nach Nrn. 720, 3854 von den zu vergütenden Leistungen ab und kürzte die Honoraranforderungen des Klägers um insgesamt 103.590 Punkte. Im II. Quartal 1996 rechnete der Kläger u.a. 346 Besuchsleistungen nach Nr. 26 EBM, 12 Bestimmungen nach Nr. 720 EBM und einen Schwangerschaftsnachweis nach Nr. 3854 EBM als im Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachte Leistungen ab, die von der Beklagten in derselben Weise wie im I. Quartal 1996 von seiner Honorarforderung abgesetzt wurden. Der Kürzungsbetrag betrug insgesamt 8.872,72 DM für beide Quartale.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er hinsichtlich der Besuchsleistungen damit begründete, dass nach einem Beschluss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeder im Bereitschaftsdienst ausgeführte Besuch dringend sei. Dieser Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. März 1998).
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 2. Februar 2000 die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide I und II/1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1998 verurteilt, die abgesetzten Leistungen nach den Ziffern 720 und 3854 EBM zu vergüten und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen das ihm am 3. März 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. April 2000 Berufung eingelegt. Er trägt vor, wenn ein Arzt den Auftrag zu einem unverzüglichen Besuch erhalte, so habe er die EBM Nr. 26 verdient. Diese Nummer stelle nicht darauf ab, ob ein Mitarbeiter der Beklagten das Merkmal „D“ oder „E“ vergebe. Bei seinen Einsätzen im Bereitschaftsdienst sei es so, dass diese Besuche vorher nicht planbar gewesen seien. Im Übrigen habe der Vorstand der Beklagten beschlossen, dass Nr. 26 EBM in den streitigen Fällen abrechenbar sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale I. und II./1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1998 zu verurteilen, ihm die beanstandeten Besuchsleistungen nach Nr. 26 EBM zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, ein Beschluss ihres Vorstandes, Besuche im Ärztlichen Bereitschaftsdienst generell nach Gebührenordnungs-Nr. 26 EBM zu vergüten, sei weder umgesetzt noch bekannt gemacht worden; vielmehr habe der Vorstand seinen ursprünglichen Beschluss umgehend geändert. Abzustellen sei auf die zusätzliche Kennzeichnung mit dem Buchstaben „D“.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten und die Beiakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Beklagte war auf der Grundlage des § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte-/Ersatzkassen berechtigt, die Honoraranforderungen des Klägers zu berichtigen (§ 8 Honorarverteilungsmaßstab -HVM- der Beklagten vom 1. Dezember 1994 in KV-Mitteilungen 1995 Heft 12). Das Berichtigungsrecht umfasst insbesondere Fehlansätze von Positionen der Gebührenordnung (EBM).
Der Kläger kann seinen Anspruch auf eine höhere Vergütung seiner Besuchsleistungen nicht mit Erfolg auf Nr. 26 EBM stützen. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst/Notdienst der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V-.
Die Einzelheiten waren für den hier streitigen Zeitraum in der von der Vertreterversammlung beschlossenen Notdienstordnung vom 15. Februar 1990 enthalten. Diese bestimmte in Nr. 8.4.14, dass die zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Ärzte eine pauschale Abgeltung erhalten. Die Vertreterversammlung der Beklagten hat hiervon - zumindest teilweise - abweichend in § 14 Abs. 1 des HVM vom 9. November 1995 in Kraft getreten am 1. Januar 1996 - (KV-Blatt 12/1995) beschlossen, dass die im organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachten Leistungen nach den Bestimmungen der Notfalldienstordnung und den entsprechenden Nummern der vereinbarten Gebührenordnung abgerechnet und vergütet werden. Die für die Vertragsärzte verbindliche Gebührenordnung ist der Einheitliche Bewertungsmaßstab (hier in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung). Die darin enthaltenen Leistungsnummern sind, soweit sie auf Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der ärztlichen Praxisräume abstellen, sinngemäß auf den Fahrenden Dienst zu übertragen.
Die Besuchsregelungen im Abschnitt III EBM sind zugeschnitten auf den in der Arztpraxis tätigen Arzt. Die Nummern 25 und 26 EBM setzen voraus, dass der niedergelassene Arzt, um einen Besuch durchzuführen, entweder seine Praxis oder seine Wohnung verlässt. Demgegenüber sieht der EBM keine höhere Vergütung vor, wenn der Vertragsarzt während der üblichen Sprechzeiten einen dringenden Fall anderen Patienten, die sich bereits in seiner Praxis aufhalten, zeitlich vorzieht. Diesem Sachverhalt vergleichbar ist die Tätigkeit im Fahrenden Dienst. Der Arzt erhält ein bestimmtes Gebiet der Stadt Berlin zugewiesen, in dem er nacheinander die ihm von der Zentrale durch Funk übermittelten Notfallpatienten aufzusuchen hat. Wird ihm während seiner Fahrt ein besonders dringender Fall gemeldet, so ändert er lediglich seine Fahrtroute und zieht diesen Patienten einem anderen vor.
Der Kläger hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass den Gerichten regelmäßig eine teleologische Auslegung der EBM-Vorschriften verwehrt ist (so BSG Urteil vom 01.08.1991 - 6 RKa 15/90 in SozR 3-2500 § 87 Nr. 2), das hindert aber nicht eine systematische Auslegung für Anwendungsbereiche, die nicht unmittelbar von der Vorschrift erfasst werden. Dass es sich bei dem Aufsuchen eines Patienten während des Bereitschaftsdienstes um einen Besuch im Sinne des Abschnitts III 1. EBM handelt, lässt sich nicht bezweifeln, so dass von den beiden in Rede stehenden Gebührenordnungs-Nummern diejenige angewendet werden muss, die der Systematik des EBM am meisten entspricht. Da der unverzügliche Besuch eines Notfallpatienten dem Vorziehen eines Patienten in der Praxis gleichkommt, lässt sich kein Grund für die Anwendung der Nr. 26 EBM erkennen. Dass der Vorstand oder andere Gremien der Beklagten außerhalb der Vertreterversammlung eine Regelung vorsehen, wonach die Nr. 26 EBM abgerechnet werden kann, wenn die Zentrale einen Besuch als dringend kennzeichnet, ist rechtlich unerheblich. Ob Gremien außerhalb der Vertreterversammlung der Beklagten überhaupt befugt sind, die Höhe der Vergütung zu regeln, erscheint zweifelhaft; jedenfalls ist der Kläger aber durch eine solche Regelung nicht beschwert. Für das Ansetzen der Nr. 26 EBM in weiteren Fällen fehlt eine Rechtsgrundlage.
Im Übrigen würde die Abrechnung dieser Nummer zu nicht mehr nachvollziehbaren Verzerrungen bei der Vergütung der Vertragsärzte im Bereitschaftsdienst führen. Einerseits könnte ein Arzt, der während des Bereitschaftsdienstes nur gelegentlich und in größeren Abständen einen „Notfall“ gemeldet bekommt, stets die Nr. 26 EBM abrechnen, andererseits würde es im kaum nachprüfbaren Belieben des Arztes liegen, ob und in welchem Umfang er Besuche unverzüglich durchführt.
Unberührt bleibt die Befugnis der Vertreterversammlung, in einer Bereitschaftsdienstordnung vorzusehen, dass im Fahrenden Dienst stets die Nr. 26 EBM abgerechnet werden darf. An einem solchen Beschluss der Vertreterversammlung fehlt es hier aber. Mag die derzeitige Praxis dem Kläger auch - finanziell - unbefriedigend erscheinen, so hat sie jedenfalls - ungeachtet ihrer rechtlichen Zulässigkeit - den Vorzug der Klarheit und Praktikabilität für sich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch über die Abrechnung von Besuchsleistungen, die der Kläger als Arzt im sogenannten Fahrenden Dienst des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (früher: Ärztlichen Notfalldienstes) im I. und II. Quartal 1996 erbrachte.
Der Kläger ist als praktischer Arzt zur vertragsärztlichen Versorgung mit Arztsitz in Berlin-Steglitz zugelassen. In den streitbefangenen Zeiträumen nahm er an dem von der Beklagten organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst teil. Die Durchführung des Bereitschaftsdienstes richtete sich nach der Notfalldienstordnung der Beklagten vom 15. Februar 1990. In dieser ist unter Nr. 8.4 (Arzt im Fahrenden Dienst) Folgendes geregelt:
8.4.1
Die zum Fahrenden Dienst eingeteilten Ärzte haben sich spätestens 30 Minuten vor Dienstbeginn in der Zentrale dienstbereit zu melden. Bei verspäteter Meldung in der Zentrale wird der Dienst anderweitig vergeben.
8.4.2
Die Abholung des Arztes zum Dienst und das Absetzen nach dem Dienst erfolgt in der Regel im eingeteilten Ortsteil.
8.4.8
Die Besuchsaufträge sind unverzüglich auszuführen.
8.4.9
Die als „dringend“ bezeichneten Besuche müssen vorrangig ausgeführt werden.
8.4.10
Während des Bereitschaftsdienstes dürfen nur Besuche ausgeführt werden, die von der Zentrale durchgegeben worden sind.
Die angeforderten Arztbesuche werden von der Telefonzentrale des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes entgegen genommen und an die am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Ärzte weitergegeben. Aufgrund der Angaben des Patienten oder der Angehörigen entscheiden diese bzw. nachts der gemäß Nr. 8.2 der Notfalldienstordnung diensthabende Arzt in der Zentrale, ob ein Besuch dringend ist; letzterer ist gegenüber den am Bereitschaftsdienst teilnehmenden Personen weisungsbefugt. In dringenden Fällen werden die Unterlagen mit „D“ oder „E“ gekennzeichnet.
Der Kläger rechnete u.a. im I. Quartal 1996 510 im Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachte Besuchsleistungen nach Nr. 26 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes -EBM- (Besuch, wegen der Erkrankung unverzüglich nach Bestellung ausgeführt), 15 Bestimmungen der prozentualen Sauerstoffsättigung im Blut nach Nr. 720 EBM sowie 2 Schwangerschaftsnachweise nach Nr. 3854 EBM ab. Die Beklagte wandelte im Wege einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung die Besuchsleistungen in solche nach Nr. 25 EBM (Besuch) um, setzte die Punktdifferenz zwischen Nrn. 26 und 25 EBM (200 Punkte) sowie die Leistungen nach Nrn. 720, 3854 von den zu vergütenden Leistungen ab und kürzte die Honoraranforderungen des Klägers um insgesamt 103.590 Punkte. Im II. Quartal 1996 rechnete der Kläger u.a. 346 Besuchsleistungen nach Nr. 26 EBM, 12 Bestimmungen nach Nr. 720 EBM und einen Schwangerschaftsnachweis nach Nr. 3854 EBM als im Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachte Leistungen ab, die von der Beklagten in derselben Weise wie im I. Quartal 1996 von seiner Honorarforderung abgesetzt wurden. Der Kürzungsbetrag betrug insgesamt 8.872,72 DM für beide Quartale.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er hinsichtlich der Besuchsleistungen damit begründete, dass nach einem Beschluss der Kassenärztlichen Bundesvereinigung jeder im Bereitschaftsdienst ausgeführte Besuch dringend sei. Dieser Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. März 1998).
Auf die dagegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 2. Februar 2000 die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide I und II/1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1998 verurteilt, die abgesetzten Leistungen nach den Ziffern 720 und 3854 EBM zu vergüten und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Gegen das ihm am 3. März 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. April 2000 Berufung eingelegt. Er trägt vor, wenn ein Arzt den Auftrag zu einem unverzüglichen Besuch erhalte, so habe er die EBM Nr. 26 verdient. Diese Nummer stelle nicht darauf ab, ob ein Mitarbeiter der Beklagten das Merkmal „D“ oder „E“ vergebe. Bei seinen Einsätzen im Bereitschaftsdienst sei es so, dass diese Besuche vorher nicht planbar gewesen seien. Im Übrigen habe der Vorstand der Beklagten beschlossen, dass Nr. 26 EBM in den streitigen Fällen abrechenbar sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. Februar 2000 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale I. und II./1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1998 zu verurteilen, ihm die beanstandeten Besuchsleistungen nach Nr. 26 EBM zu vergüten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, ein Beschluss ihres Vorstandes, Besuche im Ärztlichen Bereitschaftsdienst generell nach Gebührenordnungs-Nr. 26 EBM zu vergüten, sei weder umgesetzt noch bekannt gemacht worden; vielmehr habe der Vorstand seinen ursprünglichen Beschluss umgehend geändert. Abzustellen sei auf die zusätzliche Kennzeichnung mit dem Buchstaben „D“.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichtsakten und die Beiakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Die Beklagte war auf der Grundlage des § 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte, § 34 Abs. 4 Bundesmantelvertrag-Ärzte-/Ersatzkassen berechtigt, die Honoraranforderungen des Klägers zu berichtigen (§ 8 Honorarverteilungsmaßstab -HVM- der Beklagten vom 1. Dezember 1994 in KV-Mitteilungen 1995 Heft 12). Das Berichtigungsrecht umfasst insbesondere Fehlansätze von Positionen der Gebührenordnung (EBM).
Der Kläger kann seinen Anspruch auf eine höhere Vergütung seiner Besuchsleistungen nicht mit Erfolg auf Nr. 26 EBM stützen. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst/Notdienst der Beklagten findet seine Rechtsgrundlage in § 75 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -SGB V-.
Die Einzelheiten waren für den hier streitigen Zeitraum in der von der Vertreterversammlung beschlossenen Notdienstordnung vom 15. Februar 1990 enthalten. Diese bestimmte in Nr. 8.4.14, dass die zum Bereitschaftsdienst eingeteilten Ärzte eine pauschale Abgeltung erhalten. Die Vertreterversammlung der Beklagten hat hiervon - zumindest teilweise - abweichend in § 14 Abs. 1 des HVM vom 9. November 1995 in Kraft getreten am 1. Januar 1996 - (KV-Blatt 12/1995) beschlossen, dass die im organisierten Ärztlichen Bereitschaftsdienst erbrachten Leistungen nach den Bestimmungen der Notfalldienstordnung und den entsprechenden Nummern der vereinbarten Gebührenordnung abgerechnet und vergütet werden. Die für die Vertragsärzte verbindliche Gebührenordnung ist der Einheitliche Bewertungsmaßstab (hier in der ab 1. Januar 1996 geltenden Fassung). Die darin enthaltenen Leistungsnummern sind, soweit sie auf Tätigkeiten innerhalb und außerhalb der ärztlichen Praxisräume abstellen, sinngemäß auf den Fahrenden Dienst zu übertragen.
Die Besuchsregelungen im Abschnitt III EBM sind zugeschnitten auf den in der Arztpraxis tätigen Arzt. Die Nummern 25 und 26 EBM setzen voraus, dass der niedergelassene Arzt, um einen Besuch durchzuführen, entweder seine Praxis oder seine Wohnung verlässt. Demgegenüber sieht der EBM keine höhere Vergütung vor, wenn der Vertragsarzt während der üblichen Sprechzeiten einen dringenden Fall anderen Patienten, die sich bereits in seiner Praxis aufhalten, zeitlich vorzieht. Diesem Sachverhalt vergleichbar ist die Tätigkeit im Fahrenden Dienst. Der Arzt erhält ein bestimmtes Gebiet der Stadt Berlin zugewiesen, in dem er nacheinander die ihm von der Zentrale durch Funk übermittelten Notfallpatienten aufzusuchen hat. Wird ihm während seiner Fahrt ein besonders dringender Fall gemeldet, so ändert er lediglich seine Fahrtroute und zieht diesen Patienten einem anderen vor.
Der Kläger hat zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass den Gerichten regelmäßig eine teleologische Auslegung der EBM-Vorschriften verwehrt ist (so BSG Urteil vom 01.08.1991 - 6 RKa 15/90 in SozR 3-2500 § 87 Nr. 2), das hindert aber nicht eine systematische Auslegung für Anwendungsbereiche, die nicht unmittelbar von der Vorschrift erfasst werden. Dass es sich bei dem Aufsuchen eines Patienten während des Bereitschaftsdienstes um einen Besuch im Sinne des Abschnitts III 1. EBM handelt, lässt sich nicht bezweifeln, so dass von den beiden in Rede stehenden Gebührenordnungs-Nummern diejenige angewendet werden muss, die der Systematik des EBM am meisten entspricht. Da der unverzügliche Besuch eines Notfallpatienten dem Vorziehen eines Patienten in der Praxis gleichkommt, lässt sich kein Grund für die Anwendung der Nr. 26 EBM erkennen. Dass der Vorstand oder andere Gremien der Beklagten außerhalb der Vertreterversammlung eine Regelung vorsehen, wonach die Nr. 26 EBM abgerechnet werden kann, wenn die Zentrale einen Besuch als dringend kennzeichnet, ist rechtlich unerheblich. Ob Gremien außerhalb der Vertreterversammlung der Beklagten überhaupt befugt sind, die Höhe der Vergütung zu regeln, erscheint zweifelhaft; jedenfalls ist der Kläger aber durch eine solche Regelung nicht beschwert. Für das Ansetzen der Nr. 26 EBM in weiteren Fällen fehlt eine Rechtsgrundlage.
Im Übrigen würde die Abrechnung dieser Nummer zu nicht mehr nachvollziehbaren Verzerrungen bei der Vergütung der Vertragsärzte im Bereitschaftsdienst führen. Einerseits könnte ein Arzt, der während des Bereitschaftsdienstes nur gelegentlich und in größeren Abständen einen „Notfall“ gemeldet bekommt, stets die Nr. 26 EBM abrechnen, andererseits würde es im kaum nachprüfbaren Belieben des Arztes liegen, ob und in welchem Umfang er Besuche unverzüglich durchführt.
Unberührt bleibt die Befugnis der Vertreterversammlung, in einer Bereitschaftsdienstordnung vorzusehen, dass im Fahrenden Dienst stets die Nr. 26 EBM abgerechnet werden darf. An einem solchen Beschluss der Vertreterversammlung fehlt es hier aber. Mag die derzeitige Praxis dem Kläger auch - finanziell - unbefriedigend erscheinen, so hat sie jedenfalls - ungeachtet ihrer rechtlichen Zulässigkeit - den Vorzug der Klarheit und Praktikabilität für sich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved