Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 1 LW 153/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 45/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Ein durch Verwaltungsakt erledigter Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem ALG lebt nicht wieder auf, wenn nachfolgend ein weiterer gesetzlicher Befreiungstatbestand geschaffen wird.
2) Der Versicherungsträger verletzt seine Beratungs- und Auskunftspflicht (§§ 14 ff SGB I) nicht, wenn er ohne konkreten Beratungsbedarf nicht alle von dem
neuen Befreiungstatbestand möglicherweise betroffenen Versicherten hiervon individuell informiert.
3) Keine Entscheidung der Frage, ob die durch § 85 Abs. 3a Satz 2 ALG ausgeschlossene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gleichwohl über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch mittelbar zulässig sein kann.
2) Der Versicherungsträger verletzt seine Beratungs- und Auskunftspflicht (§§ 14 ff SGB I) nicht, wenn er ohne konkreten Beratungsbedarf nicht alle von dem
neuen Befreiungstatbestand möglicherweise betroffenen Versicherten hiervon individuell informiert.
3) Keine Entscheidung der Frage, ob die durch § 85 Abs. 3a Satz 2 ALG ausgeschlossene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gleichwohl über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch mittelbar zulässig sein kann.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 2. Juni 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am ...1965 geborene Klägerin ist die Ehefrau des am 03.02.1962 geborenen Landwirts ..., der seinerseits von der Beitragspflicht bei der Beklagten befreit ist. Mit Schreiben vom 25.10.1994 wurde der Klägerin mitgeteilt, daß für sie infolge des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) ab 01.01.1995 als Ehegattin eines Landwirts grundsätzlich Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse bestehe und der monatliche Beitrag 291,00 DM betrage. Mit Schreiben vom 08.11.1994 und 11.06.1995 hat die Klägerin wegen der Geburt ihres Kindes Veronika-Michaela ... am ...1994 die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt. Mit Bescheid vom 06.07. 1995 wurde die Klägerin ab 01.01.1995 gemäß § 3 Abs.1 Nr.2 ALG für die Dauer der Erziehungszeit von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit. Mit Schreiben vom 15.01.1997 hat die Klägerin im Hinblick auf die Beendigung der Erziehungszeit zum 09.02.1997 unter Bezugnahme auf zwei im Mai und im September 1996 abgeschlossene Lebensversicherungen abermals die Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beklagten beantragt. Mit Bescheid vom 27.02.1997 hat die Beklagte eine Befreiung gemäß § 85 Abs.3 ALG abgelehnt, weil die beiden vorgelegten Lebensversicherungen nach dem 31.03.1996 abgeschlossen worden seien und die Beitragshöhe jeweils niedriger als der LAK-Beitrag sei. Mit Bescheid vom 28.02.1997 hat die Beklagte festgestellt, daß die Klägerin ab 01.03.1997 als Landwirtin gemäß § 1 Abs.3 ALG bei der Beklagten versicherungspflichtig sei. Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Sie habe bereits 1995/Anfang 1996 jeweils einen Antrag auf dauernde Befreiung von der Beitragspflicht bei der Beklagten gestellt. Sie sei vom 09.02.1994 bis 08.02.1997 in Mutterschutz gewesen. Sie habe zudem bereits zwei private Lebensversicherungen abgeschlossen. Ihr Ehegatte sei zum 31.12.1994 und auch später von der Beitragspflicht bei der Beklagten befreit gewesen und habe im Jahre 1994 ein Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit von mehr als 40.000,00 DM erzielt; der Wirtschaftswert des landwirtschaftlichen Unternehmens betrage 8.290,00 DM und das Einkommen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit habe 1995 lediglich 1.257,00 DM betragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.1997 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 85 Abs.3a ALG scheide aus, weil die Klägerin den Antrag verspätet gestellt habe. Auf den Befreiungsantrag vom 08.11.1994 könne nicht mehr abgestellt werden, denn die Befreiungsmöglichkeit des § 85 Abs.3a ALG sei erst durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15.12.1995 in das ALG eingefügt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte über den Antrag vom 08.11. 1994 bereits mit Bescheid vom 06.07.1995 rechtsverbindlich entschieden gehabt und die Klägerin wegen Kindererziehung gemäß § 3 Abs.1 Nr.2 ALG ab 01.01.1995 von der Versicherungspflicht befreit. Auch eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs.3a ALG im Rahmen des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sei ausgeschlossen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch wäre nur dann anzuwenden, wenn die Beklagte es unterlassen hätte, ihre Mitglieder über die mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15.12.1995 geschaffene weitere Befreiungsmöglichkeit aufzuklären. Gerade dies sei mit dem Mitteilungsblatt der Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Niederbayern-Oberpfalz "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 S.12 geschehen. Mit Bescheid vom 11.03.1998 wurde die Klägerin erneut ab 01.03. 1998 wegen der Geburt des Kindes Franziska Katja ... am ...1998 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten für die Dauer der Erziehungszeit befreit. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.10.1997 hat die Klägerin am 14.11.1997 Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben.
Die Klägerin habe am 08.11.1994 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt. Sie habe selbstverständlich möglichst endgültig befreit werden wollen und zwar unter den für sie günstigsten Bedingungen. Die Beklagte habe die Klägerin keineswegs umfassend über alle Befreiungsmöglichkeiten informiert, sondern ihr lediglich ein Formular über die Befreiung nach § 3 Abs.1 ALG zugesandt. Der Gesetzgeber habe am 15.12. 1995 das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte erlassen. Er habe nach § 85 Abs.3 einen neuen Abs.3a ALG eingefügt, der für die Klägerin eine Befreiungsmöglichkeit auf Dauer gebracht habe. Dieses Änderungsgesetz sei rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft getreten. Mit dem Antrag vom 08.11.1994 sei ein konkretes sozialversicherungsrechtliches Treueverhältnis mit der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin umfassend über die für sie in Betracht kommenden Befreiungsmöglichkeiten zu informieren, entstanden. Dieser umfassenden und individuellen Beratungspflicht sei die Beklagte nur teilweise nachgekommen. Die Klägerin sei daher entweder im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches oder im Wege der Auslegung des seinerzeitigen Antrages gemäß § 85 Abs.3a ALG mit Wirkung ab 01.01.1995 zu befreien.
Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.04.1998 Stellung genommen. Die Klägerin sei wie alle Ehegatten von landwirtschaftlichen Unternehmern über die für sie ab 01.01. 1995 bestehenden Befreiungsmöglichkeiten aufgeklärt worden. Auf dem zugesandten Formblattantrag habe sie die Fragen bezüglich der Befreiung wegen berücksichtigungsfähiger Rentenversicherungszeiten angekreuzt (§ 3 Abs.1 Ziffer 2 ALG). Des weiteren habe sie eine Geburtsurkunde für ihre am ...1994 geborene Tochter Veronika-Michaela beigelegt. Die Fragen wegen der Befreiung infolge Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen und wegen Nichterfüllung der Wartezeit seien verneint worden. Daraufhin sei sie mit Bescheid vom 06.07.1995 ab 01.01.1995 antragsgemäß von der Versicherungspflicht befreit worden. Eine Befreiung auf Dauer nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen sei nicht möglich gewesen, weil die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Die Beklagte habe keine Veranlassung gehabt, bestehende oder abgelehnte Befreiungen nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15.12.1995 einzeln zu prüfen, ob sich daraus nicht eine Befreiungsmöglichkeit überhaupt oder eine für einen einzelnen Versicherten aus seiner Sicht günstigere Befreiung ergeben könnte. Die in § 13 SGB I geregelte Pflicht zur Aufklärung habe die Beklagte dadurch erfüllt, daß sie ihren Versicherten, soweit sie in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Niederbayern-Oberpfalz versichert sind, im Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 auf die Möglichkeiten der erweiterten Befreiungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht habe.
Das SG hat mit Urteil vom 02.06.1998 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht eine Befreiung gemäß § 85 Abs.3a ALG verneint. Von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 Abs.3a ALG seien zwar die Ziffern 1 bis 3 erfüllt, die Klägerin habe aber den Antrag auf Befreiung nicht bis zum 30.06.1996 bei der Beklagten gestellt, sondern erst am 17.01.1997. Der im November 1994 gestellte Antrag sei mit Zeiten der Kindererziehung begründet worden. Zu diesem Zeitpunkt und im Zeitpunkt der Verbescheidung im Juni 1995 sei die Befreiungsmöglichkeit nach § 85 Abs.3a ALG noch nicht geltendes Recht gewesen. Mit Bekanntgabe der Entscheidung vom 06.07.1995 und Wirksamwerden dieses Verwaltungsaktes sei insoweit der Antrag vom November 1994 verbraucht gewesen. Der Versäumung der Antragsfrist könne die Klägerin weder mit Wiedereinsetzungsgründen noch mit dem Hinweis begegnen, die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches seien gegeben. Es sei schon fraglich, ob die Beklagte ihre Beratungs- und Auskunftspflicht oder ihre Pflicht, auf sachgerechte Anträge hinzuwirken, verletzt habe. Denn der betroffene Personenkreis sei durch allgemein zugängliche Medien sowie durch spezifische Veröffentlichungen der Beklagten über die Entstehung der Versicherungspflicht und die Befreiung hiervon ausreichend informiert worden. Ob und inwieweit möglicherweise die Klägerin durch eine unvollständige Beratung von der rechtzeitigen Antragstellung abgehalten worden sei, könne letztlich dahingestellt bleiben. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne hierdurch nicht begründet werden. Nur die Entrichtung von Beiträgen, die unwirtschaftlich seien, weil durch die Zahlung der Beiträge die Leistung niedriger oder nur unerheblich höher werde als ohne die Zahlung, könne als sozialrechtlich relevanter Schaden/Nachteil aufgefaßt werden. Diese Fallkonstellation sei vorliegend eindeutig nicht gegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung vom 25.08.1998. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs.3a ALG auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Unstreitig habe die Klägerin am 08.11.1994 in dem Rückantwortbogen zur Feststellung der Versicherungspflicht bei der Beklagten einen "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht" gestellt. Dieser Antrag war auf eine umfassende und endgültige Befreiung von der Beitragspflicht gerichtet. Der entscheidende Pflichtverletzungsvorwurf müsse der Beklagten nach Inkrafttreten des ASRG-Änderungsgesetzes zum 15.12.1995 gemacht werden. Die für die Klägerin in Frage kommende Befreiungsvorschrift des § 85 Abs.3a ALG sei rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft getreten. Gerade aufgrund dieser Rückwirkungsfiktion sei bei der Beklagten ein erhöhter Aufklärungsbedarf und eine erhöhte Aufklärungsverpflichtung entstanden. Zur Beratung der Klägerin habe ein konkreter Anlaß bestanden. Soweit die Beklagte auf die Aufklärung im Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 hinweise, sei nach Rücksprache mit der Klägerin festzustellen, daß sie ein derartiges Mitteilungsblatt nicht erhalten habe. Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten sei ursächlich gewesen für die Rechtsnachteile, die die Klägerin erlitten habe. Die Beitragspflicht zur Beklagten stelle einen Nachteil dar, unabhängig davon, daß den Beiträgen auch Versicherungsleistungen gegenüberstehen würden.
Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.10.1998 Stellung genommen. Die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 85 Abs.3a ALG lägen nicht vor, weil der Befreiungsantrag zu spät gestellt worden sei. Eine Wiedereinsetzung sei gemäß § 85 Abs.3a Satz 2, Abs.3 Satz 3 ALG ausgeschlossen. Die Berufungsbegründung stütze sich nunmehr ausschließlich auf die Geltendmachung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Dessen Voraussetzungen seien aus mehreren Gründen nicht gegeben. Zum einen habe die Beklagte ihre Beratungs- und Auskunftspflicht nicht verletzt. Im Zeitpunkt der ersten Antragstellung auf Beitragsbefreiung vom 08.11.1994 habe die jetzt geltend gemachte Befreiungsvorschrift noch gar nicht gegolten. Eine entsprechende Aufklärung sei also zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Mit Inkrafttreten des ASRG-Änderungsgesetzes rückwirkend zum 01.01.1995 sei die Beklagte der Aufklärung durch Übersendung des Mitteilungsblattes "Sicherheit für Haus und Hof" Heft Nr.4/1995 nachgekommen. Das Vorliegen eines konkreten Anlasses zur Beratung ergebe sich insbesondere nicht aus dem Befreiungsantrag vom 08.11.1994. Dieser Befreiungsantrag sei mit Bescheid vom 06.07.1995 abschließend verbeschieden worden. Es würde zu weit gehen, wenn die Beklagte sämtliche bestehende oder abgelehnte Befreiungen nach Inkrafttreten des ASRG-Änderungsgesetzes einzeln hätte prüfen müssen, ob sich daraus eine Befreiungsmöglichkeit überhaupt oder eine für einen einzelnen Versicherten aus seiner Sicht günstigere Befreiung ergeben könnte.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.11.1998 das Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 und ihren Bescheid vom 06.11.1998, nach dem die Klägerin für die Zeit vom 01.03.1997 bis zum 28.02.1998 gemäß § 3 Abs.1 Nr.1 ALG wegen des Vorliegens von Erwerbsersatzeinkommen befreit ist, übersandt. Die Klägervertreter haben mit Schriftsatz vom 01.12. 1998 nochmals Stellung genommen. Die Hinweise in dem Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" Heft Nr.4/1995 stütze die Rechtsauffassung der Beklagten nicht. Der entsprechende Artikel enthalte keinen Hinweis auf die befristete Antragsmöglichkeit gemäß § 85 Abs.3a ALG. Hingewiesen werde lediglich auf die befristete Befreiungsmöglichkeit nach § 85 Abs.3 bis 31.03.1996.
Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des SG vom 02.06.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 27.02.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.10.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Versicherungspflicht als Ehegattin eines Landwirts gemäß § 85 Abs. 3a ALG mit Wirkung ab 01.11.1995 zu befreien.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Beklagtenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Dem Klageanspruch fehlt nicht schon deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin wegen der Erziehung des ersten Kindes ab 01.01.1995 bis 28.02.1997, wegen des Bezugs von Erwerbsersatzeinkommen vom 01.03.1997 bis 28.02.1998 und wegen der Erziehung des zweiten Kindes vom 01.03.1998 bis 28.02.2001 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit war bzw. noch befreit ist. Denn ihr Anspruchsbegehren auf Befreiung ist auf eine Befreiung auf Dauer ausgerichtet. Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Klägerin ab 01.01.1995 auf Dauer gemäß § 85 Abs.3a ALG von der Versicherungspflicht bei der Beklagten zu befreien ist.
Die Berufung erweist sich allerdings als unbegründet.
Gemäß § 85 Abs.3a ALG sind Versicherte nach § 1 Abs.3, die die Voraussetzungen nach Abs.3 Satz 2 Nr.1 erfüllen, ab 01.01.1995 von der Versicherungspflicht befreit, wenn
1. sie am 31.12.1994 mit einem zu diesem Zeitpunkt von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreiten Landwirt verheiratet sind,
2. der Wirtschaftswert des Unternehmens der Landwirtschaft nach den betrieblichen Verhältnissen am 01.01.1995 20.000,00 DM nicht überschritten hat,
3. der befreite Unternehmer im Jahre 1994 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 40.000,00 DM erzielt hat und
4. die Befreiung bis zum 30.06.1996 bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse beantragt wird.
Die Klägerin erfüllt alle vorgenannten Voraussetzungen mit Ausnahme der rechtzeitigen Beantragung der Befreiung bis zum 30.06.1996. Die Klägerin ist Fiktivunternehmerin nach § 1 Abs.3 ALG und war am 31.12.1994 nicht beitragspflichtig bei der Beklagten. Sie war andererseits am 31.12.1994 mit einem zu diesem Zeitpunkt von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreiten Landwirt verheiratet. Schließlich hatte der Wirtschaftswert des Unternehmens der Landwirtschaft nach den betrieblichen Verhältnissen am 01.01.1995 20.000,00 DM nicht überschritten und der befreite Unternehmer hat im Jahre 1994 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 40.000,00 DM erzielt.
Der Antrag auf Befreiung wurde aber erst am 15.01.1997 und damit verspätet gestellt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 85 Abs. 3a S. 2, Abs. 3 S. 3 ALG ausdrücklich ausgeschlossen. Der Antrag der Klägerin vom 08.11.1994 kann nicht gleichzeitig als Antrag auf Befreiung nach § 85 Abs.3a ALG angesehen werden. Einer solchen Auslegung steht entgegen, daß im Zeitpunkt der Antragstellung und der Entscheidung der Beklagten über den Antrag die Befreiungsmöglichkeit gemäß § 85 Abs.3a ALG noch gar nicht bestand. Ein Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, auf den die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Willenserklärungen (§§ 116 ff BGB) entsprechend anzuwenden sind. Er ist daher nach § 133 BGB bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht der Behörde sowie der Verkehrssitte und nach Treu und Glauben auszulegen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des Grundsatzes der Meistbegünstigung (vgl. hierzu Krause, NJW 1979, 1007, 1010) bezieht sich der Befreiungsantrag der Klägerin auf alle Befreiungsmöglichkeiten, die bis zur Antragstellung bzw. zur Entscheidung über den Befreiungsantrag geltendes Recht sind bzw. werden, nicht aber auf Befreiungstatbestände, die erst nach den genannten Zeitpunkten geltendes Recht werden. Dies ist hier gerade der Fall, weil die für die Klägerin einschlägige Befreiungsvorschrift des § 85 Abs. 3a ALG erst durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15. Dezember 1995 in das Gesetz aufgenommen wurde und damit zu einem Zeitpunkt, als der Antrag vom 08.11.1994 bzw. 11.06.1995 mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 06.07.1995 und dem Wirksamwerden dieses Bescheides bereits verbraucht war. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, daß die für die Klägerin einschlägige Befreiungsvorschrift rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft gesetzt wurde. Dadurch wird das bereits abgeschlossene Verwaltungsverfahren über die Befreiung nicht wieder eröffnet. Die Geltendmachung der Befreiung nach § 85 Abs. 3a ALG bedurfte daher eines neuen Antrages, wie dies in § 85 Abs. 3a S. 1 Nr. 4 ALG ausdrücklich vorgesehen ist und der in der verhältnismäßig kurzen Frist bis 30. Juni 1996 zu stellen ist. Dies ist unstreitig nicht geschehen.
Die Klägerin kann schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob der Antrag auf Befreiung rechtzeitig gestellt worden wäre. Ein solcher Anspruch scheitert schon daran, daß die Beklagte sich gegenüber der Klägerin keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Die Beklagte war insbesondere nicht verpflichtet, die Klägerin nach Verkündung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15. Dezember 1995 auf die Möglichkeit eines Befreiungsantrages nach § 85 Abs. 3a ALG hinzuweisen. Auf eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht gemäß § 13 SGB I läßt sich ein Herstellungsanspruch der Klägerin von vornherein nicht stützen. Aus § 13 SGB I läßt sich nämlich kein subjektives Recht der Klägerin gegenüber dem Versicherungsträger herleiten (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Der Einwand der Klägerin, sie habe die Aufklärungsschrift der Beklagten "Sicherheit für Haus und Hof, Heft Nr. 4/1995", mit der die Beklagte gerade ihre allgemeine Aufklärungspflicht gemäß § 13 SGB I erfüllt, nicht erhalten, ist daher unerheblich. Auch die nach den §§ 14, 15 SGB I bestehende Pflicht zur Beratung und/oder Auskunft und eine damit verbundene Antragshinwirkungspflicht (§ 16 Abs. 3 SGB I) hat die Beklagte nicht dadurch verletzt, daß sie den Fall der Klägerin nicht erneut aufgegriffen und auf die relevante Gesetzesänderung aufmerksam gemacht hat. Eine solche Pflicht entsteht grundsätzlich nur durch ein entsprechendes Begehren des Versicherten. Eine Fallgestaltung, bei der der Versicherungsträger auch ohne Beratungsbegehren gehalten wäre, den Versicherten von sich aus "spontan" auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere war das erste Verwaltungsverfahren bezüglich der Befreiung der Klägerin von der Versicherungs- und Beitragspflicht bei der Beklagten bereits abgeschlossen und die Beklagte hat sich im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens auch keiner Fehler oder Versäumnisse schuldig gemacht, die zudem noch als ursächlich für die nicht rechtzeitig erfolgte zweite Antragstellung auf Befreiung angesehen werden könnten. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß der Staat seine Bürger durch Verkündung der Gesetze im Bundesblatt mit dem darauf ersichtlichen Termin des Inkrafttretens unterrichtet (Grundsatz der sog. Publizität von Gesetzen). Dieses Verkündungsverfahren würde entwertet, wollte man zusätzlich noch weitere generelle Informationspflichten durch die Versicherungsträger über die in der Zwischenzeit sich bietenden gesetzlichen (Befreiungs-)möglichkeiten für geboten erachten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung übergebenen Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. September 1998 - Az: 13 LW 1282/97. Der Entscheidung liegt eine vom hier zu entscheidenen Fall abweichende besondere Fallgestaltung insoweit zugrunde, als dort die Beklagte den Bescheid über die Versicherungs- und Beitragspflicht erst nach dem 30. Juni 1996, nämlich am 23. Juli 1996, erlassen hat, so daß der Klägerin redlicherweise nicht entgegengehalten werden konnte, sie habe den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs. 3a ALG nicht bis spätestens 30. Juni 1996 gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die am ...1965 geborene Klägerin ist die Ehefrau des am 03.02.1962 geborenen Landwirts ..., der seinerseits von der Beitragspflicht bei der Beklagten befreit ist. Mit Schreiben vom 25.10.1994 wurde der Klägerin mitgeteilt, daß für sie infolge des Agrarsozialreformgesetzes 1995 (ASRG 1995) ab 01.01.1995 als Ehegattin eines Landwirts grundsätzlich Versicherungspflicht zur Landwirtschaftlichen Alterskasse bestehe und der monatliche Beitrag 291,00 DM betrage. Mit Schreiben vom 08.11.1994 und 11.06.1995 hat die Klägerin wegen der Geburt ihres Kindes Veronika-Michaela ... am ...1994 die Befreiung von der Versicherungspflicht beantragt. Mit Bescheid vom 06.07. 1995 wurde die Klägerin ab 01.01.1995 gemäß § 3 Abs.1 Nr.2 ALG für die Dauer der Erziehungszeit von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit. Mit Schreiben vom 15.01.1997 hat die Klägerin im Hinblick auf die Beendigung der Erziehungszeit zum 09.02.1997 unter Bezugnahme auf zwei im Mai und im September 1996 abgeschlossene Lebensversicherungen abermals die Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beklagten beantragt. Mit Bescheid vom 27.02.1997 hat die Beklagte eine Befreiung gemäß § 85 Abs.3 ALG abgelehnt, weil die beiden vorgelegten Lebensversicherungen nach dem 31.03.1996 abgeschlossen worden seien und die Beitragshöhe jeweils niedriger als der LAK-Beitrag sei. Mit Bescheid vom 28.02.1997 hat die Beklagte festgestellt, daß die Klägerin ab 01.03.1997 als Landwirtin gemäß § 1 Abs.3 ALG bei der Beklagten versicherungspflichtig sei. Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Sie habe bereits 1995/Anfang 1996 jeweils einen Antrag auf dauernde Befreiung von der Beitragspflicht bei der Beklagten gestellt. Sie sei vom 09.02.1994 bis 08.02.1997 in Mutterschutz gewesen. Sie habe zudem bereits zwei private Lebensversicherungen abgeschlossen. Ihr Ehegatte sei zum 31.12.1994 und auch später von der Beitragspflicht bei der Beklagten befreit gewesen und habe im Jahre 1994 ein Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit von mehr als 40.000,00 DM erzielt; der Wirtschaftswert des landwirtschaftlichen Unternehmens betrage 8.290,00 DM und das Einkommen aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit habe 1995 lediglich 1.257,00 DM betragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.1997 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 85 Abs.3a ALG scheide aus, weil die Klägerin den Antrag verspätet gestellt habe. Auf den Befreiungsantrag vom 08.11.1994 könne nicht mehr abgestellt werden, denn die Befreiungsmöglichkeit des § 85 Abs.3a ALG sei erst durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15.12.1995 in das ALG eingefügt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Beklagte über den Antrag vom 08.11. 1994 bereits mit Bescheid vom 06.07.1995 rechtsverbindlich entschieden gehabt und die Klägerin wegen Kindererziehung gemäß § 3 Abs.1 Nr.2 ALG ab 01.01.1995 von der Versicherungspflicht befreit. Auch eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs.3a ALG im Rahmen des sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sei ausgeschlossen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch wäre nur dann anzuwenden, wenn die Beklagte es unterlassen hätte, ihre Mitglieder über die mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15.12.1995 geschaffene weitere Befreiungsmöglichkeit aufzuklären. Gerade dies sei mit dem Mitteilungsblatt der Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Niederbayern-Oberpfalz "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 S.12 geschehen. Mit Bescheid vom 11.03.1998 wurde die Klägerin erneut ab 01.03. 1998 wegen der Geburt des Kindes Franziska Katja ... am ...1998 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten für die Dauer der Erziehungszeit befreit. Gegen den Widerspruchsbescheid vom 23.10.1997 hat die Klägerin am 14.11.1997 Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben.
Die Klägerin habe am 08.11.1994 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gestellt. Sie habe selbstverständlich möglichst endgültig befreit werden wollen und zwar unter den für sie günstigsten Bedingungen. Die Beklagte habe die Klägerin keineswegs umfassend über alle Befreiungsmöglichkeiten informiert, sondern ihr lediglich ein Formular über die Befreiung nach § 3 Abs.1 ALG zugesandt. Der Gesetzgeber habe am 15.12. 1995 das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte erlassen. Er habe nach § 85 Abs.3 einen neuen Abs.3a ALG eingefügt, der für die Klägerin eine Befreiungsmöglichkeit auf Dauer gebracht habe. Dieses Änderungsgesetz sei rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft getreten. Mit dem Antrag vom 08.11.1994 sei ein konkretes sozialversicherungsrechtliches Treueverhältnis mit der Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin umfassend über die für sie in Betracht kommenden Befreiungsmöglichkeiten zu informieren, entstanden. Dieser umfassenden und individuellen Beratungspflicht sei die Beklagte nur teilweise nachgekommen. Die Klägerin sei daher entweder im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches oder im Wege der Auslegung des seinerzeitigen Antrages gemäß § 85 Abs.3a ALG mit Wirkung ab 01.01.1995 zu befreien.
Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.04.1998 Stellung genommen. Die Klägerin sei wie alle Ehegatten von landwirtschaftlichen Unternehmern über die für sie ab 01.01. 1995 bestehenden Befreiungsmöglichkeiten aufgeklärt worden. Auf dem zugesandten Formblattantrag habe sie die Fragen bezüglich der Befreiung wegen berücksichtigungsfähiger Rentenversicherungszeiten angekreuzt (§ 3 Abs.1 Ziffer 2 ALG). Des weiteren habe sie eine Geburtsurkunde für ihre am ...1994 geborene Tochter Veronika-Michaela beigelegt. Die Fragen wegen der Befreiung infolge Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen und wegen Nichterfüllung der Wartezeit seien verneint worden. Daraufhin sei sie mit Bescheid vom 06.07.1995 ab 01.01.1995 antragsgemäß von der Versicherungspflicht befreit worden. Eine Befreiung auf Dauer nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Bestimmungen sei nicht möglich gewesen, weil die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Die Beklagte habe keine Veranlassung gehabt, bestehende oder abgelehnte Befreiungen nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15.12.1995 einzeln zu prüfen, ob sich daraus nicht eine Befreiungsmöglichkeit überhaupt oder eine für einen einzelnen Versicherten aus seiner Sicht günstigere Befreiung ergeben könnte. Die in § 13 SGB I geregelte Pflicht zur Aufklärung habe die Beklagte dadurch erfüllt, daß sie ihren Versicherten, soweit sie in der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Niederbayern-Oberpfalz versichert sind, im Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 auf die Möglichkeiten der erweiterten Befreiungsmöglichkeiten aufmerksam gemacht habe.
Das SG hat mit Urteil vom 02.06.1998 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht eine Befreiung gemäß § 85 Abs.3a ALG verneint. Von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 Abs.3a ALG seien zwar die Ziffern 1 bis 3 erfüllt, die Klägerin habe aber den Antrag auf Befreiung nicht bis zum 30.06.1996 bei der Beklagten gestellt, sondern erst am 17.01.1997. Der im November 1994 gestellte Antrag sei mit Zeiten der Kindererziehung begründet worden. Zu diesem Zeitpunkt und im Zeitpunkt der Verbescheidung im Juni 1995 sei die Befreiungsmöglichkeit nach § 85 Abs.3a ALG noch nicht geltendes Recht gewesen. Mit Bekanntgabe der Entscheidung vom 06.07.1995 und Wirksamwerden dieses Verwaltungsaktes sei insoweit der Antrag vom November 1994 verbraucht gewesen. Der Versäumung der Antragsfrist könne die Klägerin weder mit Wiedereinsetzungsgründen noch mit dem Hinweis begegnen, die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches seien gegeben. Es sei schon fraglich, ob die Beklagte ihre Beratungs- und Auskunftspflicht oder ihre Pflicht, auf sachgerechte Anträge hinzuwirken, verletzt habe. Denn der betroffene Personenkreis sei durch allgemein zugängliche Medien sowie durch spezifische Veröffentlichungen der Beklagten über die Entstehung der Versicherungspflicht und die Befreiung hiervon ausreichend informiert worden. Ob und inwieweit möglicherweise die Klägerin durch eine unvollständige Beratung von der rechtzeitigen Antragstellung abgehalten worden sei, könne letztlich dahingestellt bleiben. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne hierdurch nicht begründet werden. Nur die Entrichtung von Beiträgen, die unwirtschaftlich seien, weil durch die Zahlung der Beiträge die Leistung niedriger oder nur unerheblich höher werde als ohne die Zahlung, könne als sozialrechtlich relevanter Schaden/Nachteil aufgefaßt werden. Diese Fallkonstellation sei vorliegend eindeutig nicht gegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung vom 25.08.1998. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs.3a ALG auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Unstreitig habe die Klägerin am 08.11.1994 in dem Rückantwortbogen zur Feststellung der Versicherungspflicht bei der Beklagten einen "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht" gestellt. Dieser Antrag war auf eine umfassende und endgültige Befreiung von der Beitragspflicht gerichtet. Der entscheidende Pflichtverletzungsvorwurf müsse der Beklagten nach Inkrafttreten des ASRG-Änderungsgesetzes zum 15.12.1995 gemacht werden. Die für die Klägerin in Frage kommende Befreiungsvorschrift des § 85 Abs.3a ALG sei rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft getreten. Gerade aufgrund dieser Rückwirkungsfiktion sei bei der Beklagten ein erhöhter Aufklärungsbedarf und eine erhöhte Aufklärungsverpflichtung entstanden. Zur Beratung der Klägerin habe ein konkreter Anlaß bestanden. Soweit die Beklagte auf die Aufklärung im Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 hinweise, sei nach Rücksprache mit der Klägerin festzustellen, daß sie ein derartiges Mitteilungsblatt nicht erhalten habe. Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten sei ursächlich gewesen für die Rechtsnachteile, die die Klägerin erlitten habe. Die Beitragspflicht zur Beklagten stelle einen Nachteil dar, unabhängig davon, daß den Beiträgen auch Versicherungsleistungen gegenüberstehen würden.
Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.10.1998 Stellung genommen. Die Voraussetzungen für eine Befreiung gemäß § 85 Abs.3a ALG lägen nicht vor, weil der Befreiungsantrag zu spät gestellt worden sei. Eine Wiedereinsetzung sei gemäß § 85 Abs.3a Satz 2, Abs.3 Satz 3 ALG ausgeschlossen. Die Berufungsbegründung stütze sich nunmehr ausschließlich auf die Geltendmachung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Dessen Voraussetzungen seien aus mehreren Gründen nicht gegeben. Zum einen habe die Beklagte ihre Beratungs- und Auskunftspflicht nicht verletzt. Im Zeitpunkt der ersten Antragstellung auf Beitragsbefreiung vom 08.11.1994 habe die jetzt geltend gemachte Befreiungsvorschrift noch gar nicht gegolten. Eine entsprechende Aufklärung sei also zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Mit Inkrafttreten des ASRG-Änderungsgesetzes rückwirkend zum 01.01.1995 sei die Beklagte der Aufklärung durch Übersendung des Mitteilungsblattes "Sicherheit für Haus und Hof" Heft Nr.4/1995 nachgekommen. Das Vorliegen eines konkreten Anlasses zur Beratung ergebe sich insbesondere nicht aus dem Befreiungsantrag vom 08.11.1994. Dieser Befreiungsantrag sei mit Bescheid vom 06.07.1995 abschließend verbeschieden worden. Es würde zu weit gehen, wenn die Beklagte sämtliche bestehende oder abgelehnte Befreiungen nach Inkrafttreten des ASRG-Änderungsgesetzes einzeln hätte prüfen müssen, ob sich daraus eine Befreiungsmöglichkeit überhaupt oder eine für einen einzelnen Versicherten aus seiner Sicht günstigere Befreiung ergeben könnte.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.11.1998 das Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" 4/1995 und ihren Bescheid vom 06.11.1998, nach dem die Klägerin für die Zeit vom 01.03.1997 bis zum 28.02.1998 gemäß § 3 Abs.1 Nr.1 ALG wegen des Vorliegens von Erwerbsersatzeinkommen befreit ist, übersandt. Die Klägervertreter haben mit Schriftsatz vom 01.12. 1998 nochmals Stellung genommen. Die Hinweise in dem Mitteilungsblatt "Sicherheit für Haus und Hof" Heft Nr.4/1995 stütze die Rechtsauffassung der Beklagten nicht. Der entsprechende Artikel enthalte keinen Hinweis auf die befristete Antragsmöglichkeit gemäß § 85 Abs.3a ALG. Hingewiesen werde lediglich auf die befristete Befreiungsmöglichkeit nach § 85 Abs.3 bis 31.03.1996.
Der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,
das Urteil des SG vom 02.06.1998 und den Bescheid der Beklagten vom 27.02.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 23.10.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von der Versicherungspflicht als Ehegattin eines Landwirts gemäß § 85 Abs. 3a ALG mit Wirkung ab 01.11.1995 zu befreien.
Die Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Beklagtenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Dem Klageanspruch fehlt nicht schon deswegen das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin wegen der Erziehung des ersten Kindes ab 01.01.1995 bis 28.02.1997, wegen des Bezugs von Erwerbsersatzeinkommen vom 01.03.1997 bis 28.02.1998 und wegen der Erziehung des zweiten Kindes vom 01.03.1998 bis 28.02.2001 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit war bzw. noch befreit ist. Denn ihr Anspruchsbegehren auf Befreiung ist auf eine Befreiung auf Dauer ausgerichtet. Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob die Klägerin ab 01.01.1995 auf Dauer gemäß § 85 Abs.3a ALG von der Versicherungspflicht bei der Beklagten zu befreien ist.
Die Berufung erweist sich allerdings als unbegründet.
Gemäß § 85 Abs.3a ALG sind Versicherte nach § 1 Abs.3, die die Voraussetzungen nach Abs.3 Satz 2 Nr.1 erfüllen, ab 01.01.1995 von der Versicherungspflicht befreit, wenn
1. sie am 31.12.1994 mit einem zu diesem Zeitpunkt von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreiten Landwirt verheiratet sind,
2. der Wirtschaftswert des Unternehmens der Landwirtschaft nach den betrieblichen Verhältnissen am 01.01.1995 20.000,00 DM nicht überschritten hat,
3. der befreite Unternehmer im Jahre 1994 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 40.000,00 DM erzielt hat und
4. die Befreiung bis zum 30.06.1996 bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse beantragt wird.
Die Klägerin erfüllt alle vorgenannten Voraussetzungen mit Ausnahme der rechtzeitigen Beantragung der Befreiung bis zum 30.06.1996. Die Klägerin ist Fiktivunternehmerin nach § 1 Abs.3 ALG und war am 31.12.1994 nicht beitragspflichtig bei der Beklagten. Sie war andererseits am 31.12.1994 mit einem zu diesem Zeitpunkt von der Beitragspflicht in der Altershilfe für Landwirte befreiten Landwirt verheiratet. Schließlich hatte der Wirtschaftswert des Unternehmens der Landwirtschaft nach den betrieblichen Verhältnissen am 01.01.1995 20.000,00 DM nicht überschritten und der befreite Unternehmer hat im Jahre 1994 Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus Land- und Forstwirtschaft von mehr als 40.000,00 DM erzielt.
Der Antrag auf Befreiung wurde aber erst am 15.01.1997 und damit verspätet gestellt. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist gemäß § 85 Abs. 3a S. 2, Abs. 3 S. 3 ALG ausdrücklich ausgeschlossen. Der Antrag der Klägerin vom 08.11.1994 kann nicht gleichzeitig als Antrag auf Befreiung nach § 85 Abs.3a ALG angesehen werden. Einer solchen Auslegung steht entgegen, daß im Zeitpunkt der Antragstellung und der Entscheidung der Beklagten über den Antrag die Befreiungsmöglichkeit gemäß § 85 Abs.3a ALG noch gar nicht bestand. Ein Antrag ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, auf den die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Willenserklärungen (§§ 116 ff BGB) entsprechend anzuwenden sind. Er ist daher nach § 133 BGB bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht der Behörde sowie der Verkehrssitte und nach Treu und Glauben auszulegen. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des Grundsatzes der Meistbegünstigung (vgl. hierzu Krause, NJW 1979, 1007, 1010) bezieht sich der Befreiungsantrag der Klägerin auf alle Befreiungsmöglichkeiten, die bis zur Antragstellung bzw. zur Entscheidung über den Befreiungsantrag geltendes Recht sind bzw. werden, nicht aber auf Befreiungstatbestände, die erst nach den genannten Zeitpunkten geltendes Recht werden. Dies ist hier gerade der Fall, weil die für die Klägerin einschlägige Befreiungsvorschrift des § 85 Abs. 3a ALG erst durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15. Dezember 1995 in das Gesetz aufgenommen wurde und damit zu einem Zeitpunkt, als der Antrag vom 08.11.1994 bzw. 11.06.1995 mit der Bekanntgabe des Bescheides vom 06.07.1995 und dem Wirksamwerden dieses Bescheides bereits verbraucht war. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts dadurch, daß die für die Klägerin einschlägige Befreiungsvorschrift rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft gesetzt wurde. Dadurch wird das bereits abgeschlossene Verwaltungsverfahren über die Befreiung nicht wieder eröffnet. Die Geltendmachung der Befreiung nach § 85 Abs. 3a ALG bedurfte daher eines neuen Antrages, wie dies in § 85 Abs. 3a S. 1 Nr. 4 ALG ausdrücklich vorgesehen ist und der in der verhältnismäßig kurzen Frist bis 30. Juni 1996 zu stellen ist. Dies ist unstreitig nicht geschehen.
Die Klägerin kann schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob der Antrag auf Befreiung rechtzeitig gestellt worden wäre. Ein solcher Anspruch scheitert schon daran, daß die Beklagte sich gegenüber der Klägerin keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Die Beklagte war insbesondere nicht verpflichtet, die Klägerin nach Verkündung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15. Dezember 1995 auf die Möglichkeit eines Befreiungsantrages nach § 85 Abs. 3a ALG hinzuweisen. Auf eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht gemäß § 13 SGB I läßt sich ein Herstellungsanspruch der Klägerin von vornherein nicht stützen. Aus § 13 SGB I läßt sich nämlich kein subjektives Recht der Klägerin gegenüber dem Versicherungsträger herleiten (vgl. BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Der Einwand der Klägerin, sie habe die Aufklärungsschrift der Beklagten "Sicherheit für Haus und Hof, Heft Nr. 4/1995", mit der die Beklagte gerade ihre allgemeine Aufklärungspflicht gemäß § 13 SGB I erfüllt, nicht erhalten, ist daher unerheblich. Auch die nach den §§ 14, 15 SGB I bestehende Pflicht zur Beratung und/oder Auskunft und eine damit verbundene Antragshinwirkungspflicht (§ 16 Abs. 3 SGB I) hat die Beklagte nicht dadurch verletzt, daß sie den Fall der Klägerin nicht erneut aufgegriffen und auf die relevante Gesetzesänderung aufmerksam gemacht hat. Eine solche Pflicht entsteht grundsätzlich nur durch ein entsprechendes Begehren des Versicherten. Eine Fallgestaltung, bei der der Versicherungsträger auch ohne Beratungsbegehren gehalten wäre, den Versicherten von sich aus "spontan" auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere war das erste Verwaltungsverfahren bezüglich der Befreiung der Klägerin von der Versicherungs- und Beitragspflicht bei der Beklagten bereits abgeschlossen und die Beklagte hat sich im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens auch keiner Fehler oder Versäumnisse schuldig gemacht, die zudem noch als ursächlich für die nicht rechtzeitig erfolgte zweite Antragstellung auf Befreiung angesehen werden könnten. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß der Staat seine Bürger durch Verkündung der Gesetze im Bundesblatt mit dem darauf ersichtlichen Termin des Inkrafttretens unterrichtet (Grundsatz der sog. Publizität von Gesetzen). Dieses Verkündungsverfahren würde entwertet, wollte man zusätzlich noch weitere generelle Informationspflichten durch die Versicherungsträger über die in der Zwischenzeit sich bietenden gesetzlichen (Befreiungs-)möglichkeiten für geboten erachten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung übergebenen Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 25. September 1998 - Az: 13 LW 1282/97. Der Entscheidung liegt eine vom hier zu entscheidenen Fall abweichende besondere Fallgestaltung insoweit zugrunde, als dort die Beklagte den Bescheid über die Versicherungs- und Beitragspflicht erst nach dem 30. Juni 1996, nämlich am 23. Juli 1996, erlassen hat, so daß der Klägerin redlicherweise nicht entgegengehalten werden konnte, sie habe den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 85 Abs. 3a ALG nicht bis spätestens 30. Juni 1996 gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved