L 16 LW 48/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 LW 47/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 48/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.06.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 13 i.V.m. § 21 Abs.9 ALG in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung.

Der am 1941 geborene Kläger ist verheirateter Landwirt und ab 01.10.1964 Mitglied der Beklagten.

Aus den eingereichten Unterlagen und Erklärungen ergibt sich, dass der Kläger landwirtschaftliche Flächen von 39,31 Hektar bzw. nach Abgabe von Flächen durch seine Ehefrau 62,57 Hektar sowie weitere forstwirtschaftliche Flächen bewirtschaftet hat, die ab 30.09.1996 sowohl von ihm als auch von seiner Ehefrau an den Sohn W. B. für die Dauer von zwölf Jahren bis 30. September 2008 verpachtet worden sind.

Nach den Unternehmensdaten war der Kläger sowohl im Dezember 1994 als auch im Januar 1995 Unternehmer mit einer Fläche von 63,57 Hektar, während er in der Zeit vom 01.12.1991 bis 30.11. 1994 seine Flächen an die Ehefrau verpachtet hatte, mit dieser aber einen unbefristeten Arbeitsvertrag als landwirtschaftlicher Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden geschlossen hatte. In der Zeit vom 01.02.1995 bis 30.09.1996 war die Ehefrau Unternehmerin.

Am 23.01.1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten vorzeitiges Altersgeld wegen Erwerbsunfähigkeit. Er legte einen Abhilfebescheid des Versorgungsamtes vor; die Behinderungen sind mit einem GdB von 40 v.H. anerkannt.

Nach Einholung von Unterlagen bei den behandelnden Ärzten Dr.V. und Dr.V. wurde auf Veranlassung der Beklagten eine Untersuchung des Klägers von Dr.M. am 24.02.1995 durchgeführt. Dort wurden die Diagnosen gestellt: Chronische Gelenkentzündung bei Gicht, vor allem Arthrose rechtes Handgelenk, Gonarthrose rechts, Retropatellararthrose rechts, PHS links, Bandscheibenschaden L 5/S 1, Osteochondrose und Spondylarthrose der Wirbelsäule, Bluthochdruckerkrankung, ventrikuläre Extrasystolie. Dr.M. war der Auffassung, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, auch nur leichteste körperliche Arbeiten zu verrichten.

Dieser Beurteilung hat Dr.K. nicht zugestimmt. Er nahm auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen an. Es wurde darauf hingewiesen, dass bei der LVA erneut Rente beantragt sei.

Es wurden beigezogen ein Gutachten von Dr.T. vom 11.04.1994, für das Sozialgericht Bayreuth (SG) im Rahmen des Rentenverfahrens gegen die LVA erstellt, in dem für leichte Arbeiten noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestätigt wurde.

Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06. 1995 ab mit der Begründung, nach den medizinischen Feststellungen sei der Kläger noch in der Lage, täglich vollschichtige Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Da der Kläger am 14.03.1995 erklärt hatte, ab 01.02.1995 sämtliche Flächen an seine Frau gegeben zu haben, wurde er darüber aufgeklärt, dass die Abgabe an den Ehegatten grundsätzlich nicht den gesetzlichen Erfordernissen genüge.

Im Widerspruchsschreiben vom 02.08.1995 machte der Kläger geltend, die Auswertung des Gutachtens von Dr.M. durch seinen behandelnden Arzt habe ergeben, dass er nicht mehr in der Lage sei körperliche Arbeiten regelmäßig zu verrichten. Deshalb sei es mehr als unverständlich, warum Erwerbsunfähigkeitsrente abgelehnt werde.

Der medizinische Dienst der Beklagten vertrat durch Dr.K. die Auffassung, das Gutachten vom 26.02.1995 von Dr.M. könne nicht überzeugen, und veranlasste eine orthopädische Untersuchung durch Dr.R ... Dr.R. stellte beim Kläger die folgenden Gesundheitsstörungen fest: 1. Schulter-Arm-Syndrom rechts mit Verspannung der Schulter-Nackenmuskulatur bei reflektorischer Steilstellung der Halswirbelsäule, mittelgradiger Spondylose des 5. bis 7. Halswirbels und Osteochondrose und Verschmälerung der Zwischenwirbelräume C 5 bis C 7. 2. Wurzelreizsyndrom S 1 links bei s-förmiger Skoliose und fortgeschrittener Spondylose des 5. Lendenwirbels, geringer des 4. Lendenwirbels und massiver Osteochondrose und Verschmälerung L 5/S 1. 3. Erhebliche Chondropathia patellae beidseits sowie dezente Innenmeniskusläsion links mit endgradig eingeschränkter Beugefähigkeit des rechten Kniegelenks. Er war aber der Meinung, dem Kläger seien vollschichtig leichtere Arbeiten in wechselnd sitzender und stehender Haltung und zwar sowohl im Beruf als Landwirt als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar; Erwerbsunfähigkeit bestehe nicht.

Die Beklagte zog erneut Unterlagen der LVA Ober- und Mittelfranken bei, insbesondere den Bescheid vom 11.10.1996. In diesem Bescheid war der Antrag des Klägers auf Rentenleistung abgelehnt worden, weil weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Grundlage der Entscheidung waren unter anderem ein ärztliches Gutachten der Begutachtungsstelle B. sowie auch der Entlassungsbericht der Klinik H ...

Im Januar 1997 entschied die Beklagte, die Begutachtung bei der LVA und den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten.

Im Verfahren bei der LVA Oberfranken wurde ab 19.02.1997 Erwerbsunfähigkeit angenommen und Rente gewährt.

Mit Bescheid vom 30.06.1997 bewilligte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 13 ALG ab 01.10.1996. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass wegen des verschlossenen Arbeitsmarktes Erwerbsunfähigkeitsrente gewährt werde, obwohl nach ärztlichen Feststellungen Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 Abs.2 SGB VI aus medizinischer Sicht nicht vorliege.

Den Widerspruch, soweit Rente für die Zeit vom 01.02.1995 bis 30.09.1996 begehrt wurde, lehnte sie mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.1997 ab. Sie führte zur Begründung aus, dass aufgrund der Gutachten von Dr.R. und der bei der LVA Oberfranken/ Mittelfranken erstellten Gutachten Erwerbsunfähigkeit in Abhängigkeit vom Arbeitsmarkt erst ab 30.09.1996 vorliege. In der Zeit vorher seien die attestierten Beschwerden nicht so schwerwiegend gewesen, dass nicht noch leichte Arbeiten vollschichtig möglich gewesen seien. Da somit vor dem 30.09.1996 Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI nicht vorgelegen habe und im Übrigen eine Abgabe an den Ehegatten erfolgt sei, könne vor dem 01.10.1996 keine Leistung gewährt werden.

Mit der Klage vom 14.09.1997, eingegangen beim Sozialgericht am 15.08.1997, begehrte der Kläger die Feststellung, dass aus medizinischen Gründen bereits im Januar 1995 Erwerbsunfähigkeit vorgelegen habe und ab 01.02.1995 Erwerbsunfähigkeitsrente von der Beklagten gewährt werde. Er stützte sich dabei auf das Gutachten von Dr.M ...

Das Sozialgericht erholte einen Befundbericht beim behandelnden Orthopäden Dr.V. und zog die Unterlagen der LVA Oberfranken und Mittelfranken, insbesondere die Gutachten Dr.S. und Dr.G. vom März 1996 bei.

Zum gerichtlichen Sachverständigen wurde Dr. H. bestellt, der aufgrund persönlicher Untersuchung am 29.06.1998 ein Gutachten erstellte. Er kam zum Ergebnis, dass folgende Gesundheitsstörungen bestehen: 1. Rezidivierende Arthritis urica. 2. Bluthochdruck, mäßige Lungenfunktionsstörung, Fettleber, Fettstoffwechselstörung. 3. HWS-, BWS-, LWS-Syndrom. 4. Verschleißerscheinungen der Schulter-, Hand-, Finger- und Kniegelenke. Bei der Beurteilung vertrat er die Meinung, dass unter Berücksichtigung der Vorgutachten von Dr.M. und Dr.R. sowie der LVA-Gutachten und des HV-Entlassungsberichts in der Zeit vom Januar 1995 bis 30.09.1996 noch leichte Arbeiten vollschichtig verrichtet werden konnten. Ausgenommen waren Arbeiten mit häufigem Bücken, Klettern oder Steigen, häufigem Heben und Tragen von schweren Lasten sowie Tätigkeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände voraussetzen.

Mit Urteil vom 29.06.1998 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Voraussetzungen für den Rentenbezug in der streitigen Zeit seien nicht erfüllt, da die Abgabe an den Ehegatten erfolgt sei und diese Abgabevoraussetzungen nur dann zum Rentenbezug führen, wenn Erwerbsunfähigkeit beim Landwirt unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage bestehe. Darüber hinaus habe die Ehefrau des Klägers das 62. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt. Aus der Gesamtschau der vorliegenden Gutachten ergebe sich, dass der Kläger in der streitigen Zeit noch vollschichtig einsetzbar gewesen sei und nicht von einem Herabsinken der Leistungsfähigkeit auf weniger als drei Stunden leichter Arbeit gesprochen werden könne. Vor dem 01.10.1996 seien somit die Rentenvoraussetzungen nicht erfüllt.

Mit der am 06.10.1998 eingegangenen Berufung gegen das am 08.09.1998 zugestellte Urteil begehrte der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits ab 01.02.1995. Er stützte sich darauf, dass bereits Dr.M. im Februar 1995 aufgrund der schweren Veränderungen des Skelettsystems und der Begleitentzündung des umgebenden Bindegewebes auch leichte körperliche Arbeiten nicht mehr möglich gehalten hat. Deshalb liege aus rein medizinischen Gründen Erwerbsunfähigkeit vor. Aus dem beiliegenden Attest von Dr.V. vom 19.01.1999 sei zu ersehen, dass bereits 1995 regelmäßig akute Gichtanfälle zu behandeln waren und dass diese Gesundheitsstörungen in den Gutachten von Dr.H. und Dr.R. nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Dr.V. bestätigte Behandlungen im Jahre 1995 und 1996 mit zweimal wöchentlicher Punktion zur Ergussentfernung im Kniegelenk. Da die Anfälle in unregelmäßigen Abständen auftraten, ließe sich ein regelmäßiges Arbeitsverhältnis nicht durchführen, es habe beim Kläger Arbeitsunfähigkeit auf Dauer bestanden.

Zum gerichtlichen Sachverständigen wurde der Orthopäde Dr.L. bestellt. Dr.L. diagnostizierte im Gutachten vom 12.10.1999 nach Aktenlage in der streitigen Zeit folgende Gesundheitsstörungen: 1. Arthropathia urica mit Neigung zu wiederkehrenden Gichtentzündungen beider Hände, Finger, Kniegelenke. 2. Bestehende Verschleißerscheinungen der Hand- und Fingergelenke, der Wirbelsäule und Kniegelenke. Dr.L. hielt als positives Leistungsvermögen nur noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten wie zum Beispiel Prüfaufsicht, Kontrolltätigkeiten ohne wesentlichen Zeitdruck und im körperlichen Wechselrhythmus ebenerdig für möglich. Ausgeschlossen seien Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten in überwiegend gleichförmiger Körperhaltung mit häufigem Treppen- und Leiternsteigen oder Gehen auf unebenem Boden sowie in kniend-hockender Körperhaltung oder im ständigen Stehen. Wegen des Befundes der Schultergelenke sind auch Fließband- und taktgebundene Arbeiten nicht möglich, sowie Arbeiten in oder über Kopfhöhe und unter Einwirkung von Erschütterungen auf die Arme sowie Arbeiten, die kräftiges Zupacken erfordern, an vibrierenden Maschinen verrichtet werden müssen oder ausgesprochene Fingerfeinarbeiten darstellen. Eine entscheidende Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei bis 1998 eingetreten. Hierfür ergäben sich Hinweise aus dem Röntgenbefund und aus dem klinisch funktionellen Befund im Terminsgutachten von Dr.H ... Da die entscheidende Verschlechterung des Gesundheitszustandes erst 1998 dokumentiert sei, könne in der streitigen Zeit noch von einem vollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen werden.

Auf Antrag des Klägers wurde nach § 109 SGG Dr.H. gehört. Dr.H. hat im Gutachten vom 05.07.1990 die Gesundheitsstörungen in der streitigen Zeit von Februar 1995 bis September 1996 ähnlich wie Dr.L. und Dr.H. beschrieben. Bei vergleichender Betrachtung der Befunde von April 1994 und im orthopädischen Gutachten vom Oktober 1995 sei keine nennenswerte Progredienz erkennbar, auch das Gutachten vom März 1996 zeige in etwa stabile Befunde gegenüber den Vorgutachten. Eine Befundverschlechterung sei hingegen ab 1998 nachweisbar. Dr.H. hat für die streitige Zeit im Wesentlichen die Beurteilung von Dr.L. bestätigt. Bei Fehlen genauer Angaben über die Häufigkeit und Schwere der Gichtattacken sei dazu keine Stellungnahme möglich. Es wurde angeregt, die ärztlichen Unterlagen des Dr.V. beizuziehen.

Dr.V. legte ein Attest vom 13.09.2000 vor und auf Aufforderung durch den Senat am 20.07.2001 eine Kopie seiner Karteiunterlagen über die Behandlungen im Zeitraum 1994 bis 1996.

Die Unterlagen von Dr.V. wurden Dr.H. zur Stellungnahme und Auswertung übersandt. Dr.H. hat in der ergänzenden Stellungnahme vom 17.04.2002 an ihrer Auffassung festgehalten, dass sich auch unter Berücksichtigung der eingesehenen ambulanten Behandlungsunterlagen keine andere Einschätzung als im Gutachten vom 05.07.2000 ergebe, da Gichtattacken in der Zeit von Februar 1995 bis September 1996 etwa alle zwei Monate aufgetreten seien und insgesamt 15 Injektionen mit Antirheumatika und Corticosteroid verabreicht wurden. Schwere Schübe waren offenbar im November 1995, im März und Mai 1996. Eine dauernde Erwerbsunfähigkeit könne aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht angenommen werden. Bezüglich der degenerativen Skelettveränderungen lägen keine Eintragungen vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 29.06.1998 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 26.06.1995 und 30.06.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.1997 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bereits ab 01.02.1995 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Beitragsakte der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, Alterskasse und Krankenkasse, der Akten des Sozialgerichts Bayreuth S 11 Ar 947/93 und S 6/1 Lw 47/97 sowie die Akte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Kläger hat vor Oktober 1996 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, da ihm in der Zeit vom 01.02.1995 bis 30.09.1996 leichte Arbeiten noch vollschichtig zumutbar waren. Da der Kläger den Rentenantrag im Februar 1995 gestellt hat, richtet sich der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 13 ALG in der Fassung des Agrarsozialreformgesetzes vom 29.07.1994 (ASRG 1995 BGBl.I S.1890) in Verbindung mit § 44 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), dieser in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) in der vom 01.07.1994 bis 31.12.1995 geltenden Fassung. Nach § 44 Abs.2 SGB VI sind "erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgrenze übersteigt; erwerbsunfähig sind auch Versicherte nach § 1 Nr.2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine selbständige Tätigkeit ausübt." Landwirte erhalten nach § 13 ALG Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie erwerbsunfähig nach den Vorschriften des SGB VI sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsun- fähigkeit mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt haben, die Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist (Abs.1). Erwerbsunfähig ist gemäß § 13 Abs.1 Satz 2 jedoch nicht, wer Landwirt nach § 1 Satz 3 ALG ist. Eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit kommt daher für den Kläger vor der Verpachtung des landwirtschaftlichen Unternehmens an den Sohn am 01.10.1996 nicht in Betracht, da die bereits 1991 erfolgte Verpachtung des Anwesens an die Ehefrau nicht der Abgabe nach § 21 ALG entspricht. § 21 ALG Abs.1 lautet: "Ein Unternehmen der Landwirtschaft ist abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Abs.2 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn 1. die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind, 2. diese mit einem Nießbrauch zu Gunsten Dritter belastet sind oder 3. in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko oder längere Dauer unmöglich gemacht ist. Sofern die landwirtschaftlich genutzten Flächen Gegenstand eines Vertrages sind, bedarf dieser der Schriftform; der Vertrag oder die Unmöglichkeit der Nutzung im Sinne des Satzes 1 Nr.3 muss sich auf einen Zeitraum von mindestens neun Jahren er- strecken. Der Zeitraum beginnt mit dem Abschluss des Vertrages, jedoch nicht vor Vollendung des 65. Lebensjahrs in den Fällen des § 11 Abs.1 nicht vor Vollendung des 55. Lebensjahrs in den Fällen des § 12 und nicht vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit in den Fällen des § 13." Die Abgabe an den Ehegatten ist in § 21 Abs.9 ALG geregelt und lautet wie folgt: "Gibt ein Landwirt nach § 1 Abs.2 landwirtschaftlich genutzte Flächen an den Ehegatten ab, gelten die Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens nur als erfüllt, wenn der die Flächen abgebende Ehegatte aus dem Unternehmen ausgeschieden ist und 1. unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage erwerbsunfähig nach den Vorschriften des Sechten Buches Sozialgesetzbuch ist oder 2. der übernehmende Ehegatte mindestens das 62. Lebensjahr vollendet hat. (Fassung des Abs.9 Ziffer 1 in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger in der streitigen Zeit vom 01.02.1995 bis 01.10.1996 jedoch nicht.

Erwerbsunfähigkeit ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage bedeutet nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundessozialgerichts, dass der Versicherte aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nur noch weniger als zwei Stunden täglich arbeiten kann (BSGE 30, 192, 208 = SozR Nr.20 zu § 1247 RVO, BSG vom 08.11.2001 - B 10 LW 22/00 R). Wie das SG in der letztgenannten Entscheidung ausgeführt hat, kann Erwerbsunfähigkeit unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage auch bei einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung wegen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes begründet sein. In diesen Fällen sei eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen, und zwar dann, wenn ernsthafte Zweifel daran bestehen, ob der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einem Betrieb einsetzbar ist. In der genannten Entscheidung des BSG geht es dabei um die Berücksichtigung betriebsunüblicher Pausen. Eine solche Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung lag beim Kläger im streitigen Zeitpunkt jedoch nicht vor. Der Senat stützt sich bei der Beurteilung auf die im Berufungsverfahren von Dr.L. und Dr.H. eingeholten Gutachten, die jeweils die Gutachten des sozialgerichtlichen Verfahrens von Dr.H. und des Verwaltungsverfahrens von Dr.R. bestätigt haben. Allein die im Verwaltungsverfahren zunächst gehörte Gutachterin Dr.M. war anderer Auffassung als alle nach ihr begutachtenden Ärzte. Am ausführlichsten und am besten nachvollziehbar begründet haben Dr.L. und Dr.H. die Beurteilung. Dabei hat Dr.L. in seinem Gutachten ausführlich die Befunde der behandelnde Ärzte bis zur Feststellung der Verschlechterung des Gesundheitszustandes 1998 dargestellt und ausgeführt, dass nicht bereits im Februar 1995 davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als halbschichtig tätig sein konnte. Dr.L. hat ausgeführt, dass dies insbesondere aufgrund der niedergelegten Befunde zu bezweifeln sei. Das Gutachten vom Februar 1995 sei in seinen Befunden durch das im Oktober 1995 eingeholte orthopädische Gutachten zu relativieren. Mit den dargestellten Funktionsbefunden aus dieser Zeit seien, abgesehen von den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im akut entzündlichen Zustand, leichte Arbeiten noch möglich gewesen, es habe sich auch nicht um Arbeiten gehandelt, die nur zu Lasten der Restgesundheit ausgeübt werden konnten. Die Veränderung hat Dr.L. sowohl in dem Röntgenbefund von 1998 als auch in den klinischen Befunden bei der Untersuchung durch Dr.H. gesehen. Obwohl bereits in der streitigen Zeit von Februar 1995 bis September 1996 Bewegungseinschränkungen der Schultergelenke, Belastungsschwäche der Wirbelsäule sowie Einschränkung der Greiffunktion der Hände bei kräftigem Zupacken einerseits und andererseits bei ausgeprochenen Fingerfeinarbeiten bestanden, der Kläger außerdem beim Heben und Tragen von schweren Gegenständen oder Arbeiten in kniender oder hockender Stellung oder mit häufigem Treppen- und Leiternsteigen behindert war, waren zu dieser Zeit noch Tätigkeiten denkbar, die er verrichten konnte. Der Kläger war zu dieser Zeit auch noch in der Lage, die üblichen Anmarschwege zur Arbeitsstätte zurückzulegen, wobei immer ausgenommen sind die Zeiten der akuten Reizerscheinung mit Gelenkergussbildung, also die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit.

Diese Auffassung und Beurteilung wurde von Dr.H. , die im Auftrag des Klägers gehört wurde, ausdrücklich bestätigt. Sie hat eine Progredienz der Beschwerden und Befunde im Bereich der Fingergrundgelenke ab 1999 nachgewiesen und auch die Auffassung vertreten, dass bei den Veränderungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule Verschlechterungstendenzen definitiv erst ab 1998 nachweisbar sind. Im Bereich der Kniegelenke ist eine nachweisbare Veränderung auch erst auf den Aufnahmen von 1999 festzustellen, gleiches gilt für die Großzehengrundgelenksarthrose, während im Bereich der beiden Hüftgelenke die Befunde bei der vergleichenden Betrachtung in etwa stabil waren. In diesem Gutachten hat Dr.H. noch darauf hingewiesen, dass die Beurteilung für die streitige Zeit auch von der Klinik in B. geteilt wurde, da dort leichte Tätigkeiten unter gewissen Einschränkungen noch vollschichtig für möglich gehalten wurden.

Es bestand somit beim Kläger wegen des vollschichtigen Leistungsvermögens keine Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI und es lag auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besonders schwerwiegende Leistungseinschränkung im streitigen Zeitraum vor. Etwas anderes kann auch nicht den Unterlagen des behandelnden Hausarztes Dr.V. entnommen werden. Dr.H. hatte angeregt, dessen Unterlagen beizuziehen, um die Häufigkeit der Arbeitsunfähigkeitszeiten besser einschätzen zu können. In der ergänzenden Stellungnahme hat sich Dr.H. dann damit auseinander gesetzt, dass im Zeitraum Februar 1995 bis 30.09.1996 Gicht- attacken etwa alle zwei Monate aufgetreten sind und 15-mal Injektionen verabreicht wurden. Schwere Schübe waren dabei offenbar im November 1995, März und Mai 1996 aufgetreten. Aufgrund der nachgewiesenen Verordnungen sei eine regelmäßige Medikamenteneinnahme erst ab Januar 1996 anzunehmen. Die nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeitszeiten sind somit nicht geeignet, eine dauernde Erwerbsunfähigkeit anzunehmen. Bezüglich der degenerativen Skelettveränderungen liegen bei Dr.V. keine Einträge vor, so dass auch aus Einsichtnahme und Auswertung der ambulanten Behandlungsunterlagen keine andere Einschätzung folgt. Als Beweis für den früheren Eintritt einer Verschlechterung sind diese Unterlagen somit nicht geeignet, so dass es bei der bisherigen Einschätzung verbleibt. Der Senat hatte keine Veranlassung, der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen Dr.H. und Dr.L. nicht zu folgen. Als erfahrene Gutachter vertraut mit den sozialrechtlichen Voraussetzungen haben Dr.H. und Dr.L. , aber auch vorher Dr.R. und die im Verfahren gegenüber der LVA gehörten Gutachter überzeugend dargestellt, dass das Leistungsvermögen nicht auf weniger als acht Stunden täglich herabgesunken ist. Die Gutachter haben ihre Auffassung gut nachvollziehbar dargestellt und begründet und sich dabei jeweils mit den Einwendungen der behandelnden Ärzte ausführlich auseindergesetzt. Insbesondere Dr.L. und nach ihm nochmals Dr.H. haben alle Gesichtspunkte ausführlich gewertet und sind übereinstimmend zur gleichen Beurteilung gekommen. Das Gutachten von Dr.M. konnte hingegen nicht überzeugen, da hier für diese Beurteilung keine besondere Begründung abgegeben wurde und die nachfolgenden Sachverständigen, die ausdrücklich mit dieser Beurteilung konfrontiert waren, unter Darstellung ihrer Gründe ausgeführt haben, warum zwar in der Tätigkeit als Landwirt eine zeitliche Einschränkung bestand, nicht jedoch bei Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Wie Dr.L. beschreibt, waren dem Kläger im streitigen Zeitraum leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts durchaus zumutbar und mussten nicht auf Kosten der Restgesundheit verrichtet werden. Ausgeschlossen waren Fließband- und taktgebundene Arbeiten, Arbeiten in oder über Kopfhöhe sowie mit Einwirkung von Erschütterungen auf die Arme, z.B. an vibrierenden Maschinen sowie ausgesprochene Fingerfeinarbeiten. Darüber hinaus konnten keine Arbeiten verrichtet werden, die schweres Heben und Tragen, Treppen- und Leitern-Steigen, Gehen auf unebenem Boden oder Arbeiten in Zwangshaltung, verbunden mit häufigem Bücken erforderten. Stundenweise Arbeiten in der Landwirtschaft wurden vom Gutachter Dr.R. im Verwaltungsverfahren noch nicht ausgeschlossen. Maßgeblich ist aber vor allem, dass im streitigen Zeitraum auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestand und beim Fehlen von besonderen Einschränkungen wie z.B. Seh- oder Hörvermögen trotz der genannten Einschränkungen noch vollschichtig z.B. Prüfaufsicht und Kontrolltätigkeiten denkbar sind, die der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch verrichten konnte. Auch kann an eine Tätigkeit als einfacher Pförtner oder Telefonist gedacht werden, da keine Einschränkungen z.B. bei einer dauernden Arbeitshaltung im Sitzen bestehen. Somit bestand zum streitigen Zeitpunkt keine Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI und zwar ohne dass die Arbeitsmarktlage zu berücksichtigen wäre. Anders als in den genannten Urteilen des BSG liegt im Falle des Klägers also keine mit Rücksicht auf die Arbeitsmarktlage festgestellte Erwerbsunfähigkeit im streitigen Zeitraum vor, so dass bereits ganz grundsätzlich die Voraussetzungen des § 13 ALG i.V.m. § 44 SGB VI a.F. nicht erfüllt sind. Auf die in den Urteilen des BSG vom 08.11.2001 genannten Gründe, die bei arbeitsmarktabhängiger Erwerbsunfähigkeit zur Missbrauchsabwehr ergänzend einzuführen sind, kommt es deshalb im Falle des Klägers nicht an. Dies zeigt nicht zuletzt auch die Entscheidung der LVA, die unter Berücksichtigung eines Gutachtens von Dr.F. Erwerbsunfähigkeitsrente auch erst ab Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ab 01.10.1996 gewährt. In diesem Gutachten vom Februar 1997 hat Dr.F. erstmals auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein untervollschichtiges Leistungsvermögen festgestellt und daraufhin wurde rückblickend ab Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens, d.h. ab Aufgabe der selbständigen Tätigkeit auch in der gesetzlichen Rentenversicherung Erwerbsunfähigkeit angenommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 Ziffer 1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved