Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 LW 46/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 51/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 18. Oktober 2000 wird aufgehoben, soweit darin Mutwillenskosten verhängt werden.
II. Im Übrigen wird die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2000 zurückgewiesen und die Klage gegen die nach dem 18. Oktober 2000 erlassenen Bescheide der Beklagten abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Wirksamkeit einer Klagerücknahme vom 19.05.2000 sowie Versicherungs- und Beitragspflicht ab 01.04. 1998.
Der am 1941 geborene Kläger ist seit 01.04.1983 im Mitgliedsverzeichnis der Beklagten eingetragen. Aufgrund hohen außerlandwirtschaftlichen Einkommens als Betriebshelfer erhielt er erstmals ab 01.01.1992 einen Beitragszuschuss. Seine Ehefrau ist seit 01.01.1995 versicherungspflichtig und erhielt ab diesem Zeitpunkt einen Beitragszuschuss.
Der Kläger war vom 01.12.1970 bis zu seiner fristlosen Kündigung am 23.02.1995 durch den Arbeitgeber beim Landeskuratorium für evangelische Betriebshelfer in Bayern beschäftigt gewesen. Mehrere Klagen vor dem Arbeitsgericht endeten mit einem Vergleich vom 11.03.1997 über eine Abfindung in Höhe von 112.500,- DM brutto und einer Einigung über das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 23.02.1995. Auf den Widerruf des Vergleichs am 31.03.1997 bzw. die Anfechtung am 29.01.1999 erging ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 27.04. 1999 mit der Feststellung, dass der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich vom 11.03.1997 beendet worden ist. Der Einspruch hiergegen ist mit rechtskräftigem Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.06.1999 zurückgewiesen worden. Der Kläger hatte unter anderem den Kündigungsgrund Arbeitsverweigerung bestritten und geltend gemacht, für tatsächliche Arbeitsleistungen nicht den vollen Lohn erhalten zu haben.
Der Beklagten gegenüber äußerte der Kläger Anfang 1999 den Verdacht des Subventionsbetrugs durch den Arbeitgeber, wenn dieser Alterskasseneinsätze entgegen den Tatsachen voll abgerechnet habe. Er wolle wissen, wie 1990/1991 abgerechnet worden sei. Die Beklagte verweigerte eine Antwort auf dieses Schreiben unter Hinweis auf ein vorangegangenes Schreiben aus dem Jahre 1998, worin die Herausgabe von Abrechnungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber betreffend Dritter aus Datenschutzgründen verweigert worden ist.
Mit Bescheiden vom 24.03.1999 setzte die Beklagte nach Inkrafttreten des Beitragssatzgesetzes 1999 Beitrag und Beitragszuschuss ab 01.04.1999 gegenüber beiden Klägern herab. Dem widersprach der Kläger auch im Namen seiner Ehefrau und beklagte die unrechte Kündigung und die Schuld der Beklagten hieran wegen der Nichtherausgabe gefälschter bzw. falscher Monatsberichte. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.08.1999 heißt es, die Berechnung der Beiträge sei korrekt. Die Widerspruchsbegründung gehe am bescheidrelevanten Sachverhalt vorbei.
Dagegen legten die Eheleute am 27.09.1999 Klage ein und trugen vor, nach 15 Jahren Beitragspflicht dürfe die Beklagte ab 01.04.1998 keine Beiträge mehr fordern. Die Beklagte müsse die Monatsberichte von 1987 bis 1989 haben. Die Zusammenhänge zwischen Einsatzleitung, Arbeitgeber und Beklagte seien aufzuklären.
Die Beklagte entzog den Klägern am 20.04.2000 den Beitragszuschuss mit Wirkung ab 01.06.1999 wegen hohen Einkommens.
Nach der Verbindung der beiden Klagen regte das Gericht an, die Klagen zurückzunehmen. Dies geschah am 19.05.2000 nach Akteneinsicht und Vollmachtvorlage durch Rechtsanwalt Kunz vor der mündlichen Verhandlung am 22.05.2000 mit Schreiben vom 18.05. 2000. Ein entsprechender Vermerk ist in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung enthalten.
Am 14.08.2000 ging ein Schreiben der Eheleute vom 10.08.2000 ein, dass die Niederschrift nicht richtig sei. Sie baten um die Wiederholung des Rechtsstreits, weil sie vom Rechtsanwalt nicht wahrheitsgemäß aufgeklärt worden seien bzw. dieser sich mit der Beklagten abgesprochen habe. Im Übrigen bestehe der Kläger auf seinem Arbeitsplatz und mache die Ungültigkeit sämtlicher Bescheide, auch der vom 12.07.2000 geltend. In diesen war den Eheleuten ab 01.01.2000 ein Zuschuss wiederbewilligt worden; der Widerspruch hiergegen wurde am 29.08.2000 zurückgewiesen.
Es erging ein richterlicher Hinweis zur Absicht, Mutwillenskosten zu verhängen, falls die Anfechtung nicht bis 15.10.2000 zurückgenommen werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 stellte das Sozialgericht Augsburg die Erledigung der Streitsache S 10 LW 57/99 durch Klagerücknahme vom 18.05.2000 fest, wies die Klage im Übrigen ab und verhängte Mutwillenskosten in Höhe von 300,- DM.
Nach der Zustellung des Gerichtsbescheids am 28.10.2000 gingen am 24.11.2000 beim Berufungsgericht "Widerruf" und "Anfechtung" des Gerichtsbescheids ein. Wäre die Beklagte ihrer Verpflichtung nachgekommen, Monatsberichte herauszugeben, hätte der Kläger auch seinen Arbeitsplatz und wäre ab 01.04.1998 beitragsfrei. Er bat um das Ruhen des Verfahrens bis zur Abklärung durch Arbeitsgericht, Staatsanwaltschaft und Arbeitsamt. Er bestehe auf der Herausgabe sämtlicher Monatsberichte durch die Beklagte, wolle zwischenzeitlich vollstreckte Beiträge zurück und bitte um die Zusendung von Sozialversicherungsauszügen. Nach dem Hinweis, dass ein Ruhen des Verfahrens wegen des rechtskräftigen Abschlusses der Arbeitsgerichtsverfahren nicht in Frage komme, stellte der Kläger kurz vor der mündlichen Verhandlung gegen verschiedene Personen und Behördenvertreter, die mit den Einsätzen seines ehemaligen Arbeitgebers in Verbindung standen, Strafanzeige, ebenso gegen Rechtsanwalt Kunz wegen Prozessbetrugs.
Weitere Beitragszuschussbewilligungsbescheide ergingen am 13.12.2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.02.2001 sowie am 13.03.2001.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 aufzuheben, festzustellen, dass die Versicherungspflicht ab 01.04.1998 geendet hat und die Beklagte unter Aufhebung sämtlicher Bescheide ab 24.03.1999 zu verurteilen, sämtliche Beiträge zurückzuerstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Arbeitsgerichts Nürnberg, der Akten des Sozialgerichts Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist nicht nur der Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 und damit die Wirksamkeit der Klagerücknahme vom 19.05.2000, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Bescheide, die ab 12.07.2000 erlassen worden sind. Diese waren wegen ihres späteren Erlasses nicht Gegenstand des Streitverfahrens S 10 LW 57/99, wurden aber von den Klägern ebenfalls hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit bestritten, wie sich dies aus dem Klageschriftsatz vom 10.08.2000 und dem Sachvortrag im Berufungsverfahren ergibt.
Trotz der anhängigen Strafanzeigen sah der Senat keine Veranlassung, das Verfahren gemäß § 114 SGG auszusetzen. Soweit sie überhaupt relevant sind, kann der Kläger im Erfolgsfall die Wiederaufnahme von Verfahren gemäß §§ 179 ff.SGG betreiben.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Zutreffend wird im Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 festgestellt, dass der Rechtsstreit S 10 LW 57/99 durch die Klagerücknahme des ehemaligen Bevollmächtigten der Kläger vom 18.05.2000 erledigt worden ist. Die Bescheide der Beklagten vom 12.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2000, vom 13.12.2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.02.2001 und die Bescheide vom 13.03.2001 sind nicht zu beanstanden. Zutreffend ist dort die Versicherungspflicht der Kläger festgestellt worden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückerstattung ihrer Beiträge.
Der in dem Schreiben vom 05.05.2001 wiederholte Antrag, die Zwangsvollstreckung einstweilig auszusetzen, ist unzulässig, weil die Zwangsvollstreckung auch nach eigener Einlassung der Kläger zwischenzeitlich durch die Maßnahmen am 19.04.2001 erledigt ist und für die offenen Beitragsforderungen ab April 2001 kein Ausstandsverzeichnis existiert. Insoweit fehlt das Rechtschutzbedürfnis. Deshalb ist eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung unterblieben.
Zutreffend hat das SG Augsburg festgestellt, dass der Rechtsstreit S 10 LW 57/99 durch die Klagerücknahme am 19.05.2000 erledigt ist. Die Erklärung des von beiden Klägern bevollmächtigten Rechtsanwalts ist wirksam. Anfechtungsgründe werden nicht geltend gemacht und die Voraussetzungen der Wiederaufnahme, unter denen ausnahmsweise eine Klagerücknahme widerrufen werden kann, sind nicht gegeben. Die Begründung der Strafanzeige gegen den Rechtsanwalt ist unverständlich und wirr. Insbesondere ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Bevollmächtigte eines Prozessbetrugs oder einer anderen Straftat schuldig gemacht hat, als er die Klagerücknahme auf die Anregung des Vorsitzenden Richters und nach Akteneinsicht zurückgenommen hat. Damit sind die Bescheide der Beklagten vom 24.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.1999, aber auch die gemäß § 96 SGG in das Klageverfahren S 10 LW 57/99 einbezogenen Bescheide vom 01.09.1999 und 20.04.2000 in Bestandskraft erwachsen.
Soweit die Kläger die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht in den Bescheiden ab 12.07.2000 angreifen, ist die Berufung zurückzuweisen. Zutreffend hat das SG die zulässigen Klagen im Übrigen abgewiesen, wenngleich die Entscheidungsgründe zur Rechtmäßigkeit der Versicherungspflicht keine Ausführungen enthalten. Unstreitig erfüllen die Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs.2 bzw. Abs.3 ALG, wonach Landwirte und Ehegatten von Landwirten versicherungspflichtig sind. Sie erfüllen keine der Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes gemäß § 2 ALG oder für eine Versicherungsbefreiung auf Antrag gemäß § 3 ALG. Insbesondere kennt das ALG keine Befreiungsmöglichkeit nach Ablauf von 15 Jahren, wie das beispielsweise in der Handwerkerversicherung der Fall ist. Schließlich steht der Kläger auch nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, weil er sich mit seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem Landeskuratorium für evangelische Betriebshelfer in Bayern, vergleichsweise über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 23.02.1995 geeinigt hat. Dieser Vergleich vom 11.03.1997 ist nach Erlass des rechtskräftigen Endurteils des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.06.1999 wirksam. Selbst wenn der Beklagten im Zusammenhang mit der Kündigung des Klägers irgendein Fehlverhalten vorzuwerfen wäre, kann daraus kein Recht auf Befreiung des Klägers, geschweige denn der Ehefrau, auf Befreiung von der Versicherungspflicht abgeleitet werden, weil das hierfür notwendige Arbeitseinkommen (§ 3 Abs.1 Ziffer 1 ALG) nicht fingiert werden kann.
Die übrigen Ziele, die der Kläger mit seinen Rechtsbehelfen verfolgt, nämlich seine Rehabilitierung und der Wiedererhalt seines Arbeitsplatzes, stehen in keinem Zusammenhang mit seiner Versicherungspflicht als Landwirt, geschweige denn mit der Versicherungspflicht seiner Ehefrau, und sind daher zur Anspruchsbegründung untauglich. Gegen die Höhe des Beitrags und die Höhe des Beitragszuschusses wurden nie irgendwelche Einwände vorgebracht. Zur Rechtmäßigkeit in diesen Punkten wird auf die ausführlichen Widerspruchsgründe Bezug genommen.
Die Verhängung von Mutwillenskosten im Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 erscheint nicht angemessen. Mutwillen liegt vor, wenn ein Beteiligter einen Prozess weiterbetreibt, obwohl die Rechtsverfolgung objektiv aussichtslos ist und der Beteiligte das subjektiv weiß und wenn er entgegen besserer Einsicht von weiterer Prozessführung nicht Abstand nimmt (Jens Meyer-Ladewig, § 192 Rdziff.3 m. w. N.). Zweifellos war das Begehren der Kläger aussichtslos, worauf das Gericht zutreffend hingewiesen hat. Keine Ausführungen enthalten die Entscheidungsgründe aber zur subjektiven Seite, wenn man von der Bezeichnung als querulatorisch absieht. Die Art des gleichbleibend wiederholten Sachvortrags des Klägers spricht jedoch dafür, dass dieser seit dem rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsprozesses auf das ihm angeblich durch die unrechtmäßige Kündigung zugefügte Unrecht fixiert ist und dies über die Unterlagen der Beklagten zu beweisen sucht. Wegen dieser Beschränkung seiner Sichtweise erscheint er nicht in der Lage, sich wie ein verständiger Kläger zu verhalten und auf die Androhung von Mutwillenskosten die Klage zurückzunehmen. Über die Unwiderruflichkeit und Unanfechtbarkeit der Klagerücknahme war der Kläger, der auch als Bevollmächtigter seiner Ehefrau auftritt, nicht im Einzelnen aufgeklärt worden. Dass der Kläger daher entgegen besserer Einsicht an der Klage vom 14.08.2000 festgehalten hat, erscheint wenig wahrscheinlich. Jedenfalls ist es für die Verhängung von Mutwillenskosten nicht ausreichend, dass der Kläger entgegen dem Rat des Gerichts die Klage nicht zurücknimmt (Jens Meyer-Ladewig, § 192 Rdziff.5 m. w. N.). Der Gesetzgeber hat bei der Inanspruchnahme der Sozialgerichte bewusst von einer Kostenerhebung abgesehen. Diesem gesetzlichen Anlegen widerspräche es, würde man für die Kostenverhängung gemäß § 192 SGG allein die erfolglose richterliche Anregung einer Klagerücknahme ausreichen lassen. Gesetzesänderungen zur Eindämmung der Klageflut in der 1. Instanz mögen zwar willkommen sein, können jedoch nicht über eine ausufernde Auslegung des § 192 SGG vorweggenommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Im Übrigen wird die Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 18. Oktober 2000 zurückgewiesen und die Klage gegen die nach dem 18. Oktober 2000 erlassenen Bescheide der Beklagten abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Wirksamkeit einer Klagerücknahme vom 19.05.2000 sowie Versicherungs- und Beitragspflicht ab 01.04. 1998.
Der am 1941 geborene Kläger ist seit 01.04.1983 im Mitgliedsverzeichnis der Beklagten eingetragen. Aufgrund hohen außerlandwirtschaftlichen Einkommens als Betriebshelfer erhielt er erstmals ab 01.01.1992 einen Beitragszuschuss. Seine Ehefrau ist seit 01.01.1995 versicherungspflichtig und erhielt ab diesem Zeitpunkt einen Beitragszuschuss.
Der Kläger war vom 01.12.1970 bis zu seiner fristlosen Kündigung am 23.02.1995 durch den Arbeitgeber beim Landeskuratorium für evangelische Betriebshelfer in Bayern beschäftigt gewesen. Mehrere Klagen vor dem Arbeitsgericht endeten mit einem Vergleich vom 11.03.1997 über eine Abfindung in Höhe von 112.500,- DM brutto und einer Einigung über das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 23.02.1995. Auf den Widerruf des Vergleichs am 31.03.1997 bzw. die Anfechtung am 29.01.1999 erging ein Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 27.04. 1999 mit der Feststellung, dass der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht durch Vergleich vom 11.03.1997 beendet worden ist. Der Einspruch hiergegen ist mit rechtskräftigem Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.06.1999 zurückgewiesen worden. Der Kläger hatte unter anderem den Kündigungsgrund Arbeitsverweigerung bestritten und geltend gemacht, für tatsächliche Arbeitsleistungen nicht den vollen Lohn erhalten zu haben.
Der Beklagten gegenüber äußerte der Kläger Anfang 1999 den Verdacht des Subventionsbetrugs durch den Arbeitgeber, wenn dieser Alterskasseneinsätze entgegen den Tatsachen voll abgerechnet habe. Er wolle wissen, wie 1990/1991 abgerechnet worden sei. Die Beklagte verweigerte eine Antwort auf dieses Schreiben unter Hinweis auf ein vorangegangenes Schreiben aus dem Jahre 1998, worin die Herausgabe von Abrechnungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber betreffend Dritter aus Datenschutzgründen verweigert worden ist.
Mit Bescheiden vom 24.03.1999 setzte die Beklagte nach Inkrafttreten des Beitragssatzgesetzes 1999 Beitrag und Beitragszuschuss ab 01.04.1999 gegenüber beiden Klägern herab. Dem widersprach der Kläger auch im Namen seiner Ehefrau und beklagte die unrechte Kündigung und die Schuld der Beklagten hieran wegen der Nichtherausgabe gefälschter bzw. falscher Monatsberichte. In dem Widerspruchsbescheid vom 20.08.1999 heißt es, die Berechnung der Beiträge sei korrekt. Die Widerspruchsbegründung gehe am bescheidrelevanten Sachverhalt vorbei.
Dagegen legten die Eheleute am 27.09.1999 Klage ein und trugen vor, nach 15 Jahren Beitragspflicht dürfe die Beklagte ab 01.04.1998 keine Beiträge mehr fordern. Die Beklagte müsse die Monatsberichte von 1987 bis 1989 haben. Die Zusammenhänge zwischen Einsatzleitung, Arbeitgeber und Beklagte seien aufzuklären.
Die Beklagte entzog den Klägern am 20.04.2000 den Beitragszuschuss mit Wirkung ab 01.06.1999 wegen hohen Einkommens.
Nach der Verbindung der beiden Klagen regte das Gericht an, die Klagen zurückzunehmen. Dies geschah am 19.05.2000 nach Akteneinsicht und Vollmachtvorlage durch Rechtsanwalt Kunz vor der mündlichen Verhandlung am 22.05.2000 mit Schreiben vom 18.05. 2000. Ein entsprechender Vermerk ist in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung enthalten.
Am 14.08.2000 ging ein Schreiben der Eheleute vom 10.08.2000 ein, dass die Niederschrift nicht richtig sei. Sie baten um die Wiederholung des Rechtsstreits, weil sie vom Rechtsanwalt nicht wahrheitsgemäß aufgeklärt worden seien bzw. dieser sich mit der Beklagten abgesprochen habe. Im Übrigen bestehe der Kläger auf seinem Arbeitsplatz und mache die Ungültigkeit sämtlicher Bescheide, auch der vom 12.07.2000 geltend. In diesen war den Eheleuten ab 01.01.2000 ein Zuschuss wiederbewilligt worden; der Widerspruch hiergegen wurde am 29.08.2000 zurückgewiesen.
Es erging ein richterlicher Hinweis zur Absicht, Mutwillenskosten zu verhängen, falls die Anfechtung nicht bis 15.10.2000 zurückgenommen werde.
Mit Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 stellte das Sozialgericht Augsburg die Erledigung der Streitsache S 10 LW 57/99 durch Klagerücknahme vom 18.05.2000 fest, wies die Klage im Übrigen ab und verhängte Mutwillenskosten in Höhe von 300,- DM.
Nach der Zustellung des Gerichtsbescheids am 28.10.2000 gingen am 24.11.2000 beim Berufungsgericht "Widerruf" und "Anfechtung" des Gerichtsbescheids ein. Wäre die Beklagte ihrer Verpflichtung nachgekommen, Monatsberichte herauszugeben, hätte der Kläger auch seinen Arbeitsplatz und wäre ab 01.04.1998 beitragsfrei. Er bat um das Ruhen des Verfahrens bis zur Abklärung durch Arbeitsgericht, Staatsanwaltschaft und Arbeitsamt. Er bestehe auf der Herausgabe sämtlicher Monatsberichte durch die Beklagte, wolle zwischenzeitlich vollstreckte Beiträge zurück und bitte um die Zusendung von Sozialversicherungsauszügen. Nach dem Hinweis, dass ein Ruhen des Verfahrens wegen des rechtskräftigen Abschlusses der Arbeitsgerichtsverfahren nicht in Frage komme, stellte der Kläger kurz vor der mündlichen Verhandlung gegen verschiedene Personen und Behördenvertreter, die mit den Einsätzen seines ehemaligen Arbeitgebers in Verbindung standen, Strafanzeige, ebenso gegen Rechtsanwalt Kunz wegen Prozessbetrugs.
Weitere Beitragszuschussbewilligungsbescheide ergingen am 13.12.2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.02.2001 sowie am 13.03.2001.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 aufzuheben, festzustellen, dass die Versicherungspflicht ab 01.04.1998 geendet hat und die Beklagte unter Aufhebung sämtlicher Bescheide ab 24.03.1999 zu verurteilen, sämtliche Beiträge zurückzuerstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Arbeitsgerichts Nürnberg, der Akten des Sozialgerichts Augsburg sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Streitgegenstand ist nicht nur der Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 und damit die Wirksamkeit der Klagerücknahme vom 19.05.2000, sondern auch die Rechtmäßigkeit der Bescheide, die ab 12.07.2000 erlassen worden sind. Diese waren wegen ihres späteren Erlasses nicht Gegenstand des Streitverfahrens S 10 LW 57/99, wurden aber von den Klägern ebenfalls hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit bestritten, wie sich dies aus dem Klageschriftsatz vom 10.08.2000 und dem Sachvortrag im Berufungsverfahren ergibt.
Trotz der anhängigen Strafanzeigen sah der Senat keine Veranlassung, das Verfahren gemäß § 114 SGG auszusetzen. Soweit sie überhaupt relevant sind, kann der Kläger im Erfolgsfall die Wiederaufnahme von Verfahren gemäß §§ 179 ff.SGG betreiben.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Zutreffend wird im Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 festgestellt, dass der Rechtsstreit S 10 LW 57/99 durch die Klagerücknahme des ehemaligen Bevollmächtigten der Kläger vom 18.05.2000 erledigt worden ist. Die Bescheide der Beklagten vom 12.07.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2000, vom 13.12.2000 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16.02.2001 und die Bescheide vom 13.03.2001 sind nicht zu beanstanden. Zutreffend ist dort die Versicherungspflicht der Kläger festgestellt worden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückerstattung ihrer Beiträge.
Der in dem Schreiben vom 05.05.2001 wiederholte Antrag, die Zwangsvollstreckung einstweilig auszusetzen, ist unzulässig, weil die Zwangsvollstreckung auch nach eigener Einlassung der Kläger zwischenzeitlich durch die Maßnahmen am 19.04.2001 erledigt ist und für die offenen Beitragsforderungen ab April 2001 kein Ausstandsverzeichnis existiert. Insoweit fehlt das Rechtschutzbedürfnis. Deshalb ist eine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung unterblieben.
Zutreffend hat das SG Augsburg festgestellt, dass der Rechtsstreit S 10 LW 57/99 durch die Klagerücknahme am 19.05.2000 erledigt ist. Die Erklärung des von beiden Klägern bevollmächtigten Rechtsanwalts ist wirksam. Anfechtungsgründe werden nicht geltend gemacht und die Voraussetzungen der Wiederaufnahme, unter denen ausnahmsweise eine Klagerücknahme widerrufen werden kann, sind nicht gegeben. Die Begründung der Strafanzeige gegen den Rechtsanwalt ist unverständlich und wirr. Insbesondere ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Bevollmächtigte eines Prozessbetrugs oder einer anderen Straftat schuldig gemacht hat, als er die Klagerücknahme auf die Anregung des Vorsitzenden Richters und nach Akteneinsicht zurückgenommen hat. Damit sind die Bescheide der Beklagten vom 24.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.1999, aber auch die gemäß § 96 SGG in das Klageverfahren S 10 LW 57/99 einbezogenen Bescheide vom 01.09.1999 und 20.04.2000 in Bestandskraft erwachsen.
Soweit die Kläger die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht in den Bescheiden ab 12.07.2000 angreifen, ist die Berufung zurückzuweisen. Zutreffend hat das SG die zulässigen Klagen im Übrigen abgewiesen, wenngleich die Entscheidungsgründe zur Rechtmäßigkeit der Versicherungspflicht keine Ausführungen enthalten. Unstreitig erfüllen die Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs.2 bzw. Abs.3 ALG, wonach Landwirte und Ehegatten von Landwirten versicherungspflichtig sind. Sie erfüllen keine der Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes gemäß § 2 ALG oder für eine Versicherungsbefreiung auf Antrag gemäß § 3 ALG. Insbesondere kennt das ALG keine Befreiungsmöglichkeit nach Ablauf von 15 Jahren, wie das beispielsweise in der Handwerkerversicherung der Fall ist. Schließlich steht der Kläger auch nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis, weil er sich mit seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem Landeskuratorium für evangelische Betriebshelfer in Bayern, vergleichsweise über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 23.02.1995 geeinigt hat. Dieser Vergleich vom 11.03.1997 ist nach Erlass des rechtskräftigen Endurteils des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 16.06.1999 wirksam. Selbst wenn der Beklagten im Zusammenhang mit der Kündigung des Klägers irgendein Fehlverhalten vorzuwerfen wäre, kann daraus kein Recht auf Befreiung des Klägers, geschweige denn der Ehefrau, auf Befreiung von der Versicherungspflicht abgeleitet werden, weil das hierfür notwendige Arbeitseinkommen (§ 3 Abs.1 Ziffer 1 ALG) nicht fingiert werden kann.
Die übrigen Ziele, die der Kläger mit seinen Rechtsbehelfen verfolgt, nämlich seine Rehabilitierung und der Wiedererhalt seines Arbeitsplatzes, stehen in keinem Zusammenhang mit seiner Versicherungspflicht als Landwirt, geschweige denn mit der Versicherungspflicht seiner Ehefrau, und sind daher zur Anspruchsbegründung untauglich. Gegen die Höhe des Beitrags und die Höhe des Beitragszuschusses wurden nie irgendwelche Einwände vorgebracht. Zur Rechtmäßigkeit in diesen Punkten wird auf die ausführlichen Widerspruchsgründe Bezug genommen.
Die Verhängung von Mutwillenskosten im Gerichtsbescheid vom 18.10.2000 erscheint nicht angemessen. Mutwillen liegt vor, wenn ein Beteiligter einen Prozess weiterbetreibt, obwohl die Rechtsverfolgung objektiv aussichtslos ist und der Beteiligte das subjektiv weiß und wenn er entgegen besserer Einsicht von weiterer Prozessführung nicht Abstand nimmt (Jens Meyer-Ladewig, § 192 Rdziff.3 m. w. N.). Zweifellos war das Begehren der Kläger aussichtslos, worauf das Gericht zutreffend hingewiesen hat. Keine Ausführungen enthalten die Entscheidungsgründe aber zur subjektiven Seite, wenn man von der Bezeichnung als querulatorisch absieht. Die Art des gleichbleibend wiederholten Sachvortrags des Klägers spricht jedoch dafür, dass dieser seit dem rechtskräftigen Abschluss des Arbeitsgerichtsprozesses auf das ihm angeblich durch die unrechtmäßige Kündigung zugefügte Unrecht fixiert ist und dies über die Unterlagen der Beklagten zu beweisen sucht. Wegen dieser Beschränkung seiner Sichtweise erscheint er nicht in der Lage, sich wie ein verständiger Kläger zu verhalten und auf die Androhung von Mutwillenskosten die Klage zurückzunehmen. Über die Unwiderruflichkeit und Unanfechtbarkeit der Klagerücknahme war der Kläger, der auch als Bevollmächtigter seiner Ehefrau auftritt, nicht im Einzelnen aufgeklärt worden. Dass der Kläger daher entgegen besserer Einsicht an der Klage vom 14.08.2000 festgehalten hat, erscheint wenig wahrscheinlich. Jedenfalls ist es für die Verhängung von Mutwillenskosten nicht ausreichend, dass der Kläger entgegen dem Rat des Gerichts die Klage nicht zurücknimmt (Jens Meyer-Ladewig, § 192 Rdziff.5 m. w. N.). Der Gesetzgeber hat bei der Inanspruchnahme der Sozialgerichte bewusst von einer Kostenerhebung abgesehen. Diesem gesetzlichen Anlegen widerspräche es, würde man für die Kostenverhängung gemäß § 192 SGG allein die erfolglose richterliche Anregung einer Klagerücknahme ausreichen lassen. Gesetzesänderungen zur Eindämmung der Klageflut in der 1. Instanz mögen zwar willkommen sein, können jedoch nicht über eine ausufernde Auslegung des § 192 SGG vorweggenommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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