L 7 P 21/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 6 P 65/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 21/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 27.01.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I.

Am 06.02.1995 beantragte der am ...1935 geborene Kläger bei der Beklagten Leistungen nach der Pflegestufe III. Der daraufhin im Auftrag der Beklagten durch den MDK ermittelte Pflegebedarf, dem ein Zustand nach Apoplex mit Rest-Hemiparese links zugrunde liege, wurde im Bereich der Grundpflege im Sinne der Bestimmungen des SGB XI beschrieben als Hilfebedarf beim Duschen, beim Fleisch schneiden und beim Anziehen der Schuhe; er betrage pro Tag insgesamt elf Minuten. Die Greiffunktion links sei eingeschränkt, der Kläger könne aber ohne Hilfsmittel in der Wohnung gehen, er könne sich auch ohne Hilfe an- und ausziehen, lasse sich dabei aber von seiner Frau helfen, weil es ihm sonst zu lange dauere. Auf die Ankündigung der Beklagten, den Antrag abzulehnen, verwies der Kläger darauf, dass er einen GdB von 100 v.H. habe und dass er berentet sei; die darin zum Ausdruck kommende Reduzierung seiner Leistungsfähigkeit müsse auch ausreichen zur Bewilligung von Pflegegeld.

Die erneute Überprüfung durch den MDK führte zu der Feststellung, dass der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege täglich etwa 26 Minuten betrage. Der Unterschied gegenüber der Erstbegutachtung liegt in dem Umstand, dass die nun befassten Sachverständigen für die im Vorgutachten aufgeführten Verrichtungen teilweise etwas andere Minutenwerte angegeben haben, und dass sie nun zusätzlich die Notwendigkeit des einmaligen Leerens der Urinflasche berücksichtigt haben. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 04.07.1996 ab. Zur Begründung seines Widerspruchs reichte der Kläger ein ärztliches Attest ein, wonach er an einem Zustand nach sensomotorischer Hemiparese links nach Thalamusblutung 1986, arterieller Hypertonie, Hyperurikämie und cerebrovaskulärer Insuffizienz mit Schwindel, Konzentrationsschwäche und Merkstörungen sowie Katarakt rechts leide. Mit Datum vom 11.07.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Im Klageverfahren erstattete die Ärztin Dr. H ... aufgrund der Feststellungen anläßlich eines Hausbesuchs am 17.01.1998 das Gutachten vom 11.02.1998. Darin ist im Bereich der Grundpflege im Sinne der Bestimmungen des SGB XI Hilfebedarf bei Duschen, Baden, Blasenentleerung, mundgerechter Zubereitung der Nahrung, An- und Auskleiden und Stehen aufgeführt; insgesamt belaufe sich der Hilfebedarf insoweit auf 36 Minuten. Für die Einzelheiten der gutachterlichen Feststellungen wird insoweit auf die im Tatbestand des Ersturteils enthaltene Wiedergabe Bezug genommen. Zu den von der Klagepartei gegen dieses Gutachten vorgebrachten Einwendungen hörte das Erstgericht die Sachverständige erneut. Dabei bekräftigte diese Ärztin ihre bisherige Einschätzung.

Mit Urteil vom 27.01.1999 wies das Sozialgericht die nur noch auf Pflegestufe I gerichteten Klageanträge zurück.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zur Begründung führt er unter Angabe von Einzelheiten aus, der Hilfebedarf sei weit umfangreicher als im Gutachten der Frau Dr. H ... beschrieben. Der Senat hat zur erneuten Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen den Arzt für Allgemeinmedizin, Rehabilitatiosnwesen und Sozialmedizin Dr. Z ... mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser kommt in seinem Gutachten vom 31.10.1999 zu dem Ergebnis, der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege im Sinne der Bestimmungen des SGB XI belaufe sich auf insgesamt 34 Minuten täglich; es handle sich dabei um Hilfebedarf beim Waschen oder an dessen Stelle beim Duschen bzw. einmal pro Woche beim Baden, hinzukomme Hilfe bei der Blasen- und Darmentleerung, außerdem sei Hilfe erforderlich beim Rasieren, bei der mundgerechten Zubereitung der Ernährung sowie beim Ankleiden und Auskleiden. Hilfebedarf bestehe nicht beim selbständigen Aufstehen und beim selbständigen Zubettgehen, beim Gehen und Stehen einschließlich Treppenstiegen oder beim Verlassen oder Wiederaufsuchen der Wohnung. Daraufhin hat der Senat auf Antrag des Klägers ein Gutachten des Arztes für Neurologie Dr. K ... eingeholt. Dieser Arzt hat zunächst erklärt, dass er den Kläger nicht zuhause aufsuchen, sondern nur in seiner Praxis untersuchen und begutachten könne. Nachdem den Beteiligten Gelegenheit geben worden ist, hierzu Stellung zu nehmen, hat der Sachverständige auf diesem Wege das Gutachten vom 06.10.2000 erstellt. Nach ausführlicher Untersuchung des Klägers hat dieser Arzt sodann im wesentlichen die Feststellungen im Gutachten des Dr. Z ... bestätigt; allerdings würden die Inkontinenzprobleme einen höheren als von Dr. Z ... bei der Körperpflege angesetzten Hilfebedarf begründen; dieser belaufe sich im Bereich der Grundpflege im Sinne der Bestimmungen des SGB XI insgesamt auf 40 Minuten pro Tag.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ersturteils und der zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten ab Antragstellung Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I zu gewähren.

Demgegenüber beantragt die Beklagte,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und die darin angeführten Beweismittel Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil und die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Dem Kläger stehen Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht zu. Denn der nach den Bestimmungen des SGB XI berücksichtigungsfähige Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege erreicht nicht den von § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI für die Pflegestufe I im Tagesdurchschnitt geforderten zeitlichen Umfang von mehr als 45 Minuten. Nach § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI ist in diesem Zusammenhang im Bereich der Grundpflege allein maßgebend, ob und in welchem Umfang Hilfebedarf bei folgenden gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens besteht: - im Bereich der Körperpflege: Waschen, Duschen, Baden, Zahn pflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung; - im Bereich der Ernährung: Mundgerechtes Zubereiten der Nah rung, Aufnahme der Nahrung; - im Bereich der Mobilität: Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.

Weshalb in diesem Sinne ausreichender Hilfebedarf hier nicht erreicht wird, dies hat das Erstgericht bereits ausführlich und schlüssig begründet, sodass insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden kann. Darüberhinaus haben die vom Senat im Zuge des Berufungsverfahrens angestellten Ermittlungen dieses Ergebnis ohne jeden Zweifel bestätigt; weder das Gutachten des Dr. Z ... noch das auf Antrag des Klägers eingeholte Gutachten des Dr. K ... haben Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim Kläger derzeit im Bereich der Grundpflege im Sinne des § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI Hilfebedarf von über 45 Minuten im Tagesdurchschnitt bestehe.

Nicht zuletzt ist noch darauf hinzuweisen, dass ein hoher GdB im Sinne des SchwbG oder das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach den Vorschriften des SGB VI keine Rückschlüsse auf eine Berechtigung auf Pflegegeld nach den Bestimmungen des SGB XI zulassen, denn die Voraussetzungen des Pflegegeldes sind von den Voraussetzungen anderer Sozialleistungen grundlegend verschieden.

Die Entscheidung über die Kosten ergeht im Rahmen der §§ 193, 202 SGG, 91 ff. ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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