Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1962/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 2171/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Verletztenrente streitig.
Der am 16.03.1951 geborene Kläger erlitt am 15.01.1978 mit seinem Pkw einen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Gehirnerschütterung, multiple Glassplitterverletzungen an der rechten Wange und der Unterlippe, eine Jochbeinimpressionsfraktur links, eine Fraktur des Stirnbeins links sowie Brüche der 7. Rippe, der Elle, des Schienbeinkopfes sowie des 2. bis 4. Mittelfußknochens jeweils links zuzog.
Mit Bescheid vom 17.08.1982 erkannte die Beklagte eine geringe Muskelminderung am linken Arm, geringe Einschränkungen der Unterarmdrehbeweglichkeit links nach distaler linksseitiger Ulnaparierfraktur, eine geringe Lockerung des Innenbandapparates nach freiliegendem Ligamentum der linken Kniescheibe, in guter Stellung folgenlos verheilte Brüche der 7. Rippe, der Elle links und des Schienbeinkopfes links, in mäßiger Fehlstellung folgenlos verheilte Brüche des 2. bis 4. Mittelfußknochens, folgenlos ausgeheilte Brüche im Bereich des linken Jochbeins und eine commotio cerebri als Folgen des Arbeitsunfalls an. Dem Kläger wurde deswegen eine Rente als vorläufige Entschädigung für die Zeit vom 29.05.1978 - 30.09.1978 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. und für die Zeit vom 01.10.1978 - 31.01.1980 nach einer MdE von 30 v.H. gewährt. Für die anschließende Zeit unterblieb eine Rentenbewilligung, da nur noch eine MdE von 10 v.H. vorliege.
Mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 19.05.1998 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers, ihm wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen neuerlich Rente zu gewähren, ab.
Am 21.12.2001 stellte der Kläger einen erneuten Verschlimmerungsantrag, mit dem er die erneute Zahlung einer Verletztenrente geltend machte. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines Gutachtens durch Prof. Dr. A ... In seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 06.06.2002 führte Prof. Dr. A. - Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen - aus, der Bruch des Schienbeinkopfes links sei nach konservativer Therapie in ordentlicher Stellung knöchern fest verheilt. In der Folge hätte sich eine posttraumatische Arthrose des linken Kniegelenks entwickelt, die im Jahr 1998 als mäßig beschrieben worden sei. Zwischenzeitlich habe sich der Befund erheblich verschlechtert. Die Beweglichkeit in der Dimension Streckung sei deutlich eingeschränkt (Streckung/Beugung des linken Kniegelenks: 0-15-110o). Radiologisch und arthroskopisch habe sich eine fortgeschrittene Verschleißveränderung des linken Kniegelenks gezeigt. Die Arthrose müsse, da konkurrierender Einflüsse nicht vorlägen und sich die Beschwerden seit dem Unfallereignis kontinuierlich verschlechtert hätten, als posttraumatische Arthrose gewertet werden. Es bestünde als wesentliche Unfallfolge mithin noch eine posttraumatische Gonarthrose des linken Kniegelenks mit deutlicher Streckbehinderung, welche eine MdE von 20 v.H. bedinge.
Mit Bescheid vom 01.04.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann ab dem 07.01.2002 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H ... Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden Operationsnarben und röntgenologische Veränderungen nach Bruch der körperfernen Elle links, eine Gang- und Standbehinderung, Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk, reizlose Narben und röntgenologische Veränderungen nach knöchern fest verheiltem Bruch des linken Schienbeinkopfes anerkannt. Der Bruch der 7. Rippe links, die Brüche des 2. bis 4. Mittelfußknochens links, die Joch- und Stirnbeinbrüche links, die Gehirnerschütterung und die multiplen Glassplitterverletzungen der linken Wange und der Unterlippe seien folgenlos ausgeheilt. Nicht im Zusammenhang mit dem Unfall stünden eine Fehlhaltung der Wirbelsäule im Sinne eines Flachrückens, degenerative Veränderungen im Bereich des 11. und 12. Brustwirbelkörpers nach Wirbelbrüchen (privater Autounfall), eine Hohl-Spreizfußbildung mit Fehlstellung der Großzehe und die Krallenzehenstellung beidseits.
Einen Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 04.06.2003 lehnte die Beklagte, gestützt auf ein unfallchirurgisches Gutachten von Prof. Dr. B. - Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Stuttgart - vom 13.10.2003, der u.a. anführte, dass bei einer gegenüber dem Vorgutachten aus dem Jahr 2002 nur geringfügigen Verschlechterung der Beweglichkeit des linken Kniegelenks bezüglich der Streckung/Beugung eine Höherstufung der MdE auf 30 v.H. nicht gerechtfertigt sei, mit Bescheid vom 25.11.2003 ab. Den hiergegen erhobene Widerspruch wies die Beklagte bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 21.04.2004 zurück. Zwecks Rentenüberprüfung veranlasste die Beklagte im Oktober 2005 neuerlich die Erstellung eines Gutachtens durch Prof. Dr. B ... In seinem Gutachten auf unfallchirurgischem Fachgebiet vom 17.01.2006 führte dieser aus, dass keine wesentliche Änderung im Vergleich zu dem Vorgutachten eingetreten sei. Die MdE sei weiterhin mit 20 v.H. zu bemessen. Eine klinische Besserung könne nur durch eine endoprothetische Versorgung des Kniegelenks erzielt werden, ansonsten werde es im weiteren Verlauf eher zu einer Verschlechterung kommen. Die Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei mit 0-20-110° gegenüber dem rechten mit 0-0-130° mäßiggradig eingeschränkt.
Im Rahmen einer erneuten Rentenüberprüfung erstattete daraufhin P.D. Dr. C. - Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Stuttgart - auf Veranlassung der Beklagten unter dem 15.02.2008 ein unfallchirurgisches Fachgutachten über den Kläger. P.D. Dr. C. führte u.a. aus, dass die mittlerweile mit einer Knietotalendoprothese versorgte medial betonte Gonarthrose rechts als unfallunabhängig zu bewerten sei. Radiologisch sei von einem minimalen Fortschreiten der medial betonten Gonarthrose links auszugehen, diese wirke sich klinisch jedoch nicht weitergehend auf die Beweglichkeit des linken Kniegelenks (Streckung/Beugung 0-20-100o) aus. Angesichts der minimalen Verschlechterung, welche eine unwesentliche Änderung der MdE um weniger als 5 v.H. bedinge, käme eine Rentenerhöhung nicht in Betracht. Die Folgen des Körperschadens vom 15.01.1978 würden derzeit eine MdE von 20 v.H. bedingen.
Mit Schreiben vom 11.06.2009 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf den ihn behandelnden Arzt Dr. D., der die MdE das linke Knie betreffend auf 30 v.H. einschätzte und die Indikation einer prothetischen Versorgung sah, die Erhöhung der MdE auf 30 v.H ...
Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines Gutachtens durch Dr. D ... Dr. D. - Arzt für Chirurgie/ Unfallchirurgie - führte in seinem fachärztlichen Gutachten vom 06.09.2009 u.a. aus, die Gonarthrose habe weiter zugenommen. Die unfallbedingten Veränderungen am linken Knie würden wegen der eingeschränkten Beweglichkeit des linken Kniegelenks (Streckung/Beugung von 0-20-115o) eine MdE von 30 v.H. bedingen. Überdies sei eine minimale Arthrose im distalen Radioulnargelenk links (Unterarmdrehung auswärts/einwärts links: 70-0-85o) und die leichte Arthrose im linken Ellenbogen ulnar (Streckung/Beugung des Ellenbogengelenks links: 0-0-140o) nach der distalen Ulnarfraktur aufgetreten. Gestützt auf eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. E. - Arzt und Chirurgie/ Unfallchirurgie -, der funktionell keine wesentliche Änderung sah, weswegen weiterhin ein MdE von 20 v.H. anzunehmen sei, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer höheren Verletztenrente mit Bescheid vom 08.10.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Untersuchung durch Dr. D. am 21.08.2009 habe ergeben, dass eine wesentliche Verschlimmerung gegenüber den, von Prof. Dr. A. in seinem Gutachten vom 06.06.2002 festgestellten Unfallfolgen, auf welchem die Rentengewährung im Bescheid vom 01.04.2003 beruhe, nicht eingetreten sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, Dr. D. habe schlüssig dargelegt, dass eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei. Die bestehenden Schmerzen müssten mittlerweile mit einem Tens-Gerät behandelt werden. Es bestehe die Indikation für eine prothetische Versorgung des linken Kniegelenks.
Die Beklagte holte daraufhin bei Dr. E. eine neuerliche fachärztliche Stellungnahme ein, in der dieser unter dem 15.11.2009 ausführte, dass nach dem Gutachten von P.D. Dr. C. die bestehende Gonarthrose zwar vorangeschritten sei, sich dies jedoch nicht auf die Beweglichkeit des Kniegelenks auswirke. Der funktionelle Zustand des Kniegelenks habe sich nicht wesentlich verändert. So A. das Messblatt vom 03.06.2002 für das linke Kniegelenk ein Bewegungsmaß von 0-15-110° aus, Dr. D. habe jetzt ein Bewegungsausmaß von 0-20-115° gemessen. Die Differenz von 5o liege innerhalb der Messfehlerbreite. Da überdies eine vergleichbare Beschwerdesymptomatik beschrieben sei und auch der weitere klinische Befund keine nennenswerten Differenzen dokumentiere, müsse es bei der bisherigen Bewertung einer MdE von 20 v.H. verbleiben. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass auch am rechten Knie eine fortgeschrittene Arthrose bestehe, so dass zumindest ein Teil der linksseitigen Gonarthrose als schicksalshaft eingestuft werden müsse. Auf Anforderung der Beklagten führt Dr. D. hierzu mit Schreiben vom 01.01.2010, der Beklagten am 11.03.2010 vom Klägervertreter übersandt, aus, im Rahmen der Unfallbegutachtung sei nicht alleine auf die Funktionseinschränkungen, sondern auch auf die Gebrauchsfähigkeit abzustellen. Eine Tibiakopffraktur führe, wenn die Gelenkfläche betroffen sei, immer zu einer schweren Arthrose. Er sehe keinen Grund, seine Beurteilung abzuändern.
Nachdem der Kläger die Erstellung eines weiteren Gutachtens abgelehnt hat, erließ die Beklagte den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 08.06.2010. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie unter Hinweis auf die Stellungnahme von Dr. E. aus, der funktionelle Zustand habe sich gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsgutachten von Prof. Dr. A. vom 06.06.2002 nicht wesentlich verändert; eine wesentliche Verschlechterung der Unfallfolgen sei nicht eingetreten, so dass die Verletztenrente nicht erhöht werden könne.
Hiergegen hat der Kläger am 11.06.2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, der Entscheidung der Beklagten, eine wesentliche Verschlimmerung sei nicht eingetreten, könne nicht zugestimmt werden. Dr. D. habe in seinem Gutachten die Einschätzung vertreten, die unfallbedingten Veränderungen führten zu einer MdE von 30 v.H ... Dies habe er mit einer Zunahme der Arthrose begründet und berücksichtigt, dass der Kläger unter anhaltenden Schmerzen im linken Kniegelenk, insb. morgens, leide. Die ihm mögliche Gehstrecke ohne Stock sei auf 50 – 100 m limitiert. Die Beweglichkeit des Kniegelenks sei deutlich eingeschränkt. Er leide ferner auch an einer Arthrose im distalen Radioulnargelenk im linken Ellenbogen. Am 27.08.2010 wurde dem Kläger im Krankenhaus Balingen eine Endoprothese am Kniegelenk links implantiert. Zuletzt hat der Kläger eine Stellungnahme von Dr. D. vom 14.02.2011 vorgelegt, in der dieser angegeben hat, die vorliegende schwere Gonarthrose bedinge eine MdE von 30 v.H ... Eine regelrecht funktionierende Knieprothese sei ebenfalls mit einer MdE von 30 v.H. zu bewerten. Da die Kniearthrose seit 2002 erheblich zugenommen habe, liege eine wesentliche Änderung vor.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Hierzu hat sie vorgetragen, die beim Kläger vorliegenden Beschwerden hätten sich im Vergleich zum relevanten Vorgutachten vom 06.06.2002 nicht verschlechtert. Die arthrotischen Veränderungen hätten die funktionellen Einschränkungen nicht soweit verschlimmert, dass eine MdE von 30 v.H. bedingt sei. Bei einem stabilen Bandapparat und einer nur minimalen Muskelminderung seien die geklagten Instabilitäten im Kniegelenkt schwer nachvollziehbar. Die lediglich gering ausgeprägte Minderung der Unterarmdrehbeweglichkeit (links) führe nicht zu einer nennenswerten MdE. Auch nach Implantation der Knieendoprothese sei die MdE mit 20 v.H. zutreffend.
Das SG hat den behandelnden Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Dr. F., schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. Dr. F. hat in seiner schriftlichen Aussage vom 30.07.2010 ausgeführt, den Kläger erstmalig im Februar 2009 behandelt zu haben. Klinisch habe er eine endgradige Bewegungseinschränkung des Kniegelenks sowie eine Kraftverschlechterung der Quadrizepsmuskulatur rechts festgestellt. Im Jahr 2010 habe er den Kläger wegen seiner Schulterbeschwerden behandelt. Zu den Ausführungen des Dr. D. und des Dr. E. könne er keine Stellung nehmen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG PD Dr. G.l zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. PD Dr. G.l, Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie -Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Zollernalb Klinikum -, hat in seinem fachchirurgischen Gutachten vom 25.01.2011, das nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 05.01.2011 erstellt wurde, ausgeführt, dass der Kläger ihm gegenüber angegeben habe, nach der Operation unter deutlich geringeren Beschwerden als präoperativ zu leiden. Der Kläger habe den Untersuchungsraum ohne Gehstützen mit flottem Gang betreten. Die Beine seien seitengleich bemuskelt. Bei der Untersuchung des Kniegelenks des Klägers habe er ein Beugedefizit von 20o befundet, die Beweglichkeit habe linksseitig 0-0-100o, rechtsseitig 0-0-120o betragen. Linksseitig bestünde eine Restkapselschwellung. Vier Monate nach Implantation der Kniegelenksprothese seien noch leicht verdickte Weichteile jedoch kein Kniegelenkserguss festzustellen. Weder die Patella noch das Kniegelenk seien druckschmerzhaft. Der Unfall vom 15.01.1978 habe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer posttraumatischen Arthrose und der nachfolgenden endoprothetischen Versorgung des linken Kniegelenks geführt. Als Unfallfolgen sei die Implantation einer Oberflächenprothese des linken Kniegelenks vom 27.08.2010 wegen posttraumatischer Gonarthrose, ein Beugedefizit des linken Kniegelenks um 20o sowie eine eingeschränkte Belastungsfähigkeit des linken Beines festzustellen. PD Dr. G.l hat angegeben, nach seiner Einschätzung sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Bereits im Gutachten von Prof. Dr. A. vom 06.06.2002 sei das linke Kniegelenk im Maß von 0-15-110o beweglich gewesen. Im Gutachten von Dr. D. vom 06.09.2009 sei das Bewegungsausmaß des linken Kniegelenks mit 0-20-115o beschrieben. Klinisch sei eine geringe Zunahme des Streckdefizits um 5° gemessen worden. Auch seien die von den Gutachtern ermittelten Umfangmaße des Beins (Maß 15 cm unterhalb des inneren Gelenkspaltes) um jeweils 2 cm links gegenüber rechts vermindert gewesen. Zum Zeitpunkt seiner gutachterlichen Untersuchung habe er Bewegungsausmaße des linken Kniegelenks von 0-0-100° gemessen. Auch das Umfangsmaß sei weiterhin um 2 cm links gegenüber rechts vermindert. Die subjektive Beschwerdezunahme sowie die zunehmende Arthrose im Bereich des linken Kniegelenks seien kein Zeichen für eine wesentliche Änderung, da die Bemuskelung des linken Oberschenkels gegenüber rechts im Zeitverlauf keine wesentliche Änderung erfahren habe. Gleichwohl habe sich (zunächst) das subjektive Beschwerdeempfinden des Klägers bezüglich der Belastbarkeit des linken Kniegelenks verschlimmert. Wegen der zunehmenden Arthrose des linken Kniegelenks sei sodann eine endoprothetische Versorgung erfolgt, die zu einer subjektiven Besserung geführt habe. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke in der Dimension Streckung/Beugung hat PD Dr. G.l mit 0-0-140o rechts und 0-0- 140o links, die der Unterarmdrehung auswärts/ einwärts mit 90-0-90o rechts und 80-0-80o links mitgeteilt, dies entspräche, so PD Dr. G.l, den Normalwerten.
In einer ergänzenden Stellungnahme 18.02.2011 hat PD Dr. G.l zu dem klägerischen Einwand, die MdE müsse nach Einsatz einer Endoprothese im Kniegelenksbereich 30 v.H. betragen und der präoperative Gesundheitszustand des Klägers hätte angesichts der massiven Arthrose schlechter sein müssen als nach dem Einsatz der Prothese, dahingehend Stellung genommen, dass eine Höherstufung in der Regel nur bei ungünstigen Folgen nach Knieprothesenimplantationen erfolgen könne. Die Bewertung subjektiver Beschwerdeangaben und deren individuellem Empfinden sei anhand objektivierbarer Kriterien wie Umfangmaß und Bemuskelung eines Beines zu orientieren. Nehme das Umfangmaß im Zeitverlauf nicht wesentlich ab, sei von einer überwiegend unveränderten Belastbarkeit eines Beines auszugehen. Bei einer wesentlichen Gebrauchsminderung eines Beines gehe i.d.R. eine deutlichere Muskelminderung als eine solche von 2 cm einher. Eine solche sei beim Kläger jedoch nicht feststellbar, weswegen er bei seiner Einschätzung verbleibe.
Mit Urteil vom 30.03.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die seit dem 07.01.2002 gewährte Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. sei nicht zu erhöhen. Eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, § 73 Abs.3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch sei nicht eingetreten. Der Bewertung der Unfallfolgen im Bescheid vom 01.04.2003 habe das Gutachten von Prof. Dr. A. vom 06.06.2002 zu Grunde gelegen. Nach den Feststellungen von Prof. Dr. A. habe sich eine posttraumatische Arthrose des linken Kniegelenks entwickelt, die zu einer deutlich eingeschränkten Streckung von 0-15-110 o geführt habe. Das Umfangmaß des Oberschenkels sei um 2 cm links gegenüber rechts vermindert gewesen. Gestützt auf die Ausführungen von Dr. E., Prof. Dr. C. und von PD Dr. G.l sei gegenüber diesem Zustand weder vor noch nach der Implantation der Kniegelenksendoprothese links eine Verschlimmerung eingetreten. Dr. C. habe in seinem Gutachten vom 15.02.2008 präoperativ eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks auf 0-20-100o beschrieben. Dr. D. habe in seinem Gutachten vom 06.09.2009 Bewegungsausmaße des linken Kniegelenks von 0-20-115o mitgeteilt. Beide Gutachter hätten, wie auch Prof. Dr. A., 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts links eine Umfangsminderung um 2 cm bei vergleichbarem Muskelumfang festgestellt. Dr. D. habe im Vergleich zu den Feststellungen des Prof. Dr. A. eine geringe Zunahme des Streckdefizits um 5° gemessen, wobei die Bemuskelung des linken Oberschenkels gegenüber rechts im Zeitverlauf keine wesentliche Änderung erfahren hat und somit eine vergleichbare Belastung des rechten und linken Knies vorgelegen habe. Mithin sei es hiernach zu einer Zunahme des Streckdefizits um 5° ohne erhebliche Muskelminderung des linken Oberschenkels gekommen. Diese Veränderung sei jedoch nicht als wesentlich anzusehen, da sich hierdurch die MdE nicht um mindestens 5 v.H. erhöht habe. Die Höhe der MdE bei Kniegelenkschäden sei hauptsächlich durch die Verminderung der der Beweglichkeit, die unphysiologische Zunahme der Beweglichkeit (Überstreckbarkeit, Wackelbeweglichkeit, Verschieblichkeit oder Bereitschaft zu Teilverrenkungen) und die Schmerzhaftigkeit zu bestimmen. Die Bewegungseinschränkung eines Kniegelenks (Streckung/Beugung) von 0-0-120° bedinge dabei eine MdE von 10 v.H., eine solche von 0-0-90° führe zu einer MdE von 15 v.H. und die Beweglichkeitsbeeinträchtigung von 0-0-80° bzw. 0-10-90° zu einer solchen von 20 v.H. (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8.Auflage, S. 654). Nach der von Dr. D. festgestellten Bewegungseinschränkung von 0-20-115o sei hiernach weiterhin von einer MdE von 20 v.H. auszugehen. Zwar könne auch eine Muskelverschmächtigung am Oberschenkel auf eine Funktionsschwäche des Kniegelenks hindeuten, dies könne jedoch erst dann angenommen werden, wenn eine solche im Umfang von mehr als 2,5 cm auftrete. Da jedoch das Umfangmaß des Oberschenkels links gleichbleibend um lediglich 2 cm gegenüber rechts verschmächtigt sei, bedinge auch dies die Annahme einer MdE von 30 v.H. nicht. Auch nach dem Einsatz der Knie-TEP links am 27.08.2010 verbleibt es bei einer MdE von 20 v.H ... Eine regelrecht funktionierende (schmerzfreie) Totalendoprothese sei mit einer MdE von 20 v.H., eine gelockerte Totalendoprothese mit einer MdE von 40-60 v.H. und eine infizierte Totalendoprothese mit einer MdE von 60-80 v.H. zu bewerten (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 655). Da der Kläger, wie den Ausführungen von PD Dr. G.l zu entnehmen sei, nach der erfolgten Operation selbst angeben habe, unter deutlich geringeren Beschwerden des linken Kniegelenks als präoperativ zu leiden, sei von einer regelrecht funktionierenden schmerzfreien Kniegelenksprothese auszugehen. Dies werde auch durch das nur noch um 20o gegenüber links verminderten Beugedefizits, der fehlenden Druckschmerzhaftigkeit der Patella und des linken Kniegelenks sowie der seitengleich bemuskelten Beine belegt. Eine Höherbewertung unter Einbeziehung subjektiver Beschwerden komme nicht in Betracht, da die "üblichen Schmerzen" von der MdE für die körperlichen Funktionseinschränkungen einer schmerzbedingten Bewegungseinschränkung in den Richtwerten als erfahrungsmäßige Begleiterscheinungen mitumfasst seien (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 221). PD Dr. G.l habe insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass um eine erhebliche Variation subjektiver Beschwerdeangaben einordnen zu können, eine Orientierung an objektivierbaren Kriterien wie Umfangmaß und Bemuskelung eines Beines zu erfolgen habe. Eine Verschlimmerung sei auch im Hinblick auf die erlittene Fraktur der Elle nicht anzunehmen. Sämtliche Gutachter und Ärzte hätten eine den Normalwerten entsprechende Ellenbogengelenks- und Unterarmdrehbeweglichkeit links festgestellt. Einzig Dr. D. habe eine leicht eingeschränkte Unterarmdrehung auswärts/einwärts von 70-0-85o links festgestellt, die jedoch keine Erhöhung der Gesamt-MdE bedingen würde. Überdies sei diesbezüglich im Hinblick auf die im Februar 2008 von Dr. C. erhobenen Messwerte von 90-0- 80o links und die im Januar 2011 von PD. Dr. G.l dokumentierten Werte von 80-0-80o entweder von einer fehlerhaften Messung von Dr. D. oder von einer vorübergehenden Verschlimmerung auszugehen, die nicht in die Bewertung der Gesamt-MdE einfließe.
Gegen das am 23.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.05.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen PD Dr. G.l, der das SG gefolgt sei, sei nicht schlüssig. Obschon der Gutachter angegeben habe, dass die Implantation einer Kniegelenksendoprothese erforderlich gewesen sei, habe er eine Verschlimmerung verneint. Die Annahme einer nicht eingetretenen Verschlimmerung verkenne die beim Kläger vorliegenden Schmerzen. Der Kläger habe die Operation durchführen lassen, nachdem diese unerträglich geworden seien. Jedenfalls müsste bis zur Operation eine MdE von 30 v.H. festgestellt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Juni 2010 zu verurteilen, dem Kläger ab Juni 2009 eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags bringt sie vor, der Argumentation des Klägers, bereits die Durchführung einer Operation belege die geltend gemachte Verschlimmerung, sei nicht zu folgen. Vielmehr habe die Implantation einer Kniegelenksendoprothese seit vielen Jahren im Raum gestanden. Auch nach der Implantation sei die MdE unverändert mit 20 v.H. zu bewerten.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 15.09.2011 darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 17.10.2011 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) ist zulässig, in der Sache jedoch begründet.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 08.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine wesentliche Verschlimmerung der mit Bescheid vom 01.04.2003 festgestellten Unfallfolgen ist nicht eingetreten; die seit dem 07.01.2002 gewährte Verletztenrente ist unverändert nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Das SG hat die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. im angefochtenen Urteil umfassend und zutreffend dargelegt. Gleichfalls zutreffend hat es dargelegt, dass sich die festgestellten Unfallfolgen - weder vor noch nach der Implantation einer Kniegelenksendoprothese - gegenüber denen, die bei Erlass des Bescheides vom 01.04.2003 vorgelegen haben, verschlimmert haben und die unfallbedingten Einschränkungen unverändert mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten sind. Der Senat sieht von einer Begründung seiner Entscheidung ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen, dass die Implantation einer Kniegelenksendoprothese im linken Kniegelenk die geltend gemachte präoperative Verschlimmerung nicht belegt. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ungeachtet des Umstandes, das für die Bewertung der MdE die funktionellen Auswirkungen der vorliegenden Arthrose maßgeblich sind, nicht erst im zeitlichen Zusammenhang mit der durchgeführten Operation eine entsprechende Indikation bestand, sondern vielmehr bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine solche vorlag. So hat bereits Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 17.01.2006 ausgeführt, dass eine klinische Besserung nur durch einen knieprothetischen Ersatz erzielt werden könne. Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, die MdE sei jedenfalls für die Zeit bis zur Operation mit 30 v.H. zu bemessen und hierzu sinngemäß angeführt wird, die Schmerzen seien "unerträglich geworden", verkennt dies, dass die MdE für körperliche Funktionseinschränkungen die üblicherweise auftretenden Schmerzen mit umfasst (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 221). Da nicht ersichtlich ist, dass der Kläger wegen der angeführten Schmerzbelastung eine spezielle schmerztherapeutische Behandlung durchgeführt hat, kommt die Gewährung einer Rente nach einer MdE von 30 v.H. auch hiernach nicht in Betracht.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Verletztenrente streitig.
Der am 16.03.1951 geborene Kläger erlitt am 15.01.1978 mit seinem Pkw einen Arbeitsunfall, bei dem er sich eine Gehirnerschütterung, multiple Glassplitterverletzungen an der rechten Wange und der Unterlippe, eine Jochbeinimpressionsfraktur links, eine Fraktur des Stirnbeins links sowie Brüche der 7. Rippe, der Elle, des Schienbeinkopfes sowie des 2. bis 4. Mittelfußknochens jeweils links zuzog.
Mit Bescheid vom 17.08.1982 erkannte die Beklagte eine geringe Muskelminderung am linken Arm, geringe Einschränkungen der Unterarmdrehbeweglichkeit links nach distaler linksseitiger Ulnaparierfraktur, eine geringe Lockerung des Innenbandapparates nach freiliegendem Ligamentum der linken Kniescheibe, in guter Stellung folgenlos verheilte Brüche der 7. Rippe, der Elle links und des Schienbeinkopfes links, in mäßiger Fehlstellung folgenlos verheilte Brüche des 2. bis 4. Mittelfußknochens, folgenlos ausgeheilte Brüche im Bereich des linken Jochbeins und eine commotio cerebri als Folgen des Arbeitsunfalls an. Dem Kläger wurde deswegen eine Rente als vorläufige Entschädigung für die Zeit vom 29.05.1978 - 30.09.1978 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v.H. und für die Zeit vom 01.10.1978 - 31.01.1980 nach einer MdE von 30 v.H. gewährt. Für die anschließende Zeit unterblieb eine Rentenbewilligung, da nur noch eine MdE von 10 v.H. vorliege.
Mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 19.05.1998 lehnte die Beklagte einen Antrag des Klägers, ihm wegen einer Verschlimmerung der Unfallfolgen neuerlich Rente zu gewähren, ab.
Am 21.12.2001 stellte der Kläger einen erneuten Verschlimmerungsantrag, mit dem er die erneute Zahlung einer Verletztenrente geltend machte. Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines Gutachtens durch Prof. Dr. A ... In seinem unfallchirurgischen Gutachten vom 06.06.2002 führte Prof. Dr. A. - Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen - aus, der Bruch des Schienbeinkopfes links sei nach konservativer Therapie in ordentlicher Stellung knöchern fest verheilt. In der Folge hätte sich eine posttraumatische Arthrose des linken Kniegelenks entwickelt, die im Jahr 1998 als mäßig beschrieben worden sei. Zwischenzeitlich habe sich der Befund erheblich verschlechtert. Die Beweglichkeit in der Dimension Streckung sei deutlich eingeschränkt (Streckung/Beugung des linken Kniegelenks: 0-15-110o). Radiologisch und arthroskopisch habe sich eine fortgeschrittene Verschleißveränderung des linken Kniegelenks gezeigt. Die Arthrose müsse, da konkurrierender Einflüsse nicht vorlägen und sich die Beschwerden seit dem Unfallereignis kontinuierlich verschlechtert hätten, als posttraumatische Arthrose gewertet werden. Es bestünde als wesentliche Unfallfolge mithin noch eine posttraumatische Gonarthrose des linken Kniegelenks mit deutlicher Streckbehinderung, welche eine MdE von 20 v.H. bedinge.
Mit Bescheid vom 01.04.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann ab dem 07.01.2002 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 20 v.H ... Als Folgen des Arbeitsunfalls wurden Operationsnarben und röntgenologische Veränderungen nach Bruch der körperfernen Elle links, eine Gang- und Standbehinderung, Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk, reizlose Narben und röntgenologische Veränderungen nach knöchern fest verheiltem Bruch des linken Schienbeinkopfes anerkannt. Der Bruch der 7. Rippe links, die Brüche des 2. bis 4. Mittelfußknochens links, die Joch- und Stirnbeinbrüche links, die Gehirnerschütterung und die multiplen Glassplitterverletzungen der linken Wange und der Unterlippe seien folgenlos ausgeheilt. Nicht im Zusammenhang mit dem Unfall stünden eine Fehlhaltung der Wirbelsäule im Sinne eines Flachrückens, degenerative Veränderungen im Bereich des 11. und 12. Brustwirbelkörpers nach Wirbelbrüchen (privater Autounfall), eine Hohl-Spreizfußbildung mit Fehlstellung der Großzehe und die Krallenzehenstellung beidseits.
Einen Verschlimmerungsantrag des Klägers vom 04.06.2003 lehnte die Beklagte, gestützt auf ein unfallchirurgisches Gutachten von Prof. Dr. B. - Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Stuttgart - vom 13.10.2003, der u.a. anführte, dass bei einer gegenüber dem Vorgutachten aus dem Jahr 2002 nur geringfügigen Verschlechterung der Beweglichkeit des linken Kniegelenks bezüglich der Streckung/Beugung eine Höherstufung der MdE auf 30 v.H. nicht gerechtfertigt sei, mit Bescheid vom 25.11.2003 ab. Den hiergegen erhobene Widerspruch wies die Beklagte bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 21.04.2004 zurück. Zwecks Rentenüberprüfung veranlasste die Beklagte im Oktober 2005 neuerlich die Erstellung eines Gutachtens durch Prof. Dr. B ... In seinem Gutachten auf unfallchirurgischem Fachgebiet vom 17.01.2006 führte dieser aus, dass keine wesentliche Änderung im Vergleich zu dem Vorgutachten eingetreten sei. Die MdE sei weiterhin mit 20 v.H. zu bemessen. Eine klinische Besserung könne nur durch eine endoprothetische Versorgung des Kniegelenks erzielt werden, ansonsten werde es im weiteren Verlauf eher zu einer Verschlechterung kommen. Die Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei mit 0-20-110° gegenüber dem rechten mit 0-0-130° mäßiggradig eingeschränkt.
Im Rahmen einer erneuten Rentenüberprüfung erstattete daraufhin P.D. Dr. C. - Ärztlicher Direktor der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum Stuttgart - auf Veranlassung der Beklagten unter dem 15.02.2008 ein unfallchirurgisches Fachgutachten über den Kläger. P.D. Dr. C. führte u.a. aus, dass die mittlerweile mit einer Knietotalendoprothese versorgte medial betonte Gonarthrose rechts als unfallunabhängig zu bewerten sei. Radiologisch sei von einem minimalen Fortschreiten der medial betonten Gonarthrose links auszugehen, diese wirke sich klinisch jedoch nicht weitergehend auf die Beweglichkeit des linken Kniegelenks (Streckung/Beugung 0-20-100o) aus. Angesichts der minimalen Verschlechterung, welche eine unwesentliche Änderung der MdE um weniger als 5 v.H. bedinge, käme eine Rentenerhöhung nicht in Betracht. Die Folgen des Körperschadens vom 15.01.1978 würden derzeit eine MdE von 20 v.H. bedingen.
Mit Schreiben vom 11.06.2009 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf den ihn behandelnden Arzt Dr. D., der die MdE das linke Knie betreffend auf 30 v.H. einschätzte und die Indikation einer prothetischen Versorgung sah, die Erhöhung der MdE auf 30 v.H ...
Die Beklagte veranlasste daraufhin die Erstellung eines Gutachtens durch Dr. D ... Dr. D. - Arzt für Chirurgie/ Unfallchirurgie - führte in seinem fachärztlichen Gutachten vom 06.09.2009 u.a. aus, die Gonarthrose habe weiter zugenommen. Die unfallbedingten Veränderungen am linken Knie würden wegen der eingeschränkten Beweglichkeit des linken Kniegelenks (Streckung/Beugung von 0-20-115o) eine MdE von 30 v.H. bedingen. Überdies sei eine minimale Arthrose im distalen Radioulnargelenk links (Unterarmdrehung auswärts/einwärts links: 70-0-85o) und die leichte Arthrose im linken Ellenbogen ulnar (Streckung/Beugung des Ellenbogengelenks links: 0-0-140o) nach der distalen Ulnarfraktur aufgetreten. Gestützt auf eine Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. E. - Arzt und Chirurgie/ Unfallchirurgie -, der funktionell keine wesentliche Änderung sah, weswegen weiterhin ein MdE von 20 v.H. anzunehmen sei, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer höheren Verletztenrente mit Bescheid vom 08.10.2009 ab. Zur Begründung führte sie aus, die Untersuchung durch Dr. D. am 21.08.2009 habe ergeben, dass eine wesentliche Verschlimmerung gegenüber den, von Prof. Dr. A. in seinem Gutachten vom 06.06.2002 festgestellten Unfallfolgen, auf welchem die Rentengewährung im Bescheid vom 01.04.2003 beruhe, nicht eingetreten sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, Dr. D. habe schlüssig dargelegt, dass eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten sei. Die bestehenden Schmerzen müssten mittlerweile mit einem Tens-Gerät behandelt werden. Es bestehe die Indikation für eine prothetische Versorgung des linken Kniegelenks.
Die Beklagte holte daraufhin bei Dr. E. eine neuerliche fachärztliche Stellungnahme ein, in der dieser unter dem 15.11.2009 ausführte, dass nach dem Gutachten von P.D. Dr. C. die bestehende Gonarthrose zwar vorangeschritten sei, sich dies jedoch nicht auf die Beweglichkeit des Kniegelenks auswirke. Der funktionelle Zustand des Kniegelenks habe sich nicht wesentlich verändert. So A. das Messblatt vom 03.06.2002 für das linke Kniegelenk ein Bewegungsmaß von 0-15-110° aus, Dr. D. habe jetzt ein Bewegungsausmaß von 0-20-115° gemessen. Die Differenz von 5o liege innerhalb der Messfehlerbreite. Da überdies eine vergleichbare Beschwerdesymptomatik beschrieben sei und auch der weitere klinische Befund keine nennenswerten Differenzen dokumentiere, müsse es bei der bisherigen Bewertung einer MdE von 20 v.H. verbleiben. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass auch am rechten Knie eine fortgeschrittene Arthrose bestehe, so dass zumindest ein Teil der linksseitigen Gonarthrose als schicksalshaft eingestuft werden müsse. Auf Anforderung der Beklagten führt Dr. D. hierzu mit Schreiben vom 01.01.2010, der Beklagten am 11.03.2010 vom Klägervertreter übersandt, aus, im Rahmen der Unfallbegutachtung sei nicht alleine auf die Funktionseinschränkungen, sondern auch auf die Gebrauchsfähigkeit abzustellen. Eine Tibiakopffraktur führe, wenn die Gelenkfläche betroffen sei, immer zu einer schweren Arthrose. Er sehe keinen Grund, seine Beurteilung abzuändern.
Nachdem der Kläger die Erstellung eines weiteren Gutachtens abgelehnt hat, erließ die Beklagte den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 08.06.2010. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie unter Hinweis auf die Stellungnahme von Dr. E. aus, der funktionelle Zustand habe sich gegenüber dem maßgeblichen Vergleichsgutachten von Prof. Dr. A. vom 06.06.2002 nicht wesentlich verändert; eine wesentliche Verschlechterung der Unfallfolgen sei nicht eingetreten, so dass die Verletztenrente nicht erhöht werden könne.
Hiergegen hat der Kläger am 11.06.2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, der Entscheidung der Beklagten, eine wesentliche Verschlimmerung sei nicht eingetreten, könne nicht zugestimmt werden. Dr. D. habe in seinem Gutachten die Einschätzung vertreten, die unfallbedingten Veränderungen führten zu einer MdE von 30 v.H ... Dies habe er mit einer Zunahme der Arthrose begründet und berücksichtigt, dass der Kläger unter anhaltenden Schmerzen im linken Kniegelenk, insb. morgens, leide. Die ihm mögliche Gehstrecke ohne Stock sei auf 50 – 100 m limitiert. Die Beweglichkeit des Kniegelenks sei deutlich eingeschränkt. Er leide ferner auch an einer Arthrose im distalen Radioulnargelenk im linken Ellenbogen. Am 27.08.2010 wurde dem Kläger im Krankenhaus Balingen eine Endoprothese am Kniegelenk links implantiert. Zuletzt hat der Kläger eine Stellungnahme von Dr. D. vom 14.02.2011 vorgelegt, in der dieser angegeben hat, die vorliegende schwere Gonarthrose bedinge eine MdE von 30 v.H ... Eine regelrecht funktionierende Knieprothese sei ebenfalls mit einer MdE von 30 v.H. zu bewerten. Da die Kniearthrose seit 2002 erheblich zugenommen habe, liege eine wesentliche Änderung vor.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Hierzu hat sie vorgetragen, die beim Kläger vorliegenden Beschwerden hätten sich im Vergleich zum relevanten Vorgutachten vom 06.06.2002 nicht verschlechtert. Die arthrotischen Veränderungen hätten die funktionellen Einschränkungen nicht soweit verschlimmert, dass eine MdE von 30 v.H. bedingt sei. Bei einem stabilen Bandapparat und einer nur minimalen Muskelminderung seien die geklagten Instabilitäten im Kniegelenkt schwer nachvollziehbar. Die lediglich gering ausgeprägte Minderung der Unterarmdrehbeweglichkeit (links) führe nicht zu einer nennenswerten MdE. Auch nach Implantation der Knieendoprothese sei die MdE mit 20 v.H. zutreffend.
Das SG hat den behandelnden Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie, Dr. F., schriftlich als sachverständigen Zeugen einvernommen. Dr. F. hat in seiner schriftlichen Aussage vom 30.07.2010 ausgeführt, den Kläger erstmalig im Februar 2009 behandelt zu haben. Klinisch habe er eine endgradige Bewegungseinschränkung des Kniegelenks sowie eine Kraftverschlechterung der Quadrizepsmuskulatur rechts festgestellt. Im Jahr 2010 habe er den Kläger wegen seiner Schulterbeschwerden behandelt. Zu den Ausführungen des Dr. D. und des Dr. E. könne er keine Stellung nehmen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG PD Dr. G.l zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. PD Dr. G.l, Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie -Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Zollernalb Klinikum -, hat in seinem fachchirurgischen Gutachten vom 25.01.2011, das nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers am 05.01.2011 erstellt wurde, ausgeführt, dass der Kläger ihm gegenüber angegeben habe, nach der Operation unter deutlich geringeren Beschwerden als präoperativ zu leiden. Der Kläger habe den Untersuchungsraum ohne Gehstützen mit flottem Gang betreten. Die Beine seien seitengleich bemuskelt. Bei der Untersuchung des Kniegelenks des Klägers habe er ein Beugedefizit von 20o befundet, die Beweglichkeit habe linksseitig 0-0-100o, rechtsseitig 0-0-120o betragen. Linksseitig bestünde eine Restkapselschwellung. Vier Monate nach Implantation der Kniegelenksprothese seien noch leicht verdickte Weichteile jedoch kein Kniegelenkserguss festzustellen. Weder die Patella noch das Kniegelenk seien druckschmerzhaft. Der Unfall vom 15.01.1978 habe mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer posttraumatischen Arthrose und der nachfolgenden endoprothetischen Versorgung des linken Kniegelenks geführt. Als Unfallfolgen sei die Implantation einer Oberflächenprothese des linken Kniegelenks vom 27.08.2010 wegen posttraumatischer Gonarthrose, ein Beugedefizit des linken Kniegelenks um 20o sowie eine eingeschränkte Belastungsfähigkeit des linken Beines festzustellen. PD Dr. G.l hat angegeben, nach seiner Einschätzung sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Bereits im Gutachten von Prof. Dr. A. vom 06.06.2002 sei das linke Kniegelenk im Maß von 0-15-110o beweglich gewesen. Im Gutachten von Dr. D. vom 06.09.2009 sei das Bewegungsausmaß des linken Kniegelenks mit 0-20-115o beschrieben. Klinisch sei eine geringe Zunahme des Streckdefizits um 5° gemessen worden. Auch seien die von den Gutachtern ermittelten Umfangmaße des Beins (Maß 15 cm unterhalb des inneren Gelenkspaltes) um jeweils 2 cm links gegenüber rechts vermindert gewesen. Zum Zeitpunkt seiner gutachterlichen Untersuchung habe er Bewegungsausmaße des linken Kniegelenks von 0-0-100° gemessen. Auch das Umfangsmaß sei weiterhin um 2 cm links gegenüber rechts vermindert. Die subjektive Beschwerdezunahme sowie die zunehmende Arthrose im Bereich des linken Kniegelenks seien kein Zeichen für eine wesentliche Änderung, da die Bemuskelung des linken Oberschenkels gegenüber rechts im Zeitverlauf keine wesentliche Änderung erfahren habe. Gleichwohl habe sich (zunächst) das subjektive Beschwerdeempfinden des Klägers bezüglich der Belastbarkeit des linken Kniegelenks verschlimmert. Wegen der zunehmenden Arthrose des linken Kniegelenks sei sodann eine endoprothetische Versorgung erfolgt, die zu einer subjektiven Besserung geführt habe. Die Beweglichkeit der Ellenbogengelenke in der Dimension Streckung/Beugung hat PD Dr. G.l mit 0-0-140o rechts und 0-0- 140o links, die der Unterarmdrehung auswärts/ einwärts mit 90-0-90o rechts und 80-0-80o links mitgeteilt, dies entspräche, so PD Dr. G.l, den Normalwerten.
In einer ergänzenden Stellungnahme 18.02.2011 hat PD Dr. G.l zu dem klägerischen Einwand, die MdE müsse nach Einsatz einer Endoprothese im Kniegelenksbereich 30 v.H. betragen und der präoperative Gesundheitszustand des Klägers hätte angesichts der massiven Arthrose schlechter sein müssen als nach dem Einsatz der Prothese, dahingehend Stellung genommen, dass eine Höherstufung in der Regel nur bei ungünstigen Folgen nach Knieprothesenimplantationen erfolgen könne. Die Bewertung subjektiver Beschwerdeangaben und deren individuellem Empfinden sei anhand objektivierbarer Kriterien wie Umfangmaß und Bemuskelung eines Beines zu orientieren. Nehme das Umfangmaß im Zeitverlauf nicht wesentlich ab, sei von einer überwiegend unveränderten Belastbarkeit eines Beines auszugehen. Bei einer wesentlichen Gebrauchsminderung eines Beines gehe i.d.R. eine deutlichere Muskelminderung als eine solche von 2 cm einher. Eine solche sei beim Kläger jedoch nicht feststellbar, weswegen er bei seiner Einschätzung verbleibe.
Mit Urteil vom 30.03.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die seit dem 07.01.2002 gewährte Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. sei nicht zu erhöhen. Eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, § 73 Abs.3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch sei nicht eingetreten. Der Bewertung der Unfallfolgen im Bescheid vom 01.04.2003 habe das Gutachten von Prof. Dr. A. vom 06.06.2002 zu Grunde gelegen. Nach den Feststellungen von Prof. Dr. A. habe sich eine posttraumatische Arthrose des linken Kniegelenks entwickelt, die zu einer deutlich eingeschränkten Streckung von 0-15-110 o geführt habe. Das Umfangmaß des Oberschenkels sei um 2 cm links gegenüber rechts vermindert gewesen. Gestützt auf die Ausführungen von Dr. E., Prof. Dr. C. und von PD Dr. G.l sei gegenüber diesem Zustand weder vor noch nach der Implantation der Kniegelenksendoprothese links eine Verschlimmerung eingetreten. Dr. C. habe in seinem Gutachten vom 15.02.2008 präoperativ eine Bewegungseinschränkung des linken Kniegelenks auf 0-20-100o beschrieben. Dr. D. habe in seinem Gutachten vom 06.09.2009 Bewegungsausmaße des linken Kniegelenks von 0-20-115o mitgeteilt. Beide Gutachter hätten, wie auch Prof. Dr. A., 15 cm unterhalb des inneren Kniegelenkspalts links eine Umfangsminderung um 2 cm bei vergleichbarem Muskelumfang festgestellt. Dr. D. habe im Vergleich zu den Feststellungen des Prof. Dr. A. eine geringe Zunahme des Streckdefizits um 5° gemessen, wobei die Bemuskelung des linken Oberschenkels gegenüber rechts im Zeitverlauf keine wesentliche Änderung erfahren hat und somit eine vergleichbare Belastung des rechten und linken Knies vorgelegen habe. Mithin sei es hiernach zu einer Zunahme des Streckdefizits um 5° ohne erhebliche Muskelminderung des linken Oberschenkels gekommen. Diese Veränderung sei jedoch nicht als wesentlich anzusehen, da sich hierdurch die MdE nicht um mindestens 5 v.H. erhöht habe. Die Höhe der MdE bei Kniegelenkschäden sei hauptsächlich durch die Verminderung der der Beweglichkeit, die unphysiologische Zunahme der Beweglichkeit (Überstreckbarkeit, Wackelbeweglichkeit, Verschieblichkeit oder Bereitschaft zu Teilverrenkungen) und die Schmerzhaftigkeit zu bestimmen. Die Bewegungseinschränkung eines Kniegelenks (Streckung/Beugung) von 0-0-120° bedinge dabei eine MdE von 10 v.H., eine solche von 0-0-90° führe zu einer MdE von 15 v.H. und die Beweglichkeitsbeeinträchtigung von 0-0-80° bzw. 0-10-90° zu einer solchen von 20 v.H. (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8.Auflage, S. 654). Nach der von Dr. D. festgestellten Bewegungseinschränkung von 0-20-115o sei hiernach weiterhin von einer MdE von 20 v.H. auszugehen. Zwar könne auch eine Muskelverschmächtigung am Oberschenkel auf eine Funktionsschwäche des Kniegelenks hindeuten, dies könne jedoch erst dann angenommen werden, wenn eine solche im Umfang von mehr als 2,5 cm auftrete. Da jedoch das Umfangmaß des Oberschenkels links gleichbleibend um lediglich 2 cm gegenüber rechts verschmächtigt sei, bedinge auch dies die Annahme einer MdE von 30 v.H. nicht. Auch nach dem Einsatz der Knie-TEP links am 27.08.2010 verbleibt es bei einer MdE von 20 v.H ... Eine regelrecht funktionierende (schmerzfreie) Totalendoprothese sei mit einer MdE von 20 v.H., eine gelockerte Totalendoprothese mit einer MdE von 40-60 v.H. und eine infizierte Totalendoprothese mit einer MdE von 60-80 v.H. zu bewerten (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 655). Da der Kläger, wie den Ausführungen von PD Dr. G.l zu entnehmen sei, nach der erfolgten Operation selbst angeben habe, unter deutlich geringeren Beschwerden des linken Kniegelenks als präoperativ zu leiden, sei von einer regelrecht funktionierenden schmerzfreien Kniegelenksprothese auszugehen. Dies werde auch durch das nur noch um 20o gegenüber links verminderten Beugedefizits, der fehlenden Druckschmerzhaftigkeit der Patella und des linken Kniegelenks sowie der seitengleich bemuskelten Beine belegt. Eine Höherbewertung unter Einbeziehung subjektiver Beschwerden komme nicht in Betracht, da die "üblichen Schmerzen" von der MdE für die körperlichen Funktionseinschränkungen einer schmerzbedingten Bewegungseinschränkung in den Richtwerten als erfahrungsmäßige Begleiterscheinungen mitumfasst seien (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 221). PD Dr. G.l habe insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass um eine erhebliche Variation subjektiver Beschwerdeangaben einordnen zu können, eine Orientierung an objektivierbaren Kriterien wie Umfangmaß und Bemuskelung eines Beines zu erfolgen habe. Eine Verschlimmerung sei auch im Hinblick auf die erlittene Fraktur der Elle nicht anzunehmen. Sämtliche Gutachter und Ärzte hätten eine den Normalwerten entsprechende Ellenbogengelenks- und Unterarmdrehbeweglichkeit links festgestellt. Einzig Dr. D. habe eine leicht eingeschränkte Unterarmdrehung auswärts/einwärts von 70-0-85o links festgestellt, die jedoch keine Erhöhung der Gesamt-MdE bedingen würde. Überdies sei diesbezüglich im Hinblick auf die im Februar 2008 von Dr. C. erhobenen Messwerte von 90-0- 80o links und die im Januar 2011 von PD. Dr. G.l dokumentierten Werte von 80-0-80o entweder von einer fehlerhaften Messung von Dr. D. oder von einer vorübergehenden Verschlimmerung auszugehen, die nicht in die Bewertung der Gesamt-MdE einfließe.
Gegen das am 23.05.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.05.2011 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt er vor, die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen PD Dr. G.l, der das SG gefolgt sei, sei nicht schlüssig. Obschon der Gutachter angegeben habe, dass die Implantation einer Kniegelenksendoprothese erforderlich gewesen sei, habe er eine Verschlimmerung verneint. Die Annahme einer nicht eingetretenen Verschlimmerung verkenne die beim Kläger vorliegenden Schmerzen. Der Kläger habe die Operation durchführen lassen, nachdem diese unerträglich geworden seien. Jedenfalls müsste bis zur Operation eine MdE von 30 v.H. festgestellt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. März 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Juni 2010 zu verurteilen, dem Kläger ab Juni 2009 eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrags bringt sie vor, der Argumentation des Klägers, bereits die Durchführung einer Operation belege die geltend gemachte Verschlimmerung, sei nicht zu folgen. Vielmehr habe die Implantation einer Kniegelenksendoprothese seit vielen Jahren im Raum gestanden. Auch nach der Implantation sei die MdE unverändert mit 20 v.H. zu bewerten.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 15.09.2011 darauf hingewiesen, dass der Senat erwägt, nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu entscheiden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit eingeräumt, sich hierzu bis zum 17.10.2011 zu äußern.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Leistungsakte verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) ist zulässig, in der Sache jedoch begründet.
Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Gründe für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden nicht vorgebracht.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 08.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine wesentliche Verschlimmerung der mit Bescheid vom 01.04.2003 festgestellten Unfallfolgen ist nicht eingetreten; die seit dem 07.01.2002 gewährte Verletztenrente ist unverändert nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Das SG hat die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von 30 v.H. im angefochtenen Urteil umfassend und zutreffend dargelegt. Gleichfalls zutreffend hat es dargelegt, dass sich die festgestellten Unfallfolgen - weder vor noch nach der Implantation einer Kniegelenksendoprothese - gegenüber denen, die bei Erlass des Bescheides vom 01.04.2003 vorgelegen haben, verschlimmert haben und die unfallbedingten Einschränkungen unverändert mit einer MdE von 20 v.H. zu bewerten sind. Der Senat sieht von einer Begründung seiner Entscheidung ab und verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist lediglich zu ergänzen, dass die Implantation einer Kniegelenksendoprothese im linken Kniegelenk die geltend gemachte präoperative Verschlimmerung nicht belegt. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass ungeachtet des Umstandes, das für die Bewertung der MdE die funktionellen Auswirkungen der vorliegenden Arthrose maßgeblich sind, nicht erst im zeitlichen Zusammenhang mit der durchgeführten Operation eine entsprechende Indikation bestand, sondern vielmehr bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine solche vorlag. So hat bereits Prof. Dr. B. in seinem Gutachten vom 17.01.2006 ausgeführt, dass eine klinische Besserung nur durch einen knieprothetischen Ersatz erzielt werden könne. Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, die MdE sei jedenfalls für die Zeit bis zur Operation mit 30 v.H. zu bemessen und hierzu sinngemäß angeführt wird, die Schmerzen seien "unerträglich geworden", verkennt dies, dass die MdE für körperliche Funktionseinschränkungen die üblicherweise auftretenden Schmerzen mit umfasst (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 221). Da nicht ersichtlich ist, dass der Kläger wegen der angeführten Schmerzbelastung eine spezielle schmerztherapeutische Behandlung durchgeführt hat, kommt die Gewährung einer Rente nach einer MdE von 30 v.H. auch hiernach nicht in Betracht.
Die Berufung ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor
Rechtskraft
Aus
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