L 7 P 43/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 P 43/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 P 43/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Leistungen aus der Pflegeversicherung nach Pflegestufe III streitig.

Die Beklagte bewilligte der am 1911 geborenen Klägerin mit Bescheid vom 08.11.1995 ab 01.08.1995 Pflegegeld nach Stufe II. Am 25.08.1997 beantragte die Klägerin Pflegegeld nach Stufe III. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) schätzte nach einer Untersuchung am 17.10.1997 den Grundpflegebedarf auf täglich zwei Stunden und 6 Minuten und den Zeitaufwand für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten. Mit Bescheid vom 13.11.1997 lehnte die Beklagte daraufhin die Bewilligung höherer Leistungen ab.

Mit ihrem Widerspruch legte die Klägerin Berichte über Krankenhausaufenthalte vom 04. bis 06.02.1997 wegen einer Femur-Fraktur rechts nach Sturz über einen Fußabstreifer und vom 15. bis 16.07.1997 nach einer ebenfalls durch Sturz verursachten Radiusfraktur rechts sowie einen Bericht des Neurologen Dr.C. vom 19.08.1997 vor und gab an, sie müsse rund um die Uhr von ihrer Stieftochter gepflegt werden. Nachdem der MDK in einem weiteren Gutachten nach Untersuchung vom 16.02.1998 den Hilfebedarf in der Grundpflege mit zwei Stunden und 7 Minuten angegeben hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.1998 als unbegründet zurück.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin geltend gemacht, ihr Zustand habe sich seit 1997 sehr verschlechtert, und zwar hinsichtlich des Gehörs, der Augen, der Inkontinenz, des geistigen Zustandes, des Gehens, bezüglich ihrer Teilnahmslosigkeit sowie des Allgemeinzustandes. Sie brauche allein für Waschen und Fertigmachen morgens, mittags und abends drei Stunden zusammen mit der Nahrungsversorgung und der Gabe der Medikamente. Als die Pflegekraft, die Stieftochter, wegen einer Augenoperation für vier Wochen die Pflege nicht habe übernehmen können, habe sie fünf Kilo abgenommen, da ihr von den während dieser Zeit pflegenden Personen das Essen lediglich hingestellt worden sei.

Das SG hat Befundberichte des Allgemeinarztes Dr.R. und des Augenarztes Dr.E. sowie des Internisten Dr.W. eingeholt. Weiterhin hatte es die Ärztin für Innere Medizin M. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Diese hat die Klägerin am 16.02.2001 untersucht und in ihrem Gutachten vom 17.02.2001 dargelegt, dass bzgl. der Grundpflege ein täglicher Hilfebedarf von 196 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten bestehe.

Mit Urteil vom 30.05.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Bei der Klägerin lägen nach den Ausführungen der gerichtsärztlichen Sachverständigen Frau M. als pflegerelevante Gesundheitsstörungen ein demenzielles Syndrom mit Verwirrtheit, Schwindel- und Fallneigung, ein Zustand nach wiederholten Stürzen, eine senile Depression mit Antriebsmangel, eine Wirbelsäulenverkrümmung bei schweren degenerativen Veränderungen und Osteoporose, eine Sehminderung bei Zustand nach Staroperation beidseits und links-betonter Maculardegeneration, eine erhebliche Hörminderung, eine Harn- und Stuhlinkontinenz sowie eine chronisch-obstruktive Bronchitis mit respiratorischer Partialinsuffizienz und Sauerstofflangzeittherapie vor. Im Bereich der Mobilität habe sich der Zustand gegenüber 1997 stabilisiert, da weitere Stürze mit gravierenden Folgen nicht eingetreten seien. Bei der geistigen Leistungsfähigkeit seien weitere Abbauerscheinungen zu beobachten. Die Klägerin sei meist vewirrt und könne zielgerichtete Tätigkeiten des Alltags nicht mehr alleine durchführen und sei auch nach Anleitung hierzu nicht mehr in der Lage. Fenster, Haustür und Gasofen müssten abgesperrt werden, um Gefahren abzuwenden. Nach der Radiusfraktur rechts habe für ca. zwei bis drei Monate das Essen eingegeben werden müssen, da die Klägerin sich geweigert habe, mit der linken Hand zu essen, jedoch habe der jeweilige erhöhte Hilfebedarf nicht konstant für die Dauer von mindestens sechs Monaten vorgelegen. Aktuell müssten im Bereich der Körperpflege alle Verrichtungen übernommen werden. Die Klägerin vermöge zwar selbst zu essen, teilweise mit Besteck, teilweise auch mit den Fingern; da sie ohne Anleitung weder essen noch trinken würde, sei eine entsprechende Teilbeaufsichtigung und Unterstützung erforderlich. Allerdings könne die Pflegeperson während dieser Zeit auch selbst essen oder hauswirtschaftliche Dinge in der Küche erledigen.

Der von der gerichtsärztlichen Sachverständigen angenommene tägliche Pflegebedarf von 107 Minuten im Bereich der Körperpflege setze sich aus einem umgerechneten Zeitaufwand von 20 Minuten für eine Ganzkörperwäsche (6 x wöchentlich), 10 Minuten für eine Teilwäsche des Unterkörpers (einmal täglich), sechs Minuten für die Teilwäsche von Händen und Gesicht (3 x täglich), 3 Minuten für das Baden (das einmal wöchentlich in der Wohnung der Stieftochter erfolgt), 10 Minuten für die Zahnpflege, 4 Minuten für das Kämmen, 12 Minuten für das Richten der Bekleidung, 25 Minuten für das Wechseln von Windeln nach dem Wasserlassen und 10 Minuten nach Stuhlgang, 5 Minuten für das nächtliche Windelanlegen sowie 2 Minuten für das Entleeren des Nachtstuhls zusammen. Im Bereich der Ernährung seien 12 Minuten für das mundgerechte Zubereiten der Nahrung sowie 30 Minuten für die Teilbeaufsichtigung bei der Aufnahme der Nahrung erforderlich. Der Hilfebedarf im Bereich der Mobilität betrage insgesamt 47 Minuten und errechne sich aus 4 Minuten für Aufstehen und Zubettgehen, 5 Minuten für das Umlagern, Aufstehen vom Stuhl usw., 20 Minuten für das morgendliche Ankleiden, das abendliche Entkleiden sowie das An- und Entkleiden bei zwischenzeitlich erforderlichem zusätzlichem Wechsel der Unterwäsche, 10 Minuten für das Gehen, 2 Minuten für den Transfer sowie 6 Minuten für die Begleitung beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Zwecke des wöchentlichen Wannenbades in der Wohnung der Pflegeperson.

Das Gutachten der gerichtsärztlichen Sachverständigen sei schlüssig und hinreichend begründet und lasse Widersprüche nicht erkennen. Soweit die Klägerin moniere, dass für das wöchentliche Wannenbad in der Wohnung der Pflegeperson lediglich 21 Minuten veranschlagt worden seien, übersehe sie, dass zusätzlich für das Zurücklegen des Weges zwischen der Wohnung der Klägerin und der Pflegeperson ein Zeitaufwand von 6 Minuten (d.h. 42 Minuten pro Woche und Bad) anerkannt worden seien. Es sei nicht zu beanstanden, dass für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zum Zwecke von Arztbesuchen ein Hilfebedarf verneint worden sei, weil diese Arztbesuche nicht wenigstens einmal pro Woche anfielen. Gleiches gelte für den Friseurbesuch. Der Zeitaufwand für die Medikamenteneingabe, für die Pflege der Kopfhaut (Schuppenflechte), das Einreiben der schmerzenden Gelenke sowie die Versorgung mit Sauerstoff seien krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen und könnten bei der Grundpflege nicht berücksichtigt werden. Gleiches gelte für den Hilfebedarf in Form einer ständigen Anwesenheit und Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung der altersverwirrten Klägerin. Offen bleiben könne, ob entsprechend der Darstellung der Sachverständigen bei der Klägerin täglich eine Ganzkörperwäsche sowie eine Teilkörperwäsche durchgeführt werde oder entsprechend den Angaben der Klägerin zwei Ganzkörperwäschen und eine Teilkörperwäsche. Würde man für die Ganzkörperwäsche einen zusätzlichen Zeitaufwand von 23 Minuten annehmen, wäre der in der Pflegestufe III erforderliche Zeitaufwand von mindestens vier Stunden in der Grundpflege weiterhin nicht erreicht.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die sinngemäß geltend macht, es stehe ihr höheres Pflegegeld zu, da der Pflegeaufwand außergewöhnlich hoch sei.

Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.05.2001 sowie den Bescheid vom 13.11.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 25.08.1997 Pflegegeld nach Stufe III zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass von ihr gegenwärtig geprüft werde, ob der Klägerin zusätzliche Betreuungsleistungen im Sinne des § 45 b SGB XI, eingeführt durch das Gesetz vom 14.12.2001 (Bundesgesetzblatt I S.3728), zustehen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der Klägerin gegenwärtig jedenfalls Leistungen nach Pflegestufe III - noch - nicht zustehen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils des SG und sieht gemäß § 153 Abs.2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Die Klägerin hat mit ihrer Berufung keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen. Erneut ist darauf hinzuweisen, dass Pflegeleistungen wie Medikamenteneingabe und allgemeine Beaufsichtigung aus den vom SG dargestellten Gründen nicht bei der Bestimmung der Pflegestufe berücksichtigt werden können. Auch wurde der für das einmal in der Woche stattfindende Bad in der Wohnung der Pflegekraft erforderliche Zeitaufwand angemessen berücksichtigt, da das Zurücklegen des Weges beim Hilfebedarf bezüglich der Mobilität veranschlagt wurde. Nicht zu entscheiden war über zusätzliche Pflegeleistungen nach § 45 b SGB XI in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung, da insoweit eine Entscheidung der Beklagten noch aussteht.

Somit war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.05.2001 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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