L 13 RA 116/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RA 231/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 116/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung des Urteils des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) vom 22.02.1996, L 14 An 22/94, eine höhere Rente, ein früherer Rentenbeginn, die Anerkennung weiterer rentenrechtlicher Zeiten sowie die Gewährung einer Rente wegen Berufskrankheit durch die Beklagte.

Der am 1936 geborene Kläger stellte erstmals am 23.06. 1977 Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) lehnte nach Durchführung eines Heilverfahrens (09.02. - 03.03. 1978) den Antrag mit Bescheid vom 09.08.1978 ab.

Im Anschluss an ein Heilverfahren mit Schonfrist und Zahlung von Übergangsgeld gewährte die Beklagte ab 19.04.1982 aufgrund eines Versicherungsfalles vom 14.10.1981 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis 31.03.1989, danach auf Dauer (vgl. Bescheide vom 27.07.1983, 06.03.1986, Widerspruchsbescheid vom 29.05.1987, Bescheide vom 05.11.1986, 19.02.1987, SG Nürnberg, S 5 An 188/87, Urteil vom 21.03.1989). Das weitere Begehren einer höheren Rentenzahlung und Rentenentschädigung blieb ohne Erfolg (vgl. Ausführungsbescheid vom 30.05.1989, Widerspruchsbescheid vom 01.11.1989, SG Nürnberg, S 13 An 547/89, Urteil vom 13.03.1990, BayLSG, L 11 An 91/90, Urteil vom 12.11.1991, BSG, Beschluss vom 16.06.1992, 4 BA 27/92).

Mit seinem Antrag von Juli 1992 begehrte der Kläger eine höhere Rente zu einem früheren Zeitpunkt. Seit Oktober 1979 sei er weder erwerbstätig noch arbeitsfähig, Arbeitserprobungen in Berlin (22.10.1979 - 02.11.1979) und Regensburg (06.10.1980 - 24.10.1980) seien ohne Erfolg geblieben. Die Rente müsse nach dem tatsächlich erzielten Lohn berechnet werden, da er eine Berufskrankheit erlitten habe. Es stehe ihm auch eine Entschädigung wegen Frühausscheidens aus dem Erwerbsleben zu. Mit Bescheid vom 01.09.1992 wies die Beklagte den Antrag zurück. Widerspruch, Klage und Berufung blieben ohne Erfolg, die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. Widerspruchsbescheid vom 19.11.1992, SG Nürnberg, S 6 An 264/92, Urteil vom 20.01.1994, BayLSG, L 14 An 22/94, Urteil vom 22.02.1996, BSG, 4 BA 09/96, Beschluss vom 22.07.1996; BVerfG, 1 BvR 1760/96, Beschluss vom 02.11.1996). Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Der Bescheid vom 30.05.1989 sei nach erfolglosem Rechtsbehelf in Bindung erwachsen. Dies gelte für den dort festgestellten Versicherungsfall vom 14.10.1981, eine Erwerbsunfähigkeit bereits im Jahre 1979 sei damit ausgeschlossen. Die Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz und die zugrunde liegenden ärztlichen Untersuchungen seien für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit unerheblich. Dass für die geltend gemachten Berufskrankheiten und deren Entschädigung die Berufsgenossenschaften zuständig seien und nicht die Beklagte, sei bereits früher entschieden worden. Für eine fehlerhafte Berechnung der Rente bestehe kein Anhaltspunkt, ebenso wenig sei eine Aktenverwechslung feststellbar.

Mit seiner zum Arbeitsgericht (ArbG) Nürnberg im Dezember 1996 erhobenen Klage hat der Kläger sinngemäß eine höhere Rente begehrt und insbesondere beantragt, seinen Einsatz für den Widerstand während der Zeit des Nationalsozialismus in den Jahren 1942 bis 1945 rentenrechtlich zu entschädigen. Außerdem solle die Beklagte die bei ihm vorliegenden Krankheiten als Berufskrankheiten entschädigen sowie der Rentenberechnung das vom Landesarbeitsgericht festgestellte Gehalt von 3231,26 DM aus dem Vergleich vom 12.05.1981 und das Gehalt nach dem Tarif eines Landschaftsgärtner-Meisters zugrunde legen. Schließlich sei das Urteil des BayLSG vom 22.02.1996 aufzuheben.

Mit Beschluss vom 27.02.1997 hat das ArbG den Rechtsstreit an das zuständige SG Nürnberg verwiesen. Rechtsbehelfe beim Landesarbeitsgericht und beim Bundesarbeitsgericht blieben ohne Erfolg (Beschlüsse vom 28.04.1997 und 01.07.1997). Den Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das SG zurückgewiesen, die Beschwerde blieb ohne Erfolg (SG, Beschluss vom 27.04.1999, LSG, L 13 B 206/99 RA PKH, Beschluss vom 24.11.1999).

Durch Urteil vom 28.03.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Unzulässig sei die Klage, soweit der Kläger vom SG die Aufhebung des Urteils des LSG sowie die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Entschädigung wegen Berufskrankheit einfordere. Die Klage sei im Übrigen unbegründet, weil die Feststellung einer Rente wegen Berufkrankheit keine Auswirkungen auf die Berechnung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit habe. Auch könne über eine rentenrechtliche Entschädigung für die Zeit von 1942 bis 1945 ohne Entscheidung der Beklagten nicht geurteilt werden.

Mit der Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

Er beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.03.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Rente bereits ab Antragstellung vom 23.06.1977 zu gewähren, dabei ein höheres Einkommen und Ersatzzeiten zu berücksichtigen, ergänzend die Beklagte zur Zahlung von Rente wegen Berufskrankheit zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.03.2000 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge, die erledigten Gerichtsakten des BayLSG (L 11 An 91/90; L 14 An 22/94; L 13 B 206/99 RA PKH; L 13 RA 3/01) und des SG Nürnberg (S 5 An 250/81; S 6 An 102/82; S 5 An 200/83; S 5 An 188/87; S 5 An 547/89; S 6 An 264/92; S 3 An 159/96; S 3 RA 273/00) sowie die Verwaltungsakten der Beklagten. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nur zum Teil zulässig.

Soweit der Kläger die Aufhebung des Urteils des Bayer. Landessozialgerichts vom 22.02.1996 begehrt, ist die Berufung nicht statthaft. Dem Senat ist es verwehrt, über die Aufhebung von Urteilen des BayLSG zu entscheiden. Nach § §§ 143, 172 SGG ist es allein statthaft, auf Berufung über Urteile des SG und auf Beschwerde über Beschlüsse des SG zu entscheiden. Im Übrigen hat der Kläger den gegen das Urteil des LSG gegebenen Rechtsbehelf zum Bundessozialgericht und den außerordentlichen Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht ausgeschöpft.

Soweit der Kläger sich dagegen wendet, dass seine am 01.08.1983 erhobene Klage gegen den Bescheid vom 27.07.1983 (SG Nürnberg, S 5 An 200/83) aufgrund des Schreibens des Bevollmächtigten vom 04.08.1983 als Widerspruchsverfahren fortgeführt worden ist, der Bevollmächtigte kraft der Vollmacht vom 04.08.1983 den Widerspruch im Juni 1984 zurückgenommen hat und damit der Bescheid bindend geworden ist, ist der Senat zur Überprüfung nicht zuständig.

Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet.

Der Kläger begehrt im Kern eine Rentenleistung, die höher als die bisherige ist und zu einem früheren Zeitpunkt beginnt (bisher: 19.04.1982). Erforderlich dafür ist, dass die Beklagte auf dem verfahrensrechtlich dafür vorgesehenen Weg des § 44 SGB X einen Bescheid erlässt, der den Rentenbescheid, der diese maßgeblichen Rentenfaktoren bestimmt (Rentenbeginn, Höhe der Rentenleistung, hier: Bescheid vom 27.07.1983 mit Folgebescheiden) mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknimmt. Ein solcher Bescheid der Beklagten nach § 44 SGB X liegt nicht vor, so dass bereits aus diesem Grund die Klage nach § 54 Abs. 1 SGG unzulässig und damit die Berufung als unbegründet zurückzuweisen ist.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, die bei ihm vorliegenden Krankheiten seien als Berufskrankheiten anzuerkennen und die Beklagte habe dafür Verletztenrente zu gewähren, ist auf die rechtskräftige Entscheidung des BayLSG vom 22.02.1996 zu verweisen. Berufskrankheiten auch in der Zeit von 1977 bis 1979 sind durch die Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, nicht jedoch durch die Beklagte als Rentenversicherungsträger zu entschädigen. Eine Entscheidung nach § 44 SGB X über einen erneuten Antrag des Klägers liegt darüber nicht vor.

Soweit der Kläger die Berücksichtigung von Ersatzzeiten (Einsatz für den Widerstand während der Zeit des Nationalsozialismus in den Jahren 1942 bis 1945) bzw. die Anrechnung eines höheren Einkommen aufgrund eines Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht am 12.05.1981 begehrt, ist bisher keine Verwaltungsentscheidung der Beklagen ergangen. Grundsätzlich können im sozialgerichtlichen Verfahren nur Verwaltungsakte des Versicherungsträgers angefochten werden (§ 54 Abs. 1 SGG). Eine reine Leistungsklage ist gemäß § 54 Abs. 5 SGG nur dann zulässig, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat. Der Versicherungsträger hat als Träger öffentlicher Gewalt über die von den Versicherten geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich durch Verwaltungsakt zu entscheiden. Hierzu gehört auch die Entscheidung, welche rentenrechtlichen Zeiten wie z.B. Ersatzzeiten zu berücksichtigen sind. Ein solcher Verwaltungsakt liegt nicht vor.

Soweit der Kläger einen früheren Rentenbeginn als den 19.04. 1982 begehrt, fehlt es auch hier an einer Entscheidung der Beklagten nach § 44 SGB X. Materiellrechtlich steht zudem die Vorschrift des § 18 d Abs. 2 AVG (§ 1241 d Abs. 2 RVO, in Kraft bis 31.12.1991, ab 01.01.1992: § 116 Abs. 1 Satz 2 SGB VI; ab 01.01.2001: § 116 Abs. 3 SGB VI) entgegen. Werden Leistungen zur Rehabilitation bewilligt, besteht neben einem Anspruch auf Übergangsgeld kein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Der Kläger hat Übergangsgeld erhalten. Selbst wenn die Beklagte durch Bescheid nach § 44 SGB X einen früheren Versicherungsfall als den 14.10.1981 feststellen würde, hätte der Kläger davon keine wirtschaftlichen Vorteile. Denn nach § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB VI werden Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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