L 14 RA 123/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 16 RA 415/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 123/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. April 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund eines Antrags vom Mai 1998.

Die 1942 geborene Klägerin ist gelernte Verkäuferin und war nach erfolgreicher Lehre bis 1963 als solche tätig. Danach arbeitete sie bis 1967 als Karteiführerin und nach mehrjähriger Kindererziehung erneut ab 1971 wieder als Verkäuferin, zuletzt von September 1989 bis Februar 1997 32 Stunden wöchentlich in einer Konditorei mit leistungsentsprechender Entlohnung.

Am 16. Januar 1997 hatte die Klägerin einen (Fahrrad-)Unfall, bei dem sie sich eine Tibiakopffraktur zuzog. Sie erhielt bis Ende Februar 1997 Lohnfortzahlung und ab März 1997 Krankengeld. Nach Erschöpfung des Krankengeldanspruches bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. Vom 3. bis 24. Februar 1998 wurde sie in B. stationär behandelt. Ihre Entlassung erfolgte als arbeitsunfähig. Die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung im Entlassungsbericht lautete als Konditoreiverkäuferin noch halb- bis unter vollschichtig und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig.

Den Rentenantrag vom 6. Mai 1998, den die Klägerin mit den Folgen ihrer Tibiakopffraktur sowie mit internistischen Gesundheitsstörungen begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. September 1998 nach orthopädischer und internistischer Untersuchung ab, da die Klägerin noch eine zumutbare Tätigkeit als Kassiererin vollschichtig verrichten könne. Der Widerspruch blieb nach Auswertung von Behandlungsberichten von Fachkliniken erfolglos (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 3. März 1999).

Im Klageverfahren zog das Gericht von den behandelnden Ärzten Befundberichte und von der Kreisklinik D. einen Behandlungsbericht bei und beauftragte Dr.L. vom Städtischen Krankenhaus M. mit der Untersuchung und Begutachtung auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet. Im Gutachten vom 29. November 1999 diagnostizierte dieser ein leichtgradigstes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei weitgehend freier Funktion ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes, eine Gon- und Femoropatellararthrose links mit verminderter Geh- und Stehfähigkeit bei X-Bein-Fehlstellung sowie leichtgradige Vena saphena parva-Varikosis beidseits bei Senk-Spreizfüßen und der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel. Unter Berücksichtigung dieser Gesundheitsstörungen sei der Beruf der Konditorei-Fachverkäuferin nicht ohne Schaden für die Restgesundheit ausübbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin jedoch leichte Arbeiten im gelegentlichen Wechsel der Arbeitsposition zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, mit Akzentuierung der sitzenden Tätigkeit, in geschlossenen Räumen vollschichtig mit den üblichen Unterbrechungen eines Arbeitsverhältnisses verrichten. Zu meiden sei das Heben und Tragen von Lasten über 7,5 kg, häufiges Treppen steigen sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten. Arbeiten an Maschinen und Büromaschinen sowie am Bildschirm seien in normalem Umfang möglich. Eine Wegstreckeneinschränkung sei nicht feststellbar, denn der jeweilige Anmarschweg könne noch mehr als 500 m betragen.

Mit Urteil vom 13. April 2000 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Gründen führte es im Wesentlichen aus, dass die Klägerin nach dem schlüssigen Beweisergebnis des Dr.L. zwar nicht mehr in der Lage sei, ihre letzte Tätigkeit als Konditorei-Fachverkäuferin zeitlich uneingeschränkt zu verrichten. Sie sei jedoch ohne sozialen Abstieg auf andere tariflich gleich eingestufte Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 2 des Einzelhandelstarifvertrages zumutbar verweisbar, etwa auf einfache kaufmännische Tätigkeiten in der Warenannahme, im Lager oder im Versand sowie auf Kontrolltätigkeiten. Ebenso seien Angestellte in der Buchhaltung, in der Registratur, der Kalkulation, der Rechnungsprüfung, der Auftragssachbearbeitung und der Personalkontrolle hierin erfasst. Insbesondere bei Registraturtätigkeiten seien die sachlichen Einschränkungen der Klägerin beachtet; diese könnten ohne gesundheitliche Restgefährdung vollschichtig verrichtet werden.

Das Rechtsmittel begründet die Klägerseite mit einem im Schwerbehindertenverfahren vor dem Sozialgericht eingeholten Gutachten des Orthopäden Dr.K. vom 21. Juni 2000 mit einer GdB-Bewertung um 40 v.H. und der Sitzungsniederschrift zu diesem Verfahren mit dem Vergleichsvorschlag, die Verschlimmerung auf der Grundlage eines noch einzuholenden Befundberichts des behandelnden Orthopäden Dr.V. zu überprüfen. Im Übrigen gäbe es für sie keinerlei Betätigungsmöglichkeit mehr. Sodann wird ein Befundbericht des Dr.V. vom 16. Januar 2001 vorgelegt, wonach die maximale Gehstrecke bis zum Auftreten von Beschwerden 75 m und die maximale Stehdauer ca. 10 Minuten betragen solle.

Die Beklagte vertritt den Standpunkt, dass auch das Gutachten des Dr.K. die bisherige Leistungsbeurteilung für leichte Arbeiten zeitlich uneingeschränkt mit gewissen sachlichen Einschränkungen bestätige. Die Einschätzung des Dr.V. zur Wegefähigkeit sei schlicht nicht nachvollziehbar, da weder Dr.K. noch Dr.L. eine eingeschränkte Wegefähigkeit hätten feststellen können.

Der Senat wies zudem auf die Diskrepanz zur eigenen Einschätzung der Klägerin zu ihrem Gehvermögen hin, wonach sie im Termin vom 29. November 2000 des Schwerbehindertenverfahrens ihr Gehvermögen mit 3 km angegeben habe. Im Übrigen sei im Hinblick auf das wenig schlüssige Vorbringen des Dr.V. eine Sachaufklärung von Amts wegen nicht verantwortbar.

Seit März 2001 ist trotz intensiver Anmahnung von der Kläger-Seite kein weiterer Sachvortrag mehr erfolgt. Im Termin erklärt der Bevollmächtigte, die Klägerin sei sich über das wenig aus- Verfahren durchzuführen im Hinblick auf das offene Zivilverfahren im Zusammenhang mit dem Unfall vom Januar 1997.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. April 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 16. September 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab Antrag Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Rentenakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird wegen der Einzelheiten hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Es handelt sowohl in der Beweiswürdigung als auch in der Berufskunde und den damit zusammenhängenden Fragen zumutbarer Verweisungstätigkeiten die Sach- und Rechtslage zutreffend ab. Der Senat macht deshalb von der Verfahrenserleichterung des SGG Gebrauch und nimmt hinsichtlich der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs.2 SGG auf das Ersturteil Bezug.

Eine Sachaufklärung von Amts wegen im Berufungsverfahren war nicht veranlasst. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, dass weder Dr.L. noch Dr.K. in ihren Gutachten eine eingeschränkte Wegefähigkeit der Klägerin feststellen konnten. Auch der Senat sieht die Einschätzung des Gehvermögens durch Dr.V. mit 75 m als nicht haltbar an. Denn nur wenige Wochen vor Fertigung des Befundberichts durch Dr.V. schätzte die Klägerin ihr Gehvermögen selbst mit 3 km ein. Auch wenn sie hinzufügte, nicht sagen zu können, in welcher Zeit sie diese Wegstrecke zurücklegen könne, jedenfalls falle sie hinter die übrigen Passanten zurück, gibt dies keinen Anhalt für eine Beweiserhebung von Amts wegen.

Nach all dem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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