Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 21 P 35/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 P 18/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung des Antragstellers für die Wahrnehmung des Erörterungstermins am 14. April 2011 wird auf insgesamt 28,25 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt für die Zeit der Teilnahme an einem Erörterungstermin u.a. eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung in Höhe von 12,00 EUR je Stunde nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG).
Der Antragsteller bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Er ist der Sohn der Klägerin und von ihr durch eine umfassende Vorsorgevollmacht vom 17. August 2005 bevollmächtigt worden. Die Klägerin erhielt von der Beklagten Pflegeleistungen der Stufe II seit Dezember 2005 nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Am 31. März 2007 hat die Klägerin nach erfolglosem Verwaltungsverfahren eine Klage beim Sozialgericht Halle mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zu Vorschusszahlungen zu verpflichten. Das Sozialgericht Halle hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2009 abgewiesen. Mit der fristgerechten Berufung hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Am 14. April 2011 hat ein Erörterungstermin in der Zeit von 13.30 Uhr bis 14.15 Uhr stattgefunden. Der Rechtsstreit endete durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten. Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom selben Tage das Erscheinen des Antragstellers nachträglich für geboten erklärt.
Der Antragsteller legte unter dem 14. April 2011 einen Antrag auf Entschädigung gemäß JVEG vor. Dieser enthielt unter der Ziffer 5 den Hinweis "weitere Entschädigungsansprüche nach dem JVEG: 12,00 EUR/Std. entgangene Hausarbeit". Auf seinen Antrag setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 20. April 2011 den entschädigungsfähigen Betrag auf 10,25 EUR fest. Diesen berechnete sie wie folgt:
Nachteilsentschädigung für 2 Stunden x 3,00 EUR 6,00 EUR
PKW-Kosten für 9 Km zu 0,25 EUR 2,25 EUR
Parkentgelt 2,00 EUR
Gesamtentschädigung 10,25 EUR.
Anspruch auf eine "Hausfrauenentschädigung" habe der Antragsteller nicht, da er keiner beruflichen, auf Einkommenserwerb ausgerichteten Tätigkeit nachgehe und auch kein Erwerbsersatzeinkommen beziehe. Am 27. April 2011 hat der Antragsteller die gerichtliche Festsetzung nach § 4 JVEG beantragt und zur Begründung vorgetragen: Er führe einen Mehrpersonenhaushalt mit seinem eingetragenen Lebenspartner und auch in dem Haushalt seiner Mutter entsprechend der erteilten Vorsorgevollmacht. Keinen der beiden Haushalte habe er während der Abwesenheit wegen des Erörterungstermins führen können. Leistungen nach dem SGB II hätte er nicht beanspruchen können, weil er für die Zeit der Verhandlung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Entschädigung unter Berücksichtigung eines Betrages für entgangene Hausarbeit festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er vertritt die Ansicht, die von der Geschäftsstelle vorgenommene Entschädigung sei nicht zu beanstanden. Eine Entschädigung nach § 21 JVEG könne ausschließlich einer "Nur-Hausfrau" oder einem "Nur-Hausmann" zustehen, die über keinerlei Einkünfte verfügen. Dies sei beim Antragsteller, der Leistungen nach dem SGB II beziehe nicht der Fall. Rechtlich sei § 21 Satz 1 JVEG einschränkend auf "Nur-Hausfrauen" bzw. "Nur-Hausmänner" anzuwenden (vgl. auch Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2010 – L 2 SF 159/09, zitiert nach juris). Rentenempfänger und Leistungsbezieher nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) sowie dem SGB II seien nicht nach dieser Vorschrift entschädigungsberechtigt. § 21 Satz 1 JVEG bezwecke nur, eine Unterbewertung der Arbeit in Haushalt oder Familie zu vermeiden, nicht jedoch, eine Privilegierung von Beziehern von Erwerbsersatzeinkommen herbeizuführen.
Die Gerichtsakte sowie das Kostenheft haben dem Senat vorgelegen.
II.
Der Antrag hat Erfolg. Die Entschädigung des Antragstellers für die Wahrnehmung des Termins vom 14. April 2011 ist auf 28,25 EUR festzusetzen.
Nach § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird ein Beteiligter auf Antrag für Auslagen und Zeitverlust wie ein Zeuge entschädigt, soweit sein persönliches Erscheinen angeordnet war. Dies gilt auch für den Bevollmächtigtenvertreter, der wie ein Beteiligter nach § 202 SGG in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) erschienen ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008 zu § 191 Rdnr. 3). Nach der nachträglichen Anordnung des persönlichen Erscheinens vom 14. April 2011 ist der Antragsteller als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO anzusehen.
Nach § 21 Satz 1 JVEG können Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 12,00 EUR die Stunde geltend machen, wenn sie nicht erwerbstätig sind oder wenn sie teilzeitbeschäftigt sind und außerhalb ihrer vereinbarten regelmäßigen täglichen Arbeitszeit herangezogen werden. Diese Vorschrift ist auf den Antragsteller als Vertreter entsprechend anzuwenden. Er führt auch für seinen Lebensgefährten und seine Mutter einen eigenen Haushalt mit mehreren Personen im Sinne dieser Regelung.
Der Ansicht des Antragsgegners sowie der des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (a.a.O.) ist nicht zu folgen. Richtig ist es vielmehr, die Entschädigung auch bei der Erzielung von sonstigen Einkommensarten zu zahlen (vgl. wie hier Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. Februar 2011 – L 6 SF 47/09 ERI, zitiert nach juris; Meyer/Höver, JVEG, 23. Auflage 2011 § 21 Rdn. 21.3; Hartmann, Kostengesetze 40. Auflage 2010, § 21 Rdn. 4). Der Begriff "nicht erwerbstätig" ist nicht einschränkend auf die Personengruppe von "Nur-Hausfrauen" oder "Nur-Hausmännern" auszulegen. Denn eine Erwerbstätigkeit wird von einem Rentner bzw. bei einem Leistungsbezieher nach dem SGB III bzw. SGB II ebenso wie bei einer "Nur-Hausfrau" oder einem "Nur-Hausmann" nicht ausgeübt. Sog. Ersatzeinkommensbezieher sind – genau wie diejenigen, die "nur" einer Haushaltsführung nachgehen – damit "nicht erwerbstätig" im Sinne des § 21 Satz 1 JVEG. Für diese am Wortlaut orientierte Auslegung spricht auch § 21 Satz 2 JVEG, wonach Teilzeitbeschäftigte, die außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit gerichtlich in Anspruch genommen werden, die Entschädigung nach § 21 Satz 1 JVEG auch beanspruchen können, sofern sie nur einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen. Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Anwendung des § 21 JVEG ist daher die Frage, ob eine Erwerbstätigkeit oder eine konkret ausgeübte Teilerwerbstätigkeit ausgeübt wird. Für eine einschränkende Auslegung, wonach der Anspruch nur bei ausschließlicher Haushaltstätigkeit bestehen könne, lässt das Gesetz nach seinem Wortlaut und dem Zusammenhang zu § 21 Satz 2 JVEG keinen Raum.
Die hauptsächlich mit der Auslegung der Vorgängervorschrift begründete Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (a.a.O.) vermag auch systematisch nicht zu überzeugen. Die teleologisch einschränkende historische Auslegung ist nur in wohlbegründeten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Sie kann zulässig sein, wenn die in den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzessystematik zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht eine analoge oder einschränkende Anwendung des Gesetzes auf gesetzlich nicht umfasste Sachverhalte gebietet und deswegen sowie wegen der Gleichheit der zu Grunde liegenden Interessenlage auch der nicht geregelte Fall hätte einbezogen werden müssen (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1984 – 6 RKa 36/83). Allerdings darf dabei dem Gesetz kein entgegenstehender Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Vorlagebeschluss vom 26. Juli 2010 – L 20 AY 13/09, zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen für eine vom Wortlaut abweichende einschränkende Auslegung einer Gesetzesnorm aus historischen Gründen hat das LSG Berlin-Brandenburg nicht beachtet. Es beschränkt sich in seiner Begründung im Wesentlichen auf die gesetzlichen Vorgängerfassungen des § 21 JVEG, in denen noch von der Hausfrau die Rede war und das Tatbestandsmerkmal "nicht erwerbstätig" fehlte, weil der Gesetzgeber "selbstverständlich davon ausging, dass die Hausfrau gemeint war" (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.). Das mag damals richtig gewesen sein, weil es sich bei der vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Bezug genommenen Regelung um § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) handelte, das bis zum 31. Dezember 1986 in Kraft war. Zu dieser Zeit war es eine gesellschaftliche Realität, dass viele Haushalte von Hausfrauen geführt wurden. Das reicht aber nicht aus, um den heutigen Willen des Gesetzgebers zu erforschen. Hierzu hätte das LSG Berlin-Brandenburg anhand der Gesetzesmaterialien zur Neuregelung des § 21 JVEG Hinweise für das historische Auslegungsergebnis finden müssen. Nur so hätte es nachweisen können, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff "nicht erwerbsfähig" in § 21 Satz 1 JVEG ausschließlich die "Nur-Hausfrau" bzw. der "Nur-Hausmann" gemeint hat. Hierfür finden sich jedoch keinerlei Hinweise. Die einschränkende Auslegung ist auch mit Blick auf die Vorgängervorschrift unplausibel, weil sich dann der Gesetzgeber viel enger an dem ursprünglichen Wortlaut der Vorgängerfassungen hätte orientieren müssen. Dies hat er jedoch offenbar bewusst nicht getan. Stattdessen hat er bereits in § 2 Abs. 3 Satz 2 ZuSEG in der Fassung vom 9. Dezember 1986 die Hausfrau nicht mehr genannt und den weiteren Begriff "nicht erwerbstätig" in die gesetzliche Formulierung aufgenommen. Das neue und auch erkennbar erweiternde Tatbestandsmerkmal "nicht erwerbstätig" wie es sich auch in § 21 Satz 1 JVEG findet, hat die Bezieher von Ersatzeinkommen einbezogen. Das ist nur folgerichtig, weil damit der gesellschaftliche Wandel in den letzten Jahrzehnten berücksichtigt wird, der einerseits zu einer höheren Erwerbstätigkeitsquote bei Frauen, anderseits zu einem signifikanten Anteil von Hausmännern geführt hat. Weitere Folge ist, dass beide Geschlechter in der Regel entweder Arbeitsentgelt oder Ersatzeinkommen beziehen. Deshalb erscheint es rechtspolitisch folgerichtig, neben den Personen, die einer reinen Haushaltsführung für mehrere Personen ohne jede Einkünfte nachgehen, auch die Bezieher von Ersatzeinkommen zu privilegieren. Das mag im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen führen, weil die Bezieher von geringen Einkommen schlechter gestellt sein können, als die Bezieher von Ersatzeinkommen. Solche Einzelfälle stellen aber nicht das Gesetz insgesamt in Frage und erfordern keine andere Auslegung.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Absatz 8 JVEG).
Die Entscheidung ist nicht weiter anfechtbar (§ 4 Absatz Satz 3 JVEG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt für die Zeit der Teilnahme an einem Erörterungstermin u.a. eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung in Höhe von 12,00 EUR je Stunde nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG).
Der Antragsteller bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Er ist der Sohn der Klägerin und von ihr durch eine umfassende Vorsorgevollmacht vom 17. August 2005 bevollmächtigt worden. Die Klägerin erhielt von der Beklagten Pflegeleistungen der Stufe II seit Dezember 2005 nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Am 31. März 2007 hat die Klägerin nach erfolglosem Verwaltungsverfahren eine Klage beim Sozialgericht Halle mit dem Ziel erhoben, die Beklagte zu Vorschusszahlungen zu verpflichten. Das Sozialgericht Halle hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 11. Juni 2009 abgewiesen. Mit der fristgerechten Berufung hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Am 14. April 2011 hat ein Erörterungstermin in der Zeit von 13.30 Uhr bis 14.15 Uhr stattgefunden. Der Rechtsstreit endete durch eine übereinstimmende Erledigungserklärung der Beteiligten. Der Berichterstatter des Senats hat mit Beschluss vom selben Tage das Erscheinen des Antragstellers nachträglich für geboten erklärt.
Der Antragsteller legte unter dem 14. April 2011 einen Antrag auf Entschädigung gemäß JVEG vor. Dieser enthielt unter der Ziffer 5 den Hinweis "weitere Entschädigungsansprüche nach dem JVEG: 12,00 EUR/Std. entgangene Hausarbeit". Auf seinen Antrag setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 20. April 2011 den entschädigungsfähigen Betrag auf 10,25 EUR fest. Diesen berechnete sie wie folgt:
Nachteilsentschädigung für 2 Stunden x 3,00 EUR 6,00 EUR
PKW-Kosten für 9 Km zu 0,25 EUR 2,25 EUR
Parkentgelt 2,00 EUR
Gesamtentschädigung 10,25 EUR.
Anspruch auf eine "Hausfrauenentschädigung" habe der Antragsteller nicht, da er keiner beruflichen, auf Einkommenserwerb ausgerichteten Tätigkeit nachgehe und auch kein Erwerbsersatzeinkommen beziehe. Am 27. April 2011 hat der Antragsteller die gerichtliche Festsetzung nach § 4 JVEG beantragt und zur Begründung vorgetragen: Er führe einen Mehrpersonenhaushalt mit seinem eingetragenen Lebenspartner und auch in dem Haushalt seiner Mutter entsprechend der erteilten Vorsorgevollmacht. Keinen der beiden Haushalte habe er während der Abwesenheit wegen des Erörterungstermins führen können. Leistungen nach dem SGB II hätte er nicht beanspruchen können, weil er für die Zeit der Verhandlung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß nach seinem schriftlichen Vorbringen,
die Entschädigung unter Berücksichtigung eines Betrages für entgangene Hausarbeit festzusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er vertritt die Ansicht, die von der Geschäftsstelle vorgenommene Entschädigung sei nicht zu beanstanden. Eine Entschädigung nach § 21 JVEG könne ausschließlich einer "Nur-Hausfrau" oder einem "Nur-Hausmann" zustehen, die über keinerlei Einkünfte verfügen. Dies sei beim Antragsteller, der Leistungen nach dem SGB II beziehe nicht der Fall. Rechtlich sei § 21 Satz 1 JVEG einschränkend auf "Nur-Hausfrauen" bzw. "Nur-Hausmänner" anzuwenden (vgl. auch Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Mai 2010 – L 2 SF 159/09, zitiert nach juris). Rentenempfänger und Leistungsbezieher nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) sowie dem SGB II seien nicht nach dieser Vorschrift entschädigungsberechtigt. § 21 Satz 1 JVEG bezwecke nur, eine Unterbewertung der Arbeit in Haushalt oder Familie zu vermeiden, nicht jedoch, eine Privilegierung von Beziehern von Erwerbsersatzeinkommen herbeizuführen.
Die Gerichtsakte sowie das Kostenheft haben dem Senat vorgelegen.
II.
Der Antrag hat Erfolg. Die Entschädigung des Antragstellers für die Wahrnehmung des Termins vom 14. April 2011 ist auf 28,25 EUR festzusetzen.
Nach § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird ein Beteiligter auf Antrag für Auslagen und Zeitverlust wie ein Zeuge entschädigt, soweit sein persönliches Erscheinen angeordnet war. Dies gilt auch für den Bevollmächtigtenvertreter, der wie ein Beteiligter nach § 202 SGG in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) erschienen ist (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008 zu § 191 Rdnr. 3). Nach der nachträglichen Anordnung des persönlichen Erscheinens vom 14. April 2011 ist der Antragsteller als Vertreter im Sinne des § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO anzusehen.
Nach § 21 Satz 1 JVEG können Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 12,00 EUR die Stunde geltend machen, wenn sie nicht erwerbstätig sind oder wenn sie teilzeitbeschäftigt sind und außerhalb ihrer vereinbarten regelmäßigen täglichen Arbeitszeit herangezogen werden. Diese Vorschrift ist auf den Antragsteller als Vertreter entsprechend anzuwenden. Er führt auch für seinen Lebensgefährten und seine Mutter einen eigenen Haushalt mit mehreren Personen im Sinne dieser Regelung.
Der Ansicht des Antragsgegners sowie der des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (a.a.O.) ist nicht zu folgen. Richtig ist es vielmehr, die Entschädigung auch bei der Erzielung von sonstigen Einkommensarten zu zahlen (vgl. wie hier Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15. Februar 2011 – L 6 SF 47/09 ERI, zitiert nach juris; Meyer/Höver, JVEG, 23. Auflage 2011 § 21 Rdn. 21.3; Hartmann, Kostengesetze 40. Auflage 2010, § 21 Rdn. 4). Der Begriff "nicht erwerbstätig" ist nicht einschränkend auf die Personengruppe von "Nur-Hausfrauen" oder "Nur-Hausmännern" auszulegen. Denn eine Erwerbstätigkeit wird von einem Rentner bzw. bei einem Leistungsbezieher nach dem SGB III bzw. SGB II ebenso wie bei einer "Nur-Hausfrau" oder einem "Nur-Hausmann" nicht ausgeübt. Sog. Ersatzeinkommensbezieher sind – genau wie diejenigen, die "nur" einer Haushaltsführung nachgehen – damit "nicht erwerbstätig" im Sinne des § 21 Satz 1 JVEG. Für diese am Wortlaut orientierte Auslegung spricht auch § 21 Satz 2 JVEG, wonach Teilzeitbeschäftigte, die außerhalb ihrer regelmäßigen Arbeitszeit gerichtlich in Anspruch genommen werden, die Entschädigung nach § 21 Satz 1 JVEG auch beanspruchen können, sofern sie nur einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen. Maßgebliches Abgrenzungskriterium für die Anwendung des § 21 JVEG ist daher die Frage, ob eine Erwerbstätigkeit oder eine konkret ausgeübte Teilerwerbstätigkeit ausgeübt wird. Für eine einschränkende Auslegung, wonach der Anspruch nur bei ausschließlicher Haushaltstätigkeit bestehen könne, lässt das Gesetz nach seinem Wortlaut und dem Zusammenhang zu § 21 Satz 2 JVEG keinen Raum.
Die hauptsächlich mit der Auslegung der Vorgängervorschrift begründete Auffassung des LSG Berlin-Brandenburg (a.a.O.) vermag auch systematisch nicht zu überzeugen. Die teleologisch einschränkende historische Auslegung ist nur in wohlbegründeten Ausnahmefällen gerechtfertigt. Sie kann zulässig sein, wenn die in den Gesetzesmaterialien oder der Gesetzessystematik zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht eine analoge oder einschränkende Anwendung des Gesetzes auf gesetzlich nicht umfasste Sachverhalte gebietet und deswegen sowie wegen der Gleichheit der zu Grunde liegenden Interessenlage auch der nicht geregelte Fall hätte einbezogen werden müssen (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1984 – 6 RKa 36/83). Allerdings darf dabei dem Gesetz kein entgegenstehender Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Vorlagebeschluss vom 26. Juli 2010 – L 20 AY 13/09, zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen für eine vom Wortlaut abweichende einschränkende Auslegung einer Gesetzesnorm aus historischen Gründen hat das LSG Berlin-Brandenburg nicht beachtet. Es beschränkt sich in seiner Begründung im Wesentlichen auf die gesetzlichen Vorgängerfassungen des § 21 JVEG, in denen noch von der Hausfrau die Rede war und das Tatbestandsmerkmal "nicht erwerbstätig" fehlte, weil der Gesetzgeber "selbstverständlich davon ausging, dass die Hausfrau gemeint war" (LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.). Das mag damals richtig gewesen sein, weil es sich bei der vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Bezug genommenen Regelung um § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) handelte, das bis zum 31. Dezember 1986 in Kraft war. Zu dieser Zeit war es eine gesellschaftliche Realität, dass viele Haushalte von Hausfrauen geführt wurden. Das reicht aber nicht aus, um den heutigen Willen des Gesetzgebers zu erforschen. Hierzu hätte das LSG Berlin-Brandenburg anhand der Gesetzesmaterialien zur Neuregelung des § 21 JVEG Hinweise für das historische Auslegungsergebnis finden müssen. Nur so hätte es nachweisen können, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff "nicht erwerbsfähig" in § 21 Satz 1 JVEG ausschließlich die "Nur-Hausfrau" bzw. der "Nur-Hausmann" gemeint hat. Hierfür finden sich jedoch keinerlei Hinweise. Die einschränkende Auslegung ist auch mit Blick auf die Vorgängervorschrift unplausibel, weil sich dann der Gesetzgeber viel enger an dem ursprünglichen Wortlaut der Vorgängerfassungen hätte orientieren müssen. Dies hat er jedoch offenbar bewusst nicht getan. Stattdessen hat er bereits in § 2 Abs. 3 Satz 2 ZuSEG in der Fassung vom 9. Dezember 1986 die Hausfrau nicht mehr genannt und den weiteren Begriff "nicht erwerbstätig" in die gesetzliche Formulierung aufgenommen. Das neue und auch erkennbar erweiternde Tatbestandsmerkmal "nicht erwerbstätig" wie es sich auch in § 21 Satz 1 JVEG findet, hat die Bezieher von Ersatzeinkommen einbezogen. Das ist nur folgerichtig, weil damit der gesellschaftliche Wandel in den letzten Jahrzehnten berücksichtigt wird, der einerseits zu einer höheren Erwerbstätigkeitsquote bei Frauen, anderseits zu einem signifikanten Anteil von Hausmännern geführt hat. Weitere Folge ist, dass beide Geschlechter in der Regel entweder Arbeitsentgelt oder Ersatzeinkommen beziehen. Deshalb erscheint es rechtspolitisch folgerichtig, neben den Personen, die einer reinen Haushaltsführung für mehrere Personen ohne jede Einkünfte nachgehen, auch die Bezieher von Ersatzeinkommen zu privilegieren. Das mag im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen führen, weil die Bezieher von geringen Einkommen schlechter gestellt sein können, als die Bezieher von Ersatzeinkommen. Solche Einzelfälle stellen aber nicht das Gesetz insgesamt in Frage und erfordern keine andere Auslegung.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Absatz 8 JVEG).
Die Entscheidung ist nicht weiter anfechtbar (§ 4 Absatz Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved