L 14 RA 231/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RA 61/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 231/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15. September 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.

Der im Jahre 1943 geborene Kläger hat von August 1957 bis September 1960 eine Lehre als Einzelhandelskaufmann in der Lebensmittelbranche durchlaufen und war bis Mai 1964 in diesem Beruf tätig. Nach einer Beschäftigung als Estrichleger (Mai bis Oktober 1964) war er von Oktober 1964 bis November 1986 - nahezu ununterbrochen - als Verkäufer, Verkaufsfahrer, Einkäufer, stellvertretender Versandleiter, Lagerleiter und Vertreter/Außendienstmitarbeiter ("Markenartikelreisender") von Januar 1981 bis Dezember 1986 tätig. Anschließend war er noch von Januar bis Juli 1988, September 1989 bis Januar 1990 sowie - als Filialleiter - vom 20.08. bis 27.11.1990 bei der N. Lebensmittelfilialbetrieb GmbH & Co. KG N. , Zweigbetrieb R. beschäftigt. Dieser Arbeitgeber beschrieb den Aufgabenbereich des Klägers mit Warendisposition, Warenaufbau, Personalführung und Personaleinsatz, Abrechnung der Umsätze mit der Zentrale, Vorbereitung für Bestandsaufnahme sowie Erledigung aller anfallenden schriftlichen Arbeiten (Zeugnis vom 30.11. 1990), vergütet nach Beschäftigungsgruppe V des Gehalttarifvertrags für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern (Arbeitgeberauskunft vom 25.01.1999). Laut späteren Angaben der Firma N. vom 17.04.2000, genaue Auskünfte waren nicht mehr möglich, unterstehen einem Filialleiter in einem Laden in der Größenordnung, wie ihn der Kläger betreute, ca. zwei bis drei Mitarbeiter; bei dieser Größenordnung sei es üblich, dass auch der Filialleiter körperlich bei der Warenannahme und beim Verräumen der Ware mitarbeite.

Ab 28.11.1990 bezog der Kläger kurzzeitig Krankengeld und vor allem Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe.

Am 23.06.1997 stellte er bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit und begründete diesen mit Wirbelsäulenbeschwerden, Rezidiv-Leistenhernie und Coxarthrose. Die Beklagte ließ vom Orthopäden Dr.B. das Gutachten vom 22.07.1997 erstellen. Dieser kam zu den Diagnosen "chronisches Lumbalsyndrom mit Einschränkung der Rumpfbeweglichkeit ohne radikuläre Symptomatik bei stärkeren Bandscheibenschäden in den Wirbelsegmenten L4/L5 und L5/S1, Cervikalsyndrom und Thorakalsyndrom ohne radikuläre Symptomatik mit endgradiger Bewegungseinschränkung des Kopfes und der Halswirbelsäule sowie begleitendem Schultersyndrom rechts ohne radikuläre Symptomatik bei leichteren Aufbrauchsveränderungen der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule sowie geringfügig beginnende Arthrose der Kniegelenke ohne Bewegungseinschränkung", weiterhin außerhalb des orthopädischen Fachgebiets zu den Diagnosen "chronische Gastritis, Zustand nach Leistenbruchoperation beidseits mit Restbeschwerden und psychosomatische Beschwerden". Dr.B. hielt den Kläger für fähig, vollschichtig im bisherigen Beruf und in Bereichen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig zu sein, wenn schweres Heben und Tragen über zehn Kilogramm und häufiges Bücken vermieden werden könnten.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.08.1997 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente ab, weil der Kläger noch vollschichtig im bisherigen Berufsbereich erwerbstätig sein könne. Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, es sei ihm vor allem wegen massiver Gesundheitsstörungen am Geh- und Stehapparat nicht möglich, regelmäßig vollschichtige Erwerbstätigkeiten zu verrichten. Hierzu wies er auf ein Kurzgutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 19.12.1991 hin, in dem Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden war mit der Empfehlung für den Kläger, Umschulungsmaßnahmen beim Arbeitsamt zu beantragen.

Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den erhobenen Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.1998 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg verfolgte der Kläger sein Begehren weiter und übersandte dem Gericht Arztbriefe. Dieses holte ärztliche Unterlagen ein (Befundbericht Dr.U. , Unterlagen des MDK Baden-Württemberg, Befundbericht Dr.B. mit Arztbriefen, Röntgenfilme) sowie die Arbeitgeberauskunft vom 25.01.1999 ein. Anschließend bestellte es den Orthopäden Dr.H. zum ärztlichen Sachverständigen.

Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 25.06.1999: 1. chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom mit deutlichen degenerativen Veränderungen der unteren beiden Lendenwirbelsäulensegmente bei einer mittelgradigen Funktionseinschränkung ohne neurologische Beschwerdesymptomatik (Anmerkung: Finger-Boden-Abstand zehn Zentimeter), 2. rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom bei nur leichten Funktionseinschränkungen und nur leichten degenerativen, fast altersentsprechenden röntgenologischen Veränderungen, 3. rezidivierendes Rotatorenmanschettensyndrom der Schultern ohne ausgeprägte Funktionseinschränkung, 4. leichter teilfixierter Rundrücken bei leichten bis mittelgradigen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, 5. röntgenologische degenerative Veränderungen der Kniegelenke, zur Zeit ohne Funktionseinschränkung, 6. Hohl-Spreizfuß mit Verschleißerscheinungen der Großzehengrundgelenke bei leichter statischer Insuffizienz und 7. psychosomatische Beschwerdeüberlagerung, sowie auf fachfremdem Gebiet eine rezidivierende Magenschleimhautentzündung, einen Bluthochdruck und einen Zustand nach Leistenbruch-Operation beidseits ohne Rezidiv mit subjektiven Restbeschwerden. Der Sachverständige führte aus, dass im Vordergrund der Behinderungen des Klägers degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere im unteren Lendenwirbelsäulenabschnitt, stünden; zu berücksichtigen sei hier, dass es bisher zu keiner Wurzelreizsymptomatik gekommen sei. Allerdings ließen sich die geltend gemachten Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule sowie auch im Schulter-Arm-Bereich aufgrund der klinischen und röntgenologischen Untersuchung nicht ganz einordnen, weil sowohl bei der klinischen als auch bei der röntgenologischen Untersuchung keine ausgeprägten Funktionseinschränkungen feststellbar gewesen seien, außerdem keine ausgeprägten degenerativen Veränderungen nachzuweisen seien. Nach Aktenlage seien neurologische Beschwerden nie dokumentiert worden und vorhanden gewesen. Das Beschwerdebild sei durch die Persönlichkeitsstruktur des Klägers eindeutig überlagert. Die übrigen nachgewiesenen Veränderungen von Seiten des Haltungs- und Bewegungsapparats, d.h. die röntgenologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen der Kniegelenke sowie der Hüften, seien zur Zeit stumm und ohne klinische Relevanz. Die statischen Beschwerden im Bereich der Füße aufgrund der Hohlfußstellung und des beginnenden Verschleißes der Großzehengrundgelenke könnten durch entsprechendes Schuhwerk ohne Weiteres ausgeglichen werden. Dem Kläger seien leichte und überwiegend mittelschwere Arbeiten im Sitzen und im Stehen, teils in wechselnder Stellung, zumutbar. Vermieden werden sollten Stress, Tätigkeiten überwiegend in gehockter, gebückter Zwangshaltung, Überkopfarbeit, Hitze, ausgeprägte Temperaturschwankungen sowie allergieauslösende Substanzen (Kalium, Dicromat, Palladium). Unter Zugrundelegung der "Berufsprofile für die arbeits- und sozialmedizinische Praxis", Bl.689 f., und des Grundwerks ausbildungs- und berufskundlicher Informationen ("gabi") - Verkaufssachbearbeiter -, Bl.75, sei das Vollbild des Kaufmanns im Einzelhandel nicht mehr gewahrt, da hier doch eine freie Belastbarkeit der Wirbelsäule mit Hebe- und Tragebelastung sowie Tätigkeiten in gehockter, gebückter Zwangshaltung teils gefordert würden. Tätigkeiten als Verkaufsleiter und Verkaufssachbearbeiter seien dem Kläger aber ohne Weiteres möglich. Dieses Leistungsbild gelte seit Antragstellung.

Hierzu nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass wegen der massiven degenerativen Veränderungen seiner Wirbelsäule die Ausübung der Tätigkeit eines Verkaufsleiters mit dem geforderten Heben und Tragen von Lasten sowie der nicht zu vermeidenden gehockten und gebückten Zwangshaltung nicht mehr zumutbar sei; auch bei der Tätigkeit eines Verkaufssachbearbeiters fielen Arbeiten in Zwangshaltungen und vor allem aufgrund des bestehenden Zeitdrucks Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung an, so dass bei ihm zumindest Berufsunfähigkeit vorliege.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15.09.1999 ab, weil der Kläger nicht berufsunfähig sei und damit auch erst recht nicht erwerbsunfähig. Die Tätigkeit eines Verkaufsleiters sei typischerweise überwiegend leicht und, soweit die Unterstützung des Personals gefordert werde, allenfalls zeitweise mittelschwer. Nur ergänzend werde dem Kläger die Tätigkeit eines Verkaufssachbearbeiters benannt; hierbei handle es sich lediglich um eine besondere Form des Berufs des Einzelhandelskaufmanns laut "gabi", Heft Nr.681a Abschnitt B 7.2.03., wonach im Übrigen die Tätigkeit in einer körperlich leichten Bürotätigkeit bestehe.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung macht der Kläger geltend, er könne nicht als Verkaufsleiter arbeiten, weil bei dieser Tätigkeit auch schweres Heben und Tragen gefordert werde sowie Tätigkeiten in gehockter und gebückter Zwangshaltung beim Warenaufbau und Bestücken der Verkaufsregale anfielen. Dies würden seine Gesundheitsstörungen an der Wirbelsäule und am Geh- und Stehapparat nicht erlauben. Als Verkaufssachbearbeiter könne er nicht tätig sein, weil Arbeiten in Zwangshaltungen (Bildschirm) zu verrichten seien, außerdem Tätigkeiten mit Zeitdruck, obwohl er besondere nervliche Belastungen meiden müsse. Weiterhin sei bei ihm die Umstellungsfähigkeit nicht mehr gegeben.

Die Beklagte wies darauf hin, dass für den Kläger ein qualifizierter Berufsschutz bestehe. Er sei als Filialleiter eines Lebensmittelmarkts tätig gewesen, nach der Gehaltsgruppe V des Tarifvertrags für die Angestellten im Einzelhandel Bayern, damit in der höchsten im Einzelhandel zu erreichenden Lohnstufe, die für Angestellte in leitender Tätigkeit vorgesehen sei. In der Gehaltsgruppe V seien beispielsweise Einkäufer, Abteilungsleiter, Leiter der Dekorationsabteilung, Ausbildungsleiter, Hauptkassenleiter, Leiter von Haupt- und/oder Zentralläden und/ oder Versandabteilungen, Bezirksleiter und Filialrevisoren in Lebensmittelbetrieben, Leiter des Fuhrparks und Leiter technischer Abteilungen. Es handle sich damit um eine Tätigkeit, die mit selbständiger und verantwortlicher Aufgabenstellung einhergehe und alle herausragenden Positionen im Gesamtgefüge des Einzelhandels darstelle. Allein aus der tariflichen Einstufung und der Beschreibung der Tätigkeitsmerkmale sei abzuleiten, dass es sich bei der Tätigkeit als Filialleiter im Wesentlichen um eine aufsichtsführende und organisatorisch-administrative Tätigkeit handele. Es sei eine Führungsposition, die als körperlich leicht einzuschätzen sei und in wechselnder Körperhaltung ausgeübt werden könne. Diese Tätigkeit sei mit einem eigenen Büro verbunden, aufgrund der Weisungsbefugnis könnten Arbeiten an die unterstellten Arbeitskräfte übertragen werden. Des Weiteren bestehe für den Filialleiter immer die Möglichkeit, seine Tätigkeiten in Anlehnung an die zu erfüllenden Aufgaben weitestgehend selbständig zu bestimmen.

Der Filialleiter müsse über alle Kenntnisse und Fähigkeiten eines Einzelhandelskaufmanns und über zusätzliche erhebliche Berufserfahrung verfügen. Er müsse innerhalb seiner Aufgaben- stellungen die Übersicht behalten und selbständig und verantwortungsvoll handeln. Ihm oblägen die Prüfung und Steuerung des gesamten Arbeitsablaufs, der Warenströme und die Abrechnung. Grundsätzlich sei der Kläger weiterhin in der Lage, eine Tätigkeit als Filialleiter auszuüben. Auf die besonderen Bedingungen eines spezifischen Arbeitsplatzes komme es bei der Prüfung des Rentenanspruchs nicht an, es sei von den typischen Anforderungen an die entsprechende Berufsgruppe auszugehen (BSG vom 26.09.1974 - 5 RJ 98/72). Wenn der Kläger der Meinung sei, dass er als Filialleiter nicht mehr tätig sein könne, bedinge das noch nicht Berufsunfähigkeit, weil geeignete Verweisungstätigkeiten, unter anderem die eines Verkaufssachbearbeiters, bestünden. Es handle es sich hier um eine reine Bürotätigkeit, die nicht mehr mit dem Verkauf in den entsprechenden Verkaufsräumen verbunden sei. Die Aufgabenstellung sei jedoch durchaus vergleichbar. Es würden Waren unter Berücksichtigung des vorhandenen Lagerbestandes und des zu erwartenden Warenabflusses bestellt, Kosten und Qualität der Ware verschiedener Anbieter verglichen, neue Sortimente in das Verkaufsangebot übernommen, Liefertermine und Lieferbedingungen überwacht und die Zusammenarbeit mit den einzelnen Verkaufsabteilungen im Haus gepflegt. Eine sachbearbeitende Tätigkeit finde an einem sogenannten Mischarbeitsplatz statt. Sie umfasse die papiermäßige Bearbeitung von Geschäftsvorgängen, gleichgültig sei es hierbei, ob es sich um Aufgaben aus dem Bereich des Personalwesens, des Finanz- oder Rechnungswesens, der kaufmännischen Materialverwaltung, des vertrieblichen Innendienstes, des Ein- und Verkaufs usw. handele. Neben rein manuellen Tätigkeiten (z.B. Bedienung eines Arbeitsplatzcomputers und des Telefons, Entwürfe von Schriftsätzen usw.) stehe jedoch die geistige Arbeitsleistung im Vordergrund. Während des Arbeitstages überwiege die sitzende Haltung, für einen Sachbearbeiter bestehe jedoch jederzeit die Möglichkeit, die Körperhaltung zu wechseln und sich im Raum frei zu bewegen. Zwangshaltungen entstünden dabei nicht (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 28.04.1995 - L 6 An 60/94). Da davon auszugehen sei, dass der Kläger aufgrund seiner qualifizierten Tätigkeit als Filialleiter über Kenntnisse im Umgang mit modernder Bürotechnik verfüge, sei keine über die von der BSG-Rechtsprechung hinausgehende Einarbeitungszeit von drei Monaten zu erwarten. Unabhängig davon sei die Bedienung von Computern innerhalb weniger Tage erlernbar, im Allgemeinen werde eine Einweisungszeit von ein bis zwei Wochen angegeben.

Der Senat hat Befundberichte des Internisten Dr.H. , Nachfolger des Dr.U. (mit ärztlichen Unterlagen), des Allgemeinarztes Dr.B. (mit ärztlichen Unterlagen) und des Chirurgen Dr.K. eingeholt, die Schwerbehindertenakte des AVF Würzburg und die Leistungsakte des Arbeitsamts Würzburg (mit ärztlichen Unterlagen) sowie Röntgenfilme verschiedener Ärzte beigezogen, weiterhin das von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebene berufskundliche Heft "gabi" Nr.681a - Kaufmann im Einzelhandel.

Weiterhin hat der Senat den Internisten und Betriebsmediziner Prof.Dr.Z. , den Psychiater Dr.B. und den Orthopäden Dr.H. zu ärztlichen Sachverständigen ernannt. Prof.Dr.Z. kam in seinem Gutachten vom 25.05.2000 zu den Diagnosen "labile Hypertonie ohne kardiale Ausgleichserscheinungen, chronische Gastritis, degenerative Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenveränderungen, Bandscheibenprotrusionen (L4/5 und L5/S1) ohne raumfordernde Wirkung, Verschleißerscheinungen an den Schulter- und Kniegelenken sowie Adipositas". Er war der Ansicht, der Kläger sei als Filialleiter in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt, da er z.B. auch zur Überprüfung des Warenbestands Leitern ersteigen und gelegentlich auch bei Hubarbeiten zupacken müsse, was ihm nicht mehr zumutbar sei. Nicht wesentlich gesundheitlich beeinträchtigt werde der Kläger aber bei einer Tätigkeit aus dem Berufskreis eines Verkaufssachbearbeiters, eines Einkaufssachbearbeiters und eines Einkaufleiters im Teilbereich Lebensmittel eines Waren- und Kaufhauses. Vor allem im Hinblick auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts seien dem Kläger schwere Arbeiten, Arbeiten ausschließlich im Gehen, Stehen oder Sitzen, Arbeiten im Freien, Heben und Tragen über Lasten von zehn Kilogramm, Treppensteigen, häufiges Bücken sowie Arbeiten auf Leitern und Gerüsten nicht mehr zumutbar. Seine beruflichen Tätigkeiten könne der Kläger täglich vollschichtig ausführen, die Gehfähigkeit sei erhalten.

Dr.B. stellte in seinem Gutachten vom 17.08.2000 nach Untersuchung des Klägers und psychologischem Test (Diplom-Psychologe H. ) fest, es bestehe kein Hinweis für ein eigenständiges psychiatrisches Krankheitsbild bzw. eine umschriebene psychiatrische Diagnose. Insbesondere ergäbe sich kein Anhalt für den von seinem Kollegen E. in einem Arztbrief aus dem Jahre 1991 vermuteten Alkoholabusus und eine psychopathologische Entwicklung. Beim Kläger bestehe nur eine gewisse Übernachhaltigkeit und zum Teil Gereiztheit als Persönlichkeitsakzentuierung im Bereich des Normalpsychischen, aber keine Persönlichkeitsstörung.

Dr.H. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 09.10.2000 "Einschränkung der Funktion und der Belastbarkeit der Wirbelsäule bei deutlichen degenerativen Veränderungen der unteren beiden Lendenwirbelsäulensegmente und gleichzeitig teilfixiertem Rundrücken ohne beständige Nervenwurzelreizerscheinung; Verschleißerscheinungen in beiden Kniegelenken, bisher ohne funktionelle Beeinträchtigung; leichte Rotatorenmanschettendegeneration in beiden Schultergelenken ohne ernsthafte funktionelle Beeinträchtigung; Zehendeformierung beidseits, Verschleißerscheinungen im jeweiligen Großzehengrundgelenk; psychosomatische Beschwerdeüberlagerung". Behindert werde der Kläger insbesondere in der Tätigkeit des Filialleiters und in den sonstigen vom Senat benannten Verweisungsberufen, sofern diese Tätigkeiten mit dem Heben und Tragen von schweren Lasten sowie mit Überkopfbewegungen einhergingen. Im Übrigen sei an qualitativen Einschränkungen zu berücksichtigen, dass dem Kläger nicht mehr schwere Tätigkeiten sowie Tätigkeiten ausschließlich im Gehen, ausschließlich im Stehen oder ausschließlich im Sitzen zumutbar seien, ebenso wenig das Heben und Tragen von Lasten von über zehn Kilogramm, Tätigkeiten beständig über Kopf, beständig im Hocken und Knien, beständig mit Treppensteigen, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und in einseitig fixierter körperlicher Zwangshaltung insbesondere im Bücken sowie ungünstige äußere Einflüsse, insbesondere Tätigkeiten beständig im Freien. Die Gehfähigkeit des Klägers sei erhalten.

Der Kläger nimmt hierzu dahingehend Stellung, dass sich aus dem Gutachten des Dr.H. vom 09.10.2000 das Vorliegen von Berufsunfähigkeit ergebe. Denn der Beruf des Filialleiters sei mit dem Heben und Tragen von schweren Lasten und mit Überkopfbewegungen verbunden. Er könne als Filialleiter nicht zusehen, wie sich seine Mitarbeiter mit schwerer Arbeit abmühten, sondern müsse mit gutem Beispiel vorangehen und bei manuellen Tätigkeiten mithelfen. Die sonstigen Tätigkeiten, die der Gutachter außerdem aufgezeigt habe, seien nicht zumutbar, da er weder lange sitzen dürfe noch mit Schreibmaschine oder Computer umgehen könne. Außerdem legt der Kläger den Arztbrief des Orthopäden Dr.B. vom 07.11.2000 vor, laut dem aufgrund von Röntgenaufnahmen eine mediale Gonarthrose beidseits festgestellt wurde, wobei sich sonographisch und bei körperlicher Untersuchung kein Gelenkerguss, keine Gelenkhautentzündung oder sonstiger pathologischer Befund ergab.

Im Mai 2001 legt der Kläger "zum Nachweis einer wesentlichen Befundbeschlechterung im Vergleich zum orthopädischen Gutachten vom 09.10.2000 einen Arztbrief der Orthopädin Dr.B. vom 04.04.2001 sowie eine Verschreibung (Schuheinlagen mit ein Zentimeter Erhöhung rechts) vor. Aus dem Arztbrief geht die Diagnose eines Wirbelsäulensyndroms bei degenerativen Veränderungen und Fehlhaltung der Wirbelsäule hervor. Mit Schreiben vom 21.05.2001 hat der Senat den Kläger darauf hingewiesen, dass ein Beckenschiefstand in gewissen Grenzen, z.B. bis zwei Zentimeter, ohne Belang für die sozialmedizinische Begutachtung sei, und im Übrigen sich keine maßgebenden Abweichungen von den letzten Röntgenbefunden ergäben, ebenso wenig neue Gesichtspunkte. Außerdem beruft sich der Kläger auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.08.1997 - 17 RJ 29/95.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 15.09.1999 sowie den Bescheid vom 08.08.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Rente wegen Berufs-, hilfsweise wegen Erwerbsunfähigkeit, ab 01.07.1997 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen und der von der Beklagten vorgetragenen berufskundlichen Erkenntnisse, wird hierauf sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akten und Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG), in der Hauptsache aber nicht begründet.

Geminderte Erwerbsfähigkeit (Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit) liegt seit dem im Jahre 1997 gestellten Rentenantrag nicht vor; ebenso wenig sind die Voraussetzungen für die seit dem Jahre 2001 an die Stelle der geminderten Erwerbsfähigkeit getretenen teilweisen oder vollen Erwerbsminderung erfüllt.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können ... Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs.2 Sätze 1 bis 4 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung bis 31.12.2000). Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630,00 Deutsche Mark übersteigt; ... Erwerbsunfähig ist nicht, wer ... eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 SGB VI Fassung bis 31.12.2000).

Im Vordergrund der Gesundheitsstörungen des Klägers stehen diejenigen auf orthopädischem Gebiet, und hier wiederum die degenerativen Veränderungen an der Wirbelsäule mit Rundrückenbil- dung. An der Lendenwirbelsäule finden sich deutlich verformende Veränderungen der unteren beiden Segmente mit erheblicher Höhenminderung der Bandscheibenräume L4/L5 und L5/S1; die Bewegung der Lendenwirbelsäule waren nach den drei im Rentenverfahren und im Rechtsstreit eingeholten orthopädischen Gutachten Einschränkung - gesamtbewertend - daraus resultiert, dass die genannten Segmente blockiert und die übrigen Segmente der Lendenwirbelsäule frei entfaltbar waren.

Die degenerativen Veränderungen an der Halswirbelsäule sind mäßiger Art. Wesentliche Bewegungseinschränkungen sind nicht vorhanden. Dr.H. hatte in seinem Gutachten vom 25.06.1999 eine minimale Rotationseinschränkung festgestellt, Dr.H. in seinem Gutachten vom 09.10.2000 eine freie Beweglichkeit.

Daneben liegt eine leichte Rotatorenmanschettendegeneration beider Schultergelenke vor, wobei die Beweglichkeit der Arme nicht eingeschränkt ist. Dr.H. stellte lediglich einen endgradigen Bewegungsschmerz links bei uneingeschränkter Schulterbeweglichkeit und ohne Einschränkung der funktionellen Griffformen fest. Dr.H. konnte durch röntgenologische, sonographische und körperliche Untersuchung dies bestätigen; eine endgradig begrenzte Beweglichkeit zeigte sich - bei Ablenkung des Klägers - auch bei der Untersuchung durch Dr.H. nicht, und die technischen Untersuchungen ergaben keine wesentlichen Defekte.

Hinsichtlich der Kniegelenke des Klägers ist eine leichte Kniearthrose beidseits festzustellen. Dr.H. befundete eine beginnende mediale Gonarthrose rechts und eine leichte mediale Gonarthrose mit initialer Retropatellararthrose links ohne Anzeichen eines Ergusses. Ebenso stellte Dr.H. leichte Verschleißerscheinungen fest. Bewegungseinschränkungen konnten beide Sachverständigen nicht feststellen, ebenso wenig eine Bandschädigung, einen Gelenkerguss oder Entzündungszeichen. Damit konform geht der vom Kläger eingereichte Befundbericht des Orthopäden Dr.B. vom 07.11.2000.

Weiterhin bestehen noch eine Zehendeformierung beidseits mit Verschleißerscheinungen im jeweiligen Großzehengrundgelenk.

Die Gesundheitsstörungen des Klägers auf orthopädischem Gebiet haben sich seit Rentenantrag nicht wesentlich geändert. Keine sozialmedizinisch relevanten Gesichtspunkte erbringen der vom Kläger geltend gemachte Beckenschiefstand (Arztbrief vom 04.04. 2001) und eine Verschreibung vom 09.05.2001. Der Beckenschiefstand findet im Arztbrief der Orthopädin Dr.B. - wohl wegen der Geringfügigkeit - keine Erwähnung. Aus der Verschreibung geht hervor, dass der Kläger ein paar Schuheinlagen (wegen Spreizfüße) mit Absatzerhöhung wegen Beckenschiefstands rechts um 1 Zentimeter tragen soll. Hier handelt es sich um einen (weit verbreiteten) minimalen Befund, dem keine Bedeutung zukommt, weil der Schiefstand gering ist und ohne Weiteres vom Kläger durch zumutbare Hilfsmittel ausgeglichen werden kann.

Aus den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet resultiert keine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers. Erhebliche funktionelle Einschränkungen bestehen noch nicht. Hinsichtlich der Veränderungen an Hals- und Lendenwirbelsäule ist darauf hinzuweisen, dass alle im Renten- und Gerichtsverfahren tätig gewordenen Gutachter neurologische Ausfallserscheinungen nicht objektivieren konnten und solche auch nicht aus den aktenkundigen Arztbriefen hervorgehen. Den Eindruck einer psychosomatischen Beschwerdeüberlagerung, den Dr.H. gewonnen hatte, nachdem eine deutliche Diskrepanz zwischen den erhobenen Befunden und den vom Kläger vorgetragenen Beschwerden bestanden hat, ist durch das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Dr.B. weitgehend ausgeräumt. Ein psychosomatisches Beschwerdebild besteht nicht; vorweg ist hier zu berücksichtigen, dass jede körperliche Erkrankung eine gewisse psychische Komponente besitzt, wobei der Kläger regelhafte Bewältigungsstrategien aufgezeigt hat und seine Reaktionsweisen noch im Bereich der Norm liegen. Insoweit ist die fachärztlich kompetente Ansicht des Dr.B. dem des Orthopäden Dr.H. vorzuziehen.

Aus dem Gesamtbild der Beschwerden auf orthopädischem Gebiet ergibt sich, dass der Kläger nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (ohne Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm) nicht ausschließlich im Gehen, ausschließlich im Stehen oder ausschließlich im Sitzen ausüben kann. Ungünstige äußere Einflüsse, insbesondere Tätigkeiten beständig im Freien, sollten wegen der Wirbelsäule vermieden werden, und Tätigkeiten beständig über Kopf wegen der Rotatorenmanschettendegeneration. Wegen der Wirbelsäule und Kniegelenke sind außerdem Arbeiten mit beständigem Hocken und Knien sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, ständiges Treppensteigen und Arbeiten in einseitig fixierter körperlicher Zwangshaltung, insbesondere im Bücken, unzumutbar. Die vom Orthopäden Dr.H. vorgesehene weitere Einschränkung, die Vermeidung von Stress, hat zu entfallen, weil sie auf einer angenommenen psychosomatischen Beschwerdeüberlagerung und Diagnosen auf fachfremdem Gebiet zurückgeht, und von den insoweit kompetenten anderen Sachverständigen nicht bestätigt werden konnte.

Auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet sind Gesundheitsstörungen nicht objektivierbar. Der Neurologe und Psychiater Dr.E. (Arztbrief in den vom Senat beigezogenen ärztlichen Unterlagen des Dr.B.) hatte zwar eine gutachterliche Äußerung zu einer Reha-Maßnahme im Jahre 1991 abgegeben (s. auch den Arztbrief vom 19.11.1991 an Dr.W.) und hierbei Alkoholabusus (vorherige Entwöhnungsbehandlung nicht erforderlich), psychopathische Entwicklung und Verdacht auf Lendenwirbelsäulensyndrom diagnostiziert. Die Diagnosen konnten aber in der Folgezeit nicht durch fachärztliche Untersuchungen bestätigt werden. Der Kläger selbst hat bei der Untersuchung des Dr.B. (Gutachten vom 17.08.2000) einen exzessiven Alkoholgenuss in der Vergangenheit verneint, und einschlägige neurologische und internistische Befunde wurden bis dahin auch nicht erhoben. Laut Arztbrief des Dr.S. vom 11.06.1991 (in der beigezogenen Schwerbehindertenakte) hat der Kläger ehemals vier Flaschen Bier täglich getrunken, wobei an Auswirkungen lediglich ein mäßig erhöhter Gamma-GT-Wert zu beobachten gewesen ist. Auch diesen Alkoholgenuss hat der Kläger eingestellt, so dass später normale Leberwerte festgestellt worden sind.

Auch für eine psychopathologische Entwicklung, so Dr.E. im Jahre 1991, ergaben sich damals und vor allem für die im Streit stehende Zeit ab 1997 keine hinreichenden Anhaltspunkte. Zu Recht hat Dr.B. darauf hingewiesen, dass möglicherweise eine gewisse Übernachhaltigkeit, Gereiztheit und Empfindlichkeit in persönlichen Angelegenheiten missdeutet worden ist. Jedenfalls kann die Diagnose mangels hinreichender Befundbeschreibung nicht nachvollzogen werden, und in den Folgejahren und insbesondere ab Rentenantragstellung (1997) ist die Krankengeschichte "leer". Es findet sich nur noch ein nervenärztliches Teilgutachten des Dr.B. vom 24.11.1994 im Schwerbehindertenverfahren, wobei das psychische Befinden des Klägers durchaus als kompensiert beschrieben worden ist und keine Anhaltspunkte für eine hirnorganische Beeinträchtigung oder ein endogen psychotisches Geschehen bestanden hätten. Eine Gesundheitsstörung von Krankheitswert konnte Dr.B. nicht feststellen; lediglich nach anamnestischen Angaben des Klägers konstatierte dieser Arzt eine gewisse Neigung zu Verstimmungszuständen. Eine einschlägige und umfangreiche Untersuchung des Klägers - und zwar auch erstmals unter Zuhilfenahme psychologischer Tests - hat lediglich Dr.B. vorgenommen. Auch hierbei hat sich der Zustand des Klägers als kompensiert gezeigt, so dass in der Zeit ab dem Jahre 1997 mangels entgegenstehender Anhaltspunkte bzw. Nachweise von der von Dr.B. angenommenen "Befundkonstanz" ausgegangen werden muss.

Auf internistischem Gebiet liegen eine labile Hypertonie ohne kardiale Ausgleichserscheinungen, eine chronische Gastritis und eine Adipositas (87 Kilogramm bei 166 Zentimeter Körpergröße) vor. Ergometrisch war der Kläger bei der Untersuchung des Prof. Dr.Z. mit bis zu 100 Watt belastbar, was leichten bis mittelschweren vollschichtigen Arbeiten entspricht, nachdem ischämische oder sonstige pathologische Zeichen im EKG nicht aufgetreten sind. Die übrigen von Prof.Dr.Z. vorgesehenen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit des Klägers resultieren aus der Mitbegutachtung der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet und sind von Dr.H. bereits berücksichtigt worden.

Mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ist der Kläger nicht mehr in der Lage, den zuletzt ausgeübten Beruf eines Filialleiters auszuüben. Dies gilt für die konkret zuletzt ausgeübte Tätigkeit, wobei die vom Kläger vorgebrachte körperliche Mitarbeit glaubhaft erscheint. Mittelbar bestätigt wird dies auch durch "gabi" Nr.681a (Kaufmann im Einzelhandel) Abschnitt A 3.2, wobei für den Einzelhandelskaufmann im Verkaufsbereich neben leichten Büroarbeiten zeitweise auch mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten (u.a. Hebearbeiten im Lager) anfallen. Erfahrungswerte, ab welcher Betriebsgröße bei einem Filialleiter, der den Verkäufern und ungelernten sowie angelernten Kräften (u.a. Verkaufs- und Ladenhilfe, Lager- u. Bürohilfskräfte) vorsteht ("gabi" Abschnitt B 0.3), zeitweise körperliche Mitarbeit mindest mittelschwerer Art nicht mehr üblich ist bzw. erwartet wird, liegen nicht vor. Zwar ist der Beklagten einzuräumen, dass bei dem bisherigen Beruf des Klägers auf die typischen Anforderungen dieser Berufsgruppe und nicht auf die besonderen Bedingungen eines konkreten Arbeitsplatzes (hier in einer kleinen Lebensmittelfiliale) abzustellen ist; der Senat kann aber nicht ohne berufskundliche Auskünfte oder ohne andere entsprechende Grundlagen unterstellen, dass Filialleiter ohne (betrieblich übliche bzw. erwartete) körperliche Mitarbeit in einem Teil der Lebensmittelfilialen tätig sind (und eine hinreichende Anzahl solcher Arbeitsplätze auch vorhanden sind).

Damit steht dem Kläger aber noch keine Rente wegen Berufsunfähigkeit zu. Er muss sich auf alle gleichwertigen oder nächst niedrigeren Tätigkeiten verweisen lassen, die er noch mit seinem eingeschränkten Erwerbsvermögen ausüben kann. Heranzuziehen sind hierbei die vom BSG gebildeten Berufsgruppen: unausgebildete Angestellte (Ungelernte), Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Angelernte), Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren (Ausgebildete) und Angestellte hoher beruflicher Qualität. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Kläger generell auf Tätigkeiten eines Einzelhandelskaufmanns in der Gruppe der "Ausgebildeten" verweisbar, denn der vom Kläger gelernte (und ausgeübte) Beruf erfordert eine Ausbildungszeit von drei Jahren ("gabi" Abschnitt A 0.1). Zur Kerntätigkeit eines Einzelhandelskaufmanns gehören zwei große Bereiche, einmal der Verkaufsbereich mit Kundenberatung, Verkaufsförderung und Werbung, zum anderen die sonstige Umgebung mit Warenbeschaffung, Einkauf, Lager, Versand, Verwaltung und Warenwirtschaft ("gabi" Abschnitt B 0.1). Nur im Verkaufsbereich wird zeitweise auch mittelschwere bis schwere körperliche Arbeit gefordert sowie zum Teil Bücken, Hocken, Überkopfarbeit und Gebrauch von Leitern. Im Bürobereich fallen jedoch leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen an ("gabi" Abschnitt A 3.2). Möglicherweise kommt es in diesem Bereich auch teilweise zu Zeitdruck ("gabi" a.a.O.). Der Kläger kann sich jedoch nicht darauf berufen, dass er Arbeiten unter Zeitdruck und sonstigen Stresseinwirkungen nicht verrichten kann. Hier handelt es sich um eine Einschränkung des Erwerbsvermögens, die von dem nicht fachkundigen Orthopäden Dr.H. in erster Instanz aufgestellt worden ist, wohingegen der erstmals im Streitverfahren tätig gewordene Psychiater Dr.B. und der Internist Prof.Dr.Z. eine solche Einschränkung nicht vorgesehen haben.

Der Senat hat in das Streitverfahren drei Verweisungstätigkeiten laut "gabi" eingeführt, den Verkaufssachbearbeiter, den Einkaufssachbearbeiter und den Einkaufsleiter im Teilbereich Lebensmittel eines Waren- und Kaufhauses. Alle diese Tätigkeiten gehören zum Kernbereich eines Einzelhandelskaufmanns und sind auch im Ausbildungsplan für den Einzelhandelskaufmann vorgesehen ("gabi" Abschnitt 5). Der Kläger hat auch entsprechende Tätigkeiten (Einkaufen, Reklamationsabwicklung, Lagerleitung, Büroarbeiten) laut seinen eigenen Angaben verrichtet.

Der Einwand, nicht mit einem Computer umgehen zu können, hielt der Senat nicht für stichhaltig. Schließlich muss der Kläger am Computer keine Installationsarbeiten durchführen oder sonstige umfassende Kenntnisse haben, sondern lediglich einige Programme - z.B. zum Bestellen von Waren - bedienen, die der jeweilige Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Hierbei ist lediglich eine kurze Einarbeitungszeit unter drei Monaten erforderlich. Insoweit weist der Senat darauf hin, dass der Kläger - laut Auskunft seines Arbeitgebers - die Umsätze mit der Zentrale abzurechnen, die Bestandsaufnahme vorzubereiten und alle anfallenden schriftlichen Arbeiten zu erledigen hatte; außerdem oblag ihm die Warendisposition. Zu diesem Aufgabenfeld gehört auch die Warenbestellung und Mitteilung der verkauften Artikel, die laut Kassenabrechnungen ohnehin aufgelistet sind. Insoweit musste der Kläger auch früher schon mit Büro- und Schreibtechniken umgehen.

Berufsunfähigkeit kann somit nicht festgestellt werden; umso weniger liegt Erwerbsunfähigkeit vor, denn diese setzt weitaus größere Einschränkungen des Erwerbsvermögens als die Berufsunfähigkeit voraus. Der Hilfsantrag des Klägers, anstelle der Berufsunfähigkeitsrente gegebenenfalls die (höhere) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beantragen, war unbehelflich.

Ein Rentenanspruch steht dem Kläger auch nicht aufgrund des am 01.01.2001 in Kraft getretenen geänderten § 43 SGB VI zu. Danach ist ein Anspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung gegeben, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Absatz 1 Satz 2), und wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte unter den gleichen Voraussetzungen außerstande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Absatz 2 Satz 2). Nach dieser neuen Vorschrift ist eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht mehr vorgesehen, und die Voraussetzung für den Rentenbezug ist nunmehr ein unter sechs Stunden täglich abgesunkenes Erwerbsvermögen.

Soweit sich der Kläger auf das Urteil des BSG vom 19.08.1997, a.a.O., bezogen hat, vermag der Senat hieraus keine für einen Rentenanspruch günstigen Gesichtspunkte abzuleiten. Das BSG hat in der genannten Entscheidung die in Vorinstanz fehlende Klärung der Frage gerügt, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, die zur Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit zwinge. Hierzu ist in Bezug auf den Kläger im jetzigen Streitverfahren anzuführen, dass bei ihm weder ungewöhnliche noch spezifische Leistungseinschränkungen bestehen, im Übrigen dies auch unerheblich wäre, weil dem Kläger ohnehin - weil er zur Berufsgruppe der Ausgebildeten gehört - ein Verweisungsberuf zu benennen ist und der Senat dies auch getan hat. Das Urteil des BSG betrifft einen Ungelernten, der - wegen besonderer gesundheitlicher Gründe - nicht "pauschal" auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verweisbar ist, sondern in diesem Bereich nur auf bestimmte konkrete Erwerbstätigkeiten.

Das BSG hat weiterhin angesprochen, dass das dortige Gericht nicht geprüft habe, ob es für Tätigkeiten des Klägers ein hinreichend bedeutsames Arbeitsfeld gebe. Dies ist jedoch im vorliegenden Falle anzunehmen, da Sachbearbeiter (unter anderem im Wareneingang, Einkauf, Lager und Versand) in der Beschäftigungsgruppe III des Gehaltstarifvertrags für die Angestellten im Einzelhandel in Bayern ausdrücklich genannt sind und insoweit anzunehmen ist, dass Arbeitsplätze in nicht nur unbedeutendem Umfange vorhanden sind (BSG vom 03.11.1982 - 1 RJ 12/81 in SozR 2200 § 1246 Nr.102).

Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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