Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RA 43/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 52/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Steitig ist unter den Beteiligten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1967 geborene Klägerin war zuletzt als Verwaltungsangestellte beim Staatlichen Schulamt C. (BAT VII) tätig und befand sich ab 17.12.1994 im Erziehungsurlaub. Am 01.03.1996 erlitt sie einen Verkehrsunfall. In der Folgezeit war sie auch nach Ablauf des Erziehungsurlaubs im Oktober 1997 wegen Beschwerden der Halswirbelsäule arbeitsunfähig krankgeschrieben. Zum 30.09.2000 wurde das Arbeitsverhältnis von Seiten des Arbeitgebers wegen lang andauernder Erkrankung gekündigt. Die Klägerin ist inzwischen arbeitslos gemeldet.
Am 27.08.1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten Rentenantrag wegen der Folgen eines am 01.03.1996 erlittenen Verkehrsunfalls. Die Beklagte beauftragte den Orthopäden Dr.R. mit einer Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 09.10.1997 eine generalisierte Tendomyopathie als Ausdruck eines chronifizierten psychogenen Schmerzsyndroms sowie einen Zustand nach Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule ohne nachweisbar strukturelle Läsion.
Es ergab sich bei der Untersuchung ein nicht eingrenzbares diffuses Beschwerdebild, das alle Gelenke und die Wirbelsäule bis zum Kopf betraf. Hinweise für eine organische Verletzung ergaben sich laut Dr.R. , wie schon bei verschiedenen nach dem Unfall durchgeführten radiologischen Untersuchungen der gesamten Wirbelsäule und Schultern und einem späteren Kernspintomogramm, nicht. Es sei eine psychiatrische Grunderkrankung (posttraumatisches somatoformes Schmerzsyndrom) zu vermuten, in deren Rahmen Muskel- und Gelenkschmerzen nur den Projektionsort darstellten, nicht jedoch den eigentlichen Ursprung der Erkrankung. Der Gutachter hielt die Angabe eines positiven und negativen Leistungsbildes aus orthopädischer Sicht nicht für angezeigt, er empfahl zur genauen Beurteilung des Leistungsvermögens eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung.
In einem weiteren für die Haftpflichtversicherung erstellten orthopädischen Fachgutachten des Dr.D. vom 30.06.1997, das eine ausführliche Darlegung von orthopädischen und neurologischen Untersuchungen der Klägerin nach dem Unfall enthielt, wurde die Diagnose eines Panalgesie-Syndroms bei dringendem Verdacht auf psychogene Überlagerung gestellt. Weiter hieß es, aus orthopädischer Sicht lägen Unfallfolgen nicht mehr vor. Es könne sich auch nur um leichtergradige Verletzungen gehandelt haben, nachdem die Klägerin im Krankenhaus C. nur ambulant untersucht und behandelt worden sei und erst drei Tage später dann ihren Hausarzt aufgesucht habe. Verlauf und Beschwerden bei der Klägerin seien völlig außergewöhnlich und ließen sich von orthopädisch-somatischer Seite im Sinne von Unfallfolgen nicht erklären.
Aus dem Gutachten ist zu entnehmen, dass Untersuchungsbefunde, weiterer Verlauf und geklagte Beschwerden bei der ebenfalls von dem Unfall im Jahre 1996 betroffenen Mutter der Klägerin nahezu identisch seien.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung durch den Nervenarzt Dr.E ... Dieser kam in seinem Gutachten vom 07.11.1997 zu dem Ergebnis einer generalisierten Tendomyopathie bei chronifiziertem psychogenem Schmerzsyndrom im Sinne einer psychischen Fehlverarbeitung der Folgen eines Verkehrsunfalls am 01.03.1996. Er hielt eine vollschichtige Tätigkeit der Klägerin als Verwaltungsangestellte bzw. im Büro weiterhin für möglich. Im Übrigen wies er darauf hin, dass nach der langen Zeit seit dem Unfall mit den bisherigen Behandlungsmethoden (physikalische Therapie und Psychopharmaka) keine Besserung mehr zu erwarten sei, vielmehr sei ein intensives stationäres Heilverfahren in einer psychosomatischen Fachklinik dringend zu befürworten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 27.11. 1997 ab mit der Begründung, die Klägerin sei noch in der Lage, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein, auch bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes. Der Widerspruch der Klägerin ("schlimme Beschwerden der Wirbelsäule, Schlafstörungen, starke Schmerzen in Schultern und Armen, Händen und Knien, Ohrensausen, Schwindel, Kopfschmerzen") wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.1998 zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) machte die Klägerin geltend, zu keinerlei Tätigkeiten mehr in der Lage zu sein.
Das SG holte einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr.M. vom 04.03.1999 ein. Dieser sprach von einem Multitrauma nach Unfall und einem psychosomatischen Beschwerdekomplex und fügte hinzu, die Patientin wolle nicht einsehen, dass die "Beschwerden" nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen seien; er halte es nicht für gerechtfertigt, die Psyche vorzuschieben; dringend angezeigt sei die gerechte Beurteilung der Sachlage.
Im Verhandlungstermin vom 13.04.1999 wurde der Sachverständige Dr.M. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Diese klagte über massive Schmerzzustände im Bereich des ganzen Bewegungs- und Stützapparates. Es fand sich jedoch auch bei dieser Untersuchung kein gravierender pathologischer Befund, auch kein Hinweis auf stärkere Nervenwurzel- oder Muskelreizerscheinungen sowie auf vertebragene Ausfälle der peripheren Nervenversorgung. Der Gutachter diagnostizierte eine generalisierte Tendomyopathie bei chronifiziertem psychogenen Schmerzsyndrom im Sinne einer psychischen Fehlverarbeitung der Folgen des Verkehrsunfalls am 01.03.1996 sowie eine neurozirkulatorische Dystonie mit Neigung zu hypertoner Blutdruckregulation. Er maß diesen Diagnosen einen erheblichen Krankheitswert nicht zu und hielt die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten vollschichtig für möglich und zumutbar, wobei wegen der vegetativen Fehlsteuerung lediglich Arbeiten unter Akkord-, Schicht- und Stressbedingungen vermieden werden sollten.
Auf Antrag der Klägerin wurde der behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin Dr.M. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört. Dieser erstattete anstelle des angeforderten Gutachtens ein ausführliches ärztliches Attest vom 15.07.1999, in dem er u.a. ausführte, es bestünden bei der Klägerin eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der gesamten Brustwirbelsäule und eine deutliche schmerzhafte Bewegungshemmung, weiterhin Hyperhidrosis, verstärkte Weinerlichkeit und Depressionen. Wie bei unzähligen Voruntersuchungen habe sich kein gravierender pathologischer Befund feststellen lassen. Die nach dem Unfall über lange Zeit erfolgten Therapien hätten keine deutliche Besserung erzielen können, es würden nach wie vor starke Schmerzzustände in allen Bereichen angegeben. Insgesamt hat sich laut Dr.M. aus den nach dem Unfall aufgetretenen körperlichen Beschwerden ein chronifiziertes psychogenes Schmerzsyndrom im Sinne einer psychischen Fehlverarbeitung als Folge des Verkehrsunfalles entwickelt. Die Klägerin sei insoweit nicht einsichtig, diesbezüglich fachärztliche Behandlung (Psychotherapie) in Anspruch zu nehmen. Die nicht geklärten juristischen Folgen des Unfalls würden das psychogene Krankheitsbild erheblich verstärken. Zweifellos sei der Klägerin ihre bisherige in Büroarbeiten bestehende Tätigkeit zuzutrauen, allerdings bestehe insoweit keine Bereitwilligkeit.
Das SG wies die auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit gerichtete Klage mit Urteil vom 16.11. 1999 ab. Es legte dar, die Klägerin sei nach dem von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Rahmen der Prüfung von Berufsunfähigkeit entwickelten Mehrstufenschemas in die Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren einzustufen. Sie könne die ihr danach zuzumutenden Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten, wie sich aus dem Gutachten des Dr.M. , aber auch aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr.R. und des Dr.E. ergebe. Ebenso sei der behandelnde Arzt Dr.M. zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Da die Klägerin nicht berufsunfähig sei, erfülle sie erst recht nicht die weitergehenden Voraussetzungen einer Erwerbsunfähigkeit.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie bringt erneut vor, wegen ihres Gesundheitszustandes und der starken Schmerzen nicht in der Lage zu sein, ihren Beruf als Verwaltungsangestellte oder irgendeine andere Tätigkeit auszuüben. Sie könne sich nicht längere Zeit konzentrieren und auch nicht längere Zeit sitzen.
Der Senat beauftragte zunächst den Sachverständigen Dr.K. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens. Die Klägerin machte daraufhin geltend, sich einer Reise nach München nicht gewachsen zu fühlen, und legte ein Attest des Dr.M. vom 23.08.2000 vor, wonach es aus medizinischen Gründen der Klägerin nicht möglich sei, weite Fahrtstrecken zurückzulegen, und er deshalb bitte, einen Gutachter "aus unserem Gebiet" zu beauftragen. Nach Abänderung des Gutachtensauftrags und Beauftragung des Gutachters Dr.R. in W. legte die Klägerin das gleiche Attest vor und zeigte sich weiterhin nicht bereit, diesen Gutachter aufzusuchen, da sich durch die weite Entfernung ihre Schmerzen sehr verschlimmern würden; der Sachverständige müsse für die Begutachtung schon in den Landkreis C. kommen.
Nach deutlichem Hinweis des Senats, dass das Attest des Dr.M. vom 23.08.2000 für eine erneute Abänderung des Gutachtensauftrages nicht ausreiche, wurde ein weiteres Attest dieses Arztes vom 04.12.2000 vorgelegt, in dem es u.a. hieß, es bestehe bei der Klägerin ein psychosomatisches Beschwerdebild mit deutlichem Realitätsverlust ihrer Beschwerden, sie lehne bisher alle Maßnahmen kategorisch ab, die geplante Untersuchung sei sinnvoll, "aus den genannten Gründen" sei die Klägerin aber zur Zeit nicht imstande, mit einem Fahrzeug eine Strecke über den Landkreis C. hinaus zu fahren; es werde daher um eine Untersuchung in C. gebeten.
Nachdem die Klägerin zwischenzeitlich einen Untersuchungstermin bei Dr.R. nicht wahrgenommen hatte, gab dieser den Gutachtensauftrag zurück. Der Senat wies die Klägerin mit Schreiben vom 22.05.2001 auf ihre Mitwirkungspflichten sowie auf die Folgen im Falle fehlender Mitwirkung hin. Er holte zunächst die ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamts C. sowie einen aktuellen Befundbericht des Dr.M. vom 23.07.2001 ein ("die erhobenen Befunde haben sich stabilisiert bzw. sind nicht schlechter geworden, das ganze Krankheitsbild - Zustand nach dem Unfall mit Multitrauma - hat sich in eine psychosomatische Krankheit verschoben ... Der Zustand ist seit Jahren gleich bleibend bzw. Untersuchung außerhalb des Landkreises C. wird von der Patientin kategorisch abgelehnt"). Im beigefügten Arztbrief des Dr.G. vom 04.02.1999 (Diagnose: chronische Wirbelsäulenbeschwerden, psychosomatischer Beschwerdekomplex) heißt es am Ende: "Wie auch bei der sich heute hier vorstellenden Mutter bestehen ausgeprägte psychosomatische Beschwerden ohne jegliche Besserung auf die bisher durchgeführten Behandlungsmaßnahmen, wobei die Beschwerden sicherlich nicht mehr als posttraumatisch zu deuten sind, wobei sowohl Mutter als auch Tochter alle ihre Beschwerden unverändert monokausal auf das Unfallereignis 1996 zurückführen ...".
Der Senat beauftragte nunmehr den Gutachter Dr.H. in R. mit Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens und wies die Klägerin mit Schreiben vom 30.07.2001 darauf hin, dass ein Sachverständiger im Landkreis C. nicht zur Verfügung stehe, der Senat aber auch keine medizinischen Gründe für die Unfähigkeit der Klägerin, mit dem PKW oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen Gutachter außerhalb ihres Wohnorts zu erreichen, sehe. Auf die Mitwirkungspflichten der Klägerin sowie darauf, dass diese die Folgen der Nichterweislichkeit der von ihr geltend gemachten Tatsachen im Falle fehlender Mitwirkung zu tragen habe, wurde erneut hingewiesen.
Auf Antrag der Klägerin zog der Senat die bei der Personalstelle der Regierung der Oberpfalz befindlichen Gutachten über die Klägerin des Gesundheitsamts C. vom 11.01.2000 ("keine wesentlichen objektivierbaren körperlichen Funktionsstörungen, Eindruck erheblicher Aggravationstendenzen; die Klägerin weise die Möglichkeit einer psychischen Erkrankung weit von sich; eine psychiatrische Begutachtung im Bezirksklinikum R. werde vorgeschlagen") sowie des Dr.G. in C. vom 05.04. 2000 ("Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule, kein Anhalt für eine Radikulopathie oder eine periphere Nervenschädigung, unfallneurotische Fehlhaltung, kein Hinweis auf tiefgreifende Depression oder hirnorganische Beeinträchtigung, psychosomatische Reha-Maßnahmen dringend empfohlen, Leistungsfähigkeit eingeschränkt: Keine Tätigkeiten unter Stressbelastung, Akkord und Wechselschicht") ein.
Der Gutachter Dr.H. erstellte sein Gutachten vom 27.03.2002 nach zweimaliger vergeblicher Einbestellung der Klägerin im Auftrag des Senats nach Aktenlage. Diese hatte sich zuvor erneut auf das Attest des Dr.M. vom 23.08.2000 und danach auf ein weiteres Attest vom 18.09.2001 sowie auf eine erhebliche Verschlimmerung ihrer Schmerzen durch die Fahrt von Hof nach Regensburg berufen. Telefonisch hatte sie gegenüber dem Gutachter allerdings auch organisatorische Gründe angeführt, nämlich die Schichtarbeit ihres Mannes, der Urlaub nehmen müsse, wenn er sie nach Regensburg fahre, sowie die fehlende Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind in diesem Fall.
Dr.H. kam nach ausführlicher Darlegung des Akteninhalts mit den bisherigen Gutachten, Unterlagen und Befundberichten der behandelnden Ärzte der Klägerin zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin aus psychiatrischer Sicht von einer psychischen Fehlverarbeitung des Unfallereignisses im Jahre 1996 in Form einer Tendenzreaktion auszugehen sei, für deren Zustandekommen und Aussehen nicht das objektive Unfallgeschehen, sondern die subjektive Unfallverarbeitung maßgeblich sei. Es handele sich um die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Unter zumutbarer Willensanspannung sei die Klägerin seit Antragstellung noch in der Lage, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses zu verrichten, wobei Tätigkeiten unter Stressbelastung, Akkord und Wechselschicht zu vermeiden seien, ebenso mittelschwere Arbeiten und schweres Heben und Tragen. Eine solche Tätigkeit sei auch noch vollschichtig möglich, da aufgrund der Vorbefunde keine quantitativen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit festzustellen seien. Der Gutachter hielt die Klägerin auch für fähig, sich auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten umzustellen; Hinweise auf eine entsprechende Einschränkung fänden sich in den Vorbefunden nicht. Die Einholung weiterer Gutachten hielt er nicht für erforderlich.
Die Klägerin beantragte erneut die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG durch ihren behandelnden Arzt Dr.M ... Nach Mitteilung des Gerichts mit Schreiben vom 16.05.2002, dass dieser Antrag im Hinblick auf fehlende besondere Umstände für eine wiederholte Anhörung des Dr.M. nach § 109 SGG wegen Verzögerung des Rechtsstreits abgelehnt werde, bestand sie auf der erneuten Anhörung, da Dr.M. alle bisherigen Gutachten und ärztlichen Unterlagen über sie besitze und die neuesten Ergebnisse einbringen könne. Ein weiteres Attest des Dr.M. ohne Datum über die seit dem Unfall bestehenden erheblichen Kreuz- und Rückenschmerzen sowie Schmerzen im Hals- und Brustwirbelbereich mit eingeschränkter Beweglichkeit des Schultergelenks beidseits sowie über die Entwicklung eines psychogenen Schmerzsyndroms als Nebenbefund wurde beigefügt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16.11.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.11.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 01.09.1997 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Rentenakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 SGG statthafte Berufung ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Das Erstgericht hat nach Auffassung des Senats die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ermittlungen im Berufungsverfahren, die allerdings infolge der eingeschränkten Mitwirkung der Klägerin unzulänglich bleiben mussten, haben dieses Ergebnis bestätigt und lassen auch weiterhin die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit noch nicht zu.
Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen der hier noch anzuwendenden Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI in der Fassung bis zum 31.12.2000, die das Erstgericht im angefochtenen Urteil im Einzelnen dargelegt hat. Sie kann vielmehr noch vollschichtige Arbeiten in ihrem erlernten Beruf als Verwaltungsangestellte oder in entsprechenden Tätigkeiten des Arbeitsmarktes verrichten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem im Hinblick auf das sehr kurze Gutachten des Dr.M. in erster Instanz eingeholte weitere nervenärztliche Gutachten des Dr.H. vom 27.03.2002, das dieser aufgrund der fortbestehenden Weigerung der Klägerin, zu einer Untersuchung außerhalb des Landkreises C. anzureisen, nur nach Aktenlage erstellen konnte; im Übrigen ergibt sich dies auch aus dem gesamten vorliegenden Akteninhalt.
Danach liegt bei der Klägerin eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallereignisses im März 1996 mit der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen vor, den zugrunde liegenden Befunden ist aber kein rentenrechtlich relevanter Krankheitswert beizumessen. Alle bisher mit der Sache befassten Gutachter gehen von einer fortbestehenden vollschichtigen Arbeitsfähigkeit der Klägerin aus, selbst der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG in erster Instanz gehörte behandelnde Arzt Dr.M. kam zu keinem anderen Ergebnis. Das gesamte Verhalten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren, mit dem sie das Gegenteil demonstrieren möchte, weist zweckgerichtete Tendenzen auf, insbesondere die Weigerung, sich wegen angeblich verschlimmernder Schmerzzustände im Bereich der Wirbelsäule nicht außerhalb des Landkreises C. untersuchen zu lassen. Eine überzeugende medizinische Begründung hierfür fehlt. Diese ergibt sich weder aus dem Gutachten des Dr.H. , der die Klägerin für voll arbeitsfähig hält, noch aus den diesbezüglichen, sehr allgemein bleibenden Attesten des behandelnden Arztes Dr.M. vom 23.08.2000 und 04.12.2000.
Der Senat hat wegen der Verweigerungshaltung der Klägerin den Gutachter Dr.H. mit der Erstellung eines Aktenlagegutachtens für den Fall weiterer Verweigerung einer persönlichen Untersuchung beauftragt. Er sieht sich bestätigt durch die Bemerkung des Gutachters am Anfang seines Gutachtens, die Klägerin habe ihm gegenüber auch organisatorische/familiäre Gründe für die zweimalige Nichteinhaltung des angesetzten Untersuchungstermins angegeben. Diese Gründe erscheinen ebenfalls vorgeschoben, zumal aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist, dass die nebenan wohnende Schwester der Klägerin dieser wegen ihrer gesundheitlichen Probleme viele Arbeiten abnehmen müsse. Auch wohnt die Mutter der Klägerin in unmittelbarer Nachbarschaft (vgl. Verfahren A. W. L 14 RJ 442/98), so dass die Betreuung des 1994 geborenen Sohnes der Klägerin während ihrer Abwesenheit bei gutem Willen möglich hätte sein müssen. Immerhin ist die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren durch Dr.M. ebenfalls in Regensburg untersucht worden.
Der Senat kann seine Entscheidung auf das lediglich nach Aktenlage erfolgte Gutachten des Dr.H. vom 27.03.2002 stützen, da dieser die vorhandenen Aktenunterlagen sorgfältig ausgewertet und seiner überzeugend dargelegten Leistungseinschätzung zugrunde gelegt hat. Er verkennt nicht, dass die Beurteilung aufgrund eines Aktenlagegutachtens problematisch ist, weil sich der Gutachter keinen persönlichen Eindruck von dem zu Untersuchenden machen kann und zwangsläufig Gesichtspunkte unberücksichtigt bleiben werden, die sich aus dem direkten Kontakt zum Sachverständigen ergeben. Gerade bei einem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist eine befriedigende Beurteilung ohne persönliche Untersuchung kaum möglich. Die Klägerin ist vorliegend vor Erteilung des Gutachtensauftrages ausdrücklich auf ihre Mitwirkungspflicht bei der Untersuchung hingewiesen worden, ebenso darauf, dass sie die Folgen mangelnder Mitwirkung, die in der Nichterweislichkeit des von ihr geltend gemachten Gesundheitszustandes oder der eingeschränkten Leistungsfähigkeit bestehen könnten, selbst zu tragen habe. Sie ist auch darauf hingewiesen worden, dass eine Fahrt zum Gutachter nicht nur mit dem PKW, sondern u.U. für sie schonender auch mit dem Zug in Frage komme. Sie ist der angeordneten Untersuchung bei Dr.H. in R. dennnoch nicht nachgekommen. Sie hat damit die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, das Ergebnis geht zu Lasten des erhobenen Anspruchs.
Der Senat sieht sich auch nicht gehalten, entsprechend dem konsequent demonstrierten Willen der Klägerin ein weiteres Gutachten durch einen im Landkreis C. ansässigen nervenärztlichen Gutachter in Auftrag zu geben. Auch die Erteilung eines weiteren Gutachtensauftrages auf anderem Fachgebiet erscheint bei der Art der Beschwerdebildung nach der gesamten Aktenlage nicht veranlasst. Alle Unterlagen sprechen dafür, dass sich der medizinische Sachverhalt nicht wesentlich geändert hat, sondern vielmehr - wie von Dr.M. in seinem Befundbericht vom 23.07. 2001 formuliert - der Zustand der Klägerin seit Jahren gleichbleibend ist. Im Übrigen hat auch Dr.H. die Einholung weiterer Gutachten als nicht notwendig bezeichnet.
An der Sach- und Rechtslage ändert auch die Kündigung des Arbeitgebers zum Ablauf September 2000 nichts. Im Schreiben der Regierung der Oberpfalz kommt lediglich zum Ausdruck, dass dem Schulamt das Fehlen einer unbefristet beschäftigten (Ganztags-) Verwaltungsangestellten - zu recht - nicht mehr länger zumutbar ist.
Der im Mai 2002 gestellte Antrag, den behandelnden Arzt Dr.M. auch in zweiter Instanz gemäß § 109 SGG gutachtlich zu hören, war abzulehnen. Von einem weiteren Gutachten des Allgemeinarztes Dr.M. sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Die wiederholte Anhörung eines Gutachters nach § 109 SGG kann nur unter besonderen Umständen in Betracht kommen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 109 Anm.5). Solche sind hier nicht erkennbar. So muss die weitere Anhörung geboten, mindestens aber zweckmäßig sein (vgl. PSW § 109 Anm.4). Die Klägerin begründete den Antrag damit, dass Dr.M. im Besitz aller Unterlagen über ihre Erkrankung sei und neueste Erkenntnisse einbringen könne. In dessen letzten Befundbericht vom 23.07.2001 heißt es jedoch, dass die erhobenen Befunde sich stabilisiert hätten und der Zustand seit Jahren gleichbleibend sei.
Bei dieser Sachlage kann die Berufung keinen Erfolg haben. Sie ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Steitig ist unter den Beteiligten eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1967 geborene Klägerin war zuletzt als Verwaltungsangestellte beim Staatlichen Schulamt C. (BAT VII) tätig und befand sich ab 17.12.1994 im Erziehungsurlaub. Am 01.03.1996 erlitt sie einen Verkehrsunfall. In der Folgezeit war sie auch nach Ablauf des Erziehungsurlaubs im Oktober 1997 wegen Beschwerden der Halswirbelsäule arbeitsunfähig krankgeschrieben. Zum 30.09.2000 wurde das Arbeitsverhältnis von Seiten des Arbeitgebers wegen lang andauernder Erkrankung gekündigt. Die Klägerin ist inzwischen arbeitslos gemeldet.
Am 27.08.1997 stellte die Klägerin bei der Beklagten Rentenantrag wegen der Folgen eines am 01.03.1996 erlittenen Verkehrsunfalls. Die Beklagte beauftragte den Orthopäden Dr.R. mit einer Untersuchung und Begutachtung der Klägerin. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 09.10.1997 eine generalisierte Tendomyopathie als Ausdruck eines chronifizierten psychogenen Schmerzsyndroms sowie einen Zustand nach Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule ohne nachweisbar strukturelle Läsion.
Es ergab sich bei der Untersuchung ein nicht eingrenzbares diffuses Beschwerdebild, das alle Gelenke und die Wirbelsäule bis zum Kopf betraf. Hinweise für eine organische Verletzung ergaben sich laut Dr.R. , wie schon bei verschiedenen nach dem Unfall durchgeführten radiologischen Untersuchungen der gesamten Wirbelsäule und Schultern und einem späteren Kernspintomogramm, nicht. Es sei eine psychiatrische Grunderkrankung (posttraumatisches somatoformes Schmerzsyndrom) zu vermuten, in deren Rahmen Muskel- und Gelenkschmerzen nur den Projektionsort darstellten, nicht jedoch den eigentlichen Ursprung der Erkrankung. Der Gutachter hielt die Angabe eines positiven und negativen Leistungsbildes aus orthopädischer Sicht nicht für angezeigt, er empfahl zur genauen Beurteilung des Leistungsvermögens eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung.
In einem weiteren für die Haftpflichtversicherung erstellten orthopädischen Fachgutachten des Dr.D. vom 30.06.1997, das eine ausführliche Darlegung von orthopädischen und neurologischen Untersuchungen der Klägerin nach dem Unfall enthielt, wurde die Diagnose eines Panalgesie-Syndroms bei dringendem Verdacht auf psychogene Überlagerung gestellt. Weiter hieß es, aus orthopädischer Sicht lägen Unfallfolgen nicht mehr vor. Es könne sich auch nur um leichtergradige Verletzungen gehandelt haben, nachdem die Klägerin im Krankenhaus C. nur ambulant untersucht und behandelt worden sei und erst drei Tage später dann ihren Hausarzt aufgesucht habe. Verlauf und Beschwerden bei der Klägerin seien völlig außergewöhnlich und ließen sich von orthopädisch-somatischer Seite im Sinne von Unfallfolgen nicht erklären.
Aus dem Gutachten ist zu entnehmen, dass Untersuchungsbefunde, weiterer Verlauf und geklagte Beschwerden bei der ebenfalls von dem Unfall im Jahre 1996 betroffenen Mutter der Klägerin nahezu identisch seien.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung durch den Nervenarzt Dr.E ... Dieser kam in seinem Gutachten vom 07.11.1997 zu dem Ergebnis einer generalisierten Tendomyopathie bei chronifiziertem psychogenem Schmerzsyndrom im Sinne einer psychischen Fehlverarbeitung der Folgen eines Verkehrsunfalls am 01.03.1996. Er hielt eine vollschichtige Tätigkeit der Klägerin als Verwaltungsangestellte bzw. im Büro weiterhin für möglich. Im Übrigen wies er darauf hin, dass nach der langen Zeit seit dem Unfall mit den bisherigen Behandlungsmethoden (physikalische Therapie und Psychopharmaka) keine Besserung mehr zu erwarten sei, vielmehr sei ein intensives stationäres Heilverfahren in einer psychosomatischen Fachklinik dringend zu befürworten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 27.11. 1997 ab mit der Begründung, die Klägerin sei noch in der Lage, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein, auch bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes. Der Widerspruch der Klägerin ("schlimme Beschwerden der Wirbelsäule, Schlafstörungen, starke Schmerzen in Schultern und Armen, Händen und Knien, Ohrensausen, Schwindel, Kopfschmerzen") wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.1998 zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) machte die Klägerin geltend, zu keinerlei Tätigkeiten mehr in der Lage zu sein.
Das SG holte einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr.M. vom 04.03.1999 ein. Dieser sprach von einem Multitrauma nach Unfall und einem psychosomatischen Beschwerdekomplex und fügte hinzu, die Patientin wolle nicht einsehen, dass die "Beschwerden" nicht mehr auf den Unfall zurückzuführen seien; er halte es nicht für gerechtfertigt, die Psyche vorzuschieben; dringend angezeigt sei die gerechte Beurteilung der Sachlage.
Im Verhandlungstermin vom 13.04.1999 wurde der Sachverständige Dr.M. mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt. Diese klagte über massive Schmerzzustände im Bereich des ganzen Bewegungs- und Stützapparates. Es fand sich jedoch auch bei dieser Untersuchung kein gravierender pathologischer Befund, auch kein Hinweis auf stärkere Nervenwurzel- oder Muskelreizerscheinungen sowie auf vertebragene Ausfälle der peripheren Nervenversorgung. Der Gutachter diagnostizierte eine generalisierte Tendomyopathie bei chronifiziertem psychogenen Schmerzsyndrom im Sinne einer psychischen Fehlverarbeitung der Folgen des Verkehrsunfalls am 01.03.1996 sowie eine neurozirkulatorische Dystonie mit Neigung zu hypertoner Blutdruckregulation. Er maß diesen Diagnosen einen erheblichen Krankheitswert nicht zu und hielt die Tätigkeit einer Verwaltungsangestellten vollschichtig für möglich und zumutbar, wobei wegen der vegetativen Fehlsteuerung lediglich Arbeiten unter Akkord-, Schicht- und Stressbedingungen vermieden werden sollten.
Auf Antrag der Klägerin wurde der behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin Dr.M. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört. Dieser erstattete anstelle des angeforderten Gutachtens ein ausführliches ärztliches Attest vom 15.07.1999, in dem er u.a. ausführte, es bestünden bei der Klägerin eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit im Bereich der gesamten Brustwirbelsäule und eine deutliche schmerzhafte Bewegungshemmung, weiterhin Hyperhidrosis, verstärkte Weinerlichkeit und Depressionen. Wie bei unzähligen Voruntersuchungen habe sich kein gravierender pathologischer Befund feststellen lassen. Die nach dem Unfall über lange Zeit erfolgten Therapien hätten keine deutliche Besserung erzielen können, es würden nach wie vor starke Schmerzzustände in allen Bereichen angegeben. Insgesamt hat sich laut Dr.M. aus den nach dem Unfall aufgetretenen körperlichen Beschwerden ein chronifiziertes psychogenes Schmerzsyndrom im Sinne einer psychischen Fehlverarbeitung als Folge des Verkehrsunfalles entwickelt. Die Klägerin sei insoweit nicht einsichtig, diesbezüglich fachärztliche Behandlung (Psychotherapie) in Anspruch zu nehmen. Die nicht geklärten juristischen Folgen des Unfalls würden das psychogene Krankheitsbild erheblich verstärken. Zweifellos sei der Klägerin ihre bisherige in Büroarbeiten bestehende Tätigkeit zuzutrauen, allerdings bestehe insoweit keine Bereitwilligkeit.
Das SG wies die auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit gerichtete Klage mit Urteil vom 16.11. 1999 ab. Es legte dar, die Klägerin sei nach dem von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Rahmen der Prüfung von Berufsunfähigkeit entwickelten Mehrstufenschemas in die Gruppe der Angestellten mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren einzustufen. Sie könne die ihr danach zuzumutenden Tätigkeiten noch vollschichtig verrichten, wie sich aus dem Gutachten des Dr.M. , aber auch aus den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr.R. und des Dr.E. ergebe. Ebenso sei der behandelnde Arzt Dr.M. zu keinem anderen Ergebnis gekommen. Da die Klägerin nicht berufsunfähig sei, erfülle sie erst recht nicht die weitergehenden Voraussetzungen einer Erwerbsunfähigkeit.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie bringt erneut vor, wegen ihres Gesundheitszustandes und der starken Schmerzen nicht in der Lage zu sein, ihren Beruf als Verwaltungsangestellte oder irgendeine andere Tätigkeit auszuüben. Sie könne sich nicht längere Zeit konzentrieren und auch nicht längere Zeit sitzen.
Der Senat beauftragte zunächst den Sachverständigen Dr.K. mit der Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Fachgutachtens. Die Klägerin machte daraufhin geltend, sich einer Reise nach München nicht gewachsen zu fühlen, und legte ein Attest des Dr.M. vom 23.08.2000 vor, wonach es aus medizinischen Gründen der Klägerin nicht möglich sei, weite Fahrtstrecken zurückzulegen, und er deshalb bitte, einen Gutachter "aus unserem Gebiet" zu beauftragen. Nach Abänderung des Gutachtensauftrags und Beauftragung des Gutachters Dr.R. in W. legte die Klägerin das gleiche Attest vor und zeigte sich weiterhin nicht bereit, diesen Gutachter aufzusuchen, da sich durch die weite Entfernung ihre Schmerzen sehr verschlimmern würden; der Sachverständige müsse für die Begutachtung schon in den Landkreis C. kommen.
Nach deutlichem Hinweis des Senats, dass das Attest des Dr.M. vom 23.08.2000 für eine erneute Abänderung des Gutachtensauftrages nicht ausreiche, wurde ein weiteres Attest dieses Arztes vom 04.12.2000 vorgelegt, in dem es u.a. hieß, es bestehe bei der Klägerin ein psychosomatisches Beschwerdebild mit deutlichem Realitätsverlust ihrer Beschwerden, sie lehne bisher alle Maßnahmen kategorisch ab, die geplante Untersuchung sei sinnvoll, "aus den genannten Gründen" sei die Klägerin aber zur Zeit nicht imstande, mit einem Fahrzeug eine Strecke über den Landkreis C. hinaus zu fahren; es werde daher um eine Untersuchung in C. gebeten.
Nachdem die Klägerin zwischenzeitlich einen Untersuchungstermin bei Dr.R. nicht wahrgenommen hatte, gab dieser den Gutachtensauftrag zurück. Der Senat wies die Klägerin mit Schreiben vom 22.05.2001 auf ihre Mitwirkungspflichten sowie auf die Folgen im Falle fehlender Mitwirkung hin. Er holte zunächst die ärztlichen Unterlagen des Arbeitsamts C. sowie einen aktuellen Befundbericht des Dr.M. vom 23.07.2001 ein ("die erhobenen Befunde haben sich stabilisiert bzw. sind nicht schlechter geworden, das ganze Krankheitsbild - Zustand nach dem Unfall mit Multitrauma - hat sich in eine psychosomatische Krankheit verschoben ... Der Zustand ist seit Jahren gleich bleibend bzw. Untersuchung außerhalb des Landkreises C. wird von der Patientin kategorisch abgelehnt"). Im beigefügten Arztbrief des Dr.G. vom 04.02.1999 (Diagnose: chronische Wirbelsäulenbeschwerden, psychosomatischer Beschwerdekomplex) heißt es am Ende: "Wie auch bei der sich heute hier vorstellenden Mutter bestehen ausgeprägte psychosomatische Beschwerden ohne jegliche Besserung auf die bisher durchgeführten Behandlungsmaßnahmen, wobei die Beschwerden sicherlich nicht mehr als posttraumatisch zu deuten sind, wobei sowohl Mutter als auch Tochter alle ihre Beschwerden unverändert monokausal auf das Unfallereignis 1996 zurückführen ...".
Der Senat beauftragte nunmehr den Gutachter Dr.H. in R. mit Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens und wies die Klägerin mit Schreiben vom 30.07.2001 darauf hin, dass ein Sachverständiger im Landkreis C. nicht zur Verfügung stehe, der Senat aber auch keine medizinischen Gründe für die Unfähigkeit der Klägerin, mit dem PKW oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln einen Gutachter außerhalb ihres Wohnorts zu erreichen, sehe. Auf die Mitwirkungspflichten der Klägerin sowie darauf, dass diese die Folgen der Nichterweislichkeit der von ihr geltend gemachten Tatsachen im Falle fehlender Mitwirkung zu tragen habe, wurde erneut hingewiesen.
Auf Antrag der Klägerin zog der Senat die bei der Personalstelle der Regierung der Oberpfalz befindlichen Gutachten über die Klägerin des Gesundheitsamts C. vom 11.01.2000 ("keine wesentlichen objektivierbaren körperlichen Funktionsstörungen, Eindruck erheblicher Aggravationstendenzen; die Klägerin weise die Möglichkeit einer psychischen Erkrankung weit von sich; eine psychiatrische Begutachtung im Bezirksklinikum R. werde vorgeschlagen") sowie des Dr.G. in C. vom 05.04. 2000 ("Zustand nach Schleudertrauma der Halswirbelsäule, kein Anhalt für eine Radikulopathie oder eine periphere Nervenschädigung, unfallneurotische Fehlhaltung, kein Hinweis auf tiefgreifende Depression oder hirnorganische Beeinträchtigung, psychosomatische Reha-Maßnahmen dringend empfohlen, Leistungsfähigkeit eingeschränkt: Keine Tätigkeiten unter Stressbelastung, Akkord und Wechselschicht") ein.
Der Gutachter Dr.H. erstellte sein Gutachten vom 27.03.2002 nach zweimaliger vergeblicher Einbestellung der Klägerin im Auftrag des Senats nach Aktenlage. Diese hatte sich zuvor erneut auf das Attest des Dr.M. vom 23.08.2000 und danach auf ein weiteres Attest vom 18.09.2001 sowie auf eine erhebliche Verschlimmerung ihrer Schmerzen durch die Fahrt von Hof nach Regensburg berufen. Telefonisch hatte sie gegenüber dem Gutachter allerdings auch organisatorische Gründe angeführt, nämlich die Schichtarbeit ihres Mannes, der Urlaub nehmen müsse, wenn er sie nach Regensburg fahre, sowie die fehlende Betreuungsmöglichkeit für ihr Kind in diesem Fall.
Dr.H. kam nach ausführlicher Darlegung des Akteninhalts mit den bisherigen Gutachten, Unterlagen und Befundberichten der behandelnden Ärzte der Klägerin zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin aus psychiatrischer Sicht von einer psychischen Fehlverarbeitung des Unfallereignisses im Jahre 1996 in Form einer Tendenzreaktion auszugehen sei, für deren Zustandekommen und Aussehen nicht das objektive Unfallgeschehen, sondern die subjektive Unfallverarbeitung maßgeblich sei. Es handele sich um die Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen. Unter zumutbarer Willensanspannung sei die Klägerin seit Antragstellung noch in der Lage, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses zu verrichten, wobei Tätigkeiten unter Stressbelastung, Akkord und Wechselschicht zu vermeiden seien, ebenso mittelschwere Arbeiten und schweres Heben und Tragen. Eine solche Tätigkeit sei auch noch vollschichtig möglich, da aufgrund der Vorbefunde keine quantitativen Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit festzustellen seien. Der Gutachter hielt die Klägerin auch für fähig, sich auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten umzustellen; Hinweise auf eine entsprechende Einschränkung fänden sich in den Vorbefunden nicht. Die Einholung weiterer Gutachten hielt er nicht für erforderlich.
Die Klägerin beantragte erneut die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG durch ihren behandelnden Arzt Dr.M ... Nach Mitteilung des Gerichts mit Schreiben vom 16.05.2002, dass dieser Antrag im Hinblick auf fehlende besondere Umstände für eine wiederholte Anhörung des Dr.M. nach § 109 SGG wegen Verzögerung des Rechtsstreits abgelehnt werde, bestand sie auf der erneuten Anhörung, da Dr.M. alle bisherigen Gutachten und ärztlichen Unterlagen über sie besitze und die neuesten Ergebnisse einbringen könne. Ein weiteres Attest des Dr.M. ohne Datum über die seit dem Unfall bestehenden erheblichen Kreuz- und Rückenschmerzen sowie Schmerzen im Hals- und Brustwirbelbereich mit eingeschränkter Beweglichkeit des Schultergelenks beidseits sowie über die Entwicklung eines psychogenen Schmerzsyndroms als Nebenbefund wurde beigefügt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 16.11.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.11.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.01.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 01.09.1997 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die beigezogenen Rentenakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 143 SGG statthafte Berufung ist zulässig, erweist sich aber nicht als begründet.
Das Erstgericht hat nach Auffassung des Senats die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ermittlungen im Berufungsverfahren, die allerdings infolge der eingeschränkten Mitwirkung der Klägerin unzulänglich bleiben mussten, haben dieses Ergebnis bestätigt und lassen auch weiterhin die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit noch nicht zu.
Die Klägerin erfüllt nicht die Voraussetzungen der hier noch anzuwendenden Vorschriften der §§ 43, 44 SGB VI in der Fassung bis zum 31.12.2000, die das Erstgericht im angefochtenen Urteil im Einzelnen dargelegt hat. Sie kann vielmehr noch vollschichtige Arbeiten in ihrem erlernten Beruf als Verwaltungsangestellte oder in entsprechenden Tätigkeiten des Arbeitsmarktes verrichten. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem im Hinblick auf das sehr kurze Gutachten des Dr.M. in erster Instanz eingeholte weitere nervenärztliche Gutachten des Dr.H. vom 27.03.2002, das dieser aufgrund der fortbestehenden Weigerung der Klägerin, zu einer Untersuchung außerhalb des Landkreises C. anzureisen, nur nach Aktenlage erstellen konnte; im Übrigen ergibt sich dies auch aus dem gesamten vorliegenden Akteninhalt.
Danach liegt bei der Klägerin eine psychische Fehlverarbeitung des Unfallereignisses im März 1996 mit der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen vor, den zugrunde liegenden Befunden ist aber kein rentenrechtlich relevanter Krankheitswert beizumessen. Alle bisher mit der Sache befassten Gutachter gehen von einer fortbestehenden vollschichtigen Arbeitsfähigkeit der Klägerin aus, selbst der auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG in erster Instanz gehörte behandelnde Arzt Dr.M. kam zu keinem anderen Ergebnis. Das gesamte Verhalten der Klägerin im gerichtlichen Verfahren, mit dem sie das Gegenteil demonstrieren möchte, weist zweckgerichtete Tendenzen auf, insbesondere die Weigerung, sich wegen angeblich verschlimmernder Schmerzzustände im Bereich der Wirbelsäule nicht außerhalb des Landkreises C. untersuchen zu lassen. Eine überzeugende medizinische Begründung hierfür fehlt. Diese ergibt sich weder aus dem Gutachten des Dr.H. , der die Klägerin für voll arbeitsfähig hält, noch aus den diesbezüglichen, sehr allgemein bleibenden Attesten des behandelnden Arztes Dr.M. vom 23.08.2000 und 04.12.2000.
Der Senat hat wegen der Verweigerungshaltung der Klägerin den Gutachter Dr.H. mit der Erstellung eines Aktenlagegutachtens für den Fall weiterer Verweigerung einer persönlichen Untersuchung beauftragt. Er sieht sich bestätigt durch die Bemerkung des Gutachters am Anfang seines Gutachtens, die Klägerin habe ihm gegenüber auch organisatorische/familiäre Gründe für die zweimalige Nichteinhaltung des angesetzten Untersuchungstermins angegeben. Diese Gründe erscheinen ebenfalls vorgeschoben, zumal aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist, dass die nebenan wohnende Schwester der Klägerin dieser wegen ihrer gesundheitlichen Probleme viele Arbeiten abnehmen müsse. Auch wohnt die Mutter der Klägerin in unmittelbarer Nachbarschaft (vgl. Verfahren A. W. L 14 RJ 442/98), so dass die Betreuung des 1994 geborenen Sohnes der Klägerin während ihrer Abwesenheit bei gutem Willen möglich hätte sein müssen. Immerhin ist die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren durch Dr.M. ebenfalls in Regensburg untersucht worden.
Der Senat kann seine Entscheidung auf das lediglich nach Aktenlage erfolgte Gutachten des Dr.H. vom 27.03.2002 stützen, da dieser die vorhandenen Aktenunterlagen sorgfältig ausgewertet und seiner überzeugend dargelegten Leistungseinschätzung zugrunde gelegt hat. Er verkennt nicht, dass die Beurteilung aufgrund eines Aktenlagegutachtens problematisch ist, weil sich der Gutachter keinen persönlichen Eindruck von dem zu Untersuchenden machen kann und zwangsläufig Gesichtspunkte unberücksichtigt bleiben werden, die sich aus dem direkten Kontakt zum Sachverständigen ergeben. Gerade bei einem Gutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist eine befriedigende Beurteilung ohne persönliche Untersuchung kaum möglich. Die Klägerin ist vorliegend vor Erteilung des Gutachtensauftrages ausdrücklich auf ihre Mitwirkungspflicht bei der Untersuchung hingewiesen worden, ebenso darauf, dass sie die Folgen mangelnder Mitwirkung, die in der Nichterweislichkeit des von ihr geltend gemachten Gesundheitszustandes oder der eingeschränkten Leistungsfähigkeit bestehen könnten, selbst zu tragen habe. Sie ist auch darauf hingewiesen worden, dass eine Fahrt zum Gutachter nicht nur mit dem PKW, sondern u.U. für sie schonender auch mit dem Zug in Frage komme. Sie ist der angeordneten Untersuchung bei Dr.H. in R. dennnoch nicht nachgekommen. Sie hat damit die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, das Ergebnis geht zu Lasten des erhobenen Anspruchs.
Der Senat sieht sich auch nicht gehalten, entsprechend dem konsequent demonstrierten Willen der Klägerin ein weiteres Gutachten durch einen im Landkreis C. ansässigen nervenärztlichen Gutachter in Auftrag zu geben. Auch die Erteilung eines weiteren Gutachtensauftrages auf anderem Fachgebiet erscheint bei der Art der Beschwerdebildung nach der gesamten Aktenlage nicht veranlasst. Alle Unterlagen sprechen dafür, dass sich der medizinische Sachverhalt nicht wesentlich geändert hat, sondern vielmehr - wie von Dr.M. in seinem Befundbericht vom 23.07. 2001 formuliert - der Zustand der Klägerin seit Jahren gleichbleibend ist. Im Übrigen hat auch Dr.H. die Einholung weiterer Gutachten als nicht notwendig bezeichnet.
An der Sach- und Rechtslage ändert auch die Kündigung des Arbeitgebers zum Ablauf September 2000 nichts. Im Schreiben der Regierung der Oberpfalz kommt lediglich zum Ausdruck, dass dem Schulamt das Fehlen einer unbefristet beschäftigten (Ganztags-) Verwaltungsangestellten - zu recht - nicht mehr länger zumutbar ist.
Der im Mai 2002 gestellte Antrag, den behandelnden Arzt Dr.M. auch in zweiter Instanz gemäß § 109 SGG gutachtlich zu hören, war abzulehnen. Von einem weiteren Gutachten des Allgemeinarztes Dr.M. sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Die wiederholte Anhörung eines Gutachters nach § 109 SGG kann nur unter besonderen Umständen in Betracht kommen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, § 109 Anm.5). Solche sind hier nicht erkennbar. So muss die weitere Anhörung geboten, mindestens aber zweckmäßig sein (vgl. PSW § 109 Anm.4). Die Klägerin begründete den Antrag damit, dass Dr.M. im Besitz aller Unterlagen über ihre Erkrankung sei und neueste Erkenntnisse einbringen könne. In dessen letzten Befundbericht vom 23.07.2001 heißt es jedoch, dass die erhobenen Befunde sich stabilisiert hätten und der Zustand seit Jahren gleichbleibend sei.
Bei dieser Sachlage kann die Berufung keinen Erfolg haben. Sie ist mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn. 1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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