Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 7 U 113/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 31/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. November 2003 und der Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. August 2000 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen nach einer MdE um 20 v. H. für die Zeit vom 15. Mai 2002 bis 21. Juli 2006. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 1/10 der außergerichtliche Kosten der Klägerin hat die Beklagte für beide Instanzen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Folgen eines Arbeitsunfalls vom 16. Mai 1999.
Die 1944 geborene Klägerin war als Laborantin in der E- GmbH in G beschäftigt, als sie sich am 16. Mai 1999 gegen 08.00 Uhr mit dem Fahrrad auf dem Weg vom Betriebslabor zur Veredelungsanlage befand, um dort neue Proben für die Laboruntersuchungen zu holen. Sie führte dabei zwei Tragetaschen, die mit entsprechenden Behältnissen gefüllt waren, am Fahrradlenker. Eine der Tragetaschen geriet zwischen den Rahmen und das Vorderrad, woraufhin die Klägerin stürzte und sich verletzte. Gegen 18.00 Uhr traf die Klägerin beim Arzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Prof. Dr. W ein. Er diagnostizierte eine Jochbeinfraktur links, Schädigung und Trauma 1. Grades.
Die Klägerin wurde in der Zeit vom 16. Mai bis 18. Mai 1999 im E Krankenhaus L und vom 18. Mai 1999 bis 26. Mai 1999 im C-Klinikum C, Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité behandelt. U. a. erfolgte dort eine Orbitabodenrevision.
Die Beklagte holte einen Arztbericht vom Arzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Dr. N ein, der über die Klägerin nach viermaliger Vorstellung zur Koordination und zum Behandlungsabschluss berichtete. Sie sehe mit sehr hohem Leidensdruck nach der OP ständig Doppelbilder.
Die Augenärztin Dr. B erstellte einen Krankheitsbericht im Juli 1999. Sie diagnostizierte "Doppelbilder nach Orbitabodenfraktur links, Hyperphorie, (Schielen). Seit Jahren bestehe ein Glaukom mit rechtsseitigen Gesichtsfeldausfällen.
Ein Arztbrief von der Augenärztin Dipl.-Med. K gelangte des Weiteren zu den Verwaltungsakten. Sie hatte bei der Untersuchung vom 05. Juli 1999 ein Bewegungsdefizit im linken Auge in den unteren drei Blickrichtungen festgestellt. Doppelbilder entstünden beim Blick nach unten, rechts unten. Ein Glaukom liege beidseitig vor.
Prof. Dr. B und Dr. L erstellten im November 1999 ein Rentengutachten. Sie stellten am rechten Auge einen glaukomatiösen Gesichtsfeldausfall und auf dem linken Auge ein regelrechtes Gesichtsfeld ohne Ausfälle fest. Ein Glaukomschaden des rechten Auges mit Gesichtsfelddefekt sei nicht Folge des Unfalls. Unfallfolgen seien Doppelbilder mit Abblick, eine Sensibilitätsstörung der linken Gesichtshälfte. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 v. H.
In der Zeit vom 08. bis 10. November 1999 hielt sich die Klägerin stationär auf im C-Klinikum. Dort wurde das Osteosynthesematerial entfernt.
Ein Rentengutachten wurde erstellt von Dr. N im Januar 2000. Die MdE schätzt er mit 15 v. H. ein.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsunfall habe eine MdE in rentenberechtigendem Grade nach Beendigung des Anspruchs auf Verletztengeld nicht hinterlassen. Ein Anspruch auf Rente liege nicht vor. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Das Sehen der Doppelbilder verursache einen unsicheren Gang, sie sei schon mehrmals gestürzt. Sie leide an einer Nervendurchtrennung, die Speichelfluss verursache, den sie nicht mehr kontrollieren könne. Die linke Gesichtshälfte sei taub.
Prof. Dr. S erstattete im März 2000 gegenüber der Beklagten ein neurologisches Gutachten. Das Doppeltsehen resultiere wahrscheinlich aus einer geringfügigen Fehlstellung des Orbitalbodens. Als bleibende Traumafolge ergebe sich Doppelsehen beim Blick nach unten. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei wegen der Unfallfolgen ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit um 15 v. H. gemindert.
Mit Bescheid vom 07. August 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 31. August 2000 beim Sozialgericht (SG) eingegangenen Klage hat die Klägerin ihren Anspruch auf Rentenzahlung weiterverfolgt. Ihr Gesundheitszustand habe sich bis heute nicht gebessert. Noch immer leide sie überwiegend unter einem Taubheitsgefühl im Bereich der linken Gesichtshälfte, Stich- und Krabbelgefühl in der linken Wange. Manchmal fühle sich die Wange kochend heiß an und wirke wie narkotisiert. Sie habe das Gefühl, den Speichelfluss nicht kontrollieren zu können, da kein Gefühl in der linken Gesichtshälfte zu verspüren sei. Des Weiteren funktionierten die Augenmuskeln des linken Auges nicht mehr so wie die des rechten. Zwar sei sie sie schon vor dem Unfall an einem Glaukom erkrankt. Seit dem Unfall habe aber ihr Sehvermögen stark nachgelassen. Sie sehe nach operativer Korrektur der Fraktur bei dem Blick nach unten rechts permanent Doppelbilder. Diese Sehstörung beeinträchtige sie in allen Lebenslagen. Angestrengtes Sehen bereite ihr oft starke Kopfschmerzen. Seit dem Unfall habe sie einen sehr unsichereren Gang, müsse ständig mit gesenktem Kopf laufen. Als Folge der Doppelbilder sei sie gestürzt, wobei sie sich einen Muskelfaserriss im Oberschenkel und ein Hämatom zugezogen habe. Unter Berücksichtigung einer MdE in Höhe von 15 v. H. aus augenärztlicher, chirurgischer und neurologischer Sicht betrage die Gesamt-MdE, 25. v. H.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. August 2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des am 16. Mai 1999 erlittenen Arbeitsunfalls zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trug vor, die Beschwerden der Klägerin seien berücksichtigt worden. Bei der Ermittlung der Gesamt-MdE seien verschiedene MdE-Sätze nicht zusammenzurechnen. Die Gesamt-MdE sei mit 15 v. H. zutreffend eingeschätzt.
Das SG holte Befundberichte behandelnder Ärzte ein.
Der Facharzt für Chirurgie Dr. B erstattete im Juli 2001 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin im Juni 2001 ein schriftliches Gutachten. Die unfallbedingte MdE gab er mit maximal 15 v. H. an.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Frau Dr. S, Ärztin für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des C-Klinikums C ein kieferchirurgisches Gutachten. Noch bestünden Sensibilitätsstörungen im Bereich der Wange und der Schleimhäute intraoral links als einzige anzuerkennende objektivierbaren Spätfolgen. Die MdE betrage aus chirurgischer Sicht 5 v. H.
Der Facharzt für Augenheilkunde Prof. Dr. B erstattete im August 2002 gemeinsam mit Dr. K gegenüber dem SG augenärztliches Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 15. Mai 2002 in der Augenabteilung der Schlossparkklinik. Im Ergebnis kam Prof. Dr. B zu der Beurteilung. Doppelbilder bei Abblick und "die kompensatorische Kopfzwangshaltung" seien eindeutig auf den Unfall zurückzuführen. Die von der Klägerin in der Epikrise des Klinikum C erwähnte Sehverschlechterung des rechten Auges sei nicht nachvollziehbar. Das zeitliche Zusammentreffen und die beschriebenen typischen Folgen von Orbitabodenfrakturen sprächen für einen ursächlichen Zusammenhang zu der Doppelbildsymptomatik. Die Beeinträchtigungen durch die Doppelbilder seien unmittelbar nach dem Unfall und der operativen Versorgung aufgetreten und seitdem unverändert und dauerhaft bestehend. Die zur Verminderung der Doppelbilder eingenommene Kopfzwangshaltung könne Sekundärschäden (HWS-Syndrom, Cephalgien) verursachen, die zurzeit von der Klägerin noch nicht beklagt würden. Die Gefahr einer Entwicklung von Sekundärschäden bestehe jedoch, solange eine Kopfzwangshaltung eingenommen werde. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v. H. Zugrunde gelegt würden die Empfehlungen von Haase und Steinhorst, die bei Doppelbildern im 10-30 Grad-Bereich bei Abblick eine MdE von 15 bis 20 Prozent vorschlügen. Da die Klägerin zusätzlich eine Kopfzwangshaltung einnehme, werde die MdE mit 20 v. H. für gerechtfertigt erachtet.
Die Beklagte übermittelte eine Stellungnahme von Dr. K vom 12. September 2002, der darauf hinwies, dass die totale Erblindung eines Auges mit 15 v. H. gewertet werde. So schlimm sei der Zustand der Klägerin nicht.
Mit dem am 24. November 2003 verkündeten Urteil hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die unfallbedingte MdE sei unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur und der Beurteilung der Sachverständigen Dres. N, B sowie Prof. Dr. St unter 20 v. H. zu bewerten. Da die totale Erblindung des Auges mit einer MdE in Höhe von 25 v. H. gewertet werde, entspreche eine Wertung mit 20 v. H. einer weitestgehenden Erblindung. So schlimm sei der Zustand jedoch eindeutig nicht. Darüber hinaus sei dem Gericht bei der Entscheidung eine Abweichung von der Bewertung durch den Unfallversicherungsträger von 5 v. H. verwehrt. Man könne also nicht zur Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 20 v. H. verurteilen, wenn die Beklagte wie vorliegend die MdE im angegriffenen Bescheid mit 15 v. H. bewerte (unter Bezugnahme auf BSGE 43, 53). Mit der Bewertung der MdE müsse eine gewisse Unschärfe hingenommen werden. Eine punktgenaue Bewertung in Schritten von 1 v. H. sei nicht möglich. Der Schätzung sei eine natürliche Schwankungsbreite eigen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Beklagte von unzutreffenden oder unvollständigen Befunden ausgegangen sei, die Bewertung der MdE auf unsachlichen Erwägungen beruhe oder ihre Einschätzung der MdE gefestigten allgemeinen Erfahrungswerte widerspreche (Hinweis auf BSGE 41, 99). Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Juni 2004 beim Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Insbesondere wurde zur Begründung Bezug genommen auf das Gutachten von Dres. B und K. Die von Dr. B angeführte Kopfzwangshaltung der Klägerin sei von Dr. B außer Acht gelassen. Dass diese zu einer erheblichen MdE führe, verstehe sich von selbst. Durch den Unfall hervorgerufenen Doppelbilder, welche zu der Kopfzwangshaltung nach unten führten, bildeten ganz eindeutig einen Schwerpunkt hinsichtlich der Einschätzung der MdE. Daher werde für bedenklich gehalten, dem Gutachten eines Chirurgen gegenüber dem Gutachten des Augenarztes den Vorzug zu geben. Soweit das SG die angeblich nicht nachweisbaren Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich auf das Gutachten von Dr. St stütze, befremde dies, da der Gutachter bereits im Vorverfahren tätig geworden sei, so dass dessen Objektivität mehr als fraglich erscheine. Sensibilitätsstörungen seien hingegen von Dr. S bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. August 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren beginnend am 16. Mai 1999.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren wurde von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Akte zur Versicherungsnummer beigezogen. Ablichtungen der dort enthaltenen Gutachten des Augenarztes Dr. R und des Facharztes für Orthopädie Dr. W wurden zu den Gerichtsakten genommen und den Beteiligten zur Kenntnis übersandt.
In der nichtöffentlichen Sitzung des 27. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 30. September 2005 wurde Prof. Dr. B vom Berichterstatter als Sachverständiger vernommen. Er begründete seine MdE mit 20 v. H. auf der Grundlage des Schemas von Haase/Steinhorst, S. 387 bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage. Das Doppelsehen der Klägerin beim Abblick beziehe sich jetzt auf den Bereich zwischen 10 und 30 Grad. Daraus resultiere ein Rahmen für die MdE-Beurteilung von 15 bis 20. Er halte die Ausnutzung dieses Rahmens also eine MdE von 20 v. H. für gerechtfertigt, weil bei der Klägerin eine Kopfzwangshaltung zur Vermeidung der Diplopie hinzukomme.
Die Beklagte übersandte eine Stellungnahme des Ärztlichen Direktors der Augenklinik B-M Dr. Dvom 17. Februar 2006. Dieser wies darauf hin, dass in beiden Gutachten von Prof. Dr. Beine exakte Bestimmung des Bereiches in Grad, in dem die Doppelbilder aufträten, fehlten. Es sei ausschließlich eine Schätzung erfolgt.
Prof. Dr. B nahm zu der Beurteilung von Dr. D im Mai 2006 Stellung.
Die Beklagte überreichte dazu eine Stellungnahme von Dr. D vom 13. Juni 2006. Er wiederholte, dass die Anwendung des Schemas nach Haase und Steinhorst eine Messung der Winkel voraussetze, in denen bei jeweiliger Blickrichtung Doppelbilder aufträten. Dies sei im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens 2002 in der Schlossparkklinik nicht erfolgt.
Im Juli 2006 wurde Prof. Dr. B vom Gericht gebeten, die Klägerin einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Prof. Dr. B übersandte im September 2006 eine orthoptische Zusatzuntersuchung zum Gutachten. Die MdE von 20 Prozent sei nach dem aktuellen Befund gerechtfertigt.
Die Beklagte überreichte dazu Stellungnahme von Dr. D vom 27. September 2006. Er beanstandete, dass bei dieser Zusatzuntersuchung eine Kinnsenkung und Drehung des Kopfes nach rechts berücksichtigt werden.
Die Beklagte teilte mit, das Vorliegen von Doppelbildern werde von ihr nicht generell bestritten. Sie wies darauf hin, dass weiterhin nicht objektivierbar sei, was die Ursache der Doppelbildsymptomatik sei. Auch das Ausmaß (Blickwinkel) lasse sich nicht eindeutig definieren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die in der Zwischenzeit beschriebene Verschlechterung der Doppelbildsymptomatik von 10 v. H. auf 20 v. H. auf Materialentfernung zurückzuführen sein solle. Prof. Dr. B setze sich nicht mit der Glaukomerkrankung als möglichen Grund der Verschlechterung der Doppelbildsymptomatik auseinander.
Ein gegen Dr. D gestellter Befangenheitsantrag der Klägerin wurde zurückgenommen.
Von der Praxis Dr. W wurden Aufzeichnungen zu Konsultationen der Klägerin dort ab 2001 beigezogen. Danach litt die Klägerin ab 2001 an Beschwerden im Bereich der Lenden- und sowie an Coxarthrose, Gonarthrose und Halswirbelsäule.
Die Klägerin teilte mit, dass sie zwischenzeitlich den Geruchssinn verloren habe. Ursache hierfür sei der streitgegenständliche Unfall. Den Verlust des Geruchssinns habe sie bereits unmittelbar nach dem Unfall bemerkt und gehofft, es würde sich normalisieren.
Ein Befundbericht wurde eingeholt von Dipl.-Med. N, Facharzt für HNO-Krankheiten vom 10. Februar 2010. Krankenunterlagen des Augenarztes Dr. S wurden beigezogen.
Die Chefärztin der HNO-Klinik des Städtischen Klinikums Brandenburg Dr. Didzcuneit-Sandhop erstattete im August 2010 mit der Fachärztin für HNO-Krankheiten Dr. M ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 26. Juni 2010. Es fand sich im Geruchstest eine Anosmie, ein Verlust des Riechvermögens. Eine Kausalität zum Unfall sei nicht zu beweisen.
CA a. D. Dr. D. P. S Arzt für Augenheilkunde erstattete im November 2010 ein augenärztliches Gutachten nach Untersuchung der Klägerin vom 27. Juli 2010. Die unfallbedingte MdE durch die Diplopie betrage 20 v. H. seit dem Unfall. In der Augenheilkunde werde die Einschätzung der MdE in der Regel nach den Empfehlungen der Ophtamologischen Gesellschaft (DOG) vorgenommen, wie von Gramberg-Danielsen publiziert.Dr. Dr. S nahm am 14. Februar 2011 und im Juni 2011 weiter Stellung. Er führte aus, eine objektive Messung sei aufgrund der schweren Glaukomschädigung nicht mehr möglich. Die Festlegung der MdE müsse daher unter Berücksichtigung des letzten verwertbaren orthoptischen Befundes (21.07.06) erfolgen. Die Einschätzung einer MdE von 20% erfolge unter Berücksichtigung des Doppelbildbereiches und der Kopfzwangshaltung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung der Klägerin ist begründet für die Zeit vom 15. Mai 2002 bis 21. Juli 2006. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind für diesen Zeitraum nicht rechtmäßig. Das SG hat zu Unrecht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass ihres Unfalls vom 16. Mai 1999 für den vorgenannten Zeitraum.
Nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, im Fall des Fehlens eines Stützrententatbestandes - wie im vorliegenden Fall - einen Anspruch auf Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Nach diesen Vorgaben war der Unfall der Klägerin am 16. Mai 1999 ein Arbeitsunfall, als sie sich bei der versicherten Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII verletzte und eine unmittelbar als Erstschaden Orbitabodenfraktur davontrug. Die Beklagte hat im Bescheid vom 21. Januar 2000 den Arbeitsunfall des Klägers bindend anerkannt, § 77 SGG, indem sie ausführte: "Ihr Arbeitsunfall hat eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade nicht hinterlassen".
Der Unfall ist mit Wahrscheinlichkeit wesentliche (Mit-)Ursache des Sehens von Doppelbildern mit einer Kopfzwangshaltung und Sensibilitätsstörungen, wodurch die Erwerbsfähigkeit der Klägerin vom 15. Mai 2002 bis 21.Juli 2006 nachweislich gemindert ist um wenigstens 20 v. H.
Nach der im Unfallversicherungsrecht geltenden maßgeblichen Lehre von der wesentlichen Bedingung ist eine Bedingung als (mit-)ursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), BSGE 1, 76 ff.). Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach den Einwirkungen, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung von individuellen Versicherten sind der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen.
Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Gewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Der ursächliche Zusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht ausschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).
Nach diesen Maßstäben hat sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) davon überzeugt, dass die Doppelbilder auf den Unfall als wesentliche (Mit-)Ursache mit Wahrscheinlichkeit zurückzuführen sind, nachdem als Erstschaden durch den Unfall eine Orbitabodenfraktur verursacht wurde. Dies hat jeder der gerichtlich bestellten Sachverständigen ausgeführt. Der Senat folgt diesen Beurteilungen. Dr. B hat dies insbesondere unter Hinweis entsprechender Literatur ausführlich und überzeugend begründet. Dr. B hat ausgeführt:
"Orbitabodenfrakturen sind bei 32 % der Patienten von einer Mitverletzung des Auges begleitet. Knochensplitter können Nerven, Muskeln oder auch Gefäße durchtrennen, gelegentlich aber reaktionslos in der Orbita einheilen. Einklemmungen der Muskulatur, besonders der Rectus inferior und des Obliquus inferior, komplizieren die Orbitabodenfrakturen." (1) "Die häufige Folge von Frakturen im Orbitabereich, besonders des Orbitabodens, ist die passive Einschränkung der Bulbusbeweglichkeit. Als Folge sind erhebliche Asthenopien oder Doppelbilder möglich." (2) Die von der Patientin beklagten Schwierigkeiten beim Treppensteigen, Lesen und Arbeiten sind typische Symptome, wenn Doppelbilder bei Abblick auftreten. Als Ursache liegen wahrscheinlich Bewegungseinschränkungen des Musculus rectus inferior zugrunde, die bereits bei der orthoptischen Untersuchung vom Juli 1999 gefunden wurde. Häufiger sind zwar die Hebeeinschränkungen des Muskels, bei "Fraktur weit hinten im Orbitaboden und wenn der Patient beim Trauma nach oben geblickt hat, kann die Senkung stärker eingeschränkt sein" (3).
Differentialdiagnostisch könnte auch das Vorliegen einer Trochlearisparese infolge des Schädelhirntraumas in Betracht kommen. Allerdings müsste neben den auch hier typischen Doppelbildern bei Abblick eine Verrollung des linken Auges nachweisbar sein. Diese sei aber in keinem der Vorbefunde beschrieben und nicht nachweisbar. Das Vorliegen einer Trochearisparese sei eher unwahrscheinlich. Die Doppelbilder seien in jedem Fall auf den Unfall zurückzuführen.
Dr. S hat darauf hingewiesen, dass der Unfallhergang, der operative Eingriff und die Folgesymptome belegten, dass der Unfall die Doppelbilder verursacht habe und nichts gegen den Unfallzusammenhang spreche.
Auch eine Kopfzwangshaltung nach unten und rechts ist ab 15. Mai 2002 von den gerichtlich bestellten Gutachtern festgestellt und auf den Unfall als wesentliche Ursache zurückgeführt worden. Dies ist überzeugend, so dass der Senat diese Beurteilung teilt.
Dr. B hat anlässlich seiner Untersuchung vom 15. Mai 2002 festgestellt, die Klägerin weise eine Kopfzwangshaltung nach unten und rechts auf, da sich die Beschwerden bei geradem oder links geneigtem Kopf verstärkten. Anlässlich seiner Vernehmung im Termin vom 30. September 2005 hat er ausgeführt, die Kopfzwangshaltung werde von der Klägerin zur Vermeidung der Diplopie eingenommen. Es gebe nach den vorliegenden ärztlichen Befunden keinen Hinweis auf anderweitige Ursachen der Kopfhaltung als den, Folge des Doppelsehens nach dem Unfall zu sein.
Die Einwendungen von Dr. D sind zu diesem Thema für den Senat nicht nachvollziehbar und vermögen die Beurteilung von Dr. B nicht in Zweifel zu ziehen.
Das Doppelsehen mit Kopfzwangshaltung rechtfertigt eine MdE um 20 v.H.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung des Grades der MdE wird vom BSG als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung treffe (BSG, Urteil vom 02. Mai 2001 – B 2 U 24/00 R, zitiert nach juris). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeit. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind ein wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG, SozR 2200 § 581 Nr. 22). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlich und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls kann die Höhe der MdE eingeschätzt werden (BSGE SozR § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem unfallversicherungsrechtlichen und unfallmedizinischem Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (SozR 4-2700 56 Nr. 1).
Nach diesen Maßstäben, die der Senat zugrunde legt, ist die MdE ab dem 15. Mai 2002 mit 20 v. H. zu bewerten.
Prof. Dr. Bund Dr. S begründen diese Höhe überzeugend mit den in der unfallmedizinischen Literatur abgedruckten Erfahrungswerten, die dem Stand der Wissenschaft, der Rechtsprechung und dem Schrifttum entsprechen.
Am 05. Juli 1999 wurden am so genannten Hess-Gitter am linken Auge der Klägerin Doppelbilder beim Blick nach unten, rechts unten festgestellt, ein Bewegungsdefizit in den unteren drei Blickrichtungen anlässlich einer Untersuchung durch Dipl.-Med. K Sie erhob als Befund am 05. Juli 1999:
Orthoptik: größte subj. Diplopie, rechts unten Bielschowsky, Höherstand links Wing: 1^ Esophorie 2^ Linkshyperphorie keine Verrollung Worth F: li/re VD Schober F: li/re VD Maddox-Cylinder: 5m 3° Linkshyperphorie Hessgitter: Hyperphorie links keine paretischen Zeichen Cover: N o. Pr.: sc II-Stand, mit feinen EB aus Divergenz Links höher alles sehr fein Konvergenz: gut bis mäßig Motilität: in den unteren 3 Blickrichtungen bleibt links zurück Doppelbilder beim Blick nach unten, rechts unten
Diagnose: Doppelbilder Dauerdiagnosen: Z. n. Orbitabodenfraktur links Glaukom beidseitig
Beurteilung: Bei der heutigen Untersuchung konnten wir ein Bewegungsdefizit, in den unteren drei Blickrichtungen, am linken Auge feststellen.
Diese Beurteilung rechtfertigt die Anwendung des Schemas nach Haase und Steinhorst und dort die Einordnung in die Zone 3, wonach die MdE mit 15 bis 20 v. H. beurteilt werden kann (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Schönberger/Mehrtens/Valentin, 6. Auflage 1998, S. 356, 7. Auflage 2003, S. 387, 8. Auflage S. 297). Auch die Tabelle bei Gramberg-Danielsen, Medizinische Grundlagen der augenärztlichen Untersuchung (2. Auflage1996 S. 148), die den Beteiligten ebenfalls bekannt gegeben wurde, sieht dies vor.
Dr. D hat in seiner Stellungnahme vom 17. Februar 2006 insoweit sehr nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund dieser von Frau K erhobenen Befunde quantifizierte Doppelbilder nachweisbar seien und dass das Schema von Haase und Steinhorst angewendet werden könne. Aufgrund dieser dokumentierten Doppelbilder könne in Anwendung des Schemas nach Haase und Steinhorst festgestellt werden, dass, wenn in der beschriebenen Zone 3 Doppelbilder aufträten, diese mit 15 bis 20 v. H. der MdE bewertet werden könnten.
Soweit Dr. meint, da die Doppelbilder ausschließlich beim Blick nach unten, also in weniger als der Hälfte des Doppelbilderbereichs aufträten, seien hiervon Abzüge vorzunehmen, wird dies von der Tabelle bei Gramberg-Danielsen aaO nicht gedeckt. Sie sieht diesen Abzug nicht vor. Da Dr. am 10. Juni 2011 mitgeteilt hat, in der augenärztlichen Begutachtung werde den Empfehlungen der Optalmologischen Gesellschaft gefolgt, die Gramberg- Danielsen publiziert habe, hat der Senat keine Bedenken, auch für die Zeit vor 2003 ohne Abzüge von einer MdE um 15-20 für die Doppelbilder bei Abblick zugrunde zu legen.
Auch wenn nachweislich nach dem Untersuchungsbefund von Frau Dr. K aufgrund des schlechten Visus und der Gesichtsfeldausfälle keine weiteren Untersuchungen am so genannten Hess-Gitter erfolgt sind, ist es gerechtfertigt, bis zur Untersuchung durch Prof. Dr. am 21.Juli 2006 von einem gesicherten Befund insoweit auszugehen, als die Doppelbilder in die Zone 3 eingeordnet werden können, die eine Beurteilung von 15 bis 20 v. H. rechtfertigen.
Auch Prof. Dr. Bhat anlässlich seiner Untersuchung vom 15. Mai 2002 zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei festgestellt, dass sich das Doppelsehen der Klägerin beim Abblick (zu jenem Untersuchungszeitpunkt) auf den Bereich zwischen 10 und 30 Grad beziehe. Anlässlich seiner Vernehmung am 30. September 2005 hat er dies im Einzelnen begründet. Er führt aus:
Wenn ich danach gefragt werde, weshalb in meinem Gutachten vom 02. November 1999 noch von einer MdE von 10 v. H. die Rede ist, kann ich dazu sagen, dass damals das Doppelbildersehen erst bei einem Blickwinkel von über 30 Grad nach unten aufgetreten war. Dies ergibt nach dem Schema von Haase/Steinhorst nur eine MdE von 10 v. H.
Er führte weiter aus, dass er als Untersucher genau darauf achte, ab welchem Abwinkel ein Doppeltsehen angegeben werde, auch wenn dies nicht schriftlich niedergelegt werde.
Dass der Abwinkel sich bis 21. Juli 2006 derart verändert hat, dass die Einordnung in Zone 3 nicht mehr gerechtfertigt wäre, ist nicht ersichtlich.
Bei der Untersuchung Dr. B am 19. Februar 2004 waren gemäß ihrem ärztlichen Befundbericht zum Rentenantrag bei der Rentenversicherung Doppelbilder beim Blick nach unten und rechts feststellbar.
Des Weiteren stellte Dr. aufgrund seiner Untersuchung vom 17. Juni 2004 eine Diplopie mit Kopfzwangshaltung fest. Er beurteilte die hierzu gemachten Angaben als glaubhaft, sie entsprächen dem objektiven Befund.
Entgegen der Einwände von Dr. haben sowohl Prof. Dr. als auch Dr. die Diplopie und das Doppelsehen für erwiesen erachtet.
Prof. Dr. hatte auf den Einwand von Dr. erklärt, das Doppelsehen sei nicht an die Sehschärfe gebunden. Hiermit in Übereinstimmung stehen seine Feststellungen anlässlich der Untersuchung vom 21. Juli 2006, wo noch Doppelbilder und Kopfzwangshaltung der Klägerin objektiviert wurden. Dies ist aufgrund der Untersuchungsergebnisse der orthoptische Zusatzuntersuchung zum Gutachten nachvollziehbar: Die schon 1999 beschriebenen Bewegungseinschränkungen am linken M. rect. inf. DB-Folge hätten sich deutlich herausarbeiten und quantitativ messen lassen. Der Covertest zeige deutlich in Primärposition eine Vertikalabweichung von 2 Grad. Nach HHR verstärke sich die VD im Abblick geringfügig. Sie sei messtechnisch jedoch nicht voll erfassbar gewesen. Die Untersuchung an der Tangentenskala nach Harms sei nicht möglich gewesen, da der Visus zu schlecht bzw. Gesichtsfeldausfälle vorhanden gewesen seien. Für die Bewertung der MdE sei lediglich der Bereich in dem DB aufträten, nicht der DB-Abstand maßgebend.
Die zusätzlich zu den Doppelbildern festgestellte Kopfzwangshaltung ist ebenfalls durch den Arbeitsunfall bzw. durch dessen Folgen mit Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit-) verursacht worden und rechtfertigt im Zusammenhang mit den Doppelbildern die MdE mit 20 v. H. Gramberg-Danielsen führt dazu auf Seite 147 aaO aus:
Es sollte bei der gutachterlichen Bewertung berücksichtigt werden, ob der Patient durch die Doppelbilder zum Einnehmen einer Kopfzwangshaltung gezwungen wird. Eine Zwangshaltung zur Vermeidung von Doppelbildern kann ein zusätzliches erhebliches Erschwernis darstellen und führt nicht etwa zu einer geringeren Beeinträchtigung des Betroffenen. Es sei in diesem Zusammenhang auf die möglichen Sekundärschäden (Halswirbelsäulensyndrom, Cephalgien etc.) verwiesen Der Gutachter sollte trotzdem zunächst das diplopiefreie Blickfeld bei gerader Kopfhaltung messen, danach kann er die Erleichterung für den Patienten durch mäßige Kopfzwangshaltung berücksichtigen. Hier werden absichtlich keine Gradzahlen genannt.
Der Senat folgt den Sachverständigen Prof. Dr. B und Dr. S, die eine Berücksichtigung der Kopfzwangshaltung bei der Beurteilung der MdE befürworten. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B im Jahr 2002 führte die kompensatorische Kopfzwangshaltung zur Vermeidung von Doppelbildern mit Kinnsenkung und geringer Neigung des Kopfes nach rechts nach geringer Zeit zu Halswirbelsäulenbeschwerden im Sinne eines HW-Syndroms.
Die Klägerin wurde durch die Diplopie zur Kopfzwangshaltung gezwungen und diese hat zur Unterhaltung von Verspannungen im Nackenbereich beigetragen. Dies folgt aus den vorliegenden Gutachten.
Dr. T hat auf orthopädischem Fachgebiet in seinem Gutachten gegenüber der Bundesversicherungsanstalt aufgrund der Untersuchung der Klägerin vom 23. März 2004 erklärt, die Klägerin müsse zur Verminderung von Doppelbildern den Kopf vorneigen und nach links drehen. Dies sei eine Kopfzwangshaltung, die sicherlich zur Unterhaltung der Verspannungen im Nackenbereich und somit zur Beschwerdepersistenz beitrage. Auch von Seiten der Halswirbelsäule stünden ihr qualifizierte Leistungseinschränkungen zu.
Die Kopfzwangshaltung ist erstmals aktenkundig geworden bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B am 15. Mai 2002, so dass erst zu diesem Zeitpunkt die MdE mit 20 v.H. und ein Rentenanspruch begründet ist. Vor diesem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B am 15. Mai 2002 lässt sich die Kopfzwangshaltung nicht zweifelsfrei feststellen. Die Befundberichte und sonstigen Aufzeichnungen behandelnder Ärzte insbesondere auch die sachverständigen Gutachten ergeben hierzu nichts. Auch Dr. hat insoweit in Übereinstimmung mit der Aktenlage festgestellt, dass erst 2002 die Kopfzwangshaltung dokumentiert ist.
Prof. Dr. B hat 1999 eine Kopfzwangshaltung nicht festgestellt. Dr. S hat eine Kopfzwangshaltung nicht dokumentiert anlässlich der Untersuchung vom 24. Oktober 2001. Dr. B hat am 25. Juni 2001 bei seiner Untersuchung eine Kopfzwangshaltung ebenfalls nicht dokumentiert.
Es gibt keine sonstigen Unterlagen dafür, die dafür sprechen, dass eine Kopfzwangshaltungsuntersuchung vor dem Jahr 2002 zweifelsfrei nachweisbar ist. Hingegen folgt aus den Aufzeichnungen des Facharztes für Orthopädie Dr. W erstmals ein Untersuchungsbefund zur Halswirbelsäule. Am 17. Dezember 2002 und am 23. März 2003 wurde in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Kein bildgebender Befund zur HWS erhoben.
Von Dr. S wurde eine Kopfzwangshaltung nicht mehr festgestellt.
Entsprechend ist die MdE mit 20 v.H. und ein Rentenanspruch nur begründet vom 15. Mai 2002 bis zur Untersuchung durch Prof. Dr. B am 21. Juli 2006. Dr. S hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass nur aufgrund der Untersuchungsbefunde von Prof. Dr. B am 21. Juli 2006 von einem gesicherten Befund auszugehen ist. Er teilte am 10. Juli 2011 mit, Verschlechterungen von Visus und Gesichtsfeld ließen einen exakten orthoptischen Status nicht mehr zu, eine objektive Messung sei aufgrund der Glaukomschäden nicht mehr möglich. Der letzte verwertbare orthoptische Befund stamme vom 21. Juli 2006. Dort seien die letzten verwertbaren orthoptischen Befunde erhoben worden.
Eine objektive Messung sei aufgrund der schweren Glaukomschädigung nicht mehr möglich. Die Festlegung der MdE müsse dann unter Berücksichtigung des letzten verwertbaren Befundes vom 21. Juli 2006 erfolgen. Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung wurde als Befund nur noch erhoben, dass eine Einschränkung der Beweglichkeit des Auges vorlag. In Doppelbildern konnte er nur Angaben der Klägerin wiedergeben (Stellungnahme vom 10.Juni 2011). Er selbst konnte lediglich noch den Befund erheben "Visus Ferne rechts Lichtschein mit falscher Projektion". Folgerichtig fehlte es auch an der Dokumentation einer Einnahme einer Kopfzwangshaltung der Klägerin durch ihn.
Dies entspricht dem Hinweis von Prof. Dr. Bin seinem Gutachten 2002, wonach bei einer Erblindung eines Auges, z. B. aufgrund der Progression des Glaukoms die Doppelbilder verschwänden.
Die Beurteilung der MdE mit 20 v. H. im Zeitraum vom 15. Mai 2002 bis 21. Juli 2006 widerspricht nicht den Grundsätzen des BSG.
Das SG hat insoweit unzutreffender Weise ausgeführt, dem Gericht sei bei der Entscheidung über eine MdE-Feststellung eine Abweichung von der Bewertung durch den Unfallversicherungsträger um 5 v. H. verwehrt.
Die Rechtsprechung des BSG lässt im vorliegenden Fall eine Abweichung von 5. v. H. durchaus zu. Das BSG hat ausgeführt:
Mit welchem Prozentsatz eine unfallbedingte MdE zu bewerten ist, läßt sich – anders als etwa beim Jahresarbeitsverdienst, der mit der MdE zu den Grundlagen der Rentenberechnung gehört (§ 581 RVO) – in aller Regel nicht mathematisch-exakt festlegen, sondern nur annähernd bestimmen, wobei üblicherweise Stufen gewählt werden, die durch die Zahl 10, allenfalls 5 oder 3 teilbar sind. Die Bewertung der MdE ist mithin ihrem Wesen nach eine Schätzung, der – wie jeder Schätzung – eine gewisse Schwankungsbreite eigentümlich ist. Soweit dabei bestimmte Grenzen nicht überschritten werden, ist jede innerhalb der Toleranzspanne liegende Schätzung gleichermaßen rechtmäßig. Als äußerste Grenzen der Spanne hat schon das frühere Reichsversicherungsamt Abweichungen um 5 v. H. nach oben oder nach unten angesehen (vgl. BSG 32, 245, 246 f; 37, 177, 178 f). Das Bundessozialgericht (BSG) ist dem gefolgt und hat dabei auf gesetzliche Regelungen verwiesen, nach denen eine MdE von 10 v. H. die untere Grenze dessen ist, was medizinisch und wirtschaftlich messbar sei (BSG 32, 245, 249). Das bedeutet, dass eine Schätzung der MdE durch den Versicherungsträger so lange als rechtmäßig anzusehen ist, als eine spätere Schätzung durch das Gericht (bzw. den von ihm gehörten ärztlichen Sachverständigen) nicht um mehr als 5 v. H. von der früheren abweicht. Das gilt allerdings nur unter der – selbstverständlichen – Voraussetzung, dass im Verwaltungsverfahren die Schätzungsgrundlagen richtig ermittelt worden sind, ferner alle für die Schätzung wesentlichen Umstände hinreichend gewürdigt sind und die Schätzung selbst nicht auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (vgl. BSG 11, 102, 118, dort für die Schätzung des Umfangs einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise im Kassenarztrecht). Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, sind also etwa die medizinischen Befunde – als Grundlage für die ärztliche Beurteilung der MdE – nicht richtig oder vollständig erhoben worden oder haben sie sich später geändert, dann ist auch eine nur um 5 v. H. von der Schätzung des Versicherungsträgers abweichende Bewertung der MdE durch das Gericht zulässig (vgl. BSG 37, 177, 179 und die dort angeführte Entscheidung des LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 1973, 891). Das gleiche gilt, wenn der Versicherungsträger oder der von ihm gehörte ärztliche Sachverständige einen allgemeinen Erfahrungssatz für die Bewertung bestimmter Verletzungsfolgen nicht beachtet hat (vgl. SozR 2200 Nr. 5 zu § 581 RVO) oder der Bewertung der MdE erkennbar falsche oder unsachliche Erwägungen zugrunde liegen. Von diesen Rechtsgrundsätzen ist nicht nur bei einer Neufeststellung der Dauerrente wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse i. S. des § 622 RVO (BSG 32, 245), sondern auch dann auszugehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – die erste Feststellung der Dauerrente streitig ist. Das hat der 2. Senat des BSG inzwischen klargestellt (SozR 2200 Nr. 5 zu § 581 RVO). Der erkennende Senat, der die Frage bisher nicht entschieden hat (vgl. BSG 37, 177, 179), schließt sich dieser Auffassung an; denn es lassen sich keine überzeugenden Gründe erkennen, um eine spätere (neue) Feststellung der Dauerrente anders als die erste zu behandeln. Hat der Versicherungsträger dagegen die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt, weil eine MdE im rentenberechtigendem Grade nicht vorliege, so ist das Gericht, wenn es den Rentenanspruch bejaht, bei der Bewertung der MdE frei, da in diesem Falle eine Schätzung der MdE durch den Versicherungsträger nicht vorliegt (vgl. BSG 37, 177, 180 und SozR aaO S. 21).
Hier hatte die Beklagte die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt, weil eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht vorliege. Eine Schätzung durch die Beklagte ist nicht erfolgt.
Zudem hatten sich medizinische Befunde als Grundlage der Beurteilung der MdE geändert: Die Kopfzwangshaltung wurde erst nach Erlass der Bescheide zweifelsfrei feststellbar und war erst nach Erlass der Bescheide bei der MdE-Beurteilung heranzuziehen.
Weitere Unfallfolgen auf augenärztlichem Fachgebiet sind nicht nachgewiesen. Insbesondere eine Sehverschlechterung ist nicht auf den Unfall als wesentliche (Mit-)Ursache zurückzuführen. Dies haben die Sachverständigen übereinstimmend und für den Senat überzeugend dargestellt.
Die Klägerin wies zurzeit des Unfalls einem glaukomtypischen Optikusschaden auf, infolgedessen es unfallunabhängig zu deutlichen Visusminderungen und Gesichtsfeldeinschränkungen gekommen ist. Dr. B und Dr. S stimmen hierin überein. Dr. S hat ausgeführt:
Die Patientin erlitt durch den Unfall eine Orbitabodenfraktur. Eine Mitbeteiligung der Augen lag nach dem Unfall nicht vor. Dies belegen sowohl der Untersuchungsbefund während des stationären Aufenthalts in der MKG-Klinik C ( keine Visusverschlechterung angegeben Fundus ohne traumatische Veränderungen ) als auch die augenärztlichen Befunde in der Zeit danach. Es bestand zu diesem Zeitpunkt ein bereits weit fortgeschrittenes Glaukom. Der weitere Visus- und Gesichtsfeldverfall bis heute ist Folge des vorbestehenden Glaukoms und nicht des Traumas von 1999. Dies ist auch an der Art der Optikusatrophie erkennbar, es liegt eine glaukomatöse Aushöhlung (Excavation) des Sehnervenkopfes vor und keine "einfache" posttraumatische Abblassung, die typischerweise keine pathologische Excavation aufweist.
Prof. Dr. Bhat ausgeführt, dass keine Übereinstimmung bestehe mit der Ansicht von Dr. N, der in dem chirurgischen Gutachten eine unfallbedingte Schädigung des N. optikus vermute, aus der die Sehstörungen resultierten. Die Sehminderung sei erstmals im Oktober 1999 am rechten Auge zu verzeichnen und auf das bekannte Glaukom zurückzuführen. Soweit Dr. N am 10. Januar 2000 als Unfallfolge angegeben hat: "wahrscheinliche Schädigung des Nervus Optikus mit näher beschriebenen Sehstörungen", hat er dies nicht begründet.
Eine Erhöhung der MdE kommt nicht in Betracht.
Soweit Sensibilitätsstörungen im Versorgungsbereich des N. infraorbital links zweifelsfrei nachgewiesen sind und von Frau Dr. S nach Untersuchung am 24. Oktober 2001 diese objektiviert wurden, hat sie diese nachvollziehbar auf den Unfall als wesentliche Ursache zurückgeführt. Die Fraktur laterales Mittelgesicht und Orbitaboden links sei Ursache für den ursächlichen Zusammenhang. Nach der Beurteilung von Frau Dr. S handelt sich um eine dislozierte laterale Mittelgesichtsfraktur links inklusive Orbitabodenfraktur links mit noch bestehenden Sensibilitätsstörungen im Bereich der Wange und der Schleimhäute intraoral links als einzige objektivierbaren Spätfolgen. Sie bewertete die MdE aus kieferchirurgischer Sicht mit 5 v. H.
Die Beurteilung zum Kausalzusammenhang ist überzeugend. Allerdings rechtfertigen die Sensibilitätsstörungen keine MdE. Dr. B hat bereits diese Sensibilitätsstörungen als hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall zurückgeführt, diese allerdings mit 0 v. H. angegeben. Sie stellten eine geringfügige gesundheitliche Beeinträchtigung und keinen Befund dar, der als wesentlich zu bezeichnen sei. Auch Dr. Shatte eine Dysästhesie im Versorgungsgebiet des N. opthalmicus und des R. infraorbitalis als Unfallfolge dargestellt, ohne diesen eine Bedeutung im Hinblick auf die MdE beizumessen. Für den Senat nachvollziehbar ist die Sensibilitätsstörung, die in ihren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens ohne Bedeutung ist, unerheblich für eine MdE.
Allerdings selbst unter Berücksichtigung einer MdE von 5 v.H. würde sie die MdE nicht erhöhen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat zur Frage der Feststellung des unfallbedingten Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich ihre Bemessung einerseits individuell nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung des Verletzten durch die Unfallfolgen und andererseits nach dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens richtet (BSG SozR 2200 § 581 Nr 27; s auch die weiteren Nachweise bei Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 568g). Hat ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, so ist die MdE im ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (zur Feststellung der Gesamt-MdE im Rahmen des Schwerbehindertengesetzes) BSG Beschluss vom 24. November 1988- 2 BU 139/88.
Die "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" der einzelnen Schäden: Diplopie mit Kopfzwangshaltung und Sensibilitätsstörung führt hier nicht zu einer MdE über 20 v. Die Gesamtwürdigung erfordert eine funktionale Betrachtungsweise. Sie geht dahin, in einer "Gesamtbeurteilung" zu bemessen, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSGE 48, 8). Insoweit hat Dr. B nachvollziehbar Sensibilitätsstörungen keine Bedeutung beigemessen.
Soweit eine Narbe durch den Arbeitsunfall verursacht wurde, führt diese ebenfalls nicht zur Erhöhung der MdE.
Dr. B hat klargestellt, dass aufgrund seiner Untersuchung festgestellte Narbenbildung von 1,5 cm Länge am linken Auge am Orbitarand in der Augenbrauenbegrenzung eine MdE von 0 v. H. zu bewerten ist.
Dies entspricht den Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise bei Schönberger u.a. niedergelegt sind. Danach wird eine Gesichtsentstellung kosmetisch nur wenig störend mit einer MdE um, 10 v. H. bewertet (Schönberger u.a. 6. Auflage Seite 342, 7. Auflage Seite 342, 8. Auflage Seite 252).Es gibt keine Hinweise dafür, dass die Narbe entstellend ist.
Auch der von Dr. B angegebene "Zustand nach operativer Versorgung einer Mittelgesichtsfraktur bei noch liegender Miniplatte" ist mit einer MdE um 0 v. H. zu bewerten. Soweit er die unfallbedingte MdE mit maximal 15 v. H. in seinem Gutachten am 29. Juni 2001 angegeben hatte, bezog sich dies lediglich auf die Doppelbilder, wie seiner Stellungnahme aus dem Monat Juli 2011 zu entnehmen ist.
Die Chefärztin der HNO-Klinik des Städtischen Klinikums B Dr. hat bei ihrer Untersuchung zwar einen Verlust des Geruchssinns festgestellt, hat diesen allerdings überzeugend nicht auf den Unfall als wesentliche (Mit-)Ursache zurückgeführt. Der Unfall liege schon 11 Jahre zurück, aber erst 2010 ist über eine Geruchsstörung berichtet worden. Eine Fraktur im Bereich der Riechrinne der Nase durch den Unfall ist nicht bekannt. Die Sachverständige führte aus, ein Geruchsverlust sei differenzialdiagnostisch durch einen starken Schnupfen, einen Tumor im Gehirn, Verätzungen, Bestrahlungen oder eine Operation in diesem Gebiet möglich. Selbst wenn ein Hirntumor Ursache einer Riechstörung sein sollte, wäre diese nicht auf den Unfall zurückzuführen.
Überzeugend führte die Sachverständige aus, ein Intervall von über 10 Jahren sei nicht mehr geeignet, hier einen Kausalitätsnachweis zu führen. Der Zusammenhang des Geruchsverlustes mit dem Unfall werde daher nicht für wahrscheinlich gehalten.
Auch bestand bei der Untersuchung ein normales Geschmacksempfinden. Einen Speichelfluss hat sie nicht festgestellt.
Andere Umstände, die sich bei der MdE erhöhend auswirken, sind nicht feststellbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Gewährung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Folgen eines Arbeitsunfalls vom 16. Mai 1999.
Die 1944 geborene Klägerin war als Laborantin in der E- GmbH in G beschäftigt, als sie sich am 16. Mai 1999 gegen 08.00 Uhr mit dem Fahrrad auf dem Weg vom Betriebslabor zur Veredelungsanlage befand, um dort neue Proben für die Laboruntersuchungen zu holen. Sie führte dabei zwei Tragetaschen, die mit entsprechenden Behältnissen gefüllt waren, am Fahrradlenker. Eine der Tragetaschen geriet zwischen den Rahmen und das Vorderrad, woraufhin die Klägerin stürzte und sich verletzte. Gegen 18.00 Uhr traf die Klägerin beim Arzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Prof. Dr. W ein. Er diagnostizierte eine Jochbeinfraktur links, Schädigung und Trauma 1. Grades.
Die Klägerin wurde in der Zeit vom 16. Mai bis 18. Mai 1999 im E Krankenhaus L und vom 18. Mai 1999 bis 26. Mai 1999 im C-Klinikum C, Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité behandelt. U. a. erfolgte dort eine Orbitabodenrevision.
Die Beklagte holte einen Arztbericht vom Arzt für Chirurgie und Durchgangsarzt Dr. N ein, der über die Klägerin nach viermaliger Vorstellung zur Koordination und zum Behandlungsabschluss berichtete. Sie sehe mit sehr hohem Leidensdruck nach der OP ständig Doppelbilder.
Die Augenärztin Dr. B erstellte einen Krankheitsbericht im Juli 1999. Sie diagnostizierte "Doppelbilder nach Orbitabodenfraktur links, Hyperphorie, (Schielen). Seit Jahren bestehe ein Glaukom mit rechtsseitigen Gesichtsfeldausfällen.
Ein Arztbrief von der Augenärztin Dipl.-Med. K gelangte des Weiteren zu den Verwaltungsakten. Sie hatte bei der Untersuchung vom 05. Juli 1999 ein Bewegungsdefizit im linken Auge in den unteren drei Blickrichtungen festgestellt. Doppelbilder entstünden beim Blick nach unten, rechts unten. Ein Glaukom liege beidseitig vor.
Prof. Dr. B und Dr. L erstellten im November 1999 ein Rentengutachten. Sie stellten am rechten Auge einen glaukomatiösen Gesichtsfeldausfall und auf dem linken Auge ein regelrechtes Gesichtsfeld ohne Ausfälle fest. Ein Glaukomschaden des rechten Auges mit Gesichtsfelddefekt sei nicht Folge des Unfalls. Unfallfolgen seien Doppelbilder mit Abblick, eine Sensibilitätsstörung der linken Gesichtshälfte. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 v. H.
In der Zeit vom 08. bis 10. November 1999 hielt sich die Klägerin stationär auf im C-Klinikum. Dort wurde das Osteosynthesematerial entfernt.
Ein Rentengutachten wurde erstellt von Dr. N im Januar 2000. Die MdE schätzt er mit 15 v. H. ein.
Mit Bescheid vom 21. Januar 2000 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsunfall habe eine MdE in rentenberechtigendem Grade nach Beendigung des Anspruchs auf Verletztengeld nicht hinterlassen. Ein Anspruch auf Rente liege nicht vor. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Das Sehen der Doppelbilder verursache einen unsicheren Gang, sie sei schon mehrmals gestürzt. Sie leide an einer Nervendurchtrennung, die Speichelfluss verursache, den sie nicht mehr kontrollieren könne. Die linke Gesichtshälfte sei taub.
Prof. Dr. S erstattete im März 2000 gegenüber der Beklagten ein neurologisches Gutachten. Das Doppeltsehen resultiere wahrscheinlich aus einer geringfügigen Fehlstellung des Orbitalbodens. Als bleibende Traumafolge ergebe sich Doppelsehen beim Blick nach unten. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei wegen der Unfallfolgen ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit um 15 v. H. gemindert.
Mit Bescheid vom 07. August 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der am 31. August 2000 beim Sozialgericht (SG) eingegangenen Klage hat die Klägerin ihren Anspruch auf Rentenzahlung weiterverfolgt. Ihr Gesundheitszustand habe sich bis heute nicht gebessert. Noch immer leide sie überwiegend unter einem Taubheitsgefühl im Bereich der linken Gesichtshälfte, Stich- und Krabbelgefühl in der linken Wange. Manchmal fühle sich die Wange kochend heiß an und wirke wie narkotisiert. Sie habe das Gefühl, den Speichelfluss nicht kontrollieren zu können, da kein Gefühl in der linken Gesichtshälfte zu verspüren sei. Des Weiteren funktionierten die Augenmuskeln des linken Auges nicht mehr so wie die des rechten. Zwar sei sie sie schon vor dem Unfall an einem Glaukom erkrankt. Seit dem Unfall habe aber ihr Sehvermögen stark nachgelassen. Sie sehe nach operativer Korrektur der Fraktur bei dem Blick nach unten rechts permanent Doppelbilder. Diese Sehstörung beeinträchtige sie in allen Lebenslagen. Angestrengtes Sehen bereite ihr oft starke Kopfschmerzen. Seit dem Unfall habe sie einen sehr unsichereren Gang, müsse ständig mit gesenktem Kopf laufen. Als Folge der Doppelbilder sei sie gestürzt, wobei sie sich einen Muskelfaserriss im Oberschenkel und ein Hämatom zugezogen habe. Unter Berücksichtigung einer MdE in Höhe von 15 v. H. aus augenärztlicher, chirurgischer und neurologischer Sicht betrage die Gesamt-MdE, 25. v. H.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. August 2000 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des am 16. Mai 1999 erlittenen Arbeitsunfalls zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trug vor, die Beschwerden der Klägerin seien berücksichtigt worden. Bei der Ermittlung der Gesamt-MdE seien verschiedene MdE-Sätze nicht zusammenzurechnen. Die Gesamt-MdE sei mit 15 v. H. zutreffend eingeschätzt.
Das SG holte Befundberichte behandelnder Ärzte ein.
Der Facharzt für Chirurgie Dr. B erstattete im Juli 2001 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin im Juni 2001 ein schriftliches Gutachten. Die unfallbedingte MdE gab er mit maximal 15 v. H. an.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstattete Frau Dr. S, Ärztin für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des C-Klinikums C ein kieferchirurgisches Gutachten. Noch bestünden Sensibilitätsstörungen im Bereich der Wange und der Schleimhäute intraoral links als einzige anzuerkennende objektivierbaren Spätfolgen. Die MdE betrage aus chirurgischer Sicht 5 v. H.
Der Facharzt für Augenheilkunde Prof. Dr. B erstattete im August 2002 gemeinsam mit Dr. K gegenüber dem SG augenärztliches Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 15. Mai 2002 in der Augenabteilung der Schlossparkklinik. Im Ergebnis kam Prof. Dr. B zu der Beurteilung. Doppelbilder bei Abblick und "die kompensatorische Kopfzwangshaltung" seien eindeutig auf den Unfall zurückzuführen. Die von der Klägerin in der Epikrise des Klinikum C erwähnte Sehverschlechterung des rechten Auges sei nicht nachvollziehbar. Das zeitliche Zusammentreffen und die beschriebenen typischen Folgen von Orbitabodenfrakturen sprächen für einen ursächlichen Zusammenhang zu der Doppelbildsymptomatik. Die Beeinträchtigungen durch die Doppelbilder seien unmittelbar nach dem Unfall und der operativen Versorgung aufgetreten und seitdem unverändert und dauerhaft bestehend. Die zur Verminderung der Doppelbilder eingenommene Kopfzwangshaltung könne Sekundärschäden (HWS-Syndrom, Cephalgien) verursachen, die zurzeit von der Klägerin noch nicht beklagt würden. Die Gefahr einer Entwicklung von Sekundärschäden bestehe jedoch, solange eine Kopfzwangshaltung eingenommen werde. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v. H. Zugrunde gelegt würden die Empfehlungen von Haase und Steinhorst, die bei Doppelbildern im 10-30 Grad-Bereich bei Abblick eine MdE von 15 bis 20 Prozent vorschlügen. Da die Klägerin zusätzlich eine Kopfzwangshaltung einnehme, werde die MdE mit 20 v. H. für gerechtfertigt erachtet.
Die Beklagte übermittelte eine Stellungnahme von Dr. K vom 12. September 2002, der darauf hinwies, dass die totale Erblindung eines Auges mit 15 v. H. gewertet werde. So schlimm sei der Zustand der Klägerin nicht.
Mit dem am 24. November 2003 verkündeten Urteil hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die unfallbedingte MdE sei unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur und der Beurteilung der Sachverständigen Dres. N, B sowie Prof. Dr. St unter 20 v. H. zu bewerten. Da die totale Erblindung des Auges mit einer MdE in Höhe von 25 v. H. gewertet werde, entspreche eine Wertung mit 20 v. H. einer weitestgehenden Erblindung. So schlimm sei der Zustand jedoch eindeutig nicht. Darüber hinaus sei dem Gericht bei der Entscheidung eine Abweichung von der Bewertung durch den Unfallversicherungsträger von 5 v. H. verwehrt. Man könne also nicht zur Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 20 v. H. verurteilen, wenn die Beklagte wie vorliegend die MdE im angegriffenen Bescheid mit 15 v. H. bewerte (unter Bezugnahme auf BSGE 43, 53). Mit der Bewertung der MdE müsse eine gewisse Unschärfe hingenommen werden. Eine punktgenaue Bewertung in Schritten von 1 v. H. sei nicht möglich. Der Schätzung sei eine natürliche Schwankungsbreite eigen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn die Beklagte von unzutreffenden oder unvollständigen Befunden ausgegangen sei, die Bewertung der MdE auf unsachlichen Erwägungen beruhe oder ihre Einschätzung der MdE gefestigten allgemeinen Erfahrungswerte widerspreche (Hinweis auf BSGE 41, 99). Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Juni 2004 beim Landessozialgericht (LSG) für das Land Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Insbesondere wurde zur Begründung Bezug genommen auf das Gutachten von Dres. B und K. Die von Dr. B angeführte Kopfzwangshaltung der Klägerin sei von Dr. B außer Acht gelassen. Dass diese zu einer erheblichen MdE führe, verstehe sich von selbst. Durch den Unfall hervorgerufenen Doppelbilder, welche zu der Kopfzwangshaltung nach unten führten, bildeten ganz eindeutig einen Schwerpunkt hinsichtlich der Einschätzung der MdE. Daher werde für bedenklich gehalten, dem Gutachten eines Chirurgen gegenüber dem Gutachten des Augenarztes den Vorzug zu geben. Soweit das SG die angeblich nicht nachweisbaren Sensibilitätsstörungen im Gesichtsbereich auf das Gutachten von Dr. St stütze, befremde dies, da der Gutachter bereits im Vorverfahren tätig geworden sei, so dass dessen Objektivität mehr als fraglich erscheine. Sensibilitätsstörungen seien hingegen von Dr. S bestätigt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. August 2000 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren beginnend am 16. Mai 1999.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Berufungsverfahren wurde von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte die Akte zur Versicherungsnummer beigezogen. Ablichtungen der dort enthaltenen Gutachten des Augenarztes Dr. R und des Facharztes für Orthopädie Dr. W wurden zu den Gerichtsakten genommen und den Beteiligten zur Kenntnis übersandt.
In der nichtöffentlichen Sitzung des 27. Senats des LSG Berlin-Brandenburg vom 30. September 2005 wurde Prof. Dr. B vom Berichterstatter als Sachverständiger vernommen. Er begründete seine MdE mit 20 v. H. auf der Grundlage des Schemas von Haase/Steinhorst, S. 387 bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage. Das Doppelsehen der Klägerin beim Abblick beziehe sich jetzt auf den Bereich zwischen 10 und 30 Grad. Daraus resultiere ein Rahmen für die MdE-Beurteilung von 15 bis 20. Er halte die Ausnutzung dieses Rahmens also eine MdE von 20 v. H. für gerechtfertigt, weil bei der Klägerin eine Kopfzwangshaltung zur Vermeidung der Diplopie hinzukomme.
Die Beklagte übersandte eine Stellungnahme des Ärztlichen Direktors der Augenklinik B-M Dr. Dvom 17. Februar 2006. Dieser wies darauf hin, dass in beiden Gutachten von Prof. Dr. Beine exakte Bestimmung des Bereiches in Grad, in dem die Doppelbilder aufträten, fehlten. Es sei ausschließlich eine Schätzung erfolgt.
Prof. Dr. B nahm zu der Beurteilung von Dr. D im Mai 2006 Stellung.
Die Beklagte überreichte dazu eine Stellungnahme von Dr. D vom 13. Juni 2006. Er wiederholte, dass die Anwendung des Schemas nach Haase und Steinhorst eine Messung der Winkel voraussetze, in denen bei jeweiliger Blickrichtung Doppelbilder aufträten. Dies sei im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens 2002 in der Schlossparkklinik nicht erfolgt.
Im Juli 2006 wurde Prof. Dr. B vom Gericht gebeten, die Klägerin einer erneuten Untersuchung zu unterziehen. Prof. Dr. B übersandte im September 2006 eine orthoptische Zusatzuntersuchung zum Gutachten. Die MdE von 20 Prozent sei nach dem aktuellen Befund gerechtfertigt.
Die Beklagte überreichte dazu Stellungnahme von Dr. D vom 27. September 2006. Er beanstandete, dass bei dieser Zusatzuntersuchung eine Kinnsenkung und Drehung des Kopfes nach rechts berücksichtigt werden.
Die Beklagte teilte mit, das Vorliegen von Doppelbildern werde von ihr nicht generell bestritten. Sie wies darauf hin, dass weiterhin nicht objektivierbar sei, was die Ursache der Doppelbildsymptomatik sei. Auch das Ausmaß (Blickwinkel) lasse sich nicht eindeutig definieren. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die in der Zwischenzeit beschriebene Verschlechterung der Doppelbildsymptomatik von 10 v. H. auf 20 v. H. auf Materialentfernung zurückzuführen sein solle. Prof. Dr. B setze sich nicht mit der Glaukomerkrankung als möglichen Grund der Verschlechterung der Doppelbildsymptomatik auseinander.
Ein gegen Dr. D gestellter Befangenheitsantrag der Klägerin wurde zurückgenommen.
Von der Praxis Dr. W wurden Aufzeichnungen zu Konsultationen der Klägerin dort ab 2001 beigezogen. Danach litt die Klägerin ab 2001 an Beschwerden im Bereich der Lenden- und sowie an Coxarthrose, Gonarthrose und Halswirbelsäule.
Die Klägerin teilte mit, dass sie zwischenzeitlich den Geruchssinn verloren habe. Ursache hierfür sei der streitgegenständliche Unfall. Den Verlust des Geruchssinns habe sie bereits unmittelbar nach dem Unfall bemerkt und gehofft, es würde sich normalisieren.
Ein Befundbericht wurde eingeholt von Dipl.-Med. N, Facharzt für HNO-Krankheiten vom 10. Februar 2010. Krankenunterlagen des Augenarztes Dr. S wurden beigezogen.
Die Chefärztin der HNO-Klinik des Städtischen Klinikums Brandenburg Dr. Didzcuneit-Sandhop erstattete im August 2010 mit der Fachärztin für HNO-Krankheiten Dr. M ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 26. Juni 2010. Es fand sich im Geruchstest eine Anosmie, ein Verlust des Riechvermögens. Eine Kausalität zum Unfall sei nicht zu beweisen.
CA a. D. Dr. D. P. S Arzt für Augenheilkunde erstattete im November 2010 ein augenärztliches Gutachten nach Untersuchung der Klägerin vom 27. Juli 2010. Die unfallbedingte MdE durch die Diplopie betrage 20 v. H. seit dem Unfall. In der Augenheilkunde werde die Einschätzung der MdE in der Regel nach den Empfehlungen der Ophtamologischen Gesellschaft (DOG) vorgenommen, wie von Gramberg-Danielsen publiziert.Dr. Dr. S nahm am 14. Februar 2011 und im Juni 2011 weiter Stellung. Er führte aus, eine objektive Messung sei aufgrund der schweren Glaukomschädigung nicht mehr möglich. Die Festlegung der MdE müsse daher unter Berücksichtigung des letzten verwertbaren orthoptischen Befundes (21.07.06) erfolgen. Die Einschätzung einer MdE von 20% erfolge unter Berücksichtigung des Doppelbildbereiches und der Kopfzwangshaltung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung der Klägerin ist begründet für die Zeit vom 15. Mai 2002 bis 21. Juli 2006. Im Übrigen ist sie unbegründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind für diesen Zeitraum nicht rechtmäßig. Das SG hat zu Unrecht die Klage insgesamt abgewiesen. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass ihres Unfalls vom 16. Mai 1999 für den vorgenannten Zeitraum.
Nach § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, im Fall des Fehlens eines Stützrententatbestandes - wie im vorliegenden Fall - einen Anspruch auf Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Nach diesen Vorgaben war der Unfall der Klägerin am 16. Mai 1999 ein Arbeitsunfall, als sie sich bei der versicherten Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII verletzte und eine unmittelbar als Erstschaden Orbitabodenfraktur davontrug. Die Beklagte hat im Bescheid vom 21. Januar 2000 den Arbeitsunfall des Klägers bindend anerkannt, § 77 SGG, indem sie ausführte: "Ihr Arbeitsunfall hat eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Grade nicht hinterlassen".
Der Unfall ist mit Wahrscheinlichkeit wesentliche (Mit-)Ursache des Sehens von Doppelbildern mit einer Kopfzwangshaltung und Sensibilitätsstörungen, wodurch die Erwerbsfähigkeit der Klägerin vom 15. Mai 2002 bis 21.Juli 2006 nachweislich gemindert ist um wenigstens 20 v. H.
Nach der im Unfallversicherungsrecht geltenden maßgeblichen Lehre von der wesentlichen Bedingung ist eine Bedingung als (mit-)ursächlich anzusehen, wenn sie im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen hat (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), BSGE 1, 76 ff.). Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, also Art und Ausmaß der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach den Einwirkungen, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung von individuellen Versicherten sind der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen.
Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigender Einwirkung und Erkrankung ist eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Gewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Der ursächliche Zusammenhang ist jedoch nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht ausschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59).
Nach diesen Maßstäben hat sich der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) davon überzeugt, dass die Doppelbilder auf den Unfall als wesentliche (Mit-)Ursache mit Wahrscheinlichkeit zurückzuführen sind, nachdem als Erstschaden durch den Unfall eine Orbitabodenfraktur verursacht wurde. Dies hat jeder der gerichtlich bestellten Sachverständigen ausgeführt. Der Senat folgt diesen Beurteilungen. Dr. B hat dies insbesondere unter Hinweis entsprechender Literatur ausführlich und überzeugend begründet. Dr. B hat ausgeführt:
"Orbitabodenfrakturen sind bei 32 % der Patienten von einer Mitverletzung des Auges begleitet. Knochensplitter können Nerven, Muskeln oder auch Gefäße durchtrennen, gelegentlich aber reaktionslos in der Orbita einheilen. Einklemmungen der Muskulatur, besonders der Rectus inferior und des Obliquus inferior, komplizieren die Orbitabodenfrakturen." (1) "Die häufige Folge von Frakturen im Orbitabereich, besonders des Orbitabodens, ist die passive Einschränkung der Bulbusbeweglichkeit. Als Folge sind erhebliche Asthenopien oder Doppelbilder möglich." (2) Die von der Patientin beklagten Schwierigkeiten beim Treppensteigen, Lesen und Arbeiten sind typische Symptome, wenn Doppelbilder bei Abblick auftreten. Als Ursache liegen wahrscheinlich Bewegungseinschränkungen des Musculus rectus inferior zugrunde, die bereits bei der orthoptischen Untersuchung vom Juli 1999 gefunden wurde. Häufiger sind zwar die Hebeeinschränkungen des Muskels, bei "Fraktur weit hinten im Orbitaboden und wenn der Patient beim Trauma nach oben geblickt hat, kann die Senkung stärker eingeschränkt sein" (3).
Differentialdiagnostisch könnte auch das Vorliegen einer Trochlearisparese infolge des Schädelhirntraumas in Betracht kommen. Allerdings müsste neben den auch hier typischen Doppelbildern bei Abblick eine Verrollung des linken Auges nachweisbar sein. Diese sei aber in keinem der Vorbefunde beschrieben und nicht nachweisbar. Das Vorliegen einer Trochearisparese sei eher unwahrscheinlich. Die Doppelbilder seien in jedem Fall auf den Unfall zurückzuführen.
Dr. S hat darauf hingewiesen, dass der Unfallhergang, der operative Eingriff und die Folgesymptome belegten, dass der Unfall die Doppelbilder verursacht habe und nichts gegen den Unfallzusammenhang spreche.
Auch eine Kopfzwangshaltung nach unten und rechts ist ab 15. Mai 2002 von den gerichtlich bestellten Gutachtern festgestellt und auf den Unfall als wesentliche Ursache zurückgeführt worden. Dies ist überzeugend, so dass der Senat diese Beurteilung teilt.
Dr. B hat anlässlich seiner Untersuchung vom 15. Mai 2002 festgestellt, die Klägerin weise eine Kopfzwangshaltung nach unten und rechts auf, da sich die Beschwerden bei geradem oder links geneigtem Kopf verstärkten. Anlässlich seiner Vernehmung im Termin vom 30. September 2005 hat er ausgeführt, die Kopfzwangshaltung werde von der Klägerin zur Vermeidung der Diplopie eingenommen. Es gebe nach den vorliegenden ärztlichen Befunden keinen Hinweis auf anderweitige Ursachen der Kopfhaltung als den, Folge des Doppelsehens nach dem Unfall zu sein.
Die Einwendungen von Dr. D sind zu diesem Thema für den Senat nicht nachvollziehbar und vermögen die Beurteilung von Dr. B nicht in Zweifel zu ziehen.
Das Doppelsehen mit Kopfzwangshaltung rechtfertigt eine MdE um 20 v.H.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung des Grades der MdE wird vom BSG als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung treffe (BSG, Urteil vom 02. Mai 2001 – B 2 U 24/00 R, zitiert nach juris). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeit. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind ein wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG, SozR 2200 § 581 Nr. 22). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlich und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls kann die Höhe der MdE eingeschätzt werden (BSGE SozR § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem unfallversicherungsrechtlichen und unfallmedizinischem Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (SozR 4-2700 56 Nr. 1).
Nach diesen Maßstäben, die der Senat zugrunde legt, ist die MdE ab dem 15. Mai 2002 mit 20 v. H. zu bewerten.
Prof. Dr. Bund Dr. S begründen diese Höhe überzeugend mit den in der unfallmedizinischen Literatur abgedruckten Erfahrungswerten, die dem Stand der Wissenschaft, der Rechtsprechung und dem Schrifttum entsprechen.
Am 05. Juli 1999 wurden am so genannten Hess-Gitter am linken Auge der Klägerin Doppelbilder beim Blick nach unten, rechts unten festgestellt, ein Bewegungsdefizit in den unteren drei Blickrichtungen anlässlich einer Untersuchung durch Dipl.-Med. K Sie erhob als Befund am 05. Juli 1999:
Orthoptik: größte subj. Diplopie, rechts unten Bielschowsky, Höherstand links Wing: 1^ Esophorie 2^ Linkshyperphorie keine Verrollung Worth F: li/re VD Schober F: li/re VD Maddox-Cylinder: 5m 3° Linkshyperphorie Hessgitter: Hyperphorie links keine paretischen Zeichen Cover: N o. Pr.: sc II-Stand, mit feinen EB aus Divergenz Links höher alles sehr fein Konvergenz: gut bis mäßig Motilität: in den unteren 3 Blickrichtungen bleibt links zurück Doppelbilder beim Blick nach unten, rechts unten
Diagnose: Doppelbilder Dauerdiagnosen: Z. n. Orbitabodenfraktur links Glaukom beidseitig
Beurteilung: Bei der heutigen Untersuchung konnten wir ein Bewegungsdefizit, in den unteren drei Blickrichtungen, am linken Auge feststellen.
Diese Beurteilung rechtfertigt die Anwendung des Schemas nach Haase und Steinhorst und dort die Einordnung in die Zone 3, wonach die MdE mit 15 bis 20 v. H. beurteilt werden kann (Arbeitsunfall und Berufskrankheit, Schönberger/Mehrtens/Valentin, 6. Auflage 1998, S. 356, 7. Auflage 2003, S. 387, 8. Auflage S. 297). Auch die Tabelle bei Gramberg-Danielsen, Medizinische Grundlagen der augenärztlichen Untersuchung (2. Auflage1996 S. 148), die den Beteiligten ebenfalls bekannt gegeben wurde, sieht dies vor.
Dr. D hat in seiner Stellungnahme vom 17. Februar 2006 insoweit sehr nachvollziehbar ausgeführt, dass aufgrund dieser von Frau K erhobenen Befunde quantifizierte Doppelbilder nachweisbar seien und dass das Schema von Haase und Steinhorst angewendet werden könne. Aufgrund dieser dokumentierten Doppelbilder könne in Anwendung des Schemas nach Haase und Steinhorst festgestellt werden, dass, wenn in der beschriebenen Zone 3 Doppelbilder aufträten, diese mit 15 bis 20 v. H. der MdE bewertet werden könnten.
Soweit Dr. meint, da die Doppelbilder ausschließlich beim Blick nach unten, also in weniger als der Hälfte des Doppelbilderbereichs aufträten, seien hiervon Abzüge vorzunehmen, wird dies von der Tabelle bei Gramberg-Danielsen aaO nicht gedeckt. Sie sieht diesen Abzug nicht vor. Da Dr. am 10. Juni 2011 mitgeteilt hat, in der augenärztlichen Begutachtung werde den Empfehlungen der Optalmologischen Gesellschaft gefolgt, die Gramberg- Danielsen publiziert habe, hat der Senat keine Bedenken, auch für die Zeit vor 2003 ohne Abzüge von einer MdE um 15-20 für die Doppelbilder bei Abblick zugrunde zu legen.
Auch wenn nachweislich nach dem Untersuchungsbefund von Frau Dr. K aufgrund des schlechten Visus und der Gesichtsfeldausfälle keine weiteren Untersuchungen am so genannten Hess-Gitter erfolgt sind, ist es gerechtfertigt, bis zur Untersuchung durch Prof. Dr. am 21.Juli 2006 von einem gesicherten Befund insoweit auszugehen, als die Doppelbilder in die Zone 3 eingeordnet werden können, die eine Beurteilung von 15 bis 20 v. H. rechtfertigen.
Auch Prof. Dr. Bhat anlässlich seiner Untersuchung vom 15. Mai 2002 zur Überzeugung des Senats zweifelsfrei festgestellt, dass sich das Doppelsehen der Klägerin beim Abblick (zu jenem Untersuchungszeitpunkt) auf den Bereich zwischen 10 und 30 Grad beziehe. Anlässlich seiner Vernehmung am 30. September 2005 hat er dies im Einzelnen begründet. Er führt aus:
Wenn ich danach gefragt werde, weshalb in meinem Gutachten vom 02. November 1999 noch von einer MdE von 10 v. H. die Rede ist, kann ich dazu sagen, dass damals das Doppelbildersehen erst bei einem Blickwinkel von über 30 Grad nach unten aufgetreten war. Dies ergibt nach dem Schema von Haase/Steinhorst nur eine MdE von 10 v. H.
Er führte weiter aus, dass er als Untersucher genau darauf achte, ab welchem Abwinkel ein Doppeltsehen angegeben werde, auch wenn dies nicht schriftlich niedergelegt werde.
Dass der Abwinkel sich bis 21. Juli 2006 derart verändert hat, dass die Einordnung in Zone 3 nicht mehr gerechtfertigt wäre, ist nicht ersichtlich.
Bei der Untersuchung Dr. B am 19. Februar 2004 waren gemäß ihrem ärztlichen Befundbericht zum Rentenantrag bei der Rentenversicherung Doppelbilder beim Blick nach unten und rechts feststellbar.
Des Weiteren stellte Dr. aufgrund seiner Untersuchung vom 17. Juni 2004 eine Diplopie mit Kopfzwangshaltung fest. Er beurteilte die hierzu gemachten Angaben als glaubhaft, sie entsprächen dem objektiven Befund.
Entgegen der Einwände von Dr. haben sowohl Prof. Dr. als auch Dr. die Diplopie und das Doppelsehen für erwiesen erachtet.
Prof. Dr. hatte auf den Einwand von Dr. erklärt, das Doppelsehen sei nicht an die Sehschärfe gebunden. Hiermit in Übereinstimmung stehen seine Feststellungen anlässlich der Untersuchung vom 21. Juli 2006, wo noch Doppelbilder und Kopfzwangshaltung der Klägerin objektiviert wurden. Dies ist aufgrund der Untersuchungsergebnisse der orthoptische Zusatzuntersuchung zum Gutachten nachvollziehbar: Die schon 1999 beschriebenen Bewegungseinschränkungen am linken M. rect. inf. DB-Folge hätten sich deutlich herausarbeiten und quantitativ messen lassen. Der Covertest zeige deutlich in Primärposition eine Vertikalabweichung von 2 Grad. Nach HHR verstärke sich die VD im Abblick geringfügig. Sie sei messtechnisch jedoch nicht voll erfassbar gewesen. Die Untersuchung an der Tangentenskala nach Harms sei nicht möglich gewesen, da der Visus zu schlecht bzw. Gesichtsfeldausfälle vorhanden gewesen seien. Für die Bewertung der MdE sei lediglich der Bereich in dem DB aufträten, nicht der DB-Abstand maßgebend.
Die zusätzlich zu den Doppelbildern festgestellte Kopfzwangshaltung ist ebenfalls durch den Arbeitsunfall bzw. durch dessen Folgen mit Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit-) verursacht worden und rechtfertigt im Zusammenhang mit den Doppelbildern die MdE mit 20 v. H. Gramberg-Danielsen führt dazu auf Seite 147 aaO aus:
Es sollte bei der gutachterlichen Bewertung berücksichtigt werden, ob der Patient durch die Doppelbilder zum Einnehmen einer Kopfzwangshaltung gezwungen wird. Eine Zwangshaltung zur Vermeidung von Doppelbildern kann ein zusätzliches erhebliches Erschwernis darstellen und führt nicht etwa zu einer geringeren Beeinträchtigung des Betroffenen. Es sei in diesem Zusammenhang auf die möglichen Sekundärschäden (Halswirbelsäulensyndrom, Cephalgien etc.) verwiesen Der Gutachter sollte trotzdem zunächst das diplopiefreie Blickfeld bei gerader Kopfhaltung messen, danach kann er die Erleichterung für den Patienten durch mäßige Kopfzwangshaltung berücksichtigen. Hier werden absichtlich keine Gradzahlen genannt.
Der Senat folgt den Sachverständigen Prof. Dr. B und Dr. S, die eine Berücksichtigung der Kopfzwangshaltung bei der Beurteilung der MdE befürworten. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B im Jahr 2002 führte die kompensatorische Kopfzwangshaltung zur Vermeidung von Doppelbildern mit Kinnsenkung und geringer Neigung des Kopfes nach rechts nach geringer Zeit zu Halswirbelsäulenbeschwerden im Sinne eines HW-Syndroms.
Die Klägerin wurde durch die Diplopie zur Kopfzwangshaltung gezwungen und diese hat zur Unterhaltung von Verspannungen im Nackenbereich beigetragen. Dies folgt aus den vorliegenden Gutachten.
Dr. T hat auf orthopädischem Fachgebiet in seinem Gutachten gegenüber der Bundesversicherungsanstalt aufgrund der Untersuchung der Klägerin vom 23. März 2004 erklärt, die Klägerin müsse zur Verminderung von Doppelbildern den Kopf vorneigen und nach links drehen. Dies sei eine Kopfzwangshaltung, die sicherlich zur Unterhaltung der Verspannungen im Nackenbereich und somit zur Beschwerdepersistenz beitrage. Auch von Seiten der Halswirbelsäule stünden ihr qualifizierte Leistungseinschränkungen zu.
Die Kopfzwangshaltung ist erstmals aktenkundig geworden bei der Untersuchung durch Prof. Dr. B am 15. Mai 2002, so dass erst zu diesem Zeitpunkt die MdE mit 20 v.H. und ein Rentenanspruch begründet ist. Vor diesem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. B am 15. Mai 2002 lässt sich die Kopfzwangshaltung nicht zweifelsfrei feststellen. Die Befundberichte und sonstigen Aufzeichnungen behandelnder Ärzte insbesondere auch die sachverständigen Gutachten ergeben hierzu nichts. Auch Dr. hat insoweit in Übereinstimmung mit der Aktenlage festgestellt, dass erst 2002 die Kopfzwangshaltung dokumentiert ist.
Prof. Dr. B hat 1999 eine Kopfzwangshaltung nicht festgestellt. Dr. S hat eine Kopfzwangshaltung nicht dokumentiert anlässlich der Untersuchung vom 24. Oktober 2001. Dr. B hat am 25. Juni 2001 bei seiner Untersuchung eine Kopfzwangshaltung ebenfalls nicht dokumentiert.
Es gibt keine sonstigen Unterlagen dafür, die dafür sprechen, dass eine Kopfzwangshaltungsuntersuchung vor dem Jahr 2002 zweifelsfrei nachweisbar ist. Hingegen folgt aus den Aufzeichnungen des Facharztes für Orthopädie Dr. W erstmals ein Untersuchungsbefund zur Halswirbelsäule. Am 17. Dezember 2002 und am 23. März 2003 wurde in der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Kein bildgebender Befund zur HWS erhoben.
Von Dr. S wurde eine Kopfzwangshaltung nicht mehr festgestellt.
Entsprechend ist die MdE mit 20 v.H. und ein Rentenanspruch nur begründet vom 15. Mai 2002 bis zur Untersuchung durch Prof. Dr. B am 21. Juli 2006. Dr. S hat des Weiteren darauf hingewiesen, dass nur aufgrund der Untersuchungsbefunde von Prof. Dr. B am 21. Juli 2006 von einem gesicherten Befund auszugehen ist. Er teilte am 10. Juli 2011 mit, Verschlechterungen von Visus und Gesichtsfeld ließen einen exakten orthoptischen Status nicht mehr zu, eine objektive Messung sei aufgrund der Glaukomschäden nicht mehr möglich. Der letzte verwertbare orthoptische Befund stamme vom 21. Juli 2006. Dort seien die letzten verwertbaren orthoptischen Befunde erhoben worden.
Eine objektive Messung sei aufgrund der schweren Glaukomschädigung nicht mehr möglich. Die Festlegung der MdE müsse dann unter Berücksichtigung des letzten verwertbaren Befundes vom 21. Juli 2006 erfolgen. Zum Zeitpunkt seiner Untersuchung wurde als Befund nur noch erhoben, dass eine Einschränkung der Beweglichkeit des Auges vorlag. In Doppelbildern konnte er nur Angaben der Klägerin wiedergeben (Stellungnahme vom 10.Juni 2011). Er selbst konnte lediglich noch den Befund erheben "Visus Ferne rechts Lichtschein mit falscher Projektion". Folgerichtig fehlte es auch an der Dokumentation einer Einnahme einer Kopfzwangshaltung der Klägerin durch ihn.
Dies entspricht dem Hinweis von Prof. Dr. Bin seinem Gutachten 2002, wonach bei einer Erblindung eines Auges, z. B. aufgrund der Progression des Glaukoms die Doppelbilder verschwänden.
Die Beurteilung der MdE mit 20 v. H. im Zeitraum vom 15. Mai 2002 bis 21. Juli 2006 widerspricht nicht den Grundsätzen des BSG.
Das SG hat insoweit unzutreffender Weise ausgeführt, dem Gericht sei bei der Entscheidung über eine MdE-Feststellung eine Abweichung von der Bewertung durch den Unfallversicherungsträger um 5 v. H. verwehrt.
Die Rechtsprechung des BSG lässt im vorliegenden Fall eine Abweichung von 5. v. H. durchaus zu. Das BSG hat ausgeführt:
Mit welchem Prozentsatz eine unfallbedingte MdE zu bewerten ist, läßt sich – anders als etwa beim Jahresarbeitsverdienst, der mit der MdE zu den Grundlagen der Rentenberechnung gehört (§ 581 RVO) – in aller Regel nicht mathematisch-exakt festlegen, sondern nur annähernd bestimmen, wobei üblicherweise Stufen gewählt werden, die durch die Zahl 10, allenfalls 5 oder 3 teilbar sind. Die Bewertung der MdE ist mithin ihrem Wesen nach eine Schätzung, der – wie jeder Schätzung – eine gewisse Schwankungsbreite eigentümlich ist. Soweit dabei bestimmte Grenzen nicht überschritten werden, ist jede innerhalb der Toleranzspanne liegende Schätzung gleichermaßen rechtmäßig. Als äußerste Grenzen der Spanne hat schon das frühere Reichsversicherungsamt Abweichungen um 5 v. H. nach oben oder nach unten angesehen (vgl. BSG 32, 245, 246 f; 37, 177, 178 f). Das Bundessozialgericht (BSG) ist dem gefolgt und hat dabei auf gesetzliche Regelungen verwiesen, nach denen eine MdE von 10 v. H. die untere Grenze dessen ist, was medizinisch und wirtschaftlich messbar sei (BSG 32, 245, 249). Das bedeutet, dass eine Schätzung der MdE durch den Versicherungsträger so lange als rechtmäßig anzusehen ist, als eine spätere Schätzung durch das Gericht (bzw. den von ihm gehörten ärztlichen Sachverständigen) nicht um mehr als 5 v. H. von der früheren abweicht. Das gilt allerdings nur unter der – selbstverständlichen – Voraussetzung, dass im Verwaltungsverfahren die Schätzungsgrundlagen richtig ermittelt worden sind, ferner alle für die Schätzung wesentlichen Umstände hinreichend gewürdigt sind und die Schätzung selbst nicht auf falschen oder unsachlichen Erwägungen beruht (vgl. BSG 11, 102, 118, dort für die Schätzung des Umfangs einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise im Kassenarztrecht). Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, sind also etwa die medizinischen Befunde – als Grundlage für die ärztliche Beurteilung der MdE – nicht richtig oder vollständig erhoben worden oder haben sie sich später geändert, dann ist auch eine nur um 5 v. H. von der Schätzung des Versicherungsträgers abweichende Bewertung der MdE durch das Gericht zulässig (vgl. BSG 37, 177, 179 und die dort angeführte Entscheidung des LSG Baden-Württemberg, Breithaupt 1973, 891). Das gleiche gilt, wenn der Versicherungsträger oder der von ihm gehörte ärztliche Sachverständige einen allgemeinen Erfahrungssatz für die Bewertung bestimmter Verletzungsfolgen nicht beachtet hat (vgl. SozR 2200 Nr. 5 zu § 581 RVO) oder der Bewertung der MdE erkennbar falsche oder unsachliche Erwägungen zugrunde liegen. Von diesen Rechtsgrundsätzen ist nicht nur bei einer Neufeststellung der Dauerrente wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse i. S. des § 622 RVO (BSG 32, 245), sondern auch dann auszugehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – die erste Feststellung der Dauerrente streitig ist. Das hat der 2. Senat des BSG inzwischen klargestellt (SozR 2200 Nr. 5 zu § 581 RVO). Der erkennende Senat, der die Frage bisher nicht entschieden hat (vgl. BSG 37, 177, 179), schließt sich dieser Auffassung an; denn es lassen sich keine überzeugenden Gründe erkennen, um eine spätere (neue) Feststellung der Dauerrente anders als die erste zu behandeln. Hat der Versicherungsträger dagegen die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt, weil eine MdE im rentenberechtigendem Grade nicht vorliege, so ist das Gericht, wenn es den Rentenanspruch bejaht, bei der Bewertung der MdE frei, da in diesem Falle eine Schätzung der MdE durch den Versicherungsträger nicht vorliegt (vgl. BSG 37, 177, 180 und SozR aaO S. 21).
Hier hatte die Beklagte die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt, weil eine MdE in rentenberechtigendem Grade nicht vorliege. Eine Schätzung durch die Beklagte ist nicht erfolgt.
Zudem hatten sich medizinische Befunde als Grundlage der Beurteilung der MdE geändert: Die Kopfzwangshaltung wurde erst nach Erlass der Bescheide zweifelsfrei feststellbar und war erst nach Erlass der Bescheide bei der MdE-Beurteilung heranzuziehen.
Weitere Unfallfolgen auf augenärztlichem Fachgebiet sind nicht nachgewiesen. Insbesondere eine Sehverschlechterung ist nicht auf den Unfall als wesentliche (Mit-)Ursache zurückzuführen. Dies haben die Sachverständigen übereinstimmend und für den Senat überzeugend dargestellt.
Die Klägerin wies zurzeit des Unfalls einem glaukomtypischen Optikusschaden auf, infolgedessen es unfallunabhängig zu deutlichen Visusminderungen und Gesichtsfeldeinschränkungen gekommen ist. Dr. B und Dr. S stimmen hierin überein. Dr. S hat ausgeführt:
Die Patientin erlitt durch den Unfall eine Orbitabodenfraktur. Eine Mitbeteiligung der Augen lag nach dem Unfall nicht vor. Dies belegen sowohl der Untersuchungsbefund während des stationären Aufenthalts in der MKG-Klinik C ( keine Visusverschlechterung angegeben Fundus ohne traumatische Veränderungen ) als auch die augenärztlichen Befunde in der Zeit danach. Es bestand zu diesem Zeitpunkt ein bereits weit fortgeschrittenes Glaukom. Der weitere Visus- und Gesichtsfeldverfall bis heute ist Folge des vorbestehenden Glaukoms und nicht des Traumas von 1999. Dies ist auch an der Art der Optikusatrophie erkennbar, es liegt eine glaukomatöse Aushöhlung (Excavation) des Sehnervenkopfes vor und keine "einfache" posttraumatische Abblassung, die typischerweise keine pathologische Excavation aufweist.
Prof. Dr. Bhat ausgeführt, dass keine Übereinstimmung bestehe mit der Ansicht von Dr. N, der in dem chirurgischen Gutachten eine unfallbedingte Schädigung des N. optikus vermute, aus der die Sehstörungen resultierten. Die Sehminderung sei erstmals im Oktober 1999 am rechten Auge zu verzeichnen und auf das bekannte Glaukom zurückzuführen. Soweit Dr. N am 10. Januar 2000 als Unfallfolge angegeben hat: "wahrscheinliche Schädigung des Nervus Optikus mit näher beschriebenen Sehstörungen", hat er dies nicht begründet.
Eine Erhöhung der MdE kommt nicht in Betracht.
Soweit Sensibilitätsstörungen im Versorgungsbereich des N. infraorbital links zweifelsfrei nachgewiesen sind und von Frau Dr. S nach Untersuchung am 24. Oktober 2001 diese objektiviert wurden, hat sie diese nachvollziehbar auf den Unfall als wesentliche Ursache zurückgeführt. Die Fraktur laterales Mittelgesicht und Orbitaboden links sei Ursache für den ursächlichen Zusammenhang. Nach der Beurteilung von Frau Dr. S handelt sich um eine dislozierte laterale Mittelgesichtsfraktur links inklusive Orbitabodenfraktur links mit noch bestehenden Sensibilitätsstörungen im Bereich der Wange und der Schleimhäute intraoral links als einzige objektivierbaren Spätfolgen. Sie bewertete die MdE aus kieferchirurgischer Sicht mit 5 v. H.
Die Beurteilung zum Kausalzusammenhang ist überzeugend. Allerdings rechtfertigen die Sensibilitätsstörungen keine MdE. Dr. B hat bereits diese Sensibilitätsstörungen als hinreichend wahrscheinlich auf den Unfall zurückgeführt, diese allerdings mit 0 v. H. angegeben. Sie stellten eine geringfügige gesundheitliche Beeinträchtigung und keinen Befund dar, der als wesentlich zu bezeichnen sei. Auch Dr. Shatte eine Dysästhesie im Versorgungsgebiet des N. opthalmicus und des R. infraorbitalis als Unfallfolge dargestellt, ohne diesen eine Bedeutung im Hinblick auf die MdE beizumessen. Für den Senat nachvollziehbar ist die Sensibilitätsstörung, die in ihren Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens ohne Bedeutung ist, unerheblich für eine MdE.
Allerdings selbst unter Berücksichtigung einer MdE von 5 v.H. würde sie die MdE nicht erhöhen.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat zur Frage der Feststellung des unfallbedingten Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich ihre Bemessung einerseits individuell nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung des Verletzten durch die Unfallfolgen und andererseits nach dem Umfang der dem Verletzten dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens richtet (BSG SozR 2200 § 581 Nr 27; s auch die weiteren Nachweise bei Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 568g). Hat ein Arbeitsunfall Schäden an mehreren Körperteilen gebracht, so ist die MdE im ganzen zu würdigen. Dabei ist entscheidend eine "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" aller einzelnen Schäden auf die Erwerbsfähigkeit (zur Feststellung der Gesamt-MdE im Rahmen des Schwerbehindertengesetzes) BSG Beschluss vom 24. November 1988- 2 BU 139/88.
Die "Gesamtschau" der "Gesamteinwirkung" der einzelnen Schäden: Diplopie mit Kopfzwangshaltung und Sensibilitätsstörung führt hier nicht zu einer MdE über 20 v. Die Gesamtwürdigung erfordert eine funktionale Betrachtungsweise. Sie geht dahin, in einer "Gesamtbeurteilung" zu bemessen, wie im Einzelfall die durch alle Störungen bedingten Funktionsausfälle teilweise einander verstärkend, gemeinsam die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen (BSGE 48, 8). Insoweit hat Dr. B nachvollziehbar Sensibilitätsstörungen keine Bedeutung beigemessen.
Soweit eine Narbe durch den Arbeitsunfall verursacht wurde, führt diese ebenfalls nicht zur Erhöhung der MdE.
Dr. B hat klargestellt, dass aufgrund seiner Untersuchung festgestellte Narbenbildung von 1,5 cm Länge am linken Auge am Orbitarand in der Augenbrauenbegrenzung eine MdE von 0 v. H. zu bewerten ist.
Dies entspricht den Erfahrungswerten, wie sie beispielsweise bei Schönberger u.a. niedergelegt sind. Danach wird eine Gesichtsentstellung kosmetisch nur wenig störend mit einer MdE um, 10 v. H. bewertet (Schönberger u.a. 6. Auflage Seite 342, 7. Auflage Seite 342, 8. Auflage Seite 252).Es gibt keine Hinweise dafür, dass die Narbe entstellend ist.
Auch der von Dr. B angegebene "Zustand nach operativer Versorgung einer Mittelgesichtsfraktur bei noch liegender Miniplatte" ist mit einer MdE um 0 v. H. zu bewerten. Soweit er die unfallbedingte MdE mit maximal 15 v. H. in seinem Gutachten am 29. Juni 2001 angegeben hatte, bezog sich dies lediglich auf die Doppelbilder, wie seiner Stellungnahme aus dem Monat Juli 2011 zu entnehmen ist.
Die Chefärztin der HNO-Klinik des Städtischen Klinikums B Dr. hat bei ihrer Untersuchung zwar einen Verlust des Geruchssinns festgestellt, hat diesen allerdings überzeugend nicht auf den Unfall als wesentliche (Mit-)Ursache zurückgeführt. Der Unfall liege schon 11 Jahre zurück, aber erst 2010 ist über eine Geruchsstörung berichtet worden. Eine Fraktur im Bereich der Riechrinne der Nase durch den Unfall ist nicht bekannt. Die Sachverständige führte aus, ein Geruchsverlust sei differenzialdiagnostisch durch einen starken Schnupfen, einen Tumor im Gehirn, Verätzungen, Bestrahlungen oder eine Operation in diesem Gebiet möglich. Selbst wenn ein Hirntumor Ursache einer Riechstörung sein sollte, wäre diese nicht auf den Unfall zurückzuführen.
Überzeugend führte die Sachverständige aus, ein Intervall von über 10 Jahren sei nicht mehr geeignet, hier einen Kausalitätsnachweis zu führen. Der Zusammenhang des Geruchsverlustes mit dem Unfall werde daher nicht für wahrscheinlich gehalten.
Auch bestand bei der Untersuchung ein normales Geschmacksempfinden. Einen Speichelfluss hat sie nicht festgestellt.
Andere Umstände, die sich bei der MdE erhöhend auswirken, sind nicht feststellbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved