L 1 RA 58/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 16 An 665/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 RA 58/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Die nachträgliche Forderung des Beitragsanteils des Versicherten zur VdR ist eine nachträgliche Erhebung von Beiträgen und keine Herabsetzung der Rente.
2.) Die Aufhebung und Rückforderung eines Beitragszu- schusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung richtet sich nach den §§ 45, 48, 50 SGB X.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. Februar 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung des Beitragsanteils der Klägerin zur gesetzlichen Krankenversicherung (KVdR) für die Zeit vom 01.01.1990 bis 31.12.1994 sowie die Rückforderung von Zuschüssen zur freiwilligen Krankenversicherung für die Zeit vom 01.01.1987 bis 31.12.1994 streitig.

Mit Bescheid vom 25.10.1984 bewilligte die Beklagte der am 25.11.1919 geborenen Klägerin ab 01.12.1984 Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Bei der Rentengewährung ging die Beklagte zunächst von Versicherungspflicht in der KVdR aus, da die zuständige Barmer Ersatzkasse (BEK) die Voraussetzungen hierfür bejaht hatte. Im März 1985 teilte die BEK der Beklagten mit, daß die Klägerin auch über den Rentenbeginn hinaus weiter beschäftigt sei, weshalb keine Versicherungspflicht in der KVdR eingetreten sei. Im Mai 1985 übersandte die BEK der Beklagten einen Antrag der Klägerin auf Beitragszuschuß zur freiwilligen Krankenversicherung. In diesem Antrag verpflichtete sich die Klägerin, u.a. die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung unverzüglich anzuzeigen. Mit Bescheid vom 12.06.1985 berechnete die Beklagte die Rente der Klägerin neu und gewährte ihr ab Rentenbeginn antragsgemäß einen Beitragszuschuß zur Krankenversicherung. Im Bescheid ist darauf hingewiesen, daß der Anspruch auf den Beitragszuschuß mit der Aufgabe oder dem Ruhen der freiwilligen Krankenversicherung und bei Eintritt von Krankenversicherungspflicht entfalle. Jede Änderung des Krankenversicherungsverhältnisses und jede Änderung der Beitragshöhe seien unverzüglich mitzuteilen.

Im August/September 1994 wurde der Beklagten bekannt, daß die Klägerin ab 01.01.1987 aufgrund Rentenbezuges bei der BEK pflichtversichert ist. Mit Bescheiden vom 26.10.1994 und 02.11.1994 stellte die Beklagte daraufhin fest, daß die bis 31.12.1989 zu entrichtenden Beiträge verjährt seien. Ab 01.01.1990 bis 31.12.1994 seien Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von DM 7.375,20 noch zu entrichten, ab 01.01.1995 werde der Beitragsanteil zur KVdR laufend einbehalten. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.1995 als unbegründet zurückwies.

Mit Schreiben vom 21.03.1995 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Rückforderung des für die Zeit vom 01.01.1987 bis 31.12.1994 geleisteten Beitragszuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung an und hob mit Bescheid vom 02.05.1995 den Bescheid vom 12.06.1985 über die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen der Krankenversicherung nach § 48 SGB X ab 01.01.1987 auf. Gleichzeitig verpflichtete sie die Klägerin zur Erstattung des zu Unrecht erbrachten Beitragszuschusses in Höhe von DM 11.052,06. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.1995 als unbegründet zurück. Die Grundvoraussetzung für die Aufhebung des Bescheides mit Wirkung für die Vergangenheit liege vor, weil die Klägerin ihrer Mitteilungs- bzw. Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei. Selbst wenn aufgrund des Mitverschuldens der Krankenkasse hier von einem atypischen Fall ausgegangen werden sollte, wäre eine begründungsbedürftige Ermessensentscheidung nicht zu treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hafte ein bösgläubig zu Unrecht bereicherter Versicherter verschärft auf Erstattung der Sozialleistungen. Demzufolge seien bei einem Bösgläubigen, der sich auf Vertrauen schlechthin nicht berufen könne, grundsätzlich auch keine billigenswerten Interessen rechtlich anzuerkennen, das schuldhaft Erlangte ganz oder teilweise zu behalten.

Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin am 31.10.1995 Klagen beim Sozialgericht München, das diese zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 16 An 665/95 verband. Zur Begründung trug die Klägerin im wesentlichen vor, sie habe über den Rentenbeginn hinaus weiter als Pharma-Vertreterin gearbeitet. Im März 1985 sei sie von der BEK angeschrieben und gebeten worden, einen Antrag auf Beitragszuschuß und eine Abtretungserklärung zu unterzeichnen, da ein Fehler unterlaufen sei. Ferner sei sie darum ersucht worden, eine Einzugsermächtigung zu unterzeichnen. Sie habe bereitwillig mitgearbeitet, um diesen Fehler, den sie nicht nachvollziehen habe können, wieder auszugleichen. Daraufhin sei ihre Rente neu berechnet worden. Dies habe sie akzeptiert, weil sie diese Berechnung für das Ergebnis des "ausgebügelten" Fehlers bei der BEK gehalten habe. Ende 1986 habe sie ihre berufliche Tätigkeit aufgegeben. Daß dies irgendeinen Einfluß auf ihre Rente haben könnte, sei ihr nicht bewußt gewesen. Wegen der Intensität des von der Beklagten bei ihr geschaffenen Vertrauenstatbestandes und des Ausmaßes ihres Schutzbedürfnisses verstoße die Einbehaltung der rückständigen Beiträge gegen Treu und Glauben, zumal die Beklagte während des gesamten Zeitraumes nichts zur Durchsetzung ihres Rechts getan habe und sie selbst durch die Nachforderung in existenzielle Schwierigkeiten gerate. Sie habe davon ausgehen können, daß die ihr letztlich überwiesene Rente das gewesen sei, was ihr zum Verbrauch auch tatsächlich zugestanden habe und sie nicht noch Nachforderungen zu gegenwärtigen gehabt habe. Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht gab die Klägerin auf Anfrage an, sie habe nicht bemerkt, daß sie ab Januar 1987 keine Beiträge mehr zur freiwilligen Krankenversicherung bezahlte.

Mit Urteil vom 20.02.1997 wies das Sozialgericht die Klagen ab. Die Beklagte sei berechtigt, rückwirkend für den streitigen Zeitraum den Eigenanteil der Klägerin zur KVdR nachzufordern. Diese nachträgliche Erhebung unterliege nicht den Einschränkungen des Sozialgesetzbuches X für die Rücknahme oder Änderung von Rentenbescheiden. Auch die Rückforderung der Zuschüsse zur Krankenversicherung sei nicht zu beanstanden. Der Bescheid vom 12.06.1985 sei innerhalb der maßgeblichen Zehnjahresfrist aufgehoben worden; auch sei die Aufhebung binnen eines Jahres nach Kenntnis der rechtserheblichen Tatsachen erfolgt. Die Klägerin habe die Wegfallvoraussetzungen für den gewährten Zuschuß erkennen müssen, da der Bewilligungsbescheid den Hinweis enthalte, daß der Anspruch auf Beitragszuschuß insbesondere mit Aufgabe der freiwilligen Krankenversicherung entfalle. Unstreitig habe die Klägerin ab Januar 1987 zur BEK keinen Beitrag mehr geleistet, weshalb sie auch als Laie habe erkennen müssen, daß ihr kein Zuschuß mehr zustehe.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie im wesentlichen ausführt, das Sozialgericht habe sich nicht zu der Frage geäußert, ob die Ansprüche verwirkt seien. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Beklagte wußte oder wissen mußte, daß sie ab 1987 wieder Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung hätte entrichten müssen, aber trotzdem nichts unternommen habe. Für sie selbst sei der Unterschied zwischen gesetzlicher und freiwilliger Krankenversicherung nie klar gewesen. Sie sei weder von der Beklagten noch von der Krankenkasse noch von Ihren damaligen Rechtsberatern aufgeklärt worden. Ihr sei folglich auch nie der Gedanke gekommen, daß sich bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit ihr Krankenversicherungsverhältnis geändert haben könnte. Sie sei ja weiterhin bei der BEK versichert gewesen und habe weiterhin Leistungen bekommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.02.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.1995 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 26.10.1994 und 02.11.1994 in Gestalt des weiteren Widerspruchsbescheides vom 29.09.1995 insoweit aufzuheben, als darin Beitragsanteile für die Krankenversicherung der Rentner für die Vergangenheit nachgefordert werden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der BEK, der Rentenakte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, jedoch sachlich unbegründet.

Das Sozialgericht hat mit zutreffender Begründung entschieden, daß die Beklagte berechtigt war, den Beitragsanteil der Klägerin für die streitige Zeit vom 01.01.1990 bis 31.12.1994 nachzufordern sowie die Entscheidung über die Bewilligung von Zuschuß zur Krankenversicherung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben und die Klägerin zur Erstattung des Betrages von DM 11.052,06 zu verpflichten.

Zunächst steht zwischen den Beteiligten fest, daß die Klägerin grundsätzlich als in der KVdR pflichtversicherte Rentnerin (§ 5 Abs.1 Nr.11 Sozialgesetzbuch V - SGB V -) gemäß den §§ 223, 228, 237 Abs.1 Nr.1, 250 Abs.1 Nr.1 bzw. ab 01.01.1992 § 249a SGB V einen Beitragsanteil zur Krankenversicherung zu tragen hat, der gemäß § 255 Abs.1 SGB V von der Rente einzubehalten ist. Die Klägerin hat gegen die Einbehaltung des Beitragsanteils ab 01.01.1995 von der laufenden Rente auch keine Einwände erhoben.

Auch für die Vergangenheit ist die Beklagte unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschrift des § 25 Abs.1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) berechtigt, nachträglich Beiträge für die Zeit ab 01.01.1990 zu fordern, weshalb die Bescheide auch insoweit rechtmäßig sind.

Rechtsgrundlage für die Beitragsnachforderung ist § 255 Abs.2 SGB V. Nach dieser Regelung sind rückständige Beiträge durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten, wenn bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen unterblieben ist. Es handelt sich dabei allein um die nachträgliche Forderung von Beiträgen und nicht um eine Entscheidung im Sinne der §§ 45 oder 48 Sozialgesetzbuch X (SGB X). Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 23.05.1989 (SozR 2200 Nr.3 zu § 393a) mit ausführlicher Begründung klargestellt (vgl. auch Urteil des BSG vom 14.09.1989 - 12 RK 9/89), daß es sich bei der nachträglichen Forderung des Beitragsanteils des Versicherten durch den Rentenversicherungsträger nicht um eine rückwirkende Herabsetzung der früher ohne Beitragsabzug ausgezahlten Rente handelt, sondern um eine nachträgliche Erhebung der Beiträge, ggf. durch Einbehaltung von der derzeit laufenden Rente. Dabei hat das Bundessozialgericht auch festgehalten, daß es für die Frage der Nachforderung von Beiträgen unerheblich ist, ob der Versicherungsträger die Unterlassung der Einbehaltung verschuldet hat oder nicht.

Eine Begrenzung der nachträglichen Einbehaltung könnte sich allenfalls aus § 255 Abs.2 SGB V iVm § 51 Abs.2 Sozialgesetzbuch I (SGB I) ergeben. Da eine entsprechende Entscheidung der Beklagten über die tatsächliche Einbehaltung der rückständigen Beiträge aus der Rente jedoch noch nicht vorliegt, kommt es auf diese Problematik im Fall der Klägerin nicht an. Einer Anhörung der Klägerin vor Feststellung der Beitragsschuld bedurfte es nicht, weil eine Änderung der Rente nicht erfolgt und somit auch nicht in Rechte im Sinne des § 24 SGB X eingegriffen wird; im übrigen wäre eine unterbliebene Anhörung durch das Widerspruchsverfahren geheilt, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat.

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Beitragsforderung der Beklagten auch nicht gegen Treu und Glauben mit der Folge, daß Verwirkung eingetreten wäre. Auch wenn die Beklagte die Unterlassung der Beitragseinbehaltung verschuldet hätte, wofür sich vorliegend kein Anhaltspunkt ergibt, berührt dies ihre grundsätzliche Berechtigung zur Nachforderung der Beiträge nicht (vgl. BSG aaO). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Beklagte durch ein irgendwie geartetes Handeln bei der Klägerin den Eindruck erweckt hätte, sie würde berechtigte Beitragsforderungen nicht geltend machen. Ein solches Verwirkungshandeln seitens der Beklagten liegt jedoch nicht vor, wobei bloßes Nichtstun nicht ausreicht (vgl. BSGE 47, 194 f; BSG vom 14.09.1989 - 12 RK 3/89 - in USK 89, 80). Die bloße subjektive Vorstellung der Klägerin, ihr würde die Rente in der zutreffenden Höhe und ohne die Verpflichtung, Beiträge zu zahlen, ausbezahlt, berechtigt nicht die Annahme, die Beitragsforderung sei verwirkt. Im übrigen entstehen der Klägerin aus der nachträglichen Erfüllung ihrer Beitragsschuld keine Nachteile; vielmehr erwachsen ihr aus dem verspäteten, früher unterbliebenen Einbehalt der Beiträge sowie die eingetretene Verjährung Vorteile.

Darüber hinaus war die Beklagte auch berechtigt, die Entscheidung über die Bewilligung von Zuschüssen zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung mit Wirkung für die Vergangenheit, d.h. ab 01.01.1987, aufzuheben und die Klägerin zur Erstattung des Betrages von DM 11.052,06 zu verpflichten.

Der Beitragszuschuß war der Klägerin bis 31.12.1991 auf der Rechtsgrundlage des § 83e Abs.1 Nr.2, Abs.2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) und ab 01.01.1992 auf der Grundlage des § 106 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) gewährt worden. Beide Vorschriften setzen voraus, daß der Rentenbezieher freiwillig krankenversichert ist, was bei der Klägerin ab 01.01.1987 nicht mehr der Fall war. Grundsätzlich hatten gemäß § 83e Abs.1 Nr.1 AVG bis 31.12.1992 zwar auch pflichtversicherte Rentenbezieher Anspruch auf Beitragszuschuß, dieser war jedoch zusammen mit dem Beitragsanteil des Rentners einzubehalten (vgl. § 393a Abs.1 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. ab 01.01.1989 § 255 Abs.1 Satz 2 SGB V in der bis 31.12.1991 geltenden Fassung). Die Klägerin hatte somit ab Ende der freiwilligen Krankenversicherung keinen Anspruch auf (Aus-)Zahlung eines Beitragszuschusses, so daß ab 01.01.1987 eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs.1 SGB X eingetreten ist. Die Beklagte war auch berechtigt, die Bewilligung der Beitragszuschüsse mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben.

Zunächst hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, daß die Beklagte den Bescheid vom 12.06.1985 noch innerhalb der Zehnjahresfrist der §§ 48 Abs.4, 45 Abs.3 Satz 3 SGB X zurückgenommen und dabei auch die Jahresfrist des § 48 Abs.4, 45 Abs.4 Satz 2 SGB X gewahrt hat.

Die Aufhebung der Bewilligung des Beitragszuschusses ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse ist gerechtfertigt, da die Klägerin sowohl einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X), als auch wußte bzw. wissen mußte, daß der Anspruch auf Beitragszuschuß weggefallen ist (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X).

Grundsätzlich ist jeder Empfänger von Sozialleistungen gemäß § 60 Abs.1 Nr.2 SGB I verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Dieser Mitteilungspflicht ist die Klägerin nicht nachgekommen, indem sie der Beklagten die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung nicht angezeigt hat. Die Klägerin hat ihre Mitteilungspflicht zumindest grob fahrlässig verletzt, da sie sowohl im Antrag auf den Beitragszuschuß vom 27.03.1985 als auch im Bescheid vom 12.06.1985 ausdrücklich auf ihre Mitteilungspflichten hingewiesen wurde. Die Klägerin hat sich im Antrag vom 27.03.1985 darüber hinaus durch ihre Unterschrift ausdrücklich verpflichtet, die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung unverzüglich anzuzeigen. Grob fahrlässig ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich das Außerachtlassen von gesetzlichen Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wurde (vgl. BSGE 44, 264 f). Dies gilt erst recht, wenn auf die Mitteilungspflichten im Antrag und Bescheid ausdrücklich hingewiesen wurde. Dafür, daß die Klägerin den Hinweis aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur und Bildungsstand nicht verstanden hat, ergeben sich keine Hinweise, zumal sie zum damaligen Zeitpunkt noch als Pharma-Beraterin erwerbstätig war.

Auch etwaige Beratungsfehler der damaligen Rechtsberater der Klägerin vermögen den Vorwurf grobfahrlässigen Fehlverhaltens nicht zu entkräften. Vielmehr muß sich die Klägerin ein Verschulden der Bevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen.

Gleiches gilt für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X. Die Klägerin mußte aufgrund der Hinweise im Antragsformular und im Bescheid wissen, daß mit Ende der freiwilligen Krankenversicherung auch der Anspruch auf Beitragszuschuß entfällt. Wenn sie es dennoch nicht gewußt hat, hat sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Hinzu kommt, daß die Klägerin ab Januar 1987 keinen Beitrag mehr zur BEK geleistet hat, weshalb ihr schon aus diesem Grunde klar sein mußte, keinen Anspruch auf Zuschuß zu eben diesen Beitrag zu haben.

Aus der Erfüllung dieser Tatbestandsvoraussetzungen ergibt sich die Berechtigung der Beklagten, die Zuschußbewilligung ab 01.01.1987 aufzuheben, wobei kein atypischer Fall vorliegt, der die Beklagte zur Ermessensausübung verpflichtet hätte (vgl. Steinwedel in KassKomm Rdnr.36 zu § 48 SGB X mit Rechtspr. Nachw.). So rechtfertigt insbesondere der Verbrauch der Sozialleistung durch die Klägerin im Rahmen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X nicht die Annahme eines atypischen Falles (vgl. Steinwedel in KassKomm Rdnr.45 zu § 48 SGB X). Auch ein Verschulden der Beklagten an der unrechtmäßigen Weiterzahlung des Zuschusses ist nicht erkennbar. Entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid liegt auch kein Verschulden der Krankenkasse vor. Anders als nach der ab 01.01.1989 geltenden Bestimmung des § 201 Abs.5 SGB V sah der bis dahin anzuwendende § 317 RVO für den vorliegenden Fall keine Meldepflicht der Krankenkasse vor.

Die rechtmäßige Aufhebung der Zuschußbewilligung für die Vergangenheit führt gemäß § 50 Abs.1 SGB X dazu, daß die Klägerin den Betrag von DM 11.052,06 zu erstatten hat.

Die Entscheidung des Sozialgerichts ist somit nicht zu beanstanden, weshalb die Berufung als unbegründet zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung, § 193 SGG, beruht auf der Erwägung, daß die Klägerin mit ihrem Berufungsbegehren erfolglos blieb.

Gründe, gemäß § 160 Abs.2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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