L 5 KR 5892/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1292/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5892/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30.11.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten einer operativen Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik).

Die 1963 geborene Klägerin ist bei der Beklagten (Rechtsnachfolgerin der B. F.) krankenversichert.

Am 07.07.2008 beantragte das Klinikum St. für die Klägerin die Kostenübernahme für eine bilaterale Reduktionsplastik. Prof. K. gab an, dass bei der Klägerin eine Makromastie mit erheblicher Ptose beidseits bestehe. Die Klägerin habe sich aufgrund eines HWS-Syndroms vorgestellt, und sie klage über Ekzeme im Dekolleté-Bereich. Eine Reduktionsplastik werde empfohlen. Vorgelegt wurde ferner ein Arztbrief des Neurochirurgen Dr. R. vom 14.12.2006, wonach bei der Klägerin u.a. ein HWS-Schulter-Syndrom rechts bestehe.

Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. F. untersuchte die Klägerin am 26.08.2008. Die Klägerin gab an, ihre Brüste seien seit der Geburt ihres Kindes im Jahr 2004 stark vergrößert und schmerzempfindlich. Sie sei dadurch sehr beeinträchtigt, könne kaum noch Sport treiben und leide unter Schlafstörungen. Entzündliche Hautreaktionen ließen sich durch Trockenhalten und Pudern aber zumeist vermeiden. Dr. F. stellte fest, bei der Klägerin bestehe bei einem Brustgewicht von 1000g rechts und 900g links eine Mammahypertrophie, jedoch keine Gigantomastie. Die Mammahypertrophie stelle eine Normvariante der Natur dar, aber keinen regelwidrigen Körperzustand der Brust, der einer operativen Behandlung bedürfe. Es gebe keine wissenschaftlich gesicherten Untersuchungen, die zweifelsfrei einen Zusammenhang zwischen Brustlast und muskuloskelettalen Beschwerden belegten. Ein Zusammenhang zwischen den Wirbelsäulenbeschwerden und dem Brustgewicht könne deshalb nicht hergestellt werden. Symptombezogene fachorthopädische Behandlungen sollten weiter durchgeführt werden. Es sei außerdem nicht davon auszugehen, dass eine Mammareduktionsplastik die Überempfindlichkeit der Brüste bei bestehender Mastopathie beeinflussen könne.

Mit Schreiben vom 17.09.2008 lehnte die Beklagte darauf eine Kostenübernahme ab. Eine medizinische Indikation zur Durchführung einer Reduktionspastik bestehe nicht.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass es sich bei ihr nicht um eine Schönheitsoperation handele. Sie habe Beschwerden im Brustbereich, die sie in ihrem alltäglichen Tagesablauf stark beeinträchtigten. Ihre Brüste mit 75 D/E statt früher 75 B stünden in einem Missverhältnis zu ihrem Körpergewicht von 62 kg bei einer Körpergröße von 180 cm. Die bisher angewandten konservativen und alternativen Behandlungsmethoden hätten zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt.

In einem weiter eingeholten MDK-Gutachten nach Aktenlage vom 25.11.2008 führte S. E. aus, ein direkter Zusammenhang zwischen den beklagten Rücken- und Schulterschmerzen und der bestehenden Mammahypertrophie sei nicht herzustellen. Eine medizinische Indikation zur Mammareduktion wegen der als Mastodynie bzw. Mastalgie bezeichneten Schmerzen in beiden Brüsten sei ebenfalls nicht erkennbar. Therapieresistente ekzematöse Veränderungen submammär lägen ebenfalls nicht vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei davon auszugehen, dass sich die Berührungs- und Erschütterungsschmerzen nicht durch eine Brustverkleinerung beseitigen lassen könnten. Die Beschwerden im HWS-Bereich bestünden nach den Angaben im Attest von Dr. R. bereits seit 2003 und könnten daher nicht zwingend allein durch die nach der Geburt des Kindes vergrößerte Brust verursacht sein. Als vorrangige Behandlungsformen würden die Fortführung und Intensivierung einer Symptom bezogenen fachorthopädischen Behandlung und Heilmittelanwendungen empfohlen, für die Ekzembehandlung die Vorstellung bei einem Hautarzt, die Einlage von Textilstreifen und die Verwendung von adstringierenden Substanzen.

Am 07.05.2009 erhob die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Konstanz. Sie führte zur Begründung an, dass durch die Schwere der Brüste ihr Rückenleiden verstärkt und das Schmerzsyndrom verschlimmert werde. Sie könne keiner sportlichen Betätigung nachgehen und schäme sich wegen der Größe ihrer Brüste. Wegen der vermehrten Zystenbildung und des verdichteten Gewebes könne sie auch keinen BH tragen. Durch eine Reduktion der Brustgröße könnte der orthopädische, neurologische und psychische Befund gelindert werden. Sie legte eine Heilmittelerstverordnung von Dr. R. vom 12.01.2009 über Manualtherapie zur Schmerzreduktion, Entlastung nervaler Strukturen und muskuläre Kompensation vor. Daraus würden sich die Gesundheitsbeeinträchtigungen wegen der Größe der Brüste ergeben.

Das Gericht holte ein fachorthopädisches Gutachten bei Dr. B., St., ein. Unter dem 28.12.2010 diagnostizierte dieser ein Wirbelsäulensyndrom ohne Funktionseinschränkungen und ohne radikuläre Reiz- oder Ausfallerscheinungen, Wirbelsäulenfehlstatik, funktionelle Polyarthralgie, sowie außerhalb des orthopädischen Fachgebietes Mammahyperplasie beidseits, Ptosis mammae beidseits, kleinzystische Mastopathie beidseits und einen dringenden Verdacht auf ein psychosomatisches Syndrom. Das Beschwerdebild der Klägerin sei diffus auf die gesamte Wirbelsäule ausgebreitet und betreffe überwiegend den lumbalen Wirbelsäulenbereich. Diese Beschwerden seien sicherlich nicht auf die Brustlast zurückzuführen. Es gebe zudem keine aussagekräftigen wissenschaftlichen Publikationen zur Frage des Kausalzusammenhangs statischer und funktioneller Beschwerden im Bereich des Achsorgans einschließlich der Schultern und Arme mit einer Überdimensionierung der weiblichen Brust. Bei der Klägerin liege weder eine erhebliche anatomische Abweichung, eine wesentliche Seitenasymmetrie noch eine entstellende Formveränderung der Brüste vor. Gravierende dermatologische Befunde, wie submammäre Ekzeme, seien nicht festzustellen gewesen. Zwar könne man für die Beschwerden im zervikothorakalen Übergangsbereich durchaus die Größe bzw. das Gewicht der Brüste als (Mit-) Ursache in Betracht ziehen. Es bestünden aber auch mehrere konkurrierende Kausalfaktoren, die ebenfalls geeignet seien, die Beschwerden dieser Lokalisation hervorzurufen. Diese seien zum einen Muskelverspannungen, die aber im lumbalen Bereich - unbeeinflusst von der Brustgröße - erheblich stärker ausgeprägt seien. Zum anderen bestehe eine statische Abweichung in Form eines Rundrückens und eine geringfügige Skoliose, die aber mit hoher Wahrscheinlichkeit anlagebedingt und damit nicht Folge der Brustlast seien. Die degenerativen Veränderungen beträfen zudem nicht etwa die HWS oder die obere BWS, die durch die Brustlast vorrangig belastet würden, sondern vielmehr die untere LWS, an der die Brustlast als Auslöser funktioneller Beschwerden keine Rolle spiele. Die bei der Klägerin unverkennbare psychopathologische Komponente, die am ehesten auf eine Inakzeptanz der Brüste hindeute, stelle schließlich eine Kontraindikation für eine Mammareduktionsplastik dar. Die Überempfindlichkeit der Brüste könne mit der Reduktionsplastik mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beseitigt werden. Insgesamt würden die Kriterien gegen eine Brustverkleinerung überwiegen. Eine intensivierte krankengymnastisch-physiotherapeutische und verhaltenstherapeutische Behandlung sei angezeigt.

In einer ergänzenden Stellungnahme hat Dr. B. unter dem 04.03.2010 zu von der Klägerin erhobenen Einwendungen Stellung genommen, seine Einschätzung bestätigt und die Einholung eines gynäkologischen Zusatzgutachtens in das Ermessen des Gerichts gestellt. Der in der Folge befragte behandelnde Frauenarzt W. hat am 15.04.2010 dem Gericht mitgeteilt, dass er die Reduktionsplastik als einzige letzte Möglichkeit sehe, die Beschwerden der Klägerin zu lindern.

Das Gericht hat daraufhin ein frauenfachärztliches Gutachten bei Dr. S.-G. vom Universitätsklinikum T. eingeholt. In ihrem nach Aktenlage erstellten Gutachten vom 02.08.2010 hat die Gutachterin angegeben, dass die Mastopathie den gesamten Drüsenkörper der Brust betreffe und damit durch eine Reduktionsplastik eine postoperative Schmerzfreiheit nicht angenommen werden könne. Der mastopathisch bedingte Anteil des Beschwerdekomplexes korreliere nicht mit der Brustgröße. Selbst eine ausgeprägte Mastodynie mit Berührungs- und Erschütterungsempfindlichkeit sei keine Indikation für eine Reduktionsplastik. Mitberücksichtigt werden müssten bei einer Reduktionsplastik die allgemeinen Operationsrisiken. Die vom Klinikum St. ausgesprochene Empfehlung zur Mammareduktionsplastik beziehe sich auch nicht auf die kleinzystische Mastopathie. Ein gutsitzender BH aus einem Sanitätshaus könne bei einer Mastopathie in Verbindung mit hormoneller Therapie zur Schmerzlinderung beitragen. Auch eine schmerzhafte Zystenbildung sei eine Indikation für das Tragen eines BH und nicht für das von der Klägerin praktizierte Vermeiden eines solchen. Dadurch könne auch sportliche Betätigung wieder möglich werden. Bei dem multikausalen Schmerzbild der Klägerin sei ein multimodales Therapieregimen mit Einbeziehung einer psychosomatischen Überlagerung erforderlich. Die Reduktionsplastik sei aus gynäkologischer Sicht nicht erfolgversprechend und folglich medizinisch nicht erforderlich und nicht notwendig.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.11.2010 wies das Sozialgericht Konstanz die Klage ab. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe keine Anhaltspunkte dafür ergeben hat, dass aufgrund der Größe der Mammae bei der Klägerin eine Entstellung vorliege. Ein allgemeines Normgewicht der Brust lasse sich nicht bestimmen. Es bestehe vielmehr ein großer Schwankungsbereich, der in Bezug auf Brustgröße und Brustgewicht abhängig sei von Körperlänge und Körpergewicht. Daher verbiete es sich, von einer Krankheit zu sprechen, wenn die Brust ein gewisses Gewicht aufweise (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.01.2008, Az. L 4 KR 5962/06 m.w.N.). Eine Seitenasymmetrie der Brüste oder andere gravierende entstellende Formveränderungen habe der Gerichtsgutachter Dr. B. nicht festgestellt. Die Größe der Mammae bedinge auch keine Funktionseinschränkung der Brüste selbst. Die Operation der Brust sei keine unmittelbar kausale Therapie für die Behandlung der vorrangig orthopädischen Beschwerden der Klägerin. Die medizinische Sachaufklärung durch die Gutachten von Dr. B. und Dr. S.-G. habe ergeben, dass die Voraussetzungen für eine chirurgische Intervention bei der Klägerin nicht gegeben seien. Zum einen sei hier ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Brustgröße und Wirbelsäulenbeschwerden nicht objektivierbar gewesen und zum anderen habe die Klägerin nicht alle konservativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Der Gutachter Dr. B. habe nach ausführlicher Untersuchung der Klägerin nicht bestätigen können, dass die Beschwerden der Klägerin auf dem orthopädischen Fachgebiet mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die erhöhte Brustlast zurückzuführen seien. Es lägen anderweitige Kausalfaktoren für die Wirbelsäulenbeschwerden vor, wie statische Abweichungen, muskuläre Insuffizienz, lumbal betonte degenerative Veränderungen und eine reaktive psychogene Überlagerung. Wirbelsäulenbeschwerden - insbesondere bei chronischer Ausprägung - könnten unterschiedlichste Ursachen haben, wobei sich die Ursachen meist wechselseitig beeinflussen. Es gebe keine wissenschaftlichen Studien, die den Zusammenhang zwischen Brustgröße bzw. -gewicht einerseits und Wirbelsäulenbeschwerden andererseits belegten. Insgesamt dränge sich danach ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Brustgröße und Wirbelsäulenbeschwerden und damit ein dementsprechender hochgradiger Erfolg der begehrten Operation nicht auf. Das Sozialgericht verwies hierzu auf Urteile des Sächsischen LSG vom 24.09.2003 (L 1 KR 84/01) und des LSG Nordrhein-Westfalen vom 24.06.2004 (L 5 KR 129/03).

Die Gutachterin Dr. S.-G. habe ebenfalls überzeugend ausgeführt, dass auch die gynäkologischen Beschwerden wie die durch Mastopathie bedingte Mastodynie keine Reduktionsplastik medizinisch erforderlich machten. Es kämen auch Behandlungsalternativen zu dem operativen Eingriff in Betracht, die die Klägerin bisher nicht erschöpfend in Anspruch genommen habe. Ein operativer Eingriff sei stets mit einem erheblichen Risiko (hier: Wundinfektion, Wundheilungsstörung, Blutung, Nachblutung, Thrombose, Embolie, kosmetisch unbefriedigendes Ergebnis, Verletzung benachbarter Strukturen oder eine Nekrose der Brustwarzen) verbunden, weshalb eine chirurgische Behandlung im Bereich der Brust stets nur die ultima ratio sein dürfe (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.03.2007, Az. L 11 KR 4102/06 unter Verweis auf Urteile des BSG vom 19.04.2004, Az. 1 KR 3/03 R, B 1 KR 23/03 R und B 1 KR 9/04 R). Dr. S.-G. habe darauf hingewiesen, dass die Kombination eines sehr gut sitzenden BHs aus einem Sanitätshaus in Kombination mit einem hormonellen Kontrazeptivum zu einer Schmerzreduktion führen könne. Dr. B. halte eine intensivierte krankengymnastisch-physiotherapeutische Behandlung für sinnvoll und angezeigt. Auch sei nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin wegen der psychosomatischen Beschwerden einer nervenfachärztlichen Behandlung unterzogen habe. Dr. B. habe in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass die psychopathologische Komponente sogar eine Indikation gegen die gewünschte Operation darstelle. Operationen am Körper seien zur Behebung psychischer Störungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, weil die psychischen Wirkungen körperlicher Veränderungen nicht hinreichend verlässlich zu prognostizieren seien (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 05.04.2006, Az. L 5 KR 3888/05 und vom 22.11.2006, Az. L 5 KR 4488/05 - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG, etwa BSGE 90, 289). Liege eine psychische Störung vor, so sei sie mit Mitteln der Psychiatrie oder Psychotherapie zu behandeln. Die Leistungspflicht der Krankenkasse umfasse grundsätzlich nicht die Kosten für operative Eingriffe in einen regelrechten Körperzustand, um auf diesem Wege eine psychische Störung zu beheben oder zu lindern (BSG, Urteil vom 19.10.2004, Az. B 1 KR 9/04 R).

Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 06.12.2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 20.12.2010 beim Sozialgericht Konstanz Berufung eingelegt.

Zu Begründung lässt die Klägerin ausführen, die Gutachterin Dr. S.-G. habe die Klägerin nicht - wie im Beweisbeschluss des Sozialgerichts Konstanz vom 07.06.2010 verfügt - persönlich untersucht, sondern habe sich stattdessen die Ausführungen von Herrn Dr. B. zu eigen gemacht. Sie habe ignoriert, dass die Klägerin bereits bei ihrem Facharzt für Gynäkologie Dr. W. eine Hormontherapie zur Schmerzreduzierung erfolglos durchgeführt habe. Die Klägerin habe dadurch eine weitere Zystenbildung hinnehmen müssen. Sowohl der orthopädische Gutachter also auch die gynäkologische Gutachterin ignorierten, dass die Klägerin seit Jahren eine konservative Behandlung für ihr Rückenleiden durchführe. Bis einschließlich November 2010 habe die Klägerin im von der Krankenkasse anerkannten Fitnessstudio F. in S. Rückentraining und Rückaufbau durchgeführt. Dennoch habe die Klägerin weiterhin unverändert Schmerzen am Rücken und an der Brust. Zudem sei die schwere Osteopenie bei der Klägerin nicht berücksichtigt worden. Osteopenie sei eine Vorstufe zur Osteoporose, d.h. Abnahme des Knochengewebes mit der Folge von Knochenschwund. Bekannt sei, dass Osteopenie starke Schmerzen verursache. Das Schmerzsyndrom sowie die Osteopenie der Klägerin werde durch die überobligationsmäßige Belastung des Rückens durch die Schwere der Brüste erheblich verschlimmert.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30.11.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Mammareduktionsplastik zu gewähren.

hilfsweise, zum Beweis der Tatsache, dass die Reduktion des Brustgewichts die Schmerzen der Klägerin am muskulo-sceletalen System verringern und das Fortschreiten der Osteopenie verzögern oder aufhalten wird, ein Sachverständigengutachten zu erheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend und führt aus, eine erneute persönliche Untersuchung durch die Gutachterin Dr. S.-G. sei entbehrlich gewesen, da hiervon keine über die Ergebnisse des freien fachorthopädischen Gutachtens des Herrn Dr. B. hinaus gehenden Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien. Vielmehr habe die Fragestellung an Frau Dr. S.-G. darin bestanden, die Therapiemöglichkeiten und zu erwartende Therapieerfolge bei der bestehenden Diagnose einer Makromastie mit Ptosis beidseits und einer Mastodynie bei Mastopathie abzuwägen. Der Einwand, Frau Dr. S.-G. habe in ihrem Gutachten vom 02.08.2010 die bei Herrn Dr. W. durchgeführte Hormontherapie unberücksichtigt gelassen, sei unzutreffend. Auf Seite 4 des Gutachtens beschreibe die Gutachterin, dass bei der Klägerin bereits seit 6/2005 eine rezidivierende Mastodynie vorgelegen habe, die hormonell, mit Gestagenen, lokal und systemisch behandelt worden sei. Zur Kenntnis genommen habe die Gutachterin sehr wohl, dass die Klägerin nach eigenen Angaben aufgrund der Schmerzen in den Brüsten bei Sport und Erschütterungen keine krankengymnastischen Übungen tolerieren könne. Im Widerspruch hierzu stünden allerdings die Angaben, sie habe bis November 2010 Rückentraining und Rückenaufbau in einem Fitnesscenter durchgeführt. Diesen Angaben dürfe daher aufgrund der Widersprüchlichkeit kein Beweiswert zuzurechnen sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihr eine operative Brustverkleinerung (Mammareduktionsplastik) zu gewähren bzw. die dafür entstehenden Kosten zu übernehmen. Die Klägerin hat darauf keinen Anspruch.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Leistungsanspruch der Klägerin ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.

Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht; § 33 Abs. 1 SGB V bewirkt mit dem Abstellen auf eine Behinderung bzw. eine drohende Behinderung keine sachliche Änderung, setzt vielmehr nur einen anderen Akzent. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt. Psychische Krankheiten können die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ebenfalls begründen (zu alledem näher: Senatsurteile vom 05.04.2006, - L 5 KR 3888/05 –, und vom 22.11.2006, - L 5 KR 4488/05 – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG, insbesondere Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R – "Mammareduktionsplastik").

Die begehrte Krankenbehandlung muss außerdem notwendig sein. Hierzu bestimmt die allgemeine Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergänzend und präzisierend, dass alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, und damit auch Krankenbehandlungen, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung i. S. d. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (BSG, Urt. v. 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R -; BSGE 85, 86). Im Hinblick darauf sind Operationen am gesunden Körper (wie hier: Brustoperationen) zur Behebung psychischer Störungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, vor allem, weil die psychischen Wirkungen körperlicher Veränderungen nicht hinreichend verlässlich zu prognostizieren sind (vgl. Senatsurteil vom 27.05.2009, - L 5 KR 5573/07 -).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer operativen Brustverkleinerung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die Brustgröße der Klägerin als solche stellt keine Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 SGB V dar. Ein "Normalgewicht" der Brüste ist nicht zu bestimmen (vgl. auch LSG Bad.-Württ., Urt. v. 24.02.2005, - L 4 KR 3936/03 -). Der Senat kann offen lassen, ob anderes bei einer so genannten Gigantomastie angenommen werden könnte. Das käme bei einem Brustgewicht von über 1500 g je Seite in Frage. Solche Brustgewichte liegen bei der Klägerin nicht vor. Bei der Untersuchung durch Dr. F. vom MDK am 26.08.2008 wurden Brustgewichte von 1000 g rechts und 900 g links gemessen, die zur Diagnose einer Mammahyperthrophie geführt haben. Funktionsbeeinträchtigungen wegen der Brustgröße bestehen nicht, eine entstellende Wirkung liegt ebenfalls nicht vor; die Klägerin hat dies auch nicht geltend gemacht.

Soweit Dr. F. vom MDK eine kleinzystische Mastopathie beidseits diagnostiziert hat, begründet diese Feststellung keine medizinische Indikation für die begehrte Mammareduktionsplastik. Die Gutachterin Dr. S.-G. hat ausgehend von dieser Diagnose, die durch den radiologischen Befundbericht von Dr. Schlägel vom 23.07.2009 belegt ist, dargelegt, dass die damit verbundene Beschwerdeproblematik in Gestalt der Mastodynie (Brustschmerzen) durch eine Reduktionsplastik nicht beseitigt werden könne. Selbst bei einer Entfernung der gesamten Brust verbliebe ein Rest des Drüsengewebes von 10 %. Das bei der Mastopathie stark verdichtete Drüsengewebe betreffe aber den gesamten Drüsenkörper. Sie hat damit die schon von Dr. B. in seinem Gutachten vom 28.12.2009 angenommene Kontraindikation gegen eine Reduktionsplastik bestätigt. Eine hormonelle oder komplementäre Behandlung sei nach der Ansicht der Gutachterin demgegenüber eher erfolgversprechend. Diese Ausführungen hält der Senat für schlüssig und nachvollziehbar, so dass er der Bewertung der Gutachterin, eine Reduktionsplastik könne die Brustschmerzen nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit mindern oder beseitigen, folgt.

Die Klägerin lässt im Berufungsverfahren einwenden, die Gutachterin habe entgegen der Beauf-tragung durch das Sozialgericht keine eigene Untersuchung durchgeführt. Darin liegt aber nach Auffassung des Senats weder ein Verfahrensfehler noch stellt dies die Beweiskraft der gutachtlichen Würdigung durch Dr. S.-G. in Frage. Denn es ist nicht ersichtlich, welche neuen oder von der Aktenlage abweichenden Befunde die Gutachterin selbst hätte erheben können. Die Fragestellung des Sozialgerichts, ob aufgrund der Mastopathie bei der Klägerin eine Mammareduktionsplastik medizinisch erforderlich und notwendig ist, war einer Beantwortung nach Aktenlage sehr wohl zugänglich, nachdem die Mastopathie durch den radiologischen Befundbericht vom 23.07.2009, den die Klägerin selbst zu den Akten gegeben hatte, nachgewiesen war. Auch die Klägerin hat nicht dargelegt, welche Befunde sich bei einer körperlichen Untersuchung hätten ergeben sollen, die zu einer abweichenden Einschätzung der Gutachterin hätten führen müssen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch keine Notwendigkeit einer erneuten gynäkologischen Begutachtung gesehen.

Die bei der Klägerin vorliegenden orthopädischen Erkrankungen im Bereich der Wirbelsäule und die damit verbundenen Schmerzen rechtfertigen eine Mammareduktionsplastik ebenfalls nicht. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Brustverkleinerungsoperation zur Heilung dieser Krankheiten bzw. zur Verhütung ihrer Verschlimmerung oder zur Linderung von Krankheitsbeschwerden gem. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V notwendig und zweckmäßig ist.

Das Sozialgericht hat hierzu das fachorthopädische Gutachten des Dr. B. eingeholt, der die Klägerin ausführlich untersucht und die Frage einer medizinischen Indikation der Mammareduktionsplastik aus fachorthopädischer Sicht umfassend begutachtet hat. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin geklagten Rückenschmerzen nicht allein kausal auf die Brustgröße zurückzuführen sind. Vielmehr habe sich das Beschwerdebild der Klägerin nach Auswertung der Behandlungsdaten des Orthopäden Dr. R. als diffus auf die gesamte Wirbelsäule ausgebreitet dargestellt und sogar überwiegend den unteren lumbalen Bereich betroffen. Da bei einer Überdimensionierung der Brüste funktionelle Probleme allenfalls im unteren cervicalen bis oberen thorakalen Bereich zu erwarten seien, könnten Beschwerden im Lumbalbereich nicht auf die Brustgröße zurückgeführt werden. Auch degenerative Veränderungen beträfen bei der Klägerin die untere LWS und stünden daher nicht im Zusammenhang mit der Brustgröße. Soweit tatsächlich Beschwerden im cervicothorakalen Übergangsbereich bestünden, komme dafür nicht allein die Brustgröße als ursächlich in Betracht, sondern auch Muskelverspannungen sowie ein Rundrücken und eine geringfügige Skoliose. Diese statischen Veränderungen seien eher anlagebedingt, als auf die Brustgröße zurückzuführen. Der Senat hält diese Schlussfolgerung für überzeugend und nachvollziehbar, zumal sich aus den Behandlungsunterlagen von Dr. R. ergibt, dass die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin bereits vor dem Auftreten des Brustwachstums aufgetreten waren. Die Klägerin hat im Rahmen der Begutachtung beim MDK angegeben, ihre Brust habe sich nach der Geburt ihres Kindes im Jahr 2004 vergrößert. Sie ist aber bereits seit dem Jahr 2003 wegen der Wirbelsäulenbeschwerden auch im Bereich der HWS in Behandlung gewesen. Der Senat hält daher die Einschätzung des Gutachters für schlüssig und nachvollziehbar, dass die von der Klägerin begehrte Mammareduktionsplastik die geklagten Wirbelsäulenbeschwerden nicht vollständig beseitigen oder wenigstens großenteils lindern kann.

Im Übrigen teilt der Senat die Auffassung des Gutachters Dr. B. und der begutachtenden Ärzte des MDK, dass die Frage des Kausalzusammenhangs zwischen statischen und funktionellen Beschwerden des Achsorgans und einer Überdimensionierung der Brust wissenschaftlich nicht in evidenzbasierten Studien nachgewiesen sind, so dass auch aus diesem Grund eine Verpflichtung der Beklagten zur Kostenübernahme einer Reduktionsplastik nicht besteht. Dies hat der Senat bereits wiederholt entschieden (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 28.09.2011 - L 5 KR 5058/10 -).

Die zur Behandlung orthopädischer Krankheitsbeschwerden begehrte operative Brustverkleinerung setzt nicht unmittelbar an den Erkrankungen bzw. an den erkrankten Organen, dem muskuloskelettalen System vor allem des Hals-Nackenbereichs an. Vielmehr soll durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ, der Brust, das Krankheitsgeschehen an anderen Organen oder Organsystemen mittelbar beeinflusst werden. Die Notwendigkeit einer mittelbaren Krankenbehandlung dieser Art bedarf - wie ausgeführt - einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägungsentscheidung. Im Hinblick auf eine etwaige orthopädische Erkrankung der Klägerin fehlt es nach Auffassung des Senats aber schon am - der eigentlichen Abwägungsentscheidung vorausliegenden - Nachweis der Wirksamkeit bzw. des therapeutischen Nutzens operativer Brustverkleinerungen für die Therapie orthopädischer Beschwerden. Außerdem könnte bei Abwägung eines unterstellten therapeutischen Nutzens mit möglichen gesundheitlichen Schäden und etwaigen Folgekosten für die Krankenversicherung nicht festgestellt werden, dass konservative orthopädische Behandlungsmethoden, wie Physiotherapie oder Rückenschulung, ggf. ergänzt durch schmerztherapeutische Maßnahmen, hinter der Brustverkleinerungsoperation zurücktreten müssten.

Auf degenerative Prozesse an der Wirbelsäule kann die operative Brustverkleinerung therapeutisch nicht einwirken. Dadurch sind naturgemäß die bereits eingetretenen Veränderungen, etwa an den kleinen Wirbelgelenken, nicht zu beeinflussen. Auch das weitere Fortschreiten degenerativer Erscheinungen ist durch die operative Verringerung der Brustlast nicht aufzuhalten oder zu verlangsamen, um so den orthopädischen Krankheitsbeschwerden der Klägerin entgegenzuwirken. Dr. F. vom MDK und Dr. B. haben darauf hingewiesen, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis für einen Zusammenhang zwischen muskuloskelettalen Beschwerden (etwa im Hals-Nacken-Schulterbereich) und übergroßen Brustlasten im Sinne evidenzbasierter Medizin gibt. Zwar mag es durchaus zutreffen, dass Patientinnen nach operativer Brustverkleinerung über eine Abnahme ihrer vorbestehenden Schulter- und Rückenschmerzen berichten. Mit positiven Patientenerfahrungen und -einschätzungen allein ist die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung und damit der Solidargemeinschaft der Beitragszahler aber nicht zu begründen. Ausschlaggebend sind, wie eingangs dargelegt, vielmehr die objektiv-wissenschaftlichen Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Danach steht aber nicht hinreichend sicher fest, dass berichtete Therapieerfolge tatsächlich auf der Verringerung der Brustlast beruhen.

Die Klägerin macht ihre Brustlast aber nicht nur für Beschwerden bedingt durch die Mastopathie und für Beschwerden im Bereich von HWS und LWS verantwortlich, ihrer Meinung nach verschlimmert auch das Gewicht ihrer Brust die von der Osteopenie ausgehenden Beschwerden. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Klägerin selbst für einen Zusammenhang zwischen Osteopenie, einer Vorstufe der Osteoporose, und überdurchschnittlicher Brustlast keine ärztlichen Atteste vorzulegen vermochte. Sie hat auch keine ärztlichen Bescheinigungen für den Krankheitswert der bei ihr vorliegenden Osteopenie und für hiervon ausgehende Beschwerden vorgelegt, weswegen der Senat keinen Grund hatte, in weitere Ermittlungen einzutreten. Hierzu bestand aber auch umso weniger Anlass, als Dr. F. vom MDK und insbesondere Dr. B., der sich auch mit dem Krankheitswert und der Behandlungsnotwendigkeit der bei der Klägerin vorliegenden Osteopenie beschäftigt hat (vgl. Bl. 86 und 117/118 SG-Akte), hinsichtlich muskuloskelettaler Beschwerden, zu denen auch die von der Osteopenie ausgehenden Schmerzen zählen, generell darauf hingewiesen haben, dass es bezüglich dieser Beschwerden und übergroßen Brustlasten keinen wissenschaftlichen Beweis für einen Zusammenhang im Sinne evidenzbasierter Medizin gibt.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, Dr. B. habe die bei ihr bestehende schwere Osteopenie nicht ausreichend gewürdigt, ist dem entgegenzuhalten, dass der Gutachter den Berichte über die Knochendichtemessung vom 19.1.2007 und den von der Klägerin bei der Begutachtung hierzu vorgelegten Bericht vom 04.08.2009 umfassend ausgewertet und ausführlich gewürdigt hat. Er ist auf Seite 27 seines Gutachtes zu dem Ergebnis gekommen, dass eine behandlungspflichtige Osteopenie bei der Klägerin noch gar nicht vorliegt. Er hat ausdrücklich betont, die neuen medizinischen Berichte bei der Begutachtung mit verwertet zu haben. Dass er dabei nicht die von der Klägerin gewünschten Schlussfolgerungen gezogen hat, begründet nicht die Annahme der Klägerin, er habe die Osteopenie ignoriert. Vielmehr erscheint der von der Klägerin angenommene Zusammenhang zwischen der Brustgröße und einem Fortschreiten der Osteopenie eher fernliegend, da es sich bei der Osteopenie um eine Veränderung des Knochenaufbaus handelt, die von den physikalischen Belastungen unbeeinflusst erfolgt. Der Senat sah sich deshalb zu weiteren Ermittlungen durch Einholung eines erneuten Sachverständigengutachtens nicht veranlasst. Dem in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich hilfsweise gestellten Antrag war daher nicht zu entsprechen.

Ebenso wenig bestanden für den Senat Anhaltspunkte dafür, den behandelnden Physiotherapeuten der Klägerin zu befragen. Die Klägerin hat gegenüber dem Gutachter Dr. B. angegeben, physikalische Therapie in Form von Massagen und Krankengymnastik erhalten zu haben. Diese Angaben zieht der Senat nicht in Zweifel. Dass sie damit ihre Rückenbeschwerden nicht hat lindern können, hat den Gutachter Dr. B. letztlich zu der Einschätzung gelangen lassen, dass hier eine intensivierte krankengymnastische-physiotherapeutische Behandlung sinnvoll und angezeigt sei. Aus den bisher erfolglosen physiotherapeutischen Maßnahmen lässt sich aber entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Notwendigkeit der Mammareduktionsplastik zur Behebung der Rückenbeschwerden ableiten. Der fehlende Kausalzusammenhang zwischen den Wirbelsäulenbeschwerden und einer Überdimensionierung der Brust kann mit diesem Argument nicht ausgehebelt werden. Zudem muss sich die Klägerin, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, insoweit auch eine gewisse Widersprüchlichkeit ihres Vorbringens entgegenhalten lassen. Während sie in der Begutachtung vor allem darauf abgestellt hat, wegen der Brustschmerzen keinen Sport mehr machen zu können, weil sie sich nicht mehr bewegen könne, hat sie im Berufungsverfahren nunmehr angegeben, bis November 2010 in einem Fitnessstudio Rückenaufbau und Rückentraining absolviert zu haben. Diese Angaben lassen sich schwerlich miteinander in Einklang bringen.

Der Senat entnimmt dem Gutachten des Dr. B. letztlich auch, dass der streitgegenständlichen Reduktionsplastik mit der psychopathologischen Komponente sogar eine Kontraindikation entgegensteht. Die Klägerin hat gegenüber dem Gutachter angegeben, lieber an Brustkrebs zu leiden als an den von ihr zu erleidenden Brustschmerzen. Ähnliches hatte sie auch bereits in ihrer Widerspruchsbegründung geäußert. Es ist daher nicht fernliegend, wenn der Gutachter derartigen Äußerungen Hinweise auf eine Inakzeptanz der Brüste entnimmt und folglich neben einer intensivierten physiotherapeutischen auch eine psychotherapeutische Behandlung empfiehlt. Auch Dr. S.-G. hat ein multimodales Therapieregimen für erforderlich angesehen, da sie zumindest aufgrund der langen Dauer des bestehenden Schmerzzustandes eine psychosomatische Überlangerung nicht als ausgeschlossen betrachtet hat. Schließlich muss sich die Klägerin aber auch auf die von Dr. S.-G. angeratene Behandlungsalternative eines in einem Sanitätshaus angepassten BHs verweisen lassen. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Gutachterin kann schon dadurch eine Schmerzlinderung bei Mastopathie erzielt werden.

Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, so dass die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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