Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 7 AL 561/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 2/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufungen werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Klägerin zu 1. trägt die Kosten des von ihr geführten Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückerstattung von gezahlten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung.
Die Klägerin zu 1) ist alleinige Inhaberin der Firma "Die W ..." in M. Die Firma betreibt einen Einzelhandel mit Möbel- und Küchen. Der Kläger zu 2) ist der Sohn der Klägerin zu 1). Er ist gelernter Polsterer und arbeitet seit dem 1. September 1995 in der Firma seiner Mutter als Betriebsleiter, daneben war nur noch ein anderer Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin zu 1) meldete den Kläger zu 2) ab dem 1. September 1995 als beitragspflichtigen Beschäftigten bei der Einzugsstelle an und führte für ihn in der Folgezeit Beiträge zur Sozialversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) ab.
Am 21. September 1999 fand durch Mitarbeiter des Rentenversicherungsträgers (der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte [BfA]) in der Firma der Klägerin zu 1) eine Prüfung nach § 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) statt. Der Firmenname lautete damals noch "Die K.". Beanstandet wurde als Ergebnis der Prüfung ein falscher Ansatz bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils für den Kläger zu 2) aufgrund der privaten Nutzung des firmeneigenen Fahrzeuges. Zur beitragspflichtigen Beschäftigung des Klägers zu 2) selbst erfolgten keine Feststellungen. Am 24. Oktober 2003 fand eine erneute Betriebsprüfung durch Mitarbeiter der BfA statt. Dabei erfolgten wiederum keine Feststellungen zum Bestehen oder Nichtbestehen einer beitragspflichtigen Beschäftigung des Klägers zu 2).
Im Jahre 2004 nahm die AOK Sachsen-Anhalt eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 2) in der Firma der Klägerin zu 1) vor. Als Ergebnis stellte die AOK Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 15. November 2004 fest, der Kläger zu 2) habe durchgängig seit dem 1. September 1995 keine versicherungspflichtige Beschäftigung in der Firma der Klägerin zu 1) ausgeübt. Es sei keine weisungsgebundene Eingliederung in das Unternehmen erkennbar und die Arbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander des Klägers zu 2) zur Klägerin zu 1) geprägt. Die Kläger beantragten daraufhin beide am 17. November 2004 die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge (Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmeranteil) bei der AOK Sachsen-Anhalt, die diese Anträge auch an die anderen Sozialversicherungsträger, für die sie Beiträge eingezogen hatte, weiterleitete.
Die Beklagte entschied nach vorangegangener Anhörung der Kläger jeweils mit Bescheiden vom 24. März 2005, die in der Zeit vom 1. September 1995 bis 30. November 1999 zu Unrecht gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung seien nicht zu erstatten. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Beklagte aus: Sie berufe sich für diesen Zeitraum auf die Einrede der Verjährung. Besondere Gründe, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, lägen nicht vor. Gegen die Bescheide erhoben die Kläger jeweils am 11. April 2005 Widerspruch. Die Beklagte half daraufhin in beiden Fällen teilweise ab und entschied mit Bescheiden vom 24. November 2005, die Einrede der Verjährung werde nur noch für die Zeit bis zum 31. August 1999 erhoben, so dass die ab 1. September 1999 entrichteten Beiträge zu erstatten seien. Im Übrigen wies die Beklagte die Widersprüche mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 25. November 2005 gegenüber den Klägern zurück und führte aus: Bis zur Betriebsprüfung durch die BfA am 21. September 1999 sei die Beitragszahlung für den Kläger zu 2) alleine auf Grund der Entscheidung des Arbeitgebers erfolgt. Für die Zeit ab dem 1. September 1999 werde auf die Erhebung der Einrede der Verjährung wegen des Vorliegens einer besonderen Härte verzichtet. Für die bis zum 31. August 1999 ohne Zutun des Rentenversicherungsträgers gezahlten Beiträge sei die Einrede der Verjährung aber zu erheben. Es habe für die Kläger die Möglichkeit bestanden, von Beginn der Tätigkeit an eine versicherungsrechtliche Beurteilung zu beantragen.
Die Kläger haben jeweils am 9. Dezember 2005 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat die beiden Klagen mit Beschluss vom 17. Januar 2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen: Die Beklagte berufe sich zu Unrecht auf die Einrede der Verjährung. Wenn die Kläger im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung am 21. September 1999 darauf aufmerksam gemacht worden wären, dass die Beitragszahlung zu Unrecht erfolgt sei, hätte sie noch die gesamten gezahlten Beiträge zurückfordern können, ohne dass Verjährung eingetreten wäre. Die fehlerhafte Betriebsprüfung sei ursächlich dafür, dass dies unterlassen worden sei.
Die Kläger beantragen jeweils,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 24. März 2005, geändert durch die Bescheide vom 24. November 2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen jeweils auch die für die Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1999 zur Arbeitslosenversicherung gezahlten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Kläger sind nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - statthaft, sie sind zudem form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden. Die Berufungen sind aber nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat sich für den streitigen Beitragserstattungszeitraum vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1999 zu Recht auf Verjährung berufen. Die Ansprüche der Kläger auf Erstattung der abgeführten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nach § 351 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) sind verjährt. Dies folgt aus § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, wonach der Anspruch auf Erstattung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs verjährt, in dem die Beiträge entrichtet wurden. Bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs im Jahr 2004 war demnach der Erstattungsanspruch für die vor dem 1. Januar 1999 entrichteten Beiträge verjährt. Die Beklage hat die Einrede der Verjährung nur gegenüber dem Erstattungsanspruch für die in der Zeit bis zum 31. August 1999 gezahlten Beiträge erhoben. Diese Entscheidung der Beklagten belastet die Kläger nicht in rechtswidriger Weise. Aus der Existenz der Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Verjährung von Erstattungsansprüchen lässt sich nicht schließen, dass die Behörde grundsätzlich die Einrede der Verjährung erheben kann, wenn diese nach der gesetzlichen Regelung eingetreten ist. Denn ansonsten wäre § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sinnlos. Daraus folgert die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass die Ausübung der Einrede im pflichtgemäßen Ermessen des ansonsten erstattungspflichtigen Versicherungsträgers liegt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 13. Juni 1985 – 7 RAr 107/83 – zitiert nach juris).
Die Berufung auf die Einrede der Verjährung kann sich im Einzelfall als Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches) darstellen. Ob dies der Fall ist, hat die Behörde zu prüfen und bei der Ausübung ihres Ermessens zu beachten. Ebenfalls zu prüfen ist, ob die Ausübung der Einrede zu einer unbilligen Härte für die Betroffenen führt. Dies kann der Fall sein, wenn dem Versicherungsträger oder einem anderen Träger der öffentlichen Verwaltung ein zurechenbarer Fehler unterlaufen ist, der zu einer unrechtmäßigen Beitragszahlung führte (vgl. BSG, Urteil v. 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R – zitiert nach juris).
Der Beklagten ist nach diesen Grundsätzen kein fehlerhaftes Ermessenshandeln im Sinne eines Ermessensnichtgebrauchs bzw. –fehlgebrauchs vorzuwerfen. Sie hat ausgeführt, dass sie die Einrede der Verjährung aufgrund einer besonderen Härte nicht erhebt, wenn die unrechtmäßige Beitragszahlung (mit) auf ihrem fehlerhaften Verwaltungshandeln oder auf dem der Einzugsstelle bzw. eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung beruht. Damit hat sie ihr Ermessen bei der Erhebung der Einrede der Verjährung erkannt und auch ausgeübt. In Folge dieser Ermessensausübung hat die Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung für die Zeit vom 1. September 1999 an verzichtet. Für die Zeit davor ergeben sich keine Gesichtspunkte, aufgrund derer die Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung hätte verzichten müssen. Daraus, dass bei der Prüfung am 21. September 1999 nicht der Hinweis gegeben worden ist, für den Kläger zu 2) seien Beiträge zu Unrecht abgeführt worden, folgt nicht, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht oder eine unbillige Härte für die Betroffenen bewirkt. Denn dass keine entsprechenden Feststellungen getroffen wurden, bedeutet kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln. Die Prüfungen durch die BfA waren solche nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die Mitteilung des Prüfergebnisses erfolgte durch die BfA an die Einzugsstelle. Nach dem Inhalt der Prüfmitteilung war nur die Berechnung der Beiträge und nicht das grundsätzliche Bestehen der Versicherungspflicht Prüfgegenstand. Eine solche Beschränkung der Prüfung, bei der Versicherungspflicht der zur Sozialversicherung angemeldeten Personen vorausgesetzt wird, entspricht dem gesetzlichen Prüfungsauftrag. Der Prüfauftrag im Rahmen des § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist nur auf die Überprüfung der korrekten Berechnung und Abführung der Beiträge für die zur Versicherungspflicht gemeldeten Personen bezogen. Er umfasst die Problematik der Versicherungspflicht eines mitarbeitenden Familienmitglieds weder grundsätzlich noch im konkreten Fall. Dass zum grundsätzlichen Bestehen der Versicherungspflicht keine Hinweise gegeben wurden, begründet deshalb auch dann kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln, wenn sich im Nachgang durch eine andere Prüfung zur Versicherungspflicht die Versicherungsfreiheit ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 29 Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R – ziterit nach juris). Insofern war die Beklagte an sich überhaupt nicht gehalten, im Rahmen ihres Ermessens, den Zeitraum, für den sie sich auf die Einrede der Verjährung beruft, zu beschränken. Der Verzicht auf die Einrede bezogen auf die vom 1. Januar bis 31. August 1999 entrichteten Beiträge ist daher für die Kläger günstig und belastet diese nicht. Andere Umstände, die bei der Ausübung des Ermessens gegen die Erhebung der Einrede der Verjährung zu berücksichtigen gewesen wären, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung im Rechtsstreit zwischen dem Kläger zu 2) und der Beklagten folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt den Verfahrensausgang. Die Klägerin zu 1) klagt als Arbeitgeberin und gehört deshalb nicht zu den Verfahrensbeteiligten, für die nach § 183 SGG das sozialgerichtliche Verfahren kostenfrei ist. Sie hat deshalb nach § 197a Gerichtskosten zu tragen. Die Kostenprivilegierung des Klägers zu 2) erstreckt sich nicht auf sie, weil es sich dem Grunde nach um zwei selbständige Verfahren handelt, die nur wegen des sachlichen Zusammenhangs verbunden wurden. Erstattungsfähige Kosten der Beklagten liegen aber nicht vor.
Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Klägerin zu 1. trägt die Kosten des von ihr geführten Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückerstattung von gezahlten Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung.
Die Klägerin zu 1) ist alleinige Inhaberin der Firma "Die W ..." in M. Die Firma betreibt einen Einzelhandel mit Möbel- und Küchen. Der Kläger zu 2) ist der Sohn der Klägerin zu 1). Er ist gelernter Polsterer und arbeitet seit dem 1. September 1995 in der Firma seiner Mutter als Betriebsleiter, daneben war nur noch ein anderer Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin zu 1) meldete den Kläger zu 2) ab dem 1. September 1995 als beitragspflichtigen Beschäftigten bei der Einzugsstelle an und führte für ihn in der Folgezeit Beiträge zur Sozialversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) ab.
Am 21. September 1999 fand durch Mitarbeiter des Rentenversicherungsträgers (der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte [BfA]) in der Firma der Klägerin zu 1) eine Prüfung nach § 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) statt. Der Firmenname lautete damals noch "Die K.". Beanstandet wurde als Ergebnis der Prüfung ein falscher Ansatz bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils für den Kläger zu 2) aufgrund der privaten Nutzung des firmeneigenen Fahrzeuges. Zur beitragspflichtigen Beschäftigung des Klägers zu 2) selbst erfolgten keine Feststellungen. Am 24. Oktober 2003 fand eine erneute Betriebsprüfung durch Mitarbeiter der BfA statt. Dabei erfolgten wiederum keine Feststellungen zum Bestehen oder Nichtbestehen einer beitragspflichtigen Beschäftigung des Klägers zu 2).
Im Jahre 2004 nahm die AOK Sachsen-Anhalt eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit des Klägers zu 2) in der Firma der Klägerin zu 1) vor. Als Ergebnis stellte die AOK Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 15. November 2004 fest, der Kläger zu 2) habe durchgängig seit dem 1. September 1995 keine versicherungspflichtige Beschäftigung in der Firma der Klägerin zu 1) ausgeübt. Es sei keine weisungsgebundene Eingliederung in das Unternehmen erkennbar und die Arbeit sei durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander des Klägers zu 2) zur Klägerin zu 1) geprägt. Die Kläger beantragten daraufhin beide am 17. November 2004 die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge (Arbeitgeber- bzw. Arbeitnehmeranteil) bei der AOK Sachsen-Anhalt, die diese Anträge auch an die anderen Sozialversicherungsträger, für die sie Beiträge eingezogen hatte, weiterleitete.
Die Beklagte entschied nach vorangegangener Anhörung der Kläger jeweils mit Bescheiden vom 24. März 2005, die in der Zeit vom 1. September 1995 bis 30. November 1999 zu Unrecht gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung seien nicht zu erstatten. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Beklagte aus: Sie berufe sich für diesen Zeitraum auf die Einrede der Verjährung. Besondere Gründe, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, lägen nicht vor. Gegen die Bescheide erhoben die Kläger jeweils am 11. April 2005 Widerspruch. Die Beklagte half daraufhin in beiden Fällen teilweise ab und entschied mit Bescheiden vom 24. November 2005, die Einrede der Verjährung werde nur noch für die Zeit bis zum 31. August 1999 erhoben, so dass die ab 1. September 1999 entrichteten Beiträge zu erstatten seien. Im Übrigen wies die Beklagte die Widersprüche mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 25. November 2005 gegenüber den Klägern zurück und führte aus: Bis zur Betriebsprüfung durch die BfA am 21. September 1999 sei die Beitragszahlung für den Kläger zu 2) alleine auf Grund der Entscheidung des Arbeitgebers erfolgt. Für die Zeit ab dem 1. September 1999 werde auf die Erhebung der Einrede der Verjährung wegen des Vorliegens einer besonderen Härte verzichtet. Für die bis zum 31. August 1999 ohne Zutun des Rentenversicherungsträgers gezahlten Beiträge sei die Einrede der Verjährung aber zu erheben. Es habe für die Kläger die Möglichkeit bestanden, von Beginn der Tätigkeit an eine versicherungsrechtliche Beurteilung zu beantragen.
Die Kläger haben jeweils am 9. Dezember 2005 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat die beiden Klagen mit Beschluss vom 17. Januar 2006 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen: Die Beklagte berufe sich zu Unrecht auf die Einrede der Verjährung. Wenn die Kläger im Zusammenhang mit der Betriebsprüfung am 21. September 1999 darauf aufmerksam gemacht worden wären, dass die Beitragszahlung zu Unrecht erfolgt sei, hätte sie noch die gesamten gezahlten Beiträge zurückfordern können, ohne dass Verjährung eingetreten wäre. Die fehlerhafte Betriebsprüfung sei ursächlich dafür, dass dies unterlassen worden sei.
Die Kläger beantragen jeweils,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2008 und die Bescheide der Beklagten vom 24. März 2005, geändert durch die Bescheide vom 24. November 2005 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihnen jeweils auch die für die Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1999 zur Arbeitslosenversicherung gezahlten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Kläger sind nach §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - statthaft, sie sind zudem form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden. Die Berufungen sind aber nicht begründet.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat sich für den streitigen Beitragserstattungszeitraum vom 1. September 1995 bis zum 31. August 1999 zu Recht auf Verjährung berufen. Die Ansprüche der Kläger auf Erstattung der abgeführten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung nach § 351 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) sind verjährt. Dies folgt aus § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, wonach der Anspruch auf Erstattung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs verjährt, in dem die Beiträge entrichtet wurden. Bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs im Jahr 2004 war demnach der Erstattungsanspruch für die vor dem 1. Januar 1999 entrichteten Beiträge verjährt. Die Beklage hat die Einrede der Verjährung nur gegenüber dem Erstattungsanspruch für die in der Zeit bis zum 31. August 1999 gezahlten Beiträge erhoben. Diese Entscheidung der Beklagten belastet die Kläger nicht in rechtswidriger Weise. Aus der Existenz der Regelung in § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV zur Verjährung von Erstattungsansprüchen lässt sich nicht schließen, dass die Behörde grundsätzlich die Einrede der Verjährung erheben kann, wenn diese nach der gesetzlichen Regelung eingetreten ist. Denn ansonsten wäre § 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sinnlos. Daraus folgert die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass die Ausübung der Einrede im pflichtgemäßen Ermessen des ansonsten erstattungspflichtigen Versicherungsträgers liegt (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 13. Juni 1985 – 7 RAr 107/83 – zitiert nach juris).
Die Berufung auf die Einrede der Verjährung kann sich im Einzelfall als Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches) darstellen. Ob dies der Fall ist, hat die Behörde zu prüfen und bei der Ausübung ihres Ermessens zu beachten. Ebenfalls zu prüfen ist, ob die Ausübung der Einrede zu einer unbilligen Härte für die Betroffenen führt. Dies kann der Fall sein, wenn dem Versicherungsträger oder einem anderen Träger der öffentlichen Verwaltung ein zurechenbarer Fehler unterlaufen ist, der zu einer unrechtmäßigen Beitragszahlung führte (vgl. BSG, Urteil v. 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R – zitiert nach juris).
Der Beklagten ist nach diesen Grundsätzen kein fehlerhaftes Ermessenshandeln im Sinne eines Ermessensnichtgebrauchs bzw. –fehlgebrauchs vorzuwerfen. Sie hat ausgeführt, dass sie die Einrede der Verjährung aufgrund einer besonderen Härte nicht erhebt, wenn die unrechtmäßige Beitragszahlung (mit) auf ihrem fehlerhaften Verwaltungshandeln oder auf dem der Einzugsstelle bzw. eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung beruht. Damit hat sie ihr Ermessen bei der Erhebung der Einrede der Verjährung erkannt und auch ausgeübt. In Folge dieser Ermessensausübung hat die Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung für die Zeit vom 1. September 1999 an verzichtet. Für die Zeit davor ergeben sich keine Gesichtspunkte, aufgrund derer die Beklagte auf die Erhebung der Einrede der Verjährung hätte verzichten müssen. Daraus, dass bei der Prüfung am 21. September 1999 nicht der Hinweis gegeben worden ist, für den Kläger zu 2) seien Beiträge zu Unrecht abgeführt worden, folgt nicht, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspricht oder eine unbillige Härte für die Betroffenen bewirkt. Denn dass keine entsprechenden Feststellungen getroffen wurden, bedeutet kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln. Die Prüfungen durch die BfA waren solche nach § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Die Mitteilung des Prüfergebnisses erfolgte durch die BfA an die Einzugsstelle. Nach dem Inhalt der Prüfmitteilung war nur die Berechnung der Beiträge und nicht das grundsätzliche Bestehen der Versicherungspflicht Prüfgegenstand. Eine solche Beschränkung der Prüfung, bei der Versicherungspflicht der zur Sozialversicherung angemeldeten Personen vorausgesetzt wird, entspricht dem gesetzlichen Prüfungsauftrag. Der Prüfauftrag im Rahmen des § 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist nur auf die Überprüfung der korrekten Berechnung und Abführung der Beiträge für die zur Versicherungspflicht gemeldeten Personen bezogen. Er umfasst die Problematik der Versicherungspflicht eines mitarbeitenden Familienmitglieds weder grundsätzlich noch im konkreten Fall. Dass zum grundsätzlichen Bestehen der Versicherungspflicht keine Hinweise gegeben wurden, begründet deshalb auch dann kein fehlerhaftes Verwaltungshandeln, wenn sich im Nachgang durch eine andere Prüfung zur Versicherungspflicht die Versicherungsfreiheit ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 29 Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R – ziterit nach juris). Insofern war die Beklagte an sich überhaupt nicht gehalten, im Rahmen ihres Ermessens, den Zeitraum, für den sie sich auf die Einrede der Verjährung beruft, zu beschränken. Der Verzicht auf die Einrede bezogen auf die vom 1. Januar bis 31. August 1999 entrichteten Beiträge ist daher für die Kläger günstig und belastet diese nicht. Andere Umstände, die bei der Ausübung des Ermessens gegen die Erhebung der Einrede der Verjährung zu berücksichtigen gewesen wären, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung im Rechtsstreit zwischen dem Kläger zu 2) und der Beklagten folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG und berücksichtigt den Verfahrensausgang. Die Klägerin zu 1) klagt als Arbeitgeberin und gehört deshalb nicht zu den Verfahrensbeteiligten, für die nach § 183 SGG das sozialgerichtliche Verfahren kostenfrei ist. Sie hat deshalb nach § 197a Gerichtskosten zu tragen. Die Kostenprivilegierung des Klägers zu 2) erstreckt sich nicht auf sie, weil es sich dem Grunde nach um zwei selbständige Verfahren handelt, die nur wegen des sachlichen Zusammenhangs verbunden wurden. Erstattungsfähige Kosten der Beklagten liegen aber nicht vor.
Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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