L 5 RJ 11/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 1432/97 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 11/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 20. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1943 geborene kroatische Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-/Berufsunfähigkeit.

Er war vom 11. Juni 1970 bis 27. Juli 1979 in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. In dieser Zeit wurden für ihn für 107 Monate Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung entrichtet. Der kroatische Versicherungsverlauf weist für die Zeit vom 26. August 1963 bis 19. September 1964, 28. März 1967 bis 26. Juli 1970 und 24. März 1981 bis 7. September 1995 insgesamt eine Versicherungszeit von 18 Jahren, 9 Monaten und 7 Tagen nach kroatischem Recht aus. Seit dem 8. September 1995 bezieht der Kläger eine Invalidenrente vom kroatischen Versicherungsträger.

Am 26. Juli 1995 stellte der Kläger beim zuständigen kroatischen Versicherungsträger in Zagreb einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit durch den deutschen Versicherungsträger. Die Beklagte ließ die übersandten Befundberichte der jugoslawischen Ärzte sowie das Ergebnis einer am 21. November 1995 in Zagreb durchgeführten Untersuchung sowie eines Gutachtens des Chirurgen Dr.M. und des Neuropsychiaters Dr.R. vom 18. Januar 1996 durch ihren Sozialärztlichen Dienst auswerten, der eine Untersuchung des Klägers in der Ärztlichen Gutachterstelle in Regensburg für erforderlich hielt. Die kroatischen Gutachter hatten den Kläger in seinem Beruf als Polsterer für nicht mehr und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für nur mehr zweistündig bis unterhalbschichtig erwerbsfähig beurteilt. In der Zeit vom 10. bis 12. Juni 1996 wurde der Kläger in Regensburg stationär untersucht. Die Gutachter, der Nervenarzt Dr.L. und der Psychiater Dr.A. , kamen in ihrem Gutachten vom 2. Juli 1996 zu dem Ergebnis, dass beim Kläger mäßige bis fortgeschrittene Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule vorlägen. Dadurch sei seine Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Er sei zwar nicht mehr in der Lage, eine berufliche Tätigkeit als Polsterer auszuüben, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihm aber noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen, ohne häufiges Bücken und ohne Zwangshaltungen vollschichtig zumutbar. Die neurologische Untersuchung habe keinen Anhalt für ein aktuelles Nervenwurzelreizsyndrom erbracht. Im somatischen Bereich hätten sich klinisch keine weiteren leistungsrelevanten Befunde ergeben. Anhaltspunkte für eine organisch bedingte psychische Störung hätten sich nicht gefunden, ebenso wenig für eine depressive Erkrankung.

Mit Bescheid vom 16. Juli 1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab, weil weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Seinen dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, bereits die Zahlung der kroatischen Invalidenrente zeige, dass er nicht mehr in der Lage sei, vollschichtig eine Erwerbstätigkeit auszuüben, er sei vielmehr als völlig unfähig für alle Tätigkeiten eingestuft worden. Auf keinen Fall könne er aber Tätigkeiten verrichten, für die er qualifiziert sei. Während der Kläger noch im Rentenantrag angegeben hatte, keine Berufsausbildung zurückgelegt zu haben, gab er nunmehr an, qualifizierter Tapezierer zu sein. Seinem Widerspruch legte er neue ärztliche Unterlagen des Medizinischen Zentrums Sibenik vom August 1996 bei und übersandte im Januar 1997 einen kardiologischen Befund des Dr.P ... Dr.D. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten stellte hierzu fest, eine Änderung der bisherigen Beurteilung sei nicht erforderlich und eine weitere medizinische Sachaufklärung nicht notwendig. Auf Aufforderung übersandte der Kläger ein Abschlusszeugnis der Zimmermannsschule in Zagreb vom 13. Juni 1963, in dem bestätigt wird, dass der Kläger die Abschlussprüfung für den Beruf eines qualifizierten Arbeiters im Zimmermannsfach, Beruf Polsterer, mit gutem Erfolg abgelegt habe. Des Weiteren legte er ein Schreiben der Firma "R." (Berlin) vom 12. Januar 1970 vor, dem eine Bescheinigung, ebenfalls vom 12. Januar 1970, beilag, in der es heißt, dass die Firma "R." den Kläger als Fachkraft (Polsterer) dringend benötige und dass sie bereit sei, ihn sofort in ihrer Firma einzustellen, sobald die Aufenthaltserlaubnis für Berlin vom zuständigen deutschen Generalkonsulat in Zagreb vorliege. Eine vom Kläger ebenfalls vorgelegte Arbeitserlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit, die für eine Beschäftigung bei der Firma "R." als Polsterer beantragt worden war, wurde dem Kläger für eine berufliche Tätigkeit jeder Art erteilt. Eine Anfrage der Beklagten bei den zuständigen Behörden in Berlin ergab, dass die Firma "R." nicht mehr existiert und Unterlagen über diese Firma nicht mehr vorhanden sind.

Mit Bescheid vom 5. August 1997 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig leichtere bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne häufiges Bücken und ohne Zwangshaltungen zu verrichten. Es könne offenbleiben, ob die zuletzt und nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit der Stufe der Angelernten im oberen Bereich oder der Facharbeiter zuzuordnen sei. Auch als Facharbeiter sei der Kläger auf die seinem Leistungsvermögen entsprechenden Tätigkeiten verweisbar, die zu den sonstigen, staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehörten oder die eine betriebliche Ausbildung von wenigstens drei Monaten erfordern und wegen ihrer Qualität tariflich wie sonstige Ausbildungsberufe bewertet würden. Dafür kämen z.B. folgende Tätigkeiten in Betracht: Telefonist, Tagespförtner oder Kleinteilmontage bzw. Hausmeister in größeren Wohnanlagen. Derartiges könne vom Kläger noch verrichtet werden.

Die hiergegen erhobene Klage ist am 4. November 1997 beim Sozialgericht Landshut eingegangen. Zur Begründung der Klage wurde ausgeführt, die Beklagte habe den Sachverhalt unvollständig ermittelt. Nach den Feststellungen des kroatischen Versicherungsträgers sei er zu keinerlei Arbeiten mehr fähig. Sein Gesundheitszustand habe sich auch seit der Begutachtung in Regensburg wesentlich verschlechtert, wie aus der der Klage beigelegten Krankengeschichte seines Hausarztes Dr.B. vom 13. August 1996 ersichtlich sei. Da er bereits eine kroatische Rente beziehe, sei es ihm nicht möglich, eine von der Beklagten angeführte Tätigkeit als Telefonist, Hausmeister oder in der Montage auszuüben. Der Kläger legte auch eine Lohn- und Arbeitsbescheinigung der Firma "R." vom 31. Juli 1978 vor, in der bestätigt wurde, dass er als Polsterer ungekündigt beschäftigt sei. Sein Netto-Arbeitslohn wurde mit wöchentlich 337,85 DM angegeben. Er übersandte auch einen Arztbericht der Psychiaterin Dr.F. , die bei ihm eine Depression - melancholisches Syndrom -, einen fixierten Zustand sowie Selbstmordtendenzen festgestellt hatte. Ebenso wurde ein Bericht über einen Krankenhausaufenthalt nach einem Verkehrsunfall am 2. August 1997 übersandt.

Mit Beweisanordnung vom 24. August 1998 hat das Sozialgericht die Neurologin Dr.S. zur ärztlichen Sachverständigen ernannt und sie mit der Erstattung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt. Die Sachverständige hat den Kläger am 17. November 1998 untersucht und ist in ihrem Gutachten vom 26. November 1998 zu dem Ergebnis gekommen, dass beim Kläger ein chronisches Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom ohne Nervenwurzelbeteiligung und leichtgradige chronische reaktive depressive Störungen vorlägen. Im Vergleich zu den Vorgutachten habe sich bezüglich der Wirbelsäulen-Symptomatik keine wesentliche Änderung ergeben. Neu diagnostiziert worden sei eine leichtgradige chronische reaktive depressive Störung, aus der sich jedoch keine alltagsrelevanten Einschränkungen ergäben. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch regelmäßig vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten, abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen, ohne schweres Heben und Tragen, verrichten. Wegstreckenmäßige Einschränkungen bestünden nicht und eine Umstellungsfähigkeit sei dem Alter und Ausbildungsstand des Klägers entsprechend vorhanden. Den Beruf als Polsterer könne der Kläger nicht mehr ausüben, als Telefonist, Tagespförtner, in der Kleinteilemontage und als Hausmeister in größeren Wohnanlagen sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er aber noch tätig sein. Der Kläger hat sich mit dem Ergebnis dieses Gutachtens nicht einverstanden erklärt und neuere ärztliche Unterlagen übersandt, die der Gutachterin Dr.S. zu einer ergänzenden Stellungnahme vorgelegt wurden. Die Sachverständige hat sich mit den einzelnen Befundberichten und Entlassungsberichten aus stationärer Behandlung auseinandergesetzt und ist zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, die nachgereichten medizinischen Unterlagen enthielten keine neuen Aspekte, die eine Änderung der Bewertung der Leistungsfähigkeit des Klägers ermöglichen könnten. Auch gegen diese Stellungnahme hat sich der Kläger gewandt und wiederum neue ärztliche Unterlagen übersandt. In einer erneuten Stellungnahme vom 10. Oktober 2000 ist Dr.S. zu dem Ergebnis gekommen, auch die nachgereichten Untersuchungsbefunde enthielten keine neuen Aspekte, die eine Änderung der Leistungsbeurteilung des Klägers ergeben würden.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass der "bisherige Beruf" des Klägers der eines ungelernten Polsterers sei. Das vom Kläger vorgelegte Prüfungszeugnis, wonach er die Prüfung zum gelernten Polsterer in seiner Heimat abgelegt habe, könne nicht zum Nachweis dafür dienen, dass er in Deutschland als gelernter Polsterer versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Auch die Lohn- und Arbeitsbescheinigung der Firma "R." vom 31. Juli 1978 gebe keinen Aufschluss über die dort vom Kläger im Einzelnen verrichtete Tätigkeit. Die Firma selbst könne nicht mehr befragt werden, da sie nicht mehr existiere. Im Handels- bzw. Gewerberegister Berlin lägen keine Unterlagen mehr über diese Firma vor. In dieser Situation habe der Kläger nach dem im Sozialgerichtsprozess geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast die Konsequenzen der Nichterweislichkeit einer Tatsache zu tragen. Eine nicht nachgewiesene Tatsache werde als nicht vorhanden gewertet. Es sei daher davon auszugehen, dass der Kläger in Deutschland als ungelernter Polsterer versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Nach dem Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung sei es zur Überzeugng des Gerichtes erwiesen, dass der Kläger zwar nicht mehr seine bisherige maßgebliche Tätigkeit als ungelernter Polsterer verrichten, er jedoch noch anderen ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen könne. Dabei folge das Gericht dem Gutachten der Sachverständigen Dr.S. und deren Stellungnahmen. Diese seien schlüssig und überzeugend begründet, so dass das Gericht keine Bedenken habe, sich den Feststellungen der Sachverständigen in vollem Umfang anzuschließen. Damit sei der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig. Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 6. November 2000 zugestellt.

Die dagegen eingelegte Berufung ist am 11. Januar 2001 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangen. Die Berufungsbegründung enthält eine ausführliche Schilderung der beruflichen Tätigkeit des Klägers und seines Lebensweges. Ihr sind erneut Bescheinigungen der Firma "R." vom 12. Januar 1970 und die Arbeitserlaubnis vom 2. Oktober 1973 sowie eine Krankengeschichte der Hausärztin Dr.Z. vom 8. Dezember 2000 beigelegt worden. Für die Beklagte hat Dr.L. in einer sozialärztlichen Stellungnahme vom 22. Mai 2001 ausgeführt, ein grundsätzlich neuer medizinischer Sachverhalt von quantitativer Leistungsrelevanz oder eine bedeutsame Verschlechterung des gesundheitlichen Status des Klägers gegenüber der medizinischen Sachaufklärung im Sozialgerichtsverfahren sei nicht sicher festzustellen. Von Dr.Z. werde - ohne dies durch eine einigermaßen plausible Befundung auch zu belegen - eine abweichende sozialmedizinische Auffassung vom Leistungsvermögen des Klägers vertreten. Der Kläger habe aber zumindest noch das Umstellungsvermögen für einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Mit Beweisanordnung vom 12. Juni 2001 wurde der Neurologe/ Psychiater Dr.K. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung des Klägers beauftragt. In seinem Gutachten vom 10. Oktober 2001, das nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 9. Oktober 2001 erstellt wurde, hat Dr.K. beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: 1. Bewusstlosigkeiten unklarer Ätiologie, am ehesten als kreislaufbedingt zu interpretieren, ohne Hinweise für eine epileptische Genese. 2. Ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulären Beschwerden am linken Bein. 3. Eine mittlerweile remittierte depressive Störung.

Funktionsausfälle und Behinderungen würden durch die vorliegenden Gesundheitsstörungen insofern verursacht, als wegen der angegebenen Bewusstlosigkeitszustände sich bestimmte qualitative Einschränkungen begründen ließen. Darüber hinaus verböten sich aufgrund einer einschränkenden Funktion der Lendenwirbelsäule Arbeiten in Zwangshaltungen und im Bücken sowie Arbeiten, die mit Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden seien. Der Kläger werde in seinen Tätigkeiten aus dem Berufskreis eines Polsterers bzw. bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch diese Gesundheitseinschränkungen in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt. Der Umfang der Beeinträchtigungen sei aber als gering anzusehen. Nicht mehr zumutbar seien dem Kläger schwere und ausschließlich mittelschwere Arbeiten; zu vermeiden seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Zwangspositionen, Arbeiten ausschließlich im Bücken sowie Arbeiten, die mit Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden seien. Daneben verböten sich Arbeiten unter Akkord- und Schichtbedingungen. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte beständen nicht. Verfahrensbezogen seien Beschränkungen hinsichtlich der Leistungsmotivation anzunehmen. Der Kläger könne seine beruflichen Tätigkeiten noch acht Stunden täglich ausüben.

Anfragen bei der AOK Berlin, der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft, der Holz-Berufsgenossenschaft sowie der Leder-Berufsgeossenschaft haben ergeben, dass dort keine Unterlagen über einen vom Kläger behaupteten Arbeitsunfall im Jahre 1978 aufliegen. Der Kläger hat eine Erklärung eines früheren Arbeitskollegen von ihm übersandt, der in der Zeit von 1973 bis 1978 ebenfalls bei der Firma "R." gearbeitet hatte. Der Arbeitskollege, V. K. , hat angegeben, dass in der Firma ca. zehn Arbeiter tätig gewesen seien. Die Firma habe Ausbesserungen von Möbeln, Verlegen von Teppichböden, Tapezieren von Wänden und Anbringen von Gardinen durchgeführt. Der Kläger habe je nach Erfordernis folgende Tätigkeiten verrichtet: Reparatur von Möbeln im Geschäft und außerhalb, Verlegen von Teppichböden in Wohnungen und Häusern, Anbringen von Gardinen und Tapezieren von Wänden, falls erforderlich auch Transportieren von Möbeln von den Kunden in die Firma und zurück. Da die Firma wenige Mitarbeiter gehabt hatte, seien jegliche Tätigkeiten ausgeführt worden, zumal der Kläger und er dafür ausgebildet gewesen seien.

Die Beklagte hat hierzu in einer Stellungnahme ausgeführt, die Erklärung des ehemaligen Arbeitskollegen K. sei nicht geeignet, beim Kläger die Anerkennung als Facharbeiter für die zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland verrichtete Beschäftigung bei der Firma "R." zu bewirken. Der Erklärung sei vielmehr zu entnehmen, dass im dem relativ kleinen Betrieb, der sich laut Firmenlogo auf die Renovierung und den Vertrieb von Polstermöbeln spezialisiert hatte, vom Kläger eine so genannte Mischtätigkeit verrichtet worden sei, die jede für sich gesehen durchaus auch dem angelernten bzw. ungelernten Bereich zugeordnet werden könne. Mangels Vorliegens einer den Leitlinien des Bundessozialgerichts entsprechenden Arbeitgeberauskunft sei die Anerkennung eines Berufsschutzes als Facharbeiter nicht möglich.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte uner Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Landshut vom 20. Oktober 2000 sowie des Bescheides vom 16. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 1997 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab 1. Juli 1995 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 20. Oktober 2000 zurückzuweisen.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten, die Klageakte mit dem Az.: S 5 RJ 1432/97 sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 5 RJ 11/01 vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, die alle in deutscher Sprache vorliegen, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1, § 153 Abs.1 i.V.m. § 87 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) sowie ohne Zulassung statthafte (§ 43 i.V.m. § 105 Abs.3 Satz 1 und § 144 Abs.1 Satz 2 SGG) Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 20. Oktober 2000 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bei der Antragstellung vor dem 31. März 2001 (hier am 26. Juli 1995) ist nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zu beurteilen, soweit ein Anspruch vor dem 1. Januar 2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs.2 SGB VI). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgeblich, soweit (hilfsweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 begehrt wird (vgl. § 300 Abs.1 SGB VI).

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch des Klägers sind die §§ 43, 44 SGB VI (a.F.). Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 43 Abs.1 Nr.2, Abs.3, § 44 Abs.1 Nr.2, Abs.4 SGB VI a.F. in Übereinstimmung mit der Beklagten erfüllt.

Der Kläger ist jedoch weder erwerbs- noch berufsunfähig.

Zur Beurteilung des zunächst nach § 43 Abs.2 Satz 1 bzw. § 44 Abs.2 Satz 1 SGB VI a.F. festzustellenden beruflichen Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die erstinstanzliche Sachverständige Dr.S. sowie insbesondere auf die Feststellungen des vom Senat gehörten Sachverständigen Dr.K. , der den Kläger am 9. Oktober 2001 persönlich untersucht hat. Danach bestehen bei dem Kläger Bewusstlosigkeiten unklarer Ätiologie, am ehesten als kreislaufbedingt zu interpretieren, ohne Hinweise für eine epileptische Genese, ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit pseudoradikulären Beschwerden am linken Bein und eine mittlerweile remittierte depressive Störung.

Ungeachtet dieser Gesundheitsstörungen ist der Kläger noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten sowohl im Gehen, Stehen und Sitzen und sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen zu verrichten. Unzumutbar sind schwere und ausschließlich mittelschwere Arbeiten; zu vermeiden sind Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten in Zwangspositionen, Arbeiten ausschließlich im Bücken sowie Arbeiten, die mit Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden sind. Ebenso verbieten sich Arbeiten unter Akkord- und Schichtbedingungen.

Damit wird der Kläger in seinen Tätigkeiten aus dem Berufskreis eines Polsterers bzw. Tapezierers und bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beeinträchtigt. Nach Auffassung des Sachverständigen Dr.K. ist der Umfang der Beeinträchtigungen aber als gering anzusehen. Der Kläger kann alle zumutbaren beruflichen Tätigkeiten noch bis zu acht Stunden täglich (vollschichtig) durchführen.

Der Kläger ist grundsätzlich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr.K. kann der Kläger auch den Beruf eines Polsterers unter gewissen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben. Ob aufgrund der bei dieser Berufstätigkeit bestehenden Beeinträchtigungen dieser Beruf dem Kläger tatsächlich noch zumutbar ist, ist jedoch nicht näher zu prüfen, da für den Kläger insoweit kein Berufsschutz besteht. Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, dass das vom Kläger vorgelegte Prüfungszeugnis, wonach der Kläger die Prüfung zum gelernten Polsterer in seiner Heimat abgelegt hat, nicht zum Nachweis dafür dienen kann, dass der Kläger in Deutschland als gelernter Polsterer versicherungspflichtig beschäftigt war, da die Ausbildung in Jugoslawien nicht von vornherein einer Facharbeiterausbildung in Deutschland gleichsteht. Eine Arbeitgeberauskunft über die vom Kläger verrichteten Tätigkeiten konnte nicht mehr eingeholt werden, da die Firma "R." nicht mehr existiert. Aus der vom Arbeitskollegen des Klägers abgegebenen Erklärung ergibt sich, dass der Kläger eine so genannte Mischtätigkeit verrichtet hat, bei der die einzelnen Tätigkeiten alle auch dem angelernten Bereich zugeordnet werden können. Die vom Kläger vorgelegten Verdienstbescheinigungen erlauben ebenfalls keine Zuordnung als Facharbeiter. Für das Raumausstatterhandwerk galt jedenfalls für die Zeit ab 1. April 1977 bis zum Ausscheiden des Klägers aus der deutschen Sozialversicherung am 27. Juli 1979 ein einheitlicher Bundesmanteltarifvertrag vom 6. April 1977. Die hilfsweise herangezogenen Lohntarifverträge für das Raumausstatterhandwerk in Bayern zeigen, dass angelernte Arbeiter 98 % des Facharbeiterlohnes erhielten, Helfer und Helferinnen 95 % und Ungelernte 90 %. Dies zeigt, dass aufgrund der vorliegenden Verdienstbescheinigung und der den Sozialversicherungsträgern gemeldeten Entgelte ohne Kenntnis der Stundenzahlen für die jeweils gemeldeten Entgelte und der geleisteten Zuschläge eine Zuordnung aufgrund des Entgeltes nicht möglich ist. Die vom Kläger vorgelegte Erklärung seines ehemaligen Arbeitskollegen entspricht auch nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichtes an eine Arbeitgeberauskunft. Hier kann nicht entnommen werden, ob die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten, denen eines Facharbeiters, eines angelernten Arbeiters oder eines Helfers entsprechen. Eine Facharbeitertätigkeit des Klägers ist damit jedenfalls nicht nachgewiesen. Als angelernter Raumausstatter ist der Kläger aber grundsätzlich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nämlich der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. Arbeiterberufe werden dabei in Gruppen unterteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hochqualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters, des angelernten und des ungelernten Arbeiters geprägt sind (vgl. Niesel im KassKomm, § 43 SGB VI, Rdnr.35 m.w.N.) Welcher Gruppe des Mehrstufenschemas eine bestimmte Tätigkeit zuzuordnen ist, richtet sich dabei nach der Qualität der verrichteten Arbeit, wobei es auf das Gesamtbild der in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. genannten Merkmale ankommt (vgl. BSG SozR 3-2900 § 48 Nr.4). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zum bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG a.a.O.). Damit kann der Kläger als angelernter Arbeiter auch auf Tätigkeiten eines ungelernten Arbeiters verwiesen werden.

Was die soziale Zumutbarkeit einer möglichen Verweisungstätigkeit betrifft, ist der Kläger zumutbar auf das gesamte allgemeine Arbeitsfeld verweisbar. Er ist damit noch imstande, mehr als die Lohnhälfte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verdienen und nicht berufsunfähig, auch wenn er bestimmte Tätigkeiten aus dem Berufsfeld eines "Polsterergehilfen" bzw. "angelernten Tapezierers" nicht mehr verrichten kann.

Bei dem Kläger liegt damit erst recht keine Erwerbsunfähigkeit vor, da er auch derzeitig noch zumindest als Pförtner oder in der Kleinteilemontage vollschichtig leichte und gelegentlich mittelschwere Arbeiten unter Beachtung der erwähnten qualitativen Einschränkungen verrichten kann.

Die Leistungsminderungen des Klägers sind auch in ihrer Zusammenschau nicht so außergewöhnlich, dass der allgemeine Arbeitsmarkt als verschlossen anzusehen ist. Bei dem vorhandenen negativen Leistungsbild liegt weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes aufgrund eines so genannten Katalogfalles vor (vgl. SozR 2200 § 1246 Nrn.30, 75, 81, 90, 104, 109, 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr.8, § 1246 Nr.41). Der Kläger hat nämlich weder besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz noch weist er Leistungsdefizite auf, die sich in Verbindung mit anderen Einschränkungen besonders erschwerend bei einer Arbeitsplatzsuche auswirkten, wie z.B. die von der Rechtsprechung erwähnten Fälle der Erforderlichkeit zusätzlicher Arbeitspausen, Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, jederzeit selbstbestimmtem Wechsel von Sitzen und Gehen, Einarmigkeit oder Einäugigkeit.

Zudem hat der Große Senat des BSG entschieden (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, in SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr.8), dass der Katalog zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes insbesondere bei älteren, arbeitslosen, ungelernten bzw. angelernten Versicherten keiner Erweiterung bedarf. Das Risiko, auf eine dem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechende Arbeitsstelle vermittelt zu werden, fällt in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung (vgl. schon BSGE 56, 69; 44, 39).

Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht des SGB VI (vgl. §§ 43, 240 SGB VI n.F.) hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.

Dass der Kläger nach dem Recht seines Herkunftslandes (Kroatien) einen Anspruch auf Invalidenrente hat, führt nicht zwingend dazu, dass er auch in Deutschland Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen könnte. Ein solcher Anspruch gegen einen deutschen Rentenversicherungsträger ist nämlich unabhängig davon allein nach deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hiesigen sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen.

Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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