L 6 RJ 130/99 ZVW

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 Ar 906/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 130/99 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. März 1996 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 1994 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin unter Zugrundelegung eines im April 1991 gestellten Antrags ab 1. April 1991 wiederaufgelebte Witwenrente aus der Versicherung des E. D. zu gewähren.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für alle Rechtszüge.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, inwieweit die (wiederaufgelebte) Witwenrente der Klägerin aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Zusammentreffens mit einer Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nur in beschränktem Umfang zu leisten ist, insbesondere, ob diesbezüglich noch das bis zum 31.12.1991 geltende Recht anzuwenden ist.

Die am 1945 geborene Klägerin ist in erster Ehe mit dem Versicherten E. D. verheiratet gewesen, der am 19.6.1967 infolge eines Arbeitsunfalls ums Leben gekommen ist. Daraufhin hat sie Witwenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung von der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BG) und aus der gesetzlich Rentenversicherung von der Landesversicherungsanstalt Oberfranken und Mittelfranken (LVA Ofr./Mfr.) bezogen. Beide Renten sind mit Ablauf des 31.3.1972 fortgefallen, nachdem die Klägerin den Versicherten S. S. geehelicht hatte. Letzterer ist am 9.12.1989 verstorben. Seitdem erhält die Klägerin aus dessen Versicherung eine Witwenrente von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Ab 22.1.1991 ist ihr von der BG nach ihrem ersten Ehemann eine wiederaufgelebte Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung gewährt worden.

Während des Verwaltungsverfahrens bei der BG, das die wiederaufgelebte Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zum Gegenstand hatte (Antrag vom 22.1.1991), war es zu mehreren Kontakten zwischen dem damaligen Bevollmächtigten der Klägerin (ihrem jetzigen Prozeßbevollmächtigten) und der BG einerseits sowie der BG und der LVA Ofr./Mfr. andererseits gekommen, die sich auf die Frage eines Wiederauflebens der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen:

Unter dem 17.4.1991 teilte die BG der LVA Ofr./Mfr. mit (Eingang dort am 19.4.1991), wobei sie das Rentenzeichen der LVA Ofr./Mfr. angab, die Klägerin werde von der BG eine wiederaufgelebte Witwenrente erhalten. Ein von der Witwe infolge Auflösung der Ehe erworbener neuer Unterhalts-, Renten- oder Versorgungsanspruch sei gemäß § 615 Abs. 2 RVO auf die Witwenrente anzurechnen. Der BG sei nicht bekannt, daß die Klägerin bei der LVA Ofr./Mfr. einen Antrag auf Wiederaufleben der Witwenrente aus ihrer ersten Ehe gestellt habe. Es werde deshalb gebeten, mitzuteilen, was der Klägerin jetzt als Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes zustehen würde.

Nachdem die BG noch die von der LVA Ofr./Mfr. zur Identifizierung des Vorgangs verlangten genauen Personalien des Versicherten E. D. übermittelt hatte (Schreiben vom 14.6.1991, Eingang bei der LVA Ofr./Mfr. am 18.6.1991) führte die LVA Ofr./Mfr. in ihrem Antwortschreiben vom 27.6.1991 (Eingang bei der BG am 3.7.1991) aus, die Klägerin habe bisher einen Antrag auf Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes E. D. nicht gestellt. Die gewünschte Auskunft könne daher nicht erteilt werden; hierzu müßten nämlich die von der Klägerin infolge der Auflösung der zweiten Ehe erworbenen Versorgungs- bzw. Unterhaltsansprüche bekannt sein und angerechnet werden. Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß die gegenüber dem zweiten Ehemann erworbenen Ansprüche zu ermitteln seien (§ 615 Abs. 2 RVO).

Die BG übersandte hierauf unter dem 17.7.1991 dem Bevollmächtigten der Klägerin eine Zwischenmitteilung, daß die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen hätten werden können, da die erforderlichen Auskünfte von der LVA Ofr./Mfr. trotz mehrfacher Erinnerung noch nicht vorlägen. Um die Sache zu beschleunigen werde der Bevollmächtigte gebeten, umgehend einen Antrag auf Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes der Klägerin bei der LVA Ofr./Mfr. zu stellen. Sobald er dort den Antrag gestellt habe, solle er eine kurze Nachricht geben.

Die unter dem 17.7.1991 durch die BG erfolgte Anmahnung, die Höhe der Witwenrente aus der Versicherung des E. D. mitzuteilen, beantwortete die LVA Ofr./Mfr. mit Schreiben vom 25.7.1991: Die Klägerin habe bisher keinen Wiederauflebensantrag gestellt. Sofern trotzdem eine fiktive Berechnung der derzeit zu zahlenden Witwenrente benötigt werde, werde um Mitteilung der Unfallrentendaten gebeten.

Unter dem 6.8.1991 fragte die BG unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 17.7.1991 beim Bevollmächtigten der Klägerin an, ob er inzwischen bei der LVA Ofr./Mfr. den Wiederauflebensangtrag gestellt habe und ggf. wann. Erneute Erinnerungen der BG - vom 16.8.1991 und 10.10.1991 - blieben beim Bevollmächtigten erfolglos.

Auf den Hinweis der BG - Schreiben vom 13.11.1991 -, sie werde den bei ihr gestellten Wiederauflebensantrag für gegenstandslos ansehen, wenn der entsprechende Antrag beim Rentenversicherungsträger nicht gestellt werde, antwortete der Bevollmächtigte unter dem 7.12.1992, er sei der Auffassung, daß es eines solchen Antrags nicht bedürfe, da es sich bei der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung um eine gesonderte Leistung handle; er erwarte die unverzügliche Entscheidung darüber. Unabhängig habe er sich inzwischen mit der LVA Ofr./Mfr. in Verbindung gesetzt. Es werde jedoch ganz offensichtlich durch die Aufrechnung der Leistungen aus der Rentenversicherung des zweiten Ehemannes ein Zahlungsanspruch aus der Rentenversicherung des ersten Ehemannes nicht entstehen.

Ebenfalls mit Schreiben vom 7.12.1992, eingegangen am 9.12. 1992, wandte sich nun die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten an die LVA Mfr./Ofr. mit einem "Antrag auf Wiederaufleben von Hinterbliebenenrentenleistungen" aus der Versicherung ihres ersten Ehemannes. Dabei bezog sie sich auf den am 22.1.1991 bei der BG gestellten Antrag und vertrat nunmehr die Ansicht, dieser gelte auch als Antrag auf Wiederaufleben der Rentenversicherungsleistungen.

Mit Bescheid vom 27.1.1994 gewährte die Beklagte, an die das Verfahren zuständigkeitshalber abgegeben worden war, der Klägerin unter Zugrundelegung der Vorschriften des SGB VI ab 1.12. 1991 eine "große Witwenrente nach dem vorletzten Ehegatten". Nach erfolglosem Vorverfahren (Widerspruchsbescheid vom 1.9. 1994) begehrte die Klägerin vor dem Sozialgericht Landshut (SG) die Zahlung einer nach dem bis zum 31.12.1991 geltenden Recht berechneten Rente bereits ab 1.1.1991, hilfsweise eine Leistungshöhe nach Maßgabe der §§ 266, 311, 312 SGB VI. Diese Klage wurde durch Urteil des SG vom 21.3.1996 abgewiesen. Im anschließenden Berufungsverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht (LSG) beschränkte die Klägerin ihr Klagebegehren auf die Anwendung der §§ 266, 311, 312 SGB VI bei der Rentenberechnung. Das LSG wies die Berufung der Klägerin durch Urteil vom 18.11.1997 zurück.

Mit Urteil vom 13.1.1999 hob das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des LSG vom 18.11.1997 auf und verwies die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurück. Es führte aus, wegen des vom LSG mit bindender Wirkung festgestellten Zeitpunkts des Antrags vom 9.12.1992 könnte die Klägerin nur dann eine günstigere Berechnungsweise für das Zusammentreffen von Unfall- und Rentenversicherungsrente und damit höhere Zahlbeträge erreichen, wenn vorliegend ausnahmsweise doch noch das vor dem 1.1.1992 geltende Rentenrecht anwendbar wäre. Dies käme in Betracht, wenn die Klägerin im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so behandelt werden müßte, als hätte sie die wiederaufgelebte Witwenrente aus der Rentenversicherung bis zum 31.3.1992 beantragt. Hierfür gebe es Anhaltspunkte: Immerhin habe die LVA Ofr./Mfr. bereits seit dem 19.4.1991 Kenntnis von dem infolge des Todes des zweiten Ehemannes der Klägerin eingetretenen Wiederaufleben des Witwenrentenanspruchs gehabt, ohne daß sie sich im Rahmen ihrer Beratungs- und Betreuungspflichten veranlaßt gesehen habe, die Klägerin auf das Erfordernis eines Antrags, die insoweit geltende Antragsfrist (vgl. § 1291 Abs. 2 Satz 1 RVO, ab 1.1.1992: § 99 Abs. 2 SGB VI) und die sich aus einer Anwendung neuen Rechts möglicherweise ergebenden Nachteile hinzuweisen (Hinweis auf BSG SozR 2200 § 1286 RVO Nr. 3; SozR 2200 § 1290 RVO Nr. 11; SozR 3-2600 § 115 SGB VI Nr. 1). Der Umstand, daß die (damals allerdings bereits anwaltlich vertretene) Klägerin im Jahre 1991 mehrfach von der BG aufgefordert worden sei, auch beim zuständigen Rentenversicherungsträger einen Antrag auf wiederaufgelebte Witwenrente zu stellen, sei der LVA seinerzeit offenbar nicht bekannt gewesen. Dieser Umstand könnte daher wohl nur bei der Frage eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen behördlicher Pflichtverletzung und eingetretenem Rechtsnachteil von Bedeutung sein. Insofern dürfte er einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht zwingend ausschließen. Denn sachgerechte Hinweise des Rentenversicherungsträgers hätten bei der Klägerin möglicherweise eine andere Wirkung erzielt als die Aufforderung der BG. Das BSG hat sodann für klärungsbedürftig gehalten, ob ein entsprechender sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegeben sei; hierfür seien weitere Ermittlungen erforderlich.

Zur Feststellung, ob sachgerechte Hinweise des Rentenversicherungsträgers die Klägerin veranlaßt hätten, rechtzeitig den Antrag auf Wiederaufleben der Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen, hat der Senat eine Stellungnahme der Klägerseite eingeholt. Die Klägerin trug darin vor, zunächst habe sie im Jahre 1990 ihren Bevollmächtigten beauftragt, den Rentenbescheid der BfA betreffend die Witwenrente aus der Versicherung des zweiten Ehemannes zu überprüfen. Sie sei darauf hingewiesen worden, daß das Wiederaufleben der Leistungen, die bei der Wiederheirat abgefunden worden seien, betrieben werden solle; und zwar solle insbesondere der Antrag bei der BG gestellt werden, da mit Leistungen der Rentenversicherung aus Anlaß des Todes des ersten Ehemannes wohl nicht zu rechnen sei. Das Verfahren bei der BG im Anschluß an den Antrag vom Januar 1991 habe sich sehr lange hingezogen. Die BG habe zunächst mitgeteilt, daß sie mit der LVA Ofr./Mfr. Kontakt aufgenommen habe. Später sei ihr Bevollmächtigter von der BG aufgefordert worden, einen Antrag beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung auf Wiederaufleben der Witwenrente aus der Versicherung des ersten Ehemannes zu stellen, da sonst die Leistungen der BG nicht berechnet werden können. Diese offensichtlich falsche Behauptung der BG hätten ihren Bevollmächtigten veranlaßt, mehrfach gegenüber der BG darauf hinzuweisen, daß deren eigenständige Leistungen festzustellen seien und ein Abwarten der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nicht notwendig sei. Diese rechtliche Bewertung sei von der LVA Ofr./Mfr. unter Hinweis auf die Vereinbarung zwischen dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger und dem Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften bestätigt worden. Der Antrag auf Wiederaufleben der Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei dann am 07.12.1992 gestellt worden, um der BG auch das letzte (nicht zutreffende) Argument zu nehmen, sie könne über die Ansprüche der Klägerin nicht entscheiden. Als im Januar 1991 der Antrag auf Wiederaufleben bei der BG gestellt worden sei, seien der Klägerin und auch ihrem Bevollmächtigten die Auswirkungen einer veränderten Ruhensberechnung beim Zusammentreffen von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung mit solchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wie sie durch das SGB VI eingeführt worden seien, nicht bekannt gewesen. Hätte der Rentenversicherungsträger auf sich abzeichnende Änderungen in der Ruhensberechnung hingewiesen oder generell auf das Antragserfordernis verwiesen, hätte die Klägerin und ihr Bevollmächtigter sich überzeugen lassen. So aber seien die Hinweise der BG als das gedeutet worden, was sie auch tatsächlich gewesen seien, nämlich als Behauptung von Hinderungsgründen, die in Wirklichkeit der Entscheidung nicht entgegengestanden hätten. Die Aufforderungen der BG, den Antrag beim Rentenversicherungsträger zu stellen, sei von ihrem Bevollmächtigten nicht weitergegeben worden, da sie durch den Tod ihres zweiten Ehemannes und eine eigene Erkrankung nervlich nicht belastbar gewesen sei. Die Entscheidung, vordringlich die Leistungen der BG einzufordern, sei in ihrem wohlverstandenen Interesse von ihrem Bevollmächtigen getroffen worden. Die Höhe der von der Beklagten festgestellten Rente bestätigte im übrigen die grundsätzlich richtige Bewertung der Prioritäten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG Landshut vom 21.3.1996 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.1.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.9.1994 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Zugrundelegung eines fiktiv im April 1991 gestellten Antrags ab 1.4.1991 wiederaufgelebte Witwenrente aus der Versicherung des E. D. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Landshut vom 21.3.1996 ist zulässig und auch im Sinn des zuletzt gestellten Antrags begründet.

Die Klägerin hat ab 1.4.1991 Anspruch auf wiederaufgelebte (große) Witwenrente gemäß den §§ 1291 Abs. 2, 1268 Abs. 2 RVO. Die Klägerin kann nämlich aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verlangen, so gestellt zu werden, als habe sie bereits im April 1991 beim Rentenversicherungsträger wiederaufgelebte Witwenrente beantragt. Diesbezüglich steht ihr nämlich ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch zur Seite: sie ist nicht ausreichend beraten worden und die der Mangel der Beratung ist für das Unterlassen des Antrags ursächlich gewesen.

Die LVA Ofr./Mfr. hat seit dem 19.4.1991, als ihr mit Schreiben der BG vom 17.4.1991 auch das Rentenzeichen der weggefallenen Witwenrente der Klägerin mitgeteilt worden war, alle Informationen gehabt, die für eine ordnungsgemäße Beratung der Klägerin erforderlich gewesen sind: sie wußte Bescheid, daß ein Wiederaufleben der Witwenrente nach dem ersten Ehemann in Betracht kam, daß eine wiederaufgelebte Witwenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung geleistet werden würde, daß in Kürze das SGB VI mit den ungünstigeren Bestimmungen für das Zusammentreffen von Renten aus der gesetzlichen Unfall- und Rentenversicherung in Kraft treten würde, und daß dem Zeitpunkt des Antrags entscheidende Bedeutung zukomme. Diese Informationen hätte sie der Klägerin im Rahmen ihrer Beratungs- und Betreuungspflichten, wie im zurückverweisenden Urteil des BSG ausgeführt, geben müssen. Es wäre ihr möglich gewesen, die Klägerin noch im April 1991 in diesem Sinn korrekt zu beraten, auch wenn dem Rentenversicherungsträger durchaus eine gewisse Bearbeitungszeit zuzugestehen ist. Es muß dabei auch davon ausgegangen werden, daß die Klägerin bis spätestens 30.4.1991 den (formlosen) Wiederauflebensantrag noch zuwege gebracht hätte. Die notwendige Beratung hat die Beklagte unterlassen. Die Beratung durch die BG ist, wie das BSG in seinem zurückverweisenden Urteil festgestellt hat, inhaltlich unzureichend gewesen, so daß sie die Beratung durch den Rentenversicherungsträger nicht ersetzen konnte. Die Ermittlungen des Senats, die sich naturgemäß nur auf die Herbeiführung von Äußerungen der Klägerseite beziehen konnten (andere sind nicht ersichtlich), haben ergeben, daß die fehlende Beratung seitens des Rentenversicherungsträgers auch kausal für das Unterlassen eines rechtzeitigen Antrags gewesen ist. Die Ausführungen im Schreiben der Klägerseite vom 3.7.2000 sind überzeugend und waren daher der Entscheidung zugrunde zu legen, da sie mit dem Verhalten in den vorangegangenen Verwaltungsverfahren nicht im Widerspruch stehen und in sich schlüssig und plausibel sind. Insbesondere ist auch bei anwaltschaftlicher Vertretung zuzugestehen, daß nicht alle Probleme bei umfangreichen Gesetzesänderungen sofort überschaut und einem Einzelfall unter vielen zugeordnet werden können; bei den Rentenversicherungsträgern hat es im Zusammenhang mit der Einführung des SGB VI ebenfalls Übergangsschwierigkeiten gegeben (auch der vorliegende Fall mag damit zusammenhängen). Es ist also davon auszugehen, daß der Klägerseite die Auswirkungen einer veränderten Ruhensberechnung beim Zusammentreffen von Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung mit solchen aus der gesetzlichen Unfallversicherung, wie sie durch das SGB VI eingeführt worden sind, nicht bekannt gewesen sind, und daß sich die Klägerin und ihr Bevollmächtigter hätten von der Notwendigkeit einer umgehenden Antragstellung überzeugen lassen, hätte der Rentenversicherungsträger auf sich abzeichnende Änderungen in der Ruhensberechnung hingewiesen oder generell auf das Antragserfordernis verwiesen.

Da die Klägerin somit so zu behandeln ist, als habe sie den Antrag auf wiederaufgelebte Witwenrente bereits im April 1991 gestellt, und da alle anderen Voraussetzungen für diesen Anspruch (unstreitig) vorliegen, hat die Klägerin ab 1.4.1991 den entsprechenden Rentenanspruch. Das Urteil des SG Landshut vom 21.3.1996 war demgemäß aufzuheben, der Bescheid der Beklagten 27.1.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.9.1994 war abzuändern und die Beklagte war zu verurteilen, der Klägerin unter Zugrundelegung eines im April 1991 gestellten Antrags ab 1.4.1991 wiederaufgelebte Witwenrente aus der Versicherung des E. D. zu gewähren (§§ 1291 Abs. 2 Satz 1, 1290 Abs. 3 Satz 1 RVO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor, nachdem sich der Senat an die Vorgaben des BSG gehalten hat und lediglich eine Beweiswürdigung vorzunehmen war.
Rechtskraft
Aus
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