L 5 R 189/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1323/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 189/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe 08.12.2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Weitergewährung der in dem Zeitraum vom 01.10.1993 bis 30.09.2005 mehrfach befristet gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Der 1958 geborene Kläger durchlief von 1973 bis 1976 eine Lehre als Werkzeugmacher. Anschließend war er als Dreher, als Kraftfahrer, und zuletzt seit 1980 bis Ende Januar 1995 bei der Firma D. in G. als Montageschlosser tätig und versicherungspflichtig beschäftigt.

Im Jahr 1982 erlitt der Kläger einen Wegeunfall und zog sich dabei einen offenen Unterschenkeltrümmerbruch im Bereich des linken Beines zu, bei dem sich in der Folgezeit eine Pseudarthrose und eine chronisch eiternde Osteomyelitis ausbildeten. Aufgrund des Wegeunfalls bezieht der Kläger von der Berufsgenossenschaft Metall Nord-Süd, ehemals Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft, eine dauernde Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von sechzig von Hundert.

Am 11.10.1993 beantragte der Kläger bei der Beklagten erstmals, ihm Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit zu gewähren. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wurde dem Kläger ab dem 01.10.1993 bis zum 30.09.1996 eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit von der Beklagten gewährt. Nachfolgend wurde dem Kläger mehrfach die Erwerbsunfähigkeitsrente weitergewährt, zuletzt mit Bescheid vom 23.08.2002 für den Zeitraum vom 01.10.2002 bis zum 30.09.2005. Im Mai 2005 beantragte der Kläger neuerlich die Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente. Der Kläger legte hierbei ein Attest des Chirurgen Dr. K. vom 19.05.2005 vor, wonach er weiterhin berufs- und erwerbsunfähig sei. Die Beklagte holte sodann das orthopädische Gutachten des Facharztes für Orthopädie und Sportmedizin Dr. E. vom 22.07.2005 ein. Folgende Diagnosen wurden hierbei gestellt: (1.) Zustand nach kompliziertem Ober- und Unterschenkelbruch links mit Pseudarthrosenbildung im Unterschenkelbereich, Unterschenkelstützorthesenträger. (2.) Beginnende Gonarthrose links. (3.). Chondropathia patellae rechts (4.) Beginnende Coxarthrose beidseits. (5.) Rezidivierendes Lumbalsyndrom bei leichten degenerativen Veränderungen - derzeit keine Funktionsstörung, (6.) Rezidivierendes Halswirbelsäulen - Syndrom bei leichten degenerativen Veränderungen - derzeit keine Funktionsstörung.

Als Leistungsbild wurden leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, die überwiegend sitzend zu verrichten sind, mit der Möglichkeit des zeitweiligen Stehens und Gehens, ohne einseitig schweres Heben und Tragen sowie ohne ständiges Bücken und Zwangshaltung angegeben. Die Beurteilung des zeitlichen Umfangs, in dem eine Tätigkeit entsprechend dem positiven und negativen Leistungsbild ausgeübt werden kann, wurde mit mindestens sechs Stunden angegeben.

Mit Bescheid vom 03.08.2005 lehnte die Beklagte daraufhin diesen Rentenantrag ab. Der Kläger legte gegen den Bescheid am 26.09.2005 Widerspruch ein und beantragte zugleich die Überprüfung des die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ablehnenden Bescheids. Dieser Antrag wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 04.11.2005 abgelehnt. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 14.11.2005 wies die Beklagte unter Hinweis auf die Ergebnisse aus dem Gutachten des Dr. E. mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2006 als unbegründet zurück.

Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei nach wie vor nicht in der Lage, werktäglich leichte Arbeiten von mindestens acht Stunden zu verrichten. Sein Gesundheitszustand habe sich in keiner Weise stabilisiert oder gebessert. Bereits in dem von der Beklagten 1996 eingeholten Gutachten der Ärztin Dr. L. habe diese festgestellt, mit einer wesentlichen Besserung des Leistungsvermögens durch eine spontane Heilung sei nicht zu rechnen. Eine Ausheilung sei nur durch umfangreiche operative Maßnahmen möglich. Indem der Beklagten im Hinblick auf das junge Alter des Klägers eine aktenmäßige Überprüfung nach drei Jahren empfohlen wurde, habe die Beklagte bereits zum Ausdruck gebracht, an dem Zustand der Erwerbsunfähigkeit werde sich nichts mehr ändern. Entsprechende Ausführungen beinhalten die Gutachten der Ärztin Dr. L. in dem Weiterbewilligungsverfahren aus dem Jahr 1999 sowie der Ärztin Dr. S. aus dem Weiterbewilligungsverfahren 2002. Weiter habe Dr. S. ausgeführt, es bestehe weiterhin ein untervollschichtiges Leistungsvermögen, auch Reha-Maßnahmen, wie etwa eine Alkoholentwöhnungskur, seien voraussichtlich nicht geeignet, ein vollschichtiges Leistungsvermögen wieder herzustellen. Das im Rahmen des letzten Weitergewährungsantrags eingeholte Gutachten des Dr. E. sei vor diesem Hintergrund nicht schlüssig. Zumindest bestehe ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit; die Angaben des Arbeitgebers zu den Anlernzeiten stünden einem Berufsschutz nicht entgegen ... Das SG hat die vom Kläger als behandelnde Ärzte genannten Mediziner daraufhin schriftlich im Wege sachverständiger Zeugenaussagen befragt.

Dr. H. hat dem Gericht unter dem 12.05.2006 mitgeteilt, den Kläger im Zeitraum zwischen dem 10.01.2002 und dem 27.12.2005 behandelt zu haben. Der Kläger habe ihr gegenüber Beschwerden angegeben, die auf Hypertonie, Schlafapnoe, Lendenwirbelsäulen-Syndrom sowie eine Fettleber zurückzuführen seien. Von Seiten des Bewegungsapparates sei eine Verschlechterung eingetreten, der Blutdruck habe sich verbessert und die Leberwerte seien wechselhaft. Der Kläger könne einer vollschichtigen Arbeit von mindestens acht Stunden nicht nachgehen, was auf den Alkoholkonsum zurückzuführen sei. Diese Beeinträchtigungen bestünden seit 2002. Dr. K. hat dem Gericht unter dem 18.05.2006 mitgeteilt, den Kläger seit dem 06.05.1994 zu behandeln. Der Kläger leide unter rezidivierenden Geschwürsbildungen im Bereich des linken Unterschenkels und im Fersenbeinbereich. Weiter müsse ein Schienenhülsenapparat sowie ein Kompressionsstrumpf getragen werden. Die Gehfähigkeit sei bis zu 15 Minuten vorhanden, eine weitere Belastung daher nicht möglich. Im Laufe der Behandlung seien keine wesentlichen Änderungen im Gesundheitszustand eingetreten; neue Befunde nicht aufgetreten. Der Kläger könne einer vollschichtigen Arbeit von mindestens acht Stunden nicht nachgehen, was auf die eingeschränkte Belastbarkeit des linken Beines zurückzuführen sei. Der Kläger könne höchstens halbschichtig leichte und nervlich wenig belastende Arbeit im Rahmen einer fünf Tage Woche verrichten. Diese Einschränkungen bestünden seit 1993 und seien hauptsächlich auf chirurgisch orthopädische Leiden zurückzuführen.

Daraufhin hat das Gericht die ambulante orthopädische Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch den Orthopäden Dr. T. veranlasst. Im Gutachten vom 10.10.2006 hat Dr. T. beim Kläger für das orthopädische Fachgebiet folgende Diagnose gestellt: (1.) Straffe Unterschenkel-Pseudarthrose links mit rezidivierend auftretenden osteomyelitischen Fistelungen, zurzeit ausreichend stabile Weichteilverhältnisse ohne Fistelungen bei mittelgradig beschleunigter BKS. (2.) In Neutralstellung erfolgte Einsteifung des oberen und unteren Sprunggelenks links, Beinverkürzung links um drei Zentimeter. (3.) Mittelgradige Gonarthrose links mit Funktionsbeeinträchtigung ohne wesentliche Kapselreizung. (4.) Rezidivierender bewegungsabhängiger Reizzustand und Schmerz im Bereich des linken Hüftgelenks bei Überlänge eines eingebrachten Marknagels zur Versorgung einer Oberschenkelfraktur, beginnende Coxarthrose beidseits. (5.) Hohlrunder Rücken, statisch und muskulär ausreichend kompensiert mit verstärkten degenerativen Veränderungen ohne Zeichen einer Nervenwurzelschädigung.

Weiterhin hat Dr. T. u.a. angegeben, im Ober- und Unterschenkelbereich links bestehe eine ausgeprägte Muskelminderung; das linke Bein stehe insgesamt achsengerecht. Die Knie- und Sprunggelenkskonturen seien gering verstrichen. Die Prüfung der Beweglichkeit des linken Hüftbereichs ergebe eine aufgehobene Innenrotationsbeweglichkeit bei Einschränkung der Außenrotationsbeweglichkeit um ein Drittel; die Beugung und Streckung sei frei, ebenso die An- und Abspreizbewegung, wobei bei der Abspreizbewegung linksseitig ein Schmerz angegeben werde. Der Bereich des Unterschenkels zeige auf der Schienbeinvorderkante eine ausgedehnte Narbenbildung. Bei der Überprüfung der Stabilität des Unterschenkels sei eine Wackelbeweglichkeit geringen Grades im Sinne einer straffen Pseudarthrose nachzuweisen. Über dem Wadenbein liege kein auffälliger Druckschmerz vor. Bei Überprüfung der Beweglichkeit des oberen und unteren Sprunggelenks sei eine angedeutete Wackelbeweglichkeit festzustellen. Die arterielle Durchblutung beider Beine sei bei leicht abgeschwächt tastbarem Puls der Arteria tibialis anterior und posterior ausreichend. Der Kläger habe bei seiner Vorstellung angegeben, die Weichteilverhältnisse von Seiten des linken Unterschenkels hätten sich seit Aufgabe der Berufstätigkeit gebessert. Er sei, nach eigenen Angaben, auch in der Lage zwischen einer halben Stunde und einer Stunde mit Orthese und Längenausgleich mit orthopädischen Schuhen sowie einem Unterarmstock zu gehen. Im Sitzen, so habe der Kläger weiter vorgetragen, müsse das Bein zur Entlastung leicht gestreckt werden. Das Gangbild sei ausreichend flüssig und sicher, entsprechend dem Gangbild eines mit Unterschenkelprothesen versorgten Patienten. Ohne Handstock trete zwar eine Verschlechterung des Gangbildes ein. Gleichwohl sei aber auch ohne Handstock ein ausreichend sicheres Gehen möglich mit voller Belastung des linken Beines. Aus den Gesundheitsstörungen der unteren Gliedmaßen lasse sich eine Leistungseinschränkung für sämtliche Tätigkeiten mit vermehrter Steh- und Laufbelastung begründen. Gleichwohl sei eine Einschränkung der Wegefähigkeit in Übereinstimmung mit den subjektiven Angaben des Klägers - er könne mit Handstock und mit Hilfsmitteln noch zwischen einer halben Stunde und einer Stunde gehen - nicht gegeben. Weiter könne für den Bereich der Nacken- und Schulterregion sowie der Gelenke der oberen Gliedmaßen im Zeitpunkt der Begutachtung eine wesentliche Leistungseinschränkung nicht begründet werden. Die Rumpfwirbelsäule begründe eine Leistungseinschränkung für Tätigkeiten mit regelmäßigem Heben und Tragen von Lasten über zehn Kilogramm. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, der Kläger sei in der Lage, leichte Arbeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung vollschichtig in einem Umfang von mindestens sechs Stunden auszuüben, unter der Voraussetzung einer bedarfsgerechten Möglichkeit des kurzfristigen Stehens und Gehens. Weiter sei ein der linken Hüfte angepasster Arbeitsstuhl erforderlich. Das festgestellte Leistungsvermögen stimme im Ergebnis mit dem orthopädischen Gutachten der Beklagten im Vorverfahren überein. Eine weitere Begutachtung sei nicht erforderlich.

Der Kläger erlitt am 19.02.2007 einen erneuten Unfall. Das SG hat daraufhin die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich befragt. Dres. S. und E. haben unter dem 20.03.2007 mitgeteilt, die Behandlung sei vom 19.02.2007 bis 03.03.2007 stationär sowie am 18.03.2007 einmalig ambulant erfolgt. Als Diagnosen wurden Zustand nach Knieverdrehtrauma links; laterale Tibiakopffraktur links mit Gelenkbeteiligung sowie proximaler Fibulafraktur links mitgeteilt. Es sei mit einer Behandlungsdauer von 3 Monaten zu rechnen, eine völlige Wiederherstellung könne nicht erwartet werden. Weiter seien Folgeschäden im Sinne einer Beeinträchtigung des linken Kniegelenks mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Gegen das Gutachten von Dr. T. hat der Kläger in der Folge Einwendungen erhoben. Das SG hat daraufhin ergänzende Stellungnahmen des Gutachters eingeholt. Dr. T. hat dem Gericht unter dem 28.03.2007, 02.04.2007 sowie unter dem 09.05.2007 u.a. mitgeteilt, der Kläger sei in der Lage, acht Stunden pro Tag bei einer fünf Tage Woche leichte Tätigkeiten zu verrichten. Hinsichtlich der Wegefähigkeit sei der Kläger in der Lage, viermal einen Fußweg von mindestens 500 Metern innerhalb von 20 Minuten zurückzulegen. Weiter habe während des Untersuchungsablaufs aus orthopädischer Sicht eine leistungseinschränkende Folgeerkrankung aus einem möglichen Alkoholmissbrauch nicht festgestellt werden können. Eine nochmalige Untersuchung aufgrund der erlittenen lateralen Tibiakopffraktur und der proximalen Fibulafraktur werde aber empfohlen.

Im Anschluss hat das SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein weiteres Sachverständigengutachten bei dem Orthopäden und Unfallchirurgen Prof. Dr. G.-Z., dem ärztlichen Direktor der S. Klinik Z. GmbH, eingeholt, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 30.10.2007 erstattet hat. Im Gutachten vom 15.11.2007 hat Dr. G.-Z. beim Kläger für das orthopädische Fachgebiet folgende Diagnose gestellt: (1.) Unterschenkelpseudarthrose links mit chronischer Osteomyelitis mit rezidivierend auftretenden Fistelungen bei Status nach komplizierter offener Unterschenkelfraktur bei Wegeunfall 1982. (2.) Pangonarthrose links bei Status nach komplizierter Ober- und Unterschenkelfraktur 1982 mit zuletzt Status nach in Fehlstellung verheilter lateraler Tibiaplateaufraktur nach Sturz im Februar 2007. (3.) Coxarthrose beidseits links mehr denn rechts bei Status nach Oberschenkelschaftfraktur im Rahmen des Wegeunfalls 1982 und Beinlängenverkürzung links um 3 cm. (4.) Ankylose des oberen sowie Teilankylose des unteren Sprunggelenks. (5.) Degeneratives Lendenwirbelsäulen Syndrom mit rezidivierenden Lumboischialgien unter Belastung. (6.) Degeneratives Halswirbelsäulensyndrom mit rezidivierenden Cervicobrachialgien. (7.) Impingementsyndrom der rechten Schulter bei subacromialer Enge bei AC-Gelenksarthrose rechts. (8.) Alkohol-Abusus. Zusammenfassend wird u.a. ausgeführt, für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit seien die Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet maßgeblich; hinzu trete eine Alkoholkrankheit. Der Krankheitsverlauf sei hauptsächlich durch die erlittene Unterschenkelfraktur mit der Folge einer chronisch auftretenden Osteomyelitis beeinflusst. Dies werde durch die Tibiaplateufraktur am linken Kniegelenk nach einem Sturz im Februar 2007 deutlich erschwert. Eine Mobilisation an zwei Unterarmstützen müsse gewährleistet sein, ständiges Überkopfarbeiten sei daher ebenso wie das Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten jeglicher Art nicht mehr möglich. Auch eine Tätigkeit mit längerem Stehen und Sitzen könne aufgrund der Situation an der linken Hüfte und an dem linken Knies nicht mehr durchgeführt werden. Der Kläger könne aufgrund der Gesamtsituation nur noch für leichteste körperliche Tätigkeiten mit regelmäßigem Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen auf einer Ebene ohne Tragen jeglicher Lasten eingesetzt werden. Die Tätigkeit dürfe keine Betätigung von Maschinen und keine erhöhte Verantwortlichkeit des Klägers enthalten. Diese Tätigkeit könne höchstens drei Stunden täglich verrichtet werden. Auch sei der Kläger nicht in der Lage einen Fußweg von 500 Metern unter zwanzig Minuten zurückzulegen. Öffentliche Verkehrsmittel sollten wegen des erhöhten Sturzrisikos bei ruckartigem Anfahren oder bei Bremsmanövern auf alle Fälle gemieden werden.

Gegen das Gutachten von Prof. Dr. G.-Z. hat die Beklagte in der Folge Einwendungen erhoben und hierzu die ärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 17.3.2008 vorgelegt. Prof. Dr. G.-Z. hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18.10.2008 mitgeteilt, mit der Alkoholkrankheit sei eindeutig eine weitere Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit gegeben. Ein Weg von 500 Metern in 20 Minuten könne nicht zurückgelegt werden. Aufgrund des Gesamtbildes sei ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden nicht gegeben.

Daraufhin hat das SG auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein weiteres Sachverständigengutachten bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. eingeholt, das dieser nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet hat. Im Gutachten vom 05.07.2009 hat Dr. S. beim Kläger für das psychiatrisch neurologische Fachgebiet die Diagnosen Alkoholabhängigkeit, Polyneuropathie, Peronaeusparese links, Angststörung, Neurokognitive Störung (alkoholbedingt oder im Rahmen einer möglichen vaskulären Enzephalopathie) gestellt. Der Kläger zeige neurokognitive Auffälligkeiten mit einer Auffassungs- und Konzentrationsstörung. Die Auffassung sei häufig erschwert, da Aufforderungen nicht verstanden, oft wiederholt oder nochmals anders formuliert werden müssten. Im Rahmen der Leistungsbeurteilung seien nur sehr leichte körperliche Tätigkeiten möglich, vorwiegend im Sitzen und ohne Betätigung von Maschinen und ohne erhöhte Verantwortung sowie keine Tätigkeit mit nervlicher Belastung und in engen Räumen. Eine Tätigkeit sei neurologisch psychiatrisch auf höchstens fünf Stunden täglich beschränkt. Auch sei der Kläger nicht in der Lage, viermal einen Fußweg von 500 Metern in jeweils 20 Minuten zurückzulegen. Gegen die Gutachten der Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Chirurgen Dr. S. von ihrem sozialmedizinischen Dienst vom 10.09.2009 weitere Einwendungen erhoben.

Mit Urteil vom 08.12.2009 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 04.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2006 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 03.08.2005 zurückzunehmen sowie dem Kläger ab dem 01.10.2005 bis zum 30.09.2011 befristet Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in gesetzlicher Höhe weiter zu gewähren. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen des als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden § 44 SGB VI in der Fassung vom 24.03.1999 [a.F.] seien erfüllt. Der Kläger sei nach Überzeugung der Kammer weder in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von zwanzig Minuten zurückzulegen noch zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Das Gericht folge bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage dabei den fundierten medizinischen Feststellungen der im Prozessverfahren jeweils auf Antrag des Klägers bestellten Sachverständigen Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. in den Gutachten vom 15.11.2007 und 05.07.2009. Das Leistungsvermögen des Klägers sei aufgrund der dort genannten Gesundheitsstörungen erheblich eingeschränkt. Aufgrund der im Vordergrund stehenden Folgen des Zustandes nach einer offenen Unterschenkelfraktur links nach einem Wegeunfall aus dem Jahre 1982 und der hierbei chronisch auftretenden Osteomyelitis sowie weiterer Beschwerden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule und verstärkt durch eine Tibiaplateufraktur links aus dem Jahr 2007 seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten zu unterlassen. Das Heben und Tragen leichter Lasten könne vorübergehend mit der Möglichkeit, sich festzuhalten, durchgeführt werden. Ebenso seien Tätigkeiten, die ein dauerndes Stehen, eine gleichförmige ungünstige Körperhaltung, sowie häufiges Bücken und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten beinhalteten, nicht möglich. Weiter könnten aufgrund der neurokognitiven Störungen sowohl Akkord- und Fließbandarbeit als auch Tätigkeiten mit Publikumsverkehr und Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung nicht ausgeführt werden. Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen sei der Kläger zur Überzeugung der Kammer aber nicht in der Lage, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit einem zumutbaren Zeitaufwand von zwanzig Minuten zurückzulegen und zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Es spreche vorliegend bereits viel dafür, dem Kläger aufgrund einer Gesamtbeurteilung seines Leistungsvermögens, insbesondere unter Berücksichtigung sowohl seiner orthopädischen Einschränkungen als auch seiner durch die Alkoholabhängigkeit hervorgerufenen neurologischen Einschränkungen, ein lediglich halb bis unter vollschichtiges Leistungsvermögen zu attestieren. Jedenfalls fehle es dem Kläger aber derzeit zumindest an der für die Erwerbsfähigkeit erforderlichen Wegefähigkeit. Die Kammer schließe sich insoweit der Leistungsbeurteilung der im gerichtlichen Verfahren gehörten Gutachter Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. an, deren Leistungseinschätzung hierzu schlüssig und nachvollziehbar sei. Der Kläger sei aufgrund der Peronaeusparese und aufgrund der orthopädischen Erkrankungen am linken Bein nicht in der Lage, unter Verwendung zweier Unterarmgehstützen eine Wegstrecke von 500 Metern in unter zwanzig Minuten zurückzulegen. Des Weiteren sei der Kläger weder Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis noch sei er - eine Fahrerlaubnis unterstellt - aufgrund der Peronaeusparese sowie der vorhandenen Konzentrationsstörungen fähig, ein Kraftfahrzeug zu benützen. Überdies sei der Kläger zur Fortbewegung neben seiner Gehhilfen auch auf orthopädische Straßenschuhe angewiesen. Soweit die Beklagte dagegen auf die Aussage des Sachverständigengutachtens von Dr. T. sowie auf die Ausführungen ihres Sozialmedizinischen Dienstes verweise, rechtfertige dies kein abweichendes Ergebnis. Das Gutachten von Dr. T. könne im Hinblick auf die getroffenen Schlussfolgerungen im Ergebnis nicht überzeugen. In dem Gutachten werde angeführt, das Gangbild des Klägers verschlechtere sich ohne einen Handstock als Hilfsmittel. Weiter würden eine Muskelminderung im linken Oberschenkel mit bis zu sechs Zentimeter sowie eine Beinminderlänge links gegenüber rechts von drei Zentimeter festgestellt. Die Aussage des Klägers während der ambulanten Untersuchung, dass eine Besserung der Weichteilverhältnisse seit Aufgabe der Berufstätigkeit eingetreten sei, stimme zwar mit der Feststellung im Gutachten überein, dass keine Fistelungen mehr nachgewiesen werden könnten. Das Gutachten gehe aber im weiteren Verlauf davon aus, dass eine Osteomyelitis jederzeit wieder aufflackern könne. Auch der Umstand einer rein orthopädischen Betrachtung werde der Situation des Klägers nicht gerecht. So ergäben sich bei dem Kläger bereits aus den Verwaltungsakten Anhaltpunkte eines vermehrten Alkoholkonsums, die im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der Leistungsfähigkeit mit einzubeziehen seien. Belegt werde ein vermehrter Alkoholkonsum schließlich durch das Auftreten einer äthyltoxischen Pankreatitis, die ebenfalls von dem Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten als schweres Krankheitsbild bezeichnet worden sei. Vom Sozialmedizinischen Dienst der Beklagten würden insbesondere keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellung der fehlenden Wegefähigkeit des Klägers durch die Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. vorgetragen. Auch sei seitens des Sozialmedizinischen Dienstes nur eine Stellungnahme nach Aktenlage erfolgt. Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen der Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. stehe zugleich fest, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers objektiv erkennbar auch wegen der erlittenen Tibiakopffraktur und der aufgetretenen ätyltoxischen Pankreatitis weiter nachteilig entwickelt habe. Ebenso stehe fest, dass sich - jedenfalls auf den absehbaren Zeitraum von drei Jahren ab der hier zuletzt zugesprochenen Rentengewährung wegen Erwerbsunfähigkeit bei Verschlossenheit des Arbeitsmarktes - sowie um weitere drei Jahre, da im Zeitpunkt der Entscheidung bereits ein drei Jahreszeitraum abgelaufen sei, vermutlich auch keine wesentliche Besserung dieses Gesundheitszustands werde erzielen lassen. Diese Belastung rechtfertige es, jedenfalls auf sechs Jahre befristet von einem körperlich verminderten beruflichen Leistungsvermögen des Klägers auszugehen, das sich nach zumindest derzeitiger Sach- und Rechtslage auch prognostisch während dieses Zeitraums nicht werde wesentlich mehr steigern lassen.

Gegen dieses ihr am 05.01.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2010 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt und vorgetragen, das SG begründe seine Entscheidung damit, dass der Kläger weder in der Lage sei, viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 m mit einem zumutbaren Zeitaufwand von 20 Minuten zurückzulegen, noch zweimal täglich öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Dass er ab 01.10.2005 gehindert gewesen sei unter zumutbaren Bedingungen in Frage kommende Arbeitsplätze zu erreichen, sei nicht mit der erforderlichen, an Gewissheit grenzenden, Wahrscheinlichkeit als bewiesen anzusehen. Bei der Beurteilung der Mobilität eines Versicherten seien alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen, orthopädische Schuhe) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. Bei seiner Entscheidung habe das SG nicht beachtet, dass der Kläger noch in der Zeit ab 01.10.2005 im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis gewesen und ihm auch ein Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe, so dass er damit Arbeitsplätze hätte erreichen können. Bei der Begutachtung am 18.02.2009 bei Dr. S. habe der Kläger nämlich angegeben, dass er erst seit drei Jahren - der Zeitpunkt sei nicht geklärt - keinen Führerschein habe, da er betrunken gefahren sei. Was die Fähigkeit betreffe, ab 01.10.2005 Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen, werde zunächst auf das Gutachten von Dr. E. verwiesen, in dem festgehalten sei, dass das Gangbild recht flüssig gewesen sei und dem sich keine rentenrelevante Gehstreckeneinschränkung entnehmen lasse. Des Weiteren sei zu beachten, dass Dr. T. bei der nachfolgenden Begutachtung am 15.09.2006 den Gang als ausreichend flüssig und sicher beschrieben sowie ausgeführt habe, dass sich eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht ergebe in Übereinstimmung mit der subjektiven Angabe des Klägers, er könne mit einem Handstock und den orthopädischen Hilfsmitteln zwischen einer halben und einer Stunde laufen. Sowohl Dr. E. als auch Dr. T. hätten ein vollschichtiges Leistungsvermögen bejaht, wobei ergänzend anzumerken sei, dass von Dr. E. das Nervensystem und die Psyche als unauffällig bezeichnet worden seien. Die in der Folgezeit von Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. eingeholten Gutachten überzeugten hinsichtlich der Leistungsbeurteilungen nicht. Zur Begründung werde auf die bereits vorgelegten Stellungnahmen vom 17.03.2008 und 10.09.2009 von Dr. K. und Dr. S. verwiesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.12.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend. Mit dem pauschalen Hinweis auf nicht überzeugende Leistungsbeurteilungen durch Dr. S. und Prof. Dr. G.-Z. könne die Berufung nicht durchzudringen. Die Beklagte blende hier die weiteren an sich unstreitigen Verletzungen des Klägers in Folge des Unfalles aus. Soweit die Beklagte die Berufung auf die fragliche Wegefähigkeit stützen wolle, könne dies logischerweise dann nur für die Zeit von Oktober 2005 bis allenfalls 2006 gehen, da nun selbst die Beklagte argumentiere, dass Dr. S. den Verlust des Führerscheines drei Jahre vor dem 18.02.2009 vermerkt habe. Aus Sicht der Beklagten gehe es dann also nur um einen relativ geringfügigen Zeitraum, für den überhaupt eine schlüssige Berufungsbegründung vorliege. Diese Berufungsbegründung vermöge aber nicht zu überzeugen, weil die Beklagte bei ihrer Argumentation übersehe, dass hier nicht an den rein formalen Besitz einer Fahrerlaubnis angeknüpft werden könne. Auf Grund seiner Alkoholerkrankung sei der Kläger nämlich nicht mehr in der Lage gewesen, diese Fahrerlaubnis rechtmäßig zu nutzen. Konsequenterweise habe er sie dann ja auch verloren. Die Wegefähigkeit habe also gerade nicht mehr bestanden und dies selbst nach den Feststellungen der Beklagten.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Oberarzt in der Chirurgischen Universitätsklinik H., Prof. Dr. B ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 30.3.2011 mitgeteilt, im Vordergrund stünden die Folgen des Unfalls vom 17.05.1982, bei dem sich der Kläger zum einen einen geschlossenen Bruch am linken Oberschenkel, nach Marknagelosteosynthese knöchern ausgeheilt, zum anderen einen offenen Bruch am gleichseitigen Unterschenkel zugezogen habe, der trotz mehrjähriger stationärer Behandlung und einer Vielzahl von operativen Eingriffen bis heute nicht knöchern fest sei. Direkte Folgen seien ) Achsfehlstellung des linken Schienbeins infolge infizierter Pseudarthrose mit immer wieder auftretender eitriger Sekretion bei chronischer Osteomyelitis und der Notwendigkeit zum Tragen eines Schienenapparates und orthopädischen Schuhwerks, ) in Fehlstellung knöchern fest verheilter Bruch am Wadenbein, ) Muskelminderung an linkem Ober- und Unterschenkel, ) herabgesetzte Knochenqualität infolge röntgenologisch dokumentierter fortschreitender veränderter Knochenstruktur in Form einer Eburnisierung/Sklerosierung des Schienbeinschaftes bzw. herabgesetzter Dichte und strähniger Struktur der Knochenbälkchen am Schienbeinkopf und den sprunggelenksnahen Abschnitten des Schienbeins, ) Druckschmerzen im Bereich der Pseudarthrose am linken Schienbein, ) Beinverkürzung links (ca. 3 cm), ) Versteifung des oberen und weitgehende Versteifung des unteren Sprunggelenks, ) eingeschränkte Beweglichkeit der Zehen des linken Fußes, nur der Großzeh ist hier beweglich, ) chronische, narbige Hautveränderungen am linken Unterschenkel, ) Störungen der Gefühlswahrnehmung am linken Unterschenkel in Form der Herabsetzung (Hypästhesie) und Veränderung (Dysästhesie), ) Schmerzen am linken Hüftgelenk bei röntgenologisch dokumentierter Coxarthrose (Gelenkverbrauch/Knorpelabnützung des Hüftgelenks) und Weichteilverkalkungen um das Nageleintrittsfenster herum nach Nagelosteosynthese eines achsgerecht verheilten Bruches am Oberschenkelschaft, ) Schmerzen am linken Kniegelenk bei bereits 2005 röntgenologisch dokumentierter beginnender Arthrose (=vorzeitige Gelenk-/ Knorpelabnützung) im Kniegelenk und vermehrter Knorpelabnützung hinter der Kniescheibe.

Mit großer Wahrscheinlichkeit indirekte Folgen seien ) Alkoholkrankheit mit der Folge einer akuten Pankreatitis (siehe 1.1.a), einem Diabetes mellitus sowie Verdauungsstörungen, ) Neurokognitive Störungen, ) Polyneuropathie (Erkrankung mehrerer peripherer Nerven), verursacht oft durch Diabetes und/oder Alkoholabusus, ) Nikotinabusus mit der Folge einer chronischen Bronchitis, ) wahrscheinlich reaktive depressive Episoden, ) Bruch des linken Schienbeinkopfes mit Impression großer Anteile der außenseitigen Gelenkfläche um etwa 1cm nach Knieverdrehtrauma

Außerdem sei festgestellt worden ) eine relativ fortgeschrittene Verkalkung der zentralen und peripheren arteriellen Gefäße (durch Nikotinabusus ???) ) ein Zustand nach Unterschenkelvenenthrombose nach Sprunggelenksverletzung (ca. 1976) ) eingeschränktes Bewegungsausmaß an beiden Schultergelenken bei Engpasssyndrom

Die berufliche Leistungsfähigkeit werde im Wesentlichen durch die direkten und indirekten Folgen des Unfalls vom 17.05.1982 beeinträchtigt. Im Vordergrund stünden hier ganz eindeutig die direkten und indirekten Folgen der primären Verletzung (offener Unterschenkelbruch), die trotz sehr vielen operativen Eingriffen und langer Behandlung in einer spezialisierten Unfallklinik bis heute nicht zur Ausheilung hätten gebracht werden können. Aus diesen resultierte bis heute eine Beeinträchtigung der Funktion des linken Beins, das dadurch deutlich weniger und auch kürzer belastbar sei. Die Gehstrecke werde dadurch auch bei Verwendung von Unterarmgehstöcken erheblich eingeschränkt — 500 m sei eine Gehstrecke, die mal erreicht werden könne, aber nicht täglich (z.B. als Wegstrecke zum öffentlichen Nahverkehr) unter Umständen auch mehrfach absolviert werden könne. Sicher könnten kürzere (bis ca. 50 m) Gehstrecken auch ohne Unterarmgehstöcke absolviert werden. Der Kläger wäre möglicherweise durchaus in der Lage, etwas zu arbeiten; dies aber sicher nicht vollschichtig. Er sei mit Sicherheit nicht mehr in der Lage, seinen erlernten bzw. auch zuletzt ausgeführten Tätigkeiten nachzugehen. Er könnte allenfalls überwiegend sitzende Tätigkeiten ausführen, das Anheben von Lasten z.B. größer 3-(5) kg wäre sicher nur ganz gelegentlich und kurzfristig, keinesfalls regelmäßig möglich. Überkopfarbeiten bzw. Tätigkeiten auf Leitern oder gar Gerüsten seien nicht möglich. Die Ausführung leichterer Tätigkeiten, die zuhause ausgeführt werden könnten, wäre u.U. vorstellbar. Andererseits werde das Spektrum von Tätigkeiten, zu denen der Kläger imstande wäre zusätzlich eingeschränkt durch Beeinträchtigungen, die im Gutachten von Dr. S. (SG Blatt 210-223) festgestellt würden.

Die Beklagte hat hierzu eine weitere Stellungnahme ihres ärztlichen Dienstes vorgelegt. Dr. S. vertrat darin unter dem 6.5.2011 die Auffassung, dem Leistungsbild, so wie es Dr. E. und Dr. T. beschrieben hätten, sei zu folgen. Ob eine Verschlechterung oder eine Verbesserung eingetreten sei, sei rechtlich nicht erheblich. Entscheidend sei das Leistungsvermögen des Klägers. Bezüglich der Alkoholproblematik sei der Kläger auf eine zumutbare Behandlung zu verweisen. Nicht rückbildungsfähige leistungsrelevante Alkoholfolgen seien bis jetzt nicht dokumentiert.

Beide Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, den Inhalt der SG-Akte sowie der Berufungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Sie ist statthaft, da wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG) und - weil unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt - auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet; das SG hat der Klage zu Recht teilweise stattgegeben. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage ist der die Rücknahme des - den Weitergewährungsantrag des Klägers ablehnenden - Bescheids vom 03.08.2005 ablehnende Bescheid vom 04.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2006. Dieser erweist sich jedenfalls, soweit er durch das SG aufgehoben wurde, als rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rücknahme der Entscheidung und die ihm zugesprochene befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (auch) für die Zeit vom 01.10.2005 bis 30.9.2011.

Ausgangspunkt der Prüfung ist § 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, da die Beklagte die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente zu Unrecht abgelehnt hat. Dies hat dazu geführt, dass ihm ab 01.10.2005 keine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mehr gezahlt wurde, obwohl er hierauf Anspruch hatte.

Maßgeblich für den Anspruch sind, da es um die Weiterzahlung einer vor dem 01.01.2001 gewährten Rente geht, noch die Bestimmungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (vgl. §§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 Satz 1 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (EM-ReformG), BGBl. I S. 1827 (a. F.)). Nach § 302 b Abs. 1 SGB VI i.d.F des EM-ReformG besteht in Fällen, in denen am 31.12.2000 Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bestand, dieser Anspruch bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze weiter, solange die Voraussetzungen vorliegen, die für die Bewilligung der Leistung maßgebend waren; dies gilt nach Satz 2 auch bei befristeten Renten für einen Anspruch nach Ablauf der Frist. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI a. F. hatten Versicherte Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sowie die allgemeine Wartezeit erfüllt haben und erwerbsunfähig sind. Erwerbsunfähig sind gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VI a.F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,- DM übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer vollschichtig arbeiten kann, dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 SGB VI).

Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die beantragte Weitergewährung einer befristeten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor.

Der Kläger hat - worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht - nicht nur die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI), sondern auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI a. F.).

Der Kläger war auch über den 30.09.2005 hinaus erwerbsunfähig. Bis zu diesem Zeitpunkt war ihm die Rente zu Recht gewährt worden, weil er erwerbsunfähig war, was sich aus den jeweiligen Verwaltungsgutachten ergibt. Eine rentenrelevante Besserung der Leistungsfähigkeit ist, wie sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus den Sachverständigengutachten von Dr. T. und Dr. B. ergibt, nicht eingetreten. Dem Gutachten von Dr. E. kann nicht gefolgt werden, weil dieser bereits die Diagnosen und Befunde unvollständig erhoben hat.

Die der Rentengewährung bis zum 30.09.2005 zugrunde liegenden Gutachten erscheinen nicht fehlerhaft. Die jeweiligen Gutachten sind schlüssig und überzeugend. Dr. K. hatte in seinem Gutachten vom 24.11.1994 als Hauptdiagnose eine Pseudarthrosenbildung distale Tibia links nach drittgradiger offener Unterschenkelfraktur links und abgeheilter Oberschenkelfraktur links genannt. Aus dem Gutachten geht weiter hervor, dass im Zusammenhang mit einem postthrombotischen Syndrom ein inzwischen abgeheiltes Druckulcus an der linken Ferse und eine vermehrte Schwellneigung mit Überwärmung festzustellen sei, insbesondere bei vermehrter Steh- und Sitzbelastung, wenn der linke Unterschenkel nach unten hänge. Hierdurch bedingt sei das Leistungsvermögen nur noch halb- bis untervollschichtig zu bewerten. Diese Beurteilung erscheint schlüssig und nachvollziehbar. Aufgrund der beschriebenen Beschwerden kann der Kläger Tätigkeiten im Gehen nicht mehr im nennenswerten Umfang ausüben. Stehen und Sitzen war dem Kläger aber aufgrund der Schwellneigung auch nur noch zeitlich begrenzt zumutbar. Der Kläger hatte angegeben, dass nach dem Unfall im Jahre 1982 ab 1986 Arbeitsversuche durchgeführt worden seien. Er habe eine sitzende/stehende Tätigkeit ausgeübt. Diese sei von drei auf sechs Stunden gesteigert worden. Über sechs Stunden habe er nach dem Unfall nicht mehr arbeiten können.

In den nachfolgenden Gutachten vom 25.09.1996, 04.08.1999 und 30.07.2002 haben Dr. S. und Dr. L. chronische Osteomyelitis linker Unterschenkel neben der Falschgelenkbildung am Schienbein links nach drittgradiger offener Unterschenkelfraktur links als Hauptdiagnosen angegeben. Sie hatten ein halb- bis untervollschichtiges Leistungsvermögen angenommen. Besserungen wurden jeweils nicht festgestellt und prognostisch für unwahrscheinlich gehalten, wobei im Gutachten vom 25.09.1996 vermerkt ist, dass die Beschwerdeschilderung eher dissimulierend sei.

Dr. E. zieht in seinem Gutachten vom 22.07.2005 die Vorgutachten nicht in Zweifel. Er nimmt jedoch eine Besserung an aufgrund der Angaben des Klägers, dass er gut zurecht komme und aufgrund des während der Untersuchung gezeigten flüssigen Gangbildes. Er setzt sich allerdings nicht mit der Frage auseinander, welche Wegstrecken der Kläger im Freien mit welchen weiteren Hilfsmitteln regelmäßig zumutbar bewältigen kann. Der Kläger hatte ihm gegenüber angegeben, dass er bei längerem Gehen einen Handstock rechts benützen müsse. Zudem hatte er über Schmerzen im linken Kniegelenk und im linken Hüftgelenk geklagt. Mit diesen Angaben setzt sich der Gutachter bei seiner Leistungsbeurteilung nicht auseinander. Vielmehr gibt er an, der Kläger würde außer der Unterschenkelstützorthese und dem orthopädischen Schuhwerk beim Laufen keine zusätzlichen Hilfsmittel benötigen. Auch auf die Schmerzangaben geht er nicht ein, obwohl sie mit seinen Befunden korrespondieren. Dr. E. hat neben der posttraumatischen beginnenden Arthrose im linken Kniegelenk im Bereich des rechten Kniegelenks eine Chondropathia patellae festgestellt, dessen Ursache er in der Fehlbelastung bedingt durch den Ober- und Unterschenkelbruch links sieht. Weiterhin hat er neben der beginnenden Coxarthrose beidseits, eine Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Hüftgelenks aufgrund einer mechanischen Blockierung durch den noch im Oberschenkel liegenden Marknagel, der etwa 1,5 cm aus dem Trochanter massiv kranial herausragt, mitgeteilt.

Die Neigung zur Geschwürsbildung bei Durchblutungsstörungen und insbesondere die chronische Osteomyelitis werden in seinem Gutachten schon nicht als Diagnosen genannt. Insoweit lässt sich dem Gutachten lediglich entnehmen, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Geschwüre und keine Entzündungsneigung festgestellt wurde und der linke Fußrücken leicht geschwollen war. Eine Besserung lässt sich hieraus nicht ableiten. Dr. E. legt weder dar, dass diese Gesundheitsstörungen nicht mehr aktuell bzw. relevant sind, noch kann hiervon ausgegangen werden. Denn bereits Dr. T. hat in seiner Untersuchung vom 10.10.2006 wiederum rezidivierend auftretende – bei röntgenologisch nachgewiesenen Osteomyelitisherden und mittelgradig beschleunigter BKS - Fistelungen diagnostiziert bei zur Zeit der Untersuchung ausreichend stabilisierten Weichteilverhältnissen ohne Fistelung. Auch in dem Bericht des Kreiskrankenhauses B. vom 20.03.2007 wird von einer seit Jahren fortbestehenden Osteomyelitis und einer problematischen Weichteilsituation berichtet. Aus dem Sachverständigengutachten von Dr. T. ergibt sich ebenfalls, dass sich in Bezug auf die Durchblutungsstörungen und die hiermit verbundenen Folgeerscheinungen, wie sie Grundlage der Einschätzung von Dr. K. waren, nichts Grundsätzliches gebessert hat. So teilt Dr. T. mit, dass im Bereich beider Beine links stärker ausgeprägt als rechts im mittleren und distalen Drittel Hyperpigmentierungen sowie leichte Glanzhautbildungen vorliegen, entsprechend einer sekundären venösen Stauungssymptomatik, ohne dass jedoch zum Untersuchungszeitpunkt ein prätibiales Ödem nachzuweisen gewesen sei. Der Untersuchte habe allerdings kurz vor der Untersuchung erst den Unterschenkelkompressionsstrumpf links ausgezogen. Bei herabhängendem Bein komme es zu einer düster lividen zunehmenden Verfärbung des linken Unterschenkels und Fußes im Sinne einer deutlichen venösen Umlaufstörung. Diese Befunde entsprechen insoweit im Wesentlichen weiterhin den von Dr. K. erhobenen und für seine Leistungseinschätzung maßgeblichen, wobei Dr. T. zwar als Ursache nicht von einem postthrombotischen Syndrom ausgeht, worauf es hier aber nicht ankommt.

Nach Überzeugung des Senats hat Dr. T. im Gegensatz zu Dr. E. die Befunde vollständig erhoben. Eine Besserung ist danach auszuschließen, nachdem auch bei den Voruntersuchungen aktuell keine Fistelung oder Druckgeschwüre vorlagen und inzwischen degenerative Veränderungen bezüglich beider Hüftgelenke, des rechten Knies und der Wirbelsäule hinzugetreten sind, die u.a. durch Mehr- und Fehlbelastungen bedingt sind. Der Kläger selbst hat dem Sachverständigen Dr. T. erklärt, die Weichteilverhältnisse von Seiten des linken Unterschenkels hätten sich bereits seit Aufgabe der Berufstätigkeit gebessert. Der Sachverständige Dr. B. hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass Dr. E. insbesondere die nichtorthopädischen Begleiterkrankungen unberücksichtigt gelassen hat, diese aber unverändert fortbestünden. Dr. T. hatte aufgrund der von ihm vollständig erhobenen Befunde zunächst das quantitative Leistungsvermögen mit mindestens sechs Stunden angegeben, was im Wesentlichen der Einschätzung der früheren Gutachter entsprach, die von einem noch halb- bis untervollschichtigen Leistungsvermögen ausgegangen waren.

Auf Nachfrage gab der Sachverständige Dr. T. dann zunächst an, der Kläger könne noch mehr als sechs Stunden leichte Arbeiten verrichten und schließlich auf weitere Nachfrage, dass er auch noch acht Stunden am Tag überwiegend sitzend bei einer Versorgung mit einem der Problematik der linken Hüfte angepasstem Arbeitsstuhl leichte Tätigkeiten ausüben könne. Dieser zuletzt genannten Leistungseinschätzung kann vor dem Hintergrund des im Übrigen überzeugenden und schlüssigen Sachverständigengutachtens allerdings nicht gefolgt werden. Der Sachverständige teilt keine Besserung, die wie dargelegt auch nicht angenommen werden kann, mit. Er setzt sich nur mit dem Gutachten von Dr. E., nicht aber mit den Vorgutachten auseinander. Bereits bisher war das Leistungsvermögen des Klägers qualitativ in der Weise eingeschränkt, dass er, wie sich aus den Vorgutachten ergibt und auch im Übrigen nicht in Zweifel zu ziehen ist, Tätigkeiten nur noch überwiegend im Sitzen ausüben konnte. Die Ausübung leichter Tätigkeiten im Sitzen, im Wechsel mit Stehen war aber wiederum zeitlich durch die hierbei auftretenden Schwellungen auf unter acht Stunden begrenzt. Diese Problematik besteht weiterhin. Dr. E. hat einen verschwollenen Fußrücken geschildert. Dr. T. hat dargelegt, dass sich bei herabhängenden Beinen nach 2 bis 3 Minuten beim linken Unterschenkel eine deutliche venöse Blutumlaufstörung zeigt. Zwar ist der Kläger mit einem Kompressionstrumpf versorgt, dass es ihm nun aber bei hinzugetretenen Beschwerden aufgrund der Hüftarthrose links und den degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und auch der rechten Hüfte zumutbar sein soll, acht Stunden mit Kompressionsstrumpf überwiegend sitzend tätig zu sein, überzeugt nicht. Hierbei ist zu bedenken, dass der Sachverständige eine überwiegend sitzende Tätigkeit nun schon allein im Hinblick auf die Hüftbeschwerden links unter Benutzung eines üblichen ergonomischen Arbeitsstuhls – wohl auch sechsstündig - nicht mehr für zumutbar hält.

Der Senat folgt daher der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen Dr. B., der die Diagnosen und Befunde von Dr. T. im Wesentlichen bestätigt und hierzu ausgeführt hat, dass die aufgrund des Unfalls im Jahr 1982 auch bei Verwendung von Hilfsmitteln verbleibende Instabilität des linken Beins nicht nur Schmerzen verursache, sondern auch immer wieder das Aufflammen der eitrigen Entzündung provoziere. Dies sei auch 2005 der Fall gewesen. Der Verlauf, in dem es immer wieder zu eitrigen Sekretionen über Fistelöffnungen in der Narbe bzw. zuletzt auch entfernt von der Pseudarthrose mit der Notwendigkeit zur stationären Behandlung gekommen sei, belege diese kontinuierlich vorhandene Gefährdung. Der Kläger wäre möglicherweise durchaus in der Lage, etwas zu arbeiten; dies aber sicher nicht vollschichtig. Er könne allenfalls überwiegend sitzende Tätigkeiten ausführen, das Anheben von Lasten z.B. größer 3-(5) kg wäre sicher nur ganz gelegentlich und kurzfristig, keinesfalls regelmäßig möglich. Überkopfarbeiten bzw. Tätigkeiten auf Leitern oder gar Gerüsten seien nicht möglich. Die Ausführung leichterer Tätigkeiten, die zuhause ausgeführt werden könnten, wäre u.U. vorstellbar. Betrachte man den Verlauf der medizinischen Stellungnahmen bis 2005, so sei hier überhaupt keine Änderungen der festgestellten Befunde erkennbar, jedenfalls nicht im Sinne einer Verbesserung. Ein rationaler Grund dafür, dass sich daran etwas geändert haben könnte, sei auch nicht existent, da zum einen die jeweils aktuellen Probleme der Pseudarthrose in dieser Zeit allenfalls symptomatisch behandelt worden seien und niemals versucht worden sei, dies grundlegend zu therapieren, zum anderen seien die Lebensgewohnheiten des Klägers durch regelmäßigen und kräftigen Gebrauch von Nikotin und Alkohol gekennzeichnet, was die körperliche Leistungsfähigkeit nachvollziehbar negativ beeinflusse. Sein Gesundheitszustand habe sich demzufolge während des Zeitraums der jeweils zeitlich begrenzten Berentung (bis 2005) nicht stabilisiert oder gar verbessert (es seien eher weitere Erkrankungen, z.B. Zucker- und Bluthochdruckerkrankung, chronische Bronchitis usw. hinzugekommen).

Die Stellungnahme des Beratungsärztlichen Dienstes (Dr. S.) begründet keine Zweifel an dieser Beurteilung, wenn sie darauf abstellt, dass in den letzten Jahren keine Abszedierung bzw. Akzentuierung der Infektion aufgetreten sei und der Kläger auch nach dem Unfall noch bis 1993 vollschichtig erwerbstätig gewesen sei. Denn zum einen wird übersehen, dass der Kläger erst längere Zeit nach dem Unfall im Wege der Wiedereingliederung wieder erwerbstätig war, dies jedoch bis zur Rentengewährung nicht mehr vollschichtig im Sinne von acht Stunden täglich. Zudem hat Dr. K. unter dem 18.05.2006 mitgeteilt, den Kläger seit dem 06.05.1994 zu behandeln. Der Kläger leide unter rezidivierenden Geschwürsbildungen im Bereich des linken Unterschenkels und im Fersenbeinbereich. Nimmt man hinzu, dass der Kläger, wie dargelegt, gegenüber Dr. T. erklärt hat, dass sich die Weichteilverhältnisse nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit verbessert haben, ist die Einschätzung von Dr. B. überzeugend, dass bei Wiederaufnahme einer Tätigkeit in einem Umfang von acht Stunden pro Tag, wobei die jeweiligen Wegstrecken noch hinzukämen, bei der vorliegenden Gefährdung nicht zumutbar ist.

Die Sachverständigengutachten von Prof. Dr. G.-Z. und Dr. S. stimmen mit dieser Beurteilung im Wesentlichen überein und belegen nachvollziehbar und schlüssig, dass sich das Leistungsvermögen durch den erneuten Unfall im Jahre 2007 nochmals verschlechtert hat.

Damit hatte der Kläger Anspruch auf die Rücknahme des ablehnenden Bescheids vom 03.08.2005 und Weitergewährung der Erwerbsunfähigkeitsrente ab dem 01.10.2005 zumindest bis zum vom SG ausgeurteilten Zeitpunkt. Da der Kläger das vorinstanzliche Urteil nicht angefochten hat, ist nicht darüber zu entscheiden, ob ein hierüber hinausgehender Anspruch bestand.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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