Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 179/00 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 140/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit über den 31.10.1997 hinaus.
Die am 1948 geborene Klägerin hat in ihrer Heimat Kroatien, wo sie vom 05.09.1963 bis 26.02.1969 versicherungspflichtig beschäftigt war, den Beruf einer Köchin erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie ab 12.11. 1970 zunächst als Köchin sowie (zuletzt) vom 01.08.1991 bis 31.12.1995 als Küchenhilfe tätig.
Den Antrag der Klägerin vom 21.06.1996 auf Bewilligungen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat die Beklagte als Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewertet und der Klägerin mit Bescheid vom 01.04.1997 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, beginnend am 01.07.1996, bis 31.10.1997 gewährt. Der Nervenarzt Dr.B. hatte im Gutachten vom 07.10. 1996 u.a. einen Zustand nach Operation eines blutenden Aneurysmas der Art. communicans anterior rechts am 28.12.1995 mit prä- und postoperativen cerebralen Krampfanfällen diagnostiziert; die Klägerin sei für die Dauer eines Jahres nur mehr weniger als zwei Stunden täglich arbeitsfähig.
Am 03.11.1997 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente über Oktober 1997 hinaus. Die Invalidenkommission Zagreb vertrat im Gutachten vom 05.06.1998 die Auffassung, die Klägerin sei auf Dauer nur mehr unter zwei Stunden täglich arbeitsfähig.
Die Beklagte holte Gutachten des Internisten Dr.R. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 12.04. 1999 bzw. 11.05.1999 ein. Dr.M. vertrat zusammenfassend die Auffassung, die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten ohne Akkord, ohne Nachtschicht, ohne Absturzgefahr und nicht an gefährdenden Maschinen vollschichtig zu verrichten. Nach Einholung einer Auskunft der Kinderklinik an der L.straße (M.) über die dort von der Klägerin vom 01.08.1991 bis 01.02. 1996 verrichtete Tätigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.07.1999 und Widerspruchsbescheid vom 23.11.1999 den Weitergewährungsantrag ab, weil über den 31.10.1997 hinaus weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit gegeben sei.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben und vorgebracht, ihr Gesundheitszustand sei eher schlechter geworden. Sie habe in der Gaststätte "A.", M. , als Spülerin und bis 1991 als Köchin gearbeitet sowie in der Kinderklinik S. , M. , als hauswirtschaftliche Kraft. Dazu legte sie ein Zeugnis über den Abschluss der Prüfung zum qualifizierten Arbeiter im Gastgewerbe, Beruf Köchin, vom 03.02.1973 vor.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht Gutachten der Ärzte für Neurologie Dr.P. vom 25.10.2000 sowie von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. vom 25.10.2000 eingeholt. Letzterer stellte fest, die Klägerin sei trotz ihrer Gesundheitsstörungen (psychovegetatives Syndrom; Zustand nach operativer Behandlung einer Subarachnoidalblutung ohne Folgen; Bluthochdruck ohne Rückwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und diätpflichtiger Diabetes mellitus) in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig und gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen und ohne große Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit zu verrichten.
Mit Urteil vom 27.10.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die nach ihrem beruflichen Werdegang und hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Küchenhilfe und Spülerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin sei angesichts der ärztlicherseits festgestellten vollschichtigen Arbeitsleistungsfähig weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, sämtliche fachärztlichen Untersuchungen in ihrer Heimat hätten ergeben, dass sie keiner Art von Arbeit mehr nachgehen könne. Dazu legte sie den Arztbrief des Prof.Dr.N. vom 28.02.2001 vor, wonach sie arbeitsunfähig sei.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte der Senat das von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.S. am 21.01. 2002 erstattete Gutachten ein. Dieser erklärte, seit 01.11.1997 bestehe bei der Klägerin ein hirnorganisches Psychosyndrom mit Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses und eine leichte neurologische Restsymptomatik im Sinne einer Halbseiten-Sensibilitätsstörung mit gleichzeitig bestehender geringer motorischer Schwäche des rechten Beines sowie eine beginnende diabetische Polyneuropathie. Die Klägerin könne noch acht Stunden täglich arbeiten, nicht mehr möglich seien Tätigkeiten, die Eigenverantwortung verlangten, komplexere Arbeitsabläufe, Tätigkeiten mit Kundenkontakt, unter Termin- oder Zeitdruck, verantwortungsvolle Tätigkeiten und solche mit überwiegend psychischer-kognitiver Belastung. Die Klägerin könne sich noch auf andere körperliche Hilfstätigkeiten umstellen.
Hierzu ließ die Klägerin ärztliche Unterlagen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass eine ständige psychiatrische Behandlung erforderlich sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.2000 sowie des Bescheides vom 14.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.1999 zu verurteilen, ihr über den 31.10.1997 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der Akten des Bayer. Landessozialgerichts sowie der beigezogenen Klageakten des Sozialgerichts Landshut und der Rentenakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Die Klägerin ist über Oktober 1997 hinaus nicht erwerbsunfähig im Sinne des bis 31.12.2000 gültigen und vorliegend noch anwendbaren § 44 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil sie nicht mehr wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM übersteigt. Über Oktober 1997 hinaus ist sie aber auch nicht wenigstens berufsunfähig gewesen, weil ihre Erwerbsfähigkeit nicht infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich oder geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12. 2000 gültigen Fassung). Die Klägerin ist aber auch nicht (teilweise oder voll) erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung.
Das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin über den Rentenwegfallzeitpunkt hinaus und die daraus zu ziehenden sozialmedizinischen Folgerungen ergeben sich aus dem in den Verfahren erster und zweiter Instanz eingeholten Gutachten, insbesondere aus den Feststellungen des vom Senat gehörten Sachverständigen Dr.S ...
Bei der Untersuchung durch Dr.S. gab die Klägerin an, sie leide an Müdigkeit, Nervosität, Störung der Auffassungsgabe und vergesse vieles. Der Sachverständige beschreibt die Klägerin als freundlich, zugewandt, offen, wobei im Untersuchungsgespräch die zeitliche Orientierung nicht vollständig gegeben war. Im Rahmen eines Gedächtnistests fielen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses auf. Im Übrigen berichtete die Klägerin geordnet über ihr Krankheitsbild und es fielen keine amnestischen/kognitiven Störungen auf.
Die neurologische Untersuchung wies eine Halbseiten-Senibilitätsstörung auf der rechten Seite nach, das Vibrationsempfinden war rechts mehr als links im Bereich der Sprunggelenke reduziert. Der Sachverständige führt aus, dass die von ihm erhobenen Befunde für eine Restsymptomatik nach abgelaufener Subarachnoidalblutung sprächen. Des Weiteren zeigen sich Hinweise auf eine beginnende Polyneuropathie.
Dr.S. betont, dass sich im psychischen Befund im Vergleich zur Vorbegutachtung vom Oktober 1996 Verbesserungen ergeben haben. Auszugehen ist von einem hirnorganischen Psychosyndrom - Dr.S. korrigiert insofern die Diagnose des nervenärztlichen Gutachtens im Klageverfahren - leichter Ausprägung mit Störungen der zeitlichen Orientierung, des Kurzzeitgedächtnisses und der Affekitivität im Sinne einer leichten Euphorie. Wenngleich die Klägerin in der Lage war, dem Untersuchungsgespräch jederzeit zu folgen und angemessen zu reagieren, ist sie jedoch bei Tätigkeiten, bei denen sie selbständig arbeiten muss, durch die Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses schwer behindert. Sie ist deshalb nur noch in der Lage, acht Stunden täglich Tätigkeiten auszuüben, bei denen sie unter ständiger Anleitung körperliche Arbeiten ohne Heben und Tragen von schweren Lasten verrichtet. Es sind demnach nur mehr Hilfstätigkeiten möglich, ohne Eigenverantwortung, ohne komplexe Arbeitsabläufe, ohne Kundenkontakt, ohne Termin- oder Zeitdruck und ohne Verantwortung sowie ohne überwiegend psychisch/kognitive Belastung. Die von Seiten des internen Fachgebiets feststellbaren Gesundheitsstörungen (Diabetes mellitus, Bluthochdruck) führen zu keinen darüber hinausgehenden Einschränkungen.
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist damit zweifellos eingeschränkt, sie ist jedoch mit den von Dr.S. genannten Einschränkungen noch vollschichtig, also etwa acht Stunden täglich einsetzbar. Sie unterliegt auch beim Zurücklegen von Wegen zu und von der Arbeitsstätte keinen relevanten Einschränkungen, da sie in der Lage ist, viermal täglich mehr als 500 m zu Fuß zurückzulegen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.23). Ein anderes Ergebnis kann den zuletzt vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht entnommen werden, insbesondere wird die von Dr.S. vertretene Auffassung nicht widerlegt.
Damit kann bei der Klägerin angesichts des festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögens von Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung nicht mehr ausgegangen werden (vgl. § 44 Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB VI für die Zeit bis 31.12.2000), auch wenn sie in ihrer zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübten Tätigkeit als Küchenhilfe nicht mehr einsetzbar wäre. Im Rahmen der Prüfung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, ist - unabhängig vom ausgeübten Beruf - eine Verweisung auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorzunehmen (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr.7; SozR 3-2200 § 1247 Nr.8). Die Benennung einer bestimmten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf die ein Versicherter bei der Prüfung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, verwiesen werden kann, ist in diesem Zusammenhang nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen würde, weil unter diesen Umständen nicht ohne weiteres gesagt werden könnte, dass der Arbeitsmarkt noch offene Stellen für einen Versicherten bietet. Dabei genügt eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen u.ä. erlaubt, wie es bei ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 09.12. 1996 - GS 2/95 - in SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Für die Mehrzahl dieser Verrichtungen reicht das körperliche und geistige Leistungsvermögen der Klägerin zweifellos noch aus. Nachdem bei ihr auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den so genannten Katalogfällen nicht angewandt werden kann (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.19, 22), kann von Erwerbsunfähigkeit nicht ausgegangen werden.
Die Klägerin ist über Oktober 1997 hinaus aber auch nicht wenigstens berufsunfähig im Sinn des § 43 Abs.2 a.F. SGB VI (ab 01.01.2001: § 240 Abs.2 SGB VI) gewesen, weil sie noch in der Lage ist und war, mehr als die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen bzw. vollschichtig zu arbeiten, wobei es auch hier nicht darauf ankommt, ob sie die während ihres Arbeitslebens in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit noch zu verrichten in der Lage wäre. Ob sie berufsunfähig ist, beurteilte sich nämlich danach, welche ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten ihr unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Im Rahmen des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.17) ist die Klägerin lediglich der unteren Stufe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen. Maßgeblich ist die in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe. Die Klägerin hat zwar in ihrer Heimat den Beruf einer Köchin erlernt und nach ihren Angaben auch bis 1991 in Deutschland ausgeübt, ab 01.08.1991 war sie jedoch nach der Auskunft ihres damaligen Arbeitgebers nur mehr als ungelernte Arbeiterin (Küchenhilfe) tätig und kann deshalb nur der Stufe der ungelernten Arbeiter zugeordnet werden mit der Möglichkeit der Verweisbarkeit auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Bei dem gegebenen vollschichtigen Arbeitsleistungsvermögen kann damit auch von Berufsunfähigkeit nicht ausgegangen werden.
Gleiches gilt für die Zeit ab 01.01.2001 bezüglich eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI n.F., weil die Klägerin jedenfalls noch mehr als sechs Stunden täglich zu arbeiten in der Lage ist.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin in vollem Umfang unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit über den 31.10.1997 hinaus.
Die am 1948 geborene Klägerin hat in ihrer Heimat Kroatien, wo sie vom 05.09.1963 bis 26.02.1969 versicherungspflichtig beschäftigt war, den Beruf einer Köchin erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie ab 12.11. 1970 zunächst als Köchin sowie (zuletzt) vom 01.08.1991 bis 31.12.1995 als Küchenhilfe tätig.
Den Antrag der Klägerin vom 21.06.1996 auf Bewilligungen von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat die Beklagte als Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewertet und der Klägerin mit Bescheid vom 01.04.1997 befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, beginnend am 01.07.1996, bis 31.10.1997 gewährt. Der Nervenarzt Dr.B. hatte im Gutachten vom 07.10. 1996 u.a. einen Zustand nach Operation eines blutenden Aneurysmas der Art. communicans anterior rechts am 28.12.1995 mit prä- und postoperativen cerebralen Krampfanfällen diagnostiziert; die Klägerin sei für die Dauer eines Jahres nur mehr weniger als zwei Stunden täglich arbeitsfähig.
Am 03.11.1997 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente über Oktober 1997 hinaus. Die Invalidenkommission Zagreb vertrat im Gutachten vom 05.06.1998 die Auffassung, die Klägerin sei auf Dauer nur mehr unter zwei Stunden täglich arbeitsfähig.
Die Beklagte holte Gutachten des Internisten Dr.R. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. vom 12.04. 1999 bzw. 11.05.1999 ein. Dr.M. vertrat zusammenfassend die Auffassung, die Klägerin sei in der Lage, leichte Arbeiten ohne Akkord, ohne Nachtschicht, ohne Absturzgefahr und nicht an gefährdenden Maschinen vollschichtig zu verrichten. Nach Einholung einer Auskunft der Kinderklinik an der L.straße (M.) über die dort von der Klägerin vom 01.08.1991 bis 01.02. 1996 verrichtete Tätigkeit lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.07.1999 und Widerspruchsbescheid vom 23.11.1999 den Weitergewährungsantrag ab, weil über den 31.10.1997 hinaus weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit gegeben sei.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben und vorgebracht, ihr Gesundheitszustand sei eher schlechter geworden. Sie habe in der Gaststätte "A.", M. , als Spülerin und bis 1991 als Köchin gearbeitet sowie in der Kinderklinik S. , M. , als hauswirtschaftliche Kraft. Dazu legte sie ein Zeugnis über den Abschluss der Prüfung zum qualifizierten Arbeiter im Gastgewerbe, Beruf Köchin, vom 03.02.1973 vor.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht Gutachten der Ärzte für Neurologie Dr.P. vom 25.10.2000 sowie von dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr.Z. vom 25.10.2000 eingeholt. Letzterer stellte fest, die Klägerin sei trotz ihrer Gesundheitsstörungen (psychovegetatives Syndrom; Zustand nach operativer Behandlung einer Subarachnoidalblutung ohne Folgen; Bluthochdruck ohne Rückwirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem und diätpflichtiger Diabetes mellitus) in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig und gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen und ohne große Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit zu verrichten.
Mit Urteil vom 27.10.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die nach ihrem beruflichen Werdegang und hinsichtlich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Küchenhilfe und Spülerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin sei angesichts der ärztlicherseits festgestellten vollschichtigen Arbeitsleistungsfähig weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie trägt vor, sämtliche fachärztlichen Untersuchungen in ihrer Heimat hätten ergeben, dass sie keiner Art von Arbeit mehr nachgehen könne. Dazu legte sie den Arztbrief des Prof.Dr.N. vom 28.02.2001 vor, wonach sie arbeitsunfähig sei.
Zur Aufklärung des Sachverhalts holte der Senat das von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.S. am 21.01. 2002 erstattete Gutachten ein. Dieser erklärte, seit 01.11.1997 bestehe bei der Klägerin ein hirnorganisches Psychosyndrom mit Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses und eine leichte neurologische Restsymptomatik im Sinne einer Halbseiten-Sensibilitätsstörung mit gleichzeitig bestehender geringer motorischer Schwäche des rechten Beines sowie eine beginnende diabetische Polyneuropathie. Die Klägerin könne noch acht Stunden täglich arbeiten, nicht mehr möglich seien Tätigkeiten, die Eigenverantwortung verlangten, komplexere Arbeitsabläufe, Tätigkeiten mit Kundenkontakt, unter Termin- oder Zeitdruck, verantwortungsvolle Tätigkeiten und solche mit überwiegend psychischer-kognitiver Belastung. Die Klägerin könne sich noch auf andere körperliche Hilfstätigkeiten umstellen.
Hierzu ließ die Klägerin ärztliche Unterlagen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass eine ständige psychiatrische Behandlung erforderlich sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.2000 sowie des Bescheides vom 14.07.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.11.1999 zu verurteilen, ihr über den 31.10.1997 hinaus Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu leisten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der Akten des Bayer. Landessozialgerichts sowie der beigezogenen Klageakten des Sozialgerichts Landshut und der Rentenakten der Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.
Die Klägerin ist über Oktober 1997 hinaus nicht erwerbsunfähig im Sinne des bis 31.12.2000 gültigen und vorliegend noch anwendbaren § 44 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), weil sie nicht mehr wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM übersteigt. Über Oktober 1997 hinaus ist sie aber auch nicht wenigstens berufsunfähig gewesen, weil ihre Erwerbsfähigkeit nicht infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich oder geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12. 2000 gültigen Fassung). Die Klägerin ist aber auch nicht (teilweise oder voll) erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 gültigen Fassung.
Das körperliche Leistungsvermögen der Klägerin über den Rentenwegfallzeitpunkt hinaus und die daraus zu ziehenden sozialmedizinischen Folgerungen ergeben sich aus dem in den Verfahren erster und zweiter Instanz eingeholten Gutachten, insbesondere aus den Feststellungen des vom Senat gehörten Sachverständigen Dr.S ...
Bei der Untersuchung durch Dr.S. gab die Klägerin an, sie leide an Müdigkeit, Nervosität, Störung der Auffassungsgabe und vergesse vieles. Der Sachverständige beschreibt die Klägerin als freundlich, zugewandt, offen, wobei im Untersuchungsgespräch die zeitliche Orientierung nicht vollständig gegeben war. Im Rahmen eines Gedächtnistests fielen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses auf. Im Übrigen berichtete die Klägerin geordnet über ihr Krankheitsbild und es fielen keine amnestischen/kognitiven Störungen auf.
Die neurologische Untersuchung wies eine Halbseiten-Senibilitätsstörung auf der rechten Seite nach, das Vibrationsempfinden war rechts mehr als links im Bereich der Sprunggelenke reduziert. Der Sachverständige führt aus, dass die von ihm erhobenen Befunde für eine Restsymptomatik nach abgelaufener Subarachnoidalblutung sprächen. Des Weiteren zeigen sich Hinweise auf eine beginnende Polyneuropathie.
Dr.S. betont, dass sich im psychischen Befund im Vergleich zur Vorbegutachtung vom Oktober 1996 Verbesserungen ergeben haben. Auszugehen ist von einem hirnorganischen Psychosyndrom - Dr.S. korrigiert insofern die Diagnose des nervenärztlichen Gutachtens im Klageverfahren - leichter Ausprägung mit Störungen der zeitlichen Orientierung, des Kurzzeitgedächtnisses und der Affekitivität im Sinne einer leichten Euphorie. Wenngleich die Klägerin in der Lage war, dem Untersuchungsgespräch jederzeit zu folgen und angemessen zu reagieren, ist sie jedoch bei Tätigkeiten, bei denen sie selbständig arbeiten muss, durch die Beeinträchtigung des Kurzzeitgedächtnisses schwer behindert. Sie ist deshalb nur noch in der Lage, acht Stunden täglich Tätigkeiten auszuüben, bei denen sie unter ständiger Anleitung körperliche Arbeiten ohne Heben und Tragen von schweren Lasten verrichtet. Es sind demnach nur mehr Hilfstätigkeiten möglich, ohne Eigenverantwortung, ohne komplexe Arbeitsabläufe, ohne Kundenkontakt, ohne Termin- oder Zeitdruck und ohne Verantwortung sowie ohne überwiegend psychisch/kognitive Belastung. Die von Seiten des internen Fachgebiets feststellbaren Gesundheitsstörungen (Diabetes mellitus, Bluthochdruck) führen zu keinen darüber hinausgehenden Einschränkungen.
Das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist damit zweifellos eingeschränkt, sie ist jedoch mit den von Dr.S. genannten Einschränkungen noch vollschichtig, also etwa acht Stunden täglich einsetzbar. Sie unterliegt auch beim Zurücklegen von Wegen zu und von der Arbeitsstätte keinen relevanten Einschränkungen, da sie in der Lage ist, viermal täglich mehr als 500 m zu Fuß zurückzulegen (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.23). Ein anderes Ergebnis kann den zuletzt vorgelegten ärztlichen Unterlagen nicht entnommen werden, insbesondere wird die von Dr.S. vertretene Auffassung nicht widerlegt.
Damit kann bei der Klägerin angesichts des festgestellten vollschichtigen Leistungsvermögens von Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung nicht mehr ausgegangen werden (vgl. § 44 Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB VI für die Zeit bis 31.12.2000), auch wenn sie in ihrer zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübten Tätigkeit als Küchenhilfe nicht mehr einsetzbar wäre. Im Rahmen der Prüfung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, ist - unabhängig vom ausgeübten Beruf - eine Verweisung auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vorzunehmen (vgl. BSG SozR 2200 § 1247 Nr.7; SozR 3-2200 § 1247 Nr.8). Die Benennung einer bestimmten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf die ein Versicherter bei der Prüfung, ob Erwerbsunfähigkeit vorliegt, verwiesen werden kann, ist in diesem Zusammenhang nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegen würde, weil unter diesen Umständen nicht ohne weiteres gesagt werden könnte, dass der Arbeitsmarkt noch offene Stellen für einen Versicherten bietet. Dabei genügt eine Beurteilung, ob das Restleistungsvermögen dem Versicherten körperliche Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen u.ä. erlaubt, wie es bei ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert wird (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts vom 09.12. 1996 - GS 2/95 - in SozR 3-2600 § 44 Nr.8). Für die Mehrzahl dieser Verrichtungen reicht das körperliche und geistige Leistungsvermögen der Klägerin zweifellos noch aus. Nachdem bei ihr auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den so genannten Katalogfällen nicht angewandt werden kann (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.19, 22), kann von Erwerbsunfähigkeit nicht ausgegangen werden.
Die Klägerin ist über Oktober 1997 hinaus aber auch nicht wenigstens berufsunfähig im Sinn des § 43 Abs.2 a.F. SGB VI (ab 01.01.2001: § 240 Abs.2 SGB VI) gewesen, weil sie noch in der Lage ist und war, mehr als die gesetzliche Lohnhälfte zu verdienen bzw. vollschichtig zu arbeiten, wobei es auch hier nicht darauf ankommt, ob sie die während ihres Arbeitslebens in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit noch zu verrichten in der Lage wäre. Ob sie berufsunfähig ist, beurteilte sich nämlich danach, welche ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten ihr unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Im Rahmen des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.17) ist die Klägerin lediglich der unteren Stufe der ungelernten Arbeiter zuzuordnen. Maßgeblich ist die in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübte Tätigkeit als Küchenhilfe. Die Klägerin hat zwar in ihrer Heimat den Beruf einer Köchin erlernt und nach ihren Angaben auch bis 1991 in Deutschland ausgeübt, ab 01.08.1991 war sie jedoch nach der Auskunft ihres damaligen Arbeitgebers nur mehr als ungelernte Arbeiterin (Küchenhilfe) tätig und kann deshalb nur der Stufe der ungelernten Arbeiter zugeordnet werden mit der Möglichkeit der Verweisbarkeit auf alle ungelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Bei dem gegebenen vollschichtigen Arbeitsleistungsvermögen kann damit auch von Berufsunfähigkeit nicht ausgegangen werden.
Gleiches gilt für die Zeit ab 01.01.2001 bezüglich eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI n.F., weil die Klägerin jedenfalls noch mehr als sechs Stunden täglich zu arbeiten in der Lage ist.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Die gemäß § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Klägerin in vollem Umfang unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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