Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 366/95 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 143/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.09.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Antragstellung am 15.11.1990.
Der am 1948 geborene Kläger ist bosnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Bosnien. Dort hat er von Januar 1976 bis April 1983 Versicherungszeiten zurückgelegt. Seither bezieht er Invalidenrente. Er ist Eigentümer einer landwirtschaftlichen Fläche von 77 a und zusammen mit seinem Bruder zur Hälfte einer solchen Fläche von 2 ha und 21 a.
In Deutschland hat er vom 19.01.1972 bis 09.07.1975 Versicherungszeiten zurückgelegt. Ihm wurde vom 22.10.1983 bis 31.12. 1985 Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit in Höhe von 93,10 DM monatlich gewährt. Grund hierfür war das Vorliegen einer paranoiden Schizophrenie nach mehrfachen stationären Aufenthalten. Sein Weitergewährungsantrag vom 03.12.1985 wurde nach ambulanter Untersuchung in Regensburg durch den Nervenarzt G. und den Internisten Brüdigam am 17.11.1986 wegen wesentlicher Besserung abgelehnt. Im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens wurde der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. am 18.01.1989 nach ambulanter Untersuchung als Sachverständiger gehört. Seines Erachtens liegen nach 1985 weder eine akute Psychose noch erhebliche psychische Defektzustände vor. Daraufhin wurde die Klage am 22.03.1989 abgewiesen. Berufsschutz wurde abgelehnt, nachdem der letzte Arbeitgeber mitgeteilt hatte, als Hilfsschlosser habe der Kläger Hilfsarbeiten verrichtet.
Nach der Zustellung des Urteils am 23.05.1989 gingen Schreiben des Klägers bzw. seines Bruders vom 19.03.1990 und vom Oktober 1990 ein, wonach der Kläger sich in schwieriger materieller Lage befindet. Er habe eine erwerbslose Frau und ein Kind zu versorgen, beziehe lediglich eine kleine Rente und ein geringes Einkommen aus Landwirtschaft. Auch im Verwaltungsverfahren hatte er 1986 seine finanzielle Lage als dramatisch dargestellt.
Am 15.11.1990 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente. Während die Invalidenkommission sowohl 1990 als auch 1991 vom unveränderten Bestehen einer Schizophrenie ausging, ergab die stationäre psychiatrische Untersuchung vom 27.01. bis 29.01.1992 in Regensburg eine abgeklungene Psychose ohne nennenswerte Residualsymptomatik. Dr.R. hielt leichte bis gelegentlich mittelschwere vollschichtige Arbeiten für zumutbar, woraufhin die Beklagte den Rentenantrag am 02.03.1992 ablehnte.
Im Widerspruchsverfahren machte die Ehefrau des Klägers u.a. geltend, auch der mittellose Vater des Klägers sei zu versorgen. Im Widerspruchsbescheid vom 21.07.1992 wurde auch auf die fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hingewiesen.
Wegen der Unterbrechung des Postverkehrs konnte der Bescheid erst am am 03.12.1996 zugestellt werden.
In dem am 28.04.1995 eingeleiteten Klageverfahren gab der Kläger an, in der Bundesrepublik als angelernter Metalldreher nach einer Anlernzeit von acht Monaten gearbeitet zu haben und zum Schluss als Schlosser eingesetzt worden zu sein. Die vom Gericht veranlasste Begutachtung vom 04.05.1998 durch den Neurologen Dr.P. hatte eine stabile Remission nach Psychose und möglicherweise ein leichtes neurasthenisches Residualsyndrom zum Ergebnis. Ebenso wie die weitere Sachverständige Dr.T. hielt der neurologische Sachverständige den Kläger nach ambulanter Untersuchung für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Gehen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtschicht vollschichtig zu erbringen.
Gegen das am 23.02.1999 zugestellte klageabweisende Urteil vom 16.09.1998 legte der Kläger am 16.03.1999 Berufung ein. Nach einer amtlichen Bescheinigung vom 06.08.1971 hat er einen Kurs vom 01.03. bis 06.08.1971 als angelernter spezialisierter Arbeiter im Beruf Metalldrechsler erfolgreich abgeschlossen. Unterlagen über die Berufstätigkeit in den Jahren 1973 und 1974 liegen laut Auskunft des vorletzten Arbeitgebers nicht mehr vor. Die ambulante Untersuchung vom 01.07.2000 durch den Psychiater Dr.S. ergab, dass dem Kläger seit 1998 keinerlei Erwerbstätigkeit mehr zumutbar ist. Nach Ansicht des Sachverständigen ist wahrscheinlich im Zusammenhang mit mangelnder medizinischer Versorgung während des vergangenen Krieges zwischen 1992 und 1995 eine Verschlimmerung eingetreten. Das Gutachten Dr.P. überzeuge nicht.
Die Beklagte gab ein Anerkenntnis der dauernden Berufsunfähigkeit seit 01.06.1999 und der vollen Erwerbsminderung ab 01.01. 2001 ab. Ihres Erachtens ist die Leidensverschlimmerung zwischen der Begutachtung Dr.P. im Mai 1998 und der Begutachtung Dr.S. im Juli 2000 eingetreten. Weil nach dem klageabweisenden Urteil vom März 1989 eine Aufklärung über die Anwartschaftserhaltung unterlassen worden sei, werde ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch dem Grunde nach anerkannt. Die Kausalität zwischen der unterbliebenen Beitragsleistung und der unzureichenden Beratung sei aber offen; insbesondere sei sie abzulehnen, wenn der Versicherte zur Beitragsentrichtung nicht in der Lage gewesen sei.
Auf die Anfrage nach einer möglichen Beitragsentrichtung 1989 für die Jahre davor antwortete der Kläger, er verstehe nicht, was man von ihm noch wolle. Er habe fünf Jahre in Deutschland gearbeitet, so dass ihm Rente zustehe. Er bat um umgehende Entscheidung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.09.1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.1992 zu verurteilen, ab 01.12.1990 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.09.1998 ist im Ergebnis ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 02.03. 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.1992. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dieser scheitert an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit haben Versicherte, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Unstreitig hat der Kläger die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt und ebenso unstreitig ist er zumindest ab 01.06.1999 außer Stande, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dem Kläger fehlen jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Leistungsvermögen des Klägers bereits ab 1998 in dem von Dr.S. festgestellten Ausmaß herabgesunken war. Er hat begründete Zweifel am Gutachten des Dr.P. vom 04.05.1998 geäußert, in dem von einer stabilen Remission ausgegangen worden war. Dr.S. monierte zu Recht, dass die dort getroffene Diagnose einer para- noiden Psychose in stabiler Remission mit leichtem neurasthenischem Residualsyndrom von keinem Facharzt für Psychiatrie gestellt worden ist, dessen Kompetenz der Neurologe Dr.P. nicht aufweisen kann. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass der Leistungsfall bereits Anfang Mai 1998, dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.P. , eingetreten ist, fehlen dem Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vor dem Leistungsfall vom 01.05.1993 bis 30.04.1998 hat der Kläger keinen Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung entrichtet. Zuletzt hat der Kläger im April 1983 einen Versicherungsbeitrag an die Rentenversicherung in Bosnien geleistet. Zwar war angesichts der Rentengewährung durch die Beklagte vom 22.10.1983 bis 31.12.1985 zu prüfen, ob der Kläger nicht bereits seit 1983 durchgehend berufs- bzw. erwerbsunfähig ist. Das nach Ablauf der Zeitrente eingeleitete Rentenverfahren hat jedoch in dem Zeitraum ab 1986 eine wesentliche Besserung ergeben. Sowohl die Untersuchung in Regensburg durch den Nervenarzt G. am 28.07.1986 als auch die Begutachtung durch den Neurologen und Psychiater Dr.M. am 18.01. 1989 im Laufe des Klageverfahrens hat gezeigt, dass nach 1985 weder eine akute Psychose noch eine erhebliche psychische Beeinträchtigung vorgelegen haben. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.1989 ist rechtskräftig und schließlich hat Dr.S. auch nach kritischer Würdigung der danach erstellten Gutachten des Dr.R. und des Dr.P. den Eintritt des Leistungsfalls erst im Jahr 1998 bejaht. Der vor dem 01.01.1984 eingetretene Versicherungsfall hat also nicht durchgehend bis Mai 1998 bestanden.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger zwischen 1985 und Mai 1998 den angelernten Beruf des Metalldrehers ausüben konnte. Entscheidend ist, dass er von den in Deutschland zugezogenen neutralen und unabhängigen Sachverständigen für fähig erachtet wurde, einer leichten körperlichen Tätigkeit vollschichtig nachzugehen. Als angelernter Arbeiter der unteren Stufe kann der Kläger auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden. Berufsschutz im Sinn des § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung kann der Kläger deshalb nicht geltend machen, weil er mit einer Anlernzeit von acht Monaten unter der Qualitätsstufe des gehobenen Angelernten liegt, der erst nach einer Anlernzeit von über einem Jahr anzuerkennen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45). Dass der Kläger zuletzt als Schlosser gearbeitet hat, wie dies vom Kläger behauptet worden ist, ließ sich nicht nachweisen. Der letzte Arbeitgeber hat bereits 1988 über eine Beschäftigung als Hilfsschlosser berichtet und der Arbeitgeber in den Jahren 1973/1974 verfügt über keinerlei Unterlagen mehr, so dass insoweit keine Aufklärung zu erzielen war. Dass der Kläger leichte körperliche Arbeit mit geringen qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten konnte, wird insbesondere durch das Gutachten des Psychiaters Dr.R. nach stationärer Untersuchung vom 27.01. bis 29.01.1992 gestützt. Danach ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Das Risiko der Arbeitsvermittlung schließlich ist nicht von der Rentenversicherung zu tragen.
Der bereits genannte Fünfjahreszeitraum vom 01.05.1993 bis 30.04.1998 lässt sich auch nicht durch so genannte Streckungctatbestände im Sinn des § 44 Abs.4, 43 Abs.3 SGB VI a.F. derart erweitern, dass er eine ausreichende Anzahl von Pflichtbeitragsmonaten umfassen könnte. Insbesondere liegt ein Stre- ckungstatbestand wegen des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor. Zwar bezieht der Kläger seit 1983 vom bosnischen Rentenversicherungsträger Invalidenrente, dieser Rentenbezug in Bosnien ist jedoch dem in § 43 Abs.3 Ziffer 1 SGB VI genannten Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht gleichgestellt. Durch die Vorschriften des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Bosnien weiter anzuwenden ist, ist keine Gleichstellung entsprechender im damaligen Jugoslawien verwirklichter Tatbestände vorgenommen worden (vgl. BSG in SozR 3-2200 § 1246 Nr.48).
Gemäß § 241 Abs.2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten (im Sinn von § 240 Abs.2 SGB VI) belegt ist oder wenn die Erwerbsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Nach Abs.2 Satz 2 derselben Vorschrift ist für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.
Da der Versicherte die Wartezeit bereits zum Rentenbeginn am 22.10.1983 erfüllt hatte und im Mai 1998 erwerbsunfähig geworden war, kommt es hier auf die erforderliche Belegung der Zeit vom 01.01.1986 bis zum 30.04.1998 an. Dass die Erwerbsunfähigkeit nicht durchgehend seit dem 01.01.1984 bestanden hat, ist bereits oben dargelegt worden. Der Kläger hat jedoch auch kein Recht, die Versicherungslücke mit freiwilligen Beiträgen zu schließen.
Zwar hat die Beklagte eingeräumt, dass sie es nach Abschluss des vorangegangenen Klageverfahrens am 22.03.1989 unterlassen hat, den Kläger auf das Erfordernis fristgerechter freiwilliger Beitragsleistungen zur Erhaltung seiner Rentenanwartschaft hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger die Zeit vom 01.01.1986 bis zur Rechtskraft des Urteils am 23.05.1989 noch mit freiwilligen Beiträgen belegen können, weil die Frist zur Zahlung der freiwilligen Beiträge für die Dauer des Rechtsstreits gehemmt war (§ 1418 Abs.1, § 1420 Abs.2 RVO).
Dem Kläger steht jedoch ein Herstellungsanspruch deshalb nicht zu, weil sich der ursächliche Zusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Klägers und der von ihm unterlassenen Beitragsentrichtung nicht feststellen lässt. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der Kläger bei zutreffender Beratung bereit und in der Lage gewesen wäre, für die Zeit vom 01.01.1986 bis Mai 1989 und danach bis zur Rentenantragstellung am 15.11.1990 fortlaufend freiwillige Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass ein verständiger Versicherter den drohenden Verlust seiner Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zweckmäßigerweise durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge abwendet, sofern ihn der Versicherungsträger entsprechend berät. Im Fall des Klägers bestehen jedoch Zweifel, ob es ihm seine schwierige finanzielle Situation, auf die er im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens wiederholt hingewiesen hat, erlaubte, die erforderlichen freiwilligen Beiträge zu entrichten. Sowohl er selbst als auch sein Bruder und seine Frau haben insbesondere 1990 auf seine schwierige materielle Lage als Familienvater hingewiesen, der nicht nur für seine erwerbslose Frau und seine Kinder, sondern auch für seinen mittellosen Vater zu sorgen hatte. Zur Verfügung standen ihm ledigich die bosnische Invalidenrente und das geringfügige Einkommen aus Landwirtschaft. Dass sich der Kläger die notwendigen Mittel durch ein Darlehen oder familiäre Unterstützung hätte beschaffen können bzw. wollen, ist angesichts der Reaktion des Klägers auf das gerichtliche Schreiben vom 29.01.2002 unwahrscheinlich. Zudem wäre der Monatsbeitrag höher gewesen als die zu erwartende Rente. Eine Änderung der Einkommensverhältnisse stand nicht in Aussicht, so dass auch großzügige Zahlungsfristen die Leistungsfähigkeit nicht steigern konnten.
Lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Klägers und der von ihm unterlassenen Beitragsentrichtung nicht feststellen, steht dem Kläger ein Herstellungsanspruch nicht zu (BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr.29). Es besteht auch kein Anhalt dafür, davon auszugehen, dass eine Entrichtung freiwilliger Beiträge nach jugoslawischem Recht für die Zeit ab 1986 auch jetzt noch möglich ist, zumal der Kläger dort seit Jahren eine Invalidenrente bezieht (ebenso BSG in SozR 3-5750 Art.2 § 6 Nr.15).
Zwar bestimmt § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI, dass für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich ist. Diese Vorschrift ist auch im Fall des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anwendbar (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 240 Nr.2), sie vermag jedoch den für die Bejahung eines solchen Anspruchs erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteilen nicht zu ersetzen (BSG vom 17.08.2000, Az.: B 13 RJ 87/98 R). Die Anwendung des § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI setzt also das Vorliegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs voraus, der hier zu verneinen ist.
Die Zahlung von Beiträgen für den strittigen Zeitraum ist auch nicht gemäß § 197 Abs.3 SGB VI zu gestatten. In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Abs.1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 23. August 2001 (Az.: B 13 RJ 73/99 R) ausgeführt hat, kann § 197 Abs.3 SGB VI nicht entnommen werden, dass mit seiner Einführung durch das Rentenreformgesetz 1992 Beitragsentrichtungsfristen, die unter Geltung des bis zum 31. Dezember 1991 maßgeblichen Rechts bereits endgültig versäumt waren, wieder eröffnet werden sollten. Die Heranziehung des zuvor geltenden Rechts kann sich nur auf die Nachsichtgewährung beschränken.
Die Anwendung des § 27 SGB X auf die Versäumung der Beitragsentrichtungsfrist des § 1418 Abs.1 RVO ist vom Bundessozialgericht mehrfach abgelehnt worden (SozR 3-1200 § 14 Nr.9; BSG SozR 3-5750 Art.2 § 6 Nr.7). Nachsicht kann jedoch schon deshalb nicht gewährt werden, weil wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Beiträge rechtzeitig aufzubringen, eine Schuldlosigkeit nicht begründen können (Peters in KassKomm § 107 SGB VO Rdz.18). Es mag sein, dass kurzfristige finanzielle Schwierigkeiten bei der laufenden Beitragszahlung als unverschuldet zu werten sind und Nachsicht verdienen. Dauerhafte finanzielle Schwierigkeiten wie beim Kläger in gleicher Weise zu berücksichtigen hieße, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen unter den Vorbehalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu stellen, was der Gesetzgeber mit Sicherheit nicht gewollt hat. Dazu hat sich der 16. Senat bereits mehrfach und ausführlich geäußert (u.a. L 16 RJ 99/99, Entscheidung vom 19.01.2000).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Antragstellung am 15.11.1990.
Der am 1948 geborene Kläger ist bosnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Bosnien. Dort hat er von Januar 1976 bis April 1983 Versicherungszeiten zurückgelegt. Seither bezieht er Invalidenrente. Er ist Eigentümer einer landwirtschaftlichen Fläche von 77 a und zusammen mit seinem Bruder zur Hälfte einer solchen Fläche von 2 ha und 21 a.
In Deutschland hat er vom 19.01.1972 bis 09.07.1975 Versicherungszeiten zurückgelegt. Ihm wurde vom 22.10.1983 bis 31.12. 1985 Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit in Höhe von 93,10 DM monatlich gewährt. Grund hierfür war das Vorliegen einer paranoiden Schizophrenie nach mehrfachen stationären Aufenthalten. Sein Weitergewährungsantrag vom 03.12.1985 wurde nach ambulanter Untersuchung in Regensburg durch den Nervenarzt G. und den Internisten Brüdigam am 17.11.1986 wegen wesentlicher Besserung abgelehnt. Im Rahmen des anschließenden Klageverfahrens wurde der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.M. am 18.01.1989 nach ambulanter Untersuchung als Sachverständiger gehört. Seines Erachtens liegen nach 1985 weder eine akute Psychose noch erhebliche psychische Defektzustände vor. Daraufhin wurde die Klage am 22.03.1989 abgewiesen. Berufsschutz wurde abgelehnt, nachdem der letzte Arbeitgeber mitgeteilt hatte, als Hilfsschlosser habe der Kläger Hilfsarbeiten verrichtet.
Nach der Zustellung des Urteils am 23.05.1989 gingen Schreiben des Klägers bzw. seines Bruders vom 19.03.1990 und vom Oktober 1990 ein, wonach der Kläger sich in schwieriger materieller Lage befindet. Er habe eine erwerbslose Frau und ein Kind zu versorgen, beziehe lediglich eine kleine Rente und ein geringes Einkommen aus Landwirtschaft. Auch im Verwaltungsverfahren hatte er 1986 seine finanzielle Lage als dramatisch dargestellt.
Am 15.11.1990 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Rente. Während die Invalidenkommission sowohl 1990 als auch 1991 vom unveränderten Bestehen einer Schizophrenie ausging, ergab die stationäre psychiatrische Untersuchung vom 27.01. bis 29.01.1992 in Regensburg eine abgeklungene Psychose ohne nennenswerte Residualsymptomatik. Dr.R. hielt leichte bis gelegentlich mittelschwere vollschichtige Arbeiten für zumutbar, woraufhin die Beklagte den Rentenantrag am 02.03.1992 ablehnte.
Im Widerspruchsverfahren machte die Ehefrau des Klägers u.a. geltend, auch der mittellose Vater des Klägers sei zu versorgen. Im Widerspruchsbescheid vom 21.07.1992 wurde auch auf die fehlenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hingewiesen.
Wegen der Unterbrechung des Postverkehrs konnte der Bescheid erst am am 03.12.1996 zugestellt werden.
In dem am 28.04.1995 eingeleiteten Klageverfahren gab der Kläger an, in der Bundesrepublik als angelernter Metalldreher nach einer Anlernzeit von acht Monaten gearbeitet zu haben und zum Schluss als Schlosser eingesetzt worden zu sein. Die vom Gericht veranlasste Begutachtung vom 04.05.1998 durch den Neurologen Dr.P. hatte eine stabile Remission nach Psychose und möglicherweise ein leichtes neurasthenisches Residualsyndrom zum Ergebnis. Ebenso wie die weitere Sachverständige Dr.T. hielt der neurologische Sachverständige den Kläger nach ambulanter Untersuchung für fähig, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ohne ständiges Gehen, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtschicht vollschichtig zu erbringen.
Gegen das am 23.02.1999 zugestellte klageabweisende Urteil vom 16.09.1998 legte der Kläger am 16.03.1999 Berufung ein. Nach einer amtlichen Bescheinigung vom 06.08.1971 hat er einen Kurs vom 01.03. bis 06.08.1971 als angelernter spezialisierter Arbeiter im Beruf Metalldrechsler erfolgreich abgeschlossen. Unterlagen über die Berufstätigkeit in den Jahren 1973 und 1974 liegen laut Auskunft des vorletzten Arbeitgebers nicht mehr vor. Die ambulante Untersuchung vom 01.07.2000 durch den Psychiater Dr.S. ergab, dass dem Kläger seit 1998 keinerlei Erwerbstätigkeit mehr zumutbar ist. Nach Ansicht des Sachverständigen ist wahrscheinlich im Zusammenhang mit mangelnder medizinischer Versorgung während des vergangenen Krieges zwischen 1992 und 1995 eine Verschlimmerung eingetreten. Das Gutachten Dr.P. überzeuge nicht.
Die Beklagte gab ein Anerkenntnis der dauernden Berufsunfähigkeit seit 01.06.1999 und der vollen Erwerbsminderung ab 01.01. 2001 ab. Ihres Erachtens ist die Leidensverschlimmerung zwischen der Begutachtung Dr.P. im Mai 1998 und der Begutachtung Dr.S. im Juli 2000 eingetreten. Weil nach dem klageabweisenden Urteil vom März 1989 eine Aufklärung über die Anwartschaftserhaltung unterlassen worden sei, werde ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch dem Grunde nach anerkannt. Die Kausalität zwischen der unterbliebenen Beitragsleistung und der unzureichenden Beratung sei aber offen; insbesondere sei sie abzulehnen, wenn der Versicherte zur Beitragsentrichtung nicht in der Lage gewesen sei.
Auf die Anfrage nach einer möglichen Beitragsentrichtung 1989 für die Jahre davor antwortete der Kläger, er verstehe nicht, was man von ihm noch wolle. Er habe fünf Jahre in Deutschland gearbeitet, so dass ihm Rente zustehe. Er bat um umgehende Entscheidung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.09.1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.03.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.1992 zu verurteilen, ab 01.12.1990 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt
die Zurückweisung der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 16.09.1998 ist im Ergebnis ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 02.03. 1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.1992. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Dieser scheitert an den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit haben Versicherte, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Unstreitig hat der Kläger die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt und ebenso unstreitig ist er zumindest ab 01.06.1999 außer Stande, einer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dem Kläger fehlen jedoch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Leistungsvermögen des Klägers bereits ab 1998 in dem von Dr.S. festgestellten Ausmaß herabgesunken war. Er hat begründete Zweifel am Gutachten des Dr.P. vom 04.05.1998 geäußert, in dem von einer stabilen Remission ausgegangen worden war. Dr.S. monierte zu Recht, dass die dort getroffene Diagnose einer para- noiden Psychose in stabiler Remission mit leichtem neurasthenischem Residualsyndrom von keinem Facharzt für Psychiatrie gestellt worden ist, dessen Kompetenz der Neurologe Dr.P. nicht aufweisen kann. Selbst wenn man jedoch davon ausgeht, dass der Leistungsfall bereits Anfang Mai 1998, dem Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr.P. , eingetreten ist, fehlen dem Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vor dem Leistungsfall vom 01.05.1993 bis 30.04.1998 hat der Kläger keinen Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung entrichtet. Zuletzt hat der Kläger im April 1983 einen Versicherungsbeitrag an die Rentenversicherung in Bosnien geleistet. Zwar war angesichts der Rentengewährung durch die Beklagte vom 22.10.1983 bis 31.12.1985 zu prüfen, ob der Kläger nicht bereits seit 1983 durchgehend berufs- bzw. erwerbsunfähig ist. Das nach Ablauf der Zeitrente eingeleitete Rentenverfahren hat jedoch in dem Zeitraum ab 1986 eine wesentliche Besserung ergeben. Sowohl die Untersuchung in Regensburg durch den Nervenarzt G. am 28.07.1986 als auch die Begutachtung durch den Neurologen und Psychiater Dr.M. am 18.01. 1989 im Laufe des Klageverfahrens hat gezeigt, dass nach 1985 weder eine akute Psychose noch eine erhebliche psychische Beeinträchtigung vorgelegen haben. Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.03.1989 ist rechtskräftig und schließlich hat Dr.S. auch nach kritischer Würdigung der danach erstellten Gutachten des Dr.R. und des Dr.P. den Eintritt des Leistungsfalls erst im Jahr 1998 bejaht. Der vor dem 01.01.1984 eingetretene Versicherungsfall hat also nicht durchgehend bis Mai 1998 bestanden.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger zwischen 1985 und Mai 1998 den angelernten Beruf des Metalldrehers ausüben konnte. Entscheidend ist, dass er von den in Deutschland zugezogenen neutralen und unabhängigen Sachverständigen für fähig erachtet wurde, einer leichten körperlichen Tätigkeit vollschichtig nachzugehen. Als angelernter Arbeiter der unteren Stufe kann der Kläger auf alle Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verwiesen werden. Berufsschutz im Sinn des § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung kann der Kläger deshalb nicht geltend machen, weil er mit einer Anlernzeit von acht Monaten unter der Qualitätsstufe des gehobenen Angelernten liegt, der erst nach einer Anlernzeit von über einem Jahr anzuerkennen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.45). Dass der Kläger zuletzt als Schlosser gearbeitet hat, wie dies vom Kläger behauptet worden ist, ließ sich nicht nachweisen. Der letzte Arbeitgeber hat bereits 1988 über eine Beschäftigung als Hilfsschlosser berichtet und der Arbeitgeber in den Jahren 1973/1974 verfügt über keinerlei Unterlagen mehr, so dass insoweit keine Aufklärung zu erzielen war. Dass der Kläger leichte körperliche Arbeit mit geringen qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig verrichten konnte, wird insbesondere durch das Gutachten des Psychiaters Dr.R. nach stationärer Untersuchung vom 27.01. bis 29.01.1992 gestützt. Danach ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarkts oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Das Risiko der Arbeitsvermittlung schließlich ist nicht von der Rentenversicherung zu tragen.
Der bereits genannte Fünfjahreszeitraum vom 01.05.1993 bis 30.04.1998 lässt sich auch nicht durch so genannte Streckungctatbestände im Sinn des § 44 Abs.4, 43 Abs.3 SGB VI a.F. derart erweitern, dass er eine ausreichende Anzahl von Pflichtbeitragsmonaten umfassen könnte. Insbesondere liegt ein Stre- ckungstatbestand wegen des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht vor. Zwar bezieht der Kläger seit 1983 vom bosnischen Rentenversicherungsträger Invalidenrente, dieser Rentenbezug in Bosnien ist jedoch dem in § 43 Abs.3 Ziffer 1 SGB VI genannten Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht gleichgestellt. Durch die Vorschriften des deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Bosnien weiter anzuwenden ist, ist keine Gleichstellung entsprechender im damaligen Jugoslawien verwirklichter Tatbestände vorgenommen worden (vgl. BSG in SozR 3-2200 § 1246 Nr.48).
Gemäß § 241 Abs.2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit Anwartschaftserhaltungszeiten (im Sinn von § 240 Abs.2 SGB VI) belegt ist oder wenn die Erwerbsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Nach Abs.2 Satz 2 derselben Vorschrift ist für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich.
Da der Versicherte die Wartezeit bereits zum Rentenbeginn am 22.10.1983 erfüllt hatte und im Mai 1998 erwerbsunfähig geworden war, kommt es hier auf die erforderliche Belegung der Zeit vom 01.01.1986 bis zum 30.04.1998 an. Dass die Erwerbsunfähigkeit nicht durchgehend seit dem 01.01.1984 bestanden hat, ist bereits oben dargelegt worden. Der Kläger hat jedoch auch kein Recht, die Versicherungslücke mit freiwilligen Beiträgen zu schließen.
Zwar hat die Beklagte eingeräumt, dass sie es nach Abschluss des vorangegangenen Klageverfahrens am 22.03.1989 unterlassen hat, den Kläger auf das Erfordernis fristgerechter freiwilliger Beitragsleistungen zur Erhaltung seiner Rentenanwartschaft hinzuweisen. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Kläger die Zeit vom 01.01.1986 bis zur Rechtskraft des Urteils am 23.05.1989 noch mit freiwilligen Beiträgen belegen können, weil die Frist zur Zahlung der freiwilligen Beiträge für die Dauer des Rechtsstreits gehemmt war (§ 1418 Abs.1, § 1420 Abs.2 RVO).
Dem Kläger steht jedoch ein Herstellungsanspruch deshalb nicht zu, weil sich der ursächliche Zusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Klägers und der von ihm unterlassenen Beitragsentrichtung nicht feststellen lässt. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob der Kläger bei zutreffender Beratung bereit und in der Lage gewesen wäre, für die Zeit vom 01.01.1986 bis Mai 1989 und danach bis zur Rentenantragstellung am 15.11.1990 fortlaufend freiwillige Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass ein verständiger Versicherter den drohenden Verlust seiner Anwartschaft auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zweckmäßigerweise durch die Entrichtung freiwilliger Beiträge abwendet, sofern ihn der Versicherungsträger entsprechend berät. Im Fall des Klägers bestehen jedoch Zweifel, ob es ihm seine schwierige finanzielle Situation, auf die er im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens wiederholt hingewiesen hat, erlaubte, die erforderlichen freiwilligen Beiträge zu entrichten. Sowohl er selbst als auch sein Bruder und seine Frau haben insbesondere 1990 auf seine schwierige materielle Lage als Familienvater hingewiesen, der nicht nur für seine erwerbslose Frau und seine Kinder, sondern auch für seinen mittellosen Vater zu sorgen hatte. Zur Verfügung standen ihm ledigich die bosnische Invalidenrente und das geringfügige Einkommen aus Landwirtschaft. Dass sich der Kläger die notwendigen Mittel durch ein Darlehen oder familiäre Unterstützung hätte beschaffen können bzw. wollen, ist angesichts der Reaktion des Klägers auf das gerichtliche Schreiben vom 29.01.2002 unwahrscheinlich. Zudem wäre der Monatsbeitrag höher gewesen als die zu erwartende Rente. Eine Änderung der Einkommensverhältnisse stand nicht in Aussicht, so dass auch großzügige Zahlungsfristen die Leistungsfähigkeit nicht steigern konnten.
Lässt sich der ursächliche Zusammenhang zwischen der fehlerhaften Beratung des Klägers und der von ihm unterlassenen Beitragsentrichtung nicht feststellen, steht dem Kläger ein Herstellungsanspruch nicht zu (BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr.29). Es besteht auch kein Anhalt dafür, davon auszugehen, dass eine Entrichtung freiwilliger Beiträge nach jugoslawischem Recht für die Zeit ab 1986 auch jetzt noch möglich ist, zumal der Kläger dort seit Jahren eine Invalidenrente bezieht (ebenso BSG in SozR 3-5750 Art.2 § 6 Nr.15).
Zwar bestimmt § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI, dass für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich ist. Diese Vorschrift ist auch im Fall des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anwendbar (vgl. dazu BSG SozR 3-2600 § 240 Nr.2), sie vermag jedoch den für die Bejahung eines solchen Anspruchs erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteilen nicht zu ersetzen (BSG vom 17.08.2000, Az.: B 13 RJ 87/98 R). Die Anwendung des § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI setzt also das Vorliegen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs voraus, der hier zu verneinen ist.
Die Zahlung von Beiträgen für den strittigen Zeitraum ist auch nicht gemäß § 197 Abs.3 SGB VI zu gestatten. In Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, ist auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in den Abs.1 und 2 genannten Fristen zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 23. August 2001 (Az.: B 13 RJ 73/99 R) ausgeführt hat, kann § 197 Abs.3 SGB VI nicht entnommen werden, dass mit seiner Einführung durch das Rentenreformgesetz 1992 Beitragsentrichtungsfristen, die unter Geltung des bis zum 31. Dezember 1991 maßgeblichen Rechts bereits endgültig versäumt waren, wieder eröffnet werden sollten. Die Heranziehung des zuvor geltenden Rechts kann sich nur auf die Nachsichtgewährung beschränken.
Die Anwendung des § 27 SGB X auf die Versäumung der Beitragsentrichtungsfrist des § 1418 Abs.1 RVO ist vom Bundessozialgericht mehrfach abgelehnt worden (SozR 3-1200 § 14 Nr.9; BSG SozR 3-5750 Art.2 § 6 Nr.7). Nachsicht kann jedoch schon deshalb nicht gewährt werden, weil wirtschaftliche Schwierigkeiten, die Beiträge rechtzeitig aufzubringen, eine Schuldlosigkeit nicht begründen können (Peters in KassKomm § 107 SGB VO Rdz.18). Es mag sein, dass kurzfristige finanzielle Schwierigkeiten bei der laufenden Beitragszahlung als unverschuldet zu werten sind und Nachsicht verdienen. Dauerhafte finanzielle Schwierigkeiten wie beim Kläger in gleicher Weise zu berücksichtigen hieße, die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen unter den Vorbehalt der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu stellen, was der Gesetzgeber mit Sicherheit nicht gewollt hat. Dazu hat sich der 16. Senat bereits mehrfach und ausführlich geäußert (u.a. L 16 RJ 99/99, Entscheidung vom 19.01.2000).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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