L 3 U 595/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 56/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 595/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. September 2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die 1952 geborene Klägerin war als Marktleiter seit 1994 in der Kaufhalle D GmbH beschäftigt. Am 15. August 2002 brach sie sich bei einem Privatunfall (Abrutschen von einer Stufe ihrer häuslichen Treppe) das rechte Sprunggelenk, welches mehrfach operativ behandelt wurde (vgl. Berichte der KMG-Kliniken K – Chirurgische Klinik – Chefarzt Dr. G vom 03. September 2002, 17. Januar und 28. März 2003; MRT-Befund und Behandlungsbericht des Chirurgen Dr. K vom 09. April 2003).

Während ihrer Tätigkeit nach dem Hamburger Modell wurde am 05. Mai 2003 die Kaufhalle in D von einer rumänischen Räuberbande überfallen. Ausweislich des Durchgangsarzt (DA)-Berichts des Facharztes für Chirurgie Dr. G vom 07. Mai 2003 wurde die Klägerin am Tag des Überfalls unter Schock stehend eingeliefert. Es bestanden Schmerzen im rechten oberen Sprunggelenk, der Unterschenkel war geschwollen und die Mobilität endgradig schmerzhaft, die Klägerin konnte nicht auftreten. Die Röntgenuntersuchung ergab keinen Anhalt für eine frische knöcherne Läsion. Dr. G diagnostizierte eine Sprunggelenkskontusion rechts. Die Klägerin wurde am 16. Juni 2003 als arbeitsfähig aus der Behandlung entlassen, die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage nach vorläufiger Schätzung über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus unter 10 v. H. (Mitteilung des Durchgangsarztes vom 24. Juni 2003). Im Rahmen einer von der Beklagten angebotenen psychotherapeutischen Betreuung begab sich die Klägerin zu der psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. M Nach ihren dortigen Angaben, die denjenigen ihrer Zeugenvernehmung am 27. Mai 2003 bei der Polizei in Kyritz entsprachen, seien drei maskierte Personen in die Kaufhalle eingedrungen. Sie habe im Nebenraum telefoniert und sei durch grelle Schreie aus der Kaufhalle erschreckt worden. Dort habe sie einen maskierten Mann mit einem Kuhfuß an der Kasse gesehen. Dann sei sie selbst geschubst, geschlagen, mit dem Kopf auf den Fußboden gedrückt und gegen den rechten Fuß getreten worden, habe einen Pistolenlauf (bzw. etwas Rohrähnliches) im Nacken gespürt und die Drohung gehört: "Wo ist Tresor – sonst machen dir tot!". Bei dem Überfall habe sie körperliche Verletzungen erlitten und Todesangst gehabt. Sie leide unter wiederkehrenden belastenden Bildern, Gedanken, Gefühlen und Zukunftsängsten. Bis zum Trauma sei alles normal gewesen.

Frau Dipl.-Psych. M stellte im Befundbericht (BB) vom 17. Juli 2003 die vorläufige Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). In der Folgezeit kam es, unterbrochen durch Rückschläge in Form von Labilisierung und Existenzängsten dann doch zu einer psychischen Stabilisierung, so dass Frau M die Klägerin aus psychischer Sicht wieder als arbeitsfähig erachtete (BB vom 10. November 2003). Allerdings traten nun die Probleme mit dem rechten Sprunggelenk in den Vordergrund. Am 30. Oktober 2003A erfolgte eine weitere Arthroskopie sowie die Materialentfernung (vgl. Entlassungsbericht der Charité C-Klinikum vom 05. November 2003) und vom 18. November bis zum 16. Dezember 2003 befand sich die Klägerin zur Rehabilitation in der E-Klinik Bad W(vgl. Entlassungsbericht vom 30. Dezember 2003). Wegen andauernder Beschwerden an der Achillessehne stellte sich die Klägerin im Mai 2004 erneut in der Charité vor, wo eine Schmerztherapie und Krankengymnastik zur Behandlung der Belastungsschmerzen empfohlen wurden. Frau Dipl.-Psych. M berichtete nach erneuter Vorstellung der Klägerin, dass die vor der Operation eingetretene Stabilisierung angesichts der ungeklärten Prognose wieder in Verschlechterung umgeschlagen sei, die bestehende Arbeitsunfähigkeit resultiere aus der Erkrankung des Fußgelenkes. Im Vordergrund stehe im Augenblick die sozialmedizinische Klärung. Trotz großer Bemühungen, wieder arbeitsfähig zu werden, habe die Krankenkasse die Klägerin "ausgesteuert", so dass sie jetzt Rente beantragt habe (BB vom 02. April 2004). Daraufhin brach die Beklagte die psychotherapeutische Behandlung vorzeitig ab, da nicht mehr die PTBS behandelt werde, sondern eine Depression aufgrund der allgemeinen Lebenssituation. In ihrem Abschlussbericht vom 11. Mai 2004 teilte Frau Dipl.-Psych. M als psychischen Befund "Depressivität, verbunden mit massiven Ängsten" mit. Nachdem die Klägerin "Widerspruch" gegen die Beendigung der Behandlung erhoben und ihre fortdauernden Beschwerden im rechten Unterschenkel auf den Unfall zurückführt hatte, zog die Beklagte zunächst die Behandlungsunterlagen (u. a. von dem Chirurgen Dr. K Arthroskopie-Bericht vom 30. Oktober 2003 etc.) bei und beauftragte alsdann den Facharzt für Chirurgie Dr. K (Oberarzt Dr. K) mit der Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens. In dem nach Untersuchung der Klägerin am 23. Februar 2005 erstatteten Gutachten vom 02. März 2005 führte Dr. K (Oberarzt Dr. K) aus, dass es bei der Klägerin durch das Unfalltrauma zu einer erneuten Schwellung im Bereich des Unterschenkels und Schmerzzunahme mit Beeinträchtigung der Belastbarkeit des rechten Beines gekommen sei. Die angegebenen Beschwerden im Bereich der Achillessehne seien nicht nachvollziehbar, es sei kein Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 05. Mai 2003 vorhanden. Der DA-Bericht habe keinerlei Kontusionszeichen bzw. Weichteilveränderungen infolge Gewalteinwirkung im rechten oberen Sprunggelenk beschrieben. Es habe ein einschlägiger Vorschaden in Form einer erheblichen posttraumatischen Arthrose des rechten oberen Sprunggelenks, bedingt durch die Fraktur vom 15. August 2002, bestanden. Insoweit sei jederzeit eine zusätzliche Schwellung der Weichteile möglich, sei es durch übermäßige Belastung, sei es durch eine Aktivierung der Arthrose selbst durch geringfügige Bagatelltraumen des täglichen Lebens, aber auch durch im Rahmen der Arthrose selbst ausgelöste entzündliche Vorgänge. Ein Zusammenhang mit dem Ereignis vom 05. Mai 2003 und den jetzigen objektiv bestehenden Befunden am rechten Sprunggelenk bestehe jedoch nicht. Alle weiteren operativen Maßnahmen im Zeitraum nach dem Überfalltrauma bis heute seien als Folge des Privatunfalls anzusehen.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 29. März 2005 einen Anspruch auf Verletztenrente sowie die Erbringung von Leistungen wegen der durch den Arbeitsunfall vom 05. Mai 2003 erlittenen Prellung des Sprunggelenks rechts über den 16. Juni 2003 hinaus ab. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese mitteilte, ihr sei am 07. März 2005 in der A-Klinik B eine Endoprothese eingesetzt worden, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2005 zurück. Die am 05. Mai 2003 erlittene Verletzung in Form einer Prellung des rechten Sprunggelenks sei folgenlos ausgeheilt. Die darüber hinaus bestehenden, glaubhaften Beschwerden stünden in keinem Zusammenhang mit dem erlittenen Arbeitsunfall und seien vielmehr auf die bei dem Privatunfall am 15. August 2002 erlittene Sprunggelenks-Fraktur zurückzuführen.

Mit ihrer hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Neuruppin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt und diverse medizinische Unterlagen vorgelegt (u. a. ärztliche Auskunft der Dipl.-Psych. M vom 29. Oktober 2004: 10 Therapiestunden, letztmalig am 14. April 2004, starke soziale Probleme nach nochmaliger Operation des rechten Sprunggelenks im November 2003 und zeitweise depressive Reaktionen, die psychischen Probleme seien in Anbetracht der Probleme mit dem rechten Bein in den Hintergrund getreten, Therapie im April 2004 auf Wunsch der Klägerin beendet).

Im Auftrag des SG hat der Chirurg Dr. B nach Untersuchung der Klägerin am 22. Dezember 2005 ein Sachverständigengutachten erstattet, in welchem er als Gesundheitsschaden eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung im rechten oberen und unteren Sprunggelenk bei Z. n. nach operativer Versorgung einer trimalleolären Sprunggelenks-Fraktur und nachfolgenden Revisionsoperationen wegen posttraumatischer Arthrose und Implantation einer Endoprothese im rechten Sprunggelenk festgestellt hat. Dieser Gesundheitsschaden sei allerdings nicht auf das angeschuldigte Ereignis vom 05. Mai 2003 zurückzuführen, sondern auf den Privatunfall vom 15. August 2002. Die später vorgenommene Sprungelenksersatzoperation sei ausschließlich infolge der sich entwickelnden posttraumatischen Arthrose nach dem Privatunfall nötig geworden. Eine sonstige schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigung, die auf das angeschuldigte Ereignis vom 05. Mai 2003 zurückzuführen wäre, sei nicht festzustellen. Eine MdE bestehe nicht.

Das SG hat sodann das von der Fachärztin für psychotherapeutische Medizin Dr. M im Rentenstreitverfahren (S 7 RA 770/04) nach Untersuchung der Klägerin am 09. Mai 2006 erstattete Gutachten beigezogen und Dr. M mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage beauftragt. Die Sachverständigehat in ihrem Gutachten vom 22. Januar 2007, welches im Wesentlichen auf den Feststellungen und Befunden des Gutachtens vom 09. Mai 2006 fußt, bei der Klägerin eine chronische PTBS und eine ängstlich-depressive Entwicklung mit Somatisierung bei dekompensierter depressiv-zwanghafter Persönlichkeitsstruktur festgestellt. Nach der Knöchelverletzung mit bleibenden Leistungseinschränkungen habe sich die stark leistungsorientierte und übermäßig ehrgeizige Klägerin durch die Behinderung in der Ausübung ihres Berufs als Marktleiterin erheblich beeinträchtigt gefühlt, das Überfallereignis vom 05. Mai 2003 psychisch nicht mehr angemessen verarbeiten können und mit den Symptomen einer PTBS reagiert. Die Klägerin gebe nachvollziehbar an, während des Überfalls Todesangst empfunden zu haben. In der Untersuchung am 09. Mai 2006 habe sie eine erhebliche intrusive Symptomatik geschildert mit regelmäßigen nächtlichen Alpträumen und typischen Nachhallerinnerungen mit filmartigem Wiedererleben der Überfallsituation. Auf bestimmte spezifische Auslöser würden Ängste und das wiederkehrende Gefühl, erneut die Waffe im Genick zu verspüren, geschildert, daneben Panikattacken, eine typische Arousal-Symptomatik mit Schlafstörungen, vermehrter Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, Konzentrationsstörungen und Hypervigilanz sowie ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten mit Gefühlen von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein. Auch in der testpsychologischen Zusatzuntersuchung habe sich eine klinisch signifikante Beeinträchtigung durch das erlebte Trauma ergeben. Die erhebliche psychische Beeinträchtigung sei jedoch nicht allein Folge des erlittenen Raubüberfalls, sondern auch im Rahmen der neurotischen Dekompensation bei akzentuierter Primärpersönlichkeit zu sehen. Die unfallbedingte MdE werde ab dem 09. Mai 2006 mit 30 v. H. bewertet.

Die Beklagte hat zwei beratungsärztliche Stellungnahmen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. S vom 08. August 2006 sowie vom 26. März 2007 vorgelegt. Prof. Dr. S hat die Auffassung vertreten, dass bei der Klägerin wohl eher bei mehrfachen sozialen und gesundheitlichen Belastungen eine unspezifische Angststörung mit Schlafstörungen, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit und eine mäßig ausgeprägte, unfallunabhängige Depression vorliege. Zwar sei ein Überfall wie derjenige vom 05. Mai 2003 grundsätzlich geeignet, eine PTBS auszulösen. Die von der Klägerin vorgetragenen Ängste seien jedoch unspezifisch und ließen auch kein intensiv angstgeprägtes Vermeidungsverhalten gegenüber thematisch mit dem Vorfall verbundenen Reizen erkennen. Tagsüber auftretende Nachhallerinnerungen würden nicht berichtet, die Klägerin habe lediglich von Alpträumen vom Überfall zwei bis drei Mal pro Nacht gesprochen und habe auch mehrfach ohne erkennbare psychische Reaktion eingehend über den Vorfall berichtet (z. B. im chirurgischen Gutachten vom 02. März 2005 zur Zusammenhangsfrage). Die Feststellungen in den Gutachten der Sachverständigen Dr. M litten an einer unkritischen Verwertung des Beschwerdevortrags der Klägerin, dem Fehlen der diagnoserelevanten Befunde und der Untersuchung einer Aggravation. Die von Frau Dr. M durchgeführte Testung anhand der Impact-of-Event-Skala sei nicht zur Diagnosestellung oder Ermittlung des Schweregrades einer PTBS geeignet, sie sei weder standardisiert noch normiert. Die Berichte über die psychotherapeutischen Behandlungen von Frau M (vom 17. Juli, 24. August und 10. November 2003, vom 02. April und 11. Mai 2004) enthielten keine konkreten psychopathologischen Befunde, sondern Mitteilungen über Beschwerden und nicht nachvollziehbare Behauptungen, z. B. dass die Klägerin unter Flash backs leide. Ängste in Menschenmengen und an unbekannten Orten sowie vor fremden Sozialkontakten hätten nichts mit einer PTBS zu tun, ein intensiv angstgeprägtes Vermeidungsverhalten bestehe nicht, auch keine dissoziativen Gedächtnisstörungen, ebenso wenig Zeichen vegetativer Übererregung. Vielmehr sei von den Belastungen durch die Verletzung des rechten Sprunggelenks die Rede. Insgesamt betrachtet habe zwar eine akute Belastungsreaktion vorgelegen, die aber in den darauf folgenden Wochen abgeklungen sei. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht habe unter Berücksichtigung der Angabe im DA-Bericht, dass die Verletzte "unter Schock" gestanden habe, infolge des Vorfalls vom 05. Mai 2003 lediglich für zwei Wochen vorgelegen. Wesentliche Einschränkungen im Tagesablauf bestünden vor allem aufgrund der Gehbehinderung.

Die Sachverständige Dr. M hat in ihrer Stellungnahme vom 29. Mai 2007 ihre Auffassung verteidigt.

Prof. Dr. S hat in einer weiteren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 22. August 2007 darauf hingewiesen, dass es validierte Tests gebe, um bei der Diagnose einer PTBS Simulation oder Aggravation auszuschließen (MMPI II, vgl. auch im Themenheft Simulationsdiagnostik der Zeitschrift "Praxis der Rechtspsychologie", Ausgabe März 2007). Die von Frau Dr. M erwähnten Alpträume seien kein Indiz für ein spontanes intensives Wiedererleben des Vorfalls, da insoweit auch eine häufige Alptraumstörung ausgeschlossen werden müsse. Die weiterhin angeführten diffusen Ängste in Menschenmengen, an unbekannten Orten und vor fremden sozialen Kontakten gehörten nach den diagnostischen Kriterien des ICD-10 (Ausgabe 2006) nicht zu den Befunden einer PTBS. Ebenso wenig sei festgestellt, dass bei der Klägerin als Zeichen eines Arousals Blutdruck und Herzaktion beschleunigt gewesen seien oder eine vermehrte vegetative Erregung bestanden habe.

Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung hat das SG Neuruppin am 11. September 2008 die Klage abgewiesen. Dem Gutachten von Dr. M könne nicht gefolgt werden. Es leide daran, dass der Einfluss der Primärpersönlichkeit der Klägerin, die weitaus stärker ausgeprägt gewesen sei hinsichtlich einer möglichen krankheitswertigen Entwicklung als die Schwere des angeschuldigten Ereignisses, nicht klar herausgearbeitet und berücksichtigt worden sei. Soweit Dr. M die Auffassung vertrete, der Anteil der überfallbedingten psychischen Störungen überwiege und sei mit einer MdE von 30 v. H. einzuschätzen, könnten die herangezogenen "Anhaltspunkte im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht angewendet werden, denn hier gehe es um die verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und den Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Es verbleibe eine MdE in nicht rentenbegründendem Umfang.

Mit ihrer hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt vor, dass sie seit dem Überfall in zunehmend schlechterer Verfassung sei und sich kaum noch eigenständig fortbewegen könne. Sie habe zudem einen Schlaganfall gehabt und sei deswegen in stationärer Behandlung gewesen. Zum Nachweis hat sie den Bericht der Neurologischen Klinik der R Kliniken GmbH vom 13. November 2008 (Diagnosen: Ischämie im vertebrobasilären Stromgebiet, chronisches Schmerzsyndrom der HWS und LWS und des rechten Sprunggelenkes nach Trauma, Karpaltunnelsyndrom) in Kopie vorgelegt.

Der Senat hat die Akten der beim SG Neuruppin geführten Rechtsstreite S 11 SB 370/07 und S 7 RA 770/04 sowie die Akte des Amtes für Soziales und Versorgung P zum Geschäftszeichen beigezogen und hieraus medizinische Unterlagen in Ablichtung in den Rechtsstreit eingeführt. Des Weiteren hat der Senat BBe der behandelnden Ärzte, und zwar BB des Arztes für Orthopädie Dr. L vom 26. Januar 2009 mit Anlagen (u. a. Berichte der A Klinik B vom 22. März, 03. Juni und 16. November 2005), der Dipl.-Psych. M vom 01. Februar 2009, der Fachärztin für Orthopädie P vom 22. Januar 2009 mit Anlagen, des Facharztes für Neurochirurgie Dipl.-Med. V vom 11. Februar 2009, der Klinik für Orthopädie der Charité, Dr. B /Dr. M vom 24. März 2009 betreffend die Behandlungen in den Jahren 2003 bis 2006, der praktischen Ärztin Dipl.-Med. H vom 30. März 2009 mit Anlagen und der Fachärztin für Psychiatrie Dipl.-Med. Triebler-Rehfeld vom 11. Februar 2009, sowie einen Bericht der Frau D von der Opferhilfe Land B e. V. vom 31. März 2009 (Symptome deuten auf PTBS hin) eingeholt.

Auf Anordnung des Senats hat der Arzt für Psychiatrie Dr. B am 27. März 2009 ein Sachverständigengutachten erstellt, in welchem er nach Untersuchung der Klägerin am 27. März 2009 eine Gesundheitsstörung in Form einer Anpassungsstörung (F43.2) in symptomatischer Ausgestaltung von Angst und Depression in untermittelgradiger Ausprägung festgestellt hat. Demgegenüber könne eine PTBS (F43.1 ICD 10) nicht bestätigt werden. Es fehle bereits am Traumakriterium (= A-Kriterium). Das einmalige Erleben eines Raubüberfalls ohne schweren Personenschaden sei zwar nicht zu verharmlosen, jedoch könne dieses Ereignis nicht zwangsläufig einer "außergewöhnlichen Bedrohung" oder mit "katastrophalem Ausmaß" gleichgesetzt werden, welche bei jedem nahezu tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde, wie es etwa von Opfern von KZ-Haft bekannt sei. Denkbar wäre eine kurzdauernde Erlebnisreaktion, wie sie etwa im DA-Bericht ("Pat. steht unter Schock") zum Ausdruck gebracht worden sei. Auch das B-Kriterium (Flash backs, Intrusionen) sei nicht zu bestätigen. Zwar beschreibe die Klägerin Störungen ihres Nachtschlafes, Angstzustände, Panik und Alpträume, einen direkten Bezug zum Überfall habe aber lediglich der Geruch eines unangenehmen Menschen. Die Klägerin habe den Raubüberfall vom 05. Mai 2003 während der Reha-Behandlung in der Eklinik Bad W vom 18. November bis zum 16. Dezember 2003 offensichtlich auch nicht weiter erwähnt, im Bericht finde sich sogar dokumentiert "keine Angabe besonderer Belastungen im sozialen Umfeld, keine Angabe psychologischer Belastungssituation". Im Übrigen habe die Klägerin während ihrer dortigen psychiatrischen Einzelgespräche "von Ängsten berichtet, die nach ihren Angaben im ursächlichen Zusammenhang mit den körperlichen Beschwerden und der beruflichen Zukunft stünden, sie sei durch die Schmerzen sehr belastet". Auch der Unfallchirurg Dr. B habe in seinem für die A-Versicherung erstellten Gutachten vom 22. Juni 2004 bezogen auf den Unfall vom 15. August 2002 zwar 17 unfallbedingte und drei unfallunabhängige Diagnosen/Befunde aufgelistet, darunter aber nicht eine mit psychopathologischem Bezug. In seiner Anamnese finde sich weder eine Beschreibung noch ein Hinweis auf den Raubüberfall. Die durch den Überfall bedingte mögliche Erlebnisreaktion könne daher nicht länger angenommen werden, als für die Zeit einer kurzdauernden Arbeitsunfähigkeit. Das C-Kriterium - ein auf das Trauma bezogenes spezifisches Vermeidungsverhalten - könne nicht darin gesehen werden, dass die Klägerin sich im Straßenverkehr, dazu im fremden B, unwohl gefühlt habe, ebenso wenig in dem von Frau Dr. M dokumentierten Vermeidungsverhalten mit allgemein beschriebenen Gefühlen von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein. Schließlich könnten Phänomene der Alarmstimmung (D-Kriterium = "Arousal") nicht erkannt werden, wenn jetzt und wohl auch in dem Gutachten vom Januar 2007 von Frau Dr. M vegetative Stigmata nicht befundet worden seien. Die Kriterien der PTBS seien unzutreffend als Checkliste abgehandelt worden, ohne diese mit konkreten Befunden zu unterlegen. Zum anderen habe Frau Dr. M Testverfahren verwendet, die als "Selbstbeurteilungsinstrumente" nicht zur Diagnosestellung in einem interessengeleiteten Feld geeignet seien. Der entscheidende Eingriff in den Lebenslauf liege eindeutig in dem häuslichen Unfall vom 15. August 2002, wie sich auch aus dem Gutachten des Chirurg Dr. B ergebe. Der objektiv verbliebene erhebliche Defektzustand am Sprunggelenk verbunden mit sozial begründeten Zukunftsängsten habe bei der Klägerin zu einer Leidenszentrierung geführt, die als Anpassungsstörung in symptomatischer Ausgestaltung von Angst und Depression in allerdings nur untermittelgradiger Ausprägung verstanden werden könne. Auch die Anpassungsstörung sei eine Reaktion auf ein Ereignis. Es gebe Anhaltspunkte dafür, dass eine vorbestehende Verletzlichkeit i. S. einer Dysthymia, wie von Dr. M im ersten Gutachten vom Mai 2006 noch festgestellt, die Entwicklung der Anpassungsstörung begünstigt haben könne. Die außerdem festgestellte neurotische Depression sei in diesem Rahmen aber nicht ausreichend zu belegen. Die Anpassungsstörung sei - auch unter Berücksichtigung einer Vorbelastung - weder im Sinne der erstmaligen Entstehung noch im Sinne der wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens auf das Ereignis vom 05. Mai 2003 zurückzuführen. Dem Gutachten lag ein Arztbrief der Fachärztin für Psychiatrie Dipl.-Med. T vom 11. Februar 2009 bei.

Die Klägerin hat einen weiteren Bericht der Dipl.-Med. T vom 14. Juli 2009 sowie eine Stellungnahme der Opferhilfe Land B e. V. vom 06. August 2009 vorgelegt.

Der Sachverständige Dr. B hat in zwei ergänzenden Stellungnahmen vom 17. Februar und vom 14. Oktober 2010 darauf hingewiesen, dass die Klägerin gegenüber ihrer nunmehr behandelnden Fachärztin für Psychiatrie Dipl.-Med. T ihre unfallspezifischen Beschwerden immer mehr steigere (Nacherleben des Unfalls 5 x die Woche nachts, Geruch, Atmosphäre, keine Ruhe finden), was nur der Verfahrensdynamik geschuldet sein könne. Soweit Frau Dipl.-Med. T nunmehr auch die Diagnose einer PTBS stelle, fände sich kein dies unterlegender Befund. Die Stellungnahme der Traumatherapeutin D von der Opferhilfe Land B e. V. vom 06. August 2009 schließlich könne mangels ordnungsgemäß erhobenen psychischen Befundes nur als "gut gemeint, aber unbrauchbar" bezeichnet werden. Eine Arbeitsunfähigkeit könne mit psychopathologischer Begründung über die unfallchirurgisch begründete und von der Beklagten bis zum 16. Juni 2003 anerkannte Arbeitsunfähigkeit hinaus nicht angenommen werden. Die akute Belastungsreaktion sei im Gutachten vom 27. März 2009 nicht eigens aufgeführt worden, weil sie als durchlaufendes Stadium der anhaltenden depressiven Reaktion i. S. einer Anpassungsstörung zugerechnet werde. Eine psychopathologisch unfallbegründete AU sei schon seinerzeit nur im größeren Rahmen der unfallchirurgischen AU gesehen worden.

Die Klägerin führt aus, entgegen dem Gutachten von Dr. B liege bei ihr, wie von den behandelnden Ärzten und der Sachverständigen Dr. M bestätigt werde, eine PTBS vor. Wegen des Umfangs der körperlichen und seelischen Unfallfolgen sei ihr eine Verletztenrente zu gewähren. Sie hat einen Befund der Fachärztin für Orthopädie Dr. P vom 25. Juli 2011 zur Akte gereicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. September 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen ihres Arbeitsunfalls vom 05. Mai 2003 eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit i. H. v. mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält diese unter Berücksichtigung der beratungsärztlichen Stellungnahmen von Prof. Dr. S und des Gutachtens von Dr. B nicht für begründet.

Der Senat hat die Strafakte der Staatsanwaltschaft Neuruppin (359 Js 30515/03) beigezogen und hieraus Ablichtungen betreffend den Raubüberfall vom 05. Mai 2003 in das Verfahren eingeführt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Verletztenrente wegen der Folgen ihres Arbeitsunfalls vom 05. Mai 2003. Der Bescheid der Beklagten vom 29. März 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2005 ist rechtmäßig.

Ein Anspruch auf eine Verletztenrente setzt gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten infolge des Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um mindestens 20 v. H. gemindert ist. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der Formulierung "infolge" in § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss nicht nur eine kausale Verknüpfung des Unfalls mit der betrieblichen Sphäre bestehen, sondern darüber hinaus auch zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und zwischen Gesundheitserstschaden und länger andauernden Unfallfolgen (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, in juris, Rn. 10, 13 ff.; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen wogegen für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, genügt (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 20/04 R, in juris, Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).

Die Gewährung von Verletztenrente setzt außerdem voraus, dass überhaupt eine MdE des Versicherten in Folge des Arbeitsunfalls gegeben ist. Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII richtet sich die Höhe der MdE nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Während für die Beurteilung des kausalen Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und der Gesundheitsstörung der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit gilt, muss die Gesundheitsstörung mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Dieser Beweisgrad ist erfüllt, wenn kein vernünftiger Zweifel besteht (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006, B 2 U 5/05 R, in SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid vom 29. März 2005 als Unfallfolgen aus dem - anerkannten - Arbeitsunfall zu Recht lediglich die – ausgeheilte - Prellung des rechten Sprunggelenks angesehen und einen Anspruch auf Verletztenrente sowie die Erbringung von Leistungen über den 16. Juni 2003 hinaus abgelehnt.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) können bei der Klägerin keine über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall vom 05. Mai 2003 hinaus bestehenden körperlichen oder psychischen Unfallfolgen und damit auch keine durch den Unfall bedingte (rentenberechtigende) MdE festgestellt werden.

Hinsichtlich der orthopädischen Leiden folgt der Senat in seiner Einschätzung dem von der Beklagten eingeholten Zusammenhangsgutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. K (Oberarzt Dr. K) vom 02. März 2005 und dem - dieses bestätigende - für das SG erstattete Gutachten des Chirurgen Dr. B vom 22. Dezember 2005. Der Gutachter Dr. K (Oberarzt Dr. K) hat in dem nach Untersuchung der Klägerin am 23. Februar 2005 erstatteten Gutachten ausgeführt, dass als unmittelbare Folgen des Raubüberfalls lediglich eine ausgeheilte Schwellung am Unterschenkel und eine vorübergehende Schmerzzunahme mit Beeinträchtigung der Belastbarkeit des rechten Beines anzusehen seien. Demgegenüber seien die angegebenen Beschwerden im Bereich der Achillessehne nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig bestehe ein Zusammenhang mit dem Überfalltrauma vom 05. Mai 2003 und den jetzigen Befunden am rechten Sprunggelenk. Der Gutachter begründet seine Einschätzung nachvollziehbar unter Heranziehung und Auswertung der zeitnahen Befunde. So stellte der Durchgangsarzt Dr. G am Tag des Überfalls, dem 05. Mai 2003, Schmerzen im rechten oberen Sprunggelenk, eine Schwellung des Unterschenkels und eine endgradig schmerzhafte Mobilität fest, jedoch ergab die Röntgenuntersuchung keinen Anhalt für eine frische knöcherne Läsion (DA-Bericht vom 07. Mai 2003). Die von der Klägerin bei dem Überfall erlittene Sprunggelenks-Kontusion war nach den Feststellungen von Dr. G am 16. Juni 2003 wieder ausgeheilt gewesen, und die MdE über die 26. Woche nach dem Unfall hinaus wurde von ihm auf unter 10 v. H. eingeschätzt (vgl. DA-Bericht vom 24. Juni 2003). Im DA-Bericht vom 24. Juni 2003 wurden keine Kontusionszeichen bzw. Weichteilveränderungen infolge Gewalteinwirkung im rechten oberen Sprunggelenk mehr beschrieben. Vielmehr bestand dort bereits eine erhebliche, durch die Fraktur vom 15. August 2002 bedingte posttraumatische Arthrose, die erstmals bereits bei der ersten, vor dem Raubüberfall durchgeführten Arthroskopie am 16. Januar 2003 festgestellt worden war (vgl. Arztbrief der KMG-Kliniken K vom 17. Januar 2003) und dann im Rahmen einer weiteren Arthroskopie im Oktober 2003 im V-Klinikum bestätigt wurde (vgl. Entlassungsbericht der Charité C-Klinikum vom 05. November 2003). Der Gutachter Dr. K (Oberarzt Dr. K) hat insoweit darauf hingewiesen, dass derartige posttraumatische Arthrosen selbst bei regelrecht durchgeführten Osteosynthesen nicht selten seien, wobei im Fall der Klägerin offensichtlich eine schicksalsmäßige Veranlagung zu der sehr verfrüht entstandenen posttraumatischen Arthrose hinzu komme. Da dies Folge des am 15. August 2002 im häuslichen Bereich erlittenen Unfalls ist, sind - wie Dr. K zu Recht ausführt - auch alle Komplikationen, die sich danach ergeben und zu einer Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin wegen andauernder Schmerzen, zu mehrfachen Operationen und schließlich zum Einsatz der Sprunggelenks-Endoprothese geführt haben, als Folge des Privatunfalls anzusehen.

Der vom SG beauftragte Chirurg Dr. B hat die Einschätzung des Gutachters Dr. K nach Untersuchung der Klägerin am 21. Dezember 2005 in seinem für das SG erstattete Gutachten vom 22. Dezember 2005 bestätigt. Auch der Sachverständige Dr. B hat als - geringfügige - Folge des Raubüberfalls vom 05. Mai 2003 lediglich die diagnostizierte Sprunggelenks-Prellung angesehen und darauf hingewiesen, dass eine Materiallockerung oder ein Materialbruch durch den Tritt ausgeschlossen worden sei. Demgegenüber sei die schmerzhafte Bewegungseinschränkung im rechten Sprunggelenk nach operativer Versorgung einer trimalleolären Fraktur und nachfolgenden Revisionsoperationen wegen posttraumatischer Arthrose und Implantation einer Endoprothese ausschließlich Folge der sich nach dem Privatunfall entwickelnden posttraumatischen Arthrose, nicht aber Folge des Raubüberfalls. Eine sonstige schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigung, die darauf zurückzuführen wäre, sei nicht festzustellen und in den ärztlichen Unterlagen nicht dokumentiert. Eine unfallbedingte MdE bestehe nicht.

Ein psychischer Gesundheitsschaden, insbesondere in Form einer PTBS, der einen Anspruch auf Entschädigungsleistungen begründen würde, kann nach Ansicht des Senats in dem nach obigen Beweisgrundsätzen erforderlichen Vollbeweis ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zwar fordert ein Unfallereignis keine körperlich-organische Schädigung, vielmehr spricht § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII ohne Einschränkung von "Gesundheitsschäden", so dass die Schädigung sich auch - nur - im psychischen Bereich bei gleichzeitig erhaltener körperlicher Integrität auswirken kann und gleichwohl ein anzuerkennendes Unfallereignis vorliegen kann. Ob ein Gesundheitsschaden i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII vorliegt, beurteilt sich nach dem Krankheitsbegriff in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach ist eine Krankheit ein "regelwidriger Körper- und Geisteszustand", worunter auch eine psychische Störung fällt. Voraussetzung für die Anerkennung von psychischen Gesundheitsstörungen als Unfallfolge ist laut ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 09. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17) zunächst die Feststellung der konkreten Gesundheitsstörungen, die bei der oder dem Verletzten vorliegen und die Erwerbsfähigkeit mindern, wobei diese Feststellung nachvollziehbar aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen zu begründen ist (z. B. ICD-10 = Zehnte Revision der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahre 1989, vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) ins Deutsche übertragen, herausgegeben und weiterentwickelt). Laut ICD-10 F43.1 entsteht die PTBS als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flash backs), Träumen oder Alpträumen, die Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten, Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen und allgemeiner Rückzug, Interessenverlust, innere Teilnahmslosigkeit, häufig verbunden mit Angst und Depression. Als belastendes Ereignis im Sinne einer PTBS kommen z. B. das Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit in Betracht (vgl. auch die AWMF-Leitlinie "Posttraumatische Belastungsstörung" Leitlinien-Register Nr. 051/010; ferner Foerster, Die psychoreaktiven Störungen - auch außerhalb der Begutachtung ein häufig schwieriges Thema, Med Sach 106, 2010, 16, 18).

Eine als Folge des Überfalls bei der Klägerin hervorgerufene PTBS ist aber unter Berücksichtigung der vorliegenden Anknüpfungstatsachen nicht gesichert.

Ausgehend von diesen Kriterien hat der Arzt für Psychiatrie Dr. B in seinem Gutachten vom 27. März 2009 nebst Stellungnahmen vom 17. Februar und 14. Oktober 2010 ausführlich, fachkundig und nachvollziehbar dargelegt, dass bei der Klägerin zwar eine Anpassungsstörung (F43.2) in symptomatischer Ausgestaltung von Angst und Depression in untermittelgradiger Ausprägung vorliegt, die jedoch nicht unfallbedingt ist. Demgegenüber sind die Diagnosekriterien einer PTBS (F43.1 ICD 10) aber nicht zu bestätigen. Zwar bestehen für den Senat gewisse Bedenken, der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B, es fehle bereits am A-Kriterium oder Traumakriterium, zu folgen. So hat die Klägerin bei der polizeilichen Zeugenvernehmung wie auch später geschildert, wie sie von zwei Männern bedroht worden sei, die ihr einen Gegenstand, wie ein Rohr oder eine Pistole ins Genick gehalten und sie aufgefordert hätten, den Tresor aufzumachen. Ein derartiges Ereignis erscheint durchaus geeignet, Todesangst oder jedenfalls den Eindruck von Leibes- oder gar Lebensgefahr hervorzurufen (vgl. zum Raubüberfall: Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 18. November 2010, L 6 U 102/07, in juris). Auch aus dem Vermerk im DA-Bericht ("Pat. steht unter Schock") ist auf eine akute schwere Reaktion zu schließen, auch wenn Dr. B zu Recht darauf hinweist, dass das Erleben eines Raubüberfalles nicht zwangsläufig einer "außergewöhnlichen Bedrohung" oder mit "katastrophalem Ausmaß" im Sinne des ICD-10 F43.1 gleichgesetzt werden kann. Selbst wenn man das A-Kriterium uneingeschränkt bejahte, fehlt es hier jedoch am Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für die Feststellung einer PTBS. Nicht eindeutig bestätigen lassen sich die Voraussetzungen des B-Kriteriums (Flash backs, Intrusionen). Zwar hat die Sachverständige Dr. M in dem - für das Rentenstreitverfahren erstellte - Gutachten vom 09. Mai 2006 ausgeführt, die Klägerin habe über wiederkehrende nächtliche Alpträume, typische Nachhallerinnerungen mit filmartigem Wiedererleben der Überfallsituation und intrusive Gedanken, insbesondere vor anstehenden Begutachtungen oder nach bestimmten Fernsehsendungen (z. B. "Aktenzeichen XY-ungelöst") berichtet und angegeben, dass Ängste und das Gefühl, erneut die Waffe im Genick zu verspüren, sowie Panikattacken aufträten. Allerdings lässt sich diesen eher allgemein gehaltenen Schilderungen so, wie sie Eingang in das Gutachten gefunden haben, nicht entnehmen, in welchen konkreten Situationen und auf welche spezifischen Auslöser hin belastende Erinnerungen an das Ereignis (Nachhallerinnerungen) wiederkehren würden und wie diese sich im Einzelnen ausgestalten, also ob dabei Bilder, Gedanken oder Wahrnehmungen und welchen Inhalts erlebt würden. Typisch für das Vorliegen einer PTBS wäre es, wenn derartige Intrusionen bei belanglosen Hinweisreizen direkt wiedererlebt würden, und zwar so, als ob der Vorfall erneut durchlebt würde. Wie Dr. B zutreffend hervorhebt, hat lediglich ein immer wieder, u. a. auch bei der Begutachtung durch Dr. Bim Dezember 2005 und bei der Begutachtung durch Frau Dr. M im Mai 2006 erwähnter, unangenehmer Geruch direkten Bezug zum Überfall. Ebenso unspezifisch bleibt die Angabe von Alpträumen, die nicht zwingend auf das Vorliegen einer PTBS schließen lässt, sondern auch die Möglichkeit einer Alptraumstörung zulässt, worauf Prof. Dr. S in seinen beratungsärztlichen Stellungnahmen zutreffend hingewiesen hat. Insbesondere fällt auf, dass die Klägerin etwa drei Jahre nach dem Überfall gegenüber der Sachverständigen Dr. M eindringlich Ängste und belastende Erinnerungen schildert, demgegenüber aber im Rahmen der relativ zeitnah zum Überfall erfolgten stationären Reha-Behandlung in der Eklinik Bad W vom 18. November bis zum 16. Dezember 2003 den Raubüberfall offensichtlich nicht weiter thematisiert hat. Ausweislich des Entlassungsberichts hat die Klägerin "keine Angabe besonderer Belastungen im sozialen Umfeld, keine Angabe psychologischer Belastungssituation" gemacht, sondern vielmehr von Ängsten im Zusammenhang mit den körperlichen Beschwerden und der beruflichen Zukunft und von der starken Belastung durch die Schmerzen gesprochen. Im Rahmen der Begutachtung durch Dr. B im Dezember 2005 hat die Klägerin zudem angegeben, dass die Behandlung bei der Dipl.-Psych. M eingestellt worden sei, weil sie nur ihre "sozialen Aspekte und nicht die Sache" in den Vordergrund gestellt habe. Bei der Begutachtung durch Dr. W vom MDK B-B e. V. (Gutachten vom 18. Juli 2003) hat die Klägerin zwar den Raubüberfall erwähnt, bei der Befragung zu den jetzigen Beschwerden bzw. im Rahmen der vegetativen Anamnese hat sie jedoch allein Ruhe- und Belastungsschmerzen im rechten Sprunggelenk und Durchschlafstörungen wegen der Schmerzen geschildert. Die Stimmung wird bei sonst unauffälligem Verhalten von Dr. W als gedrückt beschrieben, und zwar im Kontext zu den von der Klägerin geäußerten Befürchtungen, dass die Verkaufsstelle geschlossen werde, wenn sie nicht mehr arbeiten könne. Auch der Unfallchirurg Dr. B hat in seinem für die A-Versicherung betreffend die Folgen des Privatunfalls vom 15. August 2002 erstatteten Gutachten vom 22. Juni 2004 zwar zahlreiche Diagnosen/Befunde aufgeführt, jedoch findet sich im gesamten Gutachten kein einziger Hinweis auf den Raubüberfall vom Mai 2003. Dies ist umso befremdlicher, als die Klägerin zum Verlauf des Heilprozesses der schweren Sprunggelenksverletzung befragt worden ist und dieser ja zeitweise durch die beim Raubüberfall erlittenen Tritte beeinflusst worden ist. Bei der Aufnahme in die AKlinik B am 07. März 2005 hat die Klägerin dem aufnehmenden Arzt mitgeteilt, nicht an Gemütskrankeiten (Depressionen o. ä.) zu leiden. Auch im Rahmen des chirurgischen Zusammenhangsgutachtens des Dr. K (Oberarzt Dr. K) vom 02. März 2005, bei dem die Klägerin über die Entwicklung ihres Gesundheitszustandes berichtet und auch den Überfall im einzelnen geschildert hat, ist eine auffällige psychische Reaktion nicht dokumentiert. Vielmehr ging es der Klägerin damals augenscheinlich darum, ihre Knöchelverletzung als Folge des Raubüberfalls darzustellen. Als Grund ihrer (Durch-)Schlafstörungen werden von der Klägerin auch hier nächtlich auftretende stechende Schmerzen im Sprunggelenk angegeben. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. B hat die Klägerin über bei ihr auftretende Ängste jedoch unspezifisch berichtet. Diese Angst hat sich nach den Ausführungen des Sachverständigen im Gutachten vom 27. März 2009 überwiegend als soziale Zukunftsangst ohne vegetative Begleitreaktionen dargestellt. Über den Vorfall werde von der Klägerin bereitwillig und ohne Vermeidungsverhalten berichtet, Emotionen kämen eher im Rahmen der sozialen Fragen zum Vorschein. Auch fällt auf, dass die Schilderungen der Klägerin mit zunehmendem Zeitablauf eindringlicher werden. Die Klägerin hat in den Jahren seit dem Überfall neben dem vorliegenden Verfahren weitere SG-Verfahren wegen Anerkennung einer Schwerbehinderung und Gewährung einer Erwerbsminderungsrente geführt, sich also seit Jahren intensiv mit Symptomen und Beschwerdeschilderungen auseinandergesetzt und diese beschrieben, was zu einer Vermischung, aber auch zur Überhöhung von unterschiedlichen Beschwerden führen kann. Deutliches Beispiel hierfür ist die Schilderung der Klägerin gegenüber dem Sachverständigen Dr. B im Dezember 2005, wonach sie nachts schweißgebadet mit Schüttelkrämpfen aufwache, und dass diese Anfälle immer extremer würden und überhaupt nicht aufhörten. Im Widerspruch zu ihrer anschließenden Bemerkung, sie könne bis heute noch nicht frei über diese Sache reden, steht der Umstand, dass sie dem Sachverständigen – wie unter dem Punkt "Schilderung des Ereignisses vom 05. Mai 2003" im Gutachten vom 22. Dezember 2005 ersichtlich - ausführlich den Ablauf des Raubüberfalls und ihre Beschwerden dargestellt hat. Ungewöhnlich ist auch, dass die Klägerin erst im August 2009, also mehr als sechs Jahre nach dem Raubüberfall und während des laufenden Berufungsverfahrens, die Traumatherapeutin D von der Opferhilfe Land B e. V. aufgesucht hat. Ebenfalls etwa sechs Jahre nach dem Raubüberfall berichtet die erst seit Februar 2009 behandelnde Fachärztin für Psychiatrie Dipl.-Med. T über von der Klägerin geschilderte Erscheinungen wie das Nacherleben des Unfalls 5 x die Woche nachts, Geruch, Atmosphäre, keine Ruhe finden, trauriger Affekt, Stresslabilität und Schlafstörung und diagnostiziert eine langdauernde depressive Reaktion (Arztbriefe vom 11. Februar und 14. Juli 2009).

Das C-Kriterium - ein auf das Trauma bezogenes spezifisches Vermeidungsverhalten - lässt sich ebenfalls nicht sicher feststellen. Zwar hat die Sachverständige Dr. M im Gutachten vom 09. Mai 2006 mitgeteilt, die Klägerin leide unter Ängsten in Menschenansammlungen, fremder Umgebung, vor fremden sozialen Kontakten, verlasse nur noch in Begleitung ihr Haus und benutze keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr. Es fehlt jedoch an der Ausfüllung der eher allgemein gehaltenen Beschreibung. Wie der Sachverständige Dr. B zutreffend ausgeführt hat, genügen für die Erfüllung des C-Kriteriums nicht unspezifische Ängste, etwa die Äußerung der Klägerin sie habe sich im Straßenverkehr im fremden B unwohl gefühlt, oder auch, dass sie abends die Türen kontrolliere, nachts manchmal hochschrecke, ob da jemand sei. Vergleichbares gilt für die von der Sachverständigen Dr. M geschilderten Gefühlseinbußen wie vermindertes Interesse, verminderte Teilnahme an sozialen Aktivitäten, Sich-von-anderen-Menschen-zurückziehen, die von Frau Dr. M in allgemein gefasste Befunde wie "Gefühle der Entfremdung", "eingeschränkte Bandbreite des Affekts", "ausgeprägtes Vermeidungsverhalten mit Gefühlen von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein" übertragen werden. Es findet sich jedoch nicht dokumentiert, welche konkreten Aktivitäten, Orte oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen können, von der Klägerin gemieden werden. Die Angabe der Klägerin, über das Ereignis nicht reden zu können, wird - wie erwähnt - sogleich dadurch widerlegt, dass sich in jeder gutachterlichen Untersuchung zu den Unfallfolgen eine ausführliche Darstellung des Geschehens findet. Zur Ausfüllung des C-Kriteriums müsste vielmehr ein anhaltendes bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen, festgestellt werden.

Ähnliche Erwägungen gelten auch hinsichtlich der Feststellung des D-Kriteriums = Arousal (vegetative Störungen), welches gekennzeichnet ist von Phänomenen der Alarmstimmung, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Hypervigilanz, übertriebener Schreckreaktion, ausgeprägtem Vermeidungsverhalten mit Gefühlen von Hilflosigkeit und Ausgeliefertsein. Derartige Merkmale finden sich zwar sowohl im Gutachten der Sachverständigen Dr. M wie auch im Bericht der Opferhilfe Land B e. V. vom 06. August 2009. Aber auch insoweit gilt, dass all die aufgeführten Störungen, etwa Schlaflosigkeit, Schweißausbruch oder Herzrasen auf bestimmte konkrete Auslöser nirgendwo dokumentiert sind. Zudem schließt selbst die Sachverständige Dr. M dissoziative Gedächtnisstörungen aus, Konzentrationsstörungen sind nirgendwo dokumentiert. Eine erhebliche psychische Anspannung lässt sich zwar aus dem von den Sachverständigen Dr. B und Dr. M erwähnten Weinen bei der Anamneseerhebung entnehmen, jedoch mag diese Reaktion auch dem Zusammenwirken mehrerer Faktoren wie der auch von Dr. M festgestellten allgemeinen Labilisierung der Klägerin aufgrund der unglücklich verlaufenen Knöchelverletzung und der daraus folgenden ungeklärten sozialen Situation geschuldet sein. Anhaltspunkte für häusliche Probleme gibt auch die Schilderung der Klägerin bei ihrer Vorstellung in der C CVKlinikum vom 10. November 2004, wo sie über besonders starke Schmerzen im Sprunggelenk "nach einer tätlichen Auseinandersetzung in der eigenen Wohnung" geklagt habe. Sonstige Anzeichen für eine starke vegetative Erregung und emotionale Anspannung beim Bericht über das Ereignis, etwa Beschleunigung des Pulsschlages, Erröten, Schwitzen etc., konnten die Gutachter in der Untersuchungssituation nicht beobachten.

Die Befunde zur sicheren Feststellung einer PTBS müssen schon deshalb sorgfältig erhoben und gewichtet werden, weil sich die Diagnose ganz wesentlich auf die Angaben des Patienten stützt und es durchaus möglich ist, die Symptomatik einer PTBS zumindest ansatzweise vorzutäuschen. Insbesondere aber kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass es der genauen Abgrenzung psychoreaktiver Störungen aufgrund des Raubüberfalls von denjenigen aufgrund der schweren Knöchelverletzung und der ungeklärten sozialen Situation entstandenen, unfallunabhängigen, neurotischen Symptomatik bei der Klägerin bedarf. Zum einen kennzeichnen etliche der von Frau Dr. M geschilderten Symptome auch andere psychische Erkrankungen, etwa eine Depression. Zum anderen hat auch die Sachverständige Frau Dr. M deutlich gemacht, dass die Labilisierung der Klägerin nicht allein Folge des erlittenen Raubüberfalls sei, sondern "neben der PTBS" eine unfallunabhängige ängstlich-depressive Symptomatik mit erheblicher Somatisierung bestanden habe. So habe die stark leistungsorientierte und übermäßig ehrgeizige Klägerin durch die Behinderung nach der Knöchelverletzung mit bleibenden Leistungseinschränkungen sich bereits vor dem Überfallereignis vom 05. Mai 2003 in der Ausübung ihres Berufs als Marktleiterin erheblich beeinträchtigt gefühlt und auf ihre Knöchelverletzung und die ungeklärte soziale Situation verängstigt und verunsichert reagiert. Beispiele für letztere Symptomatik sind Äußerungen der Klägerin, wie die Angst, "was aus ihr werden" solle, sie könne seit dem Überfall "kaum noch laufen", könne "nicht mehr arbeiten gehen", "habe starke Existenzängste". Ihr psychisches Befinden sei "nicht so gut", sie sei immer ein "mobiler Mensch" gewesen, habe "alles organisiert", komme jetzt "nirgends mehr hin". Die erforderliche Differenzierung und Konkretisierung ergibt sich auch nicht aus den Ergebnissen der testpsychologischen Zusatzuntersuchung, die Frau Dr. M durchgeführt hat. Wie die Sachverständige selbst angibt, handelt es sich um einen Testfragebogen, der auf die Erfassung der subjektiven Beeinträchtigung durch die Traumafolgen zielt. Derartige Selbstbeurteilungsskalen sind in einem Rentenverfahren ungeeignet zur Befundbestimmung und Diagnose. Mit Recht hat Prof. Dr. S darauf hingewiesen, dass die Sachverständige Dr. Min diesem Zusammenhang das untaugliche Verfahren der Impact of Event Scale eingesetzt hat. Allenfalls lässt sich aus der Bemerkung der Sachverständigen, die Klägerin habe sich "sehr motiviert" gezeigt und sich "bemüht, alle Fragen möglichst genau zu beantworten", auf ein vorhandenes Konzentrationsvermögen schließen.

Nach alledem vermag der Senat dem Gutachten von Frau Dr. M nicht zu folgen. Es leidet nicht nur am Fehlen einer genauen Abgrenzung unfallbedingter psychischer Störungen von solchen, die aus anderem Anlass entstanden sind, sondern auch an einer weitgehenden Übernahme der vorgetragenen Beschwerden, ohne diese kritisch zu hinterfragen und auf Anhaltspunkte für eine Aggravation zu untersuchen. Eine Begründung für die Feststellung der Sachverständigen, sie habe nicht den Eindruck der Aggravation gehabt, findet sich nicht. Wie bereits ausgeführt, konnten etliche für die Diagnose einer PTBS relevanten Beschwerden von dem Sachverständigen Dr. B nicht nachvollzogen werden und müssen daher besonders sorgfältig auf Aggravation geprüft werden. Insoweit hat Prof. Dr. Smit Recht darauf hingewiesen, dass die Diagnose einer PTBS nur dann gestellt werden könne, wenn Beschwerdeverdeutlichung ausgeschlossen sei. Schließlich lässt sich die im Gutachten von Frau Dr. M vorgenommene Schätzung eines auf den Überfall entfallenden Anteils der psychischen Störung mit einer MdE von 30 v. H. nicht nachvollziehen. Dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, welches einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Gesundheitsstörung (haftungsausfüllende Kausalität) verlangt, ist die Aufteilung einer psychischen Störung in einen unfallbedingten und einen anlagebedingten Anteil fremd.

Die vorliegenden Auskünfte der behandelnden Ärzte und Psychotherapeuten führen zu keinem anderen Ergebnis. Soweit die Dipl.-Psych. M die vorläufige Diagnose einer PTBS gestellt hat, lassen sich ihrem BB vom 17. Juli 2003 ebenfalls keine konkreten Befunde entnehmen, es bleibt eine schlagwortartige Aufzählung von Symptomen, wie sie in den einschlägigen Diagnosesystemen enthalten sind. Im Übrigen hat Frau Dipl.-Psych. M die Klägerin aus psychischer Sicht wieder als arbeitsfähig erachtet. Die Klägerin habe sich optimistischer gezeigt, wieder eine Zukunft gesehen und sich in der Stimmung gefestigter erlebt, die posttraumatischen Symptome seien langsam in den Hintergrund getreten (BB vom 10. November 2003). Ausweislich des eine Verschlechterung beschreibenden BB vom 20. April 2004 standen Probleme mit dem Beinbefund, daraus folgende sekundäre Beschwerden und die ungeklärte sozialmedizinische Perspektive deutlich im Vordergrund. Die zunächst eingetretene Stabilisierung sei angesichts der Komplikationen am Sprunggelenk in Verschlechterung umgeschlagen und die Arbeitsunfähigkeit resultiere aus der Erkrankung des Fußgelenkes. Dies wird auch im BB vom 29. Oktober 2004 deutlich, wo vermerkt ist, dass die Klägerin selbst um Abschluss der Therapie gebeten habe, weil die sozialen und gesundheitlichen Probleme nach der Operation des Sprunggelenks im November 2003 mit anschließender Reha im Vordergrund stünden. Die die Klägerin erst seit Februar 2009 behandelnde Fachärztin für Psychiatrie Dipl.-Med. T hat zwar im BB vom 14. Juli 2009 u. a. auch die Diagnose einer PTBS gestellt, diese steht jedoch erst an dritter Stelle nach "langdauernde depressive Reaktion" und "mittelgradige depressive Episode" und es gibt keine diese Diagnose tragenden Befunde, sondern nur ein anamnestisches Zusammentragen. Die Traumatherapeutin (HP) D von der Opferhilfe Land B e. V., die ebenfalls die Kriterien einer PTBS für gegeben erachtet, ist – wie der Sachverständige Dr. B dargelegt hat, nicht in klinischer Psychopathologie ausgebildet. Schließlich ergibt sich aus den BBen der übrigen behandelnden Ärzte nichts anderes. So wird in den BBen der praktischen Ärztin Dipl.-Med. H (vom 03. April 2008 und vom 30. März 2009) unspezifisch von Befunden wie Schlafstörung und Angstzuständen gesprochen und neben zahlreichen anderen Diagnosen die einer "Angststörung nach Raubüberfall" und einer "posttraumatischen Belastungsstörung" ohne nähere Begründung angeführt. Die Berichte von Dipl.-Med. V vom 22. Juli und 07. August 2008 sprechen allgemein vom komplexen Krankheitsbild einer chronischen Schmerzpatientin.

Der Senat folgt nach alledem der Einschätzung von Dr. B, der das Vorliegen einer PTBS als nicht gegeben und die akute Belastungsreaktion als in den folgenden Wochen abgeklungen ansieht. Die zweifelsohne bei der Klägerin bestehende depressive und verstörte Stimmungslage begründet sich am ehesten aus dem Defektzustand am Sprunggelenk, verursacht durch den häuslichen Unfall vom 15. August 2002, den dadurch hervorgerufenen Bewegungseinschränkungen und Schmerzen. Hinzu kommen die diversen sozialrechtlichen Verfahren, die die Klägerin betrieben hat, und die damit verbundene Aufrechterhaltung und Zunahme eines Leidensdruckes, des Weiteren die durchaus wirtschaftlich begründbaren Zukunftsängste. Dies alles hat, wie Dr. B ausführt, als Reaktion eine Anpassungsstörung hervorgerufen. Da sich diese jedoch aus einem Konglomerat verschiedenster Belastungen entwickelt hat, kann sie weder im Sinne der erstmaligen Entstehung noch im Sinne der wesentlichen Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens auf das Ereignis vom 05. Mai 2003 zurückgeführt werden. Eine akute Belastungsreaktion in unmittelbarer Folge des Raubüberfalles ist hiernach zwar anzunehmen, jedoch ist diese innerhalb von wenigen Tagen bis zu zwei Wochen abgeklungen.

Die Berufung war hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist mangels Zulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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