Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 Ar 5047/91.It
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 153/93
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Aufrechnung eines Anspruchs auf Erstatttung der vom Haftpflichtversicherer des Unfallschädigers dem Versicherten geschuldeten Entschädigung gegen einen Anspruch des Versicherten auf Hinterbliebenenrente ist auch zulässig, wenn der Versicherte Ausländer ist und im Ausland lebt. Auch in diesem Fall geht der Anspruch des Versicherten gegen den Schädiger auf den deutschen Versicherungsträger über. Bei diesen Aufrechnungen sind die Pfändungsgrenzen des SGB I auch gegenüber ausländischen Versicherten zu berücksichtigen.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.10.1992 und der Bescheid der Beklagten vom 17.11.1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1991 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Ersatzanspruch der Beklagten nach § 116 SGB X wegen zivilrechtlicher Entschädigung der Witwe durch den Unfallverursacher und die erfolgte Aufrechnung nach § 51 SGB I.
Die am ...1935 geborene Klägerin ist die Witwe des Versicherten ..., geb. am ...1942, gest. am 31.10.1987. Der Versicherte verstarb infolge eines Verkehrsunfalls in Italien. Aus den von der italienischen Haftpflichtversicherung vorgelegten Unfallakten ergibt sich, daß die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers an die Klägerin und ihre Kinder am 21.03.1989 einen Betrag von 125 Mill. Lire als Abfindung ausbezahlte. Die Klägerin und alle ihre Kinder haben durch ihre Unterschrift auf den Unterlagen der italienischen Versicherung erklärt, keinen Anspruch auf jegliche Leistungen von den Körperschaften der Zwangssozialversicherungsträger zu haben. Aus der Ehe der Klägerin mit dem Versicherten stammen die Kinder ... Fortunata, geb. am ...1959, Bruna, geb. am ...1961, Francesco, geb. am ...1966, Giuseppe, geb. am ...1967. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren die Kinder alle volljährig.
In der deutschen Versicherung hat Herr ... von Februar 1966 bis Januar 1976 insgesamt 81 Monate Beiträge bezahlt. Italienische Beitragszeiten wurden vom 17.05.1961 bis 31.12.1982 für insgesamt 170 Wochen zurückgelegt. In Belgien hat der Versicherte 1967 66 Tage Beiträge geleistet. Außerdem scheinen auch schweizerische Zeiten vorhanden zu sein.
Die Witwe beantragte am 27.11.1987 Hinterbliebenenrente beim italienischen Träger. Diesen Antrag übersandte der italienische Träger an die Beklagte. Am 16.01.1989 schickte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen, der nach Mahnung offenbar am 16.03. 1989 bei der Beklagten eingegangen ist. In diesem Fragebogen war die Klägerin aufgefordert, Angaben zum Unfall zu machen, insbesondere wurde nach dem Unfallverursacher, nach der Versicherungsgesellschaft, nach einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, nach rechtsanwaltschaftlicher Vertretung im Verfahren und nach zivilrechtlichen Entschädigungen gefragt. Die Klägerin gab an, zwischenzeitlich keine zivilrechtliche Entschädigung erhalten zu haben, mit einer Entschädigung aber noch zu rechnen. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 28.05.1989 die Witwenrente ab 31.10.1987. Dabei ergab sich nach Ablauf des Sterbevierteljahres ein monatlicher Zahlbetrag im Januar 1988 von 127,50 DM. Im Bescheid wurde die Klägerin darauf hingewiesen, daß die Leistungspflicht der Beklagten durch Verschulden eines Dritten entstanden sei und deshalb ein Schadenersatzanspruch des Rentenberechtigten insoweit auf die Beklagte übergehe. Die Klägerin sei deshalb verpflichtet, unverzüglich jegliche Gewährung einer zivilrechtlichen Entschädigung anzuzeigen. Mit Schreiben vom 11.07.1989 machte die Beklagte gegenüber der Versicherung Generali ihre Regreßforderung in Höhe von 25.500,- DM geltend. Die italienische Haftpflichtversicherung teilte mit, daß die Hinterbliebenen bereits entschädigt worden seien und bei Auszahlung erklärt hätten, keinen Anspruch auf Leistungen seitens der gesetzlichen Sozialversicherungsträger zu haben. Die Auszahlungsbestätigung vom 21.03.1989, unterzeichnet von der Klägerin und ihren Kindern, wurde in Kopie übersandt.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17.11.1989 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin übergegangene Schadensersatzansprüche geltend und errechnete von der Abfindungssumme einen monatlichen Betrag von mindestens 389,- DM als Entschädigung. In dieser Höhe wurde beginnend ab 01.01.1990 bis 31.03. 2010 gemäß § 51 Abs.1 SGB I gegen die Rentenansprüche aufgerechnet. Die Zahlung der Witwenrente stellte sie mit Ablauf des Monats Dezember 1989 ein. Die Zustellung des Bescheides ist nicht aus den Akten ersichtlich.
Mit Schreiben vom 12.02.1990, eingegangen bei der Beklagten am 19.02.1990, erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid und trug vor, daß die zivilrechtliche Entschädigung mit ihren Kindern nach italienischem Recht geteilt werden mußte und jedes Kind 10 Mill. Lire erhalten habe. Nach Abzug von weiteren Ausgaben in Höhe von 10 Mill. Lire sei ihr selbst nur eine Summe von 55 Mill. geblieben. Von dieser Summe könne sie unmöglich bis zum Lebensende ihr Auskommen bestreiten. Sie bitte, dies zu berücksichtigen. Die Beklagte klärte die Klägerin in Schreiben vom 09.04.1990 und 23.08.1990 über die von ihr vorgenommene Aufrechnung auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.1991 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Schadenersatzanspruch der Hinterbliebenen gegen den italienischen Versicherer sei nach § 116 Abs.1 SGB X auf die Beklagte übergegangen. Da der italienische Versicherer aber mit befreiender Wirkung an die Klägerin geleistet habe, bestehe ein Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 116 Abs.7 SGB X iVm Art.93 EWG-VO 1408/71. Nach den anerkannten versicherungs-mathematischen Grundsätzen entspreche ein Unterhaltsschaden der Klägerin in Höhe von 60.000,- DM bei einem Abfindungszeitraum bis 31.03.2010 einem monatlichen Entschädigungsbetrag von 389,- DM. In Höhe dieses monatlichen Entschädigungsbetrages sei die Beklagte berechtigt, nach § 116 Abs.7 SGB X in Höhe des vollen Rentenbetrages aufzurechnen. Insbesondere werde die Aufrechnung nicht durch § 51 Abs.1 SGB I beschränkt, wonach höchstens bis zur Höhe des pfändbaren Betrages nach § 54 SGB I iVm § 850c ZPO der laufenden Rente aufgerechnet werden dürfe. Die Beklagte begründete dies damit, daß andernfalls die Beklagte ihren Anspruch auf die Entschädigungssumme nicht realisieren könnte. Da die Schadenersatzleistungen der Haftpflichtversicherung ebenso wie die Rente der Beklagten Unterhaltsfunktion habe, handele es sich um vergleichbare Leistungen, so daß der Fall der bereits ausgezahlten Schadenersatzleistung vergleichbar sei mit einer Darlehensleistung im Rahmen des § 53 SGB I. Die Einwendungen der Klägerin, sie habe Aufwendungen gehabt, um die Entschädigungssumme überhaupt zu bekommen, und sie könne von dem ihr verbliebenen Anteil nicht leben, führt nach Auffassung der Beklagten zu keiner Änderung der Entscheidung, da bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens bereits ein Betrag für Beerdigungs- und Anwaltskosten abgesetzt worden und der Witwe ein höherer Entschädigungsbetrag verblieben sei, als sie zum Lebensunterhalt durch die Rente beanspruchen könnte.
Am 11.04.1991 ist beim Sozialgericht Augsburg ein Klageschriftsatz eingegangen, mit welchem die Klägerin die Weiterzahlung der Rente begehrt.
Die Beklagte räumte ein, daß Ermessenserwägungen zur Höhe der Aufrechnung nicht gemacht worden seien und auch die Anhörung unterblieben sei. Diese Mängel seien allerdings durch das Widerspruchsverfahren geheilt. Durch die angefochtenen Bescheide sei der ursprüngliche Leistungsbescheid nicht aufgehoben, sondern lediglich die dort festgestellten Leistungen mit einem übergegangenen Anspruch in Höhe der Rente aufgerechnet worden. Da es sich also nicht um die Aufhebung eines Bescheides nach §§ 45, 48 SGB X handele, seien in diesem Rahmen Ermessenserwägungen nicht erforderlich gewesen. Bezüglich der Zulässigkeit der Aufrechnung mit übergegangenen Ansprüchen verwies die Beklagte auf ein Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 14.10.1983 (L 6 Ar 448/80).
Mit Urteil vom 22.10.1992 wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Sozialgericht bejahte die Zulässigkeit der Klage und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten, da die Beklagte nach § 51 Abs.1 SGB I durch Verwaltungsakt gegen Ansprüche der Klägerin aufgerechnet habe. Diese Aufrechnung sei auch mit der privatrechtlichen Forderung gemäß § 116 SGB X zulässig, da es sich um ebenfalls zivilrechtliche Ansprüche des Sozialversicherungsträgers gegen den Schädiger handele. Da die Versicherung des Schädigers an die Klägerin gutgläubig und damit mit befreiender Wirkung nach §§ 412, 407 BGB geleistet habe, stehe der Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin zu. Die Forderungen seien auch gleichwertig und die Aufrechnung scheitere nicht an § 54 Abs.2 und 3 SGB I. Das Sozialgericht vertrat die Auffassung, daß bei Aufrechnungen nach § 116 SGB X keine Pfändungsgrenzen bestehen, weil durch die Pfändungsgrenzen vom Versicherungsträger ansonsten gesetzlich zustehende Ersatzforderungen durch Vereinbarung des Schädigers mit dem Geschädigten nicht realisiert werden könnten. Die in Italien lebende Klägerin werde infolge des Territorialprinzips durch die Nichtzahlung der Rente auch nicht hilfsbedürftig im Sinne des BSHG. Im übrigen entspreche die Aufrechnung auch der Billigkeit, denn die Klägerin habe zusammen mit ihren fünf Kindern 125 Mill. Lire als Schadenersatz erhalten. Für ihren Unterhaltsanspruch sei die Klägerin dadurch bereits entschädigt worden.
Mit der am 17.03.1993 eingelegten Berufung begehrt die Klägerin die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg und der Bescheide der Beklagten sowie die ungekürzte Rentenzahlung. Begründet wurde der Antrag damit, daß der angefochtene Bescheid aus mehreren Gründen rechtswidrig sei. Die Anhörung sei nicht erfolgt und auch nicht wirksam nachgeholt; ungeklärt sei, ob ein Mitverschulden des Versicherten am Unfall vorliege und deshalb § 116 Abs.3 Satz 1 SGB X zur Anwendung kommen müsse. Die italienische Versicherung Generali habe nicht mit befreiender Wirkung geleistet, so daß es an der Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch gemäß § 116 Abs.7 SGB X fehle. Die befreiende Wirkung der Leistungen der Generali werde auch deshalb bestritten, weil nicht bekannt sei, ob die Haftpflichtversicherung im vollen Umfang den Schadensersatzanspruch der Klägerin beglichen habe. Im übrigen sei das Existenzminimum der Klägerin nicht gesichert und die Beklagte deshalb nicht befugt, ihr die Rente zu entziehen. Da die Klägerin hilfebedürftig im Sinne des BSHG werde, könne die Beklagte keinen Erstattungsanspruch geltend machen. Im übrigen habe die Klägerin darauf vertraut, daß ihr neben der Witwenrente die Schadensersatzsumme zustehe. Gegenüber der Beklagten sei die Klägerin ihrer Auskunftspflicht nachgekommen. Im übrigen werde die Einrede der Verjährung geltend gemacht. Weiter wandte der Klägerbevollmächtigte ein, daß die Voraussetzungen für die Aufrechnung gemäß § 51 Abs.1 SGB I nicht vorliegen, da die Beklagte die Grenzen des § 54 Abs.2 und 3 SGB I bzw. ab 1994 die Grenzen der Pfändung von Arbeitseinkommen zu berücksichtigen habe. Bezüglich der Anwendung des § 51 SGB I komme als Rechtsgrundlage nur deutsches Recht für die Berücksichtigung der Grenzen der Aufrechnung in Betracht, es müsse auch den Wanderarbeitnehmern die für das deutsche Sozialrecht geltende Grenze zugutekommen. Die Nichtanwendung der Pfändungsfreigrenzen führe ansonsten zu einer deutlichen Schlechterstellung der italienischen Staatsangehörigen, z.B. im Vergleich der Witwe eines italienischen Unfallopfers mit einem Deutschen, der Leistungen erschlichen hat und trotz des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 SGB X den Schutz der Aufrechnung des § 51 Abs.1 SGB I in Anspruch nehmen könne.
Die Beklagte beantragte, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, und bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Die Schadensersatzzahlung der italienischen Versicherung habe die Klägerin mit befreiender Wirkung gegenüber der Beklagten erhalten, da sie weitere Ansprüche auf Versicherungsleistung von Sozialversicherungsträgern verneint habe. Der Klägerin sei aber bekannt gewesen, daß ihr bislang aus der deutschen Rentenversicherung auf ihren Antrag kein Bescheid erteilt wurde. Gegenüber der italienischen Haftpflichtversicherung habe sie vor Ablauf der Verjährungsfrist ihre Ansprüche geltend gemacht, die sie wegen der befreienden Zahlung an die Klägerin aber nicht habe durchsetzen können. Die Frage eines Vertrauensschutzes stelle sich nicht im Rahmen des § 45 Abs.2 SGB X, sondern nur im Rahmen des § 51 SGB I, Regreßforderungen könnten gegen die laufenden Rentenzahlungen in voller Höhe aufgerechnet werden. Eine Überprüfung im Hinblick auf das Eintreten von Hilfsbedürftigkeit im Sinne des BSHG sei wegen des Wohnsitzes der Klägerin in Italien nicht erforderlich.
Der Klägerbevollmächtigte widersprach dieser Auffassung der Beklagten, denn wenn nach internationalem Privatrecht für den Regreßanspruch bundesdeutsches Recht gelte, müsse auch § 51 SGB I gelten mit der Folge, daß die Aufrechnung nur bis zur Sozialhilfegrenze möglich sei. Für EG-Angehörige müsse gleiches Recht gelten. Der Klägerbevollmächtigte berief sich dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.04.1995 (Az. 5 RJ 12/94). Die Beklagte teilte dazu mit, daß nicht beabsichtigt sei, diesem Urteil zu folgen, da angesichts der begrenzten Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Auszahlung von Schadensersatzanforderungen an ausländische Versicherte, die im Ausland leben, eine ungerechtfertigte Belastung der Solidargemeinschaft eintreten würde. Schadensersatzberechtigte würden durch Verschweigen von Rentenansprüchen gegenüber den Sozialversicherungsträgern doppelte Leistungen beziehen. Die Arbeitsgruppe für zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht beim VDR habe beschlossen, dem genannten Urteil des Bundessozialgerichts für die Fälle des § 116 SGB X nicht zu folgen. Die Beklagte hat die Unterlagen über dieses Besprechungsergebnis vorgelegt. Beigezogen wurden vom Senat Unterlagen vom italienischen Haftpflichtversicherer Generali, die Aufstellung zur Umrechnung der ausländischen Währungen gemäß Art.107 EG-VO 547/72. Beim zuständigen Sozialhilfeträger wurde erfragt, welche Leistungen ein in Italien lebender deutscher Staatsangehöriger nach dem BSHG erhalten würde. Auf Anfrage des Senats teilte der Klägerbevollmächtigte mit, daß die Klägerin weder italienische noch belgische oder Schweizer Pension erhält, lediglich aus Belgien erhalte sie im Dezember eine jährliche Zuwendung von 160.000 Lire. Die Klägerin gab eine Erklärung zu ihren Einkommensverhältnissen ab. Mit Beschluss vom 10.06.1996 bewilligte der Senat Prozeßkostenhilfe und ordnete Rechtsanwältin ... bei.
Die Datenabfrage der Beklagten ergab, daß die Klägerin keine italienische Leistung bezieht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.10.1992, den Bescheid der Beklagten vom 17.11.1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1991 aufzu heben und die Beklagte zu verpflichten, die Witwenrente über den 31.12.1989 hinaus in ungekürzter Höhe zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg und des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf die beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und fristgerecht erhoben, da bei einer nachgewiesenen Zustellung durch das Generalkonsulat am 10.02.1993 die Berufung innerhalb der Dreimonatsfrist bei Wohnort der Klägerin außerhalb des Geltungsbereiches des SGG eingegangen ist (§§ 143, 144, 151 iVm § 153 Abs.1 SGG, vgl. Jens Meyer-Ladewig, SGG, § 151 Anm.6).
Die Berufung erweist sich auch als begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist eine Aufrechnung der Forderung der Beklagten auf Erstattung der vom Haftpflichtversicherer des Unfallschädigers enthaltenen Entschädigungssumme gegen die Witwenrente nach § 51 iVm § 54 SGB I (in der bis 01.07.1994 geltenden Fassung ) im Hinblick auf die Gesamteinkünfte der Klägerin nicht möglich.
Den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten ist zwar nicht zuzustimmen, soweit grundsätzlich eine Regreßforderung der Beklagten gegen die Klägerin wegen des an sie ausgezahlten Entschädigungsbetrages verneint wird. Die Beklagte konnte grundsätzlich auch diese Regreßforderung in der von ihr gewählten Weise durch Verwaltungsakt geltend machen. Die Rechtsgrundlage für das Vorgehen der Beklagten bildet dabei § 116 Abs.1 iVm Abs.7 iVm Art.93 EG-VO 1408/71, so auch zutreffend das Sozialgericht. Nach § 116 Abs.1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz beziehen. Soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe Leistungen erhalten haben, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder dem Träger der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten (§ 116 Abs.7 Satz 1 SGB X). Diese Regelungen des nationalen Rechts gelten nach Art.93 Abs.1 EG-VO 1408/71 auch für Ansprüche des verpflichteten Trägers aufgrund von Schadenersatzansprüchen gegen Dritte nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates aus einem sich im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats eingetretenen Ereignis. Dabei erkennt jeder Mitgliedsstaat den Übergang von Ansprüchen eines Leistungsempfängers gegen den Dritten an (Art.93 Abs.1 Buchst.a VO 1408/71). Entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten ist davon auszugehen, daß die italienische Versicherung Generali an die Klägerin und ihre Kinder mit befreiender Wirkung gemäß § 407 BGB geleistet hat, denn zum Zeitpunkt der Auszahlung haben die Klägerin und ihre Kinder gegenüber der Generali erklärt, keine Sozialleistungen zu beziehen. Der vom Klägerbevollmächtigten gezogene Umkehrschluß, der italienische Haftpflichtversicherer müsse aus der Unterhaltspflicht des Verstorbenen auch Kenntnis vom möglichen Sozialversicherunsanspruch haben, überzeugt nicht, denn Unterhaltsverpflichtung bestünde aus allen Einkommensarten, wenn auch in der Regel ein Beschäftigungsverhältnis Grundlage für die Unterhaltsleistung ist. Der leistende Haftpflichtversicherer hatte auch aus den bekannten Unterlagen keinen Hinweis auf ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten erkennen können. Soweit der Klägerbevollmächtigte diese Umstände mit Nichtwissen bestreitet, kann dies deshalb keine Wirkung im Sinne des § 116 Abs.3 SGB X entfalten. Im übrigen haben die Klägerin und ihre Kinder gegenüber der Generali erklärt, daß mit der geleisteten Abfindungssumme alle Ansprüche abgegolten seien. Der Klägerin mußte klar sein, daß weitere Leistungen der Generali an sie oder andere Begünstigte nicht erfolgen würden. Auch insoweit ergibt der Sachverhalt keine Rechtfertigung des vom Klägerbevollmächtigten Vorgetragenen.
Auch die anderen Voraussetzungen für den Übergang des Anspruchs auf die Beklagte wie die Gleichartigkeit des Schadensersatzes bestehen, da die Klägerin sowohl als Ehefrau Inhaberin des Schadensersatzanspruches gegenüber der Generali war als auch Empfängerin der Hinterbliebenenrente Anspruchsinhaberin der Sozialleistung durch die Beklagte ist. Soweit Schadensersatzansprüche wegen der Beerdigungskosten oder anderer Sachschäden bestanden, sind diese Summen von der Beklagten bei ihrem Anspruch gegenüber der Klägerin nicht berücksichtigt worden. Zur versicherungs-mathematischen Berechnung hat der Klägerbevollmächtigte auch keine wesentlichen Einwendungen gebracht, außer daß er die grundsätzliche Regreßpflicht der Klägerin verneint. Der Schadenersatzanspruch, soweit er aufgrund der Unterhaltsverpflichtung des verstorbenen Versicherten gegenüber der Klägerin besteht, betrifft auch denselben Zeitraum wie die Leistung der Beklagten, da die Beklagte ab dem Tod Hinterbliebenenrente an die Klägerin zu leisten hatte. Auch die zeitliche Anspruchskongruenz ist deshalb gegeben (Kater, KassKomm, § 116 SGB X, Anm.98, 107, 136f). Bezüglich des Teilschadensbetrages von 60.000,- DM ist der Anspruch der Klägerin gegen die Generali bereits zum Zeitpunkt seiner Entstehung auf die Beklagte übergegangen. Da die Voraussetzungen vorliegen, konnte die Beklagte ihren Anspruch gegenüber der Klägerin geltend machen.
Auch wenn die Beklagte vor Erteilung des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes gemäß § 24 Abs.1 SGB X verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin anzuhören und ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, so führt diese unterlassene Anhörung jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides, da ein Widerspruchsverfahren durchgeführt wurde, in dessen Verlauf die Klägerin über die Berechnung aufgeklärt wurde und Gelegenheit zum Vorbringen ihrer Einwendungen hatte. Die Anhörung wurde somit im Widerspruchsbescheid nachgeholt, der Mangel des Verfahrens ist damit geheilt und der Verwaltungsakt nicht nichtig (vgl. KassKomm, Krasney, § 24 SGB X, Anm.33).
Der Verwaltungsakt ist aber deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte zwar ihren Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin geltend machen, sie aber nach den Bestimmungen des § 51 Abs.1 iVm § 54 Abs.2 und 3 SGB I aF nicht in der vorgenommenen Weise aufrechnen durfte. Ähnlich wie das Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 12.04.1995 (5 RJ 12/94 = SozR 3-1200 § 51 SGB I Nr.4) geht der Senat für die Aufrechnung von der Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts aus, da sowohl die Forderung der Beklagten als auch der Anspruch der Klägerin in engem Bezug zum deutschen Recht stehen. Damit ist nach Art.27-30 EGBGB mangels einer Vereinbarung das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist, anzuwenden. Auch die Regelung in Art.93 VO 1408/71 weist den Weg, daß der berechtigte Träger nach seinen Rechtsvorschriften seinen Anspruch geltend machen kann. Damit sind die Voraussetzungen für die Aufrechnung nach deutschem Recht zwar gegeben; die Beklagte konnte aber nur im Rahmen von § 51 SGB I iVm § 54 SGB I aF aufrechnen.
Nach § 51 Abs.1 SGB I (in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 11.12.1975 ) kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs.2 und 3 SGB I pfändbar sind. Die zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten gültige Bestimmung des § 54 Abs.2 und 3 lautete: Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenen Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht (Abs.2). Ansprüche auf laufende Geldleistung können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden 1. wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche, 2. wegen anderer Ansprüche nur, soweit die in Abs.2 genannten Voraussetzungen vorliegen und der Leistungsberechtigte da- durch nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (Abs.3).
Da es sich bei der Hinterbliebenenrente der Klägerin um laufende Geldleistungen handelt, die Pfändung aber nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche, sondern wegen eines Schadenersatzanspruches der Beklagten erfolgt, ist die Aufrechnung nur möglich unter Prüfung der Billigkeit der Aufrechnung und der Voraussetzung, daß die Klägerin nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des BSHG wird.
Bei Prüfung der Billigkeit der Pfändung im Rahmen des § 54 Abs.2 SGB I aF hat die Beklagte unbeachtet gelassen, daß die deutsche Rente die einzige regelmäßige Einkommensquelle der Klägerin darstellt, da Hinterbliebenenrente aus der italienischen Versicherung nach den eigenen Ermittlungen der Beklagten nicht bezahlt wird und die Leistung aus der belgischen Versicherung nur eine einmalige geringe Zahlung darstellt. Unstreitig ist die Versichertengemeinschaft vor dem Verlust von Ansprüchen zu schützen. Trotzdem darf die Beklagte den Versorgungszweck der Hinterbliebenenrente nicht außer Acht lassen, so daß sie zumindest den Gedanken, wie er in § 51 Abs.2 SGB I aF bei der Privilegierung von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen zum Ausdruck kommt, hätte berücksichtigen und im Falle der Klägerin die Hilfebedürftigkeit im Sinne des BSHG prüfen bzw. zumindest eine Begrenzung der Aufrechnung bis zur Hälfte in Erwägung hätte ziehen müssen. Im übrigen ist die Frage der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des BSHG nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Billigkeitsprüfung, sondern auch im Rahmen des § 54 Abs.3 Ziff.2 SGB I aF zu berücksichtigen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, daß die Nationalität oder der Wohnsitz des Sozialleistungsberechtigten eine Ausnahme gestatten, ist diese Auffassung abzulehnen. Der Sinn und Zweck der Hinterbliebenenrente als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts muß auch für Versicherte gelten, die ihren Wohnsitz im Ausland haben oder als ausländische Staatsangehörige Ansprüche erworben haben. Das Bundessozialgericht hat in der genannten Entscheidung vom 12.04.1995 zu Recht darauf hingewiesen, daß der Vollstreckungsschutz des § 54 Abs.3 Nr.2 SGB I aF dem Sozialleistungsberechtigten bei Aufenthalt im Inland unabhängig davon gewährt wird, ob es sich um Deutsche oder Nichtdeutsche handelt. Durch den Wegzug eines Berechtigten in das Ausland werde der verfahrensrechtliche Weg zur Durchsetzung eines Rechts gegen den Sozialleistungsträger nicht beeinflußt, da die inländischen prozessualen Regeln zum Schutz seines Rechts vor unberechtigter Pfändung weiter gelten. Im übrigen legt auch der Grundsatz der EWG-VO eine Gleichbehandlung des Wanderarbeitnehmers und seiner Angehörigen zwingend nahe (§ 51 EWG-Vertrag). Dies gilt als Grundsatz, wenn auch möglicherweise wegen unterschiedlicher Lebensverhältnisse bei Festsetzung der Pfändungs- und Aufrechnungsgrenzen Abweichungen nötig sind. Im Falle der Klägerin ist aber kein Raum für eine Aufrechnung, da der niedrige Rentenbetrag aus der deutschen Rentenversicherung bei fehlenden sonstigen Einkünften weit unter der Summe liegt, die die Klägerin in der Bundesrepublik bzw. ein deutscher Sozialhilfeberechtigter in Italien zum Lebensunterhalt benötigen würde. Wie die Auskunft des Bezirks Schwaben ergibt, liegt der Sozialhilfesatz für einen Deutschen mit Wohnsitz in Italien ebenso hoch wie der Regelsatz in der Bundesrepublik selbst, so daß es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die Lebenshaltungskosten in Italien geringer sind und deshalb die Pfändungsgrenzen niedriger angesetzt werden müßten. Eine genaue Berechnung erübrigt sich im Falle der Klägerin aber, da die monatliche Rente der Klägerin aus der deutschen Versicherung in Höhe eines Zahlungsanspruchs von monatlich 135,30 DM am 01.07.1989 derart gering ist, daß unzweifelhaft Sozialhilfebedürftigkeit besteht, da mit dieser Summe keinesfalls der Lebensunterhalt bestritten werden kann. Die geringe belgische Leistung kann bei der deutlich unter dem Sozialhilfesatz liegenden deutschen Leistung vernachlässigt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten war also eine Aufrechnung nach § 51 iVm § 54 Abs.2 und 3 SGB I aF nicht möglich, so daß der angefochtene Bescheid sich als rechtswidrig erweist und ebenso wie der Wiederspruchsbescheid und das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Ziff.1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Ersatzanspruch der Beklagten nach § 116 SGB X wegen zivilrechtlicher Entschädigung der Witwe durch den Unfallverursacher und die erfolgte Aufrechnung nach § 51 SGB I.
Die am ...1935 geborene Klägerin ist die Witwe des Versicherten ..., geb. am ...1942, gest. am 31.10.1987. Der Versicherte verstarb infolge eines Verkehrsunfalls in Italien. Aus den von der italienischen Haftpflichtversicherung vorgelegten Unfallakten ergibt sich, daß die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers an die Klägerin und ihre Kinder am 21.03.1989 einen Betrag von 125 Mill. Lire als Abfindung ausbezahlte. Die Klägerin und alle ihre Kinder haben durch ihre Unterschrift auf den Unterlagen der italienischen Versicherung erklärt, keinen Anspruch auf jegliche Leistungen von den Körperschaften der Zwangssozialversicherungsträger zu haben. Aus der Ehe der Klägerin mit dem Versicherten stammen die Kinder ... Fortunata, geb. am ...1959, Bruna, geb. am ...1961, Francesco, geb. am ...1966, Giuseppe, geb. am ...1967. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren die Kinder alle volljährig.
In der deutschen Versicherung hat Herr ... von Februar 1966 bis Januar 1976 insgesamt 81 Monate Beiträge bezahlt. Italienische Beitragszeiten wurden vom 17.05.1961 bis 31.12.1982 für insgesamt 170 Wochen zurückgelegt. In Belgien hat der Versicherte 1967 66 Tage Beiträge geleistet. Außerdem scheinen auch schweizerische Zeiten vorhanden zu sein.
Die Witwe beantragte am 27.11.1987 Hinterbliebenenrente beim italienischen Träger. Diesen Antrag übersandte der italienische Träger an die Beklagte. Am 16.01.1989 schickte die Beklagte der Klägerin einen Fragebogen, der nach Mahnung offenbar am 16.03. 1989 bei der Beklagten eingegangen ist. In diesem Fragebogen war die Klägerin aufgefordert, Angaben zum Unfall zu machen, insbesondere wurde nach dem Unfallverursacher, nach der Versicherungsgesellschaft, nach einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren, nach rechtsanwaltschaftlicher Vertretung im Verfahren und nach zivilrechtlichen Entschädigungen gefragt. Die Klägerin gab an, zwischenzeitlich keine zivilrechtliche Entschädigung erhalten zu haben, mit einer Entschädigung aber noch zu rechnen. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 28.05.1989 die Witwenrente ab 31.10.1987. Dabei ergab sich nach Ablauf des Sterbevierteljahres ein monatlicher Zahlbetrag im Januar 1988 von 127,50 DM. Im Bescheid wurde die Klägerin darauf hingewiesen, daß die Leistungspflicht der Beklagten durch Verschulden eines Dritten entstanden sei und deshalb ein Schadenersatzanspruch des Rentenberechtigten insoweit auf die Beklagte übergehe. Die Klägerin sei deshalb verpflichtet, unverzüglich jegliche Gewährung einer zivilrechtlichen Entschädigung anzuzeigen. Mit Schreiben vom 11.07.1989 machte die Beklagte gegenüber der Versicherung Generali ihre Regreßforderung in Höhe von 25.500,- DM geltend. Die italienische Haftpflichtversicherung teilte mit, daß die Hinterbliebenen bereits entschädigt worden seien und bei Auszahlung erklärt hätten, keinen Anspruch auf Leistungen seitens der gesetzlichen Sozialversicherungsträger zu haben. Die Auszahlungsbestätigung vom 21.03.1989, unterzeichnet von der Klägerin und ihren Kindern, wurde in Kopie übersandt.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 17.11.1989 machte die Beklagte gegenüber der Klägerin übergegangene Schadensersatzansprüche geltend und errechnete von der Abfindungssumme einen monatlichen Betrag von mindestens 389,- DM als Entschädigung. In dieser Höhe wurde beginnend ab 01.01.1990 bis 31.03. 2010 gemäß § 51 Abs.1 SGB I gegen die Rentenansprüche aufgerechnet. Die Zahlung der Witwenrente stellte sie mit Ablauf des Monats Dezember 1989 ein. Die Zustellung des Bescheides ist nicht aus den Akten ersichtlich.
Mit Schreiben vom 12.02.1990, eingegangen bei der Beklagten am 19.02.1990, erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid und trug vor, daß die zivilrechtliche Entschädigung mit ihren Kindern nach italienischem Recht geteilt werden mußte und jedes Kind 10 Mill. Lire erhalten habe. Nach Abzug von weiteren Ausgaben in Höhe von 10 Mill. Lire sei ihr selbst nur eine Summe von 55 Mill. geblieben. Von dieser Summe könne sie unmöglich bis zum Lebensende ihr Auskommen bestreiten. Sie bitte, dies zu berücksichtigen. Die Beklagte klärte die Klägerin in Schreiben vom 09.04.1990 und 23.08.1990 über die von ihr vorgenommene Aufrechnung auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.1991 wies die Beklagte den Widerspruch zurück mit der Begründung, der Schadenersatzanspruch der Hinterbliebenen gegen den italienischen Versicherer sei nach § 116 Abs.1 SGB X auf die Beklagte übergegangen. Da der italienische Versicherer aber mit befreiender Wirkung an die Klägerin geleistet habe, bestehe ein Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 116 Abs.7 SGB X iVm Art.93 EWG-VO 1408/71. Nach den anerkannten versicherungs-mathematischen Grundsätzen entspreche ein Unterhaltsschaden der Klägerin in Höhe von 60.000,- DM bei einem Abfindungszeitraum bis 31.03.2010 einem monatlichen Entschädigungsbetrag von 389,- DM. In Höhe dieses monatlichen Entschädigungsbetrages sei die Beklagte berechtigt, nach § 116 Abs.7 SGB X in Höhe des vollen Rentenbetrages aufzurechnen. Insbesondere werde die Aufrechnung nicht durch § 51 Abs.1 SGB I beschränkt, wonach höchstens bis zur Höhe des pfändbaren Betrages nach § 54 SGB I iVm § 850c ZPO der laufenden Rente aufgerechnet werden dürfe. Die Beklagte begründete dies damit, daß andernfalls die Beklagte ihren Anspruch auf die Entschädigungssumme nicht realisieren könnte. Da die Schadenersatzleistungen der Haftpflichtversicherung ebenso wie die Rente der Beklagten Unterhaltsfunktion habe, handele es sich um vergleichbare Leistungen, so daß der Fall der bereits ausgezahlten Schadenersatzleistung vergleichbar sei mit einer Darlehensleistung im Rahmen des § 53 SGB I. Die Einwendungen der Klägerin, sie habe Aufwendungen gehabt, um die Entschädigungssumme überhaupt zu bekommen, und sie könne von dem ihr verbliebenen Anteil nicht leben, führt nach Auffassung der Beklagten zu keiner Änderung der Entscheidung, da bei der Ermittlung des Unterhaltsschadens bereits ein Betrag für Beerdigungs- und Anwaltskosten abgesetzt worden und der Witwe ein höherer Entschädigungsbetrag verblieben sei, als sie zum Lebensunterhalt durch die Rente beanspruchen könnte.
Am 11.04.1991 ist beim Sozialgericht Augsburg ein Klageschriftsatz eingegangen, mit welchem die Klägerin die Weiterzahlung der Rente begehrt.
Die Beklagte räumte ein, daß Ermessenserwägungen zur Höhe der Aufrechnung nicht gemacht worden seien und auch die Anhörung unterblieben sei. Diese Mängel seien allerdings durch das Widerspruchsverfahren geheilt. Durch die angefochtenen Bescheide sei der ursprüngliche Leistungsbescheid nicht aufgehoben, sondern lediglich die dort festgestellten Leistungen mit einem übergegangenen Anspruch in Höhe der Rente aufgerechnet worden. Da es sich also nicht um die Aufhebung eines Bescheides nach §§ 45, 48 SGB X handele, seien in diesem Rahmen Ermessenserwägungen nicht erforderlich gewesen. Bezüglich der Zulässigkeit der Aufrechnung mit übergegangenen Ansprüchen verwies die Beklagte auf ein Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 14.10.1983 (L 6 Ar 448/80).
Mit Urteil vom 22.10.1992 wies das Sozialgericht die Klage ab. Das Sozialgericht bejahte die Zulässigkeit der Klage und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten, da die Beklagte nach § 51 Abs.1 SGB I durch Verwaltungsakt gegen Ansprüche der Klägerin aufgerechnet habe. Diese Aufrechnung sei auch mit der privatrechtlichen Forderung gemäß § 116 SGB X zulässig, da es sich um ebenfalls zivilrechtliche Ansprüche des Sozialversicherungsträgers gegen den Schädiger handele. Da die Versicherung des Schädigers an die Klägerin gutgläubig und damit mit befreiender Wirkung nach §§ 412, 407 BGB geleistet habe, stehe der Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin zu. Die Forderungen seien auch gleichwertig und die Aufrechnung scheitere nicht an § 54 Abs.2 und 3 SGB I. Das Sozialgericht vertrat die Auffassung, daß bei Aufrechnungen nach § 116 SGB X keine Pfändungsgrenzen bestehen, weil durch die Pfändungsgrenzen vom Versicherungsträger ansonsten gesetzlich zustehende Ersatzforderungen durch Vereinbarung des Schädigers mit dem Geschädigten nicht realisiert werden könnten. Die in Italien lebende Klägerin werde infolge des Territorialprinzips durch die Nichtzahlung der Rente auch nicht hilfsbedürftig im Sinne des BSHG. Im übrigen entspreche die Aufrechnung auch der Billigkeit, denn die Klägerin habe zusammen mit ihren fünf Kindern 125 Mill. Lire als Schadenersatz erhalten. Für ihren Unterhaltsanspruch sei die Klägerin dadurch bereits entschädigt worden.
Mit der am 17.03.1993 eingelegten Berufung begehrt die Klägerin die Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg und der Bescheide der Beklagten sowie die ungekürzte Rentenzahlung. Begründet wurde der Antrag damit, daß der angefochtene Bescheid aus mehreren Gründen rechtswidrig sei. Die Anhörung sei nicht erfolgt und auch nicht wirksam nachgeholt; ungeklärt sei, ob ein Mitverschulden des Versicherten am Unfall vorliege und deshalb § 116 Abs.3 Satz 1 SGB X zur Anwendung kommen müsse. Die italienische Versicherung Generali habe nicht mit befreiender Wirkung geleistet, so daß es an der Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch gemäß § 116 Abs.7 SGB X fehle. Die befreiende Wirkung der Leistungen der Generali werde auch deshalb bestritten, weil nicht bekannt sei, ob die Haftpflichtversicherung im vollen Umfang den Schadensersatzanspruch der Klägerin beglichen habe. Im übrigen sei das Existenzminimum der Klägerin nicht gesichert und die Beklagte deshalb nicht befugt, ihr die Rente zu entziehen. Da die Klägerin hilfebedürftig im Sinne des BSHG werde, könne die Beklagte keinen Erstattungsanspruch geltend machen. Im übrigen habe die Klägerin darauf vertraut, daß ihr neben der Witwenrente die Schadensersatzsumme zustehe. Gegenüber der Beklagten sei die Klägerin ihrer Auskunftspflicht nachgekommen. Im übrigen werde die Einrede der Verjährung geltend gemacht. Weiter wandte der Klägerbevollmächtigte ein, daß die Voraussetzungen für die Aufrechnung gemäß § 51 Abs.1 SGB I nicht vorliegen, da die Beklagte die Grenzen des § 54 Abs.2 und 3 SGB I bzw. ab 1994 die Grenzen der Pfändung von Arbeitseinkommen zu berücksichtigen habe. Bezüglich der Anwendung des § 51 SGB I komme als Rechtsgrundlage nur deutsches Recht für die Berücksichtigung der Grenzen der Aufrechnung in Betracht, es müsse auch den Wanderarbeitnehmern die für das deutsche Sozialrecht geltende Grenze zugutekommen. Die Nichtanwendung der Pfändungsfreigrenzen führe ansonsten zu einer deutlichen Schlechterstellung der italienischen Staatsangehörigen, z.B. im Vergleich der Witwe eines italienischen Unfallopfers mit einem Deutschen, der Leistungen erschlichen hat und trotz des fehlenden Vertrauensschutzes nach § 45 SGB X den Schutz der Aufrechnung des § 51 Abs.1 SGB I in Anspruch nehmen könne.
Die Beklagte beantragte, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, und bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Die Schadensersatzzahlung der italienischen Versicherung habe die Klägerin mit befreiender Wirkung gegenüber der Beklagten erhalten, da sie weitere Ansprüche auf Versicherungsleistung von Sozialversicherungsträgern verneint habe. Der Klägerin sei aber bekannt gewesen, daß ihr bislang aus der deutschen Rentenversicherung auf ihren Antrag kein Bescheid erteilt wurde. Gegenüber der italienischen Haftpflichtversicherung habe sie vor Ablauf der Verjährungsfrist ihre Ansprüche geltend gemacht, die sie wegen der befreienden Zahlung an die Klägerin aber nicht habe durchsetzen können. Die Frage eines Vertrauensschutzes stelle sich nicht im Rahmen des § 45 Abs.2 SGB X, sondern nur im Rahmen des § 51 SGB I, Regreßforderungen könnten gegen die laufenden Rentenzahlungen in voller Höhe aufgerechnet werden. Eine Überprüfung im Hinblick auf das Eintreten von Hilfsbedürftigkeit im Sinne des BSHG sei wegen des Wohnsitzes der Klägerin in Italien nicht erforderlich.
Der Klägerbevollmächtigte widersprach dieser Auffassung der Beklagten, denn wenn nach internationalem Privatrecht für den Regreßanspruch bundesdeutsches Recht gelte, müsse auch § 51 SGB I gelten mit der Folge, daß die Aufrechnung nur bis zur Sozialhilfegrenze möglich sei. Für EG-Angehörige müsse gleiches Recht gelten. Der Klägerbevollmächtigte berief sich dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.04.1995 (Az. 5 RJ 12/94). Die Beklagte teilte dazu mit, daß nicht beabsichtigt sei, diesem Urteil zu folgen, da angesichts der begrenzten Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Auszahlung von Schadensersatzanforderungen an ausländische Versicherte, die im Ausland leben, eine ungerechtfertigte Belastung der Solidargemeinschaft eintreten würde. Schadensersatzberechtigte würden durch Verschweigen von Rentenansprüchen gegenüber den Sozialversicherungsträgern doppelte Leistungen beziehen. Die Arbeitsgruppe für zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht beim VDR habe beschlossen, dem genannten Urteil des Bundessozialgerichts für die Fälle des § 116 SGB X nicht zu folgen. Die Beklagte hat die Unterlagen über dieses Besprechungsergebnis vorgelegt. Beigezogen wurden vom Senat Unterlagen vom italienischen Haftpflichtversicherer Generali, die Aufstellung zur Umrechnung der ausländischen Währungen gemäß Art.107 EG-VO 547/72. Beim zuständigen Sozialhilfeträger wurde erfragt, welche Leistungen ein in Italien lebender deutscher Staatsangehöriger nach dem BSHG erhalten würde. Auf Anfrage des Senats teilte der Klägerbevollmächtigte mit, daß die Klägerin weder italienische noch belgische oder Schweizer Pension erhält, lediglich aus Belgien erhalte sie im Dezember eine jährliche Zuwendung von 160.000 Lire. Die Klägerin gab eine Erklärung zu ihren Einkommensverhältnissen ab. Mit Beschluss vom 10.06.1996 bewilligte der Senat Prozeßkostenhilfe und ordnete Rechtsanwältin ... bei.
Die Datenabfrage der Beklagten ergab, daß die Klägerin keine italienische Leistung bezieht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.10.1992, den Bescheid der Beklagten vom 17.11.1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.03.1991 aufzu heben und die Beklagte zu verpflichten, die Witwenrente über den 31.12.1989 hinaus in ungekürzter Höhe zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Augsburg und des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf die beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und fristgerecht erhoben, da bei einer nachgewiesenen Zustellung durch das Generalkonsulat am 10.02.1993 die Berufung innerhalb der Dreimonatsfrist bei Wohnort der Klägerin außerhalb des Geltungsbereiches des SGG eingegangen ist (§§ 143, 144, 151 iVm § 153 Abs.1 SGG, vgl. Jens Meyer-Ladewig, SGG, § 151 Anm.6).
Die Berufung erweist sich auch als begründet. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist eine Aufrechnung der Forderung der Beklagten auf Erstattung der vom Haftpflichtversicherer des Unfallschädigers enthaltenen Entschädigungssumme gegen die Witwenrente nach § 51 iVm § 54 SGB I (in der bis 01.07.1994 geltenden Fassung ) im Hinblick auf die Gesamteinkünfte der Klägerin nicht möglich.
Den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten ist zwar nicht zuzustimmen, soweit grundsätzlich eine Regreßforderung der Beklagten gegen die Klägerin wegen des an sie ausgezahlten Entschädigungsbetrages verneint wird. Die Beklagte konnte grundsätzlich auch diese Regreßforderung in der von ihr gewählten Weise durch Verwaltungsakt geltend machen. Die Rechtsgrundlage für das Vorgehen der Beklagten bildet dabei § 116 Abs.1 iVm Abs.7 iVm Art.93 EG-VO 1408/71, so auch zutreffend das Sozialgericht. Nach § 116 Abs.1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadenersatz beziehen. Soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe Leistungen erhalten haben, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder dem Träger der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten (§ 116 Abs.7 Satz 1 SGB X). Diese Regelungen des nationalen Rechts gelten nach Art.93 Abs.1 EG-VO 1408/71 auch für Ansprüche des verpflichteten Trägers aufgrund von Schadenersatzansprüchen gegen Dritte nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates aus einem sich im Gebiet eines anderen Mitgliedsstaats eingetretenen Ereignis. Dabei erkennt jeder Mitgliedsstaat den Übergang von Ansprüchen eines Leistungsempfängers gegen den Dritten an (Art.93 Abs.1 Buchst.a VO 1408/71). Entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten ist davon auszugehen, daß die italienische Versicherung Generali an die Klägerin und ihre Kinder mit befreiender Wirkung gemäß § 407 BGB geleistet hat, denn zum Zeitpunkt der Auszahlung haben die Klägerin und ihre Kinder gegenüber der Generali erklärt, keine Sozialleistungen zu beziehen. Der vom Klägerbevollmächtigten gezogene Umkehrschluß, der italienische Haftpflichtversicherer müsse aus der Unterhaltspflicht des Verstorbenen auch Kenntnis vom möglichen Sozialversicherunsanspruch haben, überzeugt nicht, denn Unterhaltsverpflichtung bestünde aus allen Einkommensarten, wenn auch in der Regel ein Beschäftigungsverhältnis Grundlage für die Unterhaltsleistung ist. Der leistende Haftpflichtversicherer hatte auch aus den bekannten Unterlagen keinen Hinweis auf ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten erkennen können. Soweit der Klägerbevollmächtigte diese Umstände mit Nichtwissen bestreitet, kann dies deshalb keine Wirkung im Sinne des § 116 Abs.3 SGB X entfalten. Im übrigen haben die Klägerin und ihre Kinder gegenüber der Generali erklärt, daß mit der geleisteten Abfindungssumme alle Ansprüche abgegolten seien. Der Klägerin mußte klar sein, daß weitere Leistungen der Generali an sie oder andere Begünstigte nicht erfolgen würden. Auch insoweit ergibt der Sachverhalt keine Rechtfertigung des vom Klägerbevollmächtigten Vorgetragenen.
Auch die anderen Voraussetzungen für den Übergang des Anspruchs auf die Beklagte wie die Gleichartigkeit des Schadensersatzes bestehen, da die Klägerin sowohl als Ehefrau Inhaberin des Schadensersatzanspruches gegenüber der Generali war als auch Empfängerin der Hinterbliebenenrente Anspruchsinhaberin der Sozialleistung durch die Beklagte ist. Soweit Schadensersatzansprüche wegen der Beerdigungskosten oder anderer Sachschäden bestanden, sind diese Summen von der Beklagten bei ihrem Anspruch gegenüber der Klägerin nicht berücksichtigt worden. Zur versicherungs-mathematischen Berechnung hat der Klägerbevollmächtigte auch keine wesentlichen Einwendungen gebracht, außer daß er die grundsätzliche Regreßpflicht der Klägerin verneint. Der Schadenersatzanspruch, soweit er aufgrund der Unterhaltsverpflichtung des verstorbenen Versicherten gegenüber der Klägerin besteht, betrifft auch denselben Zeitraum wie die Leistung der Beklagten, da die Beklagte ab dem Tod Hinterbliebenenrente an die Klägerin zu leisten hatte. Auch die zeitliche Anspruchskongruenz ist deshalb gegeben (Kater, KassKomm, § 116 SGB X, Anm.98, 107, 136f). Bezüglich des Teilschadensbetrages von 60.000,- DM ist der Anspruch der Klägerin gegen die Generali bereits zum Zeitpunkt seiner Entstehung auf die Beklagte übergegangen. Da die Voraussetzungen vorliegen, konnte die Beklagte ihren Anspruch gegenüber der Klägerin geltend machen.
Auch wenn die Beklagte vor Erteilung des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes gemäß § 24 Abs.1 SGB X verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin anzuhören und ihr Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, so führt diese unterlassene Anhörung jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides, da ein Widerspruchsverfahren durchgeführt wurde, in dessen Verlauf die Klägerin über die Berechnung aufgeklärt wurde und Gelegenheit zum Vorbringen ihrer Einwendungen hatte. Die Anhörung wurde somit im Widerspruchsbescheid nachgeholt, der Mangel des Verfahrens ist damit geheilt und der Verwaltungsakt nicht nichtig (vgl. KassKomm, Krasney, § 24 SGB X, Anm.33).
Der Verwaltungsakt ist aber deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Beklagte zwar ihren Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin geltend machen, sie aber nach den Bestimmungen des § 51 Abs.1 iVm § 54 Abs.2 und 3 SGB I aF nicht in der vorgenommenen Weise aufrechnen durfte. Ähnlich wie das Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 12.04.1995 (5 RJ 12/94 = SozR 3-1200 § 51 SGB I Nr.4) geht der Senat für die Aufrechnung von der Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts aus, da sowohl die Forderung der Beklagten als auch der Anspruch der Klägerin in engem Bezug zum deutschen Recht stehen. Damit ist nach Art.27-30 EGBGB mangels einer Vereinbarung das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engsten Verbindungen aufweist, anzuwenden. Auch die Regelung in Art.93 VO 1408/71 weist den Weg, daß der berechtigte Träger nach seinen Rechtsvorschriften seinen Anspruch geltend machen kann. Damit sind die Voraussetzungen für die Aufrechnung nach deutschem Recht zwar gegeben; die Beklagte konnte aber nur im Rahmen von § 51 SGB I iVm § 54 SGB I aF aufrechnen.
Nach § 51 Abs.1 SGB I (in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes vom 11.12.1975 ) kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs.2 und 3 SGB I pfändbar sind. Die zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten gültige Bestimmung des § 54 Abs.2 und 3 lautete: Ansprüche auf einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenen Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht (Abs.2). Ansprüche auf laufende Geldleistung können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden 1. wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche, 2. wegen anderer Ansprüche nur, soweit die in Abs.2 genannten Voraussetzungen vorliegen und der Leistungsberechtigte da- durch nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Bundessozialhilfegesetzes über die Hilfe zum Lebensunterhalt wird (Abs.3).
Da es sich bei der Hinterbliebenenrente der Klägerin um laufende Geldleistungen handelt, die Pfändung aber nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche, sondern wegen eines Schadenersatzanspruches der Beklagten erfolgt, ist die Aufrechnung nur möglich unter Prüfung der Billigkeit der Aufrechnung und der Voraussetzung, daß die Klägerin nicht hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des BSHG wird.
Bei Prüfung der Billigkeit der Pfändung im Rahmen des § 54 Abs.2 SGB I aF hat die Beklagte unbeachtet gelassen, daß die deutsche Rente die einzige regelmäßige Einkommensquelle der Klägerin darstellt, da Hinterbliebenenrente aus der italienischen Versicherung nach den eigenen Ermittlungen der Beklagten nicht bezahlt wird und die Leistung aus der belgischen Versicherung nur eine einmalige geringe Zahlung darstellt. Unstreitig ist die Versichertengemeinschaft vor dem Verlust von Ansprüchen zu schützen. Trotzdem darf die Beklagte den Versorgungszweck der Hinterbliebenenrente nicht außer Acht lassen, so daß sie zumindest den Gedanken, wie er in § 51 Abs.2 SGB I aF bei der Privilegierung von zu Unrecht erbrachten Sozialleistungen zum Ausdruck kommt, hätte berücksichtigen und im Falle der Klägerin die Hilfebedürftigkeit im Sinne des BSHG prüfen bzw. zumindest eine Begrenzung der Aufrechnung bis zur Hälfte in Erwägung hätte ziehen müssen. Im übrigen ist die Frage der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des BSHG nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Billigkeitsprüfung, sondern auch im Rahmen des § 54 Abs.3 Ziff.2 SGB I aF zu berücksichtigen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, daß die Nationalität oder der Wohnsitz des Sozialleistungsberechtigten eine Ausnahme gestatten, ist diese Auffassung abzulehnen. Der Sinn und Zweck der Hinterbliebenenrente als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts muß auch für Versicherte gelten, die ihren Wohnsitz im Ausland haben oder als ausländische Staatsangehörige Ansprüche erworben haben. Das Bundessozialgericht hat in der genannten Entscheidung vom 12.04.1995 zu Recht darauf hingewiesen, daß der Vollstreckungsschutz des § 54 Abs.3 Nr.2 SGB I aF dem Sozialleistungsberechtigten bei Aufenthalt im Inland unabhängig davon gewährt wird, ob es sich um Deutsche oder Nichtdeutsche handelt. Durch den Wegzug eines Berechtigten in das Ausland werde der verfahrensrechtliche Weg zur Durchsetzung eines Rechts gegen den Sozialleistungsträger nicht beeinflußt, da die inländischen prozessualen Regeln zum Schutz seines Rechts vor unberechtigter Pfändung weiter gelten. Im übrigen legt auch der Grundsatz der EWG-VO eine Gleichbehandlung des Wanderarbeitnehmers und seiner Angehörigen zwingend nahe (§ 51 EWG-Vertrag). Dies gilt als Grundsatz, wenn auch möglicherweise wegen unterschiedlicher Lebensverhältnisse bei Festsetzung der Pfändungs- und Aufrechnungsgrenzen Abweichungen nötig sind. Im Falle der Klägerin ist aber kein Raum für eine Aufrechnung, da der niedrige Rentenbetrag aus der deutschen Rentenversicherung bei fehlenden sonstigen Einkünften weit unter der Summe liegt, die die Klägerin in der Bundesrepublik bzw. ein deutscher Sozialhilfeberechtigter in Italien zum Lebensunterhalt benötigen würde. Wie die Auskunft des Bezirks Schwaben ergibt, liegt der Sozialhilfesatz für einen Deutschen mit Wohnsitz in Italien ebenso hoch wie der Regelsatz in der Bundesrepublik selbst, so daß es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die Lebenshaltungskosten in Italien geringer sind und deshalb die Pfändungsgrenzen niedriger angesetzt werden müßten. Eine genaue Berechnung erübrigt sich im Falle der Klägerin aber, da die monatliche Rente der Klägerin aus der deutschen Versicherung in Höhe eines Zahlungsanspruchs von monatlich 135,30 DM am 01.07.1989 derart gering ist, daß unzweifelhaft Sozialhilfebedürftigkeit besteht, da mit dieser Summe keinesfalls der Lebensunterhalt bestritten werden kann. Die geringe belgische Leistung kann bei der deutlich unter dem Sozialhilfesatz liegenden deutschen Leistung vernachlässigt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten war also eine Aufrechnung nach § 51 iVm § 54 Abs.2 und 3 SGB I aF nicht möglich, so daß der angefochtene Bescheid sich als rechtswidrig erweist und ebenso wie der Wiederspruchsbescheid und das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 Ziff.1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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