Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 820/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 196/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. März 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die am 1941 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war insbesondere als Spülerin, Näherin, Lagerarbeiterin und Haushaltshilfe bis 31.01.1998 beschäftigt. Anschließend war sie arbeitslos und konnte nicht wieder in das Arbeitsleben eingegliedert werden.
Am 03.01.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diese ließ sie durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr.L. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 15.02.2000 ein chronisches therapieresistentes Lendenwirbelsäulensyndrom mit Nervenwurzelreiz, eine Funktionsbehinderung der rechten Hand durch Schädigung des Medianusnervs am Handgelenk und Muskelansatzentzündung an beiden Ellenbogen, eine Sehschwäche mit Gesichtsfeldeinschränkung rechts sowie medikamentös eingestellten Bluthochdruck und medikamentös stabilisiertes Lungenasthma feststellte. Insbesondere wegen der schwergradigen und therapieresistenten Rückenbeschwerden mit Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und den Schäden an der rechten Hand seien der Klägerin nur noch täglich leichte Arbeiten unter zweistündig zuzumuten.
Mit Bescheid vom 13.04.2000 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, dass die Klägerin seit 07.07.1998 zwar erwerbsunfähig im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seien jedoch nicht erfüllt. Insbesondere sei die Zeit vom Januar 1984 bis Dezember 1996 nicht mit Beitragszeiten oder Anwartschaftserhaltungszeiten belegt und im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 07.07.1993 bis 06.07.1998 seien lediglich für 19 Monate Pflichtbeiträge entrichtet.
Dagegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Die Beklagte hat einen ärztlichen Befundbericht des Orthopäden Dr.B. vom 31.01.2000 mit Unterlagen zur Kranken- geschichte sowie einen Auszug aus der Leistungskartei der Deutschen Angestelltenkrankenkasse beigezogen und Dr.G. vom Sozialärztlichen Dienst zur Frage des Eintretens des Leistungsfalles befragt, insbesondere dazu, welches Leistungsvermögen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit zum 07.07.1998 vorgelegen habe. In ihrer Stellungnahme vom 18.07.2000 führte Dr.G. aus, dass sich aus den verfügbaren medizinischen Unterlagen keine Hinweise für ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch nach Eintreten der Arbeitsunfähigkeit im Juli 1998 ergeben würden. Dazu wies die Klägerin darauf hin, dass sie vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes aufgrund einer Untersuchung vom 28.01. 2000 noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in Tagschicht in temperierten Räumen mit leichten Arbeiten in der Lage beurteilt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.11. 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei bereits seit 07.07.1998 erwerbsunfähig und habe deshalb keinen Rentenanspruch, da zu dieser Zeit die besonderen beitragsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt seien.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben, mit der sie weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt. Zwar sei am 07.07.1998 Arbeitsunfähigkeit eingetreten, dabei sei jedoch von einem vorübergehenden Zeitraum auszugehen. So sei ihr in der Zeit vom 14.12.1998 bis 09.01. 1999 durch die DAK Kempten ein Heilverfahren gewährt und sie aufgrund des Ergebnisses der Reha-Maßnahme auch nicht von der Krankenkasse zu einem Rentenantrag aufgefordert worden. Es sei deshalb frühestens zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit eingetreten.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt und anschließend die Ärztin für Orthopädie und Rheumatologie Dr.N. mit einem Gutachten zum Leistungsvermögen der Klägerin beauftragt, das sie am 25.06.2001 erstattet hat. Darin hat sie als Gesundheitsstörungen ein Fibromyalgiesyndrom, eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei fortgeschrittenen Aufbraucherscheinungen in mehreren Segmenten und Wirbelgleiten zwischen dem 2. und 3. Lendenwirbelkörper sowie Funktionsbehinderung der rechten Hand nach viermaliger Operation eines Carpaltunnelsyndroms festgestellt. Ein Nervenwurzelreizsyndrom sei bei ihrer Untersuchung nicht festzustellen gewesen. Mit Rücksicht darauf seien der Klägerin noch leichte Arbeiten in geschlossenen temperierten Räumen ohne Zwangshaltungen und ohne besondere Anforderungen an die Kraft oder Feinmotorik der rechten Hand zuzumuten. Als Haushaltshilfe oder Lagerarbeiterin sei die Klägerin noch sechs bis acht Stunden täglich einsetzbar. Eine Tätigkeit als Näherin käme wegen der ausschließlich sitzenden Körperhaltung ebensowenig in Betracht wie die einer Spülerin, die ausschließlich im Stehen mit vorn übergeneigter Haltung zu verrichten sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin jedoch noch sechs bis acht Stunden als Botin oder einfache Pförtnerin einsetzbar. Das Leistungsbild bestehe in der Vergangenheit unverändert. Es handele sich um einen Dauerzustand. Dazu hat Frau Dr.N. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2001 ausgeführt, dass Dr.N. im Wesentlichen die Feststellungen des Vorgutachters Dr.L. bestätige und lediglich zu einer wesentlich günstigeren Einschätzung des Restleistungsvermögens komme. In Anbetracht der Vorbefunde gehe sie jedoch unverändert von einer rentenrelevanten Leistungsminderung bereits ab Juli 1998 aus.
Nach Einholung eines Befundberichts des Augenarztes Dr.J. vom 26.09.2001 hat das Sozialgericht von Dr.L. ein augenärztliches Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin vom 30.11.2001 erstatten lassen. Als Gesundheitsstörungen hat dieser eine Linsenlosigkeit mit Kunstlinsen beidseits, rechts eine erhebliche Herabsetzung der Sehleistung auf 1/50 mit deutlichen Gesichtsausfällen, links eine herabgesetzte Sehleistung auf 0,3 mit Gesichtsfeldeinschränkung festgestellt. Mit Rücksicht darauf seien der Klägerin ab 30.07.2001 nur noch Arbeiten von mindestens vier Stunden täglich möglich und ab dem Untersuchungszeitpunkt - dem 21.11.2001 - sei sie wegen einer weiter reduzierten Sehleistung von rechts 0,02 und links 0,25 mit Gesichtsfeldausfällen nur noch an Arbeitsplätzen für Sehschwache einsetzbar. Zudem bestehe eine erhebliche Orientierungsproblematik im Straßenverkehr, so dass aus Sicherheitsgründen eine Begleitperson zweckmäßig sei. Dazu hat Frau Dr.N. in ihrer weiteren Stellungnahme für die Beklagte vom 07.01.2002 ausgeführt, von Seiten des orthopädischen Fachgebietes habe die im Heilverfahren im Rheumazentrum O. festgestellte Nervenwurzelreizsymptomatik Mitte Juni 2001 durch Dr.N. nicht mehr festgestellt werden können; zwischenzeitlich verschlechtert habe sich jedoch die Beschwerdesymptomatik im Januar 2000 als das Vollbild eines Fibromyalgiesyndromes festgestellt worden sei. Im Jahre 2001 habe sich zusätzlich das Sehvermögen zunehmend deutlich verschlechtert, so dass aufgrund des Augenbefundes sicherlich bereits ab Mitte 2001 von einer zeitlichen Leistungsminderung ausgegangen werden müsse. Dennnoch bleibe von Seiten des orthopädischen Fachgebietes das Leistungsvermögen der Klägerin bereits ab Eintreten von Arbeitsunfähigkeit im Juli 1998 auf unter zweistündig gesunken.
Die Klägerin weist dagegen darauf hin, dass sie anläßlich einer Untersuchung durch den Arbeitsamtsarzt Dr.H. vom 28.01. 2000 noch zu leichten Arbeiten vollschichtig in Tagschicht in temperierten Räumen im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und ohne Kraftarbeiten oder Fingerfeinarbeiten der rechten Hand in der Lage beurteilt worden sei. Seinerzeit sei auch ihr behandelnder Orthopäde Dr.B. in seiner für das Arbeitsamt erstatteten Bescheinigung vom 03.01.2000 von einer prinzipiell bestehenden Arbeitsfähigkeit ausgegangen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14. März 2002 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin ab 01.08.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren. Der Leistungsfall sei entgegen der Ansicht der Beklagten erst im Juli 2001 eingetreten, wie sich aus der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens durch die Dres.N. und L. ergebe. Die von Dr.L. in seinem Gutachten vom 15.02.2000 festgestellten Gesundheitsstörungen rechtfertigten, wie sich aus dem Gutachten von Dr.N. ergebe, die von Dr.L. angenommene zeitliche Leistungseinschränkung nicht.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass die von Dr.L. getroffene Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin mit der Folge, dass der Leistungsfall bereits im Juli 1998 eingetreten sei, durch das Sachverständigengutachten der Dr.N. nicht widerlegt sei. Der von ihr festgesetzte Zeitpunkt des Leistungsfalles der Erwerbsunfähigkeit im Juli 1998 sei deshalb richtig, mit der Folge, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit habe, da zu diesem Zeitpunkt die besonderen beitragsrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht erfüllt gewesen seien.
Die Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2002 insoweit aufzuheben, als sie zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit verurteilt worden sei und die Klage gegen den Bescheid vom 13.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2000 abzuweisen.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2002 zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Augsburg, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, da das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2002 nicht zu beanstanden ist.
Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts an und sieht deshalb insoweit von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der geltenden Rechtslage entschieden.
Anhaltspunkte, das vom Sozialgericht Augsburg seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ergebnis der Beweisaufnahme zu bezweifeln, bestehen für den Senat nicht. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Klägerin auf orthopädischem und augenärztlichem Fachgebiet begutachtet worden. Dabei kommt von Seiten des orthopädischen Fachgebietes die befragte Sachverständige Dr.N. zu dem Ergebnis, dass der Klägerin noch eine tägliche Erwerbstätigkeit von sechs bis acht Stunden zuzumuten sei, was keine zeitliche Einschränkung darstellt, da das von ihr angenommene Höchstmaß von acht Stunden einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Von Seiten des orthopädischen Fachgebietes erscheint die Klägerin daher nicht in rentenberechtigendem Grade in ihrem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt. Ebenso hat Dr.H. für das Arbeitsamt noch im Januar 2000 die Klägerin zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage beurteilt. In diesem Zusammenhang erscheint dem Senat auch von Bedeutung, dass die Spezialsprechstunde für Wirbelsäule des Universitätsklinikums U. aufgrund der Vorstellung der Klägerin vom 28.04.1999 lediglich eine chronische therapieresistente Lumboischialgie beidseits bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule festgestellt hatte und seinerzeit lediglich eine konservative Behandlung und keinerlei Operationsindikation oder erhebliche neurologische Ausfälle feststellen konnte. In Anbetracht dieser Gesamtumstände erscheint dem Senat die von Dr.L. getroffene Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin nicht durch die objektiven Befunde begründbar. Nach der auch für den Senat überzeugenden Beurteilung der ärztlichen Sachverständigen ist die Klägerin daher erst durch die von Seiten des augenärztlichen Fachgebietes zu einem späteren Zeitpunkt festgestellten Gesundheitsstörungen in ihrem beruflichen Leistungsvermögen in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt, wie es das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die am 1941 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Sie war insbesondere als Spülerin, Näherin, Lagerarbeiterin und Haushaltshilfe bis 31.01.1998 beschäftigt. Anschließend war sie arbeitslos und konnte nicht wieder in das Arbeitsleben eingegliedert werden.
Am 03.01.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Diese ließ sie durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr.L. untersuchen, der in seinem Gutachten vom 15.02.2000 ein chronisches therapieresistentes Lendenwirbelsäulensyndrom mit Nervenwurzelreiz, eine Funktionsbehinderung der rechten Hand durch Schädigung des Medianusnervs am Handgelenk und Muskelansatzentzündung an beiden Ellenbogen, eine Sehschwäche mit Gesichtsfeldeinschränkung rechts sowie medikamentös eingestellten Bluthochdruck und medikamentös stabilisiertes Lungenasthma feststellte. Insbesondere wegen der schwergradigen und therapieresistenten Rückenbeschwerden mit Funktionseinschränkung der Wirbelsäule und den Schäden an der rechten Hand seien der Klägerin nur noch täglich leichte Arbeiten unter zweistündig zuzumuten.
Mit Bescheid vom 13.04.2000 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab mit der Begründung, dass die Klägerin seit 07.07.1998 zwar erwerbsunfähig im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seien jedoch nicht erfüllt. Insbesondere sei die Zeit vom Januar 1984 bis Dezember 1996 nicht mit Beitragszeiten oder Anwartschaftserhaltungszeiten belegt und im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 07.07.1993 bis 06.07.1998 seien lediglich für 19 Monate Pflichtbeiträge entrichtet.
Dagegen hat die Klägerin Widerspruch eingelegt. Die Beklagte hat einen ärztlichen Befundbericht des Orthopäden Dr.B. vom 31.01.2000 mit Unterlagen zur Kranken- geschichte sowie einen Auszug aus der Leistungskartei der Deutschen Angestelltenkrankenkasse beigezogen und Dr.G. vom Sozialärztlichen Dienst zur Frage des Eintretens des Leistungsfalles befragt, insbesondere dazu, welches Leistungsvermögen nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit zum 07.07.1998 vorgelegen habe. In ihrer Stellungnahme vom 18.07.2000 führte Dr.G. aus, dass sich aus den verfügbaren medizinischen Unterlagen keine Hinweise für ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch nach Eintreten der Arbeitsunfähigkeit im Juli 1998 ergeben würden. Dazu wies die Klägerin darauf hin, dass sie vom Ärztlichen Dienst des Arbeitsamtes aufgrund einer Untersuchung vom 28.01. 2000 noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in Tagschicht in temperierten Räumen mit leichten Arbeiten in der Lage beurteilt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.11. 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei bereits seit 07.07.1998 erwerbsunfähig und habe deshalb keinen Rentenanspruch, da zu dieser Zeit die besonderen beitragsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt seien.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben, mit der sie weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt. Zwar sei am 07.07.1998 Arbeitsunfähigkeit eingetreten, dabei sei jedoch von einem vorübergehenden Zeitraum auszugehen. So sei ihr in der Zeit vom 14.12.1998 bis 09.01. 1999 durch die DAK Kempten ein Heilverfahren gewährt und sie aufgrund des Ergebnisses der Reha-Maßnahme auch nicht von der Krankenkasse zu einem Rentenantrag aufgefordert worden. Es sei deshalb frühestens zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung der Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit eingetreten.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt und anschließend die Ärztin für Orthopädie und Rheumatologie Dr.N. mit einem Gutachten zum Leistungsvermögen der Klägerin beauftragt, das sie am 25.06.2001 erstattet hat. Darin hat sie als Gesundheitsstörungen ein Fibromyalgiesyndrom, eine Minderbelastbarkeit der Wirbelsäule bei fortgeschrittenen Aufbraucherscheinungen in mehreren Segmenten und Wirbelgleiten zwischen dem 2. und 3. Lendenwirbelkörper sowie Funktionsbehinderung der rechten Hand nach viermaliger Operation eines Carpaltunnelsyndroms festgestellt. Ein Nervenwurzelreizsyndrom sei bei ihrer Untersuchung nicht festzustellen gewesen. Mit Rücksicht darauf seien der Klägerin noch leichte Arbeiten in geschlossenen temperierten Räumen ohne Zwangshaltungen und ohne besondere Anforderungen an die Kraft oder Feinmotorik der rechten Hand zuzumuten. Als Haushaltshilfe oder Lagerarbeiterin sei die Klägerin noch sechs bis acht Stunden täglich einsetzbar. Eine Tätigkeit als Näherin käme wegen der ausschließlich sitzenden Körperhaltung ebensowenig in Betracht wie die einer Spülerin, die ausschließlich im Stehen mit vorn übergeneigter Haltung zu verrichten sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin jedoch noch sechs bis acht Stunden als Botin oder einfache Pförtnerin einsetzbar. Das Leistungsbild bestehe in der Vergangenheit unverändert. Es handele sich um einen Dauerzustand. Dazu hat Frau Dr.N. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 31.08.2001 ausgeführt, dass Dr.N. im Wesentlichen die Feststellungen des Vorgutachters Dr.L. bestätige und lediglich zu einer wesentlich günstigeren Einschätzung des Restleistungsvermögens komme. In Anbetracht der Vorbefunde gehe sie jedoch unverändert von einer rentenrelevanten Leistungsminderung bereits ab Juli 1998 aus.
Nach Einholung eines Befundberichts des Augenarztes Dr.J. vom 26.09.2001 hat das Sozialgericht von Dr.L. ein augenärztliches Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen der Klägerin vom 30.11.2001 erstatten lassen. Als Gesundheitsstörungen hat dieser eine Linsenlosigkeit mit Kunstlinsen beidseits, rechts eine erhebliche Herabsetzung der Sehleistung auf 1/50 mit deutlichen Gesichtsausfällen, links eine herabgesetzte Sehleistung auf 0,3 mit Gesichtsfeldeinschränkung festgestellt. Mit Rücksicht darauf seien der Klägerin ab 30.07.2001 nur noch Arbeiten von mindestens vier Stunden täglich möglich und ab dem Untersuchungszeitpunkt - dem 21.11.2001 - sei sie wegen einer weiter reduzierten Sehleistung von rechts 0,02 und links 0,25 mit Gesichtsfeldausfällen nur noch an Arbeitsplätzen für Sehschwache einsetzbar. Zudem bestehe eine erhebliche Orientierungsproblematik im Straßenverkehr, so dass aus Sicherheitsgründen eine Begleitperson zweckmäßig sei. Dazu hat Frau Dr.N. in ihrer weiteren Stellungnahme für die Beklagte vom 07.01.2002 ausgeführt, von Seiten des orthopädischen Fachgebietes habe die im Heilverfahren im Rheumazentrum O. festgestellte Nervenwurzelreizsymptomatik Mitte Juni 2001 durch Dr.N. nicht mehr festgestellt werden können; zwischenzeitlich verschlechtert habe sich jedoch die Beschwerdesymptomatik im Januar 2000 als das Vollbild eines Fibromyalgiesyndromes festgestellt worden sei. Im Jahre 2001 habe sich zusätzlich das Sehvermögen zunehmend deutlich verschlechtert, so dass aufgrund des Augenbefundes sicherlich bereits ab Mitte 2001 von einer zeitlichen Leistungsminderung ausgegangen werden müsse. Dennnoch bleibe von Seiten des orthopädischen Fachgebietes das Leistungsvermögen der Klägerin bereits ab Eintreten von Arbeitsunfähigkeit im Juli 1998 auf unter zweistündig gesunken.
Die Klägerin weist dagegen darauf hin, dass sie anläßlich einer Untersuchung durch den Arbeitsamtsarzt Dr.H. vom 28.01. 2000 noch zu leichten Arbeiten vollschichtig in Tagschicht in temperierten Räumen im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen und ohne Kraftarbeiten oder Fingerfeinarbeiten der rechten Hand in der Lage beurteilt worden sei. Seinerzeit sei auch ihr behandelnder Orthopäde Dr.B. in seiner für das Arbeitsamt erstatteten Bescheinigung vom 03.01.2000 von einer prinzipiell bestehenden Arbeitsfähigkeit ausgegangen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 14. März 2002 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin ab 01.08.2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren. Der Leistungsfall sei entgegen der Ansicht der Beklagten erst im Juli 2001 eingetreten, wie sich aus der Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens durch die Dres.N. und L. ergebe. Die von Dr.L. in seinem Gutachten vom 15.02.2000 festgestellten Gesundheitsstörungen rechtfertigten, wie sich aus dem Gutachten von Dr.N. ergebe, die von Dr.L. angenommene zeitliche Leistungseinschränkung nicht.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass die von Dr.L. getroffene Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin mit der Folge, dass der Leistungsfall bereits im Juli 1998 eingetreten sei, durch das Sachverständigengutachten der Dr.N. nicht widerlegt sei. Der von ihr festgesetzte Zeitpunkt des Leistungsfalles der Erwerbsunfähigkeit im Juli 1998 sei deshalb richtig, mit der Folge, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit habe, da zu diesem Zeitpunkt die besonderen beitragsrechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht erfüllt gewesen seien.
Die Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2002 insoweit aufzuheben, als sie zur Gewährung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit verurteilt worden sei und die Klage gegen den Bescheid vom 13.04.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2000 abzuweisen.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2002 zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Augsburg, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, sachlich ist sie jedoch nicht begründet, da das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2002 nicht zu beanstanden ist.
Der Senat schließt sich gemäß § 153 Abs.2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts an und sieht deshalb insoweit von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit entsprechend dem Ergebnis der Beweisaufnahme und der geltenden Rechtslage entschieden.
Anhaltspunkte, das vom Sozialgericht Augsburg seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ergebnis der Beweisaufnahme zu bezweifeln, bestehen für den Senat nicht. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Klägerin auf orthopädischem und augenärztlichem Fachgebiet begutachtet worden. Dabei kommt von Seiten des orthopädischen Fachgebietes die befragte Sachverständige Dr.N. zu dem Ergebnis, dass der Klägerin noch eine tägliche Erwerbstätigkeit von sechs bis acht Stunden zuzumuten sei, was keine zeitliche Einschränkung darstellt, da das von ihr angenommene Höchstmaß von acht Stunden einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Von Seiten des orthopädischen Fachgebietes erscheint die Klägerin daher nicht in rentenberechtigendem Grade in ihrem beruflichen Leistungsvermögen eingeschränkt. Ebenso hat Dr.H. für das Arbeitsamt noch im Januar 2000 die Klägerin zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage beurteilt. In diesem Zusammenhang erscheint dem Senat auch von Bedeutung, dass die Spezialsprechstunde für Wirbelsäule des Universitätsklinikums U. aufgrund der Vorstellung der Klägerin vom 28.04.1999 lediglich eine chronische therapieresistente Lumboischialgie beidseits bei Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule festgestellt hatte und seinerzeit lediglich eine konservative Behandlung und keinerlei Operationsindikation oder erhebliche neurologische Ausfälle feststellen konnte. In Anbetracht dieser Gesamtumstände erscheint dem Senat die von Dr.L. getroffene Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin nicht durch die objektiven Befunde begründbar. Nach der auch für den Senat überzeugenden Beurteilung der ärztlichen Sachverständigen ist die Klägerin daher erst durch die von Seiten des augenärztlichen Fachgebietes zu einem späteren Zeitpunkt festgestellten Gesundheitsstörungen in ihrem beruflichen Leistungsvermögen in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt, wie es das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
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