Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 973/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 210/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 28.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1998 verurteilt, dem Kläger vom 01.06.2001 bis 31.05. 2002 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte erstattet dem Kläger ein Viertel der außergerichtlichen Kosten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Rentenantragstellung am 17.06.1996.
Der am 1945 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland, wo er zuletzt von 1972 bis Oktober 1996 Versicherungszeiten zurückgelegt hat. Seit 08.10.1996 erhält er nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren Invalidenrente. In Deutschland war er von Juli 1969 bis Januar 1972 versicherungspflichtig beschäftigt.
Laut Bestätigung eines betrieblichen Ausbildungszentrums in Belgrad vom 26.05.1967 hat der Kläger, der laut eigenen Angaben immer als Maurer tätig war, die Fachausbildung als angelernter Arbeiter des Baufachs, von Beruf Maurer, erfolgreich absolviert. Dieselbe Einrichtung hat am 15.05.1974 bestätigt, dass der Kläger als hoch qualifizierter Arbeiter des Baufachs, von Beruf Maurer, einzustufen ist. Von der deutschen Firma, von der der Kläger beschäftigt worden ist und die am 27.10.1999 erloschen ist, liegen keine Auskünfte über die Art der Tätigkeit des Klägers vor.
Der Rentenantrag des Klägers datiert vom 17.06.1996. Laut Gutachten der zweitinstanzlichen Gutachterstelle in Beograd vom 24.09.1997 ist der Kläger wegen Herz-Kreislaufleiden, Wirbelsäulenveränderung, Kniearthrose und Neurosis zu allen Arbeiten unfähig. Demgegenüber hielt die Beklagte leichte Arbeiten ohne einseitige Körperhaltung, ohne Schicht- und Nachtdienst, ohne besonderen Zeitdruck und nicht auf Leitern und Gerüsten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig zumutbar. Als Maurer verfüge er über ein Leistungsvermögen von unter zwei Stunden. Unter anderem mit der Begründung, ein Berufsschutz stehe nicht zu, da die Qualität der in Deutschland verrichteten Tätigkeit nicht geklärt werden konnte, lehnte die Beklagte den Rentenantrag am 28.01.1998 ab und wies den Widerspuch am 28.05.1998 zurück.
Im Rahmen des am 09.07.1998 unter Hinweis auf die positive Entscheidung des jugoslawischen Rentenversicherungsträgers eingeleiteten Verfahrens erstellte die Allgemeinmedizinerin Dr.T. im Auftrag des Gerichts nach ambulanter Untersuchung vom 25.10.1999 ein Gutachten. Danach ist die beim Kläger bestehende Herzerkrankung dringend therapiebedürftig. Angesichts fehlender Insuffizienz und des Ausschlusses von Thrombenbildung sah sie noch keine quantitative Leistungseinschränkung auf Dauer. Ihres Erachtens konnten leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtschicht vollschichtig verrichtet werden. Im klageabweisenden Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 heißt es, mangels Nachweis einer Facharbeitertätigkeit in Deutschland sei der Kläger als allenfalls oberer Angelernter auf eine Tätigkeit als Pförtner verweisbar. Dessen Tätigkeit könne entsprechend dem Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen vollschichtig ausgeführt werden.
Gegen das am 15.02.2000 zugestellte Urteil legte der Kläger am 14.04.2000 Berufung ein und machte geltend, einen Arbeitsplatzwechsel nicht zu akzeptieren. Die als Sachverständige hinzuge- Untersuchung vom 02.11.2000 eine otologische Zusatzuntersuchung durch Dr.J. und ein nervenärztliches Gutachten von Prof. S. , das am 10.01.2001 erstellt worden ist. In ihrem Gutachten vom 16.11.2000 schrieb sie, auf kardiologischem Fachgebiet sei eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten. Die früher vorgeschlagene Therapieoptimierung sei nicht durchgeführt worden und deshalb sei dem Kläger keine berufliche Tätigkeit ohne Gefährdung seiner Restgesundheit zumutbar. Es sei eine stationäre Behandlung notwendig, die in absehbarer Zeit mittels adäquater therapeutischer Maßnahmen zu einer Zustandsbesserung führen könne.
Demgegenüber vertrat der von der Beklagten hinzugezogene Dr.R. die Ansicht, angesichts einer ergometrischen Belastbarkeit bis 100 Watt sei eine leichte körperliche Tätikeit überwiegend im Sitzen unter medikamentöser Behandlung zumutbar. Der Gefährdung seiner Restgesundheit setze sich der Kläger auch im Privatleben aus und dieses Gesundheitsrisiko werde durch eine vollschichtige Verrichtung einer zustandsangemessenen Tätigkeit nicht erhöht. Er empfahl eine stationäre Begutachtung mit überwachter Einnahme von herzwirksamen Medikamenten.
Auf Anfrage teilte der Kläger am 06.03.2001 mit, derzeit sei eine stationäre Behandlung in Jugoslawien wegen Platzmangels in Krankenhäusern nicht möglich. Dies wurde von der Beklagten bezweifelt, die eine stationäre Begutachtung und überwachte Medikamenteneinnahme in einer kardiologischen Reha-Klinik für möglich hielt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.1998 zu verurteilen, ab 10.07.1996 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 ist ebenso wie der Bescheid der Beklagten vom 28.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.1998 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2001 bis 31.05.2002 Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zu gewähren ist. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Es besteht die begründete Aussicht, dass die seit November 2000 nachgewiesene Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann. Davor war der Kläger auch nicht berufsunfähig.
Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 in der ab 08.05.1996 bis 31.12.2000 gültigen Fassung). Das Leistungsvermögen des Klägers ist derzeit durch die bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung so erheblich beeinträchtigt, dass er ohne Gefährdung seiner Restgesundheit keinerlei berufliche Tätigkeit mehr ausüben kann.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Gutachten der gerichtlich bestellten umfassend untersucht und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichstbarkeit verfügen sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um die hier maßgebliche gesundheitliche Störung medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen.
Unstreitig leidet der Kläger neben einer essentiellen arteriellen Hypertonie unter einer Tachyarrythmia absoluta bei idiopathischem Vorhofflimmern. Die funktionelle Bedeutung des Vorhofflimmerns liegt darin, dass die Vorhofkontraktion praktisch ausfällt, die Vorhöfe sich dilatieren und ggf. bei rascher Kammerfrequenz früher oder später eine Herzinsuffizienz auftritt. Aus diesem Grund ist es erforderlich, entweder nach Möglichkeit den Sinusrhythmus wiederherzustellen oder - falls dies nicht gelingt - zumindest eine medikamentöse Frequenzreduktion mit Digitalis und Betablocker zu erreichen. Während sich momentan kein Hinweis auf eine Stauungsherzinsuffizienz ergeben hat, sind die vom Kläger angegebenen Beschwerden einer allgemeinen Leistungsminderung, eines Schwächegefühls und von Schwindelerscheinungen durchaus durch die Rhythmusstörungen erklärbar und glaubhaft. Diese Befunde am Herz-Kreislauf-System schränken die Leistungsfähigkeit des Klägers unabhängig von weiteren Gesundheitsstörungen so erheblich ein, dass er keiner regelmäßigen Tätigkeit nachgehen kann. Trotz der grundsätzlichen Behandlungsfähigkeit der Krankheit und einer entsprechenden Therapieempfehlung der Frau Dr.T. im Gutachten vom 25.10.1999 hat eine frequenzreduzierende Therapie ebenso wenig stattgefunden wie die erforderliche Markumarisierung. Die auch von Prof.S. nebenbefundlich festgestellte hohe Ruheherzfrequenz (von annähernd 120 pro Minute) stellt schon per se eine erhebliche Leistungsminderung und subjektive Beeinträchtigung dar. Sie hat hämodynamische Auswirkungen u.a. auf das Gehirn, die einerseits zu einer mehr oder weniger ausgeprägten andauernden Hirnleistungsschwäche und andererseits wegen der zusätzlichen Arrhythmien zu anfallsförmigen Störungen wie Schwindelgefühl, Bewusstseinsstörungen oder Bewusstseinsverlust mit Hinstürzen führen können, wie dies vom Kläger geschildert ist.
Zwar wird von Dr.R. , dem von der Beklagten gehörten Internisten, eingewandt, dem Kläger sei mangels eindeutiger Verschlechterung gegenüber den im Sozialgerichtsverfahren erhobenen kardiologischen Befunden weiterhin leichte körperliche Arbeit überwiegend im Sitzen zumutbar. Richtig ist, dass weiterhin eine ergometische Belastbarkeit bis 100 Watt besteht. Dass objektive Zeichen einer Herzleistungsminderung derzeit noch nicht sichtbar sind, wird von Dr.R. nicht verkannt. Die wesentliche Leidensverschlimmerung liegt jedoch darin, dass die Herzfrequenzen zugenommen haben und sich jetzt eine mäßiggradige Vorhofvergrößerung nachweisen lässt. Wenn Dr.R. weiter schreibt, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen entsprächen den Belastungen des Privatlebens und seien zumutbar, kann dies angesichts der notwendigen zeitgerechten Präsenz, Aufmerksamkeit und Konzentration im normalen Berufsleben nicht nachvollzogen werden.
Richtig ist, dass dem Kläger die Mitwirkung zur regelmäßigen Einnahme von Medikamenten abverlangt werden kann. Vorweg notwendig ist jedoch eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus mit der Möglichkeit einer elektrischen Cardioversion und einer eventuellen elektrophysiologischen Untersuchung. Tatsächlich hat diese stationäre Krankenhausbehandlung bislang nicht stattgefunden und zwar laut Angaben des Klägers aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen. Es obliegt der Beklagten, den Kläger auf seine notwendige Mitwirkung hinzuweisen, ihn zum Nachweis der Unmöglichkeit einer Krankenhausbehandlung aufzufordern und ihn auf die Folgen der unterlassenen Mitwirkung hinzuweisen. Seit der Begutachtung durch Dr.R. im November 2000 sind jedoch mittlerweile über 6 Monate vergangen, ohne dass im Zustand des Klägers eine wesentliche Änderung erzielt worden ist. Entgegen den Erwartungen der Beklagten ist daher die notwendige Behandlung nicht in einem überschaubaren Zeitraum erfolgt, so dass von einem Dauerzustand im Sinn des § 44 SGB VI auszugehen ist.
Nicht gefolgt werden kann dem Vorschlag der Beklagten, den Kläger einer stationären Begutachtung unter überwachter Medikamenteneinnahme in einer Kardiologischen Reha-Klinik zu unterziehen. Ob die absolute Tachyarrthmie mit Vorhofflimmern dauerhaft medikamentös beherrschbar ist, lässt sich nicht mittels dreitägiger stationärer Untersuchung feststellen. Andererseits ist es nicht Aufgabe des Gerichts, eine Begutachtung mit dem Ziel des Wiedereintritts der Erwerbsfähigkeit durchzuführen.
Besteht begründete Aussicht, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann, werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet (§ 102 Abs.2 Ziff.1 SGB VI in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung). Ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalls im November 2000 beginnt die befristete Rente am 01.06.2001, da befristete Renten nicht vor Beginn des 7. Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet werden (§ 101 Abs.1 SGB VI). Die Beschränkung auf 1 Jahr erfolgt deshalb, weil innerhalb dieses Zeitraums erwartet werden kann, dass sich der Kläger der notwendigen Behandlung unterzieht und der Erfolg zuverlässig beurteilt werden kann.
Für die Zeit vor der Untersuchung durch Dr.R. ist eine rentenrelevante Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht nachgewiesen. Der Senat folgt insoweit der ausführlichen Begründung im Urteil des Sozialgerichts Landshut, das sich wiederum auf die Begutachtung der Dr.T. stützt. Von einer weiteren Darstellung der Gründe wird insoweit gemäß § 153 III SGG abgesehen. Entscheidend ist, dass der Kläger bis zum Eintritt der von Dr.R. objektivierten Leidensverschlimmerung noch leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten zu ebener Erde, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtschicht vollschichtig verrichten konnte. Zusätzliche Einschränkungen am Arbeitsplatz waren ebenso wenig zu berücksichtigen wie Einschränkungen auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Auch die Umstellungsfähigkeit des Klägers, der unstreitig nicht mehr als Bauarbeiter tätig sein kann, ist als alters- und ausbildungsentsprechend beurteilt worden.
Mit diesem Leistungsbild ist für die Zeit vor November 2000 nicht nur Erwerbsunfähigkeit, sondern auch Berufsunfähigkeit ausgeschlossen.
Berufsunfähig ist einer Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Zwar ist unstreitig, dass der Kläger seine langjährig ausgeübte Tätigkeit auf dem Bau seit Rentenantragstellung nicht mehr ausüben kann. Sein Restleistungsvermögen war jedoch bis November 2000 dergestalt, dass er noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden konnte.
Die soziale Wertigkeit der Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. Bundessozialgericht in SozR 2200, § 1246 RVO Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vegleich zu seinem Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. BSG SozR 3 2200 § 1246 RVO Nr.5).
Ausgangspunkt für die Bewertung der Berufsunfähigkeit des Klägers ist die in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit bei der Firma D. Bau GmbH Hochbau in F. a.M. Welche Tätigkeiten der Kläger dort verrichtet hat und wie diese Tätigkeit tariflich einzustufen war, war nach dem Erlöschen der Firma am 27.10.1999 nicht mehr feststellbar. Zweifellos hatte der Kläger bereits vor seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik eine Fachausbildung als angelernter Arbeiter des Baufachs absolviert, wie die Bestätigung des Belgrader Bauunternehmens vom 26.05.1967 beweist. Dass es sich dabei nicht um eine Facharbeiterqualifikation gehandelt hat, ergibt sich aus der Bestätigung desselben Unternehmens von 1974, wonach der Kläger erst ab diesem Zeitpunkt als hochqualifizierter Arbeiter des Baufachs einzustufen war. Maßgeblich ist jedoch nicht die Ausbildung des Versicherten als solche, sondern die der Ausbildung entsprechende tatsächliche Berufsausübung in Deutschland. Mangels weiterer Belege für die Qualität der verrichteten Arbeit ist der Kläger daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Dass er dort in der Lage war, trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen mehr als die Hälfte eines gesunden Versicherten an Erwerbseinkommen zu erzielen, ist bereits oben dargelegt. Er war -wenngleich mit qualitativen Einschränkungen - vollschichtig einsetzbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte erstattet dem Kläger ein Viertel der außergerichtlichen Kosten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Rentenantragstellung am 17.06.1996.
Der am 1945 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland, wo er zuletzt von 1972 bis Oktober 1996 Versicherungszeiten zurückgelegt hat. Seit 08.10.1996 erhält er nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren Invalidenrente. In Deutschland war er von Juli 1969 bis Januar 1972 versicherungspflichtig beschäftigt.
Laut Bestätigung eines betrieblichen Ausbildungszentrums in Belgrad vom 26.05.1967 hat der Kläger, der laut eigenen Angaben immer als Maurer tätig war, die Fachausbildung als angelernter Arbeiter des Baufachs, von Beruf Maurer, erfolgreich absolviert. Dieselbe Einrichtung hat am 15.05.1974 bestätigt, dass der Kläger als hoch qualifizierter Arbeiter des Baufachs, von Beruf Maurer, einzustufen ist. Von der deutschen Firma, von der der Kläger beschäftigt worden ist und die am 27.10.1999 erloschen ist, liegen keine Auskünfte über die Art der Tätigkeit des Klägers vor.
Der Rentenantrag des Klägers datiert vom 17.06.1996. Laut Gutachten der zweitinstanzlichen Gutachterstelle in Beograd vom 24.09.1997 ist der Kläger wegen Herz-Kreislaufleiden, Wirbelsäulenveränderung, Kniearthrose und Neurosis zu allen Arbeiten unfähig. Demgegenüber hielt die Beklagte leichte Arbeiten ohne einseitige Körperhaltung, ohne Schicht- und Nachtdienst, ohne besonderen Zeitdruck und nicht auf Leitern und Gerüsten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für vollschichtig zumutbar. Als Maurer verfüge er über ein Leistungsvermögen von unter zwei Stunden. Unter anderem mit der Begründung, ein Berufsschutz stehe nicht zu, da die Qualität der in Deutschland verrichteten Tätigkeit nicht geklärt werden konnte, lehnte die Beklagte den Rentenantrag am 28.01.1998 ab und wies den Widerspuch am 28.05.1998 zurück.
Im Rahmen des am 09.07.1998 unter Hinweis auf die positive Entscheidung des jugoslawischen Rentenversicherungsträgers eingeleiteten Verfahrens erstellte die Allgemeinmedizinerin Dr.T. im Auftrag des Gerichts nach ambulanter Untersuchung vom 25.10.1999 ein Gutachten. Danach ist die beim Kläger bestehende Herzerkrankung dringend therapiebedürftig. Angesichts fehlender Insuffizienz und des Ausschlusses von Thrombenbildung sah sie noch keine quantitative Leistungseinschränkung auf Dauer. Ihres Erachtens konnten leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtschicht vollschichtig verrichtet werden. Im klageabweisenden Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 heißt es, mangels Nachweis einer Facharbeitertätigkeit in Deutschland sei der Kläger als allenfalls oberer Angelernter auf eine Tätigkeit als Pförtner verweisbar. Dessen Tätigkeit könne entsprechend dem Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen vollschichtig ausgeführt werden.
Gegen das am 15.02.2000 zugestellte Urteil legte der Kläger am 14.04.2000 Berufung ein und machte geltend, einen Arbeitsplatzwechsel nicht zu akzeptieren. Die als Sachverständige hinzuge- Untersuchung vom 02.11.2000 eine otologische Zusatzuntersuchung durch Dr.J. und ein nervenärztliches Gutachten von Prof. S. , das am 10.01.2001 erstellt worden ist. In ihrem Gutachten vom 16.11.2000 schrieb sie, auf kardiologischem Fachgebiet sei eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten. Die früher vorgeschlagene Therapieoptimierung sei nicht durchgeführt worden und deshalb sei dem Kläger keine berufliche Tätigkeit ohne Gefährdung seiner Restgesundheit zumutbar. Es sei eine stationäre Behandlung notwendig, die in absehbarer Zeit mittels adäquater therapeutischer Maßnahmen zu einer Zustandsbesserung führen könne.
Demgegenüber vertrat der von der Beklagten hinzugezogene Dr.R. die Ansicht, angesichts einer ergometrischen Belastbarkeit bis 100 Watt sei eine leichte körperliche Tätikeit überwiegend im Sitzen unter medikamentöser Behandlung zumutbar. Der Gefährdung seiner Restgesundheit setze sich der Kläger auch im Privatleben aus und dieses Gesundheitsrisiko werde durch eine vollschichtige Verrichtung einer zustandsangemessenen Tätigkeit nicht erhöht. Er empfahl eine stationäre Begutachtung mit überwachter Einnahme von herzwirksamen Medikamenten.
Auf Anfrage teilte der Kläger am 06.03.2001 mit, derzeit sei eine stationäre Behandlung in Jugoslawien wegen Platzmangels in Krankenhäusern nicht möglich. Dies wurde von der Beklagten bezweifelt, die eine stationäre Begutachtung und überwachte Medikamenteneinnahme in einer kardiologischen Reha-Klinik für möglich hielt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.1998 zu verurteilen, ab 10.07.1996 Erwerbsunfähigkeitsrente, hilfsweise Berufsunfähigkeitsrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27.10.1999 ist ebenso wie der Bescheid der Beklagten vom 28.01.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.1998 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2001 bis 31.05.2002 Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zu gewähren ist. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Es besteht die begründete Aussicht, dass die seit November 2000 nachgewiesene Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann. Davor war der Kläger auch nicht berufsunfähig.
Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 44 Abs.2 Satz 1 in der ab 08.05.1996 bis 31.12.2000 gültigen Fassung). Das Leistungsvermögen des Klägers ist derzeit durch die bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankung so erheblich beeinträchtigt, dass er ohne Gefährdung seiner Restgesundheit keinerlei berufliche Tätigkeit mehr ausüben kann.
Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die überzeugenden und ausführlichen Gutachten der gerichtlich bestellten umfassend untersucht und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Sachverständige im Bereich der Bayerischen Sozialgerichstbarkeit verfügen sie sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um die hier maßgebliche gesundheitliche Störung medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen.
Unstreitig leidet der Kläger neben einer essentiellen arteriellen Hypertonie unter einer Tachyarrythmia absoluta bei idiopathischem Vorhofflimmern. Die funktionelle Bedeutung des Vorhofflimmerns liegt darin, dass die Vorhofkontraktion praktisch ausfällt, die Vorhöfe sich dilatieren und ggf. bei rascher Kammerfrequenz früher oder später eine Herzinsuffizienz auftritt. Aus diesem Grund ist es erforderlich, entweder nach Möglichkeit den Sinusrhythmus wiederherzustellen oder - falls dies nicht gelingt - zumindest eine medikamentöse Frequenzreduktion mit Digitalis und Betablocker zu erreichen. Während sich momentan kein Hinweis auf eine Stauungsherzinsuffizienz ergeben hat, sind die vom Kläger angegebenen Beschwerden einer allgemeinen Leistungsminderung, eines Schwächegefühls und von Schwindelerscheinungen durchaus durch die Rhythmusstörungen erklärbar und glaubhaft. Diese Befunde am Herz-Kreislauf-System schränken die Leistungsfähigkeit des Klägers unabhängig von weiteren Gesundheitsstörungen so erheblich ein, dass er keiner regelmäßigen Tätigkeit nachgehen kann. Trotz der grundsätzlichen Behandlungsfähigkeit der Krankheit und einer entsprechenden Therapieempfehlung der Frau Dr.T. im Gutachten vom 25.10.1999 hat eine frequenzreduzierende Therapie ebenso wenig stattgefunden wie die erforderliche Markumarisierung. Die auch von Prof.S. nebenbefundlich festgestellte hohe Ruheherzfrequenz (von annähernd 120 pro Minute) stellt schon per se eine erhebliche Leistungsminderung und subjektive Beeinträchtigung dar. Sie hat hämodynamische Auswirkungen u.a. auf das Gehirn, die einerseits zu einer mehr oder weniger ausgeprägten andauernden Hirnleistungsschwäche und andererseits wegen der zusätzlichen Arrhythmien zu anfallsförmigen Störungen wie Schwindelgefühl, Bewusstseinsstörungen oder Bewusstseinsverlust mit Hinstürzen führen können, wie dies vom Kläger geschildert ist.
Zwar wird von Dr.R. , dem von der Beklagten gehörten Internisten, eingewandt, dem Kläger sei mangels eindeutiger Verschlechterung gegenüber den im Sozialgerichtsverfahren erhobenen kardiologischen Befunden weiterhin leichte körperliche Arbeit überwiegend im Sitzen zumutbar. Richtig ist, dass weiterhin eine ergometische Belastbarkeit bis 100 Watt besteht. Dass objektive Zeichen einer Herzleistungsminderung derzeit noch nicht sichtbar sind, wird von Dr.R. nicht verkannt. Die wesentliche Leidensverschlimmerung liegt jedoch darin, dass die Herzfrequenzen zugenommen haben und sich jetzt eine mäßiggradige Vorhofvergrößerung nachweisen lässt. Wenn Dr.R. weiter schreibt, leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen entsprächen den Belastungen des Privatlebens und seien zumutbar, kann dies angesichts der notwendigen zeitgerechten Präsenz, Aufmerksamkeit und Konzentration im normalen Berufsleben nicht nachvollzogen werden.
Richtig ist, dass dem Kläger die Mitwirkung zur regelmäßigen Einnahme von Medikamenten abverlangt werden kann. Vorweg notwendig ist jedoch eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus mit der Möglichkeit einer elektrischen Cardioversion und einer eventuellen elektrophysiologischen Untersuchung. Tatsächlich hat diese stationäre Krankenhausbehandlung bislang nicht stattgefunden und zwar laut Angaben des Klägers aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen. Es obliegt der Beklagten, den Kläger auf seine notwendige Mitwirkung hinzuweisen, ihn zum Nachweis der Unmöglichkeit einer Krankenhausbehandlung aufzufordern und ihn auf die Folgen der unterlassenen Mitwirkung hinzuweisen. Seit der Begutachtung durch Dr.R. im November 2000 sind jedoch mittlerweile über 6 Monate vergangen, ohne dass im Zustand des Klägers eine wesentliche Änderung erzielt worden ist. Entgegen den Erwartungen der Beklagten ist daher die notwendige Behandlung nicht in einem überschaubaren Zeitraum erfolgt, so dass von einem Dauerzustand im Sinn des § 44 SGB VI auszugehen ist.
Nicht gefolgt werden kann dem Vorschlag der Beklagten, den Kläger einer stationären Begutachtung unter überwachter Medikamenteneinnahme in einer Kardiologischen Reha-Klinik zu unterziehen. Ob die absolute Tachyarrthmie mit Vorhofflimmern dauerhaft medikamentös beherrschbar ist, lässt sich nicht mittels dreitägiger stationärer Untersuchung feststellen. Andererseits ist es nicht Aufgabe des Gerichts, eine Begutachtung mit dem Ziel des Wiedereintritts der Erwerbsfähigkeit durchzuführen.
Besteht begründete Aussicht, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann, werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Zeit geleistet (§ 102 Abs.2 Ziff.1 SGB VI in der bis 31.12.2000 gültigen Fassung). Ausgehend vom Eintritt des Versicherungsfalls im November 2000 beginnt die befristete Rente am 01.06.2001, da befristete Renten nicht vor Beginn des 7. Kalendermonats nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit geleistet werden (§ 101 Abs.1 SGB VI). Die Beschränkung auf 1 Jahr erfolgt deshalb, weil innerhalb dieses Zeitraums erwartet werden kann, dass sich der Kläger der notwendigen Behandlung unterzieht und der Erfolg zuverlässig beurteilt werden kann.
Für die Zeit vor der Untersuchung durch Dr.R. ist eine rentenrelevante Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht nachgewiesen. Der Senat folgt insoweit der ausführlichen Begründung im Urteil des Sozialgerichts Landshut, das sich wiederum auf die Begutachtung der Dr.T. stützt. Von einer weiteren Darstellung der Gründe wird insoweit gemäß § 153 III SGG abgesehen. Entscheidend ist, dass der Kläger bis zum Eintritt der von Dr.R. objektivierten Leidensverschlimmerung noch leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Lasten zu ebener Erde, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Wechsel- und Nachtschicht vollschichtig verrichten konnte. Zusätzliche Einschränkungen am Arbeitsplatz waren ebenso wenig zu berücksichtigen wie Einschränkungen auf dem Weg zum Arbeitsplatz. Auch die Umstellungsfähigkeit des Klägers, der unstreitig nicht mehr als Bauarbeiter tätig sein kann, ist als alters- und ausbildungsentsprechend beurteilt worden.
Mit diesem Leistungsbild ist für die Zeit vor November 2000 nicht nur Erwerbsunfähigkeit, sondern auch Berufsunfähigkeit ausgeschlossen.
Berufsunfähig ist einer Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Zwar ist unstreitig, dass der Kläger seine langjährig ausgeübte Tätigkeit auf dem Bau seit Rentenantragstellung nicht mehr ausüben kann. Sein Restleistungsvermögen war jedoch bis November 2000 dergestalt, dass er noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden konnte.
Die soziale Wertigkeit der Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. Bundessozialgericht in SozR 2200, § 1246 RVO Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vegleich zu seinem Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. BSG SozR 3 2200 § 1246 RVO Nr.5).
Ausgangspunkt für die Bewertung der Berufsunfähigkeit des Klägers ist die in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Tätigkeit bei der Firma D. Bau GmbH Hochbau in F. a.M. Welche Tätigkeiten der Kläger dort verrichtet hat und wie diese Tätigkeit tariflich einzustufen war, war nach dem Erlöschen der Firma am 27.10.1999 nicht mehr feststellbar. Zweifellos hatte der Kläger bereits vor seinem Aufenthalt in der Bundesrepublik eine Fachausbildung als angelernter Arbeiter des Baufachs absolviert, wie die Bestätigung des Belgrader Bauunternehmens vom 26.05.1967 beweist. Dass es sich dabei nicht um eine Facharbeiterqualifikation gehandelt hat, ergibt sich aus der Bestätigung desselben Unternehmens von 1974, wonach der Kläger erst ab diesem Zeitpunkt als hochqualifizierter Arbeiter des Baufachs einzustufen war. Maßgeblich ist jedoch nicht die Ausbildung des Versicherten als solche, sondern die der Ausbildung entsprechende tatsächliche Berufsausübung in Deutschland. Mangels weiterer Belege für die Qualität der verrichteten Arbeit ist der Kläger daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Dass er dort in der Lage war, trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen mehr als die Hälfte eines gesunden Versicherten an Erwerbseinkommen zu erzielen, ist bereits oben dargelegt. Er war -wenngleich mit qualitativen Einschränkungen - vollschichtig einsetzbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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