L 14 RJ 212/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 RJ 1548/98 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 212/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17. Januar 2001 aufgehoben.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. April 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. August 1998 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit seit 01.11.1998.

Der im Jahre 1946 geborene Kläger, ein mazedonischer Staatsangehöriger, hat vom 20.12.1968 bis 30.03.1984 in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) Beschäftigungszeiten zurückgelegt, und zwar als gelernter Universalfräser bei den F.werken K. mit einer Entlohnung zuerst gemäß der (Facharbeiter-)Lohngruppe 7, zuletzt nach der Tarifgruppe 9 des Lohnrahmenabkommens in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (Arbeitgeberauskunft vom 23.03.1999). Von März bis Juli 1984 bezog er Krankengeld, von August 1984 bis Oktober 1988 - unterbrochen durch jeweils zwei Monate Arbeitsunfähigkeit (Mai/Juni 1986 und Mai/Juni 1988) - Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Der Zeitraum vom 14.10. bis 08.12.1988 ist nicht belegt; in der Zeit vom 09. bis 20.12.1988 ist im Versicherungsverlauf der Beklagten noch ein Leistungsbezug wegen Arbeitslosigkeit eingetragen.

In seinem Heimatland hat der Kläger anrechnungsfähige Versicherungszeiten vom 04.01.1991 bis 07.07.1993 und 01.04. bis 30.10. 1995 (37 Monate) zurückgelegt. Die Lücke im Versicherungsverlauf von Januar 1989 bis Januar 1991 erklärte der Kläger anläßlich von Begutachtungen in den Jahren 1996 und 1998 damit, dass er als "Maschinenschlosser auf privatem Sektor" bzw. im Betrieb seines Bruders tätig gewesen sei. Den Betrieb habe er im Jahre 1991 als selbständiger Unternehmer übernommen und im Jahre 1993 an den Sohn des verstorbenen Bruders abgeben müssen. Seitdem habe er nicht mehr gearbeitet; seine Bemühungen um Arbeit seien an den erschwerten wirtschaftlichen Verhältnissen in seinem Heimatland gescheitert.

Am 13.03.1996 stellte der Kläger über die mazedonische Verbindungsstelle bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit, wobei diese lediglich anrechnungsfähige Versicherungszeiten in Mazedonien von Januar 1991 bis Juli 1993 bescheinigte. Zur Untersuchung durch die Invalidenkommission in Skopje erschien der Kläger betrunken ("klassischer Deliriums-Zustand"). Die Kommission diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 08.07.1996 Äthylismus, Delirium tremens alkoholika, Lebercirrhose, Diabetes mellitus Typ II, Myocardiopathia chronica hypertrophica hypertensiva, Spondylosis der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie Blutumlaufschwäche in den Beinen und hielt den Kläger nicht mehr für fähig, auch nur zwei Stunden im bisherigen Beruf und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig zu sein.

Die Beklagte lehnte die Rentengewährung mit Bescheid vom 16.01. 1997 ab, weil der Kläger ausgehend von dem Datum der Antragstellung am 13.03.1996 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Es seien in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung (13.03.1991 bis 12.03.1996) nicht mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten belegt, sondern nur 29 Kalendermonate vorhanden. Außerdem sei die Zeit ab 01.01.1984 nicht mit Beitrags- und Anwartschaftserhaltungszeiten lückenlos belegt.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor, es sei ihm nunmehr gelungen, seine Pflichtbeitragszeiten während der Tätigkeit im Service für Reparatur von Haushaltsgeräten nachzuweisen, so dass er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfülle und rentenberechtigt sei; die mazedonische Verbindungsstelle werde hierzu das Formblatt RM-D 205 übersenden. In diesem dann der Beklagten zugegangenen Formblatt wurde die bereits der Beklagten bekannte Versicherungszeit von Januar 1991 bis Juli 1993 und zusätzlich eine Versicherungszeit von April bis Oktober 1995 bescheinigt. Daher verpflichtete sich die Beklagte mit außergerichtlichem Vergleich vom 03.11.1997, den Bescheid vom 16.01.1997 aufzuheben und über den Antrag vom 13.03.1996 nach Durchführung einer Begutachtung erneut zu entscheiden. Der Kläger nahm deswegen seinen Widerspruch zurück.

Die Beklagte ließ ihn vom 23. bis 25.03.1998 in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg untersuchen. Neben Erhebung technischer Befunde (Röntgenaufnahmen Brustkorb und Lendenwirbelsäule, Oberbauchsonographie, EKG, Ergometrie, Dopplersonographie, Lungenfunktion, Laborwerte) erstellte der Internist Dr.G. und der Psychiater Dr.A. die Gutachten vom 26.03.1998 bzw. vom 01.04.1998. Dr.G. diagnostizierte einen unkomplizierten Diabetes mellitus mit insgesamt ordentlicher Stoffwechselführung; die Leber des Klägers sei zwar vergrößert und erscheine sonographisch als Fettleber, laborchemisch bestehe aber keinerlei Leberschädigung. Dem Kläger seien vollschichtig mittelschwere Arbeiten ohne Nachtschicht zumutbar. Dr.A. hielt fest, dass der Kläger nicht alkoholisiert erschienen sei und auch keine Hinweise auf Alkoholgenuss (Geruch, Entzugssymptomatik) erkennbar seien. Der Versicherte gebe nur mehr gelegentlichen und mäßigen Alkoholgenuss an, was mit dem Erscheinungsbild und den Befunden übereinstimme. Auf neurologischem und psychiatrischem Gebiet ergäben sich keine Leistungseinschränkungen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 21.04.1998 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab, weil der Kläger bei "Diabetes mellitus ohne Spätschäden" weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig sei.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger mit dem Ergebnis des Gutachtens der Invalidenkommission vom 08.07. 1996 und legte neue ärztliche Unterlagen über eine Behandlung im Mai 1998 mit den Diagnosen Diabetes, diabetische Angiopathie mit peripherer vaskulärer Insuffizienz und arterielle Hypertensie, über eine Untersuchung im März 1998 (Kardiomyopathie, Diabetes, Blutumlaufstörungen in den Beinen) und Befunde des Krankenhauses in Demir Hisar (Ambulanz) vom 18.05.1998 mit der Empfehlung einer stationären Behandlung wegen chronischen Äthylismus (Rezidiv, Episode mit unkontrolliertem Trinken und Halluzinationen) sowie Polyneuropathie vor.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Dr.D. wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.1998 zurückgewiesen, weil nach dem Ergebnis der Untersuchung in der Ärztlichen Gutachterstelle der Kläger vollschichtig mittelschwere Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts verrichten könne und eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden müsse.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut legte der Kläger ärztliche Unterlagen über Äthylismus sowie alkoholbedingte Wesensänderung, cerebrales Syndrom und Polyneuropathie mit Hepatopathie (stationäre Behandlung vom 15.10. bis 11.11.1998) vor, weiterhin ärztliche Atteste über seine Reiseunfähigkeit und über einen zweiten Krankenhausaufenthalt vom 25.05. bis 21.06.1999 wegen Alkoholismus mit akuten Halluzinationen; hierin ist auch vermerkt, dass der Kläger bis zum vorigen Jahr abstinent gewesen sei und dann Zeiten der häufigeren alkoholisierten Zustände gefolgt seien.

Später reichte der Kläger noch Unterlagen über einen dritten Krankenhausaufenthalt vom 30.12.1999 bis 08.02.2000 wegen Äthylismus und ängstlich-depressiver Neurosis, saniert bei Entlassung, und erneut über eine Reise- und Arbeitsunfähigkeit ein. Es folgte dann noch ein Bericht über einen vierten stationären Aufenthalt vom 22.06. bis 22.07.2000 wegen Äthylismus.

Das Sozialgericht hat die Leistungsakte für den Kläger vom Arbeitsamt Köln angefordert, und zwar vergeblich, weil diese bereits vernichtet war, und berufskundliche Unterlagen in Bezug auf einen Schlosser beigezogen. In einem anschließend in Auftrag gegebenen Gutachten nach Aktenlage vom 06.09.2000 kam die Psychiaterin Dr.M. zu dem Ergebnis, aufgrund der vorhandenen Unterlagen sei von einem Alkoholmisbrauch auszugehen, eine schwerwiegende Alkoholkrankheit mit organischen oder psychischen Folgeschäden liege jedoch nicht vor. Die stationären Krankenhausaufenthalte des Klägers hätten sicherlich zu Zeiten der vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit geführt, eine dauerhafte Einschränkung der Erwerbsfähigkeit lasse sich jedoch hieraus nicht ableiten. Bemerkenswert sei es, dass der Kläger zu dem dritten Aufenthalt von Dezember 1999 bis Februar 2000 allein zur Behandlung gekommen sei und bei Aufnahme nicht unter Alkoholeinfluss gestanden habe, sondern vielmehr depressiv gewesen sei. Eine zeitliche Leistungseinschränkung oder eine Reiseunfähigkeit lägen nicht vor. Seit März 1996 seien dem Kläger wegen Alkoholmissbrauchs und Diabetes mellitus ohne Spätschäden nur mehr leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten abwechselnd im Gehen, Stehen oder Sitzen zumutbar. Vermieden werden müssten (wegen häufiger alkoholisierter Zustände) Tätigkeiten an laufenden Maschinen bzw. gefährdenden Werkzeugen, auf Leitern und Gerüsten sowie in Nachtschicht. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Universalfräser könne der Kläger nicht mehr verrichten, weil diese nach Auskunft des letzten Arbeitgebers mit dem Bedienen von Fräsmaschinen verbunden gewesen sei. Die Umstellungsfähigkeit für andere qualifizierte Tätigkeiten (ohne gefährdende Arbeitsumstände) sei vorhanden.

Die Beklagte vertrat hierzu die Ansicht, das Ergebnis des erstellten Gutachtens sei nachvollziehbar, und der Kläger sei auf die Berufstätigkeit eines Material- und Werkstoffausgebers verweisbar; zumutbar seien auch Arbeiten als Mechaniker und Blechschlosser. Der Kläger hingegen verwies auf seinen schwerwiegenden Krankheitszustand und seine Reiseunfähigkeit.

Mit Urteil vom 17.01.2001 änderte das Sozialgericht den Bescheid vom 21.04.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.1998 ab und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.11.1998 zu leisten sowie die außergerichtlichen Kosten in Höhe von zwei Drittel zu erstatten. Hierbei ging es davon aus, dass der Kläger vor allem durch einen Diabetes und eine Alkoholkrankheit beeinträchtigt sei und den Facharbeiterberuf eines Universalfräsers nach den Feststellungen der Beklagten und der Dr.M. nicht mehr verrichten könne. Ebenso sei der Kläger nicht mehr in den von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten einsetzbar, weil der Beruf eines Material- und Werkstoffausgebers in der Regel EDV-Kenntnisse verlange, die nicht innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten erlernbar seien, und darüber hinaus teilweise mittelschwere bis schwere Arbeiten sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten nicht zu vermeiden seien. Die weitere Tätigkeit bei der Herstellung und Montage elektromechanischer und mechanischer Kleinteile könne der Kläger nach Überzeugung der Kammer auch nicht mehr vollschichtig verrichten, weil bei ihm aufgrund der langjährigen Alkoholkrankheit die notwendige Konzentrationsfähigkeit nicht mehr vorhanden sei, außerdem Arbeiten häufig an laufenden Maschinen zu verrichten seien. Zumindest ab der Aufnahme im Krankenhaus im Oktober 1998 sei der Kläger zu qualifizierten Tätigkeiten nicht mehr in der Lage. Bei diesem Leistungsfall erfülle er zwar nicht mehr die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im maßgeblichen Fünf-Jahreszeitraum von Oktober 1993 bis September 1998, aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs habe er aber noch die Möglichkeit, für November 1988, Januar 1989 bis Dezember 1990 und August 1993 bis März 1995 freiwillige Beiträge zu entrichten. Dieser Anspruch bestehe aufgrund einer unterlassenen Beratung durch das zuständige Arbeitsamt. Der Kläger sei seit 01.08.1984 arbeitslos gewesen und habe Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe bezogen. Wenn dieser bereits in der Zeit vom 14.10. bis 08.12.1988 keine Leistungen vom Arbeitsamt erhalten habe, hätte jenes ihn darauf hinweisen müssen, dass bei entsprechenden Lücken im Versicherungsverlauf zur Erhaltung der Rentenanwartschaft freiwillige Beiträge geleistet werden müssten. Dies gelte unabhängig vom Alter des Versicherten, denn gerade bei arbeitslosen ausländischen Leistungsempfängern sei es geboten, darauf hinzuweisen, dass jeder Monat mit Beiträgen belegt sein müsse, um vor Vollendung des 65. Lebensjahres noch einen Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente verwirklichen zu können. Diese unzureichende Aufklärung durch das Arbeitsamt sei der Beklagten zuzurechnen (BSG SozR § 14 Nr.28). Einer tatsächlichen Entrichtung von freiwilligen Beiträgen bedürfe es dabei nicht (§ 240 Abs.2 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI -).

Mit dem Rechtsmittel der Berufung bringt die Beklagte vor, der Kläger sei auf die Tätigkeit eines Mechanikers im industriellen Gerätebau unter Zugrundelegung des Gutachtens der Dr.M. verweisbar; nicht erkennbar sei, warum die Kammer hiervon abgewichen und dem Kläger die notwendige Konzentrationsfähigkeit abgesprochen habe. Bei der Tätigkeit eines Geräte- und Maschinenzusammensetzers gebe es in der Kleinserien-, Einzel- und Sonderfertigung leichte bis mittelschwere qualifizierte Arbeiten im Wechselrhythmus zu ebener Erde, wobei Akkordarbeit nicht üblich sei. Diese Tätigkeiten würden ebenfalls nicht an laufenden Maschinen verrichtet. Im Übrigen lägen auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht vor. Bereits mangels Ermittlungen des Sozialgerichts sei ein Beratungsfehler des Arbeitsamts nicht nachgewiesen, ebenso habe das Sozialgericht die Ursächlichkeit einer etwaigen unterlassenen Beratung durch das Arbeitsamt für eine fehlende Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht dargelegt.

Der Kläger hiergegen brachte vor, dass sein Gesundheitszustand sich immer mehr verschlechtere, er wegen symptomatischen Äthylismus, Depression und Polyneuropathie mit Medikamenten und Therapie behandelt werde und vor kurzem erneut einen Krankenhausaufenthalt absolviert habe. Es solle das Urteil des Sozialgerichts in Landshut berücksichtigt werden, das unter Zugrundelegung von Sachverständigengutachten entschieden habe, dass er nicht mehr arbeitsfähig sei.

Der Senat hat die Übersetzung verschiedener, ungenügend übersetzter ärztlicher Unterlagen in der Versichertenakte und der Prozessakte erster Instanz veranlasst, bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Rheinland und bei der Betriebskrankenkasse der F.werke AG ermittelt, wobei letztere dem Gericht einen Krankheitslistenauszug zur Verfügung stellen konnte. Nachforschungen bei den den Kläger in der BRD behandelnden Ärzten (Dr.G. , Dr.T. , Dr.K.) und deren Praxisnachfolgern blieben ergebnislos; den Kläger betreffende ärztliche Unterlagen waren nicht mehr vorhanden.

Der Senat hat weiterhin das von der Bundesanstalt für Arbeit herausgegebene "Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen" (gabi) Nr.222 Fräser/Universalfräser und zugehörige Berufe sowie die Versichertenakte der Beklagten beigezogen und dann den Neurologen und Psychiater Dr.K. sowie den Internisten Dr.E. zu ärztlichen Sachverständigen ernannt.

In seinem Gutachten vom 14.01.2002 nach Aktenlage kam Dr.K. zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine offensichtlich episodisch verlaufende Alkoholerkrankung im Sinne einer sogenannten Dipsomanie mit Phasen eines deutlich vermehrten Trinkverhaltens und Phasen auch länger dauernder Abstinenz, weiterhin fraglich ein beginnendes polyneuropathisches Syndrom ohne funktionell relevante Ausfälle (bei allerdings widersprüchlichen Befunden im März 1998 im Vergleich zu Mai und Oktober 1998) vorgelegen habe. Zum Zeitpunkt März 1996 (Rentenantragstellung) sei von einem vollschichtigen Leistungsvermögen auszugehen, zum Zeitpunkt der ersten stationären Behandlung im Krankenhaus D. (15.10. bis 11.11.1998) habe möglicherweise eine länger dauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Der Zeitpunkt einer dauerhaft beeinträchtigten Leistungsfähigkeit sei, wenn man den mazedonischen Unterlagen folgen könne, auf den 25.05.1999 (zweiter stationärer Krankenhausaufenthalt vom 25.05. bis 21.06.1999) zu verlegen. Bis dahin seien Funktionsausfälle und Behinderungen durch Alkoholkrankheit insofern verursacht worden, als der Kläger zum Zeitpunkt der akuten Alkoholintoxikationen nicht mehr in der Lage gewesen sei, einer Beschäftigung nachzugehen. Ab 25.05.1999 habe ein zeitlich eingeschränktes Leistungsvermögen bestanden, vorher sei der Kläger vollschichtig im Erwerbsleben einsetzbar gewesen, ausgenommen für ausschließlich schwere körperliche Arbeiten.

Dr.E. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 25.05.2002 einen chronischen Alkoholabusus mit Alkoholkrankheit und Verdacht auf Neuropathie, einen Diabetes mellitus mit Retinopathia diabetica sowie einen Verdacht auf leichte Makroangiopathie und auf arteriellen Hypertonus. Der chronische Alkoholkonsum des Klägers habe, was das internistische Fachgebiet angehe, zumindest bis zum Jahre 1998 zu keiner Organschädigung geführt, die dessen Leistungsvermögen wesentlich beeinflusst hätten. Selbst in der Zeit von 1998 bis 2000 lägen keine definitiven Befunde vor, die eine so schwere Schädigung vermuten ließen, dass qualitative Leistungseinschränkungen gerechtfertigt wären, so z.B. keine Befunde über eine dekompensierte Lebercirrhose oder über Diabetesentgleisungen oder Organschädigungen. Auch eine funktionell bedeutsame Herzschädigung sei bis zum Jahre 1998 mit Sicherheit auszuschließen. Der Kläger sei in Tätigkeiten aus dem Berufskreis eines Universalfräsers und des allgemeinen Arbeitsmarkts sowohl 1996 als auch 1998 mit Sicherheit nicht beeinträchtigt gewesen, ebensowenig ließen sich aus internistischer Sicht quantitative Leistungseinschränkungen bis zum Jahre 2000 nachvollziehen. Der Kläger sei von 1996 bis 1998 und auch noch 1999 in der Lage gewesen, leichte und mittelschwere Tätigkeiten - ausgenommen auf Leitern und Gerüsten - vollschichtig zu verrichten.

Der Kläger nimmt hierzu dahingehend Stellung, dass sein Gesundheitszustand sich verschlimmert habe und nun eine längere Behandlung mit Kontrollen beim Psychiater notwendig sei (Attest vom 14.02.2002). Auf den Hinweis des Senats, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bei der Annahme leistungsrelevanter Einschränkungen seit Mai 1999 nicht erfüllt seien und das erstinstanzliche Urteil im Hinblick auf einen Beratungsfehler des Arbeitsamts unrichtig erscheine, wendet er ein, dass die Invalidenkommission im Jahre 1996 seine Arbeitsunfähigkeit festgestellt habe und er in seinem Heimatland Invalidenrente beziehe. Seine eingeschränkte Erwerbsfähigkeit werde auch durch das zweite Gutachten vom 28.12.2001 und die erneute Aufnahme ins Krankenhaus am 28.03.2002 wegen depressiven Zustands und symptomatischen Äthylismus bewiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 17.01.2001 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 21.04.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.1998 abzuweisen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Inhalts der ärztlichen Unterlagen und des Vortrags der Beteiligten, wird hierauf sowie auf die vom Senat beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Beklagten form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit zu.

Eine geminderte Erwerbsfähigkeit liegt beim Kläger frühestens ab Mai 1999 (eventuell vielleicht sogar ab Mai 1998) und nicht seit dem im März 1996 gestellten Rentenantrag vor. Bereits im Jahre 1998 erfüllte der Kläger aber nicht mehr die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Bezug von Rente wegen Berufsunfähigkeit; in diesem Zusammenhang kann er auch nicht aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (fehlerhafte oder unterlassene Beratung durch das Arbeitsamt) so gestellt werden, als ob er bei einem Recht auf Entrichtung freiwilliger Beiträge für die Lücken im Versicherungsverlauf (das wären November 1988, Januar 1989 bis Dezember 1990, August 1993 bis März 1995 sowie für die Zeit ab November 1995) die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllen könnte. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch kommt dem Kläger nämlich nicht zugute.

Bei Rentenantragstellung im März 1996 hatte der Kläger - neben der Wartezeit - noch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt. Zwar war die Zeit ab Januar 1984 nicht vollständig mit Beitrags- und Anwartschaftserhaltungszeiten belegt, wie es § 240 Abs.2 SGB VI fordert, aber in den letzten fünf Jahren vor März 1996 (Januar 1991 bis Februar 1996) hatte der Kläger mit den nach deutschen Gesichtspunkten umgerechneten 38 Monaten Pflichtbeiträgen (Zeiträume Januar 1991 bis Juli 1993 und April bis Oktober 1995 in Mazedonien) die vom Gesetz geforderten mindestens 36 Monate mit Pflichtbeiträgen (§ 43 Abs.2 SGB VI). Bereits im Januar 1997 (entsprechender Fünf-Jahreszeitraum dann von Januar 1992 bis Dezember 1996) waren es aber nur 28 Pflichtbeitragsmonate, entsprechend weniger noch in den Jahren 1998 und 1999.

Mit der Entrichtung freiwilliger Beiträge - der Kläger war hierzu aufgrund seines im März 1996 gestellten Rentenantrags noch für das Jahr 1995, damit für die Lücken von Januar bis März und November/Dezember 1995, berechtigt (§ 197 Abs.2 SGB VI) - kann er die Voraussetzungen des Vorliegens hinreichender Pflichtbeiträge nicht erfüllen. Dem Kläger kommen auch keine Verlängerungstatbestände/Schubzeiten im Sinne von § 43 Abs.3 SGB VI zugute, die den Fünf-Jahreszeitraum in die Vergangenheit verschieben könnten. Die Zeit des Bezugs von Invalidenrente in Mazedonien (bisher vom Kläger angegeben, aber nicht von der dortigen Verbindungsstelle bestätigt) stellt keine Schubzeit gemäß § 43 Abs.2 Nr.1 SGB VI dar; nur die Zeit des Rentenbezugs nach deutschem Recht darf als Schubzeit gewertet werden (BSG vom 11.05.2000 - B 13 RJ 19/99 R). Unter Zugrundelegung des Deutsch-Jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens vom 12.10.1968 in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30.09. 1974 ergeben sich keine abweichenden Gesichtspunkte. Dieses Abkommen gilt nach Auflösung der früheren Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien im Jahre 1992 für die Nachfolgestaaten zunächst weiter; Deutschland und Mazedonien sind auch übereingekommen, das Abkommen 1968 im Verhältnis zu ihren Staaten weiterhin anzuwenden, bis beide Teile etwas Anderes vereinbaren werden, was aber bis heute nicht geschehen ist. Nach Art.25 Abs.1 des Abkommens 1968 wurden zwar bei der Erfüllung der Wartezeit die deutschen und jugoslawischen (mazedonischen) Versicherungszeiten zusammengerechnet. Unerheblich ist aber die Zeit des Rentenbezugs einer mazedonischen Rente bei den besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs.3 SGB VI und bei den Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des § 240 Abs.2 SGB VI, weil es sich hierbei nicht um Versicherungszeiten handelt, die vereinbarungsgemäß nach dem Abkommen zu berücksichtigen sind (BSG, a.a.O.).

Über eine Schubzeit im Sinne einer Anrechnungszeit (§ 43 Abs.3 Nr.1 SGB VI) ab 01.01.1989 - zu denken ist hierbei an eine ununterbrochene Zeit der Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit (§ 58 Abs.1 Nr.2 SGB VI) verfügt der Kläger ebenfalls nicht. Auch insoweit käme nur - mangels einer anrechnungsfähigen Versicherungszeit (ab 01.01.1989 in Mazedonien) - eine nach deutschem Recht zurückgelegte Zeit der Arbeitsunfähigkeit in Frage (BSG vom 22.04.1992 - 5 RJ 74/91 in SozR 3-2200 § 1259 Nr.12), über die der Kläger nach Inhalt der Rentenakte und der vom Senat beigezogenen Unterlagen nicht verfügt. Entsprechendes gilt für im Ausland zurückgelegte Zeiten der Arbeitslosigkeit (BSG vom 28.07.1992 - 5 RJ 62/91 in SozR 3-2200 § 1259 Nr.12).

In medizinischer Hinsicht ist nicht davon auszugehen, dass der "Leistungsfall" vor den Jahren 1998/1999 eingetreten ist. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können ... Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs.2 Sätze 1 bis 4 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung bis 31.12. 2000).

Erste Auskunft über einen Alkoholismus des Klägers gibt das Gutachten der Invalidenkommission vom 08.07.1996. Hiernach soll anamnestisch ein Alkoholgenuss bzw. ein Alkoholabusus des Klägers bereits während seines Aufenthalts in der BRD vorgelegen haben, und der Kläger soll "seit dem letzten Jahr" auffällig geworden sein (des öfteren betrunken auf der Straße aufgefunden und von Passanten nach Hause gebracht). Der in diesem Gutachten diagnostizierte Äthylismus und ein Delirium tremens alkoholica rechtfertigen es aber nicht, wesentliche Einschränkungen des Erwerbsvermögens des Klägers zur damaligen Zeit anzunehmen. Zu Recht hat Dr.K. zunächst darauf aufmerksam gemacht, dass der Hinweis der mazedonischen Ärzte, im Übrigen keine Nervenärzte, der Kläger habe bereits in früheren Jahren zumindest zeitweise viel Alkohol konsumiert, nicht aussagekräftig sei, so dass es möglich wäre, irgendwelche verbindlichen sozialmedizinischen Konsequenzen zu ziehen. Ärztliche Unterlagen aus der Zeit vor Juli 1996 aus Mazedonien oder aus der BRD liegen ebenfalls nicht vor; der Krankheitslistenauszug der Betriebskrankenkasse der F.werke weist vielerlei kürzerzeitige Gesundheitsstörungen wie Lumbago, Ischias, Gastritis, Cervikalsyndrom, eitrige Angina und fieberhafte oder grippale Infekte auf, aber nicht zwingende Hinweise auf dauerhafte alkoholbedingte Gesundheitsschäden wie z.B. organisches Psychosyndrom, depressives Syndrom, Polyneuropathie usw.

Zu Recht hat Dr.K. weiterhin darauf hingewiesen, dass das Gutachten der Invalidenkommission vom 08.07.1996 an dem Mangel leidet, dass Nervenärzte nicht beteiligt gewesen sind und die Diagnose eines Deliriumzustands bereits unrichtig war. Der Kläger erschien betrunken zur Untersuchung, konnte das Gleichgewicht nicht halten und musste von einem Verwandten gestützt werden. Es bestanden damit Anzeichen einer akuten Alkoholintoxikation, wohingegen ein Delirium ja gerade nichts damit zu tun hat, sondern im Gegenteil das Ergebnis einer (plötzlichen) Abstinenz nach Alkoholabusus ist. Mangels sonstiger psychiatrischer und neurologischer Befunde oder auch nur einer näheren Schilderung des Zustands des Klägers ist - wie Dr.K. dargelegt hat - auch eine alkoholische Psychose unwahrscheinlich und sind anhaltende alkoholbedingte Gesundheitsstörungen des Klägers nicht ersichtlich.

Nicht zu überzeugen vermochte ferner die damalige Diagnose einer ausgeprägten Lebercirrhose. Abgesehen davon, dass hierfür jegliche einschlägigen Befunde (Laborwerte, Sonographie usw.) fehlten, ergab die darauf folgende gutachterliche Untersuchung des Klägers im März 1998 Normalbefunde, die mit einem früher eingetretenen irreversiblen Leberschaden (Lebercirrhose - fibrotische Veränderungen) unvereinbar sind, und es wurden erst - wie Dr.E. dargelegt hat - im Oktober 1998 veränderte Laborwerte im Sinne einer Hepatopathie (allgemeine Bezeichnung für Erkrankung der Leber und der Gallenwege) beschrieben, wobei die Transaminasen (GOT, GPT) bestenfalls im Grenzbereich lagen. Von gravierenden Befunden kann allerdings erst im Jahre 2000 gesprochen werden (allgemeine Blässe des Klägers, Subikterus), die auf einen relevanten Leberschaden hindeuten, sofern sie nicht unmittelbar auf den Alkoholgenuss zurückgehen.

Angesprochen im Gutachten der Invalidenkommission vom Juli 1996 wurde ferner, dass der Kläger seit 1984 eine Antidiabetes-Therapie verordnet erhalten habe, und es wurde ein Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert. Mangels irgendwelcher mitgeteilten Befunde kann die Richtigkeit der Diagnose bzw. die Wertigkeit der Erkrankung nicht überprüft werden. Im Gutachten des Dr.G. vom 26.03.1998 sind Spätschäden eines Diabetes wie Nephro-, Makro- oder Mikroangiopathie ausgeschlossen oder zumindest, wie Dr.E. ausgeführt hat, nicht sicher objektivierbar. Insoweit wurden relevante Anzeichen erst im Jahre 2000 (Retinopathie) diagnostiziert. Im Jahre 1998 lag ein unkomplizierter Diabetes vor, wobei - laut Dr.E. - die Stoffwechsellage durch oral einzunehmende Medikamente gut beherrschbar war. Dementsprechend ist auch in der Folgezeit nie über Zuckerentgleisungen oder über Organschädigungen berichtet worden.

Im Gutachten der Invalidenkommission vom 08.07.1996 wurden ferner an Gesundheitsstörungen eine chronische hypertensive Myokardiopathie und Blutumlaufstörungen in beiden Beinen genannt. Die Diagnosen sind nicht durch Befunde untermauert, und eine relevante arterielle Verschlusskrankheit konnte im Jahre 1998 in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg dopplersonographisch ausgeschlossen werden, abgesehen davon, dass auch die zugleich durchgeführte ergometrische Belastung nicht zu Beinbeschwerden des Klägers geführt hat. Ein Bluthochdruck des Klägers von 180/100 mmHg im Jahre 1996 kann durch die akute Alkoholintoxikation zustande gekommen sein. Im März 1998 wurden hingegen nur leicht erhöhte Werte (160/100 mmHg, bei der Kontrolluntersuchung 140/80 mmHg) gemessen, wobei das Ruhe-EKG und röntgenologisch die Herzgröße normal waren; bei der Ergometrie mit 60 und 80 Watt Belastung fielen Puls- und Blutdruckverhalten regelrecht aus, es ergaben sich keine Herzrhythmusstörungen oder Ischämiezeichen. Ein hochpathologischer Befund, der aber - wie Dr.E. dargelegt hat - aufgrund der Begleitumstände und der zeitlich nachfolgenden ärztlichen Befunde zweifelhaft war, folgte lediglich aus einem Echokardiographiebefund 1998 aus Mazedonien, wobei aber aus den in der Ärztlichen Gutachterstelle gewonnenen Messwerten und dem fehlenden Anzeichen einer Herzinsuffizienz bzw. Dekompensation bis zum Jahre 2000 geschlossen werden kann, dass eine sozialmedizinisch relevante Leistungseinschränkung in den Jahren 1996 und 1998 noch nicht bestanden haben.

An sonstigen Gesundheitsstörungen lagen im Jahre 1998 geringe bis leichte altersentsprechende degenerative Veränderungen der Wirbelsäule vor, die zwar von der Invalidenkommission im Jahre 1996 mit einer "Spondylosis" diagnostisch erfasst wurden, wobei sich aber weder im Jahre 1996 noch im Jahre 1998 maßgebende Bewegungseinschränkungen zeigten.

Insgesamt gesehen ergaben sich bis März 1998 keine in Bezug auf Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit gravierende Gesundheitsstörungen. Dem Kläger waren damals leichte und mittelschwere Arbeiten - mit der Einschränkung nicht auf Leitern und Gerüsten - zumutbar. Sofern die Psychiaterin Dr.M. in ihrem Gutachten nach Aktenlage vom 06.09.2000 weitergehende Leistungseinschränkungen vorgesehen hat (im Wechselrhythmus, ohne Tätigkeit an laufenden Maschinen und an gefährdenden Werkzeugen, nicht in Nachtschicht, damit sei der Kläger als Universalfräser nicht mehr einsetzbar), kann dies nicht bereits auf die Zeit ab Rentenantrag im März 1996 bezogen werden, wie dies die Sachverständige am Ende ihres Gutachtens - ohne Begründung - getan hat. Eine maßgebende Beeinträchtigung der Wirbelsäule und des sonstigen Geh- und Stehapparats, der einen Wechselrhythmus in der Arbeitshaltung rechtfertigen könnte, war bis zum Jahre 1998 nicht vorhanden. Gegen eine verallgemeinernde Einschätzung des Erwerbsvermögens spricht auch, dass der Gesundheitszustand des Klägers erkennbar anhand von vier Krankenhausberichten zu stationären Aufenthalten zwischen November 1998 und Juni 2000 sich im Laufe der Jahre auf neurologischem und internistischem Gebiet verschlechtert hat, wohingegen im März 1996 und im März 1998 gravierende Gesundheitsstörungen nicht feststellbar waren.

Auch unter dem übergeordneten Gesichtspunkt einer Alkoholkrankheit kann und darf nicht ein bereits seit März 1996 durchgehend gleich eingeschränktes Erwerbsvermögen des Klägers angenommen werden. Wie Dr.K. aus der gesamten Krankengeschichte unter Besprechung der einzelnen zeitlichen Abschnitte und der jeweiligen Behandlungen des Klägers abgeleitet hat, verlief die Alkoholerkrankung des Klägers episodisch im Sinne einer Dipsomanie mit Phasen des Trinkens und längeren Zeiträumen der völligen Unauffälligkeit und Abstinenz. Während der kürzeren Trinkphasen bestand Arbeitsunfähigkeit, die wegen ihrer Dauer unter sechs Monaten keine rentenerheblichen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit begründen konnte. Während der längeren Dauer der Enthaltsamkeit waren jedoch keine qualitativen (oder quantitativen) Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit anzunehmen. Hingewiesen werden muss darauf, dass der Kläger nach einer Intoxikationsphase (März 1996) nichts oder wenig getrunken hat, wie sich aus seinen eigenen anamnestischen Angaben während der Untersuchungen in der Ärztlichen Gutachterstelle Regensburg (März 1998) und den bis auf eine leichte Fettleber unauffälligen Untersuchungsbefunden ergab. Rückfällig wurde der Kläger im Mai und Herbst 1998 ("intensives alkoholisches Rezidiv" laut Krankenhausbericht zum ersten stationären Aufenthalt vom 15.10. bis 11.11.1998); erneut wurde er im Mai 1999 auffällig (Krankenhausbericht zum zweiten stationären Aufenthalt vom 25.05. bis 21.06.1999), wobei zur Anamnese vermerkt ist, dass bis zum vorigen Jahr die Abstinenz angedauert hat. Erst ab Mai 1999 häuften sich die Behandlungen Störungen stärker und nachhaltiger. Der zeitweilige übermäßige Alkoholgenuss bei psychogenen Verstimmungszuständen mündete in die Fixierung an den Alkohol von zwanghaftem Charakter (Dipsomanie, vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch 1986, S.361). Mithin können einem Rentenanspruch des Klägers in der Zeit bis Oktober 1998 oder Mai 1999 keine wesentlichen erwerbsmindernden Einschränkungen zugute kommen. Er war, ausgenommen in akuten kürzeren Phasen, voll einsatzfähig im bisherigen Beruf des Universalfräsers. Die entgegengesetzte Ansicht des Sozialgerichts kann schon deshalb nicht geteilt werden, weil sie auf keinen einschlägigen berufskundlichen Unterlagen beruht, sondern nur auf der Auffassung der Dr.M. , die sich ebenfalls nicht auf berufskundliche Unterlagen stützen konnte und auch insoweit keine eigenen gutachterlichen Kenntnisse dargelegt hat. Im Übrigen war das von Dr.M. wohl zugrunde gelegte Bild eines Alkoholikers, der generell unter Alkoholeinfluss steht und zudem zur Gruppe der "Spiegeltrinker" gehören müsste, die schon am Vormittag und während des Arbeitstags den Alkoholpegel im Blut anheben und daher nicht an gefährlichen Maschinen tätig sein sollen, vorliegend unpassend, weil es verschiedene Typen des Alkoholikers mit unterschiedlichem Trinkverhalten gibt und das Spiegeltrinken gerade beim Kläger als periodischem Trinker untypisch ist.

Auch die Vorstellung der Dr.M. und offenbar des Sozialgerichts vom Berufsbild eines Fräsers, der an laufenden Maschinen mit gefährlichen Werkzeugen hantiert, ist vorliegend nicht richtig, weil der Kläger nicht in einem Handwerksbetrieb und hier wiederum (mit veralteten Maschinen) und mit manueller Betätigung Teile bearbeitet hat. Vielmehr war der Kläger in einem Industriebetrieb (F.werke) mit der Serienfertigung beschäftigt und hatte Fräsmaschinen zu bedienen (Arbeitgeberauskunft vom 23.03.1999). Es handelt sich hier um eine leichte bis mittelschwere Arbeit überwiegend im Stehen (gabi Abschnitt A 3.2). Die spanabhebende Bearbeitung (Fräsen) wird nicht mehr per Hand verrichtet, sondern von halbautomatischen und automatischen Maschinen durchgeführt, wobei der Fräser folgende Tätigkeiten wahrzunehmen hat: Arbeiten nach Zeichnungen oder anderen Arbeitsanweisungen, Bereitlegen, Aussuchen und Montieren der Mess- und Fräswerkzeuge, Anreißen der Werkstücke, Einspannen der Werkstücke, Einstellen der Maschinen und Kontrolle des einwandfreien Laufs, Bedienen von Tasten, Handhebeln und Handrädern (zur Heranführung der Fräswerkzeuge an das Werkstück), Regelung des Kühlmittelzuflusses, Überwachung des ablaufenden Fräsvorgangs, Ausspannen und nachträgliche Prüfung der Werkstücke; bei NC- und CNC-Maschinen ist der Arbeitsablauf weitgehend automatisch durch Programme vorbestimmt (vgl. gabi, a.a.O., Abschnitt B 0.1). Daher kann unter Berücksichtigung des Gesundheitszustands des Klägers bis 1998 und den Anforderungen des Berufs eines Universalfräsers im industriellen Bereich davon ausgegangen werden, dass jener in diesem Berufs erwerbstätig sein konnte. Der Umstand, dass ihm das in dem darauf folgenden Zeitraum nicht mehr möglich bzw. zumutbar gewesen ist, ist unerheblich, denn in den späteren Jahren, als Berufsunfähigkeit eingetreten ist oder eingetreten sein könnte, erfüllte der Kläger zwar die medizinischen Voraussetzungen, aber nicht mehr die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Rentenbezug.

Hier hilft dem Kläger das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht weiter. Insoweit liegt eine Unterstellung der Verletzung einer Aufklärungspflicht in mehrerer Hinsicht vor, wenn das Sozialgericht allein aus der Tatsache, dass der Versicherungsverlauf des Klägers lückenhaft ist und die Leistungsunterlagen des Arbeitsamts - wegen Zeitablaufs - nicht mehr vorhanden sind, schließt, 1. dass das Arbeitsamt den Kläger hätte beraten müssen, 2. dass die Beratung pflichtwidrig unterlassen worden ist, 3. dass der Kläger bei richtiger Beratung durch das Arbeitsamt die Lücken im Versicherungsverlauf rechtzeitig durch Entrichtung freiwilliger Beiträge geschlossen hätte.

Vorliegend ist nicht feststellbar, dass das Arbeitsamt den Kläger hinsichtlich der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hätte beraten müssen. Eine Beratungspflicht besteht nur, wenn der Versicherte an den Versicherungsträger mit konkreten Fragen bzw. der Bitte um Auskunft herantritt oder wenn anläßlich eines konkreten Bearbeitungsvorgangs ein Umstand offensichtlich wird, der eine notwendige Beratung zur Abwendung eines drohenden Nachteils nahelegt. Vorausgesetzt ist zunächst, dass dem Arbeitsamt die Verpflichtung zur Beratung in rentenversicherungsrechtlichen Angelegenheiten überhaupt obliegt (zweifelnd das Urteil des BSG vom 15.12.1994 - 4 RA 64/93), wobei jedenfalls sehr enge Grenzen gelten. Die Arbeitsverwaltung ist kraft Gesetzes nicht mit der rentenversicherungsrechtlichen Beratung beauftragt und hat auch keinen Auftrag (oder eine Vereinbarung mit dem Rentenversicherungsträger), dessen Beratungspflichten zu erfüllen. Allenfalls wird man unter Umständen vom Arbeitsamt den Hinweis erwarten können, dass die Meldung beim Arbeitsamt - auch bei Nichtbezug von Leistungen - rentenversicherungsrechtlich von Bedeutung bzw. schädlich sein kann; die Arbeitsverwaltung ist über die konkreten und gegebenenfalls auch anrechnungsfähigen oder nicht anrechnungsfähigen rentenerheblichen Zeiten eines Versicherten generell nicht informiert und muss auch insoweit nicht nachforschen oder sich Gedanken machen.

Vorliegend ist zum ersten Fall, einem ungewöhnlichen Ausnahmefall, dass der Kläger an das Arbeitsamt zur Beratung in Fragen der Rentenversicherung herangetreten wäre, nichts vorgetragen; auch nach Aktenlage ergeben sich hierfür nicht die geringsten Anhaltspunkte. Auch der zweite Fall, ein konkret auf der Hand liegender (offensichtlicher) Beratungsbedarf bei Lücken oder bei Ende des Bezugs von Leistungen seitens der Arbeitsverwaltung ist nicht ersichtlich. Eine Pflicht zur Beratung allgemeinhin ins Blaue hinein, ohne Kenntnis der genauen rentenversicherungsrechtlichen Sachverhalte, lediglich im Hinblick darauf, was bei Unterstellung bestimmter denkbarer Umstände und Sachverhaltsgestaltungen notwendig oder nützlich sein könnte, besteht nicht. Es ist ohne nähere Anhaltspunkte nicht Aufgabe des Arbeitsamts, die Versicherten (bei Beendigung des Leistungsbezugs) zu bewegen, weiterhin alle nur möglichen Voraussetzungen für einen späteren Erhalt von Rente zu erfüllen und sich z.B. periodisch und dauernd arbeitslos zu melden (Urteil des BSG vom 06.08.1992 - 8 RKn 9/91).

Im jetzigen Streitfall ist nicht bekannt, ob das Arbeitsamt Köln im Jahre 1988 überhaupt positiv wusste, dass eine rentenversicherungsrechtliche Lücke vom 14.10. bis 08.12.1988 bestanden hatte, also im November 1988 keine anderen versicherungsrechtlich erheblichen Tatbestände greifen konnten, und ob mit dem Ende des Leistungsbezugs (20.12.1988) konkret eine Lücke, die auch erheblich ist, eintreten könnte. Bei dem damaligen Alter des Klägers (42 Jahre) ist es generell nicht vorhersehbar, dass er eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit nicht mehr aufnimmt (vgl. BSG, a.a.O., zu einem 43-jährigen Versicherten) und ein späterer Rentenbezug wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit an einer Lücke im Versicherungsverlauf scheitern wird. Schließlich ist ja auch an den Fall zu denken, dass ein relativ junger Versicherter - trotz Lücken im Versicherungsverlauf - die Voraussetzungen des Rentenbezugs mit 36 Monaten Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt des Leistungsfalls erfüllt, was beim Kläger damals sowohl noch in den Jahren 1989 und 1990, im Übrigen auch ohne Versicherungszeiten in Mazedonien, der Fall gewesen ist.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger voraussichtlich keine oder zu wenig rentenrechtlich erhebliche Zeiten ab 1998 erwerben könnte, sind nicht ersichtlich. Es besteht ja nicht einmal Klarheit, ob dem Arbeitsamt bekannt war, ob und aus welchen Gründen der Leistungsbezug endete bzw. sich der Kläger nicht mehr meldete. Ebensogut könnte es sich auch so verhalten haben, dass sich der Kläger aus dem Leistungsbezug abgemeldet hat, und zwar ohne Angaben von Gründen oder mit der Mitteilung, dass er in sein Heimatland zurückkehren wolle und dort einen Arbeitsplatz gefunden habe. Vorliegend gibt es lediglich eine Vielzahl denkbarer Möglichkeiten, und der Spekulation sind nach Ablauf von mehr als einem Jahrzehnt Tür und Tor geöffnet. Mangels Aktenunterlagen können ein konkreter spezieller Fall, der von Amts wegen eine Beratung erforderlich gemacht hätte, und die Möglichkeit für das Arbeitsamt, diese Beratung auch vorzunehmen (war die neue Adresse des Klägers bekannt bzw. dieser brieflich - oder anlässlich einer Vorsprache - erreichbar?), nicht als bewiesen angenommen werden.

Allgemeinhin bereits a) bei der Personengruppe der Ausländer (die möglicherweise in ihr Heimatland zurückkehren) und b) bei einer Lücke im Bezug von Leistungen seitens der Arbeitsverwaltung bzw. bei Ende des Bezugs eine Beratungspflicht durch das Arbeitsamt anzunehmen, ist schlichtweg überzogen und unrichtig. Deshalb erübrigt es sich auch, zur Frage der Kausalität eines Beratungsmangels Ausführungen zu machen.

Daher war das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 21.04.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.08.1998 abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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