Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 1524/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4537/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Beiträge der Kläger zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ab 28. Juni 2006.
Der 1957 geborene Kläger zu 1) ist seit 01. Oktober 2000 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der beigeladenen Pädagogischen Hochschule F. (Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt. Er war bis 30. September 2007 mit 50 vom Hundert (v.H.) teilzeitbeschäftigt und ist seither in Vollzeit tätig. Bis 31. Oktober 2006 war er in BAT 1b eingestuft, seit dem 01. November 2006 wird er nach der Entgeltgruppe 14 entlohnt. Nach seinen Angaben betrug sein Bruttojahresverdienst im Jahr 2007 EUR 39.500,04. Seine eigenen (Arbeitnehmeranteil) Beiträge zur Rentenversicherung beliefen sich nach seiner Aufstellung im Jahr 2007 auf EUR 3.956,98, zur Krankenversicherung auf EUR 2.867,32 und zur Pflegeversicherung auf EUR 300,91. Die 1962 geborene Klägerin zu 2) ist seit 17. September 2001 mit einem wechselnden Zeitumfang zwischen 50 v.H. und 75 v.H. als Diplom-Heilpädagogin bei der beigeladenen Arbeiterwohlfahrt (Beigeladene zu 3) versicherungspflichtig beschäftigt. Sie ist eingruppiert nach BMT-AW II Vergütungsgruppe IV b. Ihr Bruttojahresverdienst betrug nach ihren Angaben im Jahr 2007 bei einer Beschäftigung im Umfang von 75 v.H. EUR 28.963,57. Ihre eigenen Beiträge zur Rentenversicherung beliefen sich nach ihrer Aufstellung im Jahr 2007 zur Rentenversicherung auf EUR 2.881,89, zur Krankenversicherung auf EUR 2.346,03 und zur Pflegeversicherung auf EUR 318,59. Die Kläger sind verheiratet und Eltern von zwei in den Jahren 1993 und 1996 geborenen Kindern, für die ihnen im Jahr 2007 Kindergeld in Höhe von EUR 3.696,00 gewährt wurde. Beide Kläger sind bei der Beklagten kranken-, bei der Beigeladenen zu 1) renten- und bei der Beigeladenen zu 2) pflegeversichert.
Am 17. Juli 2006 beantragten die Kläger bei der Beklagten unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 03. April 2001 (1 BvR 1629/94 in BVerfGE 103, 242 bis 271), wonach es nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei, dass "Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzögen mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden" (Anführungszeichen im Original) und der Gesetzgeber beauftragt worden sei, diese Frage für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung zu prüfen, bei der Beitragserhebung zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung den Unterhalt und die Erziehungs- und Betreuungsleistungen für ihre beiden Kinder zu berücksichtigen. Die Erfüllung dieser Aufgaben mindere ihre Leistungsfähigkeit und sei als Beitragsäquivalent zu berücksichtigen. Bisher sei die Entscheidung des BVerfG nach ihrer Auffassung im Rahmen der Pflegeversicherung nicht ausreichend/nicht verfassungsgemäß umgesetzt worden. Aus dem weitergehenden Prüfauftrag des BVerfG habe die alte Bundesregierung keine Konsequenzen gezogen und auch die neue Bundesregierung sei hierzu offenbar ebenfalls nicht gewillt.
Mit Bescheid vom 21. Juli 2006 - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - lehnte die Beklagte den Antrag auf Herabsetzung der Beiträge ab. Der Gesetzgeber habe die Auflage des BVerfG im Urteil vom 03. April 2001, wonach die Kindererziehungsleistung in der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden müsse, mit dem Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehung im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung (Kinderberücksichtigungsgesetz - KiBG -) vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3448) umgesetzt. Mit diesem Gesetz sei für Kinderlose in der sozialen Pflegeversicherung ein Beitragszuschlag von 0,25 v.H. eingeführt worden. Im Übrigen sei es bei dem bisherigen Beitragssatz von 1,7 v.H. verblieben. Die weitergehende Prüfung der Berücksichtigung von Kinder- bzw. Erziehungszeiten auch für die anderen Bereiche der gesetzlichen Versicherungen sei bisher von Seiten der Gesetzgebung nicht erfolgt. Eine Änderung der individuellen Beiträge könne deshalb nicht vorgenommen werden, da sie, die Krankenversicherung, in der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung - ebenso wie in der Rentenversicherung - an die gesetzlichen Vorgaben gebunden sei.
Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2007 am 02. August 2007 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, der Gesetzgeber habe die unsolidarischen Verteilungswirkungen entgegen der Vorgaben im Urteil des BVerfG vom 03. April 2001, die für den gesamten Bereich der Sozialversicherung gelten würden, mittlerweile sogar noch verschärft und lediglich in der Pflegeversicherung einen geringen Zusatzbeitrag für Kinderlose eingeführt. Eine Unterscheidung lediglich zwischen Kinderlosen und Eltern mit Unterhaltspflichten für Kinder - unabhängig von der Kinderzahl - in der Pflegeversicherung sei mit dem GG nicht vereinbar. Es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG vor. Das Leistungssystem sei so aufgebaut, dass es ein altersspezifisches Risiko abdecke und werde so finanziert, dass die jeweils erwerbstätige Generation die Kosten für vorangegangene Generationen mittragen müsse. Dies bedeute, dass für das System nicht nur die Beitragszahlung, sondern auch die Kindererziehung konstitutiv sei. Werde die zweite Komponente dadurch, dass immer weniger Versicherte Kinder bekämen und betreuten, nicht mehr regelmäßig von allen geleistet, würden Eltern in diesem System spezifisch belastet. Dies müsse innerhalb des Systems im Beitragsrecht ausgeglichen werden. Ein gleicher Versicherungsbeitrag führe zu einem erkennbarem Ungleichgewicht zwischen dem Gesamtbeitrag der Eltern (Kindererziehung und Geldbeitrag) und dem Geldbeitrag der Kinderlosen. Für Familien werde zwischenzeitlich die Obergrenze der Abgabenlast überschritten. Die Obergrenze könne zutreffend nur im Verhältnis von öffentlicher Abgabenlast zum frei verfügbaren Einkommen nach Deckung des Existenzminimums bestimmt werden.
Hierzu teilte die Beklagte den Klägern mit (Schreiben vom 28. August 2007), dass zu der Frage, ob auf Grund der Erziehung von Kindern auf die Erhebung des Beitrags zur Rentenversicherung zu verzichten oder die Rentenversicherungsbeiträge zu ermäßigen seien, bereits Sozialgerichtsverfahren geführt worden seien, in denen die Gerichte die Rechtmäßigkeit bejaht hätten. Auch das BVerfG habe die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung bereits mehrfach bestätigt. Ein Anspruch von Versicherten mit Kindern gegenüber Versicherten ohne Kinder von der Beitragsbelastung freigestellt zu werden, weil sie bereits durch Tragung des Aufwands für Kinder ausreichend Vorleistungen zugunsten des Systems erbracht hätten, lasse sich aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Förderungspflicht von Familien im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten. Auch dem Urteil des BVerfG zur sozialen Pflegeversicherung vom 03. April 2001 könne dies, auch wenn das Urteil uneingeschränkt auch auf die gesetzliche Rentenversicherung anzuwenden wäre, was jedoch nicht der Fall sei, nicht entnommen werden. Das BVerfG habe auch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Art. 6 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, auch dann, wenn sie Kinder betreuten und erzögen, der Beitragspflicht unterworfen würden. Aus dem Urteil könne auch nicht hergeleitet werden, dass die Beitragsbelastung des Versicherten (mit Kindern) zu mindern sei. Das Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung sei auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG nicht verfassungswidrig. Das BVerfG habe den Aufwand Rentenversicherter für die Betreuung ihrer Kinder als allein leistungsrechtlich relevant angesehen. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, jegliche die Familie betreffende Belastung, auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Ebenso sei er nicht gezwungen, Familien ohne Ausgleich mit anderen Gemeinwohlbelangen sowie ohne Beachtung der Funktionsfähigkeit und des Gleichgewichts des Ganzen zu fördern. Die Rentenversicherung dürfe nicht Aufgaben der Gesamtgesellschaft lösen; erst recht bestehe kein verfassungsrechtliches Gebot, solche Aufgaben der Rentenversicherung zu übertragen.
Mit Bescheid vom 29. November 2007 lehnte die Beklagte, die das Schreiben der Kläger vom 25. Juli 2007 als Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) wertete, den Überprüfungsantrag ab. Die Kläger unterlägen als gegen Entgelt beschäftigte Arbeitnehmer der Versicherungspflicht zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung betrage seit 01. Januar 2007 19,9 v.H., der Beitrag zur Krankenversicherung 14,4 v.H. und derjenige zur Pflegeversicherung 1,7 v.H ... Die auf die Kläger jeweils entfallende Beitragslast betrage derzeit 9,95 v.H. ihrer Bruttoarbeitsentgelte in der Rentenversicherung, 8,1 v.H. in der Krankenversicherung und 0,85 v.H. in der Pflegeversicherung. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften würden die von den Klägern zu leistenden Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung berechnet und von ihren Arbeitgebern an sie - die Beklagte - abgeführt. Diese Regelungen seien abschließend und ließen keinen Spielraum für eine differenzierte Beitragsgestaltung zu. Eine Reduzierung der Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteile) für Personen mit Kindern sehe das Gesetz nicht vor.
Hiergegen legten die Kläger am 27. Dezember 2007 unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 2008 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Bei Erlass des Bescheids vom 21. Juli 2006 sei das Recht weder unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweise. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften sei der von den Klägern zu leistende Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag zutreffend berechnet und von den Arbeitgebern der Kläger an sie, die Beklagte, abgeführt worden. Eine Reduzierung der Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteile) für Personen mit Kindern sehe das Gesetz nicht vor. Dies sei durch die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 16/05 R, B 12 KR 19/04 R und B 12 KR 20/04 R = SozR 4-2600§ 157 Nr. 1) bezüglich der Rentenversicherung bestätigt worden. Der Aufforderung des BVerfG im Urteil vom 03. April 2001, bis spätestens 01. Januar 2005 eine Neuregelung zu erlassen, sei der Gesetzgeber mit dem KiBG nachgekommen. Für eine darüber hinausgehende Reduzierung der Beiträge für Eltern bestehe danach keine Veranlassung.
Dagegen erhoben die Kläger am 26. März 2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führten sie aus, sie und ihre zwei Kinder hätten im Jahr 2007 nach Deckung ihres Existenzminimums zusammen einen frei verfügbaren Betrag in Höhe von jährlich EUR 15.627,71 zur Verfügung gehabt, pro Kopf seien dies EUR 325,58 pro Monat. Für das Jahr 2008 ergäben sich im Vergleich zu einem Single und einem kinderlosen Ehepaar bei gleichem Bruttoeinkommen von EUR 5.705,30 voraussichtlich folgende monatlich frei verfügbaren Beträge: Single EUR 2.329,33; Ehepaar ohne Kinder EUR 2.104,03 und Ehepaar mit zwei Kindern EUR 1.478,87. Vergleiche man die Heranziehung zur Sozialversicherung so sei festzustellen, dass die Beiträge beim Single niedriger seien, da Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht beitragspflichtig sei. Das kinderlose Ehepaar werde gegenüber der Familie lediglich bei der Pflegeversicherung höher belastet, ansonsten müssten die Eltern dieselben Beiträge wie Kinderlose zahlen, obwohl sie durch ihre zweifache Kindererziehung für die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung pro Kopf gegenüber dem kinderlosen Paar bereits das Doppelte an Humanbeiträgen leisteten. Deshalb seien die Unterhaltsbeträge für ihre, der Kläger, Kinder von der Bemessungsgrundlage abzuziehen, um unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des "Generationenvertrags" Familiengerechtigkeit auf der Beitragsseite der Sozialversicherung herzustellen. Es ergebe sich somit folgende Berechnung: Der durchschnittliche Kindesunterhalt belaufe sich nach den Angaben des Statistischen Bundesamts auf rd. EUR 650,00/netto pro Monat, bei zwei Kindern demnach derzeit auf EUR 1.300,00. Vom Nettoeinkommen (einschließlich Kindergeld) entfielen in 2007 somit (EUR 1.300,00./.3.340,00 =) 40 v.H. auf den Unterhalt der Kinder. Daraus errechne sich bezogen auf das monatliche Bruttoeinkommen von EUR 5.705,00 folglich ein Betrag von EUR 2.282,00 monatlich, welcher von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sei. Lege man für 2007 einen Beitragssatz von 37 v.H. (19,9 v.H. Rentenversicherung, 15,4 v.H. Krankenversicherung und 1,7 v.H. Pflegeversicherung = einschließlich Arbeitgeberanteil 37 v.H.) zugrunde, ergebe sich somit die Summe von EUR 844,35 pro Monat, um welche sie - die Kläger - im Übermaß und deshalb zu Unrecht mit Beitragspflichten belastet seien und welche kinderlosen Jahrgangsteilnehmern entlastend zu Gute kämen. Das Beitragssystem der Sozialversicherung sei im Laufe von fünf Jahrzehnten in die Verfassungswidrigkeit hineingewachsen. Die Systeme stammten aus einer Zeit, in welcher der Anteil lebenslang Kinderloser unter zehn v.H. gelegen habe, der "Generationenvertrag" der Pflegeversicherung nur familiär funktioniert habe und die Gesundheits- und Alterssicherungskosten der Senioren bei einem Bruchteil ihres heutigen Ausmaßes gelegen hätten. Dies habe sich heute insgesamt verändert. Mittlerweile sei es so, dass über die Kindererziehung die Alterssicherung von kinderlosen Generationsgenossen in den drei Systemen ohne jede Vorsorgeleistung kostenlos zur Verfügung gestellt würden, während der Aufwand für diese Vorsorge sich bei den Eltern konzentriere. Dieter Suhr habe hierfür in seinem Artikel "Transferrechtliche Ausbeutung und verfassungsrechtlicher Schutz von Familien, Müttern und Kindern" in: Der Staat 1/1990, S. 69 ff. bereits vor 17 Jahren treffend den Begriff der "Transferausbeutung" entwickelt. Eltern würden durch die Sozialsysteme um die Früchte ihrer Investitionen in das Humanvermögen regelrecht geprellt. Auch das BVerfG habe in seinem Urteil vom 03. April 2001 festgestellt, dass es mit Art. 3 Abs. 1 i. V. mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzögen und damit neben dem Geldbeitrag einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisteten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden. Mit dem KiBG habe der Gesetzgeber diesen Vorgaben nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen und den Korrekturbedarf bei der Kranken- und Rentenversicherung geleugnet. Tatsächlich sei es so, dass die Kindererziehung für die Krankenversicherung ebenso "beitragsäquivalent" sei und dieselbe "konstitutive Bedeutung" wie für die soziale Pflegeversicherung habe. Die Krankenversicherung basiere wie die Pflegeversicherung auf dem Umlageverfahren. Deshalb würden für die Krankenversicherung die Erwägungen wie in der Entscheidung des BVerfG zur Pflegeversicherung in gleicher Weise gelten. Die Einwände der Bundesregierung gegen die Übertragbarkeit der Grundsätze auf die gesetzliche Krankenversicherung überzeugten nicht. Insbesondere die "beitragsfreie Mitversicherung" sei semantisch fehlerhaft und irreführend. Auch im Bereich der Krankenversicherung würden die im Hinblick auf das frei verfügbare Einkommen (Familien mit Kindern) am wenigsten Leistungsfähigen die höchsten Zuzahlungen leisten. Bezüglich der Frage, ob die Ausgestaltung des Beitragsrechts der Rentenversicherung grundrechtskonform sei, werde auf die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 16/05 R; B 12 KR 20/04 R a.a.O.) Bezug genommen. (Anführungszeichen und Klammersetzung jeweils im Original).
Die Beklagte trat der Klage entgegen. In der Tatsache, dass die Erziehung von Kindern bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finde, sei keine verfassungsrechtliche Verletzung zu sehen.
Mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 lud das SG die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 1) und die Barmer Ersatzkasse - Pflegekasse - (Beigeladene zu 2) zum Verfahren bei. Die Beigeladene zu 1) schloss sich dem Vorbringen der Beklagten an. Die Beigeladene zu 2) äußerte sich nicht.
Mit Urteil vom 30. Juni 2010 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht eine Reduzierung der zu zahlenden Beiträge unter Berücksichtigung des von den Klägern für die beiden Kinder zu leistenden Unterhalts abgelehnt und der Beitragsbemessung - wie es das Gesetz gebiete - das Arbeitsentgelt zugrundegelegt. Anhaltspunkte für eine Unvereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen mit Verfassungsrecht ergäben sich nicht. Das BVerfG habe zwar in seinem Urteil vom 03. April 2001 §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 und 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG insoweit nicht für vereinbar gesehen, als Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzögen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden. Das BVerfG habe es jedoch dem Gesetzgeber überlassen, wie er die Betreuungs- und Erziehungsleistung bei der Beitragsbemessung berücksichtige. Es habe den Gesetzgeber lediglich dazu verpflichtet, beitragspflichtige Versicherte mit einem oder mehreren Kindern gegenüber Kinderlosen relativ zu entlasten. Dieser Vorgabe habe der Gesetzgeber mit der seit dem 01. Januar 2005 geltenden Neuregelung in § 55 Abs. 3 SGB XI Rechnung getragen. Die Neuregelung setze die Vorgaben des BVerfG um und unterliege keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Für andere Zweige der Sozialversicherung ergäben sich aus dem Urteil des BVerfG keine Konsequenzen. Die Auffassung der Kläger hinsichtlich einer Verletzung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG könne nicht geteilt werden. Der Staat sei auch nach dem Urteil des BVerfG vom 07. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. in BVerfGE 87,1 ff. - und dem Beschluss vom 12. März 1996 - 1 BvR 609/90 in BVerfGE 94, 241- nicht gehalten, jegliche die Familie betreffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Für den Bereich der Rentenversicherung habe das BVerfG entschieden, dass der Aufwand der Versicherungspflichtigen für die Kinder allein leistungsrechtlich relevant sei. Auch für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung könne keine Verpflichtung zur beitragsrechtlichen Berücksichtigung der sich aus der Betreuung und Erziehung von Kindern ergebenden Belastung gesehen werden. Auch hier nehme das Gesetz leistungsrechtliche Kompensationen, etwa durch die beitragsfreie Familienversicherung (§ 10 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -), vor. Die auf dem Gebiet des Beitragsrechts erfolgende Verschiebung der Beteiligung der Erwerbstätigen an den Aufwendungen für die nicht mehr Erwerbstätigen unter dem Gesichtspunkt der Kindererziehung würde zu einer unzulässigen Übertragung von Aufgaben der Gesamtgesellschaft auf die in der Sozialversicherung zusammengeschlossene Solidargemeinschaft führen. Die Verwirklichung eines an den Staat gerichteten Auftrags zur Förderung der Familie gehöre weder zum spezifischen Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung noch zu dem der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gegen das Urteil des 12. Senats des BSG vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 20/04 R a.a.O.) gerichtete Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05. Januar 2010 - 1 BvR 3039/06 - in juris) sei nicht zur Entscheidung angenommen worden.
Gegen das ihnen am 25. August 2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 21. September 2010 Berufung eingelegt. Sie haben unter Vorlage von Aufsätzen von Dr. Frank Niehaus "Ein Vergleich der von Familien geleisteten Beiträge und erhaltenen Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung" in Sozialer Fortschritt 2009, 282 ff und Dr. Martin Estelmann "Das Beitragskinderurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 03. April 2001 - 1 BvR 1629/94" in Sozialgerichtsbarkeit 2002, 245 ff, des Kurzgutachtens zum Thema "Transferausbeutung der Familien durch die Gesetzlichen Sozialversicherungen - am Beispiel der Gesetzlichen Rentenversicherung - Modellrechnung für verschiedene Familiengrößen mit sonst konstanten Annahmen -" von Reinhard Loos vom 15. September/10. November 2011, der Beiträge von Prof. Dr. Anne Lenze "Sozialrechtlicher Familienlastenausgleich" in LdR 138 März 2010, 1 ff, von Dr. Hermann Adrian "Die ökonomischen Ursachen der niedrigen Fertilität in Deutschland" für DGD-Jahrestagung 2012 und von Reinhard Ripsam "Die Lüge von 184 Mrd Familienförderung" vom 27. Mai 2008/04. Januar 2010, Daten und Schaubildern des Dr. Frank Niehaus "Gesundheitsausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung", "Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben in Abhängigkeit vom Alter" sowie einer Publikation von Prof. Dr. Herwig Birg "Demographie und kein Ende - Plädoyer für eine neue Gemeinschaftsaufgabe Demographiepolitik" zum Deutschlandtag der Jungen Union, 21. bis 23. Oktober 2011 sowie der Aufstellung "Was am Monatsende übrig bleibt - Horizontaler Vergleich 2012" von Stresing/Zimmermann unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen vertiefend vorgetragen, die vom Gesetzgeber vorgenommene Anhebung der Beitragssätze in der Pflegeversicherung um 0,25 v.H. ohne Berücksichtigung unterschiedlicher Kinderzahlen, stelle eine Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte dar, für welche rechtfertigende Gründe nicht ersichtlich seien. Hinsichtlich der Rentenversicherung sei der Verfassungsauftrag aus dem "Trümmerfrauenurteil" des BVerfG vom 07. Juli 1992 (a.a.O.) zur "schrittweisen Verbesserung" der Situation der Familien im Transferrecht unerfüllter denn je, weil der Gesetzgeber die Situation der Familien im Steuer- und Sozialrecht per Saldo stetig verschlechtert habe. Das SG stelle den Klagevortrag, dass Familien in den intergenerationellen Sozialsystemen der Transferausbeutung unterlägen, geradewegs auf den Kopf, indem es (mit dem BSG) die (eingreifende) Transferausbeutung der Familien zu einem Problem eines möglicherweise unzulänglichen (leistenden) Familienlastenausgleichs umdichte und "von staatlicher Förderpflicht" spreche, welche nicht die Sozialversicherung treffe. Entgegen dieser Ansicht betreffe das "Beitragskinderurteil" jedoch gerade nicht die "staatliche Förderpflicht von Familien", sondern die Beseitigung gleichheitswidriger Benachteiligungen zu Lasten von Familien. Das BVerfG habe diese zu Lasten Kinderloser auszugleichende Benachteiligung festgestellt und darauf hingewiesen, dass seine Erkenntnisse auch die anderen intergenerationell verteilenden Systeme betreffen würden. Die Kosten der Kindererziehung seien enorm. Der Familienlastenausgleich sei, abgesehen davon, dass Eltern über ihr eigenes fiskalisches und parafiskalisches Aufkommen ihn weitgehend selbst finanzierten, extrem unzureichend. Für das Problem der parafiskalischen Transferausbeutung lasse sich auch keine steuerfinanzierte Lösung finden. Die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG vom 05. Juli 2006 stelle keinen Richtigkeitsbeweis für die einschlägigen Urteile des BSG dar. Das BVerfG habe im "Beitragskinderurteil" vom 03. April 2001 die Gleichwertigkeit von Kindererziehung und Geldbeiträgen anerkannt. Nichts von alledem habe das BSG in seinem Urteil vom 05. Juli 2006 rezipiert oder gar reflektiert. Schließlich würden sie auch im Steuerrecht benachteiligt und unterlägen ebenfalls einer Transferausbeutung. (Anführungszeichen und Klammersetzung jeweils im Original). Auf die Anfrage des Senats haben die Kläger zunächst die zu berücksichtigende Erziehungsleistung (Unterhalt und Betreuung) mit EUR 1.000,00 monatlich beziffert, später dann eine Reduzierung der Beiträge in Höhe der in den nachfolgenden Anträgen genannten Beträge begehrt.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2008 insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 21. Juli 2006 insoweit zurückzunehmen, als die Beiträge zur gesetzlichen Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung unter Berücksichtigung der Erziehung von zwei Kindern nach dem 28. Juni 2006 über eine die Höhe von 50 v.H. der gegenwärtigen Bemessung (auch hinsichtlich des sogenannten Arbeitgeberbeitrags) übersteigende Summe erhoben werden, hilfsweise die Beitragsbemessung ohne einen Abzug eines Betrags von EUR 833,00 je Kind/Monat erfolgt, hilfsweise die Beitragsbemessung ohne einen entsprechenden Abzug des in § 32 Abs. 6 EStG genannten Betrages (steuerliches Existenzminimum) von der Bemessungsgrundlage erfolgt, hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Artikel 100 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge zur Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung regelnden Vorschriften (§§ 157, 161 Abs. 1 162 Nr. 1 SGB VI, §§ 223 Abs. 1, 226 Abs. 1 S. 1 sowie 241 SGB V und §§ 54 Abs. 2 Satz 1, 55 Abs. 1 und 3 Satz 1, 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 226 SGB V) mit den Grundrechten der Kläger aus den Artikeln 3, 6, 20 und 28 (Sozialstaatsprinzip) Grundgesetz vereinbar sind. hilfsweise ein Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Herwig Birg, Universität Bielefeld, Charles-H.-King-Straße 23, 14163 Berlin, zu folgenden Fragen einzuholen:
1. Wie hat sich, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, der Anteil lebenslang Kinderloser der Geburtsjahrgänge 1957 und 1962 im Vergleich zu Familien mit ein, zwei, drei und mehr Kindern, deren Eltern ebenfalls diesen Jahrgängen angehören, entwickelt?
2. Welche Konsequenzen resultieren hieraus für die Entwicklung der Beitragssätze für die a) gesetzliche Pflege-, b) gesetzliche Kranken- und c) gesetzliche Rentenversicherung?
3. Lässt sich der "positive externe Effekt" der Kindererziehung seitens Mehrkinderfamilien zugunsten der Kinderlosen dieser Jahrgänge für diese Systeme quantifizieren?
4. Falls 3. bejaht wird: Wie hoch müsste der Beitragssatz in den Systemen jeweils für Kinderlose und Eltern (bei unterschiedlicher Kinderzahl von 1 bis 4 Kindern je Paar) in 2007, 2015, 2030 sein, um diese "positiven externen Effekte" zu balancieren?
5. Würde den Erfordernissen der Berücksichtigung der Kindererziehung gemäß den Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 03. April 2001 (1 BvR 1629/94) demzufolge eher durch Abzug der existenzminimalen oder der durchschnittlichen Kinderkosten ausreichend Rechnung getragen?,
hilfsweise Reinhard Loos als Sachverständigen zur weiteren Erläuterung seines Kurzgutachtens zu laden, hilfsweise Sachverständigengutachten der Sachverständigen Prof. Dr. Herwig Birg und Dr. Frank Niehaus dazu, dass die Feststellungen des BVerfG im "Beitragskinderurteil" zur Pflegeversicherung bezüglich der inter- und intragenerationellen Verteilungsverhältnisse von Lasten und Leistungen und der (auszugleichenden) Nachteile versicherter Eltern im Vergleich zu kinderlosen Versicherten im Wesentlichen ebenso auf die gesetzliche Krankenversicherung zutreffen, hilfsweise die Sachverständigen Prof. Dr. Herwig Birg, Dr. Hermann Adrian, Dr. Frank Niehaus und Reinhard Loos in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Benachteiligung von Eltern gegenüber Kinderlosen in den drei intergenerationell verteilenden Sozialsystemen zu hören, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und ihre Bescheide sowie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 03. Februar 2011 hat der Senat die Arbeiterwohlfahrt (Beigeladene zu 3) und die Pädagogische Hochschule Freiburg (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen. Sie haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Denn die von den Klägern begehrte Reduzierung der Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung beläuft sich auf über EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und sie wenden sich auch gegen die Höhe der Beiträge für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2008, Rücknahme des Bescheids vom 21. Juli 2006 und Erhebung von Versicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der Erziehung von zwei Kindern nur noch in Höhe von 50 v.H. der gegenwärtigen Bemessung (einschließlich des so genannten Arbeitgeberbeitrags), hilfsweise, dass die Beitragsbemessung ohne einen Abzug eines Betrags von EUR 833,00 je Kind/Monat erfolgt, hilfsweise, dass die Beitragsbemessung ohne einen entsprechenden Abzug des in § 32 Abs. 6 EStG genannten Betrages (steuerliches Existenzminimum) von der Bemessungsgrundlage erfolgt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2008, mit dem es die Beklagte ablehnte, den Bescheid vom 21. Juli 2006 zurückzunehmen. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist eine damit verbundene Beitragserstattung. Eine solche haben die Kläger nicht beantragt. Sie wenden sich "nur" gegen die Beitragshöhe ab 28. Juni 2006.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches (des SGB) längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (Satz 2). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Satz 3).
Bei Erlass des Bescheids vom 21. Juli 2006 hat die Beklagte weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Herabsetzung der von ihnen zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Die Kläger hatten und haben seit 28. Juni 2006 Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage der jeweiligen beitragspflichtigen Arbeitsentgelte zu zahlen.
Über die gesetzliche Beitragshöhe in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung entscheidet nach § 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Einzugsstelle im sogenannten Einzugsstellenverfahren.
Die Kläger sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung und gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig Beschäftigte, denn sie waren und sind gegen Arbeitsentgelt bei den Beigeladenen zu 3) und 4) beschäftigt. Tatbestände der Versicherungsfreiheit (§ 5 SGB VI, §§ 6, 7 SGB V) oder für eine Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 6 SGB VI, § 8 SGB V, § 22 SGB XI) liegen nicht vor.
Abhängig beschäftigte Versicherte wie die Kläger haben in der Rentenversicherung während der Dauer ihrer Beschäftigung gemäß §§ 153 Abs. 1 und 2 Satz 1, 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI neben den Arbeitgebern die Hälfte der Beiträge zu tragen. Die Beiträge werden nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben, die nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wird (§ 157 SGB VI). Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige sind die beitragspflichtigen Einnahmen (§ 161 Abs. 1 SGB VI), die bei Beschäftigten wie den Klägern aus dem Arbeitsentgelt bestehen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze sind von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festzusetzen (§ 160 SGB VI). § 158 Abs. 2 SGB VI ist insoweit trotz Änderungen durchgehend zu entnehmen, dass der Beitragssatz grundsätzlich so festzusetzen ist, dass die voraussichtlichen Beitragseinnahmen unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer und der Zahl der Pflichtversicherten zusammen mit den Zuschüssen des Bundes und den sonstigen Einnahmen unter Berücksichtigung der von Entnahmen aus der Nachhaltigkeitsrücklage ausreichen, um die voraussichtlichen Ausgaben in dem auf die Festsetzung folgenden Kalenderjahr zu decken und sicherzustellen, dass die Mittel der Nachhaltigkeitsrücklage am Ende dieses Kalenderjahres im Falle von Abs. 1 Nr. 1 dem Betrag der Mindestrücklage oder im Fall von Abs. 1 Nr. 2 dem Betrag der Höchstnachhaltigkeitsrücklage voraussichtlich entsprechen. Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung betrug im Jahr 2006 19,5 v.H. und in den Jahren 2007 bis 2011 19,9 v.H ... Seit 01. Januar 2012 beträgt er 19,6 v.H ...
Die Mittel der Krankenversicherung werden gemäß § 220 SGB V ebenfalls u.a. durch Beiträge aufgebracht. Die Beiträge sind gemäß § 223 Abs. 1 SGB V grundsätzlich für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen. Die Beiträge werden gemäß § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Sie sind gemäß § 223 Abs. 3 Satz 1 SGB V bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V für den Kalendertag zu berücksichtigen (Beitragsbemessungsgrenze). Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ebenfalls das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung trugen die nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtig Beschäftigten und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte; den zusätzlichen Beitragssatz trägt der versicherungspflichtige Beschäftigte allein. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit 01. Januar 2009 geltenden Fassung trägt bei versicherungspflichtig Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge des Mitglieds aus dem Arbeitsentgelt nach dem um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen oder ermäßigten Beitragssatz; im Übrigen tragen die Beschäftigten die Beiträge. Während bis 31. Dezember 2008 der allgemeine Beitragssatz durch die Satzung der jeweiligen Krankenkasse festgelegt war und gemäß § 241a SGB V in der vom 01. Juli 2005 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung außerdem ein von den Mitgliedern allein zu tragender zusätzlicher Beitragssatz von 0,9 v.H. galt, betrug der allgemeine Beitragssatz seit 01. Januar 2009 15,5 v.H. und seit 01. Juli 2009 14,9 v.H ... Seit 01. Januar 2011 beträgt er erneut 15,5 v.H ...
Im Bereich der Pflegeversicherung werden die Mittel für die Pflegeversicherung gemäß § 54 Abs. 1 SGB XI ebenfalls u.a. durch Beiträge gedeckt. Nach § 55 Abs. 2 SGB XI sind beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V zu berücksichtigen. Bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 SGB IV (§ 57 Abs.1 SGB XI). Danach wird auch insoweit gemäß § 226 SGB V u.a. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Der Beitragssatz betrug nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bis 30. Juni 2008 1,7 v.H., seit 01. Juli 2008 beträgt er 1,95 v.H ... Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI in der ab 01. Januar 2005 geltenden Fassung erhöht sich der Beitragssatz für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose). Dies gilt nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 des Sozialgesetzbuch Ersten Buches (§ 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Nach § 58 Abs. 1 SGB XI tragen die versicherungspflichtig Beschäftigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte.
Auf der Grundlage dieser genannten gesetzlichen Bestimmungen hat die Beklagte als zuständige Einzugsstelle die von den Klägern zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung berechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Für eine Reduzierung der entrichtenden und der in Zukunft noch zu entrichtenden Beiträge fehlt eine Anspruchsgrundlage. Die Kläger können entgegen der gesetzlichen Rechtslage wegen der Erziehung ihrer beiden Kinder und der sich hieraus ergebenden Unterhaltslast auch keine Reduzierung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung verlangen.
Ein derartiger Anspruch lässt sich, wie das BSG in seinem nach Ansicht des Senats wohlbegründeten Urteil vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 20/04 R a.a.O.), gegen das die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde (BVerfG, Beschluss vom 05. Januar 2010 - 1 BvR 3039/06 - a.a.O.), im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung ausgeführt hat, aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Förderungspflicht von Familien im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten.
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.), auf das auch das BSG im Urteil vom 05. Juli 2006 (a.a.O.) Bezug nimmt, insoweit ausgeführt, dass Art. 6 GG als Freiheitsrecht den Staat verpflichte, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthalte die Bestimmung auch eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründe, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verbiete es ihm aber, dabei Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Innerhalb dieser Grenzen sei der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei. Weitergehende Einschränkungen könnten sich aus dem besonderen Schutz, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde, ergeben. Insbesondere sei bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne Kinder gleich behandeln, der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde (a.a.O. Rd. 43 mit weiteren Nachweisen). Das BVerfG hat in diesem Urteil weiter dargelegt, dass Art. 6 GG nicht dadurch verletzt sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung auch dann, wenn sie Kinder betreuten und erzögen, der Beitragspflicht unterworfen würden (a.a.O. Rd. 44). Der besondere Schutz der Familie, zu dem Art. 6 Abs. 1 GG den Staat verpflichte, halte den Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich an, jede zusätzliche finanzielle Belastung der Familie zu vermeiden. Der Staat sei durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie auch nicht gehalten, diese Beitragslast auszugleichen. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen und im Kontext anderweitiger Fördernotwendigkeiten. Demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei. Konkrete Folgerungen ließen sich aus diesem Verfassungsauftrag nicht ableiten. Es bestehe vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (a.a.O. Rd. 46 mit weiteren Nachweisen).
Diese Ausführungen des BVerfG, wonach der Staat durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie nicht gehalten ist, die Beitragslast der Familie in der Pflegeversicherung auf der Leistungsseite auszugleichen, gilt, wie das BSG in den Urteilen vom 05. Juli 2006 (a.a.O.), denen sich der Senat anschließt, dargelegt hat, auch für die Rentenversicherung und die Krankenversicherung. Insoweit gelten die vom BVerfG dargelegten Grundsätze, die besagen, dass dem Gesetzgeber ein Spielraum eingeräumt ist, wie er einen Familienlastenausgleich vornimmt, ihn aber nicht die Pflicht trifft, eine Belastung auf der Beitragsseite auszugleichen, ebenfalls. Es liegen insoweit keine Gesichtspunkte vor, aus denen sich im Hinblick auf einen Leistungsanspruch der Kläger etwas anderes ergibt.
Die Kläger können sich, auch insoweit schließt sich der Senat dem Urteil des BSG vom 05. Juli 2006 (a.a.O.) an, auf das Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (a.a.O.) und den dortigen Regelungsauftrag/Normprüfungsauftrag an den Gesetzgeber auch nicht in dem Sinne berufen, als sie daraus ein verfassungsrechtliches Gebot ableiten wollen, ihre Beitragsbelastung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu mindern. Das BVerfG hat nach dem Tenor des Urteils vom 03. April 2001 §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 57 SGB XI als mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar angesehen, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Der Streitgegenstand erfasste somit eindeutig nur die Pflegeversicherung. Hierauf erstreckt sich auch nur die Bindungswirkung des Urteils. Die Beitragstragung im Rahmen der Rentenversicherung und der Krankenversicherung hat das BVerfG nicht für mit dem GG ganz oder teilweise unvereinbar erklärt.
Die Kläger können ihren Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Kindererziehung auch nicht darauf stützen, dass der Gesetzgeber einem für ihn verbindlichen Auftrag nicht nachgekommen sei, für eine Personengruppe, der sie angehören, eine begünstigende (Neu-)Regelung zu schaffen. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber im Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.) zum Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt. Der Auftrag bezog sich nur auf eine Neuregelung im Bereich des streitgegenständlichen SGB XI und der in diesem Zusammenhang für nicht mit dem GG vereinbar erklärten Normen, für die der Gesetzgeber Ersatz schaffen sollte. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht deshalb ableiten, weil das BVerfG erläuternd angemerkt hat: "Bei der Bemessung der Frist hat der Senat berücksichtigt, dass die Bedeutung des vorliegenden Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen sein wird." Damit hat das BVerfG die Dauer der dem Gesetzgeber eingeräumten Frist für eine Neuregelung des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung begründet. Ein verbindlicher Regelungsauftrag auch im Hinblick auf die anderen Zweige der Sozialversicherung kann hieraus nicht abgeleitet werden. Auch nach seinem weiteren Inhalt gibt das Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 keinen mittelbaren Anlass, aus dem sich die Verfassungswidrigkeit der Finanzierung der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung im Hinblick auf eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Aufwands für Kinder ergeben würde (vgl. zur Rentenversicherung hierzu auch BSG, Urteil vom 05. Juli 2006 a.a.O.). Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit dem KiBG die Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf die Pflegeversicherung umgesetzt und für Kinderlose einen Beitragszuschlag eingeführt. Diese Umsetzung der Vorgabe des BVerfG bewegt sich im Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten Spielraums. Das BVerfG hat keine Reduzierung der Beiträge für Eltern gefordert. Es hat explizit ausgeführt, dass die Vorschriften über die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstießen, weil sie den besonderen Beitrag, den Versicherte mit unterhaltsberechtigten Kindern für das System der sozialen Pflegeversicherung erbringen würden, in dieser Versicherung nicht leistungserhöhend berücksichtigen würden. Es hat damit nur beanstandet, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, einen gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder zu entrichten haben. Wie der Gesetzgeber die Betreuungs- und Erziehungsleistungen bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern berücksichtigt, hat das BVerfG dem Gesetzgeber überlassen. Das BVerfG hat insoweit nur eine verfassungsrechtliche Verpflichtung dahingehend gesehen, dass der Gesetzgeber eine Lösung zu wählen habe, die Unterhaltsverpflichtete bereits ab dem ersten Kind relativ entlaste. Insbesondere war der Gesetzgeber zur Umsetzung dieses Urteils des BVerfG nicht verpflichtet, an der Zahl der Kinder anzuknüpfen, sondern konnte allein die Elterneigenschaft als maßgebliches Kriterium für die unterschiedliche Beitragshöhe heranziehen. Nach den Feststellungen des BVerfG aufgrund der Anhörung eines Sachverständigen ergab sich, dass die Elterneigenschaft und nicht die Zahl der Kinder die Wahl zwischen den verschiedenen Leistungsarten der ambulanten Pflege entscheidend bestimme. Dieser Vorgabe wird das KiBG gerecht. Durch den höheren Beitrag für Kinderlose werden Unterhaltsverpflichtete gegenüber den Kinderlosen bereits ab dem ersten Kind entlastet.
Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der der Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zugrunde liegenden Vorschriften überzeugt, sodass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt.
Die uneingeschränkte Heranziehung der Kläger zu den Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen sowie zur sozialen Pflegeversicherung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Vorschriften sind nicht dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder der Kläger bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden. Als Freiheitsrecht - wie ausgeführt - verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat zwar, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Art. 3 Abs.1 GG verbietet es dem Gesetzgeber, Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Eine weitergehende Einschränkung des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie einen besonderen Schutz schuldet.
Hiervon ausgehend hat das BVerfG in seinem Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.) für die soziale Pflegeversicherung entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG dadurch verletzt ist, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung von Beiträgen keine Berücksichtigung findet. Dadurch werde die Gruppe Versicherter mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus der Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die heutigen Beitragszahler der erwerbsfähigen Generation im Umlageverfahren darauf vertrauen, dass in der Zukunft in ausreichendem Umfang neue Beitragsschuldner vorhanden sind, welches nur die heutigen Kinder sein können. Damit erwachse Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Vermögensbildung verzichten. Dieser aus der Konzeption der sozialen Pflegeversicherung den kinderlosen Versicherten entstehende systemspezifische Vorteil unterscheide sich vom Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und ihre Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwachse. Die benachteiligende Wirkung des generativen Beitrags führe zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, die innerhalb des Systems auszugleichen sei. Diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber durch das seit 01. Januar 2005 geltende KiBG - wie ausgeführt - nachgekommen. Die seit 01. Januar 2005 zur Anwendung kommende Beitragsregelung im Bereich der Pflegeversicherung verstößt nicht mehr gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Mit der gesetzliche Neuregelung im KiBG genügt - wie bereits dargelegt - der Gesetzgeber dem nach dem Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (a.a.O.) eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung eines Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der Pflegeversicherung.
Auf das Recht der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sind diese Ausführungen des BVerfG indessen nicht übertragbar. Es ist den Klägern insoweit zwar zuzugestehen, dass das gesetzliche Renten- und Krankenversicherungssystem sowie das soziale Pflegeversicherungssystem viele Gemeinsamkeiten aufweisen, die es - wie auch vom BVerfG ausdrücklich gefordert - erforderlich machen zu prüfen, ob und inwieweit sich die Entscheidung des BVerfG auch auf die gesetzliche Rentenversicherung und die Krankenversicherung übertragen lässt.
Wie die Pflegeversicherung ist auch die Rentenversicherung umlagefinanziert (§ 153 Abs. 1 SGB VI). Damit ist das Rentenversicherungssystem darauf angewiesen, dass heute Kinder geboren und großgezogen werden, um später als mögliche Beitragszahler die Renten der dann Leistungsberechtigten zu finanzieren. Hierbei handelt es sich - wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung - um einen systemspezifischen Vorteil, der über den Vorteil, der der Allgemeinheit durch Kinder erwächst, hinausgeht. Damit leisten Versicherte, die Kinder erziehen, einen systemerhaltenden generativen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im Gegensatz zur Pflegeversicherung als Risikoversicherung ist es jedoch im Rentenversicherungsrecht möglich, die Kindererziehung leistungsrechtlich - insbesondere durch die Anerkennung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§§ 56, 57 SGB VI) - zu honorieren. Ein beitragsrechtlicher Ausgleich braucht im Rentenversicherungsrecht nicht zu erfolgen (BSG, Urteil vom 05. Juli 2006 a.a.O.). Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei bei der Berücksichtigung des Aufwands für Kinder in gleichzeitiger Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des ganzen Systems. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass im Zeitpunkt der Erziehung der Kinder keinesfalls feststeht, dass sie zukünftig Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung sein werden. Dies werden sie dann nicht sein, wenn sie in ihrer zukünftigen Erwerbstätigkeit nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. In einem solchen Fall verlassen die Betreffenden das Sicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung vollständig.
Im Übrigen wäre ein beitragsrechtlicher Ausgleich auch ein krasser Verstoß gegen wesentliche Strukturprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar hat das BVerfG im Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O. Rd. 71) gefordert, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich durch Regelungen erfolgen muss, die die Elterngenerationen während der Zeit der Betreuung und Erziehung entlasten. Die mit der Kindererziehung verbundene Belastung trete in der Erwerbsphase auf, sie sei deshalb auch in diesem Zeitraum auszugleichen. Für die Pflegeversicherung hat das BVerfG entschieden, dass der verfassungsgebotene Ausgleich zwischen erziehenden und nicht erziehenden Mitgliedern nicht durch unterschiedliche Leistungen im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erfolgen kann. Diese Erwägungen sind indessen auf das Rentenversicherungsrecht nicht übertragbar. Seit der Entscheidung des BVerfG vom 28. Februar 1980 (1 BvL 17/77 u.a. SozR 7610 § 1587 Nr. 1) ist es mittlerweile ständige verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz beruht insbesondere darauf, dass der Umfang der Rentenanwartschaften durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird. Deshalb müssen Berechtigung und Eigenleistung einander zwar nicht entsprechen, je höher indessen der einem Anspruch zugrunde liegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1995 - 1 BvR 892/88 - SozR 3-2200 § 385 Nr. 6 und Beschluss vom 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98 u.a. - SozR 3-2400 § 23a Nr. 1, wonach bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen zwar eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen nicht geboten ist, der Gesetzgeber jedoch nicht berechtigt ist, bei der Leistungsbemessung sämtliche beitragspflichtigen Entgeltbestandteile außer Betracht zu lassen). In der Konsequenz bedeutet dies, dass es unzulässig wäre, kinderlose Versicherte mit höheren Beiträgen zu belegen, ohne ihnen gleichzeitig höhere Rentenanwartschaften und höhere Renten zuzubilligen, wodurch der von den Klägern gewünschte Ausgleich wieder zunichte gemacht würde. Die Erhöhung der Beitragsleistung für Kinderlose wäre jedoch zwangsläufige Folge der Verminderung der Beitragsleistung für Kindererziehende, weil ansonsten die finanzielle Basis der Rentenversicherung nicht gewährleistet wäre. Einem Ausgleich der Beitragsminderleistung der Kindererziehenden durch Steuermittel steht entgegen, dass das BVerfG - wie ausgeführt - im Urteil vom 03. April 2001 gefordert hat, dass der Belastungsausgleich systemimmanent, also gerade nicht durch die Inanspruchnahme von Steuermitteln zu erfolgen hat.
Im Bereich der beitragsfinanzierten Krankenversicherung ergeben sich entgegen der Auffassung der Kläger Vorteile für Versicherte, die Kinder erziehen und unterhalten, durch die beitragsfreie Familienversicherung (so auch BVerfG, Urteil vom 03. April 2001, a.a.O.). Dies wirkt sich unmittelbar in der Erwerbsphase der Eltern aus. Die beitragsfreie Familienversicherung ist nur ein Bestandteil des Familienlastenausgleichs, weshalb mit ihr auch nicht ein vollständiger Ausgleich aller Vorteile kinderloser Versicherter zu bewerkstelligen ist. Damit ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des BVerfG im Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.) ein zusätzlicher Ausgleich nicht mehr erforderlich.
Das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das BVerfG im Urteil vom 07. Juli 1992 (a.a.O.) aufgestellt hat. Das BVerfG hat den Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, über die Regelung des Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetzes - HEZG - und des Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 RVKLG - hinaus zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsauftrag ist der Gesetzgeber durch die zeitliche Ausdehnung der Kindererziehungszeiten für Kinder mit einem Geburtsdatum ab dem 01. Januar 1992 und Anhebung der Bewertung des Durchschnittsverdienstes (BVerfG vom 29. März 1996 - 1 BvR 1238/95 - in Juris) nachgekommen. Verfassungswidrig war in der Vergangenheit allein die Regelung zur Bewertung von Kindererziehungszeiten bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten; diese verfassungswidrige Rechtslage ist seit dem Beschluss des BVerfG vom 12. März 1996 (1 BvR 609/90 u.a SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5) korrigiert (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI). Durch § 70 Abs. 3a SGB VI hat der Gesetzgeber diesen Familienlastenausgleich im Sinne der Vorgaben des BVerfG weiter ausgebaut. Es erfolgt eine Höherbewertung von Beitragszeiten, die Eltern begünstigt, die während der ersten zehn Lebensjahre des Kindes - also während der Kinderberücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) - erwerbstätig sind und nur unterdurchschnittlich verdienen. Dasselbe gilt für Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zu seinem 18. Lebensjahr.
Ein entsprechender Ausgleich ist im Krankenversicherungsrecht nicht erforderlich, da die Kindererziehung zu keinen Nachteilen im Rahmen der Krankenversicherung führt. Personen, die Kinder erziehen bzw. erzogen haben, benötigen dieselben Leistungen wie Kinderlose. Die Krankenversorgung wird nicht durch die Kinder geleistet und Eltern sind auch nicht weniger krank als Kinderlose. Das Risiko der Krankheit trifft auch nicht - wie in der Pflegeversicherung - überwiegend nur die ältere Generation.
Die Beitragspflicht verletzt auch nicht das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur ein Altersversorgungssystem ist, sondern auch die Risiken verminderte Erwerbsfähigkeit und Tod abgedeckt werden. Gerade die Abdeckung der letztgenannten Risiken kommt Familien besonders zugute. Auch damit findet ein sozialer Ausgleich im Rentenversicherungsrecht statt. Ein sozialer Ausgleich findet sich auch im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung. In beiden Systemen sind Kinder ohne eigene Beiträge in das System mit einbezogen, was entgegen der Auffassung der Kläger eine Begünstigung von Familien mit Kindern ist. Bei der Pflegeversicherung wird Kinderlosen darüber hinaus ein höherer Beitrag auferlegt.
Auch der Schutzbereich von Art. 14 GG wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht beeinträchtigt, denn dieses Grundrecht schützt nicht das Vermögen als solches (BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990, 1 BvR 907/87 in NJW 1991, 746 f.). Anderes gilt nur dann, wenn eine Abgabe den Pflichtigen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, die Abgabe also "erdrosselnde Wirkung" hätte (BVerfGE, Beschluss vom 31. Mai 1988, 1 BvL 22/85 SozR 5850 § 14 Nr. 11; Beschluss vom 31. Mai 1990, 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87 BVerfGE 82, 159). Dies ist bei den Beiträgen zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung schon deshalb nicht der Fall, weil der Zahlung von Beiträgen Ansprüche aus der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung gegenüberstehen, für die ein vernünftiger Bürger sonst privat aufkommen müsste (Mertens, NZS 1998, 545 f) und im Rentenversicherungsrecht darüber hinaus Anwartschaften begründet werden. Für die Frage einer möglicherweise "erdrosselnden Wirkung" von Sozialversicherungsbeiträgen kommt es daher nicht auf den Gesamtbeitrag, sondern allenfalls auf den Beitragsanteil an, der den Klägern unwirtschaftlich und durch ein anderes Versicherungssystem einsparbar erscheint. Insoweit haben die Kläger nichts vorgetragen. Der wohl auch kaum bezifferbare Anteil dürfte jedoch keinesfalls "erdrosselnde Wirkung" haben.
Schließlich liegt ein Verstoß gegen Art. 1 und Art. 2 GG nicht vor. Die Auferlegung von Beitragspflichten ohne Berücksichtigung der die Kläger treffenden Unterhaltslast verstößt weder gegen die von Art. 1 GG geschützte Menschenwürde noch wird bereits in die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit durch die Erhebung der genannten Sozialversicherungsbeiträge eingegriffen, denn die Kläger werden durch Beiträge in dieser Höhe auch unter Beachtung ihrer Erziehungs- und Unterhaltsleistungen nicht unverhältnismäßig im Sinne einer "erdrosselnden Wirkung" belastet.
Schließlich war auf die weiteren Hilfsanträge der Kläger weder die Einholung weiterer Sachverständigengutachten noch die Ladung von Sachverständigen zur Erläuterung der von den Klägern vorgelegten Gutachten oder Stellungnahmen geboten. Darauf, wie sich die Gesamtbevölkerung entwickelt und ob und wenn ja welche Nachteile Eltern im Vergleich zu kinderlosen Versicherten im Sozialsystem entstehen, kommt es nicht an, denn dies ist für die Erhebung der Beiträge in der gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung nicht maßgebend und vermag sich auch nicht im Hinblick auf eine Verfassungswidrigkeit der Normen auszuwirken, nachdem wie ausgeführt - den von den versicherten Eltern gegenüber den Kinderlosen erbrachten Leistungen durch Erziehung und Unterhalt der Kinder durch gegenüber den Kinderlosen gewährte Leistungen auf der Leistungsseite (Kindererziehungszeiten etc.; Familienversicherung) Rechnung getragen wird und im Rahmen der Pflegeversicherung die Kinderlosen darüber hinaus durch einen zusätzlichen Beitrag belastet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zur gesetzlichen Krankenversicherung gibt es noch keine Rechtsprechung des BSG zu der Frage der Freistellung von der Beitragspflicht für Kinder erziehende Versicherte.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Beiträge der Kläger zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ab 28. Juni 2006.
Der 1957 geborene Kläger zu 1) ist seit 01. Oktober 2000 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der beigeladenen Pädagogischen Hochschule F. (Beigeladene zu 4) versicherungspflichtig beschäftigt. Er war bis 30. September 2007 mit 50 vom Hundert (v.H.) teilzeitbeschäftigt und ist seither in Vollzeit tätig. Bis 31. Oktober 2006 war er in BAT 1b eingestuft, seit dem 01. November 2006 wird er nach der Entgeltgruppe 14 entlohnt. Nach seinen Angaben betrug sein Bruttojahresverdienst im Jahr 2007 EUR 39.500,04. Seine eigenen (Arbeitnehmeranteil) Beiträge zur Rentenversicherung beliefen sich nach seiner Aufstellung im Jahr 2007 auf EUR 3.956,98, zur Krankenversicherung auf EUR 2.867,32 und zur Pflegeversicherung auf EUR 300,91. Die 1962 geborene Klägerin zu 2) ist seit 17. September 2001 mit einem wechselnden Zeitumfang zwischen 50 v.H. und 75 v.H. als Diplom-Heilpädagogin bei der beigeladenen Arbeiterwohlfahrt (Beigeladene zu 3) versicherungspflichtig beschäftigt. Sie ist eingruppiert nach BMT-AW II Vergütungsgruppe IV b. Ihr Bruttojahresverdienst betrug nach ihren Angaben im Jahr 2007 bei einer Beschäftigung im Umfang von 75 v.H. EUR 28.963,57. Ihre eigenen Beiträge zur Rentenversicherung beliefen sich nach ihrer Aufstellung im Jahr 2007 zur Rentenversicherung auf EUR 2.881,89, zur Krankenversicherung auf EUR 2.346,03 und zur Pflegeversicherung auf EUR 318,59. Die Kläger sind verheiratet und Eltern von zwei in den Jahren 1993 und 1996 geborenen Kindern, für die ihnen im Jahr 2007 Kindergeld in Höhe von EUR 3.696,00 gewährt wurde. Beide Kläger sind bei der Beklagten kranken-, bei der Beigeladenen zu 1) renten- und bei der Beigeladenen zu 2) pflegeversichert.
Am 17. Juli 2006 beantragten die Kläger bei der Beklagten unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 03. April 2001 (1 BvR 1629/94 in BVerfGE 103, 242 bis 271), wonach es nicht mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei, dass "Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzögen mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden" (Anführungszeichen im Original) und der Gesetzgeber beauftragt worden sei, diese Frage für die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung zu prüfen, bei der Beitragserhebung zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung den Unterhalt und die Erziehungs- und Betreuungsleistungen für ihre beiden Kinder zu berücksichtigen. Die Erfüllung dieser Aufgaben mindere ihre Leistungsfähigkeit und sei als Beitragsäquivalent zu berücksichtigen. Bisher sei die Entscheidung des BVerfG nach ihrer Auffassung im Rahmen der Pflegeversicherung nicht ausreichend/nicht verfassungsgemäß umgesetzt worden. Aus dem weitergehenden Prüfauftrag des BVerfG habe die alte Bundesregierung keine Konsequenzen gezogen und auch die neue Bundesregierung sei hierzu offenbar ebenfalls nicht gewillt.
Mit Bescheid vom 21. Juli 2006 - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - lehnte die Beklagte den Antrag auf Herabsetzung der Beiträge ab. Der Gesetzgeber habe die Auflage des BVerfG im Urteil vom 03. April 2001, wonach die Kindererziehungsleistung in der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden müsse, mit dem Gesetz zur Berücksichtigung von Kindererziehung im Beitragsrecht der sozialen Pflegeversicherung (Kinderberücksichtigungsgesetz - KiBG -) vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I, S. 3448) umgesetzt. Mit diesem Gesetz sei für Kinderlose in der sozialen Pflegeversicherung ein Beitragszuschlag von 0,25 v.H. eingeführt worden. Im Übrigen sei es bei dem bisherigen Beitragssatz von 1,7 v.H. verblieben. Die weitergehende Prüfung der Berücksichtigung von Kinder- bzw. Erziehungszeiten auch für die anderen Bereiche der gesetzlichen Versicherungen sei bisher von Seiten der Gesetzgebung nicht erfolgt. Eine Änderung der individuellen Beiträge könne deshalb nicht vorgenommen werden, da sie, die Krankenversicherung, in der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung - ebenso wie in der Rentenversicherung - an die gesetzlichen Vorgaben gebunden sei.
Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 25. Juli 2007 am 02. August 2007 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, der Gesetzgeber habe die unsolidarischen Verteilungswirkungen entgegen der Vorgaben im Urteil des BVerfG vom 03. April 2001, die für den gesamten Bereich der Sozialversicherung gelten würden, mittlerweile sogar noch verschärft und lediglich in der Pflegeversicherung einen geringen Zusatzbeitrag für Kinderlose eingeführt. Eine Unterscheidung lediglich zwischen Kinderlosen und Eltern mit Unterhaltspflichten für Kinder - unabhängig von der Kinderzahl - in der Pflegeversicherung sei mit dem GG nicht vereinbar. Es liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG vor. Das Leistungssystem sei so aufgebaut, dass es ein altersspezifisches Risiko abdecke und werde so finanziert, dass die jeweils erwerbstätige Generation die Kosten für vorangegangene Generationen mittragen müsse. Dies bedeute, dass für das System nicht nur die Beitragszahlung, sondern auch die Kindererziehung konstitutiv sei. Werde die zweite Komponente dadurch, dass immer weniger Versicherte Kinder bekämen und betreuten, nicht mehr regelmäßig von allen geleistet, würden Eltern in diesem System spezifisch belastet. Dies müsse innerhalb des Systems im Beitragsrecht ausgeglichen werden. Ein gleicher Versicherungsbeitrag führe zu einem erkennbarem Ungleichgewicht zwischen dem Gesamtbeitrag der Eltern (Kindererziehung und Geldbeitrag) und dem Geldbeitrag der Kinderlosen. Für Familien werde zwischenzeitlich die Obergrenze der Abgabenlast überschritten. Die Obergrenze könne zutreffend nur im Verhältnis von öffentlicher Abgabenlast zum frei verfügbaren Einkommen nach Deckung des Existenzminimums bestimmt werden.
Hierzu teilte die Beklagte den Klägern mit (Schreiben vom 28. August 2007), dass zu der Frage, ob auf Grund der Erziehung von Kindern auf die Erhebung des Beitrags zur Rentenversicherung zu verzichten oder die Rentenversicherungsbeiträge zu ermäßigen seien, bereits Sozialgerichtsverfahren geführt worden seien, in denen die Gerichte die Rechtmäßigkeit bejaht hätten. Auch das BVerfG habe die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung bereits mehrfach bestätigt. Ein Anspruch von Versicherten mit Kindern gegenüber Versicherten ohne Kinder von der Beitragsbelastung freigestellt zu werden, weil sie bereits durch Tragung des Aufwands für Kinder ausreichend Vorleistungen zugunsten des Systems erbracht hätten, lasse sich aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Förderungspflicht von Familien im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten. Auch dem Urteil des BVerfG zur sozialen Pflegeversicherung vom 03. April 2001 könne dies, auch wenn das Urteil uneingeschränkt auch auf die gesetzliche Rentenversicherung anzuwenden wäre, was jedoch nicht der Fall sei, nicht entnommen werden. Das BVerfG habe auch in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Art. 6 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, auch dann, wenn sie Kinder betreuten und erzögen, der Beitragspflicht unterworfen würden. Aus dem Urteil könne auch nicht hergeleitet werden, dass die Beitragsbelastung des Versicherten (mit Kindern) zu mindern sei. Das Beitragsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung sei auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG nicht verfassungswidrig. Das BVerfG habe den Aufwand Rentenversicherter für die Betreuung ihrer Kinder als allein leistungsrechtlich relevant angesehen. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, jegliche die Familie betreffende Belastung, auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Ebenso sei er nicht gezwungen, Familien ohne Ausgleich mit anderen Gemeinwohlbelangen sowie ohne Beachtung der Funktionsfähigkeit und des Gleichgewichts des Ganzen zu fördern. Die Rentenversicherung dürfe nicht Aufgaben der Gesamtgesellschaft lösen; erst recht bestehe kein verfassungsrechtliches Gebot, solche Aufgaben der Rentenversicherung zu übertragen.
Mit Bescheid vom 29. November 2007 lehnte die Beklagte, die das Schreiben der Kläger vom 25. Juli 2007 als Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) wertete, den Überprüfungsantrag ab. Die Kläger unterlägen als gegen Entgelt beschäftigte Arbeitnehmer der Versicherungspflicht zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung betrage seit 01. Januar 2007 19,9 v.H., der Beitrag zur Krankenversicherung 14,4 v.H. und derjenige zur Pflegeversicherung 1,7 v.H ... Die auf die Kläger jeweils entfallende Beitragslast betrage derzeit 9,95 v.H. ihrer Bruttoarbeitsentgelte in der Rentenversicherung, 8,1 v.H. in der Krankenversicherung und 0,85 v.H. in der Pflegeversicherung. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften würden die von den Klägern zu leistenden Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung berechnet und von ihren Arbeitgebern an sie - die Beklagte - abgeführt. Diese Regelungen seien abschließend und ließen keinen Spielraum für eine differenzierte Beitragsgestaltung zu. Eine Reduzierung der Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteile) für Personen mit Kindern sehe das Gesetz nicht vor.
Hiergegen legten die Kläger am 27. Dezember 2007 unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Februar 2008 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Bei Erlass des Bescheids vom 21. Juli 2006 sei das Recht weder unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweise. Entsprechend den gesetzlichen Vorschriften sei der von den Klägern zu leistende Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag zutreffend berechnet und von den Arbeitgebern der Kläger an sie, die Beklagte, abgeführt worden. Eine Reduzierung der Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung (Arbeitnehmeranteile) für Personen mit Kindern sehe das Gesetz nicht vor. Dies sei durch die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 16/05 R, B 12 KR 19/04 R und B 12 KR 20/04 R = SozR 4-2600§ 157 Nr. 1) bezüglich der Rentenversicherung bestätigt worden. Der Aufforderung des BVerfG im Urteil vom 03. April 2001, bis spätestens 01. Januar 2005 eine Neuregelung zu erlassen, sei der Gesetzgeber mit dem KiBG nachgekommen. Für eine darüber hinausgehende Reduzierung der Beiträge für Eltern bestehe danach keine Veranlassung.
Dagegen erhoben die Kläger am 26. März 2008 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führten sie aus, sie und ihre zwei Kinder hätten im Jahr 2007 nach Deckung ihres Existenzminimums zusammen einen frei verfügbaren Betrag in Höhe von jährlich EUR 15.627,71 zur Verfügung gehabt, pro Kopf seien dies EUR 325,58 pro Monat. Für das Jahr 2008 ergäben sich im Vergleich zu einem Single und einem kinderlosen Ehepaar bei gleichem Bruttoeinkommen von EUR 5.705,30 voraussichtlich folgende monatlich frei verfügbaren Beträge: Single EUR 2.329,33; Ehepaar ohne Kinder EUR 2.104,03 und Ehepaar mit zwei Kindern EUR 1.478,87. Vergleiche man die Heranziehung zur Sozialversicherung so sei festzustellen, dass die Beiträge beim Single niedriger seien, da Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze nicht beitragspflichtig sei. Das kinderlose Ehepaar werde gegenüber der Familie lediglich bei der Pflegeversicherung höher belastet, ansonsten müssten die Eltern dieselben Beiträge wie Kinderlose zahlen, obwohl sie durch ihre zweifache Kindererziehung für die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung pro Kopf gegenüber dem kinderlosen Paar bereits das Doppelte an Humanbeiträgen leisteten. Deshalb seien die Unterhaltsbeträge für ihre, der Kläger, Kinder von der Bemessungsgrundlage abzuziehen, um unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des "Generationenvertrags" Familiengerechtigkeit auf der Beitragsseite der Sozialversicherung herzustellen. Es ergebe sich somit folgende Berechnung: Der durchschnittliche Kindesunterhalt belaufe sich nach den Angaben des Statistischen Bundesamts auf rd. EUR 650,00/netto pro Monat, bei zwei Kindern demnach derzeit auf EUR 1.300,00. Vom Nettoeinkommen (einschließlich Kindergeld) entfielen in 2007 somit (EUR 1.300,00./.3.340,00 =) 40 v.H. auf den Unterhalt der Kinder. Daraus errechne sich bezogen auf das monatliche Bruttoeinkommen von EUR 5.705,00 folglich ein Betrag von EUR 2.282,00 monatlich, welcher von der Bemessungsgrundlage abzuziehen sei. Lege man für 2007 einen Beitragssatz von 37 v.H. (19,9 v.H. Rentenversicherung, 15,4 v.H. Krankenversicherung und 1,7 v.H. Pflegeversicherung = einschließlich Arbeitgeberanteil 37 v.H.) zugrunde, ergebe sich somit die Summe von EUR 844,35 pro Monat, um welche sie - die Kläger - im Übermaß und deshalb zu Unrecht mit Beitragspflichten belastet seien und welche kinderlosen Jahrgangsteilnehmern entlastend zu Gute kämen. Das Beitragssystem der Sozialversicherung sei im Laufe von fünf Jahrzehnten in die Verfassungswidrigkeit hineingewachsen. Die Systeme stammten aus einer Zeit, in welcher der Anteil lebenslang Kinderloser unter zehn v.H. gelegen habe, der "Generationenvertrag" der Pflegeversicherung nur familiär funktioniert habe und die Gesundheits- und Alterssicherungskosten der Senioren bei einem Bruchteil ihres heutigen Ausmaßes gelegen hätten. Dies habe sich heute insgesamt verändert. Mittlerweile sei es so, dass über die Kindererziehung die Alterssicherung von kinderlosen Generationsgenossen in den drei Systemen ohne jede Vorsorgeleistung kostenlos zur Verfügung gestellt würden, während der Aufwand für diese Vorsorge sich bei den Eltern konzentriere. Dieter Suhr habe hierfür in seinem Artikel "Transferrechtliche Ausbeutung und verfassungsrechtlicher Schutz von Familien, Müttern und Kindern" in: Der Staat 1/1990, S. 69 ff. bereits vor 17 Jahren treffend den Begriff der "Transferausbeutung" entwickelt. Eltern würden durch die Sozialsysteme um die Früchte ihrer Investitionen in das Humanvermögen regelrecht geprellt. Auch das BVerfG habe in seinem Urteil vom 03. April 2001 festgestellt, dass es mit Art. 3 Abs. 1 i. V. mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzögen und damit neben dem Geldbeitrag einen generativen Beitrag zur Funktionsfähigkeit eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems leisteten, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden. Mit dem KiBG habe der Gesetzgeber diesen Vorgaben nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen und den Korrekturbedarf bei der Kranken- und Rentenversicherung geleugnet. Tatsächlich sei es so, dass die Kindererziehung für die Krankenversicherung ebenso "beitragsäquivalent" sei und dieselbe "konstitutive Bedeutung" wie für die soziale Pflegeversicherung habe. Die Krankenversicherung basiere wie die Pflegeversicherung auf dem Umlageverfahren. Deshalb würden für die Krankenversicherung die Erwägungen wie in der Entscheidung des BVerfG zur Pflegeversicherung in gleicher Weise gelten. Die Einwände der Bundesregierung gegen die Übertragbarkeit der Grundsätze auf die gesetzliche Krankenversicherung überzeugten nicht. Insbesondere die "beitragsfreie Mitversicherung" sei semantisch fehlerhaft und irreführend. Auch im Bereich der Krankenversicherung würden die im Hinblick auf das frei verfügbare Einkommen (Familien mit Kindern) am wenigsten Leistungsfähigen die höchsten Zuzahlungen leisten. Bezüglich der Frage, ob die Ausgestaltung des Beitragsrechts der Rentenversicherung grundrechtskonform sei, werde auf die Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 16/05 R; B 12 KR 20/04 R a.a.O.) Bezug genommen. (Anführungszeichen und Klammersetzung jeweils im Original).
Die Beklagte trat der Klage entgegen. In der Tatsache, dass die Erziehung von Kindern bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finde, sei keine verfassungsrechtliche Verletzung zu sehen.
Mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 lud das SG die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beigeladene zu 1) und die Barmer Ersatzkasse - Pflegekasse - (Beigeladene zu 2) zum Verfahren bei. Die Beigeladene zu 1) schloss sich dem Vorbringen der Beklagten an. Die Beigeladene zu 2) äußerte sich nicht.
Mit Urteil vom 30. Juni 2010 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe zu Recht eine Reduzierung der zu zahlenden Beiträge unter Berücksichtigung des von den Klägern für die beiden Kinder zu leistenden Unterhalts abgelehnt und der Beitragsbemessung - wie es das Gesetz gebiete - das Arbeitsentgelt zugrundegelegt. Anhaltspunkte für eine Unvereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen mit Verfassungsrecht ergäben sich nicht. Das BVerfG habe zwar in seinem Urteil vom 03. April 2001 §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 und 57 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG insoweit nicht für vereinbar gesehen, als Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuten und erzögen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet würden. Das BVerfG habe es jedoch dem Gesetzgeber überlassen, wie er die Betreuungs- und Erziehungsleistung bei der Beitragsbemessung berücksichtige. Es habe den Gesetzgeber lediglich dazu verpflichtet, beitragspflichtige Versicherte mit einem oder mehreren Kindern gegenüber Kinderlosen relativ zu entlasten. Dieser Vorgabe habe der Gesetzgeber mit der seit dem 01. Januar 2005 geltenden Neuregelung in § 55 Abs. 3 SGB XI Rechnung getragen. Die Neuregelung setze die Vorgaben des BVerfG um und unterliege keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Für andere Zweige der Sozialversicherung ergäben sich aus dem Urteil des BVerfG keine Konsequenzen. Die Auffassung der Kläger hinsichtlich einer Verletzung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG könne nicht geteilt werden. Der Staat sei auch nach dem Urteil des BVerfG vom 07. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. in BVerfGE 87,1 ff. - und dem Beschluss vom 12. März 1996 - 1 BvR 609/90 in BVerfGE 94, 241- nicht gehalten, jegliche die Familie betreffende Belastung auszugleichen oder jeden Unterhaltspflichtigen zu entlasten. Für den Bereich der Rentenversicherung habe das BVerfG entschieden, dass der Aufwand der Versicherungspflichtigen für die Kinder allein leistungsrechtlich relevant sei. Auch für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung könne keine Verpflichtung zur beitragsrechtlichen Berücksichtigung der sich aus der Betreuung und Erziehung von Kindern ergebenden Belastung gesehen werden. Auch hier nehme das Gesetz leistungsrechtliche Kompensationen, etwa durch die beitragsfreie Familienversicherung (§ 10 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -), vor. Die auf dem Gebiet des Beitragsrechts erfolgende Verschiebung der Beteiligung der Erwerbstätigen an den Aufwendungen für die nicht mehr Erwerbstätigen unter dem Gesichtspunkt der Kindererziehung würde zu einer unzulässigen Übertragung von Aufgaben der Gesamtgesellschaft auf die in der Sozialversicherung zusammengeschlossene Solidargemeinschaft führen. Die Verwirklichung eines an den Staat gerichteten Auftrags zur Förderung der Familie gehöre weder zum spezifischen Aufgabenbereich der gesetzlichen Krankenversicherung noch zu dem der gesetzlichen Rentenversicherung. Die gegen das Urteil des 12. Senats des BSG vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 20/04 R a.a.O.) gerichtete Verfassungsbeschwerde (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 05. Januar 2010 - 1 BvR 3039/06 - in juris) sei nicht zur Entscheidung angenommen worden.
Gegen das ihnen am 25. August 2010 zugestellte Urteil haben die Kläger am 21. September 2010 Berufung eingelegt. Sie haben unter Vorlage von Aufsätzen von Dr. Frank Niehaus "Ein Vergleich der von Familien geleisteten Beiträge und erhaltenen Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung" in Sozialer Fortschritt 2009, 282 ff und Dr. Martin Estelmann "Das Beitragskinderurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 03. April 2001 - 1 BvR 1629/94" in Sozialgerichtsbarkeit 2002, 245 ff, des Kurzgutachtens zum Thema "Transferausbeutung der Familien durch die Gesetzlichen Sozialversicherungen - am Beispiel der Gesetzlichen Rentenversicherung - Modellrechnung für verschiedene Familiengrößen mit sonst konstanten Annahmen -" von Reinhard Loos vom 15. September/10. November 2011, der Beiträge von Prof. Dr. Anne Lenze "Sozialrechtlicher Familienlastenausgleich" in LdR 138 März 2010, 1 ff, von Dr. Hermann Adrian "Die ökonomischen Ursachen der niedrigen Fertilität in Deutschland" für DGD-Jahrestagung 2012 und von Reinhard Ripsam "Die Lüge von 184 Mrd Familienförderung" vom 27. Mai 2008/04. Januar 2010, Daten und Schaubildern des Dr. Frank Niehaus "Gesundheitsausgaben in der Gesetzlichen Krankenversicherung", "Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben in Abhängigkeit vom Alter" sowie einer Publikation von Prof. Dr. Herwig Birg "Demographie und kein Ende - Plädoyer für eine neue Gemeinschaftsaufgabe Demographiepolitik" zum Deutschlandtag der Jungen Union, 21. bis 23. Oktober 2011 sowie der Aufstellung "Was am Monatsende übrig bleibt - Horizontaler Vergleich 2012" von Stresing/Zimmermann unter Bezugnahme auf ihr bisheriges Vorbringen vertiefend vorgetragen, die vom Gesetzgeber vorgenommene Anhebung der Beitragssätze in der Pflegeversicherung um 0,25 v.H. ohne Berücksichtigung unterschiedlicher Kinderzahlen, stelle eine Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte dar, für welche rechtfertigende Gründe nicht ersichtlich seien. Hinsichtlich der Rentenversicherung sei der Verfassungsauftrag aus dem "Trümmerfrauenurteil" des BVerfG vom 07. Juli 1992 (a.a.O.) zur "schrittweisen Verbesserung" der Situation der Familien im Transferrecht unerfüllter denn je, weil der Gesetzgeber die Situation der Familien im Steuer- und Sozialrecht per Saldo stetig verschlechtert habe. Das SG stelle den Klagevortrag, dass Familien in den intergenerationellen Sozialsystemen der Transferausbeutung unterlägen, geradewegs auf den Kopf, indem es (mit dem BSG) die (eingreifende) Transferausbeutung der Familien zu einem Problem eines möglicherweise unzulänglichen (leistenden) Familienlastenausgleichs umdichte und "von staatlicher Förderpflicht" spreche, welche nicht die Sozialversicherung treffe. Entgegen dieser Ansicht betreffe das "Beitragskinderurteil" jedoch gerade nicht die "staatliche Förderpflicht von Familien", sondern die Beseitigung gleichheitswidriger Benachteiligungen zu Lasten von Familien. Das BVerfG habe diese zu Lasten Kinderloser auszugleichende Benachteiligung festgestellt und darauf hingewiesen, dass seine Erkenntnisse auch die anderen intergenerationell verteilenden Systeme betreffen würden. Die Kosten der Kindererziehung seien enorm. Der Familienlastenausgleich sei, abgesehen davon, dass Eltern über ihr eigenes fiskalisches und parafiskalisches Aufkommen ihn weitgehend selbst finanzierten, extrem unzureichend. Für das Problem der parafiskalischen Transferausbeutung lasse sich auch keine steuerfinanzierte Lösung finden. Die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerden gegen die Urteile des BSG vom 05. Juli 2006 stelle keinen Richtigkeitsbeweis für die einschlägigen Urteile des BSG dar. Das BVerfG habe im "Beitragskinderurteil" vom 03. April 2001 die Gleichwertigkeit von Kindererziehung und Geldbeiträgen anerkannt. Nichts von alledem habe das BSG in seinem Urteil vom 05. Juli 2006 rezipiert oder gar reflektiert. Schließlich würden sie auch im Steuerrecht benachteiligt und unterlägen ebenfalls einer Transferausbeutung. (Anführungszeichen und Klammersetzung jeweils im Original). Auf die Anfrage des Senats haben die Kläger zunächst die zu berücksichtigende Erziehungsleistung (Unterhalt und Betreuung) mit EUR 1.000,00 monatlich beziffert, später dann eine Reduzierung der Beiträge in Höhe der in den nachfolgenden Anträgen genannten Beträge begehrt.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30. Juni 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2008 insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 21. Juli 2006 insoweit zurückzunehmen, als die Beiträge zur gesetzlichen Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung unter Berücksichtigung der Erziehung von zwei Kindern nach dem 28. Juni 2006 über eine die Höhe von 50 v.H. der gegenwärtigen Bemessung (auch hinsichtlich des sogenannten Arbeitgeberbeitrags) übersteigende Summe erhoben werden, hilfsweise die Beitragsbemessung ohne einen Abzug eines Betrags von EUR 833,00 je Kind/Monat erfolgt, hilfsweise die Beitragsbemessung ohne einen entsprechenden Abzug des in § 32 Abs. 6 EStG genannten Betrages (steuerliches Existenzminimum) von der Bemessungsgrundlage erfolgt, hilfsweise den Rechtsstreit gemäß Artikel 100 Grundgesetz auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob die die Beitragspflicht und die Höhe der Beiträge zur Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung regelnden Vorschriften (§§ 157, 161 Abs. 1 162 Nr. 1 SGB VI, §§ 223 Abs. 1, 226 Abs. 1 S. 1 sowie 241 SGB V und §§ 54 Abs. 2 Satz 1, 55 Abs. 1 und 3 Satz 1, 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 226 SGB V) mit den Grundrechten der Kläger aus den Artikeln 3, 6, 20 und 28 (Sozialstaatsprinzip) Grundgesetz vereinbar sind. hilfsweise ein Sachverständigengutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Herwig Birg, Universität Bielefeld, Charles-H.-King-Straße 23, 14163 Berlin, zu folgenden Fragen einzuholen:
1. Wie hat sich, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, der Anteil lebenslang Kinderloser der Geburtsjahrgänge 1957 und 1962 im Vergleich zu Familien mit ein, zwei, drei und mehr Kindern, deren Eltern ebenfalls diesen Jahrgängen angehören, entwickelt?
2. Welche Konsequenzen resultieren hieraus für die Entwicklung der Beitragssätze für die a) gesetzliche Pflege-, b) gesetzliche Kranken- und c) gesetzliche Rentenversicherung?
3. Lässt sich der "positive externe Effekt" der Kindererziehung seitens Mehrkinderfamilien zugunsten der Kinderlosen dieser Jahrgänge für diese Systeme quantifizieren?
4. Falls 3. bejaht wird: Wie hoch müsste der Beitragssatz in den Systemen jeweils für Kinderlose und Eltern (bei unterschiedlicher Kinderzahl von 1 bis 4 Kindern je Paar) in 2007, 2015, 2030 sein, um diese "positiven externen Effekte" zu balancieren?
5. Würde den Erfordernissen der Berücksichtigung der Kindererziehung gemäß den Überlegungen des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 03. April 2001 (1 BvR 1629/94) demzufolge eher durch Abzug der existenzminimalen oder der durchschnittlichen Kinderkosten ausreichend Rechnung getragen?,
hilfsweise Reinhard Loos als Sachverständigen zur weiteren Erläuterung seines Kurzgutachtens zu laden, hilfsweise Sachverständigengutachten der Sachverständigen Prof. Dr. Herwig Birg und Dr. Frank Niehaus dazu, dass die Feststellungen des BVerfG im "Beitragskinderurteil" zur Pflegeversicherung bezüglich der inter- und intragenerationellen Verteilungsverhältnisse von Lasten und Leistungen und der (auszugleichenden) Nachteile versicherter Eltern im Vergleich zu kinderlosen Versicherten im Wesentlichen ebenso auf die gesetzliche Krankenversicherung zutreffen, hilfsweise die Sachverständigen Prof. Dr. Herwig Birg, Dr. Hermann Adrian, Dr. Frank Niehaus und Reinhard Loos in der mündlichen Verhandlung zur Frage der Benachteiligung von Eltern gegenüber Kinderlosen in den drei intergenerationell verteilenden Sozialsystemen zu hören, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen und ihre Bescheide sowie auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 03. Februar 2011 hat der Senat die Arbeiterwohlfahrt (Beigeladene zu 3) und die Pädagogische Hochschule Freiburg (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen. Sie haben sich zur Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten und der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch statthaft. Denn die von den Klägern begehrte Reduzierung der Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung beläuft sich auf über EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und sie wenden sich auch gegen die Höhe der Beiträge für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die zulässige Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2008, Rücknahme des Bescheids vom 21. Juli 2006 und Erhebung von Versicherungsbeiträgen zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unter Berücksichtigung der Erziehung von zwei Kindern nur noch in Höhe von 50 v.H. der gegenwärtigen Bemessung (einschließlich des so genannten Arbeitgeberbeitrags), hilfsweise, dass die Beitragsbemessung ohne einen Abzug eines Betrags von EUR 833,00 je Kind/Monat erfolgt, hilfsweise, dass die Beitragsbemessung ohne einen entsprechenden Abzug des in § 32 Abs. 6 EStG genannten Betrages (steuerliches Existenzminimum) von der Bemessungsgrundlage erfolgt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 29. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Februar 2008, mit dem es die Beklagte ablehnte, den Bescheid vom 21. Juli 2006 zurückzunehmen. Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist eine damit verbundene Beitragserstattung. Eine solche haben die Kläger nicht beantragt. Sie wenden sich "nur" gegen die Beitragshöhe ab 28. Juni 2006.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches (des SGB) längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht (§ 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (Satz 2). Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (Satz 3).
Bei Erlass des Bescheids vom 21. Juli 2006 hat die Beklagte weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Herabsetzung der von ihnen zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung. Die Kläger hatten und haben seit 28. Juni 2006 Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung auf der Grundlage der jeweiligen beitragspflichtigen Arbeitsentgelte zu zahlen.
Über die gesetzliche Beitragshöhe in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung entscheidet nach § 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Einzugsstelle im sogenannten Einzugsstellenverfahren.
Die Kläger sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung und gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 SGB XI in der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig Beschäftigte, denn sie waren und sind gegen Arbeitsentgelt bei den Beigeladenen zu 3) und 4) beschäftigt. Tatbestände der Versicherungsfreiheit (§ 5 SGB VI, §§ 6, 7 SGB V) oder für eine Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 6 SGB VI, § 8 SGB V, § 22 SGB XI) liegen nicht vor.
Abhängig beschäftigte Versicherte wie die Kläger haben in der Rentenversicherung während der Dauer ihrer Beschäftigung gemäß §§ 153 Abs. 1 und 2 Satz 1, 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI neben den Arbeitgebern die Hälfte der Beiträge zu tragen. Die Beiträge werden nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben, die nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wird (§ 157 SGB VI). Beitragsbemessungsgrundlage für Versicherungspflichtige sind die beitragspflichtigen Einnahmen (§ 161 Abs. 1 SGB VI), die bei Beschäftigten wie den Klägern aus dem Arbeitsentgelt bestehen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI). Beitragssatz und Beitragsbemessungsgrenze sind von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festzusetzen (§ 160 SGB VI). § 158 Abs. 2 SGB VI ist insoweit trotz Änderungen durchgehend zu entnehmen, dass der Beitragssatz grundsätzlich so festzusetzen ist, dass die voraussichtlichen Beitragseinnahmen unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer und der Zahl der Pflichtversicherten zusammen mit den Zuschüssen des Bundes und den sonstigen Einnahmen unter Berücksichtigung der von Entnahmen aus der Nachhaltigkeitsrücklage ausreichen, um die voraussichtlichen Ausgaben in dem auf die Festsetzung folgenden Kalenderjahr zu decken und sicherzustellen, dass die Mittel der Nachhaltigkeitsrücklage am Ende dieses Kalenderjahres im Falle von Abs. 1 Nr. 1 dem Betrag der Mindestrücklage oder im Fall von Abs. 1 Nr. 2 dem Betrag der Höchstnachhaltigkeitsrücklage voraussichtlich entsprechen. Der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung betrug im Jahr 2006 19,5 v.H. und in den Jahren 2007 bis 2011 19,9 v.H ... Seit 01. Januar 2012 beträgt er 19,6 v.H ...
Die Mittel der Krankenversicherung werden gemäß § 220 SGB V ebenfalls u.a. durch Beiträge aufgebracht. Die Beiträge sind gemäß § 223 Abs. 1 SGB V grundsätzlich für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen. Die Beiträge werden gemäß § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB V nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Sie sind gemäß § 223 Abs. 3 Satz 1 SGB V bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V für den Kalendertag zu berücksichtigen (Beitragsbemessungsgrenze). Bei versicherungspflichtig Beschäftigten wird gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ebenfalls das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung trugen die nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V versicherungspflichtig Beschäftigten und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte; den zusätzlichen Beitragssatz trägt der versicherungspflichtige Beschäftigte allein. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit 01. Januar 2009 geltenden Fassung trägt bei versicherungspflichtig Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge des Mitglieds aus dem Arbeitsentgelt nach dem um 0,9 Beitragssatzpunkte verminderten allgemeinen oder ermäßigten Beitragssatz; im Übrigen tragen die Beschäftigten die Beiträge. Während bis 31. Dezember 2008 der allgemeine Beitragssatz durch die Satzung der jeweiligen Krankenkasse festgelegt war und gemäß § 241a SGB V in der vom 01. Juli 2005 bis 31. Dezember 2008 geltenden Fassung außerdem ein von den Mitgliedern allein zu tragender zusätzlicher Beitragssatz von 0,9 v.H. galt, betrug der allgemeine Beitragssatz seit 01. Januar 2009 15,5 v.H. und seit 01. Juli 2009 14,9 v.H ... Seit 01. Januar 2011 beträgt er erneut 15,5 v.H ...
Im Bereich der Pflegeversicherung werden die Mittel für die Pflegeversicherung gemäß § 54 Abs. 1 SGB XI ebenfalls u.a. durch Beiträge gedeckt. Nach § 55 Abs. 2 SGB XI sind beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Betrag von 1/360 der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V zu berücksichtigen. Bei Mitgliedern der Pflegekasse, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten für die Beitragsbemessung die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V sowie die §§ 23a und 23b Abs. 2 bis 4 SGB IV (§ 57 Abs.1 SGB XI). Danach wird auch insoweit gemäß § 226 SGB V u.a. das Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Der Beitragssatz betrug nach § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bis 30. Juni 2008 1,7 v.H., seit 01. Juli 2008 beträgt er 1,95 v.H ... Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI in der ab 01. Januar 2005 geltenden Fassung erhöht sich der Beitragssatz für Mitglieder nach Ablauf des Monats, in dem sie das 23. Lebensjahr vollendet haben, um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose). Dies gilt nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 des Sozialgesetzbuch Ersten Buches (§ 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Nach § 58 Abs. 1 SGB XI tragen die versicherungspflichtig Beschäftigten, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, und ihre Arbeitgeber die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte.
Auf der Grundlage dieser genannten gesetzlichen Bestimmungen hat die Beklagte als zuständige Einzugsstelle die von den Klägern zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung berechnet. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
Für eine Reduzierung der entrichtenden und der in Zukunft noch zu entrichtenden Beiträge fehlt eine Anspruchsgrundlage. Die Kläger können entgegen der gesetzlichen Rechtslage wegen der Erziehung ihrer beiden Kinder und der sich hieraus ergebenden Unterhaltslast auch keine Reduzierung ihrer Beiträge zur gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung verlangen.
Ein derartiger Anspruch lässt sich, wie das BSG in seinem nach Ansicht des Senats wohlbegründeten Urteil vom 05. Juli 2006 (B 12 KR 20/04 R a.a.O.), gegen das die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen wurde (BVerfG, Beschluss vom 05. Januar 2010 - 1 BvR 3039/06 - a.a.O.), im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung ausgeführt hat, aus der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG zur staatlichen Förderungspflicht von Familien im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten.
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.), auf das auch das BSG im Urteil vom 05. Juli 2006 (a.a.O.) Bezug nimmt, insoweit ausgeführt, dass Art. 6 GG als Freiheitsrecht den Staat verpflichte, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthalte die Bestimmung auch eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründe, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebiete es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale beim Vergleich von Lebenssachverhalten er als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG verbiete es ihm aber, dabei Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Innerhalb dieser Grenzen sei der Gesetzgeber in seiner Entscheidung frei. Weitergehende Einschränkungen könnten sich aus dem besonderen Schutz, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde, ergeben. Insbesondere sei bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Beitragsregelungen, die Personen mit und ohne Kinder gleich behandeln, der besondere Schutz zu beachten, den der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie schulde (a.a.O. Rd. 43 mit weiteren Nachweisen). Das BVerfG hat in diesem Urteil weiter dargelegt, dass Art. 6 GG nicht dadurch verletzt sei, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung auch dann, wenn sie Kinder betreuten und erzögen, der Beitragspflicht unterworfen würden (a.a.O. Rd. 44). Der besondere Schutz der Familie, zu dem Art. 6 Abs. 1 GG den Staat verpflichte, halte den Gesetzgeber nicht verfassungsrechtlich an, jede zusätzliche finanzielle Belastung der Familie zu vermeiden. Der Staat sei durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie auch nicht gehalten, diese Beitragslast auszugleichen. Die staatliche Familienförderung durch finanzielle Leistungen stehe unter dem Vorbehalt des Möglichen und im Kontext anderweitiger Fördernotwendigkeiten. Demgemäß lasse sich aus der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip zwar die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen sei. Konkrete Folgerungen ließen sich aus diesem Verfassungsauftrag nicht ableiten. Es bestehe vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers (a.a.O. Rd. 46 mit weiteren Nachweisen).
Diese Ausführungen des BVerfG, wonach der Staat durch die in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltene Pflicht zur Förderung der Familie nicht gehalten ist, die Beitragslast der Familie in der Pflegeversicherung auf der Leistungsseite auszugleichen, gilt, wie das BSG in den Urteilen vom 05. Juli 2006 (a.a.O.), denen sich der Senat anschließt, dargelegt hat, auch für die Rentenversicherung und die Krankenversicherung. Insoweit gelten die vom BVerfG dargelegten Grundsätze, die besagen, dass dem Gesetzgeber ein Spielraum eingeräumt ist, wie er einen Familienlastenausgleich vornimmt, ihn aber nicht die Pflicht trifft, eine Belastung auf der Beitragsseite auszugleichen, ebenfalls. Es liegen insoweit keine Gesichtspunkte vor, aus denen sich im Hinblick auf einen Leistungsanspruch der Kläger etwas anderes ergibt.
Die Kläger können sich, auch insoweit schließt sich der Senat dem Urteil des BSG vom 05. Juli 2006 (a.a.O.) an, auf das Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (a.a.O.) und den dortigen Regelungsauftrag/Normprüfungsauftrag an den Gesetzgeber auch nicht in dem Sinne berufen, als sie daraus ein verfassungsrechtliches Gebot ableiten wollen, ihre Beitragsbelastung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu mindern. Das BVerfG hat nach dem Tenor des Urteils vom 03. April 2001 §§ 54 Abs. 1 und 2, 55 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 57 SGB XI als mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar angesehen, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder belastet werden. Der Streitgegenstand erfasste somit eindeutig nur die Pflegeversicherung. Hierauf erstreckt sich auch nur die Bindungswirkung des Urteils. Die Beitragstragung im Rahmen der Rentenversicherung und der Krankenversicherung hat das BVerfG nicht für mit dem GG ganz oder teilweise unvereinbar erklärt.
Die Kläger können ihren Anspruch auf Berücksichtigung der Kosten der Kindererziehung auch nicht darauf stützen, dass der Gesetzgeber einem für ihn verbindlichen Auftrag nicht nachgekommen sei, für eine Personengruppe, der sie angehören, eine begünstigende (Neu-)Regelung zu schaffen. Das BVerfG hat dem Gesetzgeber im Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.) zum Erlass einer verfassungsgemäßen Neuregelung eine Frist bis zum 31. Dezember 2004 gesetzt. Der Auftrag bezog sich nur auf eine Neuregelung im Bereich des streitgegenständlichen SGB XI und der in diesem Zusammenhang für nicht mit dem GG vereinbar erklärten Normen, für die der Gesetzgeber Ersatz schaffen sollte. Etwas anderes lässt sich insoweit auch nicht deshalb ableiten, weil das BVerfG erläuternd angemerkt hat: "Bei der Bemessung der Frist hat der Senat berücksichtigt, dass die Bedeutung des vorliegenden Urteils auch für andere Zweige der Sozialversicherung zu prüfen sein wird." Damit hat das BVerfG die Dauer der dem Gesetzgeber eingeräumten Frist für eine Neuregelung des Beitragsrechts der sozialen Pflegeversicherung begründet. Ein verbindlicher Regelungsauftrag auch im Hinblick auf die anderen Zweige der Sozialversicherung kann hieraus nicht abgeleitet werden. Auch nach seinem weiteren Inhalt gibt das Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 keinen mittelbaren Anlass, aus dem sich die Verfassungswidrigkeit der Finanzierung der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung im Hinblick auf eine nicht ausreichende Berücksichtigung des Aufwands für Kinder ergeben würde (vgl. zur Rentenversicherung hierzu auch BSG, Urteil vom 05. Juli 2006 a.a.O.). Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit dem KiBG die Vorgaben des BVerfG im Hinblick auf die Pflegeversicherung umgesetzt und für Kinderlose einen Beitragszuschlag eingeführt. Diese Umsetzung der Vorgabe des BVerfG bewegt sich im Rahmen des dem Gesetzgeber eingeräumten Spielraums. Das BVerfG hat keine Reduzierung der Beiträge für Eltern gefordert. Es hat explizit ausgeführt, dass die Vorschriften über die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verstießen, weil sie den besonderen Beitrag, den Versicherte mit unterhaltsberechtigten Kindern für das System der sozialen Pflegeversicherung erbringen würden, in dieser Versicherung nicht leistungserhöhend berücksichtigen würden. Es hat damit nur beanstandet, dass Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die Kinder betreuen und erziehen, einen gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag wie Mitglieder ohne Kinder zu entrichten haben. Wie der Gesetzgeber die Betreuungs- und Erziehungsleistungen bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern berücksichtigt, hat das BVerfG dem Gesetzgeber überlassen. Das BVerfG hat insoweit nur eine verfassungsrechtliche Verpflichtung dahingehend gesehen, dass der Gesetzgeber eine Lösung zu wählen habe, die Unterhaltsverpflichtete bereits ab dem ersten Kind relativ entlaste. Insbesondere war der Gesetzgeber zur Umsetzung dieses Urteils des BVerfG nicht verpflichtet, an der Zahl der Kinder anzuknüpfen, sondern konnte allein die Elterneigenschaft als maßgebliches Kriterium für die unterschiedliche Beitragshöhe heranziehen. Nach den Feststellungen des BVerfG aufgrund der Anhörung eines Sachverständigen ergab sich, dass die Elterneigenschaft und nicht die Zahl der Kinder die Wahl zwischen den verschiedenen Leistungsarten der ambulanten Pflege entscheidend bestimme. Dieser Vorgabe wird das KiBG gerecht. Durch den höheren Beitrag für Kinderlose werden Unterhaltsverpflichtete gegenüber den Kinderlosen bereits ab dem ersten Kind entlastet.
Der Senat ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der der Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und sozialen Pflegeversicherung zugrunde liegenden Vorschriften überzeugt, sodass eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt.
Die uneingeschränkte Heranziehung der Kläger zu den Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen sowie zur sozialen Pflegeversicherung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Vorschriften sind nicht dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung der Kinder der Kläger bei der Beitragsbemessung keine Berücksichtigung finden. Als Freiheitsrecht - wie ausgeführt - verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG den Staat zwar, Eingriffe in die Familie zu unterlassen. Darüber hinaus enthält die Bestimmung eine wertentscheidende Grundsatznorm, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln. Art. 3 Abs.1 GG verbietet es dem Gesetzgeber, Art und Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Eine weitergehende Einschränkung des Art. 3 Abs. 1 GG ergibt sich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Staat nach Art. 6 Abs. 1 GG der Familie einen besonderen Schutz schuldet.
Hiervon ausgehend hat das BVerfG in seinem Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.) für die soziale Pflegeversicherung entschieden, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG dadurch verletzt ist, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung von Beiträgen keine Berücksichtigung findet. Dadurch werde die Gruppe Versicherter mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus der Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Das BVerfG hat darauf hingewiesen, dass die heutigen Beitragszahler der erwerbsfähigen Generation im Umlageverfahren darauf vertrauen, dass in der Zukunft in ausreichendem Umfang neue Beitragsschuldner vorhanden sind, welches nur die heutigen Kinder sein können. Damit erwachse Versicherten ohne Kinder im Versicherungsfall ein Vorteil aus der Erziehungsleistung anderer beitragspflichtiger Versicherter, die wegen der Erziehung zu ihrem Nachteil auf Konsum und Vermögensbildung verzichten. Dieser aus der Konzeption der sozialen Pflegeversicherung den kinderlosen Versicherten entstehende systemspezifische Vorteil unterscheide sich vom Nutzen, der einer Gesellschaft durch Kinder und ihre Betreuung und Erziehung im Allgemeinen erwachse. Die benachteiligende Wirkung des generativen Beitrags führe zu einer spezifischen Belastung kindererziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, die innerhalb des Systems auszugleichen sei. Diesen Vorgaben ist der Gesetzgeber durch das seit 01. Januar 2005 geltende KiBG - wie ausgeführt - nachgekommen. Die seit 01. Januar 2005 zur Anwendung kommende Beitragsregelung im Bereich der Pflegeversicherung verstößt nicht mehr gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG. Mit der gesetzliche Neuregelung im KiBG genügt - wie bereits dargelegt - der Gesetzgeber dem nach dem Urteil des BVerfG vom 03. April 2001 (a.a.O.) eingeräumten erheblichen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung eines Art. 3 Abs. 1 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der Pflegeversicherung.
Auf das Recht der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sind diese Ausführungen des BVerfG indessen nicht übertragbar. Es ist den Klägern insoweit zwar zuzugestehen, dass das gesetzliche Renten- und Krankenversicherungssystem sowie das soziale Pflegeversicherungssystem viele Gemeinsamkeiten aufweisen, die es - wie auch vom BVerfG ausdrücklich gefordert - erforderlich machen zu prüfen, ob und inwieweit sich die Entscheidung des BVerfG auch auf die gesetzliche Rentenversicherung und die Krankenversicherung übertragen lässt.
Wie die Pflegeversicherung ist auch die Rentenversicherung umlagefinanziert (§ 153 Abs. 1 SGB VI). Damit ist das Rentenversicherungssystem darauf angewiesen, dass heute Kinder geboren und großgezogen werden, um später als mögliche Beitragszahler die Renten der dann Leistungsberechtigten zu finanzieren. Hierbei handelt es sich - wie in der gesetzlichen Pflegeversicherung - um einen systemspezifischen Vorteil, der über den Vorteil, der der Allgemeinheit durch Kinder erwächst, hinausgeht. Damit leisten Versicherte, die Kinder erziehen, einen systemerhaltenden generativen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Im Gegensatz zur Pflegeversicherung als Risikoversicherung ist es jedoch im Rentenversicherungsrecht möglich, die Kindererziehung leistungsrechtlich - insbesondere durch die Anerkennung von Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§§ 56, 57 SGB VI) - zu honorieren. Ein beitragsrechtlicher Ausgleich braucht im Rentenversicherungsrecht nicht zu erfolgen (BSG, Urteil vom 05. Juli 2006 a.a.O.). Der Gesetzgeber ist grundsätzlich frei bei der Berücksichtigung des Aufwands für Kinder in gleichzeitiger Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des ganzen Systems. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass im Zeitpunkt der Erziehung der Kinder keinesfalls feststeht, dass sie zukünftig Beitragszahler in der gesetzlichen Rentenversicherung sein werden. Dies werden sie dann nicht sein, wenn sie in ihrer zukünftigen Erwerbstätigkeit nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. In einem solchen Fall verlassen die Betreffenden das Sicherungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung vollständig.
Im Übrigen wäre ein beitragsrechtlicher Ausgleich auch ein krasser Verstoß gegen wesentliche Strukturprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar hat das BVerfG im Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O. Rd. 71) gefordert, dass der zwischen Eltern und kinderlosen Personen vorzunehmende Ausgleich durch Regelungen erfolgen muss, die die Elterngenerationen während der Zeit der Betreuung und Erziehung entlasten. Die mit der Kindererziehung verbundene Belastung trete in der Erwerbsphase auf, sie sei deshalb auch in diesem Zeitraum auszugleichen. Für die Pflegeversicherung hat das BVerfG entschieden, dass der verfassungsgebotene Ausgleich zwischen erziehenden und nicht erziehenden Mitgliedern nicht durch unterschiedliche Leistungen im Falle des Eintritts der Pflegebedürftigkeit erfolgen kann. Diese Erwägungen sind indessen auf das Rentenversicherungsrecht nicht übertragbar. Seit der Entscheidung des BVerfG vom 28. Februar 1980 (1 BvL 17/77 u.a. SozR 7610 § 1587 Nr. 1) ist es mittlerweile ständige verfassungsrechtliche Rechtsprechung, dass Rentenanwartschaften dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen. Dieser verfassungsrechtliche Eigentumsschutz beruht insbesondere darauf, dass der Umfang der Rentenanwartschaften durch die persönliche Arbeitsleistung des Versicherten mitbestimmt wird. Deshalb müssen Berechtigung und Eigenleistung einander zwar nicht entsprechen, je höher indessen der einem Anspruch zugrunde liegende Anteil der eigenen Leistung ist, desto stärker tritt der verfassungsrechtlich wesentliche personale Bezug und mit ihm ein tragender Grund des Eigentumsschutzes hervor (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1995 - 1 BvR 892/88 - SozR 3-2200 § 385 Nr. 6 und Beschluss vom 24. Mai 2000 - 1 BvL 1/98 u.a. - SozR 3-2400 § 23a Nr. 1, wonach bei der Berechnung kurzfristiger Lohnersatzleistungen zwar eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen nicht geboten ist, der Gesetzgeber jedoch nicht berechtigt ist, bei der Leistungsbemessung sämtliche beitragspflichtigen Entgeltbestandteile außer Betracht zu lassen). In der Konsequenz bedeutet dies, dass es unzulässig wäre, kinderlose Versicherte mit höheren Beiträgen zu belegen, ohne ihnen gleichzeitig höhere Rentenanwartschaften und höhere Renten zuzubilligen, wodurch der von den Klägern gewünschte Ausgleich wieder zunichte gemacht würde. Die Erhöhung der Beitragsleistung für Kinderlose wäre jedoch zwangsläufige Folge der Verminderung der Beitragsleistung für Kindererziehende, weil ansonsten die finanzielle Basis der Rentenversicherung nicht gewährleistet wäre. Einem Ausgleich der Beitragsminderleistung der Kindererziehenden durch Steuermittel steht entgegen, dass das BVerfG - wie ausgeführt - im Urteil vom 03. April 2001 gefordert hat, dass der Belastungsausgleich systemimmanent, also gerade nicht durch die Inanspruchnahme von Steuermitteln zu erfolgen hat.
Im Bereich der beitragsfinanzierten Krankenversicherung ergeben sich entgegen der Auffassung der Kläger Vorteile für Versicherte, die Kinder erziehen und unterhalten, durch die beitragsfreie Familienversicherung (so auch BVerfG, Urteil vom 03. April 2001, a.a.O.). Dies wirkt sich unmittelbar in der Erwerbsphase der Eltern aus. Die beitragsfreie Familienversicherung ist nur ein Bestandteil des Familienlastenausgleichs, weshalb mit ihr auch nicht ein vollständiger Ausgleich aller Vorteile kinderloser Versicherter zu bewerkstelligen ist. Damit ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des BVerfG im Urteil vom 03. April 2001 (a.a.O.) ein zusätzlicher Ausgleich nicht mehr erforderlich.
Das Leistungsrecht der gesetzlichen Rentenversicherung genügt auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die das BVerfG im Urteil vom 07. Juli 1992 (a.a.O.) aufgestellt hat. Das BVerfG hat den Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in den durch Kindererziehung bedingten Nachteilen bei der Altersversorgung liegt, über die Regelung des Hinterbliebenen- und Erziehungszeitengesetzes - HEZG - und des Gesetzes über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 RVKLG - hinaus zu berücksichtigen. Diesem Verfassungsauftrag ist der Gesetzgeber durch die zeitliche Ausdehnung der Kindererziehungszeiten für Kinder mit einem Geburtsdatum ab dem 01. Januar 1992 und Anhebung der Bewertung des Durchschnittsverdienstes (BVerfG vom 29. März 1996 - 1 BvR 1238/95 - in Juris) nachgekommen. Verfassungswidrig war in der Vergangenheit allein die Regelung zur Bewertung von Kindererziehungszeiten bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten; diese verfassungswidrige Rechtslage ist seit dem Beschluss des BVerfG vom 12. März 1996 (1 BvR 609/90 u.a SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5) korrigiert (vgl. § 70 Abs. 2 SGB VI). Durch § 70 Abs. 3a SGB VI hat der Gesetzgeber diesen Familienlastenausgleich im Sinne der Vorgaben des BVerfG weiter ausgebaut. Es erfolgt eine Höherbewertung von Beitragszeiten, die Eltern begünstigt, die während der ersten zehn Lebensjahre des Kindes - also während der Kinderberücksichtigungszeiten (§ 57 SGB VI) - erwerbstätig sind und nur unterdurchschnittlich verdienen. Dasselbe gilt für Pflichtbeitragszeiten aufgrund einer nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes bis zu seinem 18. Lebensjahr.
Ein entsprechender Ausgleich ist im Krankenversicherungsrecht nicht erforderlich, da die Kindererziehung zu keinen Nachteilen im Rahmen der Krankenversicherung führt. Personen, die Kinder erziehen bzw. erzogen haben, benötigen dieselben Leistungen wie Kinderlose. Die Krankenversorgung wird nicht durch die Kinder geleistet und Eltern sind auch nicht weniger krank als Kinderlose. Das Risiko der Krankheit trifft auch nicht - wie in der Pflegeversicherung - überwiegend nur die ältere Generation.
Die Beitragspflicht verletzt auch nicht das Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht nur ein Altersversorgungssystem ist, sondern auch die Risiken verminderte Erwerbsfähigkeit und Tod abgedeckt werden. Gerade die Abdeckung der letztgenannten Risiken kommt Familien besonders zugute. Auch damit findet ein sozialer Ausgleich im Rentenversicherungsrecht statt. Ein sozialer Ausgleich findet sich auch im Bereich der Kranken- und Pflegeversicherung. In beiden Systemen sind Kinder ohne eigene Beiträge in das System mit einbezogen, was entgegen der Auffassung der Kläger eine Begünstigung von Familien mit Kindern ist. Bei der Pflegeversicherung wird Kinderlosen darüber hinaus ein höherer Beitrag auferlegt.
Auch der Schutzbereich von Art. 14 GG wird durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten grundsätzlich nicht beeinträchtigt, denn dieses Grundrecht schützt nicht das Vermögen als solches (BVerfG, Beschluss vom 25. September 1990, 1 BvR 907/87 in NJW 1991, 746 f.). Anderes gilt nur dann, wenn eine Abgabe den Pflichtigen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, die Abgabe also "erdrosselnde Wirkung" hätte (BVerfGE, Beschluss vom 31. Mai 1988, 1 BvL 22/85 SozR 5850 § 14 Nr. 11; Beschluss vom 31. Mai 1990, 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87 BVerfGE 82, 159). Dies ist bei den Beiträgen zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung schon deshalb nicht der Fall, weil der Zahlung von Beiträgen Ansprüche aus der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung gegenüberstehen, für die ein vernünftiger Bürger sonst privat aufkommen müsste (Mertens, NZS 1998, 545 f) und im Rentenversicherungsrecht darüber hinaus Anwartschaften begründet werden. Für die Frage einer möglicherweise "erdrosselnden Wirkung" von Sozialversicherungsbeiträgen kommt es daher nicht auf den Gesamtbeitrag, sondern allenfalls auf den Beitragsanteil an, der den Klägern unwirtschaftlich und durch ein anderes Versicherungssystem einsparbar erscheint. Insoweit haben die Kläger nichts vorgetragen. Der wohl auch kaum bezifferbare Anteil dürfte jedoch keinesfalls "erdrosselnde Wirkung" haben.
Schließlich liegt ein Verstoß gegen Art. 1 und Art. 2 GG nicht vor. Die Auferlegung von Beitragspflichten ohne Berücksichtigung der die Kläger treffenden Unterhaltslast verstößt weder gegen die von Art. 1 GG geschützte Menschenwürde noch wird bereits in die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit durch die Erhebung der genannten Sozialversicherungsbeiträge eingegriffen, denn die Kläger werden durch Beiträge in dieser Höhe auch unter Beachtung ihrer Erziehungs- und Unterhaltsleistungen nicht unverhältnismäßig im Sinne einer "erdrosselnden Wirkung" belastet.
Schließlich war auf die weiteren Hilfsanträge der Kläger weder die Einholung weiterer Sachverständigengutachten noch die Ladung von Sachverständigen zur Erläuterung der von den Klägern vorgelegten Gutachten oder Stellungnahmen geboten. Darauf, wie sich die Gesamtbevölkerung entwickelt und ob und wenn ja welche Nachteile Eltern im Vergleich zu kinderlosen Versicherten im Sozialsystem entstehen, kommt es nicht an, denn dies ist für die Erhebung der Beiträge in der gesetzlichen Renten-, gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nach der derzeitigen gesetzlichen Regelung nicht maßgebend und vermag sich auch nicht im Hinblick auf eine Verfassungswidrigkeit der Normen auszuwirken, nachdem wie ausgeführt - den von den versicherten Eltern gegenüber den Kinderlosen erbrachten Leistungen durch Erziehung und Unterhalt der Kinder durch gegenüber den Kinderlosen gewährte Leistungen auf der Leistungsseite (Kindererziehungszeiten etc.; Familienversicherung) Rechnung getragen wird und im Rahmen der Pflegeversicherung die Kinderlosen darüber hinaus durch einen zusätzlichen Beitrag belastet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Zur gesetzlichen Krankenversicherung gibt es noch keine Rechtsprechung des BSG zu der Frage der Freistellung von der Beitragspflicht für Kinder erziehende Versicherte.
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