S 1 U 2650/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 2650/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ebenso wie ein Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsverhältnis nicht von vornherein ein Beschäftigungsverhältnis ausschließt, scheidet auch eine Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht allein deshalb aus, weil die Tätigkeit für einen Verwandten oder Freund verrichtet wird.

2. Bei Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten und Freunden ist darauf abzustellen, ob das Familienmitglied/der Freund eine Gefälligkeit erweist, die durch die Stärke des Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsverhältnisses ihr Gepräge erhält, oder ob es sich um eine ernstliche Tätigkeit handelt, die über das hinausgeht, was allgemein in Verwandtschafts- bzw. Freundschafts¬beziehungen gefordert und normalerweise von abhängig Beschäftigten erbracht wird. Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer ist der Rahmen, in dem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhalten.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger am 16.08.2010 einen Arbeitsunfall erlitten hat, insbesondere, ob er im Zeitpunkt des Unfallereignisses unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand.

Der 1967 geborene Kläger ist gelernter Zimmermann. Er ist mit dem Lehrer C. B. (im Folgenden: Bauherr) befreundet. Ab dem 12.08.2010 half der Kläger dem Bauherrn bei dem Neubau eines Carports auf dessen Anwesen X-Str., Y ... Bei der Ausführung von Dachstuhlarbeiten verletzte sich der Kläger am 16.08.2010 mit einer Kreissäge am rechten Oberschenkel und zog sich eine Ruptur der Quadrizepssehne ohne knöcherne Verletzung zu (vgl. Durchgangsarztbericht des Chirurgen PD Dr. M. vom 17.08.2010 und Operationsbericht der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie des Klinikums P. vom 16.08.2010).

Der Bauherr hatte den Kläger der Beklagten gegenüber als bei nicht gewerbsmäßigen Bauarbeiten mithelfende Person (Zimmerer-, Dachdecker- und Malerarbeiten) gemeldet. Im Fragebogen vom 02.09.2010 gab er hierzu unter anderem an, ihre Freundschaft äußere sich in gelegentlichen Treffen. Eine gegenseitige Unterstützung bzw. Mithilfe bei alltäglichen Verrichtungen sei nicht üblich. Auch sei die Mithilfe des Klägers an seinem Bauvorhaben weder für diesen noch für ihn - den Bauherrn - selbstverständlich gewesen. Der Kläger habe seine Mithilfe von sich aus aus Gründen ihrer Freundschaft und wegen seiner Sachkenntnis angeboten. In dem weiteren Fragebogen vom 17.10.2010 gab der Bauherr unter anderem an, die Mithilfe des Klägers sei auf seine - des Bauherrn - Initiative erfolgt. Er habe mit dem Kläger keinen Werkvertrag geschlossen und auch kein Entgelt für dessen Mithilfe vereinbart. Der Kläger habe weder über seine Arbeitszeit frei verfügen können noch unabhängig von seinen - des Bauherrn - Weisungen gearbeitet; vielmehr habe er auf der Baustelle seinen Weisungen in Bezug auf die Ausführung und die zeitliche Planung der erforderlichen Arbeiten unterlegen. Gegenüber weiteren Helfern habe der Kläger ebenfalls keine Weisungsbefugnis besessen bzw. eine solche nur in Absprache mit ihm ausgeübt. Er habe einzelne Arbeitsabschnitte des Bauvorhabens in enger Absprache mit dem Bauherrn mitgeplant und vorbereitet. Das benötigte Material habe er - der Bauherr - bzw. der Baustoffhändler berechnet und bestellt. Der Kläger habe die Bauarbeiten nicht eigenverantwortlich ausgeführt und hätte für Fehler in der Bauausführung auch keine Verantwortung übernommen oder einen hierdurch gegebenenfalls entstandenen Schaden ersetzt. Die im Unfallzeitpunkt benutzte Handkreissäge sei Eigentum des Klägers gewesen. Ohne die Mithilfe des Klägers hätte er - der Bauherr - sein Bauvorhaben mit anderen Helfern (Freunden) ausgeführt. Bis zum Unfallereignis habe der Kläger 22 Stunden an dem Bauvorhaben gearbeitet, vor dem Unfall bereits 5 Stunden. Ohne den Unfall hätte der Kläger am Unfalltag noch eine weitere Stunde und insgesamt noch weitere 35 Stunden mitgearbeitet (Einlattung und Eindecken des Daches).

Durch Bescheid vom 22.11.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfallereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, der Kläger habe zum Unfallzeitpunkt nicht zum Kreis der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gehört. Er sei insbesondere nicht wie ein Arbeitnehmer für den Bauherrn, sondern unternehmerähnlich tätig gewesen. Er habe aufgrund der zwischen ihm und dem Bauherrn bestehenden Freundschaft und seiner Fachkenntnis seine Mithilfe selbst angeboten. Wegen seiner Fachkenntnis habe er mutmaßlich zu den erforderlichen Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten selbst einen wesentlichen Teil bei der Mitplanung und Arbeitsausführung beigetragen und den weiteren Helfern aufgrund seiner Fachkenntnisse Anweisungen zur Arbeitsausführung erteilt. Die eingesetzte Handkreissäge habe in seinem Eigentum gestanden. Weiter sei davon auszugehen, der Kläger sei für das Gelingen der von ihm übernommenen Arbeiten ein wirtschaftliches Risiko wie bei einem Werkvertrag eingegangen. Eventuelle Fehler in der Bauausführung hätte er später korrigiert und damit für den Erfolg seiner Arbeiten eingestanden. Bei ganzheitlicher Betrachtung seiner Tätigkeit an dem Bauvorhaben überwögen deshalb die für eine unternehmerähnliche Beziehung zum Bauherrn sprechenden Merkmale gegenüber den arbeitnehmerähnlichen Merkmalen.

Der dagegen erhobene Widerspruch, den der Kläger nicht begründete, blieb erfolglos: (Widerspruchsbescheid vom 18.05.2011).

Deswegen hat der Kläger am 20.06.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er sei für den Bauherrn nicht unternehmerisch tätig gewesen. Er sei mit diesem seit vielen Jahren befreundet. Im Rahmen einer persönlichen Begegnung habe ihm dieser von seinem Vorhaben, einen Carport zu errichten, berichtet. Er - der Kläger - habe ihm dabei aus Freundschaft angeboten, bei den Zimmerer- und Dachdecker¬arbeiten zu helfen, weil der Bauherr ihm geholfen habe, die Folgen seiner Lese- und Schreibschwäche im Alltag zu bewältigen. An der Planung des Holzgewerkes sei er nicht beteiligt gewesen. Diese habe vielmehr eine andere Firma im Auftrag des Bauherrn übernommen. Auch das Material habe der Bauherr im eigenen Namen gekauft. Allein aus der Verwendung seines eigenen Werkzeuges im Unfallzeitpunkt lasse sich ein unternehmerähnliches Handeln nicht herleiten. Der Bauherr und er selbst hätten im Rahmen eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses keinen Rechtsbindungswillen gehabt. Im Übrigen beruhe die Annahme der Beklagten hinsichtlich der Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos auf bloßen Spekulationen.

Die Kammer hat den Bauherrn B. schriftlich als Zeugen gehört. Dieser hat bekundet, der Kläger habe ihm bei verschiedenen Arbeiten im Zusammenhang mit dem Bau des Carports geholfen, unter anderem bei der Errichtung und dem Aufstellen des Dachstuhls und dem Zusägen der Dachschalung. Insgesamt sei eine Mithilfe im Umfang von etwa 60 Stunden vorgesehen gewesen. Für seine Mithilfe habe der Kläger kein Entgelt erhalten. Nach dem Unfallereignis habe er den Carport mit den gleichen Helfern, die auch bereits vor dem Unfallereignis neben dem Kläger mitgeholfen hätten, fortgesetzt. Die Dachkonstruktion habe er von einer Firma als eine Art Bausatz erworben und ohne Änderungen nach deren Planung ausgeführt. Seine zeitlichen Vorstellungen hinsichtlich der durchzuführenden Arbeiten habe er den Bauhelfern mitgeteilt und mit diesen koordiniert. Da es sich insgesamt um befreundete Bauhelfer gehandelt habe, habe er nicht frei über deren Freizeit entscheiden können. Die abgesprochenen Termine seien eingehalten worden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 22. November 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2011 aufzuheben und das Unfallereignis vom 16. August 2010 als Arbeitsunfall festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Ohne den Einsatz des Klägers hätte der Bauherr die Bauarbeiten an eine andere, gleichwertig qualifizierte Person oder ein gewerbliches Unternehmen vergeben müssen. Der Kläger habe damit die entscheidenden Arbeitsschritte gelenkt und zur Herstellung des Werkes sein Fachwissen eingebracht. Insoweit sei er damit weisungsgebunden gewesen. Seine Tätigkeit habe deshalb eher den Charakter einer unternehmerähnlichen als einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit gehabt. Im Übrigen sei der Kläger gegenüber dem Bauherrn auch im Rahmen freundschaftlicher Verbundenheit tätig geworden.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wie auch des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gem. § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist anerkannt, dass, wenn die Frage streitig ist, ob ein bestimmtes Ereignis ein Arbeitsunfall ist, der Versicherte diese Frage vorab im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage klären kann (vgl. BSG SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 und a.a.O., § 8 Nrn. 16 und 23 sowie BSG UV-Recht Aktuell 2010, 114 ff., ferner auch LSG Baden-Württemberg vom 09.06.2011 - L 10 U 1533/10 - und vom 16.11.2011 - L 2 U 1422/10 -).

Die Klage ist indes unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat am 16.08.2010 keinen Arbeitsunfall erlitten, denn er stand zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

1.) Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Eine entsprechende versicherte Tätigkeit, für die vorliegend allein eine solche im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII in Betracht kommen könnte, hat indes zur Überzeugung des Gerichts nicht vorgelegen. Nach dieser Bestimmung sind in der gesetzlichen Unfallversicherung auch Personen versichert, die wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter tätig geworden sind, mithin Beschäftigte bzw. Arbeitnehmer.

a) § 2 Abs. 2 SGB VII will aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen den Versicherungsschutz auf Tätigkeiten erstrecken, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, in dem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirtschaftlichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG SozR 4-2700 § 2 Nr.6 ). Sie muss unter Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 25 mit weiteren Nachweisen). Nicht erforderlich ist, dass der Verletzte von dem Unternehmer persönlich oder wirtschaftlich abhängig ist (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nrn. 15 und 16). Von entscheidender Bedeutung ist die mit dem - objektiv arbeitnehmerähnlichen - Verhalten einhergehende Handlungstendenz (vgl. BSG vom 05.03.2002 - B 2 U 9/01 R - sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 09.04.2008 - L 17 U 52/07 - (jeweils Juris)). Damit wird nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmen objektiv nützlich und ihrer Art nach sonst üblicherweise dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, beschäftigungsähnlich verrichtet. Verfolgt eine Person mit einem Verhalten, das ansonsten einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnelt, in Wirklichkeit wesentlich allein eigene Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und damit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses tätig (vgl. Bayerisches LSG vom 11.12.2007 - L 3 U 299/06 - sowie Sächsisches LSG vom 09.12.2010 - L 2 U 219/09 - und vom 10.02.2011 - L 2 U 68/09 - (jeweils Juris)).

b) Der Versicherungsschutz ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Verunfallte einem Verwandten oder Freund geholfen hat. Ebenso wie ein Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsverhältnis nicht von vornherein ein Beschäftigungsverhältnis ausschließt, scheidet auch eine Tätigkeit wie ein Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht allein deshalb aus, weil die Tätigkeit für einen Verwandten oder Freund verrichtet wird (vgl. BSGE 5, 168, 172; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 55 und vom 30.07.1987 - 2 RU 17/86 - (Juris), ferner Sächsisches LSG vom 09.12.2010 - L 2 U 219/09 - und vom 10.02.2011 - L 2 U 68/09 - (jeweils Juris)). Bei Gefälligkeitsleistungen unter Verwandten und Freunden ist vielmehr darauf abzustellen, ob das Familienmitglied/der Freund eine Gefälligkeit erweist, die durch die Stärke des Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsverhältnisses ihr Gepräge erhält, oder ob es sich um eine ernstliche Tätigkeit handelt, die über das hinausgeht, was allgemein in Verwandtschafts- bzw. Freundschaftsbeziehungen gefordert und normalerweise von abhängig Beschäftigten erbracht wird. Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer ist der Rahmen, in dem bestimmte Verrichtungen hierdurch ihr Gepräge erhalten (vgl. BSG SozR 2200 § 539 Nr. 49 und Sächsisches LSG, a.a.O., mit weiteren Nachweisen). Verrichtungen aufgrund freundschaftlicher oder nachbarschaftlicher Beziehungen, und um solche handelte es sich vorliegend, schließen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit eines Verletzten und damit Versicherungsschutz über § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII aber dann aus, wenn es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handelt oder die zum Unfall führende Verrichtung als Erfüllung gesellschaftlicher (nicht rechtlicher) Verpflichtungen anzusehen ist, die bei besonders engen Beziehungen zwischen Freunden typisch, üblich und deshalb zu erwarten sind (vgl. BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 13; BSG in HV-Info 1990, 1349 ff. und LSG Baden-Württemberg vom 16.11.2011 - L 2 U 1422/10 -(veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de)).

2.) Orientiert an diesen Grundsätzen stellt das Unfallereignis vom 16.08.2010 für den Kläger keinen Arbeitsunfall dar.

a) Der Kläger übte am Unfalltag zwar eine dem Unternehmen des Bauherrn dienende ernsthafte Tätigkeit aus, die auch dessen wirklichen Willen entsprach. Die Tätigkeit konnte ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis, z.B. als Zimmerer und/oder Dachdecker, stehen. Es handelte sich auch um eine Arbeit von wirtschaftlichem Wert, was sich bereits aus der Anzahl der vom Kläger bis zum Zeitpunkt des Unfallereignisses geleisteten Arbeitsstunden (22) ergibt.

Gleichwohl entsprach die Tätigkeit nach ihrem Gesamtbild nicht einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit. Denn der zum Unfallzeitpunkt arbeitslose Kläger erwies dem Bauherrn am Unfalltag nach seinem eigenen Vorbringen in der Klagebegründung und in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht wie auch nach den ersten unbefangenen Angaben des Bauherrn im Fragebogen vom 02.09.2010 eine Gefälligkeit, die durch die Stärke der zwischen ihnen bestehenden langjährigen Freundschaft ihr Gepräge erhielt. Danach bot der Kläger dem Bauherrn seine Hilfe bei der Errichtung des Carports von sich aus, freiwillig und unentgeltlich an. Schon dies spricht gegen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. Denn Arbeitnehmer handeln im Allgemeinen nur nach Aufforderung und nur gegen Entgelt oder sonstige materielle Vorteile (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Breithaupt 2005, 480 ff. und Sächsisches LSG vom 10.02.2011 - L 2 U 68/09 - (Juris)). Davon war vorliegend indes keine Rede, wie der Kläger und der Bauherr - im Ergebnis - übereinstimmend ausgeführt haben. Auch bestand zwischen dem Kläger und dem Bauherrn kein arbeitnehmerähnliches Über-/Unterordnungsverhältnis. Der Kläger selbst hat in seiner Klagebegründung das Anerbieten seiner Hilfeleistungen gegenüber dem Bauherrn als "Freundschaftsdienst" und "Gefälligkeit" bezeichnet und diese - im Ergebnis - als Gegenleistung dafür angesehen, dass der Bauherr seinerseits aufgrund seiner Ausbildung und Tätigkeit als Lehrer ihm umgekehrt geholfen hatte, die Folgen seiner Lese- und Rechtschreibschwäche im Alltag zu bewältigen. Hierzu hat der Kläger in der mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht ergänzend vorgetragen, der Bauherr habe in der Vergangenheit wiederholt beim Schriftverkehr und bei Behördengängen geholfen. Durch diese Freundschaft zwischen dem Kläger und dem Bauherrn erhielt die Tätigkeit des Klägers am Unfalltag mithin ihr Gepräge. Dem steht nicht entgegen, dass nach den weiteren Angaben des Bauherrn im Fragebogen vom 02.09.2010 eine gegenseitige Unterstützung und Mithilfe bei alltäglichen Verrichtungen nicht üblich war und der Bauherr die Mithilfe des Klägers nicht als selbstverständlich angesehen hatte. Denn zum Einen war die Mithilfe des Klägers an seinem Bauvorhaben auch nach den Angaben des Bauherrn keine Ausnahme (vgl. die Antwort auf die Frage 9), d.h. die Freundschaft war offenbar von wechselseitigen Hilfeleistungen geprägt. Zum Anderen ist maßgebend insoweit die Motivationslage und Handlungstendenz des Unfallverletzten selbst - hier: des Klägers. Dieser hatte zudem auch nach dem ersten unbefangenen Angaben des Bauherrn gegenüber der Beklagten von sich aus angeboten, bei dem Bauvorhaben zu helfen (vgl. die Antwort auf die Frage 13).

b) Auch der zeitliche Umfang der vom Kläger bis zum Unfallereignis bereits erbrachten Hilfeleistungen am Bauvorhaben von rund 22 Stunden und die darüber hinaus - ohne das Unfallereignis - geplanten weiteren Hilfeleistungen von etwa 35 Zeitstunden führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn angesichts der langjährigen Dauer ihrer Freundschaft, der vom Kläger selbst bestätigten regelmäßigen persönlichen Begegnungen im Rahmen dieser Freundschaft und des Umstandes, dass der Bauherr ihm als Freund und Lehrer geholfen hatte, die Folgen einer Lese- und Rechtschreibschwäche im Alltag zu bewältigen, liegen die vom Kläger erbrachten und geplanten Hilfeleistungen durchaus im Rahmen dessen, was unter guten Freunden üblich ist. Denn es versteht sich unter guten Freunden von selbst, dass man selbst hilft, wenn man schon einmal - oder wie hier: wiederholt - Hilfe bekommen hat oder in Zukunft erwartet. Dabei sind auch langandauernde Hilfeleistungen nicht ungewöhnlich (vgl. insoweit BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 15).

c) Für eine Hilfeleistung unter Freunden spricht schließlich auch, dass der Bauherr nach seinen Angaben in der Meldung über die Durchführung nicht gewerbsmäßiger Bauarbeiten vom 02.09.2010 neben dem Kläger als Hilfspersonen für die Errichtung des Carports ausschließlich einen weiteren Freund und einen Bekannten hinzugezogen hat.

d) Überdies war der Kläger bei seiner Tätigkeit nicht der Gestalt in einen fremden Betrieb - dem des Bauherrn - eingegliedert, dass er nach Art, Ort, Dauer und Zeit der Ausführung weisungsgebunden agierte. Zwar hat der Bauherr als Zeuge glaubhaft bekundet, er habe den Bauhelfern seine zeitlichen Vorstellungen mitgeteilt und diese mit ihnen koordiniert, unter anderem, weil bei bestimmten Arbeiten mehrere Helfer notwendig waren. Allerdings konnte der Bauherr, anders als ein Arbeitgeber im Rahmen seines Direktions- und Weisungsrechts, weder über die Freizeit des Klägers als solche verfügen noch war der Kläger umgekehrt verpflichtet, die abgesprochenen Zeiten tatsächlich einzuhalten. Vielmehr hätte er - wenn auch zu Lasten des Bauherrn und der übrigen Helfer und gegebenenfalls auch auf Kosten der Freundschaft - mangels rechtlicher Bindungen seine Hilfeleistungen jederzeit einstellen können oder diese auch gar nicht erst aufnehmen müssen. Soweit der Bauherr im weiteren Fragebogen vom 17.10.2010 angegeben hat, der Kläger sei seinen Weisungen insoweit unterlegen gewesen, als dies die Absprache über die konkrete Bauausführung und die zeitliche Planung betroffen habe, streitet dies nicht für die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit. Denn eine Terminabsprache sowie die Absprache der konkreten Ausführung bestimmter Arbeiten ist nicht nur bei der Mithilfe/Mitarbeit unter Freunden, sondern bspw. auch bei einem selbstständig tätigen Unternehmer regelmäßig erforderlich, z.B. bei der Durchführung von Malerarbeiten in einem Haus durch einen Malerbetrieb oder der Gestaltung eines Gartens durch einen entsprechenden Gartenfachbetrieb. Gegen eine Einbindung des Klägers in einen fremden Betrieb spricht schließlich auch, dass der Kläger, anders als der Bauherr selbst, über die für die Durchführung von Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten erforderlichen Fachkenntnisse verfügte.

3.) Aus eben diesen Gründen hatte die unfallbringende Tätigkeit des Klägers im Verhältnis zum Bauherrn keinen arbeitnehmerähnlichen Charakter. Vielmehr war die Tätigkeit wesentlich durch die enge und langjährige Freundschaft zwischen ihnen geprägt. Damit stand der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der Gesetzlichen Unfallversicherung "wie" ein Beschäftigter.

Angesichts dessen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4.
Rechtskraft
Aus
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