Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 Ar 5106/93
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 280/94
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31.05.1994 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.09.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.1993 und sämtlicher anschließender Anpassungsbescheide verurteilt, das Ruhegehalt der Klägerin bei der Berechnung ihrer Witwenrente als Leistung im Sinne von § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu berücksichtigen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, bei der Berechnung ihrer Witwenrente ihr eigenes Ruhegehalt wie das eines deutschen Beamten gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu behandeln.
Die am 1926 geborene Klägerin ist Witwe des am 28.10.1990 verstorbenen G. P ... Dieser hatte für 99 Monate Beiträge zur deutschen Arbeiterrentenversicherung entrichtet und daraus seit 01.11.1986 Altersruhegeld bezogen.
Mit Bescheid vom 03.03.1993 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 01.11.1990 (Versicherungsfall 28.10.1990) Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes. Die Klägerin bezog seinerzeit Arbeitseinkommen aus einer Beamtentätigkeit bei der Verwaltung der Provinz S. als Hausmeisterin. Seit 01.09.1991 bezieht sie Ruhegehalt vom italienischen Finanzministerium.
Wegen Zusammentreffens der Hinterbliebenenrente mit eigenem Einkommen der Witwe kürzte die Beklagte die Hinterbliebenenrente gemäß §§ 18a bis 18e SGB IV ab 01.11.1991. Seitdem berechnet die Beklagte die Rente unter Berücksichtigung der sich ändernden Pension der Klägerin jeweils neu.
Den Prozentsatz der Einkommensanrechnung bemaß die Beklagte mit dem nach § 18 a Abs.3 Satz 1 Nr.2 SGB IV festgelegten Vom-Hundert-Satz entsprechend einem Erwerbsersatzeinkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gegen den Neufeststellungsbescheid vom 02.09.1993, mit dem die Beklagte für die Zeit ab 01.07.1992 die Hinterbliebenenrente der Klägerin neu berechnete, legte die Klägerin Widerspruch ein. Das ihr gewährte Ruhegehalt als Beamte sei nicht wie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 18a Abs.3 Nr.2, sondern wie das Ruhegehalt eines deutschen Beamten gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu behandeln und es sei daher gemäß § 18b Abs.5 Nr.3 vom Bruttobetrag 37,5 % abzuziehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.1993 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Abzug von 37,5 % von dem vom italienischen Versicherungsträger gewährten Rentenzahlbetrag gemäß § 18b Abs.5 Nr.3 SGB IV sei nicht vorzunehmen, da die Klägerin kein Ruhegehalt im Sinne des § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV beziehe. Die Klägerin beziehe zwar ein Ruhegehalt als italienische Beamtin, dies sei jedoch nicht mit dem Ruhegehalt eines deutschen Beamten zu vergleichen. Im Ausland sei die Versorgung der Beamten völlig anders ausgestaltet als nach deutschem Recht. Das Dienstverhältnis eines ausländischen Beamten sei nur dann mit einem deutschen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis vergleichbar, wenn zu der öffentlich-rechtlichen Natur eines Dienst- oder Amtsverhältnisses die beitragsfreie Altersversorgung hinzu komme. Die Klägerin habe zwar als italienische Beamtin nicht der allgemeinen Sozialversicherungspflicht in ihrer Heimat unterlegen, sie habe jedoch zu ihrer Altersversorgung von ihren Dienstbezügen Beiträge zu leisten gehabt. Ihr Ruhegehalt sei deshalb entsprechend dem Arbeitsentgelt bzw. der Rente aus der deutschen Rentenversicherung zu behandeln. Das vom italienischen Schatzministerium an die Klägerin gezahlte Ruhegehalt sei damit mit einem Erwerbsersatzeinkommen gemäß § 18a Abs.3 Nr.2 SGB IV vergleichbar und nicht mit dessen Nr.5. Dementsprechend sei ein Abzug von 37,5 % gemäß § 18b Abs.5 SGB IV nicht vorzunehmen.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben, mit der sie weiter die Berücksichtigung ihres Altersruhegeldes als italienische Beamte entsprechend eines Ruhegehalts eines deutschen Beamten zu berücksichtigen begehrt.
Mit Urteil vom 31.05.1994 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen. Die Klägerin beziehe kein Ruhegehalt im Sinne des § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV. Vielmehr sei ihr Ruhegehalt als italienische Beamtin als Ersatzeinkommen mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar und entsprechend zu berücksichtigen, da ihr Ruhegehalt nicht als beitragsfreie Altersversorgung allein aus einem öffentlich- rechtlichen Dienstverhältnis gewährt werde.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie weiter bei der Berechnung ihrer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes die Gleichstellung des in ihrer Heimat gewährten Ruhegehaltes mit dem eines deutschen Beamten begehrt.
Zur Frage der Rechtsnatur des der Klägerin gewährten Ruhegehaltes haben die Beteiligten im Laufe des Berufungsverfahrens mehrfach Stellung genommen. Ferner hat der Senat eine Auskunft zur Berechnung des Ruhegehaltes vom I.N.P.D.A.P. S. vom 17.06.1999 eingeholt.
Anschließend hat der Senat zur Frage der rechtlichen Vergleichbarkeit des Ruhegehaltes der Klägerin mit einer deutschen Beamtenpension bzw. einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein Gutachten der wissenschaftlichen Referentin am Max-Planck-Institut (M.P.I.) für Ausländisches und Internationales Sozialrecht Fr.Dr. E.H. eingeholt. In ihrem Gutachten vom 06.03.2002 kommt sie zu dem Ergebnis, dass das der Klägerin gewährte Ruhegehalt in seiner Gesamtheit in weitaus höherem Maße Ähnlichkeit mit einer deutschen Beamtenpension besitze, als mit einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, auch wenn sich die italienische Pension aus zwei Teilen, einem beitragsfinanzierten und einer Zulage - IIS Zulage- zusammensetze. Insbesondere habe der Berechnungsmodus der persönlichen Pension im CPDEL-System starke Ähnlichkeit mit dem einer deutschen Beamtenpension.
Mit Schriftsatz vom 21.06.2002 erklärte sich die Beklagte darauf bereit, die Pension der Klägerin getrennt nach ihren beiden Teilen, die IIS-Zulage wie die Pension eines deutschen Beamten und die persönliche Rente wie bisher um den Eigenanteil am KV/PV-Beitrag gekürzt, wie Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat dieses Angebot nicht angenommen. Auch wenn sich die Pension aus mehreren Teilen zusammensetze, sei sie doch insgesamt mit der eines deutschen Beamten vergleichbar. Sie sei deshalb in ihrer Gesamtheit wie die eines deutschen Beamten bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31.05.1994 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 2.09.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.1993 sowie die anschließenden Anpassungsbescheide abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes ihr italienisches Ruhegehalt wie eine Leistung gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Augsburg, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Beufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und auch sachlich begründet, da bei der Berechnung ihrer Hinterbliebenenrente das ihr in Italien gewährte Ruhegehalt wie Einkommen gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu behandeln ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, sowie des europäischen Gerichtshofs (EUGH) sind einzelne nationale Vorschriften nach dem übergeordneten Recht der Europäischen Union, soweit sie noch nicht deckungsgleich sind, so auszulegen, dass bei entsprechender Ähnlichkeit der Regelungen diese auch auf Bürger anderer Staaten der Europäischen Union anzuwenden sind.
Der Anwendungsbereich der in § 18a bis e SGB IV für Angehörige des Öffentlichen Dienstes in Deutschland getroffenen Regelung kann sich daher nicht nur positivistisch auf deutsche Beamte beschränken, sondern ist generell auf alle Personen im Bereich der Europäischen Union auszudehnen, die einer vergleichbaren Rechtslage nach deren nationalen Vorschriften unterliegen. Daraus folgt andererseits, dass allein die Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst in einem Staat der Europäischen Union die zunächst lediglich auf deutsche Angehörige des Öffentlichen Dienstes gerichteten nationalen vorschriften Deutschlands nicht ausreicht um auch Angehörige eines Öffentlichen Dienstes eines anderen Staates in der Europäischen Union erfassen. Vielmehr ist es dazu erforderlich, dass insoweit vergleichbare Verhältnisse vorliegen.
Entscheidend für die Frage, ob die von der Klägerin bezogene italienische Pension als Erwerbsersatzeinkommen wie eines aus der deutschen Rentenversicherung oder aus einer Versorgung aufgrund der Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst bei der Berechnung ihrer Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen ist, ist daher welcher Art das italienische Ruhegehalt nach den in Deutschland bestehenden Alterssicherungssystemen zuzuordnen ist. Vergleichsmaßstab sind daher die in Deutschland bestehenden Verhältnisse.
Der Senat ist dabei zur Ansicht gelangt, dass das der Klägerin gewährte italienische Ruhegehalt eher vergleichbar mit der Versorgung eines deutschen Beamten als mit der aus der deutschen Rentenversicherung ist und demnach wie eine Versorgung aufgrund eines Öffentlichen Dienstverhältnisses bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente der Klägerin zu berücksichtigen ist.
Dies ergibt sich insbesondere aus dem Rechtsgutachten der wissenschaftlichen Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht Dr.H. vom 5. März 2002, die darin für den Senat überzeugend insbesondere die Struktur der italienischen Altersversorgung für italienische Beamte als mit der eines deutschen Beamten vergleichbar schildert.
Auch wenn aufgrund eines nach 1991 einsetzenden Reformprozesses in den italienischen Alterssicherungssystemen eine vollständige Angleichung einer italienischen Beamtenversorgung mit der außerhalb des Öffentlichen Dienstes in die Wege geleitet ist, so ist im Falle der Klägerin auf den Zeitpunkt des Leistungsfalles im September 1991 abzustellen, zu dem lediglich ein Anteil von unter 24 % an der Gesamtleistung beitragsfinanziert waren.
Die Tatsache einer teilweisen Beitragsfinanzierung des Ruhegehaltes allein schließt die Vergleichbarkeit mit einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in Deutschland nicht aus. Schließlich wird auch in Deutschland seit langem die Diskussion einer Beitragsfinanzierung der Beamtenruhegehälter diskutiert und darin kein grundsätzlicher Widerspruch zur Natur des Öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und der daraus entspringenden Alterssicherung gesehen.
Ebenso wenig lässt sich aus der Tatsache, dass sich das italienische Ruhegehalt der Klägerin aus zwei Teilen, einer persönlichen Rente und einer Zulage, zusammensetzt, ein anderes Ergebnis rechtfertigen. Das der Klägerin gewährte Ruhegehalt bleibt dennoch, auch wenn es sich aus verschiedenen Teilen zusammensetzt, ein insoweit nicht auftrennbares Ruhegehalt, das für sich betrachtet nur entweder der Alterssicherung eines deutschen Beamten oder aber mit der eines Versicherten in der Arbeiterrentenversicherung vergleichbar ist. Insbesondere von der Art der Berechnung der Höhe der italienischen Versorgung der Klägerin und deren Besteuerung scheint dem Senat die der Klägerin gewährte Leistung dem eines Angehörigen des Öffentlichen Dienstes in Deutschland im Wesentlichen zu entsprechen und ist daher wie das Erwerbsersatzeinkommen eines deutschen Beamten bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente der Klägerin zu berücksichtigen.
Die Beklagte war daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Augsburg sowie Abänderung des Bescheides der Beklagten und der folgenden Rentenanpassungen zu verurteilen, die italienische Pension der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs.3 Nr.5 SG IV bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt, bei der Berechnung ihrer Witwenrente ihr eigenes Ruhegehalt wie das eines deutschen Beamten gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 Sozialgesetzbuch (SGB IV) zu behandeln.
Die am 1926 geborene Klägerin ist Witwe des am 28.10.1990 verstorbenen G. P ... Dieser hatte für 99 Monate Beiträge zur deutschen Arbeiterrentenversicherung entrichtet und daraus seit 01.11.1986 Altersruhegeld bezogen.
Mit Bescheid vom 03.03.1993 gewährte die Beklagte der Klägerin ab 01.11.1990 (Versicherungsfall 28.10.1990) Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes. Die Klägerin bezog seinerzeit Arbeitseinkommen aus einer Beamtentätigkeit bei der Verwaltung der Provinz S. als Hausmeisterin. Seit 01.09.1991 bezieht sie Ruhegehalt vom italienischen Finanzministerium.
Wegen Zusammentreffens der Hinterbliebenenrente mit eigenem Einkommen der Witwe kürzte die Beklagte die Hinterbliebenenrente gemäß §§ 18a bis 18e SGB IV ab 01.11.1991. Seitdem berechnet die Beklagte die Rente unter Berücksichtigung der sich ändernden Pension der Klägerin jeweils neu.
Den Prozentsatz der Einkommensanrechnung bemaß die Beklagte mit dem nach § 18 a Abs.3 Satz 1 Nr.2 SGB IV festgelegten Vom-Hundert-Satz entsprechend einem Erwerbsersatzeinkommen aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gegen den Neufeststellungsbescheid vom 02.09.1993, mit dem die Beklagte für die Zeit ab 01.07.1992 die Hinterbliebenenrente der Klägerin neu berechnete, legte die Klägerin Widerspruch ein. Das ihr gewährte Ruhegehalt als Beamte sei nicht wie eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 18a Abs.3 Nr.2, sondern wie das Ruhegehalt eines deutschen Beamten gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu behandeln und es sei daher gemäß § 18b Abs.5 Nr.3 vom Bruttobetrag 37,5 % abzuziehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.11.1993 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Abzug von 37,5 % von dem vom italienischen Versicherungsträger gewährten Rentenzahlbetrag gemäß § 18b Abs.5 Nr.3 SGB IV sei nicht vorzunehmen, da die Klägerin kein Ruhegehalt im Sinne des § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV beziehe. Die Klägerin beziehe zwar ein Ruhegehalt als italienische Beamtin, dies sei jedoch nicht mit dem Ruhegehalt eines deutschen Beamten zu vergleichen. Im Ausland sei die Versorgung der Beamten völlig anders ausgestaltet als nach deutschem Recht. Das Dienstverhältnis eines ausländischen Beamten sei nur dann mit einem deutschen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis vergleichbar, wenn zu der öffentlich-rechtlichen Natur eines Dienst- oder Amtsverhältnisses die beitragsfreie Altersversorgung hinzu komme. Die Klägerin habe zwar als italienische Beamtin nicht der allgemeinen Sozialversicherungspflicht in ihrer Heimat unterlegen, sie habe jedoch zu ihrer Altersversorgung von ihren Dienstbezügen Beiträge zu leisten gehabt. Ihr Ruhegehalt sei deshalb entsprechend dem Arbeitsentgelt bzw. der Rente aus der deutschen Rentenversicherung zu behandeln. Das vom italienischen Schatzministerium an die Klägerin gezahlte Ruhegehalt sei damit mit einem Erwerbsersatzeinkommen gemäß § 18a Abs.3 Nr.2 SGB IV vergleichbar und nicht mit dessen Nr.5. Dementsprechend sei ein Abzug von 37,5 % gemäß § 18b Abs.5 SGB IV nicht vorzunehmen.
Dagegen hat die Klägerin zum Sozialgericht Augsburg Klage erhoben, mit der sie weiter die Berücksichtigung ihres Altersruhegeldes als italienische Beamte entsprechend eines Ruhegehalts eines deutschen Beamten zu berücksichtigen begehrt.
Mit Urteil vom 31.05.1994 hat das Sozialgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Es hat sich dabei der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen. Die Klägerin beziehe kein Ruhegehalt im Sinne des § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV. Vielmehr sei ihr Ruhegehalt als italienische Beamtin als Ersatzeinkommen mit einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar und entsprechend zu berücksichtigen, da ihr Ruhegehalt nicht als beitragsfreie Altersversorgung allein aus einem öffentlich- rechtlichen Dienstverhältnis gewährt werde.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie weiter bei der Berechnung ihrer Witwenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes die Gleichstellung des in ihrer Heimat gewährten Ruhegehaltes mit dem eines deutschen Beamten begehrt.
Zur Frage der Rechtsnatur des der Klägerin gewährten Ruhegehaltes haben die Beteiligten im Laufe des Berufungsverfahrens mehrfach Stellung genommen. Ferner hat der Senat eine Auskunft zur Berechnung des Ruhegehaltes vom I.N.P.D.A.P. S. vom 17.06.1999 eingeholt.
Anschließend hat der Senat zur Frage der rechtlichen Vergleichbarkeit des Ruhegehaltes der Klägerin mit einer deutschen Beamtenpension bzw. einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ein Gutachten der wissenschaftlichen Referentin am Max-Planck-Institut (M.P.I.) für Ausländisches und Internationales Sozialrecht Fr.Dr. E.H. eingeholt. In ihrem Gutachten vom 06.03.2002 kommt sie zu dem Ergebnis, dass das der Klägerin gewährte Ruhegehalt in seiner Gesamtheit in weitaus höherem Maße Ähnlichkeit mit einer deutschen Beamtenpension besitze, als mit einer Rente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, auch wenn sich die italienische Pension aus zwei Teilen, einem beitragsfinanzierten und einer Zulage - IIS Zulage- zusammensetze. Insbesondere habe der Berechnungsmodus der persönlichen Pension im CPDEL-System starke Ähnlichkeit mit dem einer deutschen Beamtenpension.
Mit Schriftsatz vom 21.06.2002 erklärte sich die Beklagte darauf bereit, die Pension der Klägerin getrennt nach ihren beiden Teilen, die IIS-Zulage wie die Pension eines deutschen Beamten und die persönliche Rente wie bisher um den Eigenanteil am KV/PV-Beitrag gekürzt, wie Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen.
Die Klägerin hat dieses Angebot nicht angenommen. Auch wenn sich die Pension aus mehreren Teilen zusammensetze, sei sie doch insgesamt mit der eines deutschen Beamten vergleichbar. Sie sei deshalb in ihrer Gesamtheit wie die eines deutschen Beamten bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 31.05.1994 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 2.09.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.1993 sowie die anschließenden Anpassungsbescheide abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemannes ihr italienisches Ruhegehalt wie eine Leistung gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.
Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Augsburg, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Beufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und auch sachlich begründet, da bei der Berechnung ihrer Hinterbliebenenrente das ihr in Italien gewährte Ruhegehalt wie Einkommen gemäß § 18a Abs.3 Nr.5 SGB IV zu behandeln ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, sowie des europäischen Gerichtshofs (EUGH) sind einzelne nationale Vorschriften nach dem übergeordneten Recht der Europäischen Union, soweit sie noch nicht deckungsgleich sind, so auszulegen, dass bei entsprechender Ähnlichkeit der Regelungen diese auch auf Bürger anderer Staaten der Europäischen Union anzuwenden sind.
Der Anwendungsbereich der in § 18a bis e SGB IV für Angehörige des Öffentlichen Dienstes in Deutschland getroffenen Regelung kann sich daher nicht nur positivistisch auf deutsche Beamte beschränken, sondern ist generell auf alle Personen im Bereich der Europäischen Union auszudehnen, die einer vergleichbaren Rechtslage nach deren nationalen Vorschriften unterliegen. Daraus folgt andererseits, dass allein die Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst in einem Staat der Europäischen Union die zunächst lediglich auf deutsche Angehörige des Öffentlichen Dienstes gerichteten nationalen vorschriften Deutschlands nicht ausreicht um auch Angehörige eines Öffentlichen Dienstes eines anderen Staates in der Europäischen Union erfassen. Vielmehr ist es dazu erforderlich, dass insoweit vergleichbare Verhältnisse vorliegen.
Entscheidend für die Frage, ob die von der Klägerin bezogene italienische Pension als Erwerbsersatzeinkommen wie eines aus der deutschen Rentenversicherung oder aus einer Versorgung aufgrund der Zugehörigkeit zum Öffentlichen Dienst bei der Berechnung ihrer Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen ist, ist daher welcher Art das italienische Ruhegehalt nach den in Deutschland bestehenden Alterssicherungssystemen zuzuordnen ist. Vergleichsmaßstab sind daher die in Deutschland bestehenden Verhältnisse.
Der Senat ist dabei zur Ansicht gelangt, dass das der Klägerin gewährte italienische Ruhegehalt eher vergleichbar mit der Versorgung eines deutschen Beamten als mit der aus der deutschen Rentenversicherung ist und demnach wie eine Versorgung aufgrund eines Öffentlichen Dienstverhältnisses bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente der Klägerin zu berücksichtigen ist.
Dies ergibt sich insbesondere aus dem Rechtsgutachten der wissenschaftlichen Referentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Sozialrecht Dr.H. vom 5. März 2002, die darin für den Senat überzeugend insbesondere die Struktur der italienischen Altersversorgung für italienische Beamte als mit der eines deutschen Beamten vergleichbar schildert.
Auch wenn aufgrund eines nach 1991 einsetzenden Reformprozesses in den italienischen Alterssicherungssystemen eine vollständige Angleichung einer italienischen Beamtenversorgung mit der außerhalb des Öffentlichen Dienstes in die Wege geleitet ist, so ist im Falle der Klägerin auf den Zeitpunkt des Leistungsfalles im September 1991 abzustellen, zu dem lediglich ein Anteil von unter 24 % an der Gesamtleistung beitragsfinanziert waren.
Die Tatsache einer teilweisen Beitragsfinanzierung des Ruhegehaltes allein schließt die Vergleichbarkeit mit einer Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in Deutschland nicht aus. Schließlich wird auch in Deutschland seit langem die Diskussion einer Beitragsfinanzierung der Beamtenruhegehälter diskutiert und darin kein grundsätzlicher Widerspruch zur Natur des Öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und der daraus entspringenden Alterssicherung gesehen.
Ebenso wenig lässt sich aus der Tatsache, dass sich das italienische Ruhegehalt der Klägerin aus zwei Teilen, einer persönlichen Rente und einer Zulage, zusammensetzt, ein anderes Ergebnis rechtfertigen. Das der Klägerin gewährte Ruhegehalt bleibt dennoch, auch wenn es sich aus verschiedenen Teilen zusammensetzt, ein insoweit nicht auftrennbares Ruhegehalt, das für sich betrachtet nur entweder der Alterssicherung eines deutschen Beamten oder aber mit der eines Versicherten in der Arbeiterrentenversicherung vergleichbar ist. Insbesondere von der Art der Berechnung der Höhe der italienischen Versorgung der Klägerin und deren Besteuerung scheint dem Senat die der Klägerin gewährte Leistung dem eines Angehörigen des Öffentlichen Dienstes in Deutschland im Wesentlichen zu entsprechen und ist daher wie das Erwerbsersatzeinkommen eines deutschen Beamten bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente der Klägerin zu berücksichtigen.
Die Beklagte war daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Augsburg sowie Abänderung des Bescheides der Beklagten und der folgenden Rentenanpassungen zu verurteilen, die italienische Pension der Klägerin als Erwerbsersatzeinkommen im Sinne des § 18a Abs.3 Nr.5 SG IV bei der Berechnung der Hinterbliebenenrente zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
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