L 16 RJ 29/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 13 RJ 485/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 29/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.11.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1944 geborene Kläger ist ein aus dem Kosovo stammender Albaner, der seit seiner Ausweisung aus Deutschland im April 2000 wieder im Kosovo wohnhaft ist. Er hat in der Bundesrepublik zwischen 1970 und 1973 und vom Mai 1996 bis März 2000 Versicherungszeiten erworben. Laut Auskunft des letzten Arbeitgebers war er 1996 6 1/2 Monate und 1997 5 Monate als ungelernter Bauwerker beschäftigt und nach der Lohngruppe VII des Bautarifvertrags entlohnt. Entlassen wurde er wegen Arbeitsmangels. Der Kläger hat sich selbst als angelernten Maurer (6 Monate Anlernzeit) bezeichnet.

Sein erster Rentenantrag vom 02.12.1998 ist am 29.04.1999 mangels besonderer versicherungsrechtlicher Voraussetzungen und fehlenden Leistungsfalls abgelehnt worden. Vorausgegangen war ein Gutachten des Allgemeinmediziners Dr.T. vom 03.03.1999, worin eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten bejaht worden war. Auch der von der Beklagten zugezogene orthopädische Gutachter Dr.P. hatte in seinem Gutachten vom 24.03.1999 leichte Tätigkeiten für vollschichtig zumutbar erachtet.

Am 03.09.1999 stellte der Kläger erneut einen Rentenantrag. Die Beklagte zog die Krankenunterlagen Dr.B. bei und veranlasste eine ambulante Untersuchung durch den Internisten Dr.S ... Nachdem dieser in seinem Gutachten vom 23.11. 1999 keine wesentliche Befundverschlechterung gegenüber den Vorgutachten festgestellt hatte, lehnte die Beklagte am 15.12.1999 eine Rentengewährung ab. Der Kläger sei weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig, da ihm leichte Arbeiten ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne häufiges Bücken vollschichtig zumutbar seien.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, laut Arbeitsamt sei er nicht vermittlungsfähig und laut behandelnden Orthopäden nicht belastbar. Er sei täglich auf Schmerzmittel angewiesen. Der Orthopäde Dr.A. attestierte am 20.12.1999, wegen eines Bandscheibenvorfalls, Spondylarthrose und Lumbosacralarthrose sei der Kläger für schwere Arbeiten nicht mehr einzusetzen. Nach Anhörung ihres sozialmedizinischen Dienstes wies die Beklagte den Widerspruch am 02.02.2000 als unbegründet zurück.

Im Klageschriftsatz trug der Kläger vor, die Beklagte habe es unterlassen, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen. Wegen eingeschränkter Wegefähigkeit auf Strecken von 800 m hätte auch die konkrete Wohnsituation eruiert werden müssen. Er sei nicht vollschichtig leistungsfähig. Dr.A. schrieb in seinem Befundbericht von April 2000, wegen Diskushernie, Spondylarthrosen und ISG-Arthrose könne der Kläger nicht heben und lange stehen; daher sei keine nennenswerte Tätigkeit zu erwarten. Weitere Befundberichte wurden von Dr.B. und dem Neurologen Dr.S. eingeholt, der ein lumbales Wurzelreizsyndrom diagnostizierte.

Im Auftrag des Gerichts erstellte Dr.L. , Leitender Oberarzt der Chirurgischen Abteilung vom Städtischen Krankenhaus H. , am 28.03.2001 ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung. Er diagnostizierte als Hauptleiden ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom leichter und ein Lendenwirbelsäulensyndrom mittelschwerer Prägung mit sich daraus ergebender Funktionseinschränkung ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes. Seines Erachtens kann der Kläger leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten, im Wechsel der Arbeitsposition in geschlossenen Räumen, kurzfristig im Freien, achtstündig verrichten. Ausgeschlossen seien das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, ausschließliches Arbeiten an Maschinen und am Fließband und Überkopfarbeit. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeitsstelle seien nicht gegeben und weitere fachärztliche Untersuchungen seien nicht erforderlich. Gestützt hierauf wies das Sozialgericht München die Klage am 09.11.2001 ab. Der Kläger genieße keinen Berufsschutz und der Arbeitsmarkt sei bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit ohne Belang.

Gegen das am 19.12.2001 zugestellte Urteil legte der Kläger am 21.01.2002 unter Bezugnahme auf die Klagebegründung Berufung ein. Die Begutachtung durch Dr.L. werde nicht akzeptiert, da sie nur in einem 15-minütigen Termin durchgeführt worden sei. Er stellte den Antrag, den von ihm benannten Arzt seines Vertrauens zu hören.

Der am 27.03.2002 angeforderte Kostenvorschuss wurde trotz Fristverlängerung bis 15.07.2002 nicht entrichtet.

Am 17.06.2002 wurde ein Antrag auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht abgelehnt.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.11.2001 wird aufgehoben und die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 15.12.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2000 verurteilt, auf den Antrag des Klägers vom 03.09.1999 Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts München sowie der Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Obwohl der Kläger mit seinem Berufungsschriftsatz vom 21.01. 2002 einen Antrag gemäß § 109 SGG gestellt hat, ist die Streitsache entscheidungsreif. Die Anhörung des Prof.Dr.K. wurde von der Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 1.500 Euro abhängig gemacht. Die am 22.03.2002 hierfür gesetzte Frist ist nach der Verlängerung vom 21.06.2002 bis 15.07.2002 ergebnislos verstrichen.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts München vom 09.11.2001 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 15.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.02.2000. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er ist weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig oder erwerbsgemindert.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 1 und 2 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgeblichen Fassung gemäß § 300 Abs.2 SGB VI). Zwar ist das Leistungsvermögen des Klägers soweit beeinträchtigt, dass er seinen in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten Beruf als Bauwerker nicht mehr ausüben kann. Sein Restleistungsvermögen ist jedoch dergestalt, dass er noch zumutbar auf eine andere Tätigkeit verwiesen werden kann.

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das Bundessozialgericht die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. Bundessozialgerichtsentscheidungen in SozR 2200 § 1246 Nr.138 und 140). Ausschlaggebend für die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Dabei ist allein auf das Erwerbsleben in der Bundesrepublik Deutschland abzustellen. Dem Versicherten ist die Verweisung auf die im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nächstniedrigere Gruppe zumutbar (ständige Rechtsprechung u.a. in SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.5).

Zutreffend hat das Sozialgericht einen Berufsschutz des Klägers verneint. Die zuletzt im zweiten Beschäftigungsabschnitt in der Deutschen Sozialversicherung versicherungspflichtig zurückgelegten Tätigkeiten bei einer Baufirma waren Hilfsarbeiten als ungelernter Bauwerker. Hierfür spricht nicht nur die Beschreibung der Tätigkeiten durch den Arbeitgeber, sondern auch die tarifliche Einstufung in die Lohngruppe VII des Tarifvertrags für das Baugewerbe. Die angebliche Anlernzeit als Maurer von 6 Monaten hat dabei erkennbar keinerlei Rolle gespielt. Als ungelernter Arbeiter ist der Kläger aber auf den allgemeinen Arbeitsmarkt uneingeschränkt verweisbar.

Das beim Kläger vorhandene Restleistungsvermögen reicht auch aus, eine derartige Tätigkeit zu verrichten. Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf das überzeugende und ausführliche Gutachten des vom Sozialgericht bestellten Sachverständigen Dr.L. , der die zahlreich vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und seine Beurteilung schlüssig begründet hat. Aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit als Sachverständiger im Bereich der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit verfügt er sowohl über die erforderlichen Kenntnisse als auch über die praktische Erfahrung, um sämtliche, hier in Betracht kommenden gesundheitlichen Störungen medizinisch zutreffend einzuordnen und ihre Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit des Klägers im allgemeinen Erwerbsleben sachgerecht zu beurteilen. Mit seiner Würdigung befindet er sich in Übereinstimmung mit dem Orthopäden Dr.P. , der den Kläger im Verwaltungsverfahren am 24.03. 1999 ambulant untersucht hat. Eine Progredienz des Leidens ist nach Angaben der behandelnden Ärzte seit November 1998 nicht eingetreten. Dies hat auch Dr.S. in seinem Gutachten vom 19.11.1999 festgestellt.

Soweit von Klägerseite gegen das Gutachten Dr.L. vorgetragen wird, es basiere lediglich auf einer 15-minütigen Untersuchung, so ist zunächst dagegen einzuwenden, dass dieser Vorwurf 9 Monate nach Kenntnisnahme des Gutachtens wenig überzeugend wirkt. Schließlich spricht der Inhalt des Gutachtens mit ausreichender Anamnese und klinischem Untersuchungsbefund dagegen, dass der Sachverständige zu wenig Zeit aufgewendet hat. Er konnte sich auch auf ein ausführliches röntgenologisches Gutachten vom 31.03.2001 stützen, das in seinem Auftrag erstellt worden ist.

Der Kläger kann sich auf keine abweichende medizinische Beurteilung stützen. Der behandelnde Orthopäde Dr.A. hat in seinem Attest vom 20.12.1999 lediglich schwere Arbeiten für nicht mehr zumutbar erachtet. Die von ihm im Befundbericht vom April 2000 genannten Funktionseinschränkungen (kein Heben und kein langes Stehen) schließen nicht jegliche Erwerbstätigkeit aus, weil es auf dem Arbeitsmarkt eine Vielzahl leichter Arbeiten in sitzender Körperhaltung gibt.

Die vom Arbeitsamt bescheinigte fehlende Vermittelbarkeit betrifft lediglich das Risiko der Arbeitslosigkeit. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ist dieses Risiko bei der gegebenen vollschichtigen Einsatzfähigkeit des Klägers unter betriebsüblichen Bedingungen nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen.

Seit der ersten Rentenantragstellung Ende 1998 leidet der Kläger unter tiefsitzenden Kreuzschmerzen mit Schmerzausstrahlung zu den Zehen des rechten Fußes. Die am 7. Januar 1999 durchgeführte Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule ergab eine Bandscheibenvorwölbung L 3/L 4, L 4/L 5, eine hochgradige Bandscheibendegeneration L 5/S 1 und eine ausgeprägte Bandscheibenvorwölbung L 5/S 1. Ein Bandscheibenvorfall wurde nicht genannt. Infolge der genannten Bandscheibenschäden liegt ein mittelschweres Lendenwirbelsäulensyndrom vor, das mit erheblichen Bewegungseinschränkungen, hingegen nicht mit einem peripher neurogenen Defekt verbunden ist. Wegen der verminderten statischen Belastbarkeit des Achsenorgans sind nur noch leichte körperliche Tätigkeiten im gelegentlichen Wechsel der Arbeitsposition zumutbar. Insbesondere können Lasten von über 10 Kilo nicht gehoben und getragen werden. Ebensowenig zumutbar sind häufiges Bücken und ausschließliches Arbeiten an Maschinen und am Fließband.

Die von Dr.L. veranlasste röntgenologische Untersuchung im März 2001 ergab neben dem Lendenwirbelsäulensyndrom ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom. Die damit verbundenen Funktionseinschränkungen sind als leicht einzustufen, nachdem die Beweglichkeit lediglich endgradig reduziert ist. Die Beschwerden an beiden Schultern sind einem Supraspinatussehnensyndrom zuzuordnen, das häufige Überkopfarbeiten ausschließt.

Die daneben bestehenden degenerativen Veränderungen an den unteren und oberen Extremitäten sind funktionell bedeutungslos. Insbesondere ist die Muskulatur an beiden Armen kräftig und seitengleich, die Ellenbogen- und Handgelenksbeweglichkeit frei. Sämtliche Gelenke der Finger beider Hände sind entzündungs- und arthrosefrei. Motorik, Sensibilität und Durchblutung der Finger sind intakt. Ebenso ist die Beweglichkeit beider Hüft-, Knie- und Sprunggelenke frei, auffällig lediglich leichtgradige Varizen ohne Ulcusleiden der Haut. Eine sozialmedizinisch relevante Einschränkung der Wegefähigkeit liegt nicht vor. Der Kläger ist in der Lage, täglich eine Wegstrecke von deutlich mehr als 4 x 500 Metern zum Arbeitsplatz in angemessener Zeit zurückzulegen.

Zusammenfassend kann der Kläger noch leichte, kurzfristig mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten, sofern sie nicht mit häufigem Bücken, häufiger Überkopfarbeit und Zwangshaltung verbunden sind. Wichtig ist, dass bei einer vollschichtigen Tätigkeit unübliche Pausen nicht erforderlich sind. Da auch das Gehvermögen nicht nennenswert eingeschränkt ist, liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gegeben ist. Nur in diesem Fall hätte das Gericht Anlass zu prüfen, ob dem Kläger der Arbeitsmarkt verschlossen ist (BSGE Band 80, 24, 33 ff.). Bei den vorhandenen Leistungseinschränkungen kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die an sich noch möglichen Vollzeittätigkeiten eine ausreichende Anzahl von Arbeitsplätzen gibt. Leichte körperliche Verrichtungen wie z.B. Kontrollieren, Sortieren, Zusammensetzen von Teilen usw. sind mit dem Restleistungsvermögen des Klägers vereinbar. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht.

Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten ist das Gericht wegen der Einschränkung des zumutbaren Anmarschwegs auf 800 m, wie von Dr.S. für richtig gehalten, nicht verpflichtet, die konkrete Wohnsituation des Klägers zu berücksichtigen. Wie das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 17.12.1991 (SozR 3-2200, § 1247 RVO Nr.10) ausgeführt hat, kann es bei der Beurteilung der Mobilität eines Versicherten nicht auf die konkreten Anforderungen ankommen, die sich aus der Lage seines Wohnorts und möglicher Arbeitsstellen ergeben. Besondere Schwierigkeiten der persönlichen Wohnsituation gehören grundsätzlich nicht zum versicherten Risiko, ebenso wenig Schwierigkeiten und Nachteile eines Umzugs an einen anderen Ort, von dem aus Arbeitsplätze besser zu erreichen wären. Das versicherte Risiko muss deshalb auch insoweit nach allgemeinen, für alle gleichermaßen geltenden Kriterien abgegrenzt werden, die sich daran orientieren, welche Leistungsfähigkeit im Regelfall gegeben sein muss, um Arbeitsmöglichkeiten wahrnehmen zu können. Sämtliche Senate des Bundessozialgerichts folgen dem generalisierenden Maßstab, wonach erwerbsunfähig in der Regel der ist, wer nicht in der Lage ist, täglich 4 x eine Wegstrecke von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen. Dass der Kläger dies kann, hat Herr Dr.L. ausdrücklich bejaht.

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs.2 SGB VI a.F. nicht erfüllt. Da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig einsatzfähig ist, ist er nicht gehindert, sein Restleistungsvermögen wirtschaftlich zu verwerten und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen. Wegen seiner vollschichtigen Einsatzfähigkeit scheitert schließlich auch ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 maßgebenden Fassung. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts keine sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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