Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 25 RJ 2489/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 305/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. April 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Kläger über den 31. August 1997 hinaus streitig.
Der am 1957 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und war von 1972 bis zum 16. Oktober 1995 in verschiedenen Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt. Zuletzt vom 19. April 1993 bis 16. Oktober 1995 arbeitete er als Hilfsarbeiter. Auf seinen Antrag vom 8. Mai 1996 hin gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 1996 eine Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. August 1997. Der Rentengewährung lag eine internistische und neurologisch-psychiatrische Begutachtung des Klägers vom August 1996 zugrunde, derzufolge der Kläger wegen der Folgen eines chronischen Alkoholismus, eines LWS-Syndroms und einer alkoholindizierten Epilepsie derzeit nicht in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Am 13. Mai 1997 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. August 1997 hinaus. Die Beklagte zog die Befundberichte des Hausarztes des Klägers, Dr.H. , bei und ließ den Kläger am 23./24. Juni 1997 im Zentralkrankenhaus G. , ihrer sozialmedizinischen Begutachtungsstelle, stationär untersuchen. Die Gutachter Dr.W. und Dr.R. auf internistischem, Dr.H. auf orthopädischem und Dr.M. auf nervenärztlichem Gebiet kamen dabei übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger wieder in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Dabei seien folgende zusätzliche Einschränkungen zu beachten: Zu ebener Erde, ohne viel Bücken, ohne Zeitdruck, aus wechselnder Ausgangslage und ohne dauerndes Gehen und Stehen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers werde durch folgende Gesundheitsstörungen beeinträchtigt: Alkoholismus mit mäßiggradiger Polyneuropathie und zwei Gelegenheitsanfällen, nutritiv-toxischer Leberschaden; lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Fehlschonhaltung mit Lumbalgie bei Beckenschiefstand; passagere Periarthritis humeruscapularis beidseitig, initiale Arthrose beider Ellenbogengelenke; Raucherbronchititis. Mit Bescheid vom 8. Juli 1997 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab, weil bei ihm weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger nicht näher begründete, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 1997 zurück.
Die dagegen erhobene Klage ist am 7. Oktober 1997 beim Sozialgericht München eingegangen. Zu ihrer Begründung wurde geltend gemacht, der Gesundheitszustand des Klägers sei nicht ausreichend berücksichtigt. Das Sozialgericht holte Befundberichte beim Hausarzt des Klägers, Dr.H. , und bei dem den Kläger behandelnden Chirurgen Dr.R. ein und zog ein arbeitsamtsärztliches Gutachten aus dem Jahre 1996 bei. Mit Beweisanordnung vom 27. März 1998 wurde der Arzt für Orthopädie und Allgemeinmedizin Dr.W. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20. Juli 1998 hat Dr.W. in seinem Gutachten vom 20. Juli 1998 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: 1. Chronischer Alkoholismus, vom Kläger abgelehnte Entzugsbehandlung. 2. Chronisch degeneratives Lumbalsyndrom mit wiederkehrenden Muskelreizzuständen und Belastungsbeschwerden der Lendenwirbelsäule bei jugendlicher Aufbaustörung L4/L5 und ausgeprägter lumbosacraler Spondylochondrose. 3. Endgradige Bewegungseinschränkung beider Ellenbogengelenke bei ausgeprägter Arthrosis deformans. Mit Rücksicht auf diese bestehenden Gesundheitsstörungen könne der Kläger als Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, mit der Möglichkeit, sich gelegentlich hinzusetzen, überwiegend in geschlossenen Räumen täglich vollschichtig ausüben. Vermieden werden sollten das Heben und Tragen von Lasten über 20 kg sowie häufiges Bücken und Arbeiten am Fließband. Auch sollten keine Arbeiten vollschichtig stehend oder sitzend, ohne die Körperlage wechseln zu können, verrichtet werden. In der mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 1998 teilte der Kläger mit, dass er im Januar 1999 zur akuten Entzugsbehandlung im Städt. Krankenhaus R. aufgenommen werde. Anschließend erfolge eine ca. sechsmonatige Entwöhnungsbehandlung in F ... Derzeit trinke er ca. drei bis vier Flaschen Bier pro Tag, hin und wieder leide er an Händezittern. Das Sozialgericht vertagte daraufhin die mündliche Verhandlung zur weiteren Sachaufklärung und holte einen neuen Befundbericht des Hausarztes ein. In einer ergänzenden Stellungnahme zu den eingeholten Unterlagen führte der Sachverständige Dr.W. aus, den Ausführungen des Klägers, wonach aufgrund des chronischen Alkoholmissbrauches Erwerbsunfähigkeit drohen könne, werde zugestimmt. Prognostische Aspekte des Krankheitsverlaufes spielten jedoch bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit keine Rolle. Ausschlaggebend sei der Gesundheitszustand des Klägers, wie er sich zum Zeitpunkt der Untersuchung im Rahmen der vom Gericht angeordneten Begutachtung darstelle. Dananach seien dem Kläger von Seiten des Bewegungsapparates leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zuzumuten. Von Seiten des chronischen Alkoholmissbrauches ständen gewisse Einschränkungen bezüglich einer reduzierten Anpassungsfähigkeit und geistigen Beweglichkeit, wobei aber einfache Arbeiten ohne erhöhte Anforderungen an das Verantwortungsbewusstsein auch unter Berücksichtigung des chronischen Alkoholabusus verrichtet werden könnten. Diesbezüglich stelle der Kläger keine Besonderheit am Arbeitsplatz dar. Erfahrungsgemäß könne gesagt werden, dass abgesehen vom dauernden Verlust der Lebensqualität, oft auch jahrzehntelanger Alkoholmissbrauch nicht unbedingt zu organischen Erkrankungen und damit zur Berentung führen müsse. Mit Urteil vom 28. April 1999 hat das Sozialgericht München die Klage abgewiesen. Das im Klageverfahren eingeholte Gutachten des Dr.W. und dessen ergänzende Stellungnahme bestätigten die von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung.
Die gegen das am 27. Mai 1999 zur Post gegebene Urteil eingelegte Berufung ist am 28. Juni 1999 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangen. Auch zur Begründung der Berufung wurde wiederum vorgetragen, das Leistungsvermögen des Klägers sei unzutreffend gewürdigt worden. Auf Anfrage teilte die Beklagte mit, dass sie dem Kläger ambulante Leistungen zur Rehabilitation bewilligt habe. Diese würden in der Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle in R. durchgeführt. Von dort wurde bestätigt, dass der Kläger regelmäßig an der ambulanten Behandlungsgruppe teilnehme. Seine Abstinenz, die damit verbundene Veränderung seiner Persönlichkeit, die Neugestaltung der Beziehung zu seiner Frau und vieles mehr seien Themen innerhalb der Gruppe gewesen. Der Kläger kümmere sich nunmehr vermehrt um alle Belange des alltäglichen Lebens, zeige Interesse und Motivation, Dinge zu verändern, die er früher habe schleifen lassen. Der Senat holte Befundberichte der Dres.M., Neurologe und Psychiater, und H. , Hausarzt des Klägers, ein. In einer Stellungnahme der Beklagten zu diesen Befundberichten vom 29. August und 18. September 2000 führte die Beklagte aus, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seien einer Behandlung zugänglich und nach wie vor mit leichten vollschichtigen Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vereinbar. Eine rentenwirksame Verschlechterung könne bei dem inzwischen 43-jährigen Kläger seit dem Zeitrentenauslauf nicht gesehen werden. Der Senat ernannte mit Beweisanordnung vom 21. November 2000 den Neurologen Dr.K. zum ärztlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung eines nervenfachärztlichen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 21. Februar 2001 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20. Februar 2001 stellte der ärztliche Sachverständige beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Ein Zustand nach remittierter Alkoholkrankheit ohne Hinweise auf schwerwiegende Folgeerkrankungen auf psychiatrischem oder neurologischem Fachgebiet. 2. Ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne begleitende radikuläre Ausfälle. 3. Ein Spannungskopfschmerzsyndrom. Der Kläger werde durch diese Gesundheitsstörungen bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leicht bis allenfalls mittelgradig beeinträchtigt. Er könne die ihm zumutbaren Tätigkeiten vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, ausüben. Zu vermeiden seien schwere und ausschießlich mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangspositionen und mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden seien. Der Kläger sei auch wieder in der Lage, ein Kfz zu führen, nachdem er den Führerschein (im ersten Anlauf) wieder erworben habe. Der Kläger erklärte sich mit dem Ergebnis dieses Gutachtens nicht einverstanden. Er wies darauf hin, dass er bei der Chirurgin Dr. F. in ärztlicher Behandlung sei und in dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Az.: S 29 SB 794/00, in dem es um den Grad der Behinderung in seinem Schwerbehindertenausweis gehe, ein internistisches Gutachten von Dr.M. und ein orthopädisches Gutachten von Dr.B. eingeholt worden sei. Der Senat holte einen Befundbericht bei Dr.F. ein und der Klägerbevollmächtigte übersandte die in dem Sozialgerichtsverfahren erstatteten internistischen und orthopädischen Gutachten.
Mit Beweisanordnung vom 22. März 2002 wurde der Orthopäde Dr.F. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Der ärztliche Sachverständige hat den Kläger am 15. März 2002 untersucht und in seinem Gutachten vom 22. März 2002 folgende Diagnosen gestellt: Spondylochondrose C4 - C6, Spondylarthrose und Fehlhaltung der Halswirbelsäule. Osteochondrotische Veränderungen und vereinzelte Spondylosen der Brustwirbelsäule nach M.Scheuermann. Spondylochondrose L2 - S1, abgelaufene Scheuermann sche Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Geringe Hüftdysplasie. Beginnende Gonarthrose links bei Corpus liberum. Leichte Omarthrose rechts. Erhebliche Arthrose des rechten Ellenbogengelenkes nach abgelaufener Verletzung. Minimale Daumensattelgelenksarthrose links, Plus-Variante der linken Ulna. Initiale Arthrose des rechten Großzehengrundgelenkes, lockere Spreizfüße. Übergewichtigkeit. Der Kläger werde bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch diese Gesundheitsstörungen in der Erwerbsfähigkeit mittelgradig beeinträchtigt. Ihm seien schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr zumutbar. Das Gehvermögen sei kaum reduziert, es sollte ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ermöglicht werden. Bei Arbeiten im Freien sollte die Wirbelsäule durch entsprechende Bekleidung vor Einflüssen von Kälte, Nässe und Zugluft geschützt werden. Zu vermeiden seien Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Zwangshaltungen der Halswirbelsäule und damit Tätigkeiten am Fließband sowie die bereits genannten Be- lastungen des rechten Ellenbogengelenkes. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeit beständen nicht. Mit dem Rad sollte der Kläger allerdings wegen der ausgedehnten Bandscheibenschäden und wegen der Arthrose des rechten Ellbogengelenkes nur auf geteerten Straßen fahren. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger vollschichtig ohne zusätzliche Pausen täglich arbeiten. Zeitliche Einschränkungen seien nicht begründbar, da der erforderliche Wechsel der Körperposition bei nur geringen degenerativen Veränderungen des linken Kniegelenkes jederzeit ausgeführt werden könne. Nervenwurzelreizerscheinungen seien neurologischerseits ausgeschlossen, dies in Übereinstimmung mit dem letzten computertomographischen Befund, wonach kein Bandscheibenvorfall zu verzeichnen sei. Die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten ausschließlich qualitative, keine quantitativen Einschränkungen. In einer Stellungnahme hierzu wandte sich der Kläger auch gegen diese Beurteilung. Die Einschätzung des Dr.F., er könne vollschichtig arbeiten, sei nicht richtig und müsse durch ein Ergänzungsgutachten berichtigt werden. Es wurde ein Gutachten des Orthopäden Dr.W. vorgelegt, das dieser im Auftrag des SG München in der Schwerbehindertenstreitsache (Az.: S 29 SB 794/00) erstattet hatte. Die Beklagte dagegen stimmte dem Gutachten zu, nachdem der Gesundheitszustand des Klägers seit Antragstellung im Wesentlichen unverändert bestehe. Dem Versicherten seien leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar. Bezüglich der früher diagnostizierten Alkoholkrankheit sei festzustellen, dass der Kläger auch entsprechend den nebenbefundlichen Angaben im vorliegenden orthopdädischen Gutachten wohl nicht mehr alkoholabhängig sei. Auffällige neurologische Kennzeichen für eine noch fortbestehende Alkoholkrankheit seien vom orthopädischen Gutachter nicht angegeben worden. Es bestehe keine Notwendigkeit für weitere Begutachtungen auf anderen Fachgebieten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 28. April 1999 sowie des Bescheides vom 8. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 1997 zu verurteilen, ihm über den 31. August 1997 hinaus Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. April 1999 zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakte mit dem Az.: S 25 RJ 2489/97 und die Berufungsakte mit dem Az.: L 5 RJ 305/99 vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte (§ 143 i.V.m. § 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sowie form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 28. April 1999 zutreffend entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 31. August 1997 hinaus nicht zusteht.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31. März 2001 (hier am 13. Mai 1997) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), soweit ein Anspruch vor dem 1. Januar 2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs.2 SGB VI ). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit (hilfweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 begehrt wird (vgl. § 300 Abs.1 SGB VI).
Rechtsgrundlage sind die §§ 43, 44 SGB VI (a.F.). Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 43 Abs.1 Nr.2, Abs.3, § 44 Abs.1 Nr.2, Abs.4 SGB VI (a.F.) in Übereinstimmung mit der Beklagten erfüllt.
Der Kläger ist jedoch nicht berufsunfähig.
Zur Beurteilung des zunächst nach § 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI (a.F.) festzustellenden beruflichen Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die Feststellungen des vom SG gehörten Sachverständigen Dr.W. sowie insbesondere auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr.K. und Dr.F. , die den Kläger persönlich untersucht haben. Danach bestehen beim Kläger ein Zustand nach remittierter Alkoholkrankheit ohne Hinweise auf schwerwiegende Folgeerkrankungen auf psychiatrischem oder neurologischem Fachgebiet; ein Spannungskopfschmerzsyndrom; eine Spondylochondrose C4 - C6, Spondylarthrose und Fehlhaltung der Halswirbelsäule; osteochondrotische Veränderungen und vereinzelte Spondylosen der Brustwirbelsäule nach M.Scheuermann; Spondylochondrose L2 bis S1, abgelaufene Scheuermann sche Erkrankung der Lendenwirbelsäule; geringe Hüftdysplasie; beginnende Gonarthrose links bei Corpus liberum; leichte Omarthrose rechts; erhebliche Arthrose des rechten Ellenbogengelenkes nach abgelaufener Verletzung; minimale Daumensattelgelenksarthrose links, Plus-Variante der linken Ulna; initiale Arthrose des rechten Großzehengrundgelenkes, lockere Spreizfüße sowie eine Übergewichtigkeit. Die vom Kläger vorgelegten Gutachten, die im Schwerbehindertenverfahren vom SG München eingeholt wurden, geben keinen Anlass zu einer abweichenden sozialmedizinischen Beurteilung.
Der Kläger wird durch diese Gesundheitsstörungen in seiner Erwerbsfähigkeit mittelgradig beeinträchtigt. Er ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten. Nicht mehr zumutbar sind schwere und mittelschwere Arbeiten, Arbeiten in Zwangspositionen und Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden sind. Bei Arbeiten im Freien sollte die Wirbelsäule durch entsprechende Begleitung vor Einflüssen von Kälte, Nässe und Zugluft geschützt werden. Zu vermeiden sind auch Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Zwangshaltungen der Wirbelsäule und damit Tätigkeiten am Fließband.
Auch wenn der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkaufsfahrer für Obst (so seine Angaben gegenüber dem Gutachter Dr.F.) oder als Hilfsarbeiter bzw. angelernter Arbeiter im Schlachthof T. (so seine Angaben gegenüber dem Gutachter Dr.W.) oder als ungelernter Arbeiter im Baugewerbe (so seine Angaben im Rentenantrag) nicht mehr ausüben kann, so ist er dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI (a.F.) ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 RVO Nr.138).
Nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSG SozR 2200 §§ 1246 RVO Nr.138 und 140) ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitbild des ungelernten Arbeiters (keine Anlernzeit oder eine solche von weniger als drei Monaten, vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.45) zuzuordnen. Der Kläger hat zwar eine Elektrikerlehre begonnen, diese jedoch ohne Abschluss abgebrochen. Er war anschießend bei verschiedenen Arbeitgebern vorübergehend und zumeist für einen Zeitraum von weniger als einem halben Jahr in verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt. Er kann daher auf alle gesundheitlichen und sozial verträglichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auch außerhalb seiner bisherigen Berufstätigkeiten verwiesen werden. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist nicht zu benennen.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bei Versicherten, die der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich bzw. des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sind, erforderlich machen würde, liegen bei dem Kläger nicht vor. So erscheinen die Leistungseinschränkungen in ihrer Mehrzahl nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Insbesondere kann sich der Kläger, der zwischenzeitlich seine Alkoholkrankheit überwunden hat, auch auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten umstellen. Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bestehen nicht, der Kläger ist auch wieder in der Lage, ein Kfz zu führen. Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Der Große Senat des BSG hat auch entschieden (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, in SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr.8), dass der Katalog zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes insbesondere bei älteren, arbeitslosen, ungelernten bzw. angelernten Versicherten keiner Erweiterung bedarf. Das Risiko, auf eine dem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechende Arbeitsstelle vermittelt zu werden, fällt in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung (vgl. schon BSGE, 56, 69; 44, 39).
Der zumutbar auf das gesamte allgemeine Arbeitsfeld verweisbare Kläger ist also nicht berufsunfähig. Er ist noch im Stande, mehr als die Lohnhälfte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verdienen.
Bei dem Kläger liegt damit aber erst recht keine Erwerbsunfähigkeit vor, da er noch vollschichtig leichte Arbeiten verrichten kann. Die beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen bedingen ausschließlich qualitative, jedoch keine quantitativen Einschränkungen.
Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht des SGB VI (vgl. § 43, 240 SGB VI n.F.) hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für den Kläger über den 31. August 1997 hinaus streitig.
Der am 1957 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und war von 1972 bis zum 16. Oktober 1995 in verschiedenen Tätigkeiten versicherungspflichtig beschäftigt. Zuletzt vom 19. April 1993 bis 16. Oktober 1995 arbeitete er als Hilfsarbeiter. Auf seinen Antrag vom 8. Mai 1996 hin gewährte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 13. August 1996 eine Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 1. Dezember 1996 bis 31. August 1997. Der Rentengewährung lag eine internistische und neurologisch-psychiatrische Begutachtung des Klägers vom August 1996 zugrunde, derzufolge der Kläger wegen der Folgen eines chronischen Alkoholismus, eines LWS-Syndroms und einer alkoholindizierten Epilepsie derzeit nicht in der Lage sei, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Am 13. Mai 1997 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 31. August 1997 hinaus. Die Beklagte zog die Befundberichte des Hausarztes des Klägers, Dr.H. , bei und ließ den Kläger am 23./24. Juni 1997 im Zentralkrankenhaus G. , ihrer sozialmedizinischen Begutachtungsstelle, stationär untersuchen. Die Gutachter Dr.W. und Dr.R. auf internistischem, Dr.H. auf orthopädischem und Dr.M. auf nervenärztlichem Gebiet kamen dabei übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger wieder in der Lage sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Dabei seien folgende zusätzliche Einschränkungen zu beachten: Zu ebener Erde, ohne viel Bücken, ohne Zeitdruck, aus wechselnder Ausgangslage und ohne dauerndes Gehen und Stehen. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers werde durch folgende Gesundheitsstörungen beeinträchtigt: Alkoholismus mit mäßiggradiger Polyneuropathie und zwei Gelegenheitsanfällen, nutritiv-toxischer Leberschaden; lendenwirbelsäulenabhängige Beschwerden bei Fehlschonhaltung mit Lumbalgie bei Beckenschiefstand; passagere Periarthritis humeruscapularis beidseitig, initiale Arthrose beider Ellenbogengelenke; Raucherbronchititis. Mit Bescheid vom 8. Juli 1997 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag des Klägers ab, weil bei ihm weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger nicht näher begründete, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 1997 zurück.
Die dagegen erhobene Klage ist am 7. Oktober 1997 beim Sozialgericht München eingegangen. Zu ihrer Begründung wurde geltend gemacht, der Gesundheitszustand des Klägers sei nicht ausreichend berücksichtigt. Das Sozialgericht holte Befundberichte beim Hausarzt des Klägers, Dr.H. , und bei dem den Kläger behandelnden Chirurgen Dr.R. ein und zog ein arbeitsamtsärztliches Gutachten aus dem Jahre 1996 bei. Mit Beweisanordnung vom 27. März 1998 wurde der Arzt für Orthopädie und Allgemeinmedizin Dr.W. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20. Juli 1998 hat Dr.W. in seinem Gutachten vom 20. Juli 1998 folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: 1. Chronischer Alkoholismus, vom Kläger abgelehnte Entzugsbehandlung. 2. Chronisch degeneratives Lumbalsyndrom mit wiederkehrenden Muskelreizzuständen und Belastungsbeschwerden der Lendenwirbelsäule bei jugendlicher Aufbaustörung L4/L5 und ausgeprägter lumbosacraler Spondylochondrose. 3. Endgradige Bewegungseinschränkung beider Ellenbogengelenke bei ausgeprägter Arthrosis deformans. Mit Rücksicht auf diese bestehenden Gesundheitsstörungen könne der Kläger als Arbeiter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, mit der Möglichkeit, sich gelegentlich hinzusetzen, überwiegend in geschlossenen Räumen täglich vollschichtig ausüben. Vermieden werden sollten das Heben und Tragen von Lasten über 20 kg sowie häufiges Bücken und Arbeiten am Fließband. Auch sollten keine Arbeiten vollschichtig stehend oder sitzend, ohne die Körperlage wechseln zu können, verrichtet werden. In der mündlichen Verhandlung am 29. Oktober 1998 teilte der Kläger mit, dass er im Januar 1999 zur akuten Entzugsbehandlung im Städt. Krankenhaus R. aufgenommen werde. Anschließend erfolge eine ca. sechsmonatige Entwöhnungsbehandlung in F ... Derzeit trinke er ca. drei bis vier Flaschen Bier pro Tag, hin und wieder leide er an Händezittern. Das Sozialgericht vertagte daraufhin die mündliche Verhandlung zur weiteren Sachaufklärung und holte einen neuen Befundbericht des Hausarztes ein. In einer ergänzenden Stellungnahme zu den eingeholten Unterlagen führte der Sachverständige Dr.W. aus, den Ausführungen des Klägers, wonach aufgrund des chronischen Alkoholmissbrauches Erwerbsunfähigkeit drohen könne, werde zugestimmt. Prognostische Aspekte des Krankheitsverlaufes spielten jedoch bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit keine Rolle. Ausschlaggebend sei der Gesundheitszustand des Klägers, wie er sich zum Zeitpunkt der Untersuchung im Rahmen der vom Gericht angeordneten Begutachtung darstelle. Dananach seien dem Kläger von Seiten des Bewegungsapparates leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig zuzumuten. Von Seiten des chronischen Alkoholmissbrauches ständen gewisse Einschränkungen bezüglich einer reduzierten Anpassungsfähigkeit und geistigen Beweglichkeit, wobei aber einfache Arbeiten ohne erhöhte Anforderungen an das Verantwortungsbewusstsein auch unter Berücksichtigung des chronischen Alkoholabusus verrichtet werden könnten. Diesbezüglich stelle der Kläger keine Besonderheit am Arbeitsplatz dar. Erfahrungsgemäß könne gesagt werden, dass abgesehen vom dauernden Verlust der Lebensqualität, oft auch jahrzehntelanger Alkoholmissbrauch nicht unbedingt zu organischen Erkrankungen und damit zur Berentung führen müsse. Mit Urteil vom 28. April 1999 hat das Sozialgericht München die Klage abgewiesen. Das im Klageverfahren eingeholte Gutachten des Dr.W. und dessen ergänzende Stellungnahme bestätigten die von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung.
Die gegen das am 27. Mai 1999 zur Post gegebene Urteil eingelegte Berufung ist am 28. Juni 1999 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangen. Auch zur Begründung der Berufung wurde wiederum vorgetragen, das Leistungsvermögen des Klägers sei unzutreffend gewürdigt worden. Auf Anfrage teilte die Beklagte mit, dass sie dem Kläger ambulante Leistungen zur Rehabilitation bewilligt habe. Diese würden in der Psychosozialen Beratungs- und Behandlungsstelle in R. durchgeführt. Von dort wurde bestätigt, dass der Kläger regelmäßig an der ambulanten Behandlungsgruppe teilnehme. Seine Abstinenz, die damit verbundene Veränderung seiner Persönlichkeit, die Neugestaltung der Beziehung zu seiner Frau und vieles mehr seien Themen innerhalb der Gruppe gewesen. Der Kläger kümmere sich nunmehr vermehrt um alle Belange des alltäglichen Lebens, zeige Interesse und Motivation, Dinge zu verändern, die er früher habe schleifen lassen. Der Senat holte Befundberichte der Dres.M., Neurologe und Psychiater, und H. , Hausarzt des Klägers, ein. In einer Stellungnahme der Beklagten zu diesen Befundberichten vom 29. August und 18. September 2000 führte die Beklagte aus, die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen seien einer Behandlung zugänglich und nach wie vor mit leichten vollschichtigen Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vereinbar. Eine rentenwirksame Verschlechterung könne bei dem inzwischen 43-jährigen Kläger seit dem Zeitrentenauslauf nicht gesehen werden. Der Senat ernannte mit Beweisanordnung vom 21. November 2000 den Neurologen Dr.K. zum ärztlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstattung eines nervenfachärztlichen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 21. Februar 2001 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 20. Februar 2001 stellte der ärztliche Sachverständige beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Ein Zustand nach remittierter Alkoholkrankheit ohne Hinweise auf schwerwiegende Folgeerkrankungen auf psychiatrischem oder neurologischem Fachgebiet. 2. Ein chronisch rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei nachgewiesenen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule ohne begleitende radikuläre Ausfälle. 3. Ein Spannungskopfschmerzsyndrom. Der Kläger werde durch diese Gesundheitsstörungen bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leicht bis allenfalls mittelgradig beeinträchtigt. Er könne die ihm zumutbaren Tätigkeiten vollschichtig, d.h. acht Stunden täglich, ausüben. Zu vermeiden seien schwere und ausschießlich mittelschwere Tätigkeiten, Arbeiten in Zwangspositionen und mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden seien. Der Kläger sei auch wieder in der Lage, ein Kfz zu führen, nachdem er den Führerschein (im ersten Anlauf) wieder erworben habe. Der Kläger erklärte sich mit dem Ergebnis dieses Gutachtens nicht einverstanden. Er wies darauf hin, dass er bei der Chirurgin Dr. F. in ärztlicher Behandlung sei und in dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Az.: S 29 SB 794/00, in dem es um den Grad der Behinderung in seinem Schwerbehindertenausweis gehe, ein internistisches Gutachten von Dr.M. und ein orthopädisches Gutachten von Dr.B. eingeholt worden sei. Der Senat holte einen Befundbericht bei Dr.F. ein und der Klägerbevollmächtigte übersandte die in dem Sozialgerichtsverfahren erstatteten internistischen und orthopädischen Gutachten.
Mit Beweisanordnung vom 22. März 2002 wurde der Orthopäde Dr.F. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Der ärztliche Sachverständige hat den Kläger am 15. März 2002 untersucht und in seinem Gutachten vom 22. März 2002 folgende Diagnosen gestellt: Spondylochondrose C4 - C6, Spondylarthrose und Fehlhaltung der Halswirbelsäule. Osteochondrotische Veränderungen und vereinzelte Spondylosen der Brustwirbelsäule nach M.Scheuermann. Spondylochondrose L2 - S1, abgelaufene Scheuermann sche Erkrankung der Lendenwirbelsäule. Geringe Hüftdysplasie. Beginnende Gonarthrose links bei Corpus liberum. Leichte Omarthrose rechts. Erhebliche Arthrose des rechten Ellenbogengelenkes nach abgelaufener Verletzung. Minimale Daumensattelgelenksarthrose links, Plus-Variante der linken Ulna. Initiale Arthrose des rechten Großzehengrundgelenkes, lockere Spreizfüße. Übergewichtigkeit. Der Kläger werde bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durch diese Gesundheitsstörungen in der Erwerbsfähigkeit mittelgradig beeinträchtigt. Ihm seien schwere und mittelschwere Arbeiten nicht mehr zumutbar. Das Gehvermögen sei kaum reduziert, es sollte ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ermöglicht werden. Bei Arbeiten im Freien sollte die Wirbelsäule durch entsprechende Bekleidung vor Einflüssen von Kälte, Nässe und Zugluft geschützt werden. Zu vermeiden seien Heben und Tragen von Lasten, häufiges Bücken, Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Zwangshaltungen der Halswirbelsäule und damit Tätigkeiten am Fließband sowie die bereits genannten Be- lastungen des rechten Ellenbogengelenkes. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges zur Arbeit beständen nicht. Mit dem Rad sollte der Kläger allerdings wegen der ausgedehnten Bandscheibenschäden und wegen der Arthrose des rechten Ellbogengelenkes nur auf geteerten Straßen fahren. Aus orthopädischer Sicht könne der Kläger vollschichtig ohne zusätzliche Pausen täglich arbeiten. Zeitliche Einschränkungen seien nicht begründbar, da der erforderliche Wechsel der Körperposition bei nur geringen degenerativen Veränderungen des linken Kniegelenkes jederzeit ausgeführt werden könne. Nervenwurzelreizerscheinungen seien neurologischerseits ausgeschlossen, dies in Übereinstimmung mit dem letzten computertomographischen Befund, wonach kein Bandscheibenvorfall zu verzeichnen sei. Die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten ausschließlich qualitative, keine quantitativen Einschränkungen. In einer Stellungnahme hierzu wandte sich der Kläger auch gegen diese Beurteilung. Die Einschätzung des Dr.F., er könne vollschichtig arbeiten, sei nicht richtig und müsse durch ein Ergänzungsgutachten berichtigt werden. Es wurde ein Gutachten des Orthopäden Dr.W. vorgelegt, das dieser im Auftrag des SG München in der Schwerbehindertenstreitsache (Az.: S 29 SB 794/00) erstattet hatte. Die Beklagte dagegen stimmte dem Gutachten zu, nachdem der Gesundheitszustand des Klägers seit Antragstellung im Wesentlichen unverändert bestehe. Dem Versicherten seien leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar. Bezüglich der früher diagnostizierten Alkoholkrankheit sei festzustellen, dass der Kläger auch entsprechend den nebenbefundlichen Angaben im vorliegenden orthopdädischen Gutachten wohl nicht mehr alkoholabhängig sei. Auffällige neurologische Kennzeichen für eine noch fortbestehende Alkoholkrankheit seien vom orthopädischen Gutachter nicht angegeben worden. Es bestehe keine Notwendigkeit für weitere Begutachtungen auf anderen Fachgebieten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 28. April 1999 sowie des Bescheides vom 8. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. September 1997 zu verurteilen, ihm über den 31. August 1997 hinaus Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28. April 1999 zurückzuweisen.
Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakte mit dem Az.: S 25 RJ 2489/97 und die Berufungsakte mit dem Az.: L 5 RJ 305/99 vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte (§ 143 i.V.m. § 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sowie form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat in dem mit der Berufung angefochtenen Urteil vom 28. April 1999 zutreffend entschieden, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 31. August 1997 hinaus nicht zusteht.
Der Anspruch auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit richtet sich bei Antragstellung vor dem 31. März 2001 (hier am 13. Mai 1997) nach den Vorschriften des SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), soweit ein Anspruch vor dem 1. Januar 2001 geltend gemacht wird (vgl. § 300 Abs.2 SGB VI ). Für den Anspruch sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit (hilfweise) Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 begehrt wird (vgl. § 300 Abs.1 SGB VI).
Rechtsgrundlage sind die §§ 43, 44 SGB VI (a.F.). Neben der allgemeinen Wartezeit sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 43 Abs.1 Nr.2, Abs.3, § 44 Abs.1 Nr.2, Abs.4 SGB VI (a.F.) in Übereinstimmung mit der Beklagten erfüllt.
Der Kläger ist jedoch nicht berufsunfähig.
Zur Beurteilung des zunächst nach § 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI (a.F.) festzustellenden beruflichen Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die Feststellungen des vom SG gehörten Sachverständigen Dr.W. sowie insbesondere auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr.K. und Dr.F. , die den Kläger persönlich untersucht haben. Danach bestehen beim Kläger ein Zustand nach remittierter Alkoholkrankheit ohne Hinweise auf schwerwiegende Folgeerkrankungen auf psychiatrischem oder neurologischem Fachgebiet; ein Spannungskopfschmerzsyndrom; eine Spondylochondrose C4 - C6, Spondylarthrose und Fehlhaltung der Halswirbelsäule; osteochondrotische Veränderungen und vereinzelte Spondylosen der Brustwirbelsäule nach M.Scheuermann; Spondylochondrose L2 bis S1, abgelaufene Scheuermann sche Erkrankung der Lendenwirbelsäule; geringe Hüftdysplasie; beginnende Gonarthrose links bei Corpus liberum; leichte Omarthrose rechts; erhebliche Arthrose des rechten Ellenbogengelenkes nach abgelaufener Verletzung; minimale Daumensattelgelenksarthrose links, Plus-Variante der linken Ulna; initiale Arthrose des rechten Großzehengrundgelenkes, lockere Spreizfüße sowie eine Übergewichtigkeit. Die vom Kläger vorgelegten Gutachten, die im Schwerbehindertenverfahren vom SG München eingeholt wurden, geben keinen Anlass zu einer abweichenden sozialmedizinischen Beurteilung.
Der Kläger wird durch diese Gesundheitsstörungen in seiner Erwerbsfähigkeit mittelgradig beeinträchtigt. Er ist noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen und Gehen vollschichtig zu verrichten. Nicht mehr zumutbar sind schwere und mittelschwere Arbeiten, Arbeiten in Zwangspositionen und Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden sind. Bei Arbeiten im Freien sollte die Wirbelsäule durch entsprechende Begleitung vor Einflüssen von Kälte, Nässe und Zugluft geschützt werden. Zu vermeiden sind auch Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Zwangshaltungen der Wirbelsäule und damit Tätigkeiten am Fließband.
Auch wenn der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkaufsfahrer für Obst (so seine Angaben gegenüber dem Gutachter Dr.F.) oder als Hilfsarbeiter bzw. angelernter Arbeiter im Schlachthof T. (so seine Angaben gegenüber dem Gutachter Dr.W.) oder als ungelernter Arbeiter im Baugewerbe (so seine Angaben im Rentenantrag) nicht mehr ausüben kann, so ist er dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI (a.F.) ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 § 1246 RVO Nr.138).
Nach dem vom BSG entwickelten Mehrstufenschema (vgl. BSG SozR 2200 §§ 1246 RVO Nr.138 und 140) ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitbild des ungelernten Arbeiters (keine Anlernzeit oder eine solche von weniger als drei Monaten, vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 RVO Nr.45) zuzuordnen. Der Kläger hat zwar eine Elektrikerlehre begonnen, diese jedoch ohne Abschluss abgebrochen. Er war anschießend bei verschiedenen Arbeitgebern vorübergehend und zumeist für einen Zeitraum von weniger als einem halben Jahr in verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt. Er kann daher auf alle gesundheitlichen und sozial verträglichen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auch außerhalb seiner bisherigen Berufstätigkeiten verwiesen werden. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist nicht zu benennen.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und eine schwere spezifische Leistungsbehinderung, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bei Versicherten, die der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters im unteren Bereich bzw. des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sind, erforderlich machen würde, liegen bei dem Kläger nicht vor. So erscheinen die Leistungseinschränkungen in ihrer Mehrzahl nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Insbesondere kann sich der Kläger, der zwischenzeitlich seine Alkoholkrankheit überwunden hat, auch auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten umstellen. Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bestehen nicht, der Kläger ist auch wieder in der Lage, ein Kfz zu führen. Betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Der Große Senat des BSG hat auch entschieden (vgl. Beschluss vom 19. Dezember 1996, GS 2/95, in SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr.8), dass der Katalog zur Verschlossenheit des Arbeitsmarktes insbesondere bei älteren, arbeitslosen, ungelernten bzw. angelernten Versicherten keiner Erweiterung bedarf. Das Risiko, auf eine dem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechende Arbeitsstelle vermittelt zu werden, fällt in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung (vgl. schon BSGE, 56, 69; 44, 39).
Der zumutbar auf das gesamte allgemeine Arbeitsfeld verweisbare Kläger ist also nicht berufsunfähig. Er ist noch im Stande, mehr als die Lohnhälfte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verdienen.
Bei dem Kläger liegt damit aber erst recht keine Erwerbsunfähigkeit vor, da er noch vollschichtig leichte Arbeiten verrichten kann. Die beim Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen bedingen ausschließlich qualitative, jedoch keine quantitativen Einschränkungen.
Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht des SGB VI (vgl. § 43, 240 SGB VI n.F.) hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Berufung des Klägers ohne Erfolg blieb.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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