Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 54/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2000 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat dem Beklagten dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsverfügung des beklagten Landes, die gegenüber der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) ergangen ist.
Am 30. November 1996 beschloß die Vertreterversammlung der Klägerin, § 2 Abs 2 ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) mit Wirkung vom 1. Januar 1997 um einen Satz 2 zu ergänzen und diesen wie folgt zu fassen:
"Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht erbracht werden".
Nachdem die Klägerin auf Rüge der Krankenkassen (KKn) bzw von deren Verbänden (Beigeladene zu 1. bis 7., im folgenden KKn) und auf einen Berichtsauftrag des Beklagten hin eingeräumt hatte, daß dafür das notwendige Benehmen mit den KKn noch nicht hergestellt worden sei, teilte sie den Kassen mit Schreiben vom 17. April 1997 mit, daß der HVM-Ausschuß in seiner letzten Sitzung den Beschluss gefaßt habe, der Vertreterversammlung zu empfehlen, die streitige Regelung ab 1. Juli 1997 aus dem HVM zu streichen. Letzteres begrüßten die KKn in einem Schreiben vom 16. Mai 1997 nachdrücklich. Am 21. Mai 1997 befaßte sich die Vertreterversammlung der Klägerin erneut mit § 2 Abs 2 Satz 2 des HVM und gab ihr mit Wirkung vom 1. Juli 1997 nun die Fassung.
"Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht angeboten werden."
Der Beklagte teilte der Klägerin in der Folgezeit mit, daß er diese Regelung für materiell rechtswidrig halte und das Benehmen mit den KKn (weiterhin) nicht hergestellt worden sein dürfte. Die Klägerin erwiderte, die Bestimmung sei inhaltlich nicht zu beanstanden, da ein Arzt unstreitig nicht sämtliche Leistungen seines Fachgebiets anbieten müsse. Die Neuregelung sei auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtmäßig, da der Beschluss vom 21. Mai 1997 die Einwände der KKn durch Änderung des Wortlautes berücksichtigt habe. Nun sei nicht mehr die einzelfallbezogene ärztliche Leistung gemeint, sondern das Leistungsangebot des Vertragsarztes allgemein.
Mit Beratungsschreiben vom 12. September 1997 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, daß der Beschluss vom 21. Mai 1997 mangels Herstellung des Benehmens mit den KKn nichtig sei. Auf die dem widersprechende Äußerung der Klägerin hin beanstandete der Beklagte den Beschluss formell mit Aufsichtsanordnung vom 28. Januar 1998 und verpflichtete sie, § 2 Abs 2 Satz 2 HVM als nichtig anzusehen, zu streichen sowie ihre Mitglieder entsprechend zu informieren. Darüber hinaus ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Anordnung an: Das Benehmen mit den KKn zu der streitigen Vorschrift sei nicht hergestellt worden. Die sofortige Vollziehung sei notwendig, da allein damit die vertragsärztliche Versorgung weiterhin sichergestellt werden könne. Die Formulierung sei geeignet, Vertragsärzte zu der rechtsirrigen Auffassung zu verleiten, bestimmte vertragsärztliche Leistungen bräuchten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr erbracht zu werden. Die Regelung sei darüber hinaus nicht von § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gedeckt.
Hiergegen hat die Klägerin in der Hauptsache und mit einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das Sozialgericht (SG) angerufen. Das Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg (Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1998 - L 11 B 35/98 KA).
In der Hauptsache hat das SG die Klage unter Hinweis auf die Ausführungen im Beschluss des LSG vom 21. Oktober 1998 als unbegründet abgewiesen. § 2 Abs 2 Satz 2 des HVM lasse sich mangels Zusammenhangs mit der Verteilung der Gesamtvergütung nicht auf § 85 Abs 4 SGB V stützen. Die Bestimmung sei auch inhaltlich rechtswidrig, da der einzelne Vertragsarzt danach anknüpfend an seine individuelle Einkommenssituation den Umfang seiner vertragsärztlichen Leistungen solle festlegen dürfen, obwohl er tatsächlich keinen Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen in bestimmter Höhe habe. Die fehlende Rentabilität einer einzelnen Praxis besage nichts über die Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung, da letztere von zahlreichen, kaum objektivierbaren individuellen Faktoren abhänge (zB Praxisorganisation, Anschaffungskosten und Auslastung von Geräten, Arbeitsweise und individuelle Fähigkeiten des Arztes). Die zum Standard seiner Fachgruppe und zum Kernbereich einer Vertragsarztpraxis gehörenden Leistungen müsse der Vertragsarzt regelmäßig als Sachleistung anbieten. Zwar sei er nicht gehalten, alle Leistungen seines Fachgebietes anzubieten, insbesondere, wenn es sich um qualifikationsgebundene oder gerätegestützte Leistungen handele. Die Bedeutung der insoweit vordergründig selbstverständlichen HVM-Regelung liege aber in der vermeintlichen Legitimation oder Provokation, Leistungen aus Honorargründen nicht mehr als Sachleistungen, sondern als Kostenerstattungs- oder privat zu liquidierende Leistungen anzubieten. Hierdurch werde das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) untergraben. Das Entschließungsermessen des Beklagten für ein Einschreiten im Aufsichtswege sei bei der vorliegenden Rechtsverletzung auf Null reduziert gewesen. Daß die Begründung der Aufsichtsanordnung allein auf das fehlende Benehmen abstelle, sei unschädlich, weil in der Sache keine andere Entscheidung möglich sei und inhaltliche Erwägungen zur materiellen Rechtslage bei der sofortigen Vollziehbarkeit gemacht würden (Urteil vom 24. Februar 1999).
Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das LSG mit Urteil vom 5. Juli 2000 unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG-Urteils gemäß § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen und ergänzend angemerkt: Es bleibe offen, ob für die streitige HVM-Regelung gemäß § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V das Benehmen hergestellt worden sei, denn der Regelung fehle eine Rechtsgrundlage und sie sei materiell rechtswidrig. Die Erwägungen der Klägerin rechtfertigten kein anderes Ergebnis. Gemäß § 42 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) scheide eine Aufhebung der Aufsichtsverfügung wegen etwaiger Begründungsmängel aus. Der angefochtene Bescheid enthalte die maßgebenden Erwägungen zudem in der Begründung des Sofortvollzuges. Die Begründung sei Inhalt des als einheitliches Ganzes anzusehenden Bescheides und für die Beurteilung der Anordnung insgesamt maßgeblich.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt weiterhin, daß die angefochtene Aufsichtsanordnung rechtswidrig sei. Das erforderliche Benehmen mit den KKn sei zulässigerweise nachträglich hergestellt worden, unbeschadet des Umstandes, daß die streitige Bestimmung im Nachhinein geringfügig geändert worden sei. Eine Änderung, die sich im Rahmen der ursprünglich vorgesehenen Textfassung bewege, erfordere keine neue Benehmensherstellung, zumal hier einem Änderungsvorschlag der Kassen teilweise entsprochen worden sei. Die an § 42 SGB X anknüpfende Hilfserwägung des LSG sei unzutreffend. Der Beklagte führe den Gesichtspunkt der materiellen Rechtswidrigkeit der HVM-Bestimmung nur zur Begründung des gesondert und isoliert zu beurteilenden Sofortvollzuges an. Damit werde aber nicht die Aufsichtsverfügung selbst begründet. Die Verfügung habe eine Ermessensentscheidung zum Gegenstand, ohne daß das Ermessen auf Null reduziert gewesen sei. Der beanstandete Satz sei nämlich zulässige Konkretisierung eines Grundes für die Ablehnung der Behandlung eines Versicherten gemäß § 13 Abs 6 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä). Das Bundessozialgericht (BSG) habe den KÄVen auch in anderem Zusammenhang eine solche Konkretisierung des BMV-Ä durch ihren HVM erlaubt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2000, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24. Februar 1999 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Seiner Ansicht nach fehlt die Benehmensherstellung, da die KKn deutlich gemacht hätten, daß für sie allein die Streichung der Regelung in Betracht komme. Da die Vertreterversammlung der Klägerin am 21. Mai 1997 lediglich die ursprüngliche Fassung leicht modifiziert habe, ohne sich um eine Erörterung und Annäherung der gegensätzlichen Auffassungen zu bemühen, sei das Benehmen unzulässig zu einem rein formalen Akt degradiert worden. Die Klägerin berufe sich dabei zu Unrecht auf das BSG. Dieses habe nur eine Regelungsbefugnis der KÄVen für Sachverhalte bejaht, die mit der Honorarverteilung in Zusammenhang stünden und für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung bedeutsam seien; § 13 Abs 6 BMV-Ä sei dagegen der detaillierteren Regelung in einem HVM oä nicht zugänglich. Die von einem Vertragsarzt individuell als inadäquat empfundene Honorierung rechtfertige es - anders als zB seine Überlastung - nicht, die Behandlung von Versicherten abzulehnen. Der Arzt dürfe nicht aus dem System der vertragsärztlichen Versorgung ausbrechen und Versicherten bestimmte Leistungen nur privatärztlich gewähren.
Die Beigeladenen zu 1. sowie zu 6. und 7. beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Nach Ansicht der Beigeladenen zu 1. fehlt es ebenfalls an einer der Rechtsprechung des BSG genügenden Benehmensherstellung, da erhebliche Einwände der KKn nicht achtlos übergangen werden dürften und aufgetretene Differenzen nach Möglichkeit in beiderseitigem Zusammenwirken - ggf in gemeinsamer Beratung - zu bereinigen seien. Sie (die Beigeladene zu 1.) sei immer noch mit Auswirkungen der streitigen Regelung befaßt, da sich etliche Vertragsärzte gegenüber den Versicherten darauf beriefen und ihr Behandlungs- und Abrechnungsverhalten darauf eingestellt hätten; dieses habe als Reaktion zur (streitbefangenen) Einbehaltung von Teilen der Gesamtvergütung geführt. Der Hinweis auf § 13 Abs 6 BMV-Ä gehe fehl, da die Vorschrift keine Handhabe biete, durch ein in das Belieben des Vertragsarztes gestelltes Leistungsangebot die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gefährden.
Die Beigeladenen zu 6. und 7. schließen sich den Ausführungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. an.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, daß das Rechtsschutzbegehren der Klägerin keinen Erfolg haben kann, da die angefochtene Aufsichtsanordnung des Beklagten vom 28. Januar 1998 in formell- und materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Die von der Vertreterversammlung der Klägerin am 21. Mai 1997 beschlossene Fassung der HVM-Regelung steht inhaltlich nicht in Einklang mit höherrangigem Recht.
Die Klage ist als Aufsichtsklage gegen den Beklagten gemäß § 54 Abs 3 SGG zulässig. Danach kann eine Körperschaft des öffentlichen Rechts die Aufhebung der Anordnung einer Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite. Richtiger Beklagter ist insoweit das Land, vertreten durch das (frühere) Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des beklagten Landes (heute: Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit), welches nach § 78 Abs 1 SGB V die Aufsicht über die Klägerin ausübt. Die Aufsicht erstreckt sich nach § 78 Abs 3 Satz 1 SGB V auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Nach Satz 2 aaO gelten die §§ 88 und 89 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entsprechend. Nach § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV soll dann, wenn durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt wird, die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, daß der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Aufsichtsunterworfene dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde ihn verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben (Satz 2 aaO), wie dies hier geschehen ist.
Zu Recht hat das Berufungsgericht die Aufsichtsanordnung vom 28. Januar 1998 in verfahrensmäßiger Hinsicht als rechtmäßig angesehen. Die formellen Voraussetzungen für ihren Erlaß haben vorgelegen, weil der in § 89 Abs 1 SGB IV angelegte Vorrang einer Beratung vor Erlaß eines Verpflichtungsbescheides (vgl dazu BSGE 67, 85, 87 = SozR 3-2400 § 89 Nr 1) durch das vorangegangene Beratungsschreiben vom 12. September 1997, auf das die Klägerin nicht reagiert hat, gewahrt ist.
Daß die Aufsichtsanordnung zur Begründung der Sachentscheidung (gliederungsmäßig) nur auf die fehlende Benehmensherstellung abstellt und erst bei der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf die inhaltlichen materiell-rechtlichen Fragen eingeht, führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu deren Rechtswidrigkeit. Der Erlaß einer Verpflichtungsanordnung nach § 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV iVm § 78 Abs 3 Satz 2 SGB V steht grundsätzlich im Ermessen der Aufsichtsbehörde. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, waren die Beanstandung und das Einschreiten nicht etwa deshalb ermessensfehlerhaft (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG), weil sich der Beklagte seine Auffassung über die Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Vertreterversammlung der Klägerin zu § 2 Abs 2 Satz 2 HVM (allein) wegen der fehlenden Benehmensherstellung mit den KKn gebildet hätte. Der Beklagte hat nämlich in der angefochtenen Aufsichtsanordnung erkannt, daß gegenüber der Klägerin eine Ermessensentscheidung zu treffen war, und dort - wie es § 35 Abs 1 SGB X fordert - die Gründe mitgeteilt, die ihn zu seinem Einschreiten bewogen haben. Er hat ferner mit hinreichender Deutlichkeit die Gesichtspunkte erkennen lassen, die für die Ausübung seines Ermessens maßgeblich waren. Schon eingangs der Aufsichtsanordnung hat er durch die Bezugnahme auf das zuvor zugeleitete Beratungsschreiben vom 12. September 1997 und den weiteren vorangegangenen Schriftverkehr deutlich gemacht, unter welchem Blickwinkel die Auffassung der Klägerin rechtlich nicht haltbar war und warum er auf alsbaldige, sogar besonders dringliche und nachdrückliche Abhilfe drängte. Abgesehen davon, daß sich gerade bei Eilverfügungen oftmals nicht scharf zwischen materiellen und verfahrensrechtlichen Begründungselementen trennen läßt, ist jedenfalls durch die ausdrückliche Verklammerung der Anordnung mit den von der Behörde schon zuvor in einer anderen Verfügung geäußerten und unverändert maßgeblich gebliebenen Gesichtspunkten gewährleistet, daß die Ermessensausübung ebenso fehlerfrei ist, wie wenn die schon zuvor mitgeteilten Gesichtspunkte noch einmal ausdrücklich wiederholt worden wären.
Der Senat läßt dahinstehen, ob im zu entscheidenden Fall bereits eine wirksame Benehmensherstellung der Klägerin mit den KKn gemäß § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V fehlte, so daß § 2 Abs 2 Satz 2 als Teilregelung eines HVM schon deshalb nichtig wäre (zu den Anforderungen an eine - auch nachträglich mögliche - Benehmensherstellung allgemein vgl zB BSGE 75, 37, 40 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7 S 40; BSGE 77, 288, 290 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 65 f, sowie - zuletzt - Senatsurteil vom 3. März 1999 - SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 235). Einer Entscheidung bedarf ebenso nicht, ob für die streitige, im HVM der Klägerin getroffene Regelung überhaupt eine gesetzliche Regelungsermächtigung zugunsten der Vertreterversammlung der Klägerin existiert. Grundsätzlich dient der HVM nach § 85 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V (nur) der Verteilung der Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte. Die hier in der streitigen HVM-Bestimmung geregelte Frage, welche Leistungen ein Vertragsarzt gegenüber Versicherten der GKV "anbieten" muß, betrifft dagegen eher den durch den Zulassungsakt begründeten Pflichtenkreis des Vertragsarztes und weist - wie von der Klägerin angeführt - eine thematische Nähe zu § 13 Abs 6 BMV-Ä bzw § 13 Abs 4 Ärzte-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä) auf; der Senat hat bislang lediglich entschieden, daß der HVM auch Fragen regeln darf, die mit der Honorarverteilung (nur) in Zusammenhang stehen (so BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 32 S 246 für das Aufstellen von Formerfordernissen, die für Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung von Bedeutung sind). Die getroffene Regelung verstößt jedenfalls inhaltlich gegen höherrangiges Recht, gleich, ob der HVM thematisch das einschlägige Regelwerk ist oder eine davon getrennte satzungsmäßige Regelung in eigenen Angelegenheiten (vgl §§ 79, 81 SGB V) angestrebt worden wäre (die eine Benehmensherstellung mit den KKn indessen auch nicht erfordert hätte).
Entscheidend für die Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Vertreterversammlung der Klägerin ist, daß das den Versicherten der GKV über die KÄVen zu vermittelnde Leistungsangebot des Vertragsarztes, wie es § 72 Abs 2, § 81 Abs 3, § 82 Abs 1 und § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V, die Bundesmantelverträge und ergänzende Bestimmungen vorzeichnen, eine Regelung der vertragsärztlichen Selbstverwaltung mit dem Inhalt des § 2 Abs 2 Satz 2 HVM ausschließt. Eine Satzungsnorm, die es legitimieren soll, daß jeder einzelne Vertragsarzt das Recht für sich in Anspruch nimmt, sein Leistungsangebot im System der vertragsärztlichen Versorgung davon abhängig zu machen, ob eine einzelne oder mehrere ärztliche Leistungen darin angemessen honoriert werden oder (vermeintlich) nicht, stellt einen so gewichtigen Gesetzesverstoß dar, daß die beklagte Aufsichtsbehörde zum Einschreiten berechtigt und verpflichtet war. Letztlich soll damit nämlich umgekehrt - unausgesprochen, aber so intendiert - dem einzelnen Vertragsarzt eine "Rechtfertigung" dafür geboten werden, bestimmte zum Katalog der GKV gehörende Leistungen den Versicherten nur (noch) privatärztlich und unter Mißachtung des gesetzlich vorgegebenen Leistungsweges anzubieten.
Schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum Recht der vertragsärztlichen Vergütung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß finanzielle Aspekte wie die behauptete unzureichende Honorierung einer Einzelleistung einen Vertragsarzt nicht berechtigen, den Versicherten gesetzlich vorgesehene Leistungen nur außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung zukommen zu lassen oder gänzlich zu verweigern. Auf die schon in der Vergangenheit wiederholt von Vertragsärzten vorgetragene Behauptung der nicht kostendeckenden Honorierung bestimmter Leistungen kann es schon deshalb nicht ankommen, weil die Kostendeckung von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, von denen einige von ihnen selbst zu beeinflussen sind (zB die Kostenstruktur und der Standort der Praxis, die Qualität des Dienstleistungsangebotes ua); daraus folgt, daß sich die Frage, ob für eine Leistung eine kostendeckende Vergütung zu erzielen ist, einer generellen Beantwortung entzieht, da es von individuell beeinflußbaren Faktoren abhängt, ob eine bestimmte Einzelleistung kostendeckend zu erbringen ist oder nicht. Wie der Senat wiederholt betont hat, liegt dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt eine "Mischkalkulation" zugrunde. Dies bedeutet, daß es durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Entscheidend ist nämlich, daß der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, daß das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten hinreichenden Anreiz bietet, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken (vgl zum ganzen zB BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 5 (Bewertung von Strahlenbehandlung); BSGE 75, 187, 189 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f (Bewertung konventioneller Röntgendiagnostik); SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 4, 5 f (Bewertung endoskopischer Untersuchungen von Gastroenterologen); SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6 (Bewertung einer Wurzelspitzenresektion); SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 228 (Punktwert bei radiologischen Leistungen)). Dieser Grundsatz stellt keine Eigentümlichkeit des Vertragsarztrechts dar, sondern gilt zB gleichermaßen im Bereich der stationären Versorgung; auch dort können die Krankenhäuser innerhalb der medizinischen Standardversorgung den Umfang ihrer (durch den Pflegesatz abgegoltenen) Leistungen nicht frei bestimmen, sondern müssen unabhängig davon, ob Leistungen im Einzelfall für sie finanziell lukrativ sind oder nicht, alle medizinisch notwendigen Leistungen entweder selbst für die Versorgung der Versicherten bereitstellen oder sich diese sonst auf ihre Kosten beschaffen (so bereits BSGE 44, 244, 250 = SozR 7323 § 3 Nr 1; vgl auch BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 23/99 R, (zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen)).
Die von der Vertreterversammlung der Klägerin in § 2 Abs 2 Satz 2 HVM gewählte Formulierung ist mit der dargestellten Rechtsprechung unvereinbar. Die getroffene Aussage mißachtet darüber hinaus die grundlegenden Pflichten eines Vertragsarztes, die aus seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung resultieren und in verschiedenen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen näher umschrieben sind.
Mit Erwerb des besonderen Status eines Vertragsarztes durch den Zulassungsakt sind für den Arzt verschiedene Begünstigungen verbunden. So wird ihm der Zugang zu dem heute ca 87 % der Bevölkerung ausmachenden Kreis der GKV-Versicherten (vgl BSGE 86, 223, 229 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1 S 7) als potentiellen Patienten eröffnet, und es werden ihm sichere, insolvenzgeschützte und - auf der Basis statistischer Veröffentlichungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV, vgl zB Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, 1999, Tabelle D 9) - auch auskömmliche Einnahmen von öffentlich-rechtlichen Institutionen als Schuldnern gewährt. Im Gegenzug unterliegt der ärztliche Leistungserbringer dafür bei seiner Berufsausübung bestimmten Pflichten, die über diejenigen eines nur privatärztlich tätigen Behandlers hinausgehen. Der Vertragsarzt ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet (§ 95 Abs 3 Satz 1 SGB V), und für ihn sind die Verträge, Beschlüsse und sonstigen Bestimmungen sowie Richtlinien verbindlich (§ 95 Abs 3 Satz 2, § 81 Abs 3 SGB V). Die Zulassung erstreckt sich dabei nicht auf das gesamte vom betroffenen Arzt fachlich beherrschte medizinische Behandlungsfeld, sondern bezieht sich nur auf das jeweilige Fachgebiet, für das der Arzt zugelassen ist (§ 18 Abs 1 Satz 1, § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)); denn ein Arzt kann nur - insoweit anknüpfend an das ärztliche Berufsrecht - als Arzt für Allgemeinmedizin oder als sonstiger Gebietsarzt (Facharzt) zugelassen werden (§ 95 Abs 2 iVm § 95a Abs 1 Nr 2 SGB V). Die Teilnahmeverpflichtung in dem Fachgebiet, für das der Vertragsarzt zugelassen ist, hat zur Folge, daß er die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch tatsächlich anbieten und erbringen muß (vgl BSG USK 84272), und zwar grundsätzlich unabhängig von Vorbehalten und selbst gesetzten Erwartungen des Arztes sowie auch unabhängig von einer dieses vermeintlich legitimierenden HVM-Bestimmung. Erfüllt der Vertragsarzt seine Teilnahmeverpflichtung dagegen nicht oder nicht ordnungsgemäß, so sieht das Gesetz hierfür abgestufte Reaktionsmöglichkeiten vor. Zunächst hat die betreffende KÄV, die den KKn gegenüber zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet ist (§ 75 Abs 1 SGB V), den Arzt - ggf mit den Mitteln des Disziplinarrechts (§ 81 Abs 5 SGB V) - zur Einhaltung dieser Pflicht anzuhalten. Verhält sich der Arzt darüber hinaus in einer Art, die die Annahme rechtfertigt, daß er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht (mehr) ausübt, so ist ihm gemäß § 95 Abs 6 SGB V die Zulassung zu entziehen (vgl BSG USK 84272). Im Extremfall schließlich, nämlich dann, wenn mehr als 50 % aller in einem Zulassungsbezirk oder einem regionalen Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte die vertragsärztliche Versorgung verweigern und - die im vorliegenden Fall gerichtlich zu überprüfenden - Maßnahmen der Rechtsaufsicht ohne Wirkung geblieben sind, kann der Sicherstellungsauftrag gemäß § 72a Abs 1 SGB V auf die KKn und ihre Verbände übergehen.
Der konkrete Inhalt der einem Vertragsarzt obliegenden Pflicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und zur Behandlung von Versicherten der GKV ergibt sich aus gesetzlichen und untergesetzlichen sowie gesamtvertraglichen Regelungen des Krankenversicherungs- und Kassenarztrechts. Von besonderer Bedeutung ist dabei das seit Schaffung der GKV im Jahre 1883 im wesentlichen unverändert geltende und für das System zentrale Sach- bzw Naturalleistungsprinzip (§ 2 SGB V), welches auch Auswirkungen auf den Bereich des der Leistungserbringung dienenden Kassenarztrechts hat. Das gesamte System der GKV ist, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung betont und der Gesetzgeber des SGB V anerkannt hat, vom Naturalleistungsprinzip geprägt und getragen; es stellt insoweit ein "grundsätzliches Strukturprinzip" dar (so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz (GSG), BT-Drucks 12/3608 S 76 zu § 13 SGB V; vgl auch zB BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 4 f mwN; zur Bedeutung ferner zB Schulin in ders (Hrsg), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 3 RdNr 157 ff; § 6 RdNr 106 ff; Schmitt, ebenda, § 28 RdNr 1 ff, § 29 RdNr 2 ff; Noftz in Hauck, SGB V, K § 2 RdNr 78 ff und § 13 RdNr 16 ff; Engelmann, NZS 2000, 1, 5, jeweils mwN). Auch der einzelne Vertragsarzt hat mit seinem Leistungsangebot bei der Umsetzung und Verwirklichung dieses Prinzips eine bestimmte, festgelegte Funktion.
Der Vertragsarzt übernimmt mit seiner Zulassung die Pflicht, die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten auf ärztliche Behandlung (§ 11 iVm § 27 SGB V) zu befriedigen. Die ärztlichen Leistungen werden den Versicherten von den KKn zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs 1 iVm § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen und nicht nur als Geldleistungen mit der Möglichkeit der (nachträglichen) Kostenerstattung (§ 2 Abs 2 Satz 1, § 13 Abs 1 SGB V). Da die KKn die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer) und schließen mit diesen auf Grund der sog Leistungsverschaffungspflicht (vgl BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 4) Verträge über die Erbringung der Leistungen (§ 2 Abs 2 Satz 2, §§ 69 ff SGB V). Nach der Konzeption des Gesetzes soll also - von besonders geregelten Ausnahmen abgesehen - den Versicherten der GKV die gesamte Krankenbehandlung als Sach- bzw Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden (BSGE 81, 54, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 14 f; BSGE 81, 73, 77 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 51). Die leistungserbringenden Ärzte erhalten die Vergütung für ihre Tätigkeit - vermittelt über die KÄVen - von den KKn als Leistungsträgern der GKV (§ 12 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), die für diesen Zweck wiederum Beiträge von Versicherten, Arbeitgebern und sonstigen Beitragspflichtigen erheben (§ 3 iVm §§ 220 ff, §§ 226 ff, §§ 249 ff SGB V). Die Pflicht der Krankenkassen zur Leistungserbringung in Natur und die Einbindung der Leistungserbringer in diese Aufgabe ist dabei nicht bloßer Selbstzweck, sondern hat zum einen den Schutz der Versicherten vor mangelnder medizinischer Versorgung infolge der damit eintretenden finanziellen Belastungen des einzelnen zum Ziel (so bereits BSG SozR 2200 § 182 Nr 74 S 132); zum anderen dient das Naturalleistungsprinzip der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung mittels Einflußnahme auch der das System finanzierenden KKn auf die Ausgestaltung des Inhalts und insbesondere der Honorierung des Leistungsgeschehens (vgl zu diesem Aspekt besonders BSGE 53, 150, 155 = SozR 2200 § 222 Nr 1; BSGE 55, 188, 193 f = SozR 2200 § 257a Nr 10; BSGE 73, 271, 275 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 14; BSGE 81, 54, 59 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 14 f; BSG MedR 1998, 230, 232 f; Schulin, aaO, § 6 RdNr 114; Noftz, aaO, K § 13 RdNr 16 f, 20). In verschiedenen Bereichen des Leistungserbringungsrechts wie beim Sicherstellungsauftrag, bei der Bedarfsplanung und im Vergütungsrecht wird dabei als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Vertragsarzt die der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnenden wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes im Rahmen des Systems - dh unter Einhaltung des Naturalleistungsprinzips, also ohne Verlangen einer gesonderten Honorierung - anbietet und diese bei Bedarf auch bei den Versicherten tatsächlich ausführt.
Diese Vorstellung liegt vor allem der Verpflichtung der KÄVen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB V) zugrunde. Die Pflicht trifft zwar unmittelbar die KÄV als Körperschaft der Leistungserbringer. Umgesetzt wird die Sicherstellung aber von den gemäß § 72 Abs 1 Satz 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung mitwirkenden Vertragsärzten (und Psychotherapeuten) als Mitgliedern der KÄV. Die KÄV kann ihre Sicherstellungsverpflichtung nur erfüllen, wenn ihre Mitglieder wiederum ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nachkommen, dh, die zur vertragsärztlichen Versorgung ihres jeweiligen Fachgebiets gehörenden Leistungen auch anbieten und erbringen. Nur soweit die KÄV mit ihren Mitgliedern die Versorgung nämlich nicht sicherstellen kann, ist eine Erweiterung des Kreises der Leistungserbringer möglich, indem im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen oder Ermächtigungen weitere Ärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen zur Schließung von Versorgungslücken herangezogen werden (§ 116 SGB V, §§ 31, 31a Ärzte-ZV). Der nach dem Ermächtigungsrecht bestehende Vorrang der niedergelassenen Ärzte bei der Wahrnehmung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung vor der Ermächtigung von anderen Ärzten (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12 S 63) - zB von Krankenhausärzten - ist nur vor dem Hintergrund zu rechtfertigen, daß die zugelassenen Ärzte die für ihr Fachgebiet wesentlichen Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung auch erbringen können und wollen. Träfe diese Voraussetzung nicht (mehr) zu, müßten dann entstehende Versorgungslücken in weitergehendem Umfang durch die Erteilung umfassender Ermächtigungen an andere Ärzte geschlossen werden.
Auch die vertragsärztliche Bedarfsplanung mit der Festlegung eines bedarfsgerechten Versorgungsgrades und der Feststellung von Überversorgung (§§ 101, 103 SGB V) beruht auf der Prämisse, daß die Vertragsärzte die für ihre Fachgebiete oder für ihren Versorgungsbereich wesentlichen Leistungen anbieten und erbringen. Die nach Arztgruppen vorzunehmende Ermittlung des bedarfsgerechten Versorgungsgrades beruht auf einer bestimmten Relation zwischen Arzt- und Einwohnerzahl. Dem so ermittelten bedarfsgerechten Versorgungsgrad liegt gleichfalls die Annahme zugrunde, daß die Vertragsärzte die für die Fachgebiete wesentlichen Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch tatsächlich erbringen. Träfe dieses nicht zu, entfielen de lege lata die Voraussetzungen für die Ermittlung des bedarfsgerechten Versorgungsgrades in einem Planungsbereich, so daß der Feststellung von Überversorgung und der Sperrung von Zulassungsbezirken insgesamt die Grundlage entzogen wäre.
Ähnliches gilt schließlich im Bereich des vertragsärztlichen Vergütungsrechts. Der Gesetzgeber geht zB bei § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V (idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626)) von arztgruppenspezifisch festzulegenden Regelleistungsvolumina aus, bei deren individueller Überschreitung der dem Arzt zu vergütende Punktwert abgestaffelt werden kann. Die Regelung setzt damit voraus, daß die Angehörigen der jeweiligen Arztgruppe die für das Fachgebiet wesentlichen Regelleistungen tatsächlich auch erbringen. Derartiges gilt auch schon für die Berechnung der ab 1. Juli 1997 geltenden, durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) geschaffenen Praxisbudgets. Mit ihrer Einführung ist die Vergütung auf der Grundlage arztgruppenspezifischer fallzahlabhängiger Budgets festgelegt worden; diese Budgets setzen sich aus den durchschnittlichen Betriebsausgaben je Arztgruppe und einem einheitlich für alle Arztgruppen festgestellten Ansatz für die Bemessung der Höhe des Arzteinkommens zusammen, das ausgehend von einer durchschnittlichen Fallzahl der jeweiligen Arztgruppen ermittelt wurde (vgl im einzelnen A I Allgemeine Bestimmungen Teil B Nr 1.2 EBM-Ä). Bei der Berechnung der Praxisbudgets floß als ein Faktor der im Jahre 1994 von der jeweiligen Fachgruppe erzielte durchschnittliche Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit mit ein. Diesem Umsatz wiederum liegt das gesamte von der Fachgruppe abgerechnete Leistungsspektrum zugrunde. Für den Vertragsarzt, der seine Vergütung in Anwendung der Regelungen über das Praxisbudget erhält, bedeutet dieses, daß er nicht berechtigt sein kann, einzelne Leistungen, die in das Praxisbudget fallen, aus dem vertragsärztlichen in den privatärztlichen Bereich zu verlagern; entsprechendes gilt für zuerkannte Zusatzbudgets. Ansonsten erhielte er nämlich auch solche Leistungen vertragsärztlich honoriert, die er ihrer Art nach tatsächlich gar nicht in dieser Eigenschaft erbracht hätte. Hieraus folgt umgekehrt, daß ein Vertragsarzt jedenfalls die vom Praxisbudget seiner Arztgruppe erfaßten Leistungen den Versicherten der GKV ohne besondere Gegenleistung anzubieten und bei entsprechender Behandlungsnotwendigkeit auch zu erbringen hat.
Die sich - wie dargestellt - schon aus der vertragsärztlichen Zulassung iVm dem Naturalleistungsprinzip (§ 95 Abs 3 iVm § 2 Abs 2, § 13 Abs 1 SGB V) ergebende Verpflichtung, die Versicherten grundsätzlich umfassend und ohne an diese gerichtete (zusätzliche) Zahlungsverlangen zu behandeln, ist ergänzend in den Bundesmantelverträgen normiert. So enthalten § 2 Abs 1 bis Abs 8 BMV-Ä und § 2 Abs 1 bis Abs 10 EKV-Ä umfangreiche Kataloge von Leistungen, die von der vertragsärztlichen Versorgung umfaßt sind; § 2 Abs 8 BMV-Ä und § 2 Abs 9 EKV-Ä machen die Abrechnung solcher Leistungen gegenüber der KÄV insoweit von einer Leistungsbeschreibung im EBM-Ä bzw in der Ersatzkassen-Gebührenordnung oder in gesonderten Abrechnungsvereinbarungen abhängig. § 3 BMV-Ä bzw § 2 Abs 11 und Abs 12 EKV-Ä führen darüber hinaus beispielhaft aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossene Leistungen auf. Nach § 13 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä und § 13 Abs 4 Satz 1 EKV-Ä darf der Vertragsarzt die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen. Nach § 18 Abs 3 BMV-Ä und § 21 Abs 3 EKV-Ä darf für vertragsärztliche Leistungen vom Versicherten zudem grundsätzlich keine Zuzahlung gefordert werden; anderes gilt entsprechend den Vorgaben des § 32 Abs 2 Satz 2 SGB V nur für Massagen, Bädern und Krankengymnastik, soweit der Arzt diese als Teil seiner ärztlichen Behandlung erbringt, oder in den Fällen des § 18 Abs 1 Nr 1 und Nr 2 BMV-Ä bzw des § 21 Abs 1 Nr 1 und 2 EKV-Ä (Nichtvorlage und unterbliebene zeitgerechte Nachreichung der Krankenversicherungskarte bei der ersten Inanspruchnahme des Arztes im Quartal bzw ausdrückliches schriftliches Verlangen des Versicherten nach Behandlung auf eigene Kosten vor Behandlungsbeginn). Bei den Bestimmungen des BMV-Ä und des EKV-Ä handelt es sich um sog Normverträge, die allgemein verbindlich sind (allgemein zu Normverträgen zuletzt BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 24/00 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In ihnen werden gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 iVm § 72 Abs 2 und § 82 Abs 2 Satz 2 iVm § 83 Abs 1 SGB V durch Vereinbarungen der KÄBV mit den Spitzenverbänden der KKn Vorgaben für die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemacht. Das Zusammenspiel der dargestellten Regelungen verdeutlicht entgegen der Ansicht der Klägerin auch, daß es den Vertreterversammlungen an der Befugnis fehlt, in einem HVM die willkürliche Herauslösung einzelner Leistungen aus dem vertragsärztlichen Behandlungsangebot aus finanziellen Gründen zu ermöglichen und so die bestehenden Behandlungspflichten zu umgehen. Gründe für die Ablehnung einer Behandlung können sich im Einzelfall aus einer Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient oder einer besonderen, durch Verweisung der Patienten an andere Vertragsärzte kompensierbaren Überlastungssituation des Vertragsarztes ergeben. Ein darüber hinausgehendes Ablehnungsrecht würde es dem Vertragsarzt ermöglichen, die Erfüllung seiner Behandlungspflichten von Erwägungen zur Höhe der Vergütung abhängig zu machen, was mit dem Verbot des Verlangens von durch die Versicherten zu leistenden Zahlungen gerade unterbunden werden soll (gegen Ablehnungsbefugnis zB auch Krieger, MedR 1999, 519, 522 f; aA Wimmer, NZS 2000, 588, 589 f; Schiller/Steinhilper, MedR 2001, 29, 31 f). Ärzte, die die Vergütung im vertragsärztlichen Bereich teilweise oder generell für unzureichend halten, mögen auf ihre Zulassung verzichten und ihre Dienstleistungen allein privatärztlich anbieten. Solange sie aber an der Vertragsarztzulassung festhalten, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sie auch die mit den Vorteilen der Einbindung in das Sondersystem korrespondierenden Verpflichtungen, vor allem die ihnen obliegende Behandlungspflicht, in systemkonformer Weise zu erfüllen haben.
Der in diesem Zusammenhang bisweilen anzutreffende Einwand, aufgrund der seit 1993 durch das GSG eingeführten zahlreichen neuen Regelungen zur Ausgabenbegrenzung im Gesundheitswesen sei eine Neubewertung des Systems geboten, nach der es dem Vertragsarzt gestattet sein müsse, Behandlungen bei unzureichender Honorierung abzulehnen, ist unzutreffend. Ungeachtet dessen, daß nach den erwähnten statistischen Daten zu unterstellen ist, daß vertragsärztliche Tätigkeit insgesamt nach wie vor nicht unzureichend niedrig honoriert wird, haben die Neuregelungen das Naturalleistungssystem nicht in Frage gestellt. Der Vertragsarzt ist nach wie vor nicht berechtigt, Behandlungen aus finanziellen Gründen zu verweigern, weil eine Rechtsänderung im SGB V oder dem begleitenden untergesetzlichen Recht insoweit nicht eingetreten ist. Demgemäß haben die Partner der Bundesmantelverträge, also auch die den Interessen der Vertragsärzte verpflichtete KÄBV, ausdrücklich daran festgehalten. Sie haben nämlich zB im Zusammenhang mit der Einführung der Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 bestimmt, daß das Überschreiten der Budgetgrenzen nicht zur privaten Abrechnung notwendiger GKV-Leistungen berechtigt (s DÄ 1997, A-403, 404 = C-314, 315 unter 2.).
Die Befugnis des Vertragsarztes, nach Maßgabe der erzielbaren Einnahmen Behandlungen zu übernehmen oder abzulehnen, ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 17. September 1997 (BSGE 81, 86 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18). Die Aussage, der Arzt dürfe sich daran orientieren, ob die Leistungen unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten und der erzielbaren Einnahmen wirtschaftlich erbracht werden können (BSGE aaO S 93 = SozR aaO S 89), steht dort im Zusammenhang mit der in diesem Urteil entschiedenen Rückwirkungsproblematik. Mit dieser Passage ist lediglich dargelegt worden, daß die Ausgestaltung der EBM-Ä-Regelungen Bedeutung für die Dispositionen des Vertragsarztes hat, der - jedenfalls in gewissen Grenzen - daran das Leistungsangebot seiner Praxis ausrichten kann. Indessen hat der Senat nicht ausgesprochen, daß der Vertragsarzt aus wirtschaftlichen Erwägungen Behandlungen bei GKV-Versicherten ablehnen dürfte.
Schließlich kann auch der von der Klägerin vorgetragene Einwand ihrer Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen, daß ein Vertragsarzt nicht verpflichtet sei, sämtliche Leistungen seines Fachgebietes in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen, sich auf die Erbringung eines begrenzten Leistungsspektrums beschränken bzw spezialisieren könne und daher berechtigt sein müsse, sein Leistungsangebot zu steuern. Entscheidend ist insoweit, daß die von dem Beklagten beanstandete HVM-Regelung zu den Voraussetzungen, unter denen ein zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bestimmten Fachgebiet zugelassener Arzt die von ihm angebotenen Leistungen auf ein engeres Leistungsspektrum beschränken darf, allgemein keine Aussage trifft. Dort wird einzig eine Verknüpfung zwischen dem individuellen vertragsärztlichen Leistungsangebot eines Arztes und der vermeintlich fehlenden Kostendeckung hergestellt, die das Ziel verfolgt, dann von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommene Leistungen finanziell lukrativer privatärztlich zu erbringen. Die vorstehenden Ausführungen haben indessen aufgezeigt, daß der finanzielle Aspekt kein anzuerkennender Gesichtspunkt für die mit einer Beschränkung des vertragsärztlichen Leistungsangebotes verbundene Diskriminierung der Versicherten der GKV sein kann.
Welche Leistungen seines Fachgebietes genau jeder Vertragsarzt anbieten und erbringen muß, damit noch von seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Rechtssinne (vgl § 95 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 SGB V) gesprochen werden kann, muß darüber hinaus nicht entschieden werden. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich jedenfalls, daß ein Vertragsarzt grundsätzlich die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anzubieten hat und er insbesondere nicht berechtigt ist, dafür Zahlungen der Versicherten zu verlangen (siehe dazu auch die Urteile des Senats vom selben Tage B 6 KA 36/00 R und B 6 KA 67/00 R; vgl insoweit schon BSGE 72, 238, 240 f = SozR 3-2500 § 15 Nr 3 S 26 für den Fall eines im Delegationsverfahren tätigen Diplom-Psychologen). Dabei handelt es sich um solche Leistungen, die vom Leistungskatalog der GKV umfaßt sind, für die der EBM-Ä eine Gebührenposition vorsieht und für die der Arzt die fachlichen, persönlichen und apparativ-technischen Voraussetzungen für die Erbringung im System der vertragsärztlichen Versorgung als Hausarzt bzw Facharzt erfüllt. Ergänzend ist auf das ärztliche Berufsrecht in Gestalt der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern zurückzugreifen, die mit ihren Definitionen die Inhalte der jeweiligen Fachgebiete bestimmen und die Fachgebiete voneinander abgrenzen (zum Zusammenhang zwischen den Befugnissen eines Vertragsarztes in der fachärztlichen Versorgung und dem ärztlichen Berufsrecht vgl zB BSGE 84, 290, 292 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 85 f mwN; aA Schiller/Steinhilper, MedR 2001, 29, 31). Diese Weiterbildungsordnungen unterscheiden bei der Festlegung des Inhalts der Weiterbildung zwischen der für das Fachgebiet maßgeblichen, den Kernbereich und den "Gebietsstandard" desselben ausmachenden "Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten" einerseits und dem bloßen "Erwerb von Kenntnissen" andererseits. Ausnahmen von der Pflicht zur Leistungserbringung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sind umgekehrt grundsätzlich nur denkbar, wenn die berufsrechtliche Qualifikation die durch Bestimmungen des Vertragsarztrechts eingeschränkten Befugnisse des Arztes übersteigt (zB als Vertragsarzt in der hausärztlichen Versorgung oder als Gebietsarzt, der die qualifizierten Voraussetzungen für eine Abrechnungsgenehmigung nach einer qualitätssichernden Richtlinie iS von § 135 Abs 1 Nr 2 SGB V nicht erfüllt) oder die Berufsausübung als Gebietsarzt zulässigerweise auf eine Subspezialisierung beschränkt wurde (zB als Arzt mit beschränkter Sonderbedarfszulassung gemäß § 101 Abs 1 Nr 3 SGB V, Nr 25 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsverfügung des beklagten Landes, die gegenüber der klagenden Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) ergangen ist.
Am 30. November 1996 beschloß die Vertreterversammlung der Klägerin, § 2 Abs 2 ihres Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) mit Wirkung vom 1. Januar 1997 um einen Satz 2 zu ergänzen und diesen wie folgt zu fassen:
"Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht erbracht werden".
Nachdem die Klägerin auf Rüge der Krankenkassen (KKn) bzw von deren Verbänden (Beigeladene zu 1. bis 7., im folgenden KKn) und auf einen Berichtsauftrag des Beklagten hin eingeräumt hatte, daß dafür das notwendige Benehmen mit den KKn noch nicht hergestellt worden sei, teilte sie den Kassen mit Schreiben vom 17. April 1997 mit, daß der HVM-Ausschuß in seiner letzten Sitzung den Beschluss gefaßt habe, der Vertreterversammlung zu empfehlen, die streitige Regelung ab 1. Juli 1997 aus dem HVM zu streichen. Letzteres begrüßten die KKn in einem Schreiben vom 16. Mai 1997 nachdrücklich. Am 21. Mai 1997 befaßte sich die Vertreterversammlung der Klägerin erneut mit § 2 Abs 2 Satz 2 des HVM und gab ihr mit Wirkung vom 1. Juli 1997 nun die Fassung.
"Ärztliche Leistungen, die vom einzelnen Vertragsarzt nicht kostendeckend erbracht werden können, müssen von ihm nicht angeboten werden."
Der Beklagte teilte der Klägerin in der Folgezeit mit, daß er diese Regelung für materiell rechtswidrig halte und das Benehmen mit den KKn (weiterhin) nicht hergestellt worden sein dürfte. Die Klägerin erwiderte, die Bestimmung sei inhaltlich nicht zu beanstanden, da ein Arzt unstreitig nicht sämtliche Leistungen seines Fachgebiets anbieten müsse. Die Neuregelung sei auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtmäßig, da der Beschluss vom 21. Mai 1997 die Einwände der KKn durch Änderung des Wortlautes berücksichtigt habe. Nun sei nicht mehr die einzelfallbezogene ärztliche Leistung gemeint, sondern das Leistungsangebot des Vertragsarztes allgemein.
Mit Beratungsschreiben vom 12. September 1997 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, daß der Beschluss vom 21. Mai 1997 mangels Herstellung des Benehmens mit den KKn nichtig sei. Auf die dem widersprechende Äußerung der Klägerin hin beanstandete der Beklagte den Beschluss formell mit Aufsichtsanordnung vom 28. Januar 1998 und verpflichtete sie, § 2 Abs 2 Satz 2 HVM als nichtig anzusehen, zu streichen sowie ihre Mitglieder entsprechend zu informieren. Darüber hinaus ordnete der Beklagte die sofortige Vollziehung der Anordnung an: Das Benehmen mit den KKn zu der streitigen Vorschrift sei nicht hergestellt worden. Die sofortige Vollziehung sei notwendig, da allein damit die vertragsärztliche Versorgung weiterhin sichergestellt werden könne. Die Formulierung sei geeignet, Vertragsärzte zu der rechtsirrigen Auffassung zu verleiten, bestimmte vertragsärztliche Leistungen bräuchten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr erbracht zu werden. Die Regelung sei darüber hinaus nicht von § 85 Abs 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gedeckt.
Hiergegen hat die Klägerin in der Hauptsache und mit einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das Sozialgericht (SG) angerufen. Das Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg (Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1998 - L 11 B 35/98 KA).
In der Hauptsache hat das SG die Klage unter Hinweis auf die Ausführungen im Beschluss des LSG vom 21. Oktober 1998 als unbegründet abgewiesen. § 2 Abs 2 Satz 2 des HVM lasse sich mangels Zusammenhangs mit der Verteilung der Gesamtvergütung nicht auf § 85 Abs 4 SGB V stützen. Die Bestimmung sei auch inhaltlich rechtswidrig, da der einzelne Vertragsarzt danach anknüpfend an seine individuelle Einkommenssituation den Umfang seiner vertragsärztlichen Leistungen solle festlegen dürfen, obwohl er tatsächlich keinen Anspruch auf Vergütung seiner Leistungen in bestimmter Höhe habe. Die fehlende Rentabilität einer einzelnen Praxis besage nichts über die Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung, da letztere von zahlreichen, kaum objektivierbaren individuellen Faktoren abhänge (zB Praxisorganisation, Anschaffungskosten und Auslastung von Geräten, Arbeitsweise und individuelle Fähigkeiten des Arztes). Die zum Standard seiner Fachgruppe und zum Kernbereich einer Vertragsarztpraxis gehörenden Leistungen müsse der Vertragsarzt regelmäßig als Sachleistung anbieten. Zwar sei er nicht gehalten, alle Leistungen seines Fachgebietes anzubieten, insbesondere, wenn es sich um qualifikationsgebundene oder gerätegestützte Leistungen handele. Die Bedeutung der insoweit vordergründig selbstverständlichen HVM-Regelung liege aber in der vermeintlichen Legitimation oder Provokation, Leistungen aus Honorargründen nicht mehr als Sachleistungen, sondern als Kostenerstattungs- oder privat zu liquidierende Leistungen anzubieten. Hierdurch werde das System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) untergraben. Das Entschließungsermessen des Beklagten für ein Einschreiten im Aufsichtswege sei bei der vorliegenden Rechtsverletzung auf Null reduziert gewesen. Daß die Begründung der Aufsichtsanordnung allein auf das fehlende Benehmen abstelle, sei unschädlich, weil in der Sache keine andere Entscheidung möglich sei und inhaltliche Erwägungen zur materiellen Rechtslage bei der sofortigen Vollziehbarkeit gemacht würden (Urteil vom 24. Februar 1999).
Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das LSG mit Urteil vom 5. Juli 2000 unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG-Urteils gemäß § 153 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen und ergänzend angemerkt: Es bleibe offen, ob für die streitige HVM-Regelung gemäß § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V das Benehmen hergestellt worden sei, denn der Regelung fehle eine Rechtsgrundlage und sie sei materiell rechtswidrig. Die Erwägungen der Klägerin rechtfertigten kein anderes Ergebnis. Gemäß § 42 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) scheide eine Aufhebung der Aufsichtsverfügung wegen etwaiger Begründungsmängel aus. Der angefochtene Bescheid enthalte die maßgebenden Erwägungen zudem in der Begründung des Sofortvollzuges. Die Begründung sei Inhalt des als einheitliches Ganzes anzusehenden Bescheides und für die Beurteilung der Anordnung insgesamt maßgeblich.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Klägerin. Sie rügt weiterhin, daß die angefochtene Aufsichtsanordnung rechtswidrig sei. Das erforderliche Benehmen mit den KKn sei zulässigerweise nachträglich hergestellt worden, unbeschadet des Umstandes, daß die streitige Bestimmung im Nachhinein geringfügig geändert worden sei. Eine Änderung, die sich im Rahmen der ursprünglich vorgesehenen Textfassung bewege, erfordere keine neue Benehmensherstellung, zumal hier einem Änderungsvorschlag der Kassen teilweise entsprochen worden sei. Die an § 42 SGB X anknüpfende Hilfserwägung des LSG sei unzutreffend. Der Beklagte führe den Gesichtspunkt der materiellen Rechtswidrigkeit der HVM-Bestimmung nur zur Begründung des gesondert und isoliert zu beurteilenden Sofortvollzuges an. Damit werde aber nicht die Aufsichtsverfügung selbst begründet. Die Verfügung habe eine Ermessensentscheidung zum Gegenstand, ohne daß das Ermessen auf Null reduziert gewesen sei. Der beanstandete Satz sei nämlich zulässige Konkretisierung eines Grundes für die Ablehnung der Behandlung eines Versicherten gemäß § 13 Abs 6 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä). Das Bundessozialgericht (BSG) habe den KÄVen auch in anderem Zusammenhang eine solche Konkretisierung des BMV-Ä durch ihren HVM erlaubt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 2000, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 24. Februar 1999 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28. Januar 1998 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Seiner Ansicht nach fehlt die Benehmensherstellung, da die KKn deutlich gemacht hätten, daß für sie allein die Streichung der Regelung in Betracht komme. Da die Vertreterversammlung der Klägerin am 21. Mai 1997 lediglich die ursprüngliche Fassung leicht modifiziert habe, ohne sich um eine Erörterung und Annäherung der gegensätzlichen Auffassungen zu bemühen, sei das Benehmen unzulässig zu einem rein formalen Akt degradiert worden. Die Klägerin berufe sich dabei zu Unrecht auf das BSG. Dieses habe nur eine Regelungsbefugnis der KÄVen für Sachverhalte bejaht, die mit der Honorarverteilung in Zusammenhang stünden und für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung bedeutsam seien; § 13 Abs 6 BMV-Ä sei dagegen der detaillierteren Regelung in einem HVM oä nicht zugänglich. Die von einem Vertragsarzt individuell als inadäquat empfundene Honorierung rechtfertige es - anders als zB seine Überlastung - nicht, die Behandlung von Versicherten abzulehnen. Der Arzt dürfe nicht aus dem System der vertragsärztlichen Versorgung ausbrechen und Versicherten bestimmte Leistungen nur privatärztlich gewähren.
Die Beigeladenen zu 1. sowie zu 6. und 7. beantragen ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
Nach Ansicht der Beigeladenen zu 1. fehlt es ebenfalls an einer der Rechtsprechung des BSG genügenden Benehmensherstellung, da erhebliche Einwände der KKn nicht achtlos übergangen werden dürften und aufgetretene Differenzen nach Möglichkeit in beiderseitigem Zusammenwirken - ggf in gemeinsamer Beratung - zu bereinigen seien. Sie (die Beigeladene zu 1.) sei immer noch mit Auswirkungen der streitigen Regelung befaßt, da sich etliche Vertragsärzte gegenüber den Versicherten darauf beriefen und ihr Behandlungs- und Abrechnungsverhalten darauf eingestellt hätten; dieses habe als Reaktion zur (streitbefangenen) Einbehaltung von Teilen der Gesamtvergütung geführt. Der Hinweis auf § 13 Abs 6 BMV-Ä gehe fehl, da die Vorschrift keine Handhabe biete, durch ein in das Belieben des Vertragsarztes gestelltes Leistungsangebot die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gefährden.
Die Beigeladenen zu 6. und 7. schließen sich den Ausführungen des Beklagten und der Beigeladenen zu 1. an.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Zu Recht haben die Vorinstanzen entschieden, daß das Rechtsschutzbegehren der Klägerin keinen Erfolg haben kann, da die angefochtene Aufsichtsanordnung des Beklagten vom 28. Januar 1998 in formell- und materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden ist. Die von der Vertreterversammlung der Klägerin am 21. Mai 1997 beschlossene Fassung der HVM-Regelung steht inhaltlich nicht in Einklang mit höherrangigem Recht.
Die Klage ist als Aufsichtsklage gegen den Beklagten gemäß § 54 Abs 3 SGG zulässig. Danach kann eine Körperschaft des öffentlichen Rechts die Aufhebung der Anordnung einer Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite. Richtiger Beklagter ist insoweit das Land, vertreten durch das (frühere) Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des beklagten Landes (heute: Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit), welches nach § 78 Abs 1 SGB V die Aufsicht über die Klägerin ausübt. Die Aufsicht erstreckt sich nach § 78 Abs 3 Satz 1 SGB V auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht. Nach Satz 2 aaO gelten die §§ 88 und 89 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entsprechend. Nach § 89 Abs 1 Satz 1 SGB IV soll dann, wenn durch das Handeln oder Unterlassen eines Versicherungsträgers das Recht verletzt wird, die Aufsichtsbehörde zunächst beratend darauf hinwirken, daß der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt. Kommt der Aufsichtsunterworfene dem innerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde ihn verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben (Satz 2 aaO), wie dies hier geschehen ist.
Zu Recht hat das Berufungsgericht die Aufsichtsanordnung vom 28. Januar 1998 in verfahrensmäßiger Hinsicht als rechtmäßig angesehen. Die formellen Voraussetzungen für ihren Erlaß haben vorgelegen, weil der in § 89 Abs 1 SGB IV angelegte Vorrang einer Beratung vor Erlaß eines Verpflichtungsbescheides (vgl dazu BSGE 67, 85, 87 = SozR 3-2400 § 89 Nr 1) durch das vorangegangene Beratungsschreiben vom 12. September 1997, auf das die Klägerin nicht reagiert hat, gewahrt ist.
Daß die Aufsichtsanordnung zur Begründung der Sachentscheidung (gliederungsmäßig) nur auf die fehlende Benehmensherstellung abstellt und erst bei der Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf die inhaltlichen materiell-rechtlichen Fragen eingeht, führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu deren Rechtswidrigkeit. Der Erlaß einer Verpflichtungsanordnung nach § 89 Abs 1 Satz 2 SGB IV iVm § 78 Abs 3 Satz 2 SGB V steht grundsätzlich im Ermessen der Aufsichtsbehörde. Wie das LSG zutreffend entschieden hat, waren die Beanstandung und das Einschreiten nicht etwa deshalb ermessensfehlerhaft (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG), weil sich der Beklagte seine Auffassung über die Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Vertreterversammlung der Klägerin zu § 2 Abs 2 Satz 2 HVM (allein) wegen der fehlenden Benehmensherstellung mit den KKn gebildet hätte. Der Beklagte hat nämlich in der angefochtenen Aufsichtsanordnung erkannt, daß gegenüber der Klägerin eine Ermessensentscheidung zu treffen war, und dort - wie es § 35 Abs 1 SGB X fordert - die Gründe mitgeteilt, die ihn zu seinem Einschreiten bewogen haben. Er hat ferner mit hinreichender Deutlichkeit die Gesichtspunkte erkennen lassen, die für die Ausübung seines Ermessens maßgeblich waren. Schon eingangs der Aufsichtsanordnung hat er durch die Bezugnahme auf das zuvor zugeleitete Beratungsschreiben vom 12. September 1997 und den weiteren vorangegangenen Schriftverkehr deutlich gemacht, unter welchem Blickwinkel die Auffassung der Klägerin rechtlich nicht haltbar war und warum er auf alsbaldige, sogar besonders dringliche und nachdrückliche Abhilfe drängte. Abgesehen davon, daß sich gerade bei Eilverfügungen oftmals nicht scharf zwischen materiellen und verfahrensrechtlichen Begründungselementen trennen läßt, ist jedenfalls durch die ausdrückliche Verklammerung der Anordnung mit den von der Behörde schon zuvor in einer anderen Verfügung geäußerten und unverändert maßgeblich gebliebenen Gesichtspunkten gewährleistet, daß die Ermessensausübung ebenso fehlerfrei ist, wie wenn die schon zuvor mitgeteilten Gesichtspunkte noch einmal ausdrücklich wiederholt worden wären.
Der Senat läßt dahinstehen, ob im zu entscheidenden Fall bereits eine wirksame Benehmensherstellung der Klägerin mit den KKn gemäß § 85 Abs 4 Satz 2 SGB V fehlte, so daß § 2 Abs 2 Satz 2 als Teilregelung eines HVM schon deshalb nichtig wäre (zu den Anforderungen an eine - auch nachträglich mögliche - Benehmensherstellung allgemein vgl zB BSGE 75, 37, 40 = SozR 3-2500 § 85 Nr 7 S 40; BSGE 77, 288, 290 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11 S 65 f, sowie - zuletzt - Senatsurteil vom 3. März 1999 - SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 235). Einer Entscheidung bedarf ebenso nicht, ob für die streitige, im HVM der Klägerin getroffene Regelung überhaupt eine gesetzliche Regelungsermächtigung zugunsten der Vertreterversammlung der Klägerin existiert. Grundsätzlich dient der HVM nach § 85 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V (nur) der Verteilung der Gesamtvergütung unter die Vertragsärzte. Die hier in der streitigen HVM-Bestimmung geregelte Frage, welche Leistungen ein Vertragsarzt gegenüber Versicherten der GKV "anbieten" muß, betrifft dagegen eher den durch den Zulassungsakt begründeten Pflichtenkreis des Vertragsarztes und weist - wie von der Klägerin angeführt - eine thematische Nähe zu § 13 Abs 6 BMV-Ä bzw § 13 Abs 4 Ärzte-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä) auf; der Senat hat bislang lediglich entschieden, daß der HVM auch Fragen regeln darf, die mit der Honorarverteilung (nur) in Zusammenhang stehen (so BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 32 S 246 für das Aufstellen von Formerfordernissen, die für Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der vertragsärztlichen Abrechnung von Bedeutung sind). Die getroffene Regelung verstößt jedenfalls inhaltlich gegen höherrangiges Recht, gleich, ob der HVM thematisch das einschlägige Regelwerk ist oder eine davon getrennte satzungsmäßige Regelung in eigenen Angelegenheiten (vgl §§ 79, 81 SGB V) angestrebt worden wäre (die eine Benehmensherstellung mit den KKn indessen auch nicht erfordert hätte).
Entscheidend für die Rechtswidrigkeit des Beschlusses der Vertreterversammlung der Klägerin ist, daß das den Versicherten der GKV über die KÄVen zu vermittelnde Leistungsangebot des Vertragsarztes, wie es § 72 Abs 2, § 81 Abs 3, § 82 Abs 1 und § 95 Abs 3 Satz 2 SGB V, die Bundesmantelverträge und ergänzende Bestimmungen vorzeichnen, eine Regelung der vertragsärztlichen Selbstverwaltung mit dem Inhalt des § 2 Abs 2 Satz 2 HVM ausschließt. Eine Satzungsnorm, die es legitimieren soll, daß jeder einzelne Vertragsarzt das Recht für sich in Anspruch nimmt, sein Leistungsangebot im System der vertragsärztlichen Versorgung davon abhängig zu machen, ob eine einzelne oder mehrere ärztliche Leistungen darin angemessen honoriert werden oder (vermeintlich) nicht, stellt einen so gewichtigen Gesetzesverstoß dar, daß die beklagte Aufsichtsbehörde zum Einschreiten berechtigt und verpflichtet war. Letztlich soll damit nämlich umgekehrt - unausgesprochen, aber so intendiert - dem einzelnen Vertragsarzt eine "Rechtfertigung" dafür geboten werden, bestimmte zum Katalog der GKV gehörende Leistungen den Versicherten nur (noch) privatärztlich und unter Mißachtung des gesetzlich vorgegebenen Leistungsweges anzubieten.
Schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats zum Recht der vertragsärztlichen Vergütung kann es keinem Zweifel unterliegen, daß finanzielle Aspekte wie die behauptete unzureichende Honorierung einer Einzelleistung einen Vertragsarzt nicht berechtigen, den Versicherten gesetzlich vorgesehene Leistungen nur außerhalb des Systems der vertragsärztlichen Versorgung zukommen zu lassen oder gänzlich zu verweigern. Auf die schon in der Vergangenheit wiederholt von Vertragsärzten vorgetragene Behauptung der nicht kostendeckenden Honorierung bestimmter Leistungen kann es schon deshalb nicht ankommen, weil die Kostendeckung von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, von denen einige von ihnen selbst zu beeinflussen sind (zB die Kostenstruktur und der Standort der Praxis, die Qualität des Dienstleistungsangebotes ua); daraus folgt, daß sich die Frage, ob für eine Leistung eine kostendeckende Vergütung zu erzielen ist, einer generellen Beantwortung entzieht, da es von individuell beeinflußbaren Faktoren abhängt, ob eine bestimmte Einzelleistung kostendeckend zu erbringen ist oder nicht. Wie der Senat wiederholt betont hat, liegt dem Zuschnitt der vertragsärztlichen Vergütung insgesamt eine "Mischkalkulation" zugrunde. Dies bedeutet, daß es durchaus Leistungen geben kann, bei denen selbst für eine kostengünstig organisierte Praxis kein Gewinn zu erzielen ist. Entscheidend ist nämlich, daß der Vertragsarzt insgesamt Anspruch auf eine leistungsgerechte Teilhabe an der Gesamtvergütung hat, der in aller Regel dazu führt, daß das aus der vertragsärztlichen Tätigkeit erzielbare Einkommen Ärzten hinreichenden Anreiz bietet, an der vertragsärztlichen Versorgung mitzuwirken (vgl zum ganzen zB BSG SozR 5530 Allg Nr 1 S 5 (Bewertung von Strahlenbehandlung); BSGE 75, 187, 189 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 6 f (Bewertung konventioneller Röntgendiagnostik); SozR 3-5533 Nr 763 Nr 1 S 4, 5 f (Bewertung endoskopischer Untersuchungen von Gastroenterologen); SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 6 (Bewertung einer Wurzelspitzenresektion); SozR 3-2500 § 85 Nr 30 S 228 (Punktwert bei radiologischen Leistungen)). Dieser Grundsatz stellt keine Eigentümlichkeit des Vertragsarztrechts dar, sondern gilt zB gleichermaßen im Bereich der stationären Versorgung; auch dort können die Krankenhäuser innerhalb der medizinischen Standardversorgung den Umfang ihrer (durch den Pflegesatz abgegoltenen) Leistungen nicht frei bestimmen, sondern müssen unabhängig davon, ob Leistungen im Einzelfall für sie finanziell lukrativ sind oder nicht, alle medizinisch notwendigen Leistungen entweder selbst für die Versorgung der Versicherten bereitstellen oder sich diese sonst auf ihre Kosten beschaffen (so bereits BSGE 44, 244, 250 = SozR 7323 § 3 Nr 1; vgl auch BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 23/99 R, (zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen)).
Die von der Vertreterversammlung der Klägerin in § 2 Abs 2 Satz 2 HVM gewählte Formulierung ist mit der dargestellten Rechtsprechung unvereinbar. Die getroffene Aussage mißachtet darüber hinaus die grundlegenden Pflichten eines Vertragsarztes, die aus seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung resultieren und in verschiedenen gesetzlichen und untergesetzlichen Bestimmungen näher umschrieben sind.
Mit Erwerb des besonderen Status eines Vertragsarztes durch den Zulassungsakt sind für den Arzt verschiedene Begünstigungen verbunden. So wird ihm der Zugang zu dem heute ca 87 % der Bevölkerung ausmachenden Kreis der GKV-Versicherten (vgl BSGE 86, 223, 229 = SozR 3-2500 § 138 Nr 1 S 7) als potentiellen Patienten eröffnet, und es werden ihm sichere, insolvenzgeschützte und - auf der Basis statistischer Veröffentlichungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV, vgl zB Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, 1999, Tabelle D 9) - auch auskömmliche Einnahmen von öffentlich-rechtlichen Institutionen als Schuldnern gewährt. Im Gegenzug unterliegt der ärztliche Leistungserbringer dafür bei seiner Berufsausübung bestimmten Pflichten, die über diejenigen eines nur privatärztlich tätigen Behandlers hinausgehen. Der Vertragsarzt ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet (§ 95 Abs 3 Satz 1 SGB V), und für ihn sind die Verträge, Beschlüsse und sonstigen Bestimmungen sowie Richtlinien verbindlich (§ 95 Abs 3 Satz 2, § 81 Abs 3 SGB V). Die Zulassung erstreckt sich dabei nicht auf das gesamte vom betroffenen Arzt fachlich beherrschte medizinische Behandlungsfeld, sondern bezieht sich nur auf das jeweilige Fachgebiet, für das der Arzt zugelassen ist (§ 18 Abs 1 Satz 1, § 24 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV)); denn ein Arzt kann nur - insoweit anknüpfend an das ärztliche Berufsrecht - als Arzt für Allgemeinmedizin oder als sonstiger Gebietsarzt (Facharzt) zugelassen werden (§ 95 Abs 2 iVm § 95a Abs 1 Nr 2 SGB V). Die Teilnahmeverpflichtung in dem Fachgebiet, für das der Vertragsarzt zugelassen ist, hat zur Folge, daß er die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch tatsächlich anbieten und erbringen muß (vgl BSG USK 84272), und zwar grundsätzlich unabhängig von Vorbehalten und selbst gesetzten Erwartungen des Arztes sowie auch unabhängig von einer dieses vermeintlich legitimierenden HVM-Bestimmung. Erfüllt der Vertragsarzt seine Teilnahmeverpflichtung dagegen nicht oder nicht ordnungsgemäß, so sieht das Gesetz hierfür abgestufte Reaktionsmöglichkeiten vor. Zunächst hat die betreffende KÄV, die den KKn gegenüber zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet ist (§ 75 Abs 1 SGB V), den Arzt - ggf mit den Mitteln des Disziplinarrechts (§ 81 Abs 5 SGB V) - zur Einhaltung dieser Pflicht anzuhalten. Verhält sich der Arzt darüber hinaus in einer Art, die die Annahme rechtfertigt, daß er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht (mehr) ausübt, so ist ihm gemäß § 95 Abs 6 SGB V die Zulassung zu entziehen (vgl BSG USK 84272). Im Extremfall schließlich, nämlich dann, wenn mehr als 50 % aller in einem Zulassungsbezirk oder einem regionalen Planungsbereich zugelassenen Vertragsärzte die vertragsärztliche Versorgung verweigern und - die im vorliegenden Fall gerichtlich zu überprüfenden - Maßnahmen der Rechtsaufsicht ohne Wirkung geblieben sind, kann der Sicherstellungsauftrag gemäß § 72a Abs 1 SGB V auf die KKn und ihre Verbände übergehen.
Der konkrete Inhalt der einem Vertragsarzt obliegenden Pflicht zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und zur Behandlung von Versicherten der GKV ergibt sich aus gesetzlichen und untergesetzlichen sowie gesamtvertraglichen Regelungen des Krankenversicherungs- und Kassenarztrechts. Von besonderer Bedeutung ist dabei das seit Schaffung der GKV im Jahre 1883 im wesentlichen unverändert geltende und für das System zentrale Sach- bzw Naturalleistungsprinzip (§ 2 SGB V), welches auch Auswirkungen auf den Bereich des der Leistungserbringung dienenden Kassenarztrechts hat. Das gesamte System der GKV ist, wie das BSG in ständiger Rechtsprechung betont und der Gesetzgeber des SGB V anerkannt hat, vom Naturalleistungsprinzip geprägt und getragen; es stellt insoweit ein "grundsätzliches Strukturprinzip" dar (so Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und F.D.P. zum Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz (GSG), BT-Drucks 12/3608 S 76 zu § 13 SGB V; vgl auch zB BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 4 f mwN; zur Bedeutung ferner zB Schulin in ders (Hrsg), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, Krankenversicherungsrecht, 1994, § 3 RdNr 157 ff; § 6 RdNr 106 ff; Schmitt, ebenda, § 28 RdNr 1 ff, § 29 RdNr 2 ff; Noftz in Hauck, SGB V, K § 2 RdNr 78 ff und § 13 RdNr 16 ff; Engelmann, NZS 2000, 1, 5, jeweils mwN). Auch der einzelne Vertragsarzt hat mit seinem Leistungsangebot bei der Umsetzung und Verwirklichung dieses Prinzips eine bestimmte, festgelegte Funktion.
Der Vertragsarzt übernimmt mit seiner Zulassung die Pflicht, die gesetzlichen Leistungsansprüche der Versicherten auf ärztliche Behandlung (§ 11 iVm § 27 SGB V) zu befriedigen. Die ärztlichen Leistungen werden den Versicherten von den KKn zur Verfügung gestellt (§ 2 Abs 1 iVm § 1 Satz 3 SGB V), und zwar grundsätzlich als Naturalleistungen und nicht nur als Geldleistungen mit der Möglichkeit der (nachträglichen) Kostenerstattung (§ 2 Abs 2 Satz 1, § 13 Abs 1 SGB V). Da die KKn die Sach- und Dienstleistungen nicht selbst vorhalten, bedienen sie sich zu ihrer Erbringung dritter Personen und/oder Institutionen (Leistungserbringer) und schließen mit diesen auf Grund der sog Leistungsverschaffungspflicht (vgl BSGE 69, 170, 173 = SozR 3-2200 § 321 Nr 1 S 4) Verträge über die Erbringung der Leistungen (§ 2 Abs 2 Satz 2, §§ 69 ff SGB V). Nach der Konzeption des Gesetzes soll also - von besonders geregelten Ausnahmen abgesehen - den Versicherten der GKV die gesamte Krankenbehandlung als Sach- bzw Dienstleistung zur Verfügung gestellt werden (BSGE 81, 54, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 14 f; BSGE 81, 73, 77 = SozR 3-2500 § 92 Nr 7 S 51). Die leistungserbringenden Ärzte erhalten die Vergütung für ihre Tätigkeit - vermittelt über die KÄVen - von den KKn als Leistungsträgern der GKV (§ 12 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)), die für diesen Zweck wiederum Beiträge von Versicherten, Arbeitgebern und sonstigen Beitragspflichtigen erheben (§ 3 iVm §§ 220 ff, §§ 226 ff, §§ 249 ff SGB V). Die Pflicht der Krankenkassen zur Leistungserbringung in Natur und die Einbindung der Leistungserbringer in diese Aufgabe ist dabei nicht bloßer Selbstzweck, sondern hat zum einen den Schutz der Versicherten vor mangelnder medizinischer Versorgung infolge der damit eintretenden finanziellen Belastungen des einzelnen zum Ziel (so bereits BSG SozR 2200 § 182 Nr 74 S 132); zum anderen dient das Naturalleistungsprinzip der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung mittels Einflußnahme auch der das System finanzierenden KKn auf die Ausgestaltung des Inhalts und insbesondere der Honorierung des Leistungsgeschehens (vgl zu diesem Aspekt besonders BSGE 53, 150, 155 = SozR 2200 § 222 Nr 1; BSGE 55, 188, 193 f = SozR 2200 § 257a Nr 10; BSGE 73, 271, 275 = SozR 3-2500 § 13 Nr 4 S 14; BSGE 81, 54, 59 f = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 14 f; BSG MedR 1998, 230, 232 f; Schulin, aaO, § 6 RdNr 114; Noftz, aaO, K § 13 RdNr 16 f, 20). In verschiedenen Bereichen des Leistungserbringungsrechts wie beim Sicherstellungsauftrag, bei der Bedarfsplanung und im Vergütungsrecht wird dabei als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Vertragsarzt die der vertragsärztlichen Versorgung zuzurechnenden wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes im Rahmen des Systems - dh unter Einhaltung des Naturalleistungsprinzips, also ohne Verlangen einer gesonderten Honorierung - anbietet und diese bei Bedarf auch bei den Versicherten tatsächlich ausführt.
Diese Vorstellung liegt vor allem der Verpflichtung der KÄVen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs 1 Satz 1 SGB V) zugrunde. Die Pflicht trifft zwar unmittelbar die KÄV als Körperschaft der Leistungserbringer. Umgesetzt wird die Sicherstellung aber von den gemäß § 72 Abs 1 Satz 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung mitwirkenden Vertragsärzten (und Psychotherapeuten) als Mitgliedern der KÄV. Die KÄV kann ihre Sicherstellungsverpflichtung nur erfüllen, wenn ihre Mitglieder wiederum ihrer Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung nachkommen, dh, die zur vertragsärztlichen Versorgung ihres jeweiligen Fachgebiets gehörenden Leistungen auch anbieten und erbringen. Nur soweit die KÄV mit ihren Mitgliedern die Versorgung nämlich nicht sicherstellen kann, ist eine Erweiterung des Kreises der Leistungserbringer möglich, indem im Rahmen von Sonderbedarfszulassungen oder Ermächtigungen weitere Ärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen zur Schließung von Versorgungslücken herangezogen werden (§ 116 SGB V, §§ 31, 31a Ärzte-ZV). Der nach dem Ermächtigungsrecht bestehende Vorrang der niedergelassenen Ärzte bei der Wahrnehmung der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung vor der Ermächtigung von anderen Ärzten (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 12 S 63) - zB von Krankenhausärzten - ist nur vor dem Hintergrund zu rechtfertigen, daß die zugelassenen Ärzte die für ihr Fachgebiet wesentlichen Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung auch erbringen können und wollen. Träfe diese Voraussetzung nicht (mehr) zu, müßten dann entstehende Versorgungslücken in weitergehendem Umfang durch die Erteilung umfassender Ermächtigungen an andere Ärzte geschlossen werden.
Auch die vertragsärztliche Bedarfsplanung mit der Festlegung eines bedarfsgerechten Versorgungsgrades und der Feststellung von Überversorgung (§§ 101, 103 SGB V) beruht auf der Prämisse, daß die Vertragsärzte die für ihre Fachgebiete oder für ihren Versorgungsbereich wesentlichen Leistungen anbieten und erbringen. Die nach Arztgruppen vorzunehmende Ermittlung des bedarfsgerechten Versorgungsgrades beruht auf einer bestimmten Relation zwischen Arzt- und Einwohnerzahl. Dem so ermittelten bedarfsgerechten Versorgungsgrad liegt gleichfalls die Annahme zugrunde, daß die Vertragsärzte die für die Fachgebiete wesentlichen Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung auch tatsächlich erbringen. Träfe dieses nicht zu, entfielen de lege lata die Voraussetzungen für die Ermittlung des bedarfsgerechten Versorgungsgrades in einem Planungsbereich, so daß der Feststellung von Überversorgung und der Sperrung von Zulassungsbezirken insgesamt die Grundlage entzogen wäre.
Ähnliches gilt schließlich im Bereich des vertragsärztlichen Vergütungsrechts. Der Gesetzgeber geht zB bei § 85 Abs 4 Satz 7 und 8 SGB V (idF des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626)) von arztgruppenspezifisch festzulegenden Regelleistungsvolumina aus, bei deren individueller Überschreitung der dem Arzt zu vergütende Punktwert abgestaffelt werden kann. Die Regelung setzt damit voraus, daß die Angehörigen der jeweiligen Arztgruppe die für das Fachgebiet wesentlichen Regelleistungen tatsächlich auch erbringen. Derartiges gilt auch schon für die Berechnung der ab 1. Juli 1997 geltenden, durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) geschaffenen Praxisbudgets. Mit ihrer Einführung ist die Vergütung auf der Grundlage arztgruppenspezifischer fallzahlabhängiger Budgets festgelegt worden; diese Budgets setzen sich aus den durchschnittlichen Betriebsausgaben je Arztgruppe und einem einheitlich für alle Arztgruppen festgestellten Ansatz für die Bemessung der Höhe des Arzteinkommens zusammen, das ausgehend von einer durchschnittlichen Fallzahl der jeweiligen Arztgruppen ermittelt wurde (vgl im einzelnen A I Allgemeine Bestimmungen Teil B Nr 1.2 EBM-Ä). Bei der Berechnung der Praxisbudgets floß als ein Faktor der im Jahre 1994 von der jeweiligen Fachgruppe erzielte durchschnittliche Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit mit ein. Diesem Umsatz wiederum liegt das gesamte von der Fachgruppe abgerechnete Leistungsspektrum zugrunde. Für den Vertragsarzt, der seine Vergütung in Anwendung der Regelungen über das Praxisbudget erhält, bedeutet dieses, daß er nicht berechtigt sein kann, einzelne Leistungen, die in das Praxisbudget fallen, aus dem vertragsärztlichen in den privatärztlichen Bereich zu verlagern; entsprechendes gilt für zuerkannte Zusatzbudgets. Ansonsten erhielte er nämlich auch solche Leistungen vertragsärztlich honoriert, die er ihrer Art nach tatsächlich gar nicht in dieser Eigenschaft erbracht hätte. Hieraus folgt umgekehrt, daß ein Vertragsarzt jedenfalls die vom Praxisbudget seiner Arztgruppe erfaßten Leistungen den Versicherten der GKV ohne besondere Gegenleistung anzubieten und bei entsprechender Behandlungsnotwendigkeit auch zu erbringen hat.
Die sich - wie dargestellt - schon aus der vertragsärztlichen Zulassung iVm dem Naturalleistungsprinzip (§ 95 Abs 3 iVm § 2 Abs 2, § 13 Abs 1 SGB V) ergebende Verpflichtung, die Versicherten grundsätzlich umfassend und ohne an diese gerichtete (zusätzliche) Zahlungsverlangen zu behandeln, ist ergänzend in den Bundesmantelverträgen normiert. So enthalten § 2 Abs 1 bis Abs 8 BMV-Ä und § 2 Abs 1 bis Abs 10 EKV-Ä umfangreiche Kataloge von Leistungen, die von der vertragsärztlichen Versorgung umfaßt sind; § 2 Abs 8 BMV-Ä und § 2 Abs 9 EKV-Ä machen die Abrechnung solcher Leistungen gegenüber der KÄV insoweit von einer Leistungsbeschreibung im EBM-Ä bzw in der Ersatzkassen-Gebührenordnung oder in gesonderten Abrechnungsvereinbarungen abhängig. § 3 BMV-Ä bzw § 2 Abs 11 und Abs 12 EKV-Ä führen darüber hinaus beispielhaft aus der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossene Leistungen auf. Nach § 13 Abs 6 Satz 1 BMV-Ä und § 13 Abs 4 Satz 1 EKV-Ä darf der Vertragsarzt die Behandlung eines Versicherten nur in begründeten Fällen ablehnen. Nach § 18 Abs 3 BMV-Ä und § 21 Abs 3 EKV-Ä darf für vertragsärztliche Leistungen vom Versicherten zudem grundsätzlich keine Zuzahlung gefordert werden; anderes gilt entsprechend den Vorgaben des § 32 Abs 2 Satz 2 SGB V nur für Massagen, Bädern und Krankengymnastik, soweit der Arzt diese als Teil seiner ärztlichen Behandlung erbringt, oder in den Fällen des § 18 Abs 1 Nr 1 und Nr 2 BMV-Ä bzw des § 21 Abs 1 Nr 1 und 2 EKV-Ä (Nichtvorlage und unterbliebene zeitgerechte Nachreichung der Krankenversicherungskarte bei der ersten Inanspruchnahme des Arztes im Quartal bzw ausdrückliches schriftliches Verlangen des Versicherten nach Behandlung auf eigene Kosten vor Behandlungsbeginn). Bei den Bestimmungen des BMV-Ä und des EKV-Ä handelt es sich um sog Normverträge, die allgemein verbindlich sind (allgemein zu Normverträgen zuletzt BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 24/00 R -, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In ihnen werden gemäß § 82 Abs 1 Satz 1 iVm § 72 Abs 2 und § 82 Abs 2 Satz 2 iVm § 83 Abs 1 SGB V durch Vereinbarungen der KÄBV mit den Spitzenverbänden der KKn Vorgaben für die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemacht. Das Zusammenspiel der dargestellten Regelungen verdeutlicht entgegen der Ansicht der Klägerin auch, daß es den Vertreterversammlungen an der Befugnis fehlt, in einem HVM die willkürliche Herauslösung einzelner Leistungen aus dem vertragsärztlichen Behandlungsangebot aus finanziellen Gründen zu ermöglichen und so die bestehenden Behandlungspflichten zu umgehen. Gründe für die Ablehnung einer Behandlung können sich im Einzelfall aus einer Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient oder einer besonderen, durch Verweisung der Patienten an andere Vertragsärzte kompensierbaren Überlastungssituation des Vertragsarztes ergeben. Ein darüber hinausgehendes Ablehnungsrecht würde es dem Vertragsarzt ermöglichen, die Erfüllung seiner Behandlungspflichten von Erwägungen zur Höhe der Vergütung abhängig zu machen, was mit dem Verbot des Verlangens von durch die Versicherten zu leistenden Zahlungen gerade unterbunden werden soll (gegen Ablehnungsbefugnis zB auch Krieger, MedR 1999, 519, 522 f; aA Wimmer, NZS 2000, 588, 589 f; Schiller/Steinhilper, MedR 2001, 29, 31 f). Ärzte, die die Vergütung im vertragsärztlichen Bereich teilweise oder generell für unzureichend halten, mögen auf ihre Zulassung verzichten und ihre Dienstleistungen allein privatärztlich anbieten. Solange sie aber an der Vertragsarztzulassung festhalten, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sie auch die mit den Vorteilen der Einbindung in das Sondersystem korrespondierenden Verpflichtungen, vor allem die ihnen obliegende Behandlungspflicht, in systemkonformer Weise zu erfüllen haben.
Der in diesem Zusammenhang bisweilen anzutreffende Einwand, aufgrund der seit 1993 durch das GSG eingeführten zahlreichen neuen Regelungen zur Ausgabenbegrenzung im Gesundheitswesen sei eine Neubewertung des Systems geboten, nach der es dem Vertragsarzt gestattet sein müsse, Behandlungen bei unzureichender Honorierung abzulehnen, ist unzutreffend. Ungeachtet dessen, daß nach den erwähnten statistischen Daten zu unterstellen ist, daß vertragsärztliche Tätigkeit insgesamt nach wie vor nicht unzureichend niedrig honoriert wird, haben die Neuregelungen das Naturalleistungssystem nicht in Frage gestellt. Der Vertragsarzt ist nach wie vor nicht berechtigt, Behandlungen aus finanziellen Gründen zu verweigern, weil eine Rechtsänderung im SGB V oder dem begleitenden untergesetzlichen Recht insoweit nicht eingetreten ist. Demgemäß haben die Partner der Bundesmantelverträge, also auch die den Interessen der Vertragsärzte verpflichtete KÄBV, ausdrücklich daran festgehalten. Sie haben nämlich zB im Zusammenhang mit der Einführung der Praxisbudgets zum 1. Juli 1997 bestimmt, daß das Überschreiten der Budgetgrenzen nicht zur privaten Abrechnung notwendiger GKV-Leistungen berechtigt (s DÄ 1997, A-403, 404 = C-314, 315 unter 2.).
Die Befugnis des Vertragsarztes, nach Maßgabe der erzielbaren Einnahmen Behandlungen zu übernehmen oder abzulehnen, ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 17. September 1997 (BSGE 81, 86 = SozR 3-2500 § 87 Nr 18). Die Aussage, der Arzt dürfe sich daran orientieren, ob die Leistungen unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten und der erzielbaren Einnahmen wirtschaftlich erbracht werden können (BSGE aaO S 93 = SozR aaO S 89), steht dort im Zusammenhang mit der in diesem Urteil entschiedenen Rückwirkungsproblematik. Mit dieser Passage ist lediglich dargelegt worden, daß die Ausgestaltung der EBM-Ä-Regelungen Bedeutung für die Dispositionen des Vertragsarztes hat, der - jedenfalls in gewissen Grenzen - daran das Leistungsangebot seiner Praxis ausrichten kann. Indessen hat der Senat nicht ausgesprochen, daß der Vertragsarzt aus wirtschaftlichen Erwägungen Behandlungen bei GKV-Versicherten ablehnen dürfte.
Schließlich kann auch der von der Klägerin vorgetragene Einwand ihrer Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen, daß ein Vertragsarzt nicht verpflichtet sei, sämtliche Leistungen seines Fachgebietes in der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen, sich auf die Erbringung eines begrenzten Leistungsspektrums beschränken bzw spezialisieren könne und daher berechtigt sein müsse, sein Leistungsangebot zu steuern. Entscheidend ist insoweit, daß die von dem Beklagten beanstandete HVM-Regelung zu den Voraussetzungen, unter denen ein zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bestimmten Fachgebiet zugelassener Arzt die von ihm angebotenen Leistungen auf ein engeres Leistungsspektrum beschränken darf, allgemein keine Aussage trifft. Dort wird einzig eine Verknüpfung zwischen dem individuellen vertragsärztlichen Leistungsangebot eines Arztes und der vermeintlich fehlenden Kostendeckung hergestellt, die das Ziel verfolgt, dann von der vertragsärztlichen Versorgung ausgenommene Leistungen finanziell lukrativer privatärztlich zu erbringen. Die vorstehenden Ausführungen haben indessen aufgezeigt, daß der finanzielle Aspekt kein anzuerkennender Gesichtspunkt für die mit einer Beschränkung des vertragsärztlichen Leistungsangebotes verbundene Diskriminierung der Versicherten der GKV sein kann.
Welche Leistungen seines Fachgebietes genau jeder Vertragsarzt anbieten und erbringen muß, damit noch von seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Rechtssinne (vgl § 95 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 1 SGB V) gesprochen werden kann, muß darüber hinaus nicht entschieden werden. Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich jedenfalls, daß ein Vertragsarzt grundsätzlich die wesentlichen Leistungen seines Fachgebietes anzubieten hat und er insbesondere nicht berechtigt ist, dafür Zahlungen der Versicherten zu verlangen (siehe dazu auch die Urteile des Senats vom selben Tage B 6 KA 36/00 R und B 6 KA 67/00 R; vgl insoweit schon BSGE 72, 238, 240 f = SozR 3-2500 § 15 Nr 3 S 26 für den Fall eines im Delegationsverfahren tätigen Diplom-Psychologen). Dabei handelt es sich um solche Leistungen, die vom Leistungskatalog der GKV umfaßt sind, für die der EBM-Ä eine Gebührenposition vorsieht und für die der Arzt die fachlichen, persönlichen und apparativ-technischen Voraussetzungen für die Erbringung im System der vertragsärztlichen Versorgung als Hausarzt bzw Facharzt erfüllt. Ergänzend ist auf das ärztliche Berufsrecht in Gestalt der Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern zurückzugreifen, die mit ihren Definitionen die Inhalte der jeweiligen Fachgebiete bestimmen und die Fachgebiete voneinander abgrenzen (zum Zusammenhang zwischen den Befugnissen eines Vertragsarztes in der fachärztlichen Versorgung und dem ärztlichen Berufsrecht vgl zB BSGE 84, 290, 292 = SozR 3-2500 § 95 Nr 21 S 85 f mwN; aA Schiller/Steinhilper, MedR 2001, 29, 31). Diese Weiterbildungsordnungen unterscheiden bei der Festlegung des Inhalts der Weiterbildung zwischen der für das Fachgebiet maßgeblichen, den Kernbereich und den "Gebietsstandard" desselben ausmachenden "Vermittlung, Erwerb und Nachweis eingehender Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten" einerseits und dem bloßen "Erwerb von Kenntnissen" andererseits. Ausnahmen von der Pflicht zur Leistungserbringung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung sind umgekehrt grundsätzlich nur denkbar, wenn die berufsrechtliche Qualifikation die durch Bestimmungen des Vertragsarztrechts eingeschränkten Befugnisse des Arztes übersteigt (zB als Vertragsarzt in der hausärztlichen Versorgung oder als Gebietsarzt, der die qualifizierten Voraussetzungen für eine Abrechnungsgenehmigung nach einer qualitätssichernden Richtlinie iS von § 135 Abs 1 Nr 2 SGB V nicht erfüllt) oder die Berufsausübung als Gebietsarzt zulässigerweise auf eine Subspezialisierung beschränkt wurde (zB als Arzt mit beschränkter Sonderbedarfszulassung gemäß § 101 Abs 1 Nr 3 SGB V, Nr 25 Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und Abs 4 SGG.
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