S 40 KR 53/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 40 KR 53/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.021,13 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung von 1.021,13 Euro für den stationären Aufenthalt der Versicherten der Klägerin, Frau xxx, vom 14.11.2006 bis 17.11.2006. Die Versicherte xxx befand sich vom 14.11.2006 bis 17.11.2006 zur Behandlung im Krankenhaus der Beklagten. Bei der Aufnahme lag eine Belastungsdyspnoe und ein dumpfes sternales Druckgefühl mit Ausstrahlung in den Hals sowie ein pathologischer Ergometrie-Befund vor. Bei der Herzkathederuntersuchung zeigte sich eine Verengung der Herzkranzgefäße, so dass ein Stent implantiert wurde. Der Aufenthalt wurde unter Zugrundelegung der Diagnosis Related Groups (DRG – deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen) F57A (perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Intervention) mit 4.312,59 Euro berechnet. Dabei wurde als Hauptdiagnose (HD) eine atherosklerotische Herzkrankheit: Ein-Gefäßerkrankung (ICD I25.11) angeben sowie als Nebendiagnosen (ND) eine instabile Angina pectoris (ICD I20.0), eine benigne essentielle Hypertonie (ICD I10.00) und eine Linksherzinsuffizienz (ICD I50.13) kodiert. Daneben wurden die Operations- und Prozedurenschlüssel (OPS) 8-837.k0 und 1-275.2 berücksichtigt. Mit Schreiben vom 18.12.2006 wurde von der Arbeitsgemeinschaft Krankenhaus der Betriebskrankenkassen e.V. für die Klägerin mitgeteilt, dass die Zahlung der geforderten Summe unter Vorbehalt erfolgt sei. Die Klägerin schaltete darauf hin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, der in seinem Gutachten 23.01.2007 angab, dass nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 0901e die Angina pectoris vor der koronaren Herzerkrankung anzugeben sei, so dass erste die HD darstelle. Daraus ergebe sich bei der Kodierung eine DRG F57B. Mit Schreiben vom 31.01.2007 forderte die Arbeitsgemeinschaft für stationäres Fall- und Kostenmanagement (casusQuo) für die Klägerin daher den zuviel gezahlten Betrag von der Beklagten zurück. Dem widersprach die Beklagte mit Schreiben vom 06.02.2007. Das Wort "vor" bedeute nicht automatisch, dass die Angina pectoris stets als HD anzugeben sei. So werde in der DKR D012e unter dem Punkt "Reihenfolge von Diagnoseschlüsseln bei Mehrfachkodierung" ebenso angegeben, dass der Ätiologiekode stets vor dem Manifestationskode anzugeben sei, ohne das daraus folge, dass ersterer stets als Hauptdiagnose zu verschlüsseln sei. Dies folge auch aus der DKR 1909c. Die Klägerin schaltete daraufhin nochmals den MDK ein, der in seinem Gutachten vom 27.02.2007 auf das Beispiel 1 der DKR 0901e verwies und angab, dass daraus die Kodierung der Angina pectoris als HD folge. Auf das weitere Rückforderungsschreiben der Arbeitsgemeinschaft vom 06.03.2007 antwortete die Beklagte mit Schreiben vom 02.04.2007, indem sie ausführte, dass das Beispiel 1 nicht eingreife, weil dort keine Behandlung der Herzerkrankung erfolgt sei. Vielmehr habe nur eine diagnostische Herzkathederuntersuchung stattgefunden. Im Fall xxx sei die Stenose durch einen Stent behandelt worden. Diese Behandlung habe den höheren Ressourcenverbrauch gehabt. Die Klägerin schaltete nochmals den MDK ein, der im Gutachten vom 30.07.2007 mitteilte, dass das Beispiel 1 eindeutig sei und der erhöhte Ressourcenverbrauch durch die Stent-Implantation durch einen OPS-Schlüssel erfasst werden könne. Auf den Ressourcenverbrauch komme es nicht an, da die allgemeine Richtlinie wegen der DKR 0901e nicht anzuwenden sei. Die mehrmaligen Rückforderungsbegehren lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 15.08.2007 endgültig ab. Mit der am 21.02.2008 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Behandlung sei mit der DRG F57B zu verschlüsseln. Es liege eine Angina pectoris vor, die als HD zu kodieren sei. Dagegen sei die atherosklerotische Herzerkrankung als ND anzugeben. Dies folge aus der DKR 0901e. Die Patientin sei mit unklaren Angina pectoris Beschwerden aufgenommen worden. Insoweit entspreche dies dem Beispiel 1 der DKR 0901e. Entgegen der Ansicht der Beklagten habe die Eingefäß-Erkrankung keinen höheren Ressourcenverbrauch. Die Kosten seien über einen OPS-Schlüssel zu erfassen. Eine wertende Einschätzung durch den Arzt sei nach den Regelungen der DKR nicht zulässig. Solange spezielle Kodierrichtlinien bestünden, könne nicht auf die Hauptdiagnosen-Definition abgestellt werden. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.021,13 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass der Fall mit der DRG F57A zu kodieren sei. Der Eingriff sei zunächst nur als Herzkatheteruntersuchung durchgeführt worden und dann später um eine Stentimplantation erweitert worden. Es habe sowohl eine Angina pectoris als auch eine Koronararteriosklerose vorgelegen. Kämen aber zwei Diagnosen in Betracht, sei vom Arzt diejenige zu wählen, die der Hauptdiagnosen-Definition am besten entspricht, d.h. diejenige, die die meisten Ressourcen verbraucht habe. Dies sei die Perkutane Transluminale Coronare Angioplastie (PTCA) gewesen, deren Kosten die Kosten für die Herzkathederuntersuchung deutlich überstiegen. Daraus folge als Hauptdiagnose die ICD I25.11. Die Formulierung "vor" werde auch an anderer Stelle genutzt, z.B. in der DKR 1909c, und bedeute nicht automatisch, dass die Angina pectoris als HD anzugeben sei. Folgte man der Ansicht des MDK, wäre der Ätiologiekode stets als HD zu verschlüsseln. Dies treffe aber nicht zu. Die Angina pectoris sei zudem lediglich ein Symptom der koronaren Herzerkrankung, so dass eine Verschlüsselung keinen Sinne ergebe. Vielmehr sei die koronare Herzerkrankung zu verschlüsseln, da die Ursachen der Angina pectoris Beschwerden behandelt worden sei. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Klägerin und die Patientenakte der Beklagten, die das Gericht beigezogen hat und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet. a. Die Klage ist als echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Es handelt sich bei dem vorliegenden Verfahren über die Rückzahlung von Krankenhausbehandlungskosten auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches zwischen dem Krankenhaus und der Krankenkasse um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem der Erlass eines Verwaltungsaktes ausscheiden muss, so dass es weder auf Fristen noch ein Vorverfahren ankommt (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28.05.2003, Az.: B 3 KR 10/02 R; BSG, Urteil vom 13.05.2004, Az.: B 3 KR 18/03 R; BSG, Urteil vom 30.06.2009, Az.: B 1 KR 24/08 R). b. Die Klage ist hinsichtlich der Hauptforderung im vollen Umfange und in Bezug auf die Zinsforderung teilweise begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 1.021,13 Euro zu. Insoweit ist nämlich entgegen der Ansicht der Beklagten lediglich eine Verschlüsselung mit der DRG F57B möglich, so dass die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der oben genannten Summe hat. Diese ergibt sich aus der Differenz des zunächst auf Grundlage der DRG F57A berechneten und unter Vorbehalt gezahlten Betrages und einer Berechnung anhand der DRG F57B. (1) Die Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch der Beklagten gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V – in der vom 30.04.2002 bis zum 31.12.2006 gültigen Fassung) i.V.m. § 7 S. 1 Nr. 1, 9 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG - in der vom 21.12.2004 bis zum 24.03.2009 gültigen Fassung) i.V.m. der Anlage 1 der Fallpauschalenvereinbarung 2006 liegen hier vor. Danach steht dem Krankenhaus unabhängig von einer Kostenzusage durch die Krankenversicherung unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten ein Anspruch auf Zahlung der Behandlungskosten zu, sofern die Versorgung im Krankenhaus medizinisch erforderlich war. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung richtet sich nach § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az.: B 1 KN 3/08 KR R; BSG, Urteil vom 22.04.2009, Az.: B 3 KR 24/07 R), wonach die Versicherte Anspruch auf eine vollstationäre Behandlung hat, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Vorliegend ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die betreffende Behandlung der Versicherten Xxx im Zeitraum vom 14.11.2006 bis 17.11.2006 im Krankenhaus der Beklagten medizinisch notwendig war. Vielmehr ist die Abrechnung im Rahmen des Fallpauschalensystems umstritten. (2) Die Beklagte hat die Behandlung der Versicherten Xxx zu Unrecht mit der DRG F57A abgerechnet. Vielmehr war die DRG F57B zugrunde zu legen. Maßgebend für die Abrechnung des vorliegenden Falles sind die Kodierrichtlinien des Jahres 2006 (DKR Version 2006) und der OPS-301 in der Version 2006. Unter Zugrundelegung dieser Kodierrichtlinien bei Kodierung der instabilen Angina pectoris (I20.0) als HD und der atherosklerotische Herzkrankheit (I25.11) als ND ergibt sich die DRG F57B. Entgegen der Ansicht der Beklagten war vorliegend die instabile Angina pectoris als HD zu kodieren. Die DKR 0901e besagt, dass die Angina pectoris vor der koronaren Herzerkrankung zu kodieren ist. Nach Ansicht der Kammer kann damit im konkreten Fall des Zusammentreffens der Angina pectoris mit der Koronarartherosklerose nur die Kodierung der HD gemeint sein. Schon der Wortlaut "vor" spricht dafür, hier eine Regelung für die Kodierung der HD anzunehmen. Denn entgegen der Ansicht in der Literatur regelt die DKR 0901e nicht lediglich die Reihenfolge der ND (so aber Zaiß, in: ders., DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, Stand: 2009, Köln 2009, S. 34). Dieser Sichtweise steht nämlich die ausdrückliche Aussage in der DKR D003d (Nebendiagnosen) unter Punkt "Reihenfolge der Nebendiagnosen" entgegen, wonach es keine Kodierrichtlinie gibt, die die Reihenfolge der ND regelt. Es kommt hinzu, dass die Reihenfolge der ND für die Eingruppierung des Behandlungsfalles keine Rolle spielt (so auch Zaiß, in: ders., DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, S. 34). Unter Berücksichtigung dieses Umstandes hätte eine Regelung, die ausschließlich die Reihenfolge der ND regeln würde, keinerlei Bedeutung und wäre letztlich überflüssig. Es ist aber nicht anzunehmen, dass die DKR 0901e, die seit Jahren unverändert in den Kodierrichtlinien enthalten ist (so schon als DKR 0901a in der Version 2003), ohne Bedeutung sein soll. Es kommt schließlich hinzu, dass nach dem Verständnis der Literatur die DKR 0901e überhaupt nur zur Anwendung gelangen könnte, wenn sowohl die Angina pectoris (I20.0) als auch die atherosklerotische Herzkrankheit (I25.1-) als Nebendiagnosen zu verschlüsseln wäre. Folgte man aber der Ansicht der Beklagten, wäre im vorliegenden Fall die atherosklerotische Herzkrankheit als HD zu kodieren. Der Anwendungsbereich der DKR 0901e dürfte damit gering sein, unterstellt, sie regelte die Reihenfolge der ND. Im Zweifel muss sie aber so ausgelegt werden, dass ihr ein sinnvoller Anwendungsbereich zukommt. Dies kann nach der Formulierung "vor" nach Ansicht der Kammer aber nur dann der Fall sein, wenn man darin eine Zuweisung der HD sieht (so im Ergebnis wohl ebenso Metzger/Zaiß, in: Zaiß, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, S. 222). Bestätigt sieht sich die Kammer insoweit insbesondere unter Berücksichtigung des Beispiels 1 der DKR 0901e (siehe ebenso Beispiel B09.09 in Metzger/Zaiß, in: Zaiß, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, S. 222). Dort wird ein Beispiel beschrieben, indem ein Patient, der sich vor drei Jahren einer Bypassoperation unterzogen hatte, mit instabiler Angina pectoris aufgenommen wurde und die Herzkathederuntersuchung zeigte, dass eine koronare Herzerkrankung vorliegt. Das Beispiel wird mit der HD instabile Angina pectoris (I20.0) und der ND atherosklerotische Herzkrankheit (I25.15) kodiert. Die Fallbeispiele dienen gerade dazu, die Kodieranweisungen zu veranschaulichen (siehe Redaktionelle Hinweise – Punkt III. Fallbeispiele). Folgte man dagegen der Ansicht der Beklagten, dass im konkreten Fall der DKR 0901e keine Regelung der Hauptdiagnose vorgenommen wurde, wäre stattdessen die koronare Herzerkrankung (I25.15) als HD zu verschlüsseln. Dagegen dürfte die Angina pectoris nur als ND erfasst werden. Dies steht aber im Gegensatz zu dem oben genannten Beispiel. Der Wortlaut der DKR 0901e gibt ebenso wenig eine Einschränkung auf reine Herzkathederuntersuchungen ohne Stentimplantation her. Auch lässt sich daraus, dass das Beispiel 1 unter den Kodes I25.15 und I25.16 steht, nicht herleiten, dass es ausschließlich Konstellationen widerspiegelt, in denen der Stent oder Bypass selbst betroffen ist (siehe auch Abbildung 9-3 in Metzger/Zaiß, in: Zaiß, DRG: Verschlüsseln leicht gemacht, S. 221). Denn in der DKR 0901e wird geregelt, dass die Angina pectoris vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben ist. In Bezug genommen wird damit der gesamte Abschnitt der ischämischen Herzkrankheiten, die früher chirurgisch/interventionell behandelt wurden (I25.1-). Dabei erfasst dieser Abschnitt solche Fälle, bei denen früher eine chirurgische oder interventionelle Behandlung stattgefunden hatte, und bei denen nunmehr wiederum die ischämische Erkrankung behandelt wird. Dabei sind sowohl Konstellationen berührt, wo die vorhandenen Bypässe/Stents offen sind und ein erneuter Eingriff durchgeführt wird, um weitere Gefäßabschnitte zu behandeln, als auch solche, wo nur der Bypass/Stent selbst betroffen ist. Eine Beschränkung auf reine Herzkathederuntersuchungen ohne Stentimplantation lässt sich dem gerade nicht entnehmen. Vielmehr spricht der Wortlaut ("wenn die vorhandenen Stents offen sind und ein erneuter Eingriff durchgeführt wird, um weitere Gefäßabschnitte zu behandeln") dafür, dass durchaus auch Konstellationen mit Stentimplantationen erfasst werden. Es kommt hinzu, dass die Herzkathederuntersuchung und die Stentimplantation über OPS erfasst und ausreichend abgebildet werden können und daher für die Auslegung der DKR 0901e nichts hergeben. Schließlich findet sich in der I25.1- keine Regelung hinsichtlich der HD, insbesondere keine solche, die zwischen einer erfolgten Stentimplantation und einer reinen Herzkathederuntersuchung unterschiede. In diesem Zusammenhang sei darin erinnert, dass nach Ansicht des Bundessozialgerichts die Kodierrichtlinien nur anhand des Wortlauts sowie ergänzend nach dem systematischen Zusammenhang auszulegen sind (BSG, Urteil vom 12.05.2005, Az.: B 3 KR 18/04 R; BSG, Urteil vom 18.09.2008, Az.: B 3 KR 15/07 R). Der Wortlaut selbst gibt die von der Beklagten vertretene Einschränkung nicht her. Schließlich lässt sich die DKR 0901e nicht auf eine bloße Möglichkeit zur Kodierung eines Symptoms (hier die Angina pectoris) als Nebendiagnose reduzieren, da dann die Verwendung des Wortes "vor" nicht erforderlich wäre. Ausreichend wäre etwa die Verwendung des Wortes "und" oder eine Formulierung wie "kann auch angegeben werden". Es kommt hinzu, dass sich diese Sichtweise nicht mit dem Beispiel 1 sowie der Formulierung, dass die Angina pectoris vor dem Kode der Koronaratherosklerose anzugeben ist, in Einklang bringen lässt. Vielmehr geht die Regelung über die Verschaffung der Möglichkeit zur Kodierung des Symptoms hinaus. Soweit die Beklagte sich auf andere Kodieranweisungen, z.B. DKR 1909c, D005d oder D012f beruft, mag dies an dem hier gefundenen Ergebnis nichts zu ändern. Denn insoweit ist die Auslegung auf die DKR 0901e begrenzt und schließt nicht aus, dass im Rahmen anderer Kodieranweisungen eine anderes Auslegungsergebnis erzielt wird. Insbesondere unter Berücksichtigung des Beispiels 1 der DKR 0901e ist nach Ansicht der Kammer die Auslegung hier eindeutig. Betrifft die DKR 0901e aber die HD, so geht sie als spezielle Kodieranweisungen der allgemeinen Regelung der DKR D002d vor (s.a. Müller, DRG-Basiswissen für Ärzte und Kodierer, S. 71). (3) Eine Notwendigkeit zur Einholung eines Gutachtens bestand danach nicht. Insoweit waren nämlich die medizinischen Grundlagen geklärt und der Streit konzentrierte sich ausschließlich auf die richtige Kodierung des Sachverhalts anhand der einschlägigen Kodierrichtlinien. In einer solchen Situation kommt die Einholung eines Gutachtens nicht in Betracht, da Gegenstand des Rechtsstreits die Auslegung der Kodierrichtlinien war. Die Auslegung ist jedoch durch die Kammer selbst vorzunehmen und kann nicht auf einen Gutachter übertragen werden (vgl. auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.07.2007, Az.: L 5 KR 228/06, wo ebenfalls kein Gutachten zur Klärung der Auslegung eingeholt wurde). Lediglich für die Tatsachenfeststellung, nicht aber bei Rechtsfragen kommt nämlich die Einholung eines Gutachtens in Betracht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9.Auflage, § 118 Rn. 11a). Der Fall ist insofern nicht anders zu werten als die Auslegung zivilrechtlicher Verträge oder der Gebührenordnung der Ärzte (GoÄ). Auch wenn insbesondere im Rahmen der GoÄ häufig medizinische Problemkreise eine Rolle spielen, ist die Auslegung derselben ureigenste Aufgabe der Gerichte (als Beispiel vgl. etwa BGH, Urteil vom 05.06.2008, Az.: III ZR 239/07; LG Regensburg, Urteil vom 24.03.2009, Az.: 2 S 78/08). Lediglich in Fällen, wo bereits die medizinischen Grundlagen streitig sind, z.B. weil das Vorliegen einer Erkrankung oder der medizinischen Voraussetzungen eines Operationen- und Prozedurenschlüssels umstritten sind bzw. die Frage auftaucht, ob ein Symptom als eindeutige und unmittelbare Folge mit der zugrunde liegenden Krankheit vergesellschaftet ist, kommt die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Klärung dieser Fragen in Betracht. Die für eine Anwendung der Kodierrichtlinien notwendigen und gegebenenfalls streitigen medizinischen Grundlagen können damit durch ein Gutachten geklärt werden. Die Subsumtion des Sachverhalts unter die Kodierrichtlinien obliegt sodann jedoch dem Gericht. Eine solche Konstellation lag nicht vor. (4) Die Forderung war entsprechend des Antrags der Klägerin ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zu verzinsen. Die Verzinsungspflicht folgt hier dem Grunde nach aus § 69 SGB V i.V.m. § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bzw. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB (vgl. zur Verzinsungspflicht BSG, Urteil vom 08.09.2009, Az.: B 1 KR 8/09 R; LSG NRW, Urteil vom 26.02.2009, Az.: L 16 KR 119/08). Allerdings ist die Höhe der Zinsen auf 2 Prozentpunkte über dem jeweils gültigen Basiszinssatz beschränkt. Dies folgt aus einer ergänzenden Vertragsauslegung des Sicherstellungsvertrages (§ 15), aus der sich ergibt, dass jeglicher Zinsanspruch zwischen den Beteiligten auf 2 Prozentpunkte über den Basiszinssatz beschränkt sein soll. Insoweit wird auf die Ausführungen des BSG (Urteil vom 08.09.2009, Az.: B 1 KR 8/09 R) sowie des LSG NRW (Urteil vom 26.02.2009, Az.: L 16 KR 119/08) verwiesen, die sich die Kammer ausdrücklich zu Eigen macht. Daraus ergibt sich vorliegend, dass § 288 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 3 BGB (ggf. über den Verweis in § 291 S. 2 BGB) nicht zum Tragen kommt. § 288 Abs. 2 BGB ist bereits dem Grunde nach bei öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen ausgeschlossen (BSG, Urteil vom 08.09.2009, Az.: B 1 KR 8/09 R). Da eine vorrangige vertragliche Regelung existiert, ist ebenso wenig § 288 Abs. 1 S. 2 BGB anzuwenden (zur Abdingbarkeit von § 288 Abs. 1 S. 2 BGB siehe BSG, Urteil vom 08.09.2009, Az.: B 1 KR 8/09 R; Ernst, in: Münchner Kommentar, BGB, 5. Auflage, § 288 Rn. 28). Soweit die Klägerin daher Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, d.h. über 2 Prozentpunkte hinaus, geltend gemacht hat, war die Klage abzuweisen. 2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt aus dem überwiegenden Unterliegen der Beklagten. Soweit die Klage hinsichtlich der Zinsforderung teilweise abgewiesen wurde, waren der Beklagten nach § 155 Abs. 1 S. 3 VwGO wegen des nur geringfügigen Unterliegens der Klägerin die Kosten vollständig aufzuerlegen (vgl. zur Geringfügigkeit bei § 193 SGG LSG NRW, Urteil vom 05.05.2009, Az.: L 1 AL 13/08; SG Mannheim, Urteil vom 12.07.2007, Az.: S 8 AL 733/07).
Rechtskraft
Aus
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