L 5 RJ 351/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 943/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 351/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. Mai 1998 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. März 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1996 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 1. Mai 1996 bis 30. April 1999 streitig.

Die am 1956 geborene Klägerin war zuletzt als Verkäuferin in einem Blumengeschäft versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Am 2. Oktober 1992 stellte sie erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, der von der Beklagten mit Bescheid vom 20. Oktober 1993 und Widerspruchsbescheid vom 3. März 1994 abgelehnt wurde. Im dagegen anhängig gewesenen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (Az.:S 12 AR 337/94) schlossen die Beteiligten am 20. September 1994 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, der Klägerin wegen einer im Januar 1994 eingetretenen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit die entsprechende Rente vom 1. August 1994 bis 30. April 1996 zu gewähren. Dem Vergleich lag ein vom Gericht eingeholtes Gutachten des Orthopäden Dr.S. vom 20. September 1994 zugrunde, in dem der Gutachter zu dem Ergebnis gekommen war, dass bei der Klägerin ein Postdiskektomie-Syndrom -(PDS)- vom Schweregrad II vorliege, das rückbildbar sei. Eine Besserung sei Anfang 1996 zu erwarten. Bis dahin könne die Klägerin keine Arbeiten mehr im Gehen, Stehen oder Sitzen verrichten.

Am 22. Dezember 1995 beantragte die Klägerin, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit über den 30. April 1996 hinaus zu gewähren. Die Beklagte zog einen Entlassungsbericht der Orthopädischen Fachklinik S. bei, wo sich die Klägerin vom 4. bis 18. August 1995 in stationärer Behandlung befunden hatte. Auch ein Entlassungsbericht des Krankenhauses D. , in dem die Klägerin vom 27. Juli bis 4. August 1995 in stationärer Behandlung gewesen war, lag vor. Am 24. Januar 1996 wurde die Klägerin in der Gutachterstelle der Beklagten in Regensburg durch den Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr.B. untersucht und begutachtet. Dr.B. stellte die Diagnose: Zustand nach Bandscheibenoperation L 5/S 1 links 1991 mit Restbeschwerden und rechtsseitiger Lumboischialgie mit mittelgradiger Funktionsminderung; Übergewicht mit Neigung zu leichter Blutdruckerhöhung. In seinem Gutachten vom 5. Februar 1996 kam er zu dem Ergebnis, dass die Klägerin als Verkäuferin nicht mehr tätig sein könne, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aber noch leichtere bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig ausüben könne. In Betracht kämen nur Tätigkeiten ohne häufiges Bücken.

Mit Bescheid vom 11. März 1996 lehnte daraufhin die Beklagte den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab, weil über den 30. April 1996 hinaus weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juli 1996 zurück. Der Entscheidung der Beklagten lag eine Stellungnahme der Ärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Dr.P. vom 14. Juni 1996 zugrunde, in der diese der Beurteilung von Dr.B. zustimmte. Bei der Klägerin lägen qualitative Einschränkungen vor, wie "nur noch Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen, in wechselnder Körperhaltung, in geschlossenen Räumen und zu ebener Erde". Dies gelte für leichte Tätigkeiten, welche weiterhin vollschichtig zumutbar seien. Zurzeit bestehe lediglich Arbeitsunfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Mit einer Besserung in absehbarer Zeit sei zu rechnen.

Die dagegen erhobene Klage ist am 30. Juli 1996 beim Sozialgericht Landshut eingegangen (Az.: S 7 RJ 943/96). Das Sozialgericht hat Befundberichte des behandelnden Orthopäden Dr.B. aus Pfarrkirchen und des Hausarztes Dr.F. eingeholt. In einer Stellungnahme hierzu hat Dr.P. am 26. September 1996 ausgeführt, die in diesen Befundberichten angegebenen Leiden seien bekannt, neue relevante Erkrankungen oder Verschlechterungen der bekannten, seien nicht mitgeteilt worden. Es werde darauf hingewiesen, dass die ursächlichen Beschwerden, die zur Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente geführt hätten, sich völlig zurückgebildet hätten. Es handle sich jetzt um eine neue Erkrankung, deren Ursache noch nicht eindeutig geklärt sei. Die Beschwerdesymptomatik selbst sei noch nicht so stark ausgeprägt, als dass nicht ein vollschichtiges Leistungsvermögen gegeben sei.

Mit Beweisanordnung vom Februar 1997 hat das Sozialgericht Landshut den Chefarzt des Rehabilitationszentrums, Klinik B. , L. , Dr.K. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet beauftragt. In seinem Gutachten vom 7. Juli 1997, das aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 16. Juni 1997 erstattet wurde, ist Dr.K. zu dem Ergebnis gekommen, die wesentliche Gesundheitsstörung der Klägerin beträfen die haltungsgeschädigte und belastbarkeitsgeminderte Lendenwirbelsäule. Im Vergleich zur Befundlage von 1992 sei zum jetzigen Zeitpunkt eindeutig eine Verschlechterung speziell im Hinblick auf den Bandscheibenraum LWK 3/4 eingetreten. Bereits 1994 dürfte eine vergleichbar schwere Gesundheitsstörung an der Wirbelsäule bestanden haben. In vorangehenden Arztberichten und gutachterlichen Stellungnahmen sei überwiegend Bezug genommen zum bleibenden Wurzelirritationsphänomen an S 1 links. Dies stelle für sich genommen aber nicht den entscheidenden Beitrag zur Leistungseinbuße dar. Die Klägerin könne noch leichte Arbeiten verrichten. Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Heben und Tragen schwerer Lasten, Stehen auf Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten in Zwangsbildung und solche, die mit einseitigem Stehen und Sitzen verbunden seien, seien nicht zumutbar. Die Klägerin könne diese leichten Arbeiten regelmäßig in einem Zeitraum bis zu fünf Stunden verrichten, also etwas über halbschichtig. Diese Gesundheitsstörungen lägen schon seit längerem vor und dürften auch im Dezember 1995 weiter Bestand gehabt haben. Reha-Maßnahmen, zuletzt 1993 durchgeführt, seien erforderlich. Binnen drei Jahren könne es zu einer Besserung der Leistungsfähigkeit kommen; ob eine vollschichtige Leistungsfähigkeit erreichbar sei, bleibe abzuwarten.

Dr.P. hat in ihrer Stellungnahme vom 6. August 1997 der Einschätzung des Gutachters Dr.K. hinsichtlich des Leistungsvermögens der Klägerin widersprochen und eine weitere diagnostische Abklärung und nervenärztliche Begutachtung für notwendig gehalten. Den qualitativen Einschränkungen durch Dr.K. werde zugestimmt, der quantitativen Einschränkung jedoch nicht. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Verkäuferin und Ladenhilfe könne die Klägerin nicht mehr durchführen, es sei denn, sie könnte diese Tätigkeiten in einem Wechselrhythmus, frei wählbar, zwischen Sitzen, Stehen und Gehen, ohne Heben und Tragen von Lasten sowie ohne Zwangshaltungen ausüben. Vermieden werden sollten auch Überkopfarbeiten und Steigen auf Leitern und häufiges Treppengehen. Eine stationäre Heilmaßnahme werde medizinischerseits nicht befürwortet, da nur über eine langfristige physikalische Therapie mit rehabilitierender regelmäßiger Wirbelsäulengymnastik und einer langsamen Gewichtsreduktion mit einer Besserung der Beschwerdesymptomatik zu rechnen sei.

Das Sozialgericht hat eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters Dr.K. zur sozialärztlichen Stellungnahme der Beklagten eingeholt. Dieser führte aus, bei der körperlichen Untersuchung seien keine klinischen Hinweise auf eine akute Wurzelschädigung oder anderweitige neurogene Schädigungen gesehen worden, die eine apparative neurologische Untersuchung rechtfertigten. Die Einschätzung einer etwa fünfstündigen Leistungsfähigkeit für eine leichte Tätigkeit unter Beachtung der qualitativen Leistungsbeschränkun stütze sich ausdrücklich auf den Einklang von Anamnese, körperlichem Befund und Röntgenbefund zur segmentalen Instabilität bei Lendenwirbel 3/4 und zum mehrsegmentalen Verschleißleiden der Wirbelsäule. Den qualitativen Leistungseinschränkungen sei in der sozialärztlichen Stellungnahme zugestimmt worden, er vertrete weiterhin die Auffassung, dass auch seine quantitative Leistungseinschätzung zutreffend sei. Dem hat Dr.P. in einer erneuten Stellungnahme vom 28. April 1998 widersprochen.

Mit Urteil vom 6. Mai 1998 hat das Sozialgericht Landshut die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. März 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1996 verurteilt, der Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 1. Mai 1996 bis 30. April 1999 dem Grunde nach zu gewähren. Die Feststellungen des Gerichtsgutachters seien durchaus nachzuvollziehen, insbesondere die Einschätzung einer etwa fünfstündigen Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen.

Die gegen das am 9. Juni 1998 zugestellte Urteil eingelegte Berufung der Beklagten ist am 6. Juli 1998 beim Bayerischen Landessozialgericht eingegangen.

Die Klägerin hatte am 4. Februar 1998 einen Antrag auf Leistung zur Rehabilitation für Versicherte gestellt, der von der Beklagten mit Bescheid vom 10. März 1998 und Widerspruchsbescheid vom 1. September 1998 abgelehnt wurde. Die hierzu angefallenen ärztlichen Unterlagen übersandte die Beklagte mit den Rentenakten im Berufungsverfahren.

Mit Beweisanordnung vom 22. Dezember 1999 sind der Orthopäde Dr.F. sowie der Neurologe und Psychiater Dr.K. zu ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden.

Dr.K. hat die Klägerin am 2. März 2000 untersucht und ist in seinem Gutachten, das am 21. März 2000 beim Senat eingegangen ist, zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen vorliegen: 1. Ein chronisches Lumbalsyndrom mit pseudoradikulären Beschwerden in beiden Beinen bei Zustand nach Operation eines Bandscheibenvorfalles L 5/S 1 links ohne Nachweis neurologischer Ausfälle und ohne elektromyographische Veränderungen. 2. Ein migräneartiges Kopfschmerzsyndrom ohne Anhaltspunkte für einen intracraniellen Prozess.

Durch diese Gesundheitseinschränkungen werde die Klägerin in ihren Tätigkeiten aus dem Berufskreis einer Verkäuferin bzw. bei Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beeinträchtigt. Der Umfang der Beeinträchtigung sei aus nervenärztlicher Sicht als leicht- bis mittelgradig zu bezeichnen. Die Klägerin könne schwere bis mittelschwere Arbeiten, Arbeiten in Zwangspositionen, Arbeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten, Arbeiten, die mit häufigem Bücken verbunden sind, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie gleichförmige Arbeiten an Maschinen und am Fließband nicht mehr verrichten. Beschränkungen hinsichtlich des Anmarschweges ließen sich nicht begründen. Die ihr zumutbaren Tätigkeiten könne die Klägerin vollschichtig ausüben. Begründete Aussichten, dass sich die Erwerbsfähigkeit bei Durchführung von Heilmaßnahmen in absehbarer Zeit bessern würden, beständen nicht. Eine Besserung der Gesundheitstörungen wäre nur durch eine drastische Gewichtsabnahme und durch eine wirbelsäulenorientierte krankengymnastische Übungsbehandlung möglich.

Dr.F. hat die Klägerin ebenfalls am 2. März 2000 untersucht. Er hat in seinem orthopädischen Gutachten vom 23. März 2000 folgende Diagnosen gestellt: 1. Fehlhaltung der Halswirbelsäule bei geringer Uncovertebralarthrose und leichter Spondylarthrosis deformans. 2. Chondrosis intervertebralis L1/L2, Osteochondrose L3 bis L4, Chondrosis L4 bis S1, Spondylose der Lendenwirbelsäule bei leichter Skoliose, Baastrup-Syndrom. Altersentsprechende Ileosacralgelenksarthrose.

Als Nebendiagnose: lockere Spreizfüße mit Haluces valgi, erhebliche Übergewichtigkeit.

Er hat ausgeführt, funktionell habe sich eine wesentliche Besserung zu den Vorgutachten eingestellt, insbesondere auch im Hinblick auf den Nervendehnschmerz. Möglicherweise hätten sich die radiologischen Befunde etwas verschlechtert, soweit es ohne Vorlage der damals angefertigten Röntgenaufnahmen zum direkten Vergleich ausgesagt werden könne. Die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der Erwerbsfähigkeit mittelgradig beeinträchtigt. Nicht mehr zumutbar seien ihr schwere und mittelschwere Arbeiten, anhaltendes Stehen oder Sitzen. Das Gehvermögen sei aus orthopädischer Sicht nicht eindeutig reduziert. Die Klägerin könne im Freien und in geschlossenen Räumen arbeiten, sollte allerdings die Lendenwirbelsäule ggf. durch entsprechende Bekleidung vor Einflüssen von Kälte, Nässe und Zugluft schützen. Zu vermeiden seien Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges Bücken. Auf Leitern und Gerüsten könne sie nicht mehr arbeiten. Arbeiten am Fließband seien wegen der Fehlhaltung der Halswirbelsäule ungünstig. Einschränkungen hinsichtlich der Wegstrecke zum Arbeitsplatz lägen nicht vor. Als Verkäuferin könne die Klägerin nicht mehr als zwei bis höchstens vier Stunden arbeiten; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne sie dagegen aus orthopädischer Sicht vollschichtig täglich arbeiten. Zeitliche Einschränkungen hierfür seien nicht begründbar, da Hinweise auf floride Nervenwurzelreizerscheinungen fehlten und jederzeit der erforderliche Wechsel der Körperposition ausgeführt werden könne. Unter Einschluss des von Dr.K. erstellten Gutachtens sei somit festzustellen, dass die Klägerin aus neurologischer Sicht die ihr zumutbaren Arbeiten noch vollschichtig ausüben könne, so dass sich zeitliche Einschränkungen nur aus orthopädischer Sicht nicht für die Tätigkeiten als Verkäuferin ergäben. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei die Klägerin aus orthopädischer und neurologischer Sicht noch vollschichtig einsatzfähig.

Über das orthopädische Gebiet hinausgehende qualitative Einschränkungen ergäben sich aus neurologischer Sicht nur insofern, als gleichförmige Arbeiten an Maschinen und am Fließband nicht mehr zumutbar seien.

Die Klägerin hat durch ihre Bevollmächtigten die Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG bei M. O. aus einer orthopädischen Gemeinschaftspraxis in D. beantragen lassen.

Mit Beweisandordnung vom 21. Februar 2001 ist daraufhin der Facharzt für physikalische und rehabilitive Medizin M. O. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Dieser kam in seinem Gutachten, das am 4. Dezember 2001 bei Gericht einging, zu dem Ergebnis, dass über den 30.April 1996 bei der Klägerin eine chronische Schmerzkrankheit bestehe. Die im Vorgutachten beschriebenen morphologischen Befunde seien nachvollziehbar, eine Zunahme der degenerativen Veränderungen sei vorhanden, jedoch nicht zwangsläufig mit einer funktionellen Einschränkung verbunden. Die Beweglichkeit der Arme sei morphofunktionell weitgehend unauffällig, die Beine zeigten geringgradige Funktionseinschränkungen. In der Wirbelsäule seien zusammenfassend hauptsächlich schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen in allen Ebenen sowie ein massiver, ebenfalls schmerzbedingter muskulärer Hartspann vorhanden sowie eine deutliche Rückneigungseinschränkung bei Morbus Baastrup. Wesentlich sei die in den Vorbefunden kaum erhobene Schmerzanamnese, die sehr wohl in Bezug auf die zur Anwendung gekommenen Maßnahmen, Behandlerwechsel, Medikation und Anzahl der stationären Behandlungen eine Bewertung nach Gerbershagen zu einem Chronifikationsgrad von III führe. Die Funktionsstörungen beträfen das gesamte Achsenorgan auf hauptsächlich schmerzbedingt reflektorischer Ebene, dadurch sei eine muskulär fixierte Unterbeweglichkeit bedingt. Durch die Chronifikation des Schmerzerlebens als eigenständige Krankheit, habe sich der Gesundheitszustand im Vergleich zur Untersuchung vom März 2000 deutlich verschlechtert, die Beeinträchtigung betreffe nicht nur das Berufs- sondern in weiten Bereichen auch das Privatleben der Patientin. Auch die Gesamtsozialeinbindung sei weitgehend schmerz- und somit krankheitsbedingt bestimmt. Die Beeinträchtigung in Bezug auf die letzte Tätigkeit sei erheblich, in Bezug auf den allgemeinen Arbeitsmarkt liege ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung vor. Die qualitative Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit schätze er wie der Orthopäde Dr.F. ein. Eine Erwerbsfähigkeit mit diesen Einschränkungen bestehe aber nur für zwei bis vier Stunden täglich. Der Klägerin seien Gehstrecken auf dem Weg zur Arbeit von viermal täglich über 400 m nicht zumutbar. Eine begründete Aussicht auf Besserung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit bei Durchführung einer Heilmaßnahme bestehe insofern, als dass diese Heilmaßnahme in einer auf die Behandlung der chronischen Schmerzkrankheit spezialisierten Einrichtung stattfinden müsse. Zur Beurteilung des Grades und der Prognose der chronischen Schmerzkrankheit sei eine Begutachtung durch einen ausgewiesenen Algesiologen sinnvoll.

Für die Beklagte ist der Arzt für Chirugie und Unfallchirurgie, Sozialmedizin, Dr.L. , in einer Stellungnahme vom 7. Januar 2002 zu dem Ergebnis gekommen, M. O. habe in seinem Gutachten keinen neuen medizinischen Sachverhalt von quantitativer Leistungsrelevanz von Seiten des Stütz- und Bewegungsapparates mitgeteilt. Er stütze sein Gutachten im Wesentlichen auf eine "Chronifikation des Schmerzerlebens als eigenständigen Krankheitskomplex" bei der Versicherten und ziehe daraus den Schluss einer quantitativ eingeschränkten Leistungsminderung. Die Frage sei, ob ein Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin das Bild einer "chronischen Schmerzkrankheit" kompetent im Hinblick auf die Leistsungsbeurteilung einer Probandin zu bewerten in der Lage sei. Die Schmerzfrage wäre kompetenzhalber eher bei einem Neuropsychiater anzusiedeln. Es müsse deshalb nach wie vor bei der bisherigen vollschichtigen Leistungsbeurteilung der Versicherten verbleiben, wie sie in den überzeugenden Gutachten des Orthopäden Dr.F. sowie des Nervenarztes Dr.K. niedergelegt worden seien.

Dr.K. ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. März 2002 ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen, dass M. O. befundmäßig keine wesentlichen Veränderungen gegenüber den von ihm erhobenen Befunden festgestellt habe. Hinsichtlich der Schmerz- anamnese enthalte das Gutachten keine neuen Erkenntnisse gegenüber den Gutachten von Dr.F. und von ihm. Zweifellos stelle die Schmerzanamnese ein wichtiges Kriterium dar, allerdings reiche eine Schmerzanamnese alleine nicht aus, um eine fundierte sozialmedizinische Beurteilung abzugeben. Diese sozialmedizinische Beurteilung habe sich in erster Linie auf objektive Befunde zu stützen, nicht auf anamnestische Angaben, die gerade im Fall von Begutachtungen nicht immer mit objektiven Befunden korrelierbar seien. O. beziehe sich bei seiner Beurteilung vorwiegend auf die subjektiven Angaben der Untersuchten, die er quasi als Befund deklariere. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn er zu dem Ergebnis komme, Gehstrecken von viermal täglich über 400 m seien nicht zumutbar, da er hierzu keine Angaben machte. Eine kritische Auseinandersetzung zwischen den anamnestischen Angaben und den Befunden fände in dem Gutachten von M. O. nicht statt. Im Übrigen gehe der Gutachter nicht darauf ein, dass keinerlei gezielte Behandlung erfolge und dass insofern davon auszugehen sei, dass auch erhebliche Behandlungsreserven vorlägen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. Mai 1998 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. März 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1996 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. Mai 1998 zurückzuweisen.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsunterlagen der Beklagten sowie die Klageakten des SG Landshut (Az.: S 12 RA 337/94 und S 7 RJ 943/96) sowie die Berufungsakte mit dem Az.: L 5 RJ 351/98 vor. Auf deren Inhalt, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und der eingeholten Gutachten, wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung statthafte (§ 143 iVm § 144 Abs.1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sowie form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung der Beklagten ist zulässig und in der Sache auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Leistung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 1. Mai 1996 bis 30. April 1999. Das der Klage stattgebende Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. Mai 1998 war deshalb aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. März 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1996 abzuweisen.

Da von der Klägerin keine Anschlussberufung eingelegt wurde, steht im Streit lediglich die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ab dem 1. Mai 1996 bis 30. April 1999. Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (§ 300 Abs.1, Abs.3 SGB VI). Gemäß § 44 SGB VI a.F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfähig keit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Be schäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Unstreitig hat die Klägerin die allgemeine Wartezeit erfüllt und bei ihr liegt auch die so genannte versicherungsfallnahe Belegungsdichte vor. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum jedoch nicht erwerbsunfähig.

Gemäß § 44 Abs.2 SGB VI a.F. sind Versicherte erwerbsunfähig, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkom- men zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. ab 1. April 1999 einen Betrag von 630,00 DM monatlich) übersteigt. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Alle Sachverständigen - auch der nach § 109 SGG gehörte Gutachter M. O. sowie der vom Sozialgericht angehörte ärztliche Sachverständige Dr.K. - sehen noch ein über zweistündiges Erwerbsvermögen für gegeben, womit die Klägerin auch mehr als ein Siebtel des genannten Betrages verdienen kann.

Der Klägerin ist der Arbeitsmarkt aber auch nicht praktisch verschlossen (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 10. Dezember 1996, SozR 2200 § 1246 Nr.13). Bei dieser so genannten Arbeitsmarktrente beurteilt sich die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten nicht nur nach der im Gesetz allein genannten - gesundheitlichen - Fähigkeit, Arbeiten zu verrichten, sondern auch danach, durch Arbeit Erwerb zu erzielen, was bei einem lediglich zur Teilzeitarbeit fähigen Versicherten - jedenfalls im streitigen Zeitraum - nicht der Fall ist.

Nach Überzeugung des Senats besitzt die Klägerin nämlich ein vollschichtiges Erwerbsvermögen und ist damit nicht erwerbsunfähig. Zu diesem Ergebnis kommt der Senat aufgrund der überzeugenden und schlüssigen Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen Dr.F. und Dr.K ... Nach den Feststellungen von Dr.K. kann die Klägerin aus neurologischer Sicht die ihr zumutbaren Arbeiten noch vollschichtig ausüben, eine zeitliche Einschränkung ergibt sich nur aus dem orthopädischen Gutachten von Dr.F. für die Tätigkeiten einer Verkäuferin, die die Klägerin nicht mehr als zwei bis höchstens vier Stunden ausüben kann. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Klägerin aus orthopädischer und neurologischer Sicht noch vollschichtig einsatzfähig. Dabei sind der Klägerin orthopädischerseits nicht mehr zumutbar: schwere und mittelschwere Arbeiten, anhaltendes Stehen oder Sitzen. Zu vermeiden sind auch Heben und Tragen von Lasten sowie häufiges Bücken. Auf Leitern und Gerüsten kann die Klägerin nicht mehr arbeiten. Arbeiten am Fließband sind wegen der Fehlhaltung der Halswirbelsäule ungünstig. Die Klägerin kann im Freien und in geschlossenen Räumen arbeiten, sollte allerdings die Lendenwirbelsäule ggf. durch entsprechende Bekleidung vor Einflüssen von Kälte, Nässe und Zugluft schützen. Über diese auf dem orthopädischen Gebiet bestehenden qualitativen Einschränkungen hinaus ergeben sich aus neurologischer Sicht qualitative Einschränkungen insofern, als gleichförmige Arbeiten an Maschinen und am Fließband nicht mehr zumutbar sind. In der qualitativen Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Klägerin stimmen auch die Gutachten von Dr.K. und M. O. insofern überein. Der Senat kann jedoch - entgegen der Ansicht des SG -, der Einschätzung des zeitlichen Umfangs der Leistungsfähigkeit der Klägerin in dem Gutachten von Dr.K. und in dem nach § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin M. O. nicht folgen, weil deren angenommene Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens der Klägerin nicht schlüssig begründet ist. In Übereinstimmung mit der sozialmedizinischen Beurteilung für die Beklagte durch die Chirurgin Dr.P. kamen Dr.K. und Dr.F. zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten bei der Klägerin ab dem 1. Mai 1996 gegeben ist. Übereinstimmend kommen alle vier Gutachter zu dem Ergebnis, dass die Erwerbsfähigkeit vor allem durch die haltungsgeschädigte und belastbarkeitsgeminderte Hals- und Lendenwirbelsäule der Klägerin beeinträchtigt ist. Aus ihr resultieren im Wesentlichen auch die qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin. Dr.K. kam dabei in seinem nervenfachärztlichen Gutachten zu der Feststellung, dass keine Anhaltspunkte für ein eigenständiges radikuläres Defizit vorlägen, welches im Zusammenhang zu sehen wäre mit der im Jahre 1991 durchgeführten Bandscheibenoperation. Nachdem dies nicht der Fall sei, sei die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin aus nervenärztlicher Sicht so zu beurteilen, dass ihr zumindest leichte körperliche Arbeiten noch vollschichtig zumutbar seien. Dr.F. stellte funktionell eine wesentliche Besserung seit den Vorgutachten fest, insbesondere auch im Hinblick auf den Nervendehnschmerz. Zumindestens leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien der Klägerin unter entsprechender Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen noch vollschichtig zumutbar. Anders als Dr.K. , der im Wesentlichen bei gleichen Befunden zu einer anderen zeitlichen Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin kommt, stützt der nach § 109 SGG gehörte Gutachter M. O. die qualitative Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin vor allem auf die von ihm festgestellte chronische Schmerzkrankheit. Dabei sei wesentlich die in den Vorbefunden kaum erhobene Schmerzanamnese, die sowohl in Bezug auf die zur Anwendung gekommenen Maßnahmen, Behandlerwechsel, Medikation und Anzahl der stationären Behandlungen eine Bewertung nach Gerbershagen zu einem Chronifikationsgrad von III führe. Die Funktionsgutachten im Gutachten von M. O. von Seiten des Stütz- und Bewegungsapparates sind dabei durchaus vergleichbar mit den in den anderen Gutachten erhobenen Befunden. Nach Auffassung von M. O. hat sich der Krankheitszustand der Klägerin im Vergleich zur Untersuchung vom März 2000 deutlich verschlechtert, die Behinderung betreffe nicht nur das Berufsleben sondern auch in weiten Bereichen das Privatleben der Probantin, so dass sie weitgehend schmerz- und somit krankheitsbedingt bestimmt sei. Der Gutachter hat dabei nicht näher dargelegt, weshalb er aufgrund der von ihm angenommenen Verschlimmerung der Chronifikation des Schmerzerlebens gegenüber der Untersuchung im März 2000 und der in den Vorbefunden kaum erhobenen Schmerzanamnese eine zeitliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin auf zwei bis vier Stunden täglich bereits seit 1996 annahm. Zutreffend hat der Chirurg und Sozialmediziner Dr.L. in seiner Stellungnahme für die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Beurteilung einer "chronischen Schmerzkrankheit", kompetenzhalber eher bei einem Neuropsychiater als bei einem Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin anzusiedeln wäre. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11. März 2002 darauf hingewiesen, dass in dem Gutachten des M. O. keinerlei zusätzliche Informationen enthalten seien, als sie bereits in seinem Gutachten vom 3. März 2000 bzw. in dem Gutachten von Dr.F. vom 23. März 2000 mitgeteilt worden seien. M. O. beziehe seine Beurteilung vorwiegend auf die subjektiven Angaben der Klägerin, die er quasi als "Befunde" deklariere. Es sei auffällig, dass zum Zeitpunkt der Begutachtung im März 2000 keine konservative Therapie der angegebenen Rückenschmerzen erfolgte, sondern dass lediglich Akkupunkturmaßnahmen durchgeführt worden seien, diese in erster Linie gerichtet gegen die angegebenen Kopfschmerzen, und dass eine Behandlung mit Tramondin erfolgt sei, also einem unspezifischen, allerdings hoch potenten Schmerzmittel. Eine gezielte Behandlung im Hinblick auf die angegebenen Beschwerden sei zum Zeitpunkt März 2000 nicht durchgeführt worden, wobei hier in erster Linie anzusprechen seien eine konsequente Krankengymnastik, eine wirbelsäulenstabilisierende Rückenschule und natürlich auch eine Gewichtsabnahme. M. O. gehe in seinem Gutachten nicht darauf ein, dass keinerlei gezielte Behandlung erfolgt und dass insofern davon auszugehen sei, dass auch ganz erhebliche Belastungsreserven vorlägen. Eine kritische Auseinandersetzung zwischen den anamnestischen Angaben und den Befunden finde in dem Gutachten nicht statt. Die neuere psychiatrische Literatur bietet durchaus Anhaltspunkte zur Einschätzung der Erwerbsbeeinträchtigung durch somatoforme (Schmerz)Störungen (B.Widder und J.C.Aschoff, Somatoforme Störung und Rentenantrag: Erstellung einer Indizienliste zur quantitativen Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens, MEDSACH 95,14 ff., Foerster a.a.O., Fußnote 9; Konrad a.a.O. Fußnote 18; Hausotter in Suchenwirt, Kunze und Krasney, Neurologische Begutachtung, 3. Auflage, 2000, Kapitel 37; Suchenwirt, MEDSACH 1997, 184; Foerster, Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5. Auflage, 1995, 509 ff. und Frommelt a.a.O., Kapitel 22, 421 ff.). Die dort angeführten Kriterien oder Indizienlisten bzw. eine begründete Gesamtschau bei kritischer Würdigung der geklagten Beschwerden werden in dem Gutachten des M. O. nicht abgehandelt. Dieser hat auch keine Begründung dafür angegeben, weshalb er trotz einer Verschlimmerung der Chronifikation des Schmerzerlebens als eigenständigem Krankheitskomplex im Vergleich zur Untersuchung vom März 2000 eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auf zwei bis vier Stunden täglich bereits seit 1996 annimmt, obwohl die von ihm erhobenen Befunde von den in den Vorgutachten erhobenen Befunden nicht abweichen. Streitgegenständlich ist jedoch vorliegend mangels einer von der Klägerin eingelegten Anschlussberufung allein der Zeitraum vom 1. Mai 1996 bis 30. April 1999. Für diesen Zeitraum ist die von M. O. angegnommene zeitliche Einschränkung nach Auffassung des Senates keinesfalls nachvollziehbar.

Die der Klägerin zumutbaren Arbeiten sind unter den betriebsüblichen Bedingungen möglich, Einschränkungen hinsichtlich der Wegefähigkeit bzw. zusätzlicher Pausen bestehen nicht. Soweit der Sachverständige M. O. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass der Klägerin Gehstrecken von viermal täglich über 400 m nicht mehr zumutbar seien, steht er im Widerspruch zu der Beurteilung durch die orthopädischen Gutachter Dr.K. und Dr.F. und die neurologische Beurteilung durch Dr.K. , ohne dass er hierfür eine Begründung angibt. Auch insoweit vermag der Senat der Beurteilung durch M. O. nicht zu folgen.

Das Risiko, ob die Klägerin auf eine dem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechende Arbeitsstelle vermittelt werden kann, fällt in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung (vgl. BSGE 56, 69; 44, 39).

Die Klägerin hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und hat überwiegend als Verkäuferin, zuletzt in einem Blumengeschäft bis Juni 1991, gearbeitet. Die ihr noch vollschichtig zumutbaren Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sind ihr deshalb noch zumutbar und es besteht für die Klägerin im streitigen Zeitraum auch kein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeiten von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Diese Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit lagen bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht vor.

Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte hatte die Berufung der Beklagten Erfolg; das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 6. Mai 1998 musste deshalb aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. März 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1996 abgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG beruht auf der Erwägung, dass die Beklagte mit ihrer Berufung erfolgreich und die Klägerin mit ihrer Klage ohne Erfolg blieb.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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