Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 VJ 6010/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 147/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Streitig ist, ob die Klägerin an einem entschädigungspflichtigen Impfschaden nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IfSG) leidet.
Nachdem sich die 1952 geborene Klägerin im eigenen Haushalt eine Weichteilverletzung am Kopf mit einem rostigen Nagel zugefügt hatte, wurde eine Woche später am 28.07.2005 im Klinikum Pf. der noch in der Haut verbliebene metallene Fremdkörper entfernt und zugleich eine Tetanus-Diphterie-Schutzimpfung vorgenommen. Verabreicht wurden im Wege der Simultanimmunisierung Td-RIX und 1 ml Tetagam N (Gutachten Dr. Sch. vom 29.03.2007, Bl. 54/55 d. SG-Akte sowie Impfkalender Bl. 13/14 d. V-Akte). Am 11.08.2005 stellte sich die Klägerin notfallmäßig mit linksthorakalen Schmerzen im Kreiskrankenhaus L. vor, wo kein internistischer pathologischer Befund festgestellt werden konnte (Bl. 21 ff. d. V-Akte). Die weitere Behandlung erfolgte zunächst durch den internistischen Hausarzt Dr. St., der retrospektiv den Verdacht auf eine durchgemachte Pleuritis äußerte sowie einen Perikarderguss diagnostizierte und eine Steroidtherapie durchführte. Im Dezember 2005 und Januar 2006 stellte sich die Klägerin mehrfach wegen anhaltender Beschwerden zur kardiologischen Diagnostik im Robert-Bosch-Krankenhaus St. vor. Die hier durchgeführten Untersuchungen (EKG, Belastungs-EKG, zweimalige Echokardiographie, kardiale MRT) ergaben keine eindeutige Diagnose. Festgestellt wurde allerdings, dass das im subperikardialen Raum befindliche Fett irrtümlich als Perikarderguss gedeutet worden sei, die Notwendigkeit für eine medikamentöse Therapie bestehe daher nicht. Am ehesten könnte die Klägerin bei retrospektiver Zusammenschau der Befunde, insbesondere der EKG-Veränderungen vom 01.07.2005, eine Myokarditis gehabt haben, die nun am Abklingen sei (Bl. 17/18 d. V-Akte).
Anlässlich der am 31.01.2006 in der Universitätsklinik F. wegen diagnostischer Abklärung von Gelenkbeschwerden durchgeführten ambulanten Behandlung gab die Klägerin an, es seien bereits eine Woche nach der Impfung symmetrische Gelenkbeschwerden aufgetreten. Auf gezieltes Nachfragen verneinte die Klägerin Arthralgien, Hautausschläge, Sonnenempfindlichkeit, aphtöse Schleimhautveränderungen und Augenentzündungen. Der Thorax-Röntgenbefund zeigte ein linksventrikulär betont, normal großes Herz ohne Zeichen der kardialen Insuffizienz, keinen Hinweis auf einen Perikarderguss, keine pneumonischen Infiltrate, keinen nachweisbaren Pleuraerguss und postspezifische Pleurakuppenschwiele links. Ein beginnender systemischer Lupus erythematodes ([SLE] Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Bindegewebserkrankungen) wurde für sehr wahrscheinlich gehalten, wenngleich noch nicht definitiv erkannt, da nur drei (anamnestisch Arthralgien, aktuell ANA 1:800, PleuroPerikarditis) der zu fordernden elf ACR-Kriterien erfüllt gewesen seien. Außerdem wurde der Verdacht auf eine rheumatoide Reaktion nach Tetanol/Tetagam-Impfung geäußert (Arztbrief Prof. Dr. P. vom 17.02.2006). Bei der erneuten Untersuchung in der Universitätsklinik F. am 09.03.2006 berichtete die Klägerin über eine Besserung der Beschwerden, jedoch über Wiederauftreten der thorakalen Schmerzen nach Reduktion des von Prof. Dr. P. verordneten Cortisons sowie Druckgefühl, Atemnot und Schwäche. Symptome für eine Reaktivierung des SLE fand Prof. Dr. P. nicht. Die durchgeführte Echokardiographie zeigte eine geringe Mitralinsuffizienz und einen kleinen organisierten Perikarderguss hinter dem linken Ventrikel. Prof. Dr. P. hielt deshalb die Neigung der Klägerin zu rezidivierenden Perikardergüssen für deutlich ausgeprägt. Bei zu schneller Cortison-Reduktion träten thorakale Schmerzen und ein damit verbundener CRP-Anstieg auf (Bl. 3/4 d. V-Akte).
Am 24.04.2006 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Enzkreis (LRA) wegen rheumatoider Reaktion nach Tetanol/Tetagam-Impfung, beginnender SLE und rezidivierender Pleuroperikarditis die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden nach dem IfSG.
In der Folgezeit wurde sie mehrfach von der Kardiologin Dr. W. behandelt, die eine rezidivierende Perikarditis mit geringem Perikarderguss (Befundbericht vom 22.05.2006: Durchmesser zwischen 3 und 6 mm, Befundbericht vom 29.05.2006: kein Perikarderguss, Befundbericht vom 22.06.2006: Durchmesser 3 mm, Befundbericht vom 12.07.2006: Durchmesser 3 mm, SchwbG-Akte Bl. 19, 20, 34, 35) bei Normalbefund im Übrigen diagnostizierte. Prof. Dr. P. stellte bei einer Kontrolluntersuchung am 14.06.2006 Exantheme an Armen, Beinen, Stamm und Gesicht, feinfleckig, nicht juckend und Knie- sowie Fingergelenksschwellungen mit Arthralgien fest und hielt mit dem jetzt aufgetretenen Sonnenexanthem vier ACR-Kriterien für die Diagnose eines SLE für gegeben (Befundbericht vom 24.07.2006, SchwbG-Akte Bl. 40, 41)
Das LRA zog beim Robert-Bosch-Krankenhaus St. sowie beim Kreiskrankenhaus L. die Untersuchungsunterlagen bei und ließ diese gemeinsam mit den von der Klägerin vorgelegten Arztbriefen von Prof. Dr. P. versorgungsärztlich auswerten. Die Versorgungsärztin Dr. P. holte beim Paul-Ehrlich-Institut die Zusammenstellung der dort gemeldeten Impfreaktionen nach Tetanus-Simultan-Impfungen im Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2005 ein und kam in ihrer Stellungnahme vom 24.10.2006 zu dem Ergebnis, dass die 14 Tage nach der Impfung aufgetretene links-thorakale Symptomatik, die im weiteren Verlauf zur Diagnose einer Pleuroperikarditis geführt habe, nach der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts zu den selteneren Impfreaktionen gehöre, wenn man sie den Thoraxschmerzen (1 Reaktion) und Herz-Kreislauf-Beschwerden (1 Reaktion) zuordnen würde. Gegen einen Impfschaden spreche, dass die Pleuroperikarditis wahrscheinlich eines von drei Kriterien eines noch nicht ausdiagnostizierten SLE sei. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der beginnenden SLE sei wissenschaftlich nicht bekannt. Die zeitliche Zuordnung der Arthralgien sei wenig glaubhaft, nachdem sie erst fünf Monate nach der Impfung anamnestisch und retrospektiv erwähnt worden seien. Bei den jeweiligen Krankenhausbehandlungen vom Juli 2005 bis März 2006 hätten bei den klinischen Aufnahmeuntersuchungen und auch nach ausdrücklicher Befragung keine Gelenkbeschwerden bestanden.
Mit Bescheid vom 12.09.2006 stellte das LRA den Grad der Behinderung (GdB) mit 50 seit 28.07.2006 fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigungen eine Kollagenose, SLE (Bl. 45, 46 d. SchwbG-Akte).
In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 30.01.2007 führte Dr. P. aus, der in der SchwbG-Akte dokumentierte Krankheitsverlauf zeige weitere Symptome, die zu einer zunehmenden Manifestation des SLE führten. Die eingangs nicht eindeutig vorhandenen Arthralgien seien jetzt als Kniegelenksschwellungen und Fingerschwellungen deutlich sichtbar. Ein weiteres Symptom, das Sonnenexanthem, spreche weiter für das Vorliegen eines SLE. Diese Krankheitserscheinungen seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Krankheitsbild SLE und nicht der damals stattgefundenen Impfung zuzuordnen. Dass die Symptome des SLE in kurzem Zeitabstand nach der Tetanusimpfung aufgetreten seien, sei rein zufällig. Die Arthralgien gehörten zum Krankheitsbild des SLE und könnten nicht isoliert für sich gesehen der Tetanusimpfung zugeordnet werden.
Mit Bescheid vom 26.06.2007 lehnte das LRA den Antrag der Klägerin vom 24.04.2006 ab und nahm zur Begründung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme Bezug. Den hiergegen eingelegten, aber nicht begründeten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2007 zurück.
Am 17.12.2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die Internisten Prof. Dr. L. und Dr. St. als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
Prof. Dr. L. hat unter dem 09.05.2008 ausgeführt, die Klägerin am 13.09.2007 erstmals und am 19.02.2008 ein weiteres Mal behandelt zu haben. Nach den medizinischen Unterlagen habe sich bei der Klägerin im Anschluss an eine Tetanus-Impfung ein schwerwiegendes Krankheitsbild mit starker Lymphknotenschwellung, Schmerzhaftigkeit in großen und kleinen Gelenken sowie Schmerzen in der linken unteren Thoraxregion entwickelt. Der Diagnose eines SLE von Prof. Dr. P. könne er sich keineswegs anschließen. Die erhobenen laborchemischen Untersuchungen hätten keine Auffälligkeiten im Bereich der konventionellen serologischen Parameter ergeben, die für den SLE spezifischen Antikörper seien wiederum nicht nachweisbar gewesen. Dafür hätten sich bei der spezielleren Untersuchung hochtitrige Antikörper gegen Viruserkrankungen (Eppstein-Barr-Virus und Varizella Zoster-Virus) ergeben, die beide in gleicher Weise das rheumatologisch-immunologische Krankheitsbild erklären können. Die von der Klägerin durchgemachte "rheumatologisch-immunologische" Erkrankung sei zumindest in der Zeit zwischen Juli 2005 und Sommer 2007 als sehr schwer einzuordnen. Das "rheumatologisch-immunologische" Krankheitsbild habe einen ursächlichen Zusammenhang mit der Tetanus-Impfung im Juli 2005.
Dr. St. hat unter dem 19.05.2008 vorgetragen, die Klägerin seit 13.12.2000 hausärztlich-internistisch und ab 12.08.2005 aufgrund von Brustbeschwerden und Stenokardien zu behandeln. Im weiteren Verlauf seien eine Pleuritis mit Pleuraerguss sowie eine Perikarditis und eine Myokarditis diagnostiziert worden. Aufgrund von zusätzlich bestehenden Arthralgien und Sonnenempfindlichkeit bestünden bei nachgewiesenen antinuklären Antikörpern vier der sog. ACR-Kriterien für einen SLE. Die hochdosierte immunsupressive Therapie mit Prednisolon habe wegen Kortisonnebenwirkungen und rezidivierenden schweren Rückfällen der Erkrankung bei Kortisonreduktion durch eine immunsupressive Behandlung mit Enbrel ersetzt werden müssen, wodurch die Erkrankung im Verlauf der Jahre habe stabilisiert werden können. Die Enbrel-Behandlung habe abgesetzt werden können, die Steroidbehandlung sei weitgehend reduziert worden. Anamnestisch bestehe ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Tetanusimpfung und der Erkrankung der Klägerin. Da die Ursache des SLE medizinisch noch nicht eindeutig geklärt sei, komme eine Auslösung durch eine Infektion oder eine immunologische Stimulation im Rahmen einer Impfung in Frage.
Im beigefügten Arztbrief des Prof. Dr. P. vom 04.04.2007 wird angegeben, der Klägerin gehe es unter Enbrel deutlich besser, sie habe im Dezember 2006 und Januar 2007 noch zwei Schübe mit Herzbeklemmung und Krankheitsgefühl gehabt. Sie habe daraufhin sofort die Decortin-Dosis erhöht und danach wieder rasche Besserung verspürt. Die Morgensteife (2 - 3 Stunden) und die Schwellung der Finger seien ebenso noch vorhanden wie eine schwelende Entzündungsreaktion. In den außerdem mit übersandten Befundberichten von Dr. W. vom 02.11.2007, 11.01.2008 und 22.02.2008 wurde ausgeführt, dass keine Perikardergüsse festgestellt worden seien und eine Herzmuskel- oder Perikardentzündung daher nicht vorliege. Bei Auswertung der Endstrecken des EKG gebe es eigentlich klinisch und vom Verlauf her keine Zweifel an einer stattgehabten Myokarditis, auch wenn im Kernspin damals keine Kontrastmittelanreicherung habe nachgewiesen werden können. Die kardialen Befunde seien sowohl mit einer rheumatischen als auch einer viralen Genese vereinbar.
Die Klägerin hat das von ihrer privaten Unfallversicherung (B. Beamtenversicherung) in Auftrag gegebene freie unfallchirurgische/orthopädische Gutachten des Dr. Sch. vom 29.03.2007 übersandt. Dieser ist nach Literatur- und Internetrecherchen zum Ergebnis gekommen, dass es keine gesicherten Erkenntnisse gebe, die einen Zusammenhang zwischen der durchgeführten Wundstarrkrampfimpfung und dem Krankheitsbild auf rheumatischem Fachgebiet belegten. Allerdings sei die Diagnose auf internistisch/rheumatologischem Fachgebiet nicht vollständig gesichert und die Klägerin, wohl auch bestärkt durch entsprechende Äußerungen der behandelnden Ärzte, überzeugt, dass ein solcher Zusammenhang ohne Zweifel bestünde. Es sei daher eine Zusatzbegutachtung durch Prof. Dr. L. zu veranlassen.
Mit Schreiben vom 04.02.2009 hat die Klägerin das ebenfalls an die B. Beamtenversicherung erstattete Gutachten des Prof. Dr. L. vom 26.11.2008 vorgelegt und um Einbeziehung in das laufende Verfahren nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebeten. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 12.10. und 05.12.2007 zum Gelenksystem ausgeführt, es hätten sich bei passiver und aktiver Bewegung sämtliche große und kleine Gelenke innerhalb der physiologischen Grenzen frei beweglich gezeigt. Hinweise für entzündliche oder degenerative Veränderungen hätten sich nicht ergeben. Insgesamt habe die klinische Untersuchung körperlich keinen pathologischen Befund ergeben, insbesondere hätten Hinweise für einen SLE (entzündliche Veränderungen, typische Hautveränderungen, Zeichen für Vasculitis, Lymphknotenschwellung) gefehlt. Auch die am 12.10.2007 erhobenen Laborbefunde hätten keinen Hinweis für eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis ergeben, insbesondere keinen Hinweis für das Vorliegen einer Kollagenose im engeren Sinne. Dagegen hätten sich positive Antikörper gegen Eppstein-Barr-Virus (Humanes-Herpes-Virus 4, Titer 1:320, Norm ( 10) und gegen Varicella Zoster-Virus (Humanes-Herpes-Virus 3, 1675 IU/ml, Norm ( 50) sowie grenzwertig gegen Coxsackie-Viren (34,00 U/ml, Norm ( 30) gefunden. Nach der Tetanus-Impfung habe sich bei der Klägerin ein sehr schweres Krankheitsbild ausgebildet, verbunden mit schwerem Krankheitsgefühl, Polyarthralgien, hochgradigen serologischen Entzündungszeichen, nach einzelnen Darstellungen vermehrten Lymphknoten-Schwellungen im achsillären und im Halsbereich, Ausbildung von Entzündung und Ergussbildung im Herzbeutel und im Bereich der Pleura verbunden mit einer Herzmuskelentzündung. Die Diagnose eines SLE könne er aus den aktenkundigen Untersuchungsbefunden nicht übernehmen und nachvollziehen. Zwar seien ein Teil der Krankheits-Kriterien erfüllt, ganz entscheidend fehlten jedoch die autoimmunologischen Blutbefunde, insbesondere die Auto-Antikörper gegenüber DNA sowie die Aktivierung des schädigungstüchtigen "Komplement-Systems". In keiner der vorgelegten Voruntersuchungen seien derartige schädigungstüchtige autoimmunologische Faktoren jemals definiert worden. Deshalb scheide die Diagnose eines SLE aus. Für das Krankheitsbild kämen unter anderem auch insbesondere Virusinfektionen in Frage. Aufgrund der weit oberhalb des Normwertes nachgewiesenen Antikörper halte er eine zusätzliche Infektionserkrankung für eine Ursache des gesamten Krankheitsbildes. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass die konventionelle Therapie gegenüber einem SLE (Methotrexat, Enbrel, Humira) keinerlei Einfluss auf das Krankheitsbild gehabt und nur die zusätzliche Gabe von Cortison jeweils eine symptomatische Besserung in Abhängigkeit von der gerade verabreichten Dosierung gebracht habe. Da ihm kein Fall der Induktion eines SLE durch eine Impfreaktion bekannt sei, sei es sehr viel verständlicher, dass latente Virusinfektionen durch die Aktivierung des Immunsystems in ihrer immunologischen Reaktivität vitalisiert worden sein könnten. Aufgrund der allgemeinen Aktivierung des Immunsystems könne es ggf. zu Überreaktionen kommen, die zwar durchaus selten, bei der Klägerin mit anamnestisch vorgegebenen Überreaktionen aber möglich seien. Er halte deshalb einen Zusammenhang zwischen der erfolgten Impfung und den Krankheitssymptomen für mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesichert. Allerdings handele es sich nicht um die Induktion eines möglicherweise lebenslang bestehenden und lebensgefährlichen SLE, sondern um eine Aktivierung/Reaktivierung von viralen Prozessen.
Im außerdem vorgelegten Befundbericht des Dr. St. vom 11.05.2009 hat dieser bei recht guter Rückbildung der kardialen und pleuralen Beschwerden im Zeitraum ab Juni 2008 Gelenkschmerzen sowohl an multiplen Wirbelgelenken als auch an den Fingergelenken und Knie- und Hüftgelenken klinisch in den Vordergrund gestellt. Die Gelenke seien wechselnd stark geschwollen, überwärmt und insbesondere morgens versteift.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.06.2009 hat Dr. Götz darauf hingewiesen, dass die Einschätzung von Prof. Dr. L., wonach die Auslösung eines SLE durch die Tetanus-Impfung weitgehend ausgeschlossen werden könne, dem derzeitigen Kenntnisstand der ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) entspreche. Dass es sich bei dem Krankheitsbild um einen viralen Prozess handeln könne, sei letztlich nicht ganz auszuschließen, jedoch gegenüber der diagnostischen Einordnung in den rheumatologisch-immunologischen Formenkreis als weit weniger wahrscheinlich anzusehen. Aufgrund der vorliegenden vier ACR-Kriterien sei die diagnostische Einschätzung eines SLE von Prof. Dr. P. weitaus wahrscheinlicher. Dass die antirheumatische Therapie keinerlei Einfluss auf das Krankheitsbild gehabt habe, sei unzutreffend, da sowohl Prof. Dr. P. als auch der Hausarzt Dr. St. von einem guten Ansprechen auf Enbrel, einem Antirheumatikum, berichtet hätten. Bzgl. der Möglichkeit einer viralen Erkrankung sei darauf hinzuweisen, dass nach Aktenlage eine klinisch relevante Immunsuppression durch die Impfung, die eine Aktivierung/Reaktivierung latenter Virusinfektionen hätte begünstigen können, nicht belegt sei. Wahrscheinlicher wäre, dass die Virusinfektionen durch die stattgehabte immunsuppressive medikamentöse Behandlung begünstigt worden sei.
Das SG hat sodann zur Klärung der Zusammenhangsfrage bei Dr. J., Universitätsklinikum H., von Amts wegen das Gutachten vom 07.07.2010 eingeholt. Dieser hat aufgrund der vorgelegten und insbesondere der anlässlich der ambulanten Untersuchung erhobenen Befunde eine rheumatologische/autoimmune Erkrankung bzw. ein SLE nicht zu diagnostizieren vermocht. Auch wenn die Entität der damaligen Krankheitsperiode retrospektiv nicht vollständig aufzuklären sei, spreche insbesondere die Tatsache, dass es unter Absetzen jeglicher immunsuppressiver Therapie zu einer kontinuierlichen Besserung der Beschwerden gekommen sei, die auch weiterhin noch anhalte, gegen eine Autoimmunerkrankung. Eine solche könne vielmehr praktisch ausgeschlossen werden. Eine anhaltende gesundheitliche Folgeschädigung, ausgelöst durch die Impfung, liege aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vor. Zwar könnte die geschilderte Schwellung des Armes, die nicht durch ärztliche Befunde belegt sei, nach der Impfung als Impfreaktion diskutiert werden. Zum einen erscheine dies aber wegen des verzögerten Auftretens nach erst einer Woche unwahrscheinlich, da die Impfreaktion typischerweise unmittelbar, innerhalb von Stunden, nach der Impfung auftrete. Eine lokale Reaktion auf die Tetanus-Impfung (Rötung, Schwellung, Lymphknotenbildung) habe zum anderen keinen Krankheitswert und sei nicht als Impfkomplikation oder Impf- oder Impffolgeschaden zu bewerten. Die Theorie einer Reaktivierung oder Chronifizierung einer Virusinfektion durch die Impfung als Ursache der Erkrankung könne weder theoretisch noch im Hinblick auf klinische Erfahrung oder wissenschaftliche Studien nachvollzogen werden.
Die Klägerin hat hierauf beantragt, bei Prof. Dr. L. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen und unter Vorlage einer entsprechenden Stellungnahme des Dr. St. vom 08.10.2010 gegen das Gutachten von Dr. J. eingewandt, es enthalte gravierende Fehler in der Anamnese und der Befunderhebung.
Mit Urteil vom 23.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und ist hierbei der Einschätzung des Sachverständigengutachters Dr. J. gefolgt. Die von der Klägerin behauptete Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sei dem Gericht nicht nachvollziehbar. Soweit Dr. St. ausführe, es sei - anders als im Gutachten unterstellt - bei der Klägerin direkt im Anschluss an die Tetanusimpfung zu einer Pleuritis mit Pleuraerguss sowie einer Perikarditis und einer Myokarditis gekommen, so setze er sich damit in Widerspruch zu seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 19.05.2008. Danach habe er die Klägerin nämlich erst ab dem 12.08.2008 (gemeint ist 2005) wegen thorakaler Beschwerden und Atemnot behandelt und erst im weiteren Verlauf eine Pleuritis mit Pleuraerguss sowie eine Perikarditis und eine Myokarditis diagnostizien können. Nicht weniger unverständlich sei, dass Dr. St. nunmehr davon spreche, bei der Klägerin seien bereits einen Tag nach der Impfung lokale Beschwerden am linken Arm aufgetreten, die zwei Tage nach der Impfung um linksthorakale Beschwerden und Atemnot gesteigert worden seien. Auch hier stelle sich die Frage, auf welcher objektiven Datengrundlage Dr. St. diese Befunde gesichert habe. Den Antrag nach § 109 SGG hat das SG als sog. wiederholenden Antrag abgelehnt, da besondere Umstände, die eine wiederholte Anhörung desselben Gutachters rechtfertigen würden, nicht gegeben seien. Das Gutachten von Dr. J. mache schon deshalb eine weitere Stellungnahme von Prof. Dr. L. entbehrlich, weil Dr. J. nicht in den Diagnosestreit zwischen Prof. Dr. P. einerseits und Prof. Dr. L. andererseits eingetreten sei.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14.12.2010 zugestellte Urteil am 12.01.2011 Berufung eingelegt und nach Hinweis des Gerichts den Klageantrag auf die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Impfschaden beschränkt. Im Übrigen hat sie an ihrer Auffassung festgehalten, dass das eingeholte Gutachten des Dr. J. fehlerhaft sei und die gezogenen Schlussfolgerungen falsch seien. Außerdem sei Dr. J. wegen Befangenheit abzulehnen, da er selbst in der Entwicklung von Impfstoffen tätig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Gesundheitsstörungen rheumatoide Reaktionen, beginnender systemischer Lupus erythematodes, rezidivierende Pleuroperikarditis, Arthralgien und Sonnenempfindlichkeit Impfschäden aufgrund der Tetanusimpfung vom 28. Juli 2005 darstellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Bescheid vom 06.03.2009 hat das LRA den Antrag auf Erhöhung des GdB abgelehnt, zugleich aber festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" erfüllt sind.
Die B. Beamtenversicherung hat den Antrag der Klägerin auf Leistungsgewährung aus der privaten Unfallversicherung abgelehnt (vgl. Aktenvermerk des Berichterstatters vom 03.01.2012).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtskate des SG, die Senatsakte, die vorgelegte Verwaltungsakte sowie die beigezogene Akte des LRA im Schwerbehindertenverfahren verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist mit gerichtlicher Verfügung vom 04.04.2011 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG gegeben worden. Zugleich ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. Bundessozialgericht [BSG], SozR 3-1500 § 153 Nr. 9).
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26.06.2007 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der genannten Gesundheitsstörungen als Impfschaden.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG:
Danach erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde oder die auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde oder die gesetzlich vorgeschrieben war oder die auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, im Falle der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
Nach § 2 Nr. 11 Halbsatz 1 IfSG ist im Sinne dieses Gesetzes Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.
Unter weiterer Berücksichtigung der im sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die von der Klägerin begehrten Feststellung somit der folgenden Voraussetzungen:
Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem BSeuchG, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59).
Die Schutzimpfung muss nach der im sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden:
"Die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Standard der Wissenschaft dar. Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 Infektionsschutzgesetz und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kannversorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 f Infektionsschutzgesetz durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte."
Die seit dem 01.01.2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 07.04.2011, a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Maßstäbe liegen die vorgenannten Voraussetzungen im Falle der Klägerin nicht vor.
Die Klägerin wurde am 28.07.2005 mit Td-RIX und Tetagam N geimpft (s. Impfkalender Bl. 12 ff d. V-Akte). Td-RIX ist eine Kombinationsimpfung gegen die Erkrankungen Wundstarrkrampf (Tetanus) und Diphterie. Die Td-Impfung hat gegenüber dem Diphterie-Tetanus-Impfstoff (DT-Impfstoff) einen verringerten Diphtherietoxid-Gehalt (STIKO, Epidemiologisches Bulletin 30/2005, Tabelle 4, S. 271). Hierbei handelte es sich um eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung i. S. der §§ 20 Abs. 3, 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG. Nach Ziff. 1 der Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg über öffentlich empfohlene Schutzimpfungen vom 30.04.2007 – Az.: 52-5423-1.1 – (GABl. Nr. 5 vom 30.05.2007 S. 233f.) werden in Baden-Württemberg die von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen für die dort genannten Personenkreise und Indikationen öffentlich empfohlen, soweit nicht Sonderregelungen für Baden-Württemberg (beziehen sich nur auf FSME, Hepatitis B und Influenza) getroffen werden. Die öffentliche Empfehlung für das Land Baden-Württemberg wird jeweils mit der Veröffentlichung der Impfempfehlung der STIKO im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts wirksam. Für Verletzungsfälle bei unbekannter Vorgeschichte der Tetanus-Immunisierung hat die STIKO im Juli 2005 für Personen im Alter von sechs Jahren und älter die schon zuvor ausgesprochene Empfehlung einer Td-Kombinationsimpfung unverändert übernommen (STIKO, Epidemiologischen Bulletin 30/2004, Tabelle 4, S. 249, 30/2005, Tabelle 4, S. 271). Vorliegend enthält der aktenkundige Impfkalender der Klägerin keine weiteren Eintragungen außer der am 28.07.2005 erfolgten Impfung. Ob und wenn ja wann und in welchem Umfang bei der Klägerin vor dem 28.07.2005 eine Tetanus-Grund- oder Auffrischungsimmunisierung vorgenommen worden war, ist daher nicht bekannt. Soweit bei der Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall zwischen sauberen, geringfügigen Wunden und allen anderen Wunden unterschieden und von Seiten der STIKO eine Simultanimmunisierung mit TIG (Tetanus-Immunglobulin) bei sauberen, geringfügigen Wunden nicht empfohlen wird (Epidemiologisches Bulletin 30/2004, Tabelle 4, S. 249, 30/2005, Tabelle 4, S. 271), steht dies einer Simultanimmunisierung vorliegend nicht entgegen. Die Klägerin hatte sich beim Aufrichten im Treppenhaus in die Kopfhaut den Teil eines rostigen Nagels gestoßen, der operativ entfernt werden musste (vgl. Röntgenbild im Gutachten Dr. Sch. vom 29.03.2007). Eine saubere Wunde im Sinne der Impfempfehlung der STIKO lag daher nicht vor, sodass die Simultanimmunisierung mit Tetagam N (Wirkstoff Tetanus-Immunglobulin) somit der Empfehlung der obersten Landesgesundheitsbehörde (§ 20 Abs. 3 IfSG) entsprach. Hiervon geht auch der Beklagte aus (vgl. Bl. 28 d. V-Akte).
Zur Überzeugung des Senats leidet die Klägerin zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht an Gesundheitsstörungen, die als dauerhafte Gesundheitsstörung auf die Impfung vom 28.07.2005 zurückgeführt werden können. Dies entnimmt der Senat den Feststellungen des Sachverständigen Dr. J. zum Gesundheitszustand der Klägerin im Zeitpunkt seiner Untersuchung.
Anders als die Klägerin hält der Senat die Argumentation des Sachverständigen Dr. J. für überzeugend und widerspruchsfrei, die dagegen von Dr. St. erhobenen Einwendungen hingegen ebenso wie das SG für nicht nachvollziehbar bzw. nicht entscheidungserheblich. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Soweit die Klägerin Dr. J. erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 28.11.2011 für befangen erklärt hat, versteht der Senat dies nicht als förmliches Ablehnungsgesuch, das vor Erlass des angefochtenen Urteils in erster Instanz zu stellen gewesen wäre (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 9. Auflage 2008, § 60 Rdnr. 11), sondern als inhaltliche Einwendung gegen das Gutachten. Auch diesem Einwand vermag sich der Senat indes nicht anzuschließen. Die bloße Behauptung, Dr. J. sei schon zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens mit der Entwicklung von Impfstoffen befasst gewesen, wird durch keinerlei Nachweise belegt und wäre auch im Falle der Bewahrheitung allein kein Umstand, an der Neutralität des Gutachters zu zweifeln. Vielmehr würde hierdurch die besondere Qualifizierung des Sachverständigen im Bereich des Impfschadensrechts unterstrichen, wohingegen eine Parteinahme aus diesem Umstand allein in keiner Weise abgeleitet werden kann. Den Gedanken der Klägerin aufgenommen müsste jeder Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, da er mit juristischen Fragestellungen befasst ist.
Dr. J. hat aufgrund der vorgelegten und von ihm erhobenen Befunde keine rheumatisch/autoimmune Erkrankung bzw. SLE diagnostizieren können. Zum Untersuchungszeitpunkt am 20.05.2010 war ein Exanthem, insbesondere das für den SLE typische Schmetterlingsexanthem, nicht zu erkennen. Es bestanden zervikal, nuchal, axillär oder inguinal keine Lymphknotenschwellungen. Die Lunge war seitengleich belüftet, der Klopfschall sonor, die Lungengrenzen bds. verschieblich. Die Herztöne waren rein, rhythmisch und ohne pathologische Geräusche. Die Leber war nicht vergrößert, die Milz tastbar, das Nierenlager und die Wirbelsäule nicht klopfschmerzhaft. Die Gelenke waren frei beweglich, ohne arthritische Anzeichen, es bestand keine Rötung, Schwellung oder Funktionseinschränkung. Da die Klägerin zum Vorstellungszeitpunkt auch nicht über Beschwerden geklagt hat, hält der Senat die Feststellung des Sachverständigen Dr. J., dass eine anhaltende Folgeschädigung, ausgelöst durch die Impfung, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vorliegt, für überzeugend. Seither sind keine neuen medizinischen Befunde bekannt geworden, die eine Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin belegten. Insbesondere finden sich in der Stellungnahme des Dr. St. vom 08.10.2010 zum Gutachten des Dr. J. keine dementsprechenden Anhaltspunkte.
Zur Überzeugung des Senats hat die Klägerin aber auch im Zeitraum ab der Impfung bis zur gutachterlichen Untersuchung durch Dr. J. keine über eine übliche Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung (Impfkompliktion) erlitten, die mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen ist.
Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d. h. am 28. oder 29.07.2005, ist es auch nach Angaben der Klägerin nicht zu irgendwelchen körperlichen Auffälligkeiten gekommen. Bei ihrer gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Sch. hat sie am 27.01.2007 angegeben, es sei im Bereich der Injektionen ca. nach 1 Woche am linken Arm zu einer wahnsinnigen Schwellung gekommen. Im weiteren Verlauf habe sie Schmerzen unter dem linken Rippenbogen entwickelt. Bei Prof. Dr. L. hat die Klägerin am 12.10.2007 berichtet, es sei schon wenige Tage nach der Injektion zu starken, schmerzhaften Schwellungen im Injektionsbereich beider Oberarme gekommen, links deutlich stärker als rechts sowie zu einer deutlichen Schwellung der Lymphknoten und der beiden Achseln und im Halsbereich. Obwohl die Beschwerden für etwa 1 ½ Wochen angehalten haben sollen, findet sich hierzu keinerlei Hinweis in den Krankenunterlagen des Kreiskrankenhauses L., wo die Klägerin am 11.08.2005 notfallmäßig wegen seit zwei bis drei Tagen bestehender atemabhängiger Schmerzen linksthorakal aufgenommen worden ist. Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin erst lange Zeit nach der Impfung von diesen Symptomen, teilweise widersprüchlich, berichtet hat und ärztliche Befunde insoweit nicht vorliegen, steht insoweit nicht zur Gewissheit des Senats fest, dass tatsächlich die Schwellungen in der geschilderten Weise vorgelegen haben. Unterstellt, es ist tatsächlich zu den Schwellungen des/der Oberarme/s und der Lymphknoten gekommen, was der Senat jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für erwiesen hält, handelt es sich hierbei nicht um eine Impfkomplikation im oben genannten Sinne. Zwar wird eine derartige Lokalreaktion im Zusammenhang mit der Tetanus-Simultan-Impfung beschrieben. Im Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2005 wurden dem Bundesamt für Sera und Impfstoffe, Paul-Ehrlich-Institut, als der für die Impfstoffsicherheit zuständigen Bundesbehörde, 65 Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen nach Tetanus-Simultan-Impfungen mit insgesamt 199 Impfreaktionen gemeldet. Hierzu zählen auch "Lokalreaktion mit Schwellung" (11), "Lokalreaktion mit Schmerzen" (9) und "Lymphknotenschwellung" (1) (Bl. 38, 39 d. V-Akte). Die genannten Fallzahlen belegen aber, dass nur in einer geringen Zahl an Fällen entsprechende Symptome aufgefallen und gemeldet worden sind. Zudem hat Dr. J.s in seinem gut nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Gutachten darauf hingewiesen, dass solche Reaktionen typischerweise unmittelbar, d. h. innerhalb von Stunden nach der Impfung auftreten. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit noch weiter, dass die nach Tagen bzw. einer Woche aufgetretenen Schwellungen auf der Impfung beruhen können. In jedem Fall aber steht zur Überzeugung des Senats fest, dass den von der Klägerin beschriebenen Reaktionen kein Krankheitswert zukommt. Eine Impfkomplikation ist jede nach einer Impfung aufgetretene Krankheitserscheinung, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgeht (§ 2 Nr. 11 IfSG, BSG, Urteil vom 07.04.2011, a. a. O.). Kurzzeitig vorübergehende Lokal- und Allgemeinreaktionen, die als Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff anzusehen sind, sind keine Impfkomplikationen (vgl. STIKO, Epidemiologisches Bulletin 25/2007, S. 209 ff.). Dass es sich bei den von der Klägerin geschilderten Beschwerden (Schwellungen) nicht um Krankheitserscheinungen handelte, hat der Sachverständige Dr. J. bestätigt und wird durch den Umstand verdeutlicht, dass die Klägerin wegen dieser Erscheinungen keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hat und nach eigener Einlassung der Klägerin bereits nach 1 ½ Wochen die Beschwerden wieder abgeklungen waren.
Auch im weiteren Verlauf ist es nicht zu einer Krankheitserscheinung gekommen, die auf die Impfung mit Wahrscheinlichkeit zurückgeführt werden kann.
Dies gilt zum einen für den SLE, einer Kollagenose, die den Autoimmunkrankheiten zugeordnet wird. Dass die Klägerin hieran zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. J. und auch in der Folgezeit nicht gelitten hat, wurde oben bereits dargestellt. Auch für den Zeitraum davor ist eine solche Erkrankung der Klägerin nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich zum einen zur Überzeugung des Senats aus den im Urkundenbeweis zu verwertenden Ausführungen des Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 26.11.2008. Dieser hat die Klägerin am 12.10. und 05.12.2007 untersucht und hierbei keine Hinweise für eine Kollagenose bzw. einen SLE gefunden. Die Laborwerte zeigten eine unauffällige Blutsenkung und ein unauffälliges für die chronische Erkrankung sensibles CRP. Die für den SLE typischen Antikörper (Doppelstrang-DNA, Antikörper gegen SM-Antigen, gegen Ro/SS-Antigen, gegen LA-SS-B-Antigen) ergaben sämtlich negative Ergebnisse. Insbesondere der Faktor C3d des Kompliment-Systems, der im Falle eines SLE deutlich erhöht sein müsste, war unauffällig. Aber auch für die Zeit vor der Begutachtung durch Prof. Dr. L. steht zur Überzeugung des Senats nicht fest, dass die Klägerin an einem SLE erkrankt war. Das American College of Rheumatology (ACR) hat einen Kriterienkatalog aufgestellt, der bei der Diagnose von Lupus erythematodes helfen soll. Dieser umfasst elf Kriterien, nämlich sowohl typische Lupus-Symptome und Beschwerden wie Hautveränderungen und Gelenkschmerzen als auch Laborbefunde wie Blutveränderungen (verringerte Zahl der roten oder weißen Blutkörperchen oder der Blutplättchen), bestimmte Autoantikörper im Blut (gegen DNA, Ribonukleoproteine, Phospholipide) und in der Mikroskopie (antinukleäre Antikörper = ANA). Zwar fällt bei fast allen SLE-Erkrankten der Test auf ANA positiv aus. Ein positiver ANA-Test lässt jedoch nicht zwangsläufig auf einen SLE schließen. Bei rund drei Viertel aller SLE-Patienten ist der Nachweis von Antikörpern gegen doppelsträngige DNA positiv (http://www.curado.de/Lupus-erythematodes-Symptome-9380). Sind vier der elf Kriterien vorhanden, gilt die Diagnose eines SLE als wahrscheinlich mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad von 80–90 vom Hundert (Gutachten Dr. J. vom 07.07.2010). Zwar hat Prof. Dr. P. die Diagnose SLE bei gegebenen drei von zu fordernden elf ACR-Kriterien für sehr wahrscheinlich gehalten (Arztbrief vom 17.02.2006). Und auch die Versorgungsärztin Dr. P. ist nach Hinzutreten des weiteren ACR-Kriteriums "Sonnenempfindlichkeit" retrospektiv davon ausgegangen, dass die Krankheitserscheinungen Pleuroperikarditis, Arthralgien, Sonnenempfindlichkeit, entzündliche Blutbildveränderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Krankheitsbild SLE zuzuordnen sind (Stellungnahme vom 30.01.2007). Gegen die Annahme eines SLE spricht indes, dass die Klägerin bei ihrer Untersuchung am 31.01.2006 durch Prof. Dr. P. auf gezieltes Befragen Arthralgien, Hautausschläge, Sonnenempfindlichkeit, aphtöse Schleimhautveränderungen und Augenentzündungen verneint hat, der ANA zwar mit 1:800 deutlich erhöht war, eine Feinspezifität des ANA aber nicht bestimmt worden und der Phospholipid-Antikörper-Test negativ gewesen ist. Außerdem zeigten sich bei der Kontrolluntersuchung am 09.03.2006 keine Symptome für eine "Reaktivierung" des SLE (Prof. Dr. P. vom 13.04.2006). Trotz der am 24.07.2006 festgestellten feinfleckigen, nicht juckenden Exantheme an Armen, Beinen, Stamm und Gesicht und der angegebenen Morgensteifigkeit von 60 - 120 Minuten sowie den Knie- und Fingergelenksschwellungen hat Prof. Dr. P. lediglich den Verdacht auf einen beginnenden SLE diagnostiziert (Arztbrief vom 24.07.2006). Im Impfschadensrecht muss jedoch der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also die Impfkomplikation, im Vollbeweis, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Mit diesem Grad der Wahrscheinlichkeit lag zur Überzeugung des Senats zu keinem Zeitpunkt ein SLE bei der Klägerin vor. Insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Prof. Dr. L., wonach die spezifischen immunologischen Parameter für einen SLE auch im Stadium nach der Impfung zu keinem Zeitpunkt vollständig nachgewiesen werden konnten (Gutachten vom 26.11.2008). Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist damit nicht gegeben.
Doch selbst wenn davon ausgegangen werden könnte, dass die Klägerin nach der Impfung an einem SLE erkrankt war, könnte diese Erkrankung nicht als Impfkomplikation festgestellt werden. Denn der SLE wäre nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung vom 28.07.2005 zurückzuführen. Hierbei stützt sich der Senat auf die Erkenntnisse der Sachverständigen Dr. Sch., Prof. Dr. L. und Dr. J., die übereinstimmend einen solchen Zusammenhang ausschließen, da kein einziger Fall der Induktion eines SLE durch eine Impfreaktion in der medizinischen Wissenschaft bekannt geworden ist. Dementsprechend enthält auch die Liste der Impfreaktionen des Paul-Ehrlich-Instituts für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2005 keine Meldung einer Autoimmunerkrankung. Ebenso wenig werden in Nr. 57 der AHP 2005 solche Impfschäden bei Diphterie- oder Tetanusschutzimpfungen erwähnt (Impfschaden bei Diphterie-Schutzimpfung: Sehr selten akut entzündliche Erkrankungen des ZNS sowie Neuritis, vor allem der Hirnnerven, Thrombose, Nephritis; Impfschaden bei Tetanus-Schutzimpfung: Sehr selten Neuritis, Guillain-Barré-Syndrom). Auch die seit Ende 2006 zu berücksichtigenden Veröffentlichungen der STIKO (vgl. Nr. 57 AHP 2008) geben keinen Anlass, an den Einschätzungen der genannten Sachverständigen Dr. Sch., Prof. Dr. L. und Dr. J. zu zweifeln. Denn auch dort finden sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer Tetanus-Diphterie-Kombinationsimpfung und einem SLE. Die STIKO hat erstmals im Jahr 2004 Hinweise zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen von Schutzimpfungen erarbeitet und diese fortgeschrieben (vgl. zuletzt Hinweise für Ärzte zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen bei Schutzimpfungen/Stand: 2007, Epidemiologisches Bulletin 25/2007). Die Hinweise umfassen alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe und stellen die unterschiedlichen Kategorien (Lokal- und Allgemeinreaktion, Komplikation, Krankheiten/Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung, Hypothesen und unbewiesene Behauptungen) von unerwünschten Wirkungen für die jeweilige Impfung dar. Mit der im Jahr 2007 erfolgten Aktualisierung wurden die seit 2004 neu zugelassenen Impfstoffe sowie die seit 2004 gewonnenen neuen Erkenntnisse berücksichtigt. In den Hinweisen wird die Impfung mit einem Td-Impfstoff, wie er vorliegend zum Einsatz gekommen ist wie folgt abgehandelt:
Lokal- und Allgemeinreaktionen Als Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff kann es häufig (bei bis zu 20 % der Impflinge) innerhalb von 1–3 Tagen, selten länger anhaltend, an der Impfstelle zu Rötung, Schmerzhaftigkeit und Schwellung kommen, gelegentlich auch verbunden mit Beteiligung der zugehörigen Lymphknoten. Sehr selten bildet sich ein kleines Knötchen an der Injektionsstelle, im Einzelfall mit Neigung zu steriler Abszedierung. Allgemeinsymptome wie leichte bis mäßige Temperaturerhöhung, grippe- ähnliche Symptomatik (Frösteln, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Kreislaufbeschwerden) oder Magen-Darm-Beschwerden (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) treten gelegentlich und häufiger bei hyperimmunisierten (häufig gegen Tetanus oder gegen Tetanus und Diphtherie geimpften) Personen auf. In der Regel sind diese genannten Lokal- und Allgemeinreaktionen vorübergehender Natur und klingen rasch und folgenlos wieder ab.
Komplikationen Allergische Reaktionen an der Haut oder an den Atemwegen treten selten auf. Einzelfälle allergischer Sofortreaktionen (anaphylaktischer Schock) wurden in der medizinischen Fachliteratur beschrieben. Erkrankungen des peripheren Nervensystems (Mono- und Polyneuritiden, Neuropathie, Guillain-Barré-Syndrom) wurden ebenfalls in Einzelfällen in der medizinischen Fachliteratur beschrieben.
Krankheiten/Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung
In Einzelfällen wurde in der medizinischen Fachliteratur über allergische Erkrankungen der Nieren und Thrombozytopenie (Verminderung der für die Gerinnungsfunktion des Blutes bedeutsamen Blutplättchenzahl) berichtet, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Diphtherie-Tetanus-Impfung auftraten. Es sind auch Einzelfälle zentralnervöser Störungen (Enzephalopathie) beschrieben worden. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung ist bei diesen Beobachtungen fraglich. Es könnte sich in der Mehrzahl dieser Einzelfallberichte um das zufällige zeitliche Zusammentreffen von miteinander nicht ursächlich verbundenen selbstständigen Ereignissen handeln.
Keinerlei gesonderte Erwähnung findet in den Hinweisen der STIKO der Einsatz des Simultanimmunisierungspräparats Tetanus-Immunglobulin (hier Tetagam N), sodass davon auszugehen ist, dass insoweit keine Gesundheitsrisiken bekannt geworden sind.
Mithin fehlt es an einer Wahrscheinlichkeit, dass der SLE - sollte er bei der Klägerin vorgelegen haben - auf die Impfung zurückzuführen ist.
Dies gilt in gleicher Weise für die weiteren Erkrankungen der Klägerin, soweit diese überhaupt als gesichert anzuerkennen sind.
Die von der Klägerin beklagten Gelenkschmerzen können lediglich in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung auf diese ursächlich gestützt werden und sind dann als Lokal- und Allgemeinreaktion und nicht als Impfkomplikation einzuordnen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und arthritischen Erscheinungen (Arthralgien), wie sie von Prof. Dr. P. ab Januar 2006 trotz der insoweit negierenden Angaben der Klägerin anamnestisch festgestellt worden sind, kann nach den Hinweisen der STIKO nicht angenommen werden. Zwar wird in der aktenkundigen Liste des Paul-Ehrlich-Instituts auch Arthralgie/Athralgie als gemeldete Impfreaktion genannt. Hierbei handelt es sich aber lediglich um Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen. Der Umstand, dass die STIKO diese Reaktionen nicht in ihre Hinweise 2007 aufgenommen hat, belegt, dass aus ihrer Sicht kein ursächlicher Zusammenhang als gesichert oder überwiegend wahrscheinlich anzusehen ist. Vorliegend spricht außer dem zeitlichen Abstand zwischen der Impfung und den erstmals im Arztbrief von Prof. Dr. P. vom 17.02.2006 erwähnten, allenfalls lediglich flüchtigen Arthralgien (vgl. Gutachten Prof. Dr. L. vom 26.11.2008), die die Klägerin zudem auf gezielte Nachfrage verneint hat, gegen einen wahrscheinlichen Zusammenhang, dass - sollte die Klägerin an einem SLE erkrankt sein - sowohl die Arthralgien als auch die weiteren Erkrankungen (Pleuroperikarditis, Exantheme aufgrund von Sonnenempfindlichkeit) eher dieser Autoimmunerkrankung zuzuordnen wären als der Schutzimpfung.
Soweit Prof. Dr. P. zunächst den Verdacht auf eine rheumatoide Reaktion (Arztbrief vom 17.02.2006) und sodann einen Zustand nach rheumatoider Reaktion (Arztbrief vom 13.04.2006) diagnostiziert hat, fehlen Angaben zur Dauerhaftigkeit, Ausprägung und Verlaufsform dieser Diagnose. Ein Diagnoseschlüssel nach ICD-10 wird ebenfalls nicht vergeben. Der Senat ist unter Berücksichtigung der auch im Übrigen nur wenig zuverlässigen Angaben in den genannten Arztbriefen des Prof. Dr. P. nicht hinreichend überzeugt, dass es sich insoweit um eine isolierte Erscheinung mit Krankheitswert gehandelt hat. Diese Auffassung stützt der Senat auch auf das Ergebnis der ambulanten Untersuchung der Klägerin durch Prof. Dr. L. am 12.10. und 05.12.2007, wo sich bei passiver und aktiver Bewegung sämtliche große und kleine Gelenke innerhalb der physiologischen Grenzen frei beweglich gezeigt hatten. Hinweise für entzündliche oder degenerative Veränderungen hatten sich nicht ergeben. Insgesamt hatte die klinische Untersuchung körperlich keinen pathologischen Befund ergeben. Auch die am 12.10.2007 erhobenen Laborbefunde hatten keinen Hinweis für eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis ergeben.
Eine rezidivierende Herzmuskel- oder Perikardentzündung hat die Kardiologin Dr. W. bei Normalbefund im Übrigen zwar im Jahr 2006 mehrfach diagnostiziert (Befundberichte vom 22.05., 29.05., 12.07.2006), spätestens seit November 2007 lag diese indes nicht mehr vor (Befundberichte vom 02.11.2007, 11.01.2008, 22.02.2008). Dr. W. hat die kardialen Befunde sowohl mit einer rheumatoiden als auch einer viralen Genese für vereinbar gehalten. Einen Kausalzusammenhang mit der Schutzimpfung vom 28.07.2005 hat sie nicht festgestellt. Auch insoweit geben weder die AHP 2005 noch die Hinweise der STIKO irgendwelche Anhaltspunkte, dass nach Tetanus-Diphterie-Impfungen eine Pleuroperikardentzündung wahrscheinlich wäre. Auch hier spricht gegen einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang im Übrigen der zwischen der Impfung und der ersten gesicherten Diagnose liegende lange Zeitraum. Erstmals hat Dr. St. im Dezember 2005 die Diagnose eines Perikardergusses gestellt. Hierbei handelte es sich allerdings um eine Fehldiagnose, da sich nicht Flüssigkeit, sondern Fett im subperikardialen Raum angesammelt hatte, was auch zu einer Zurücknahme der im Robert-Bosch-Krankenhaus zunächst erfolgten Diagnose eines Perikardergusses geführt hat (Prof. Dr. Sechtem vom 24.01.2006). Soweit im Arztbrief des Prof. Dr. P. vom 17.02.2006 auf die Diagnose einer "rezidivierenden Pleuroperikarditis" des Robert-Bosch-Krankenhauses verwiesen wird, hat die revidierte Einschätzung vom 24.01.2006 nicht Beachtung gefunden. Bedenklich ist daher auch die Äußerung im Arztbrief des Prof. Dr. P. vom 13.04.2006, wegen des in der Echokardiographie festgestellten kleinen organisierten Perikardergusses zeige die Klägerin eine "Neigung zu rezidivierenden Perikardergüssen". Denn gesichert wurde ein solcher erstmals bei dieser Untersuchung, wenngleich auch nur in kleinem Ausmaß. Auch der von Dr. W. im weiteren Verlauf am 22.05.2006 festgestellte Perikarderguß war nur geringfügig (3 mm - 6 mm, Normalmaß 1 mm).
Soweit Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 26.11.2008 die Auffassung vertreten hat, das bei der Klägerin aufgetretene, dem klinischen Bild nach einem SLE-Schub entsprechende Krankheitsbild könne auf einer durch den Impfvorgang ausgelösten Überreaktion beruhen, die zwar selten, bei Patienten mit anamnestisch vorgegebenen Überreaktionen aber möglich seien, kann die Klägerin sich hierauf schon deshalb nicht stützen, weil die Möglichkeit einer Verursachung nicht ausreichend ist. Wenn Prof. Dr. L. ohne weitere Erklärung und Begründung unmittelbar im Anschluss in seinem Gutachten einen Zusammenhang zwischen der erfolgten Impfung und den nachfolgenden schwerwiegenden Krankheitssymptomen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für gesichert hält, vermag dem der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil es an einer Differenzierung zwischen möglicher und wahrscheinlicher Verursachung fehlt. Aus medizinischer Sicht hat der sachverständige Gutachter Dr. J. überzeugend erklärt, dass die von Prof. Dr. L. vertretene Theorie einer Reaktivierung oder Chronifizierung einer Virusinfektion durch die Impfung als Ursache der Erkrankung weder theoretisch noch im Hinblick auf klinische Erfahrung oder wissenschaftliche Studien nachzuvollziehen ist. Zu Recht hat der Versorgungsarzt Dr. Götz darauf hingewiesen, dass eine klinisch relevante Immunsuppression durch die Impfung, die eine Aktivierung/Reaktivierung latenter Virusinfektionen hätte begünstigen können, nach Aktenlage nicht belegt ist (Stellungnahme vom 19.06.2009). Viel eher wahrscheinlich sei, dass die immunsuppressive medikamentöse Behandlung eine Virusinfektion, sollte eine solche vorgelegen haben, begünstigt hat. Dass die von der Klägerin geschilderten Beschwerden letztlich auf den frühen Beginn mit hochdosierter Immunsuppression noch vor adäquater Diagnosestellung zurückzuführen sind, lässt sich auch aus Sicht des Sachverständigen Dr. J. im Hinblick darauf diskutieren, dass sich die Beschwerden der Klägerin im Laufe der Zeit kontinuierlich rückläufig nach Absetzen jeglicher Therapie gezeigt haben.
Insgesamt hat daher zu keinem Zeitpunkt eine auf die Impfung mit Wahrscheinlichkeit zurückzuführende Impfkomplikation bestanden. Somit kann auch eine auf der Impfkomplikation mit Wahrscheinlichkeit beruhende dauerhafte Gesundheitsstörung nicht festgestellt werden.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Streitig ist, ob die Klägerin an einem entschädigungspflichtigen Impfschaden nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten (IfSG) leidet.
Nachdem sich die 1952 geborene Klägerin im eigenen Haushalt eine Weichteilverletzung am Kopf mit einem rostigen Nagel zugefügt hatte, wurde eine Woche später am 28.07.2005 im Klinikum Pf. der noch in der Haut verbliebene metallene Fremdkörper entfernt und zugleich eine Tetanus-Diphterie-Schutzimpfung vorgenommen. Verabreicht wurden im Wege der Simultanimmunisierung Td-RIX und 1 ml Tetagam N (Gutachten Dr. Sch. vom 29.03.2007, Bl. 54/55 d. SG-Akte sowie Impfkalender Bl. 13/14 d. V-Akte). Am 11.08.2005 stellte sich die Klägerin notfallmäßig mit linksthorakalen Schmerzen im Kreiskrankenhaus L. vor, wo kein internistischer pathologischer Befund festgestellt werden konnte (Bl. 21 ff. d. V-Akte). Die weitere Behandlung erfolgte zunächst durch den internistischen Hausarzt Dr. St., der retrospektiv den Verdacht auf eine durchgemachte Pleuritis äußerte sowie einen Perikarderguss diagnostizierte und eine Steroidtherapie durchführte. Im Dezember 2005 und Januar 2006 stellte sich die Klägerin mehrfach wegen anhaltender Beschwerden zur kardiologischen Diagnostik im Robert-Bosch-Krankenhaus St. vor. Die hier durchgeführten Untersuchungen (EKG, Belastungs-EKG, zweimalige Echokardiographie, kardiale MRT) ergaben keine eindeutige Diagnose. Festgestellt wurde allerdings, dass das im subperikardialen Raum befindliche Fett irrtümlich als Perikarderguss gedeutet worden sei, die Notwendigkeit für eine medikamentöse Therapie bestehe daher nicht. Am ehesten könnte die Klägerin bei retrospektiver Zusammenschau der Befunde, insbesondere der EKG-Veränderungen vom 01.07.2005, eine Myokarditis gehabt haben, die nun am Abklingen sei (Bl. 17/18 d. V-Akte).
Anlässlich der am 31.01.2006 in der Universitätsklinik F. wegen diagnostischer Abklärung von Gelenkbeschwerden durchgeführten ambulanten Behandlung gab die Klägerin an, es seien bereits eine Woche nach der Impfung symmetrische Gelenkbeschwerden aufgetreten. Auf gezieltes Nachfragen verneinte die Klägerin Arthralgien, Hautausschläge, Sonnenempfindlichkeit, aphtöse Schleimhautveränderungen und Augenentzündungen. Der Thorax-Röntgenbefund zeigte ein linksventrikulär betont, normal großes Herz ohne Zeichen der kardialen Insuffizienz, keinen Hinweis auf einen Perikarderguss, keine pneumonischen Infiltrate, keinen nachweisbaren Pleuraerguss und postspezifische Pleurakuppenschwiele links. Ein beginnender systemischer Lupus erythematodes ([SLE] Autoimmunerkrankung aus der Gruppe der Bindegewebserkrankungen) wurde für sehr wahrscheinlich gehalten, wenngleich noch nicht definitiv erkannt, da nur drei (anamnestisch Arthralgien, aktuell ANA 1:800, PleuroPerikarditis) der zu fordernden elf ACR-Kriterien erfüllt gewesen seien. Außerdem wurde der Verdacht auf eine rheumatoide Reaktion nach Tetanol/Tetagam-Impfung geäußert (Arztbrief Prof. Dr. P. vom 17.02.2006). Bei der erneuten Untersuchung in der Universitätsklinik F. am 09.03.2006 berichtete die Klägerin über eine Besserung der Beschwerden, jedoch über Wiederauftreten der thorakalen Schmerzen nach Reduktion des von Prof. Dr. P. verordneten Cortisons sowie Druckgefühl, Atemnot und Schwäche. Symptome für eine Reaktivierung des SLE fand Prof. Dr. P. nicht. Die durchgeführte Echokardiographie zeigte eine geringe Mitralinsuffizienz und einen kleinen organisierten Perikarderguss hinter dem linken Ventrikel. Prof. Dr. P. hielt deshalb die Neigung der Klägerin zu rezidivierenden Perikardergüssen für deutlich ausgeprägt. Bei zu schneller Cortison-Reduktion träten thorakale Schmerzen und ein damit verbundener CRP-Anstieg auf (Bl. 3/4 d. V-Akte).
Am 24.04.2006 beantragte die Klägerin beim Landratsamt Enzkreis (LRA) wegen rheumatoider Reaktion nach Tetanol/Tetagam-Impfung, beginnender SLE und rezidivierender Pleuroperikarditis die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden nach dem IfSG.
In der Folgezeit wurde sie mehrfach von der Kardiologin Dr. W. behandelt, die eine rezidivierende Perikarditis mit geringem Perikarderguss (Befundbericht vom 22.05.2006: Durchmesser zwischen 3 und 6 mm, Befundbericht vom 29.05.2006: kein Perikarderguss, Befundbericht vom 22.06.2006: Durchmesser 3 mm, Befundbericht vom 12.07.2006: Durchmesser 3 mm, SchwbG-Akte Bl. 19, 20, 34, 35) bei Normalbefund im Übrigen diagnostizierte. Prof. Dr. P. stellte bei einer Kontrolluntersuchung am 14.06.2006 Exantheme an Armen, Beinen, Stamm und Gesicht, feinfleckig, nicht juckend und Knie- sowie Fingergelenksschwellungen mit Arthralgien fest und hielt mit dem jetzt aufgetretenen Sonnenexanthem vier ACR-Kriterien für die Diagnose eines SLE für gegeben (Befundbericht vom 24.07.2006, SchwbG-Akte Bl. 40, 41)
Das LRA zog beim Robert-Bosch-Krankenhaus St. sowie beim Kreiskrankenhaus L. die Untersuchungsunterlagen bei und ließ diese gemeinsam mit den von der Klägerin vorgelegten Arztbriefen von Prof. Dr. P. versorgungsärztlich auswerten. Die Versorgungsärztin Dr. P. holte beim Paul-Ehrlich-Institut die Zusammenstellung der dort gemeldeten Impfreaktionen nach Tetanus-Simultan-Impfungen im Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2005 ein und kam in ihrer Stellungnahme vom 24.10.2006 zu dem Ergebnis, dass die 14 Tage nach der Impfung aufgetretene links-thorakale Symptomatik, die im weiteren Verlauf zur Diagnose einer Pleuroperikarditis geführt habe, nach der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts zu den selteneren Impfreaktionen gehöre, wenn man sie den Thoraxschmerzen (1 Reaktion) und Herz-Kreislauf-Beschwerden (1 Reaktion) zuordnen würde. Gegen einen Impfschaden spreche, dass die Pleuroperikarditis wahrscheinlich eines von drei Kriterien eines noch nicht ausdiagnostizierten SLE sei. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und der beginnenden SLE sei wissenschaftlich nicht bekannt. Die zeitliche Zuordnung der Arthralgien sei wenig glaubhaft, nachdem sie erst fünf Monate nach der Impfung anamnestisch und retrospektiv erwähnt worden seien. Bei den jeweiligen Krankenhausbehandlungen vom Juli 2005 bis März 2006 hätten bei den klinischen Aufnahmeuntersuchungen und auch nach ausdrücklicher Befragung keine Gelenkbeschwerden bestanden.
Mit Bescheid vom 12.09.2006 stellte das LRA den Grad der Behinderung (GdB) mit 50 seit 28.07.2006 fest und berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigungen eine Kollagenose, SLE (Bl. 45, 46 d. SchwbG-Akte).
In ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 30.01.2007 führte Dr. P. aus, der in der SchwbG-Akte dokumentierte Krankheitsverlauf zeige weitere Symptome, die zu einer zunehmenden Manifestation des SLE führten. Die eingangs nicht eindeutig vorhandenen Arthralgien seien jetzt als Kniegelenksschwellungen und Fingerschwellungen deutlich sichtbar. Ein weiteres Symptom, das Sonnenexanthem, spreche weiter für das Vorliegen eines SLE. Diese Krankheitserscheinungen seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Krankheitsbild SLE und nicht der damals stattgefundenen Impfung zuzuordnen. Dass die Symptome des SLE in kurzem Zeitabstand nach der Tetanusimpfung aufgetreten seien, sei rein zufällig. Die Arthralgien gehörten zum Krankheitsbild des SLE und könnten nicht isoliert für sich gesehen der Tetanusimpfung zugeordnet werden.
Mit Bescheid vom 26.06.2007 lehnte das LRA den Antrag der Klägerin vom 24.04.2006 ab und nahm zur Begründung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme Bezug. Den hiergegen eingelegten, aber nicht begründeten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 22.11.2007 zurück.
Am 17.12.2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Das SG hat die Internisten Prof. Dr. L. und Dr. St. als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen.
Prof. Dr. L. hat unter dem 09.05.2008 ausgeführt, die Klägerin am 13.09.2007 erstmals und am 19.02.2008 ein weiteres Mal behandelt zu haben. Nach den medizinischen Unterlagen habe sich bei der Klägerin im Anschluss an eine Tetanus-Impfung ein schwerwiegendes Krankheitsbild mit starker Lymphknotenschwellung, Schmerzhaftigkeit in großen und kleinen Gelenken sowie Schmerzen in der linken unteren Thoraxregion entwickelt. Der Diagnose eines SLE von Prof. Dr. P. könne er sich keineswegs anschließen. Die erhobenen laborchemischen Untersuchungen hätten keine Auffälligkeiten im Bereich der konventionellen serologischen Parameter ergeben, die für den SLE spezifischen Antikörper seien wiederum nicht nachweisbar gewesen. Dafür hätten sich bei der spezielleren Untersuchung hochtitrige Antikörper gegen Viruserkrankungen (Eppstein-Barr-Virus und Varizella Zoster-Virus) ergeben, die beide in gleicher Weise das rheumatologisch-immunologische Krankheitsbild erklären können. Die von der Klägerin durchgemachte "rheumatologisch-immunologische" Erkrankung sei zumindest in der Zeit zwischen Juli 2005 und Sommer 2007 als sehr schwer einzuordnen. Das "rheumatologisch-immunologische" Krankheitsbild habe einen ursächlichen Zusammenhang mit der Tetanus-Impfung im Juli 2005.
Dr. St. hat unter dem 19.05.2008 vorgetragen, die Klägerin seit 13.12.2000 hausärztlich-internistisch und ab 12.08.2005 aufgrund von Brustbeschwerden und Stenokardien zu behandeln. Im weiteren Verlauf seien eine Pleuritis mit Pleuraerguss sowie eine Perikarditis und eine Myokarditis diagnostiziert worden. Aufgrund von zusätzlich bestehenden Arthralgien und Sonnenempfindlichkeit bestünden bei nachgewiesenen antinuklären Antikörpern vier der sog. ACR-Kriterien für einen SLE. Die hochdosierte immunsupressive Therapie mit Prednisolon habe wegen Kortisonnebenwirkungen und rezidivierenden schweren Rückfällen der Erkrankung bei Kortisonreduktion durch eine immunsupressive Behandlung mit Enbrel ersetzt werden müssen, wodurch die Erkrankung im Verlauf der Jahre habe stabilisiert werden können. Die Enbrel-Behandlung habe abgesetzt werden können, die Steroidbehandlung sei weitgehend reduziert worden. Anamnestisch bestehe ein eindeutiger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Tetanusimpfung und der Erkrankung der Klägerin. Da die Ursache des SLE medizinisch noch nicht eindeutig geklärt sei, komme eine Auslösung durch eine Infektion oder eine immunologische Stimulation im Rahmen einer Impfung in Frage.
Im beigefügten Arztbrief des Prof. Dr. P. vom 04.04.2007 wird angegeben, der Klägerin gehe es unter Enbrel deutlich besser, sie habe im Dezember 2006 und Januar 2007 noch zwei Schübe mit Herzbeklemmung und Krankheitsgefühl gehabt. Sie habe daraufhin sofort die Decortin-Dosis erhöht und danach wieder rasche Besserung verspürt. Die Morgensteife (2 - 3 Stunden) und die Schwellung der Finger seien ebenso noch vorhanden wie eine schwelende Entzündungsreaktion. In den außerdem mit übersandten Befundberichten von Dr. W. vom 02.11.2007, 11.01.2008 und 22.02.2008 wurde ausgeführt, dass keine Perikardergüsse festgestellt worden seien und eine Herzmuskel- oder Perikardentzündung daher nicht vorliege. Bei Auswertung der Endstrecken des EKG gebe es eigentlich klinisch und vom Verlauf her keine Zweifel an einer stattgehabten Myokarditis, auch wenn im Kernspin damals keine Kontrastmittelanreicherung habe nachgewiesen werden können. Die kardialen Befunde seien sowohl mit einer rheumatischen als auch einer viralen Genese vereinbar.
Die Klägerin hat das von ihrer privaten Unfallversicherung (B. Beamtenversicherung) in Auftrag gegebene freie unfallchirurgische/orthopädische Gutachten des Dr. Sch. vom 29.03.2007 übersandt. Dieser ist nach Literatur- und Internetrecherchen zum Ergebnis gekommen, dass es keine gesicherten Erkenntnisse gebe, die einen Zusammenhang zwischen der durchgeführten Wundstarrkrampfimpfung und dem Krankheitsbild auf rheumatischem Fachgebiet belegten. Allerdings sei die Diagnose auf internistisch/rheumatologischem Fachgebiet nicht vollständig gesichert und die Klägerin, wohl auch bestärkt durch entsprechende Äußerungen der behandelnden Ärzte, überzeugt, dass ein solcher Zusammenhang ohne Zweifel bestünde. Es sei daher eine Zusatzbegutachtung durch Prof. Dr. L. zu veranlassen.
Mit Schreiben vom 04.02.2009 hat die Klägerin das ebenfalls an die B. Beamtenversicherung erstattete Gutachten des Prof. Dr. L. vom 26.11.2008 vorgelegt und um Einbeziehung in das laufende Verfahren nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebeten. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 12.10. und 05.12.2007 zum Gelenksystem ausgeführt, es hätten sich bei passiver und aktiver Bewegung sämtliche große und kleine Gelenke innerhalb der physiologischen Grenzen frei beweglich gezeigt. Hinweise für entzündliche oder degenerative Veränderungen hätten sich nicht ergeben. Insgesamt habe die klinische Untersuchung körperlich keinen pathologischen Befund ergeben, insbesondere hätten Hinweise für einen SLE (entzündliche Veränderungen, typische Hautveränderungen, Zeichen für Vasculitis, Lymphknotenschwellung) gefehlt. Auch die am 12.10.2007 erhobenen Laborbefunde hätten keinen Hinweis für eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis ergeben, insbesondere keinen Hinweis für das Vorliegen einer Kollagenose im engeren Sinne. Dagegen hätten sich positive Antikörper gegen Eppstein-Barr-Virus (Humanes-Herpes-Virus 4, Titer 1:320, Norm ( 10) und gegen Varicella Zoster-Virus (Humanes-Herpes-Virus 3, 1675 IU/ml, Norm ( 50) sowie grenzwertig gegen Coxsackie-Viren (34,00 U/ml, Norm ( 30) gefunden. Nach der Tetanus-Impfung habe sich bei der Klägerin ein sehr schweres Krankheitsbild ausgebildet, verbunden mit schwerem Krankheitsgefühl, Polyarthralgien, hochgradigen serologischen Entzündungszeichen, nach einzelnen Darstellungen vermehrten Lymphknoten-Schwellungen im achsillären und im Halsbereich, Ausbildung von Entzündung und Ergussbildung im Herzbeutel und im Bereich der Pleura verbunden mit einer Herzmuskelentzündung. Die Diagnose eines SLE könne er aus den aktenkundigen Untersuchungsbefunden nicht übernehmen und nachvollziehen. Zwar seien ein Teil der Krankheits-Kriterien erfüllt, ganz entscheidend fehlten jedoch die autoimmunologischen Blutbefunde, insbesondere die Auto-Antikörper gegenüber DNA sowie die Aktivierung des schädigungstüchtigen "Komplement-Systems". In keiner der vorgelegten Voruntersuchungen seien derartige schädigungstüchtige autoimmunologische Faktoren jemals definiert worden. Deshalb scheide die Diagnose eines SLE aus. Für das Krankheitsbild kämen unter anderem auch insbesondere Virusinfektionen in Frage. Aufgrund der weit oberhalb des Normwertes nachgewiesenen Antikörper halte er eine zusätzliche Infektionserkrankung für eine Ursache des gesamten Krankheitsbildes. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass die konventionelle Therapie gegenüber einem SLE (Methotrexat, Enbrel, Humira) keinerlei Einfluss auf das Krankheitsbild gehabt und nur die zusätzliche Gabe von Cortison jeweils eine symptomatische Besserung in Abhängigkeit von der gerade verabreichten Dosierung gebracht habe. Da ihm kein Fall der Induktion eines SLE durch eine Impfreaktion bekannt sei, sei es sehr viel verständlicher, dass latente Virusinfektionen durch die Aktivierung des Immunsystems in ihrer immunologischen Reaktivität vitalisiert worden sein könnten. Aufgrund der allgemeinen Aktivierung des Immunsystems könne es ggf. zu Überreaktionen kommen, die zwar durchaus selten, bei der Klägerin mit anamnestisch vorgegebenen Überreaktionen aber möglich seien. Er halte deshalb einen Zusammenhang zwischen der erfolgten Impfung und den Krankheitssymptomen für mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gesichert. Allerdings handele es sich nicht um die Induktion eines möglicherweise lebenslang bestehenden und lebensgefährlichen SLE, sondern um eine Aktivierung/Reaktivierung von viralen Prozessen.
Im außerdem vorgelegten Befundbericht des Dr. St. vom 11.05.2009 hat dieser bei recht guter Rückbildung der kardialen und pleuralen Beschwerden im Zeitraum ab Juni 2008 Gelenkschmerzen sowohl an multiplen Wirbelgelenken als auch an den Fingergelenken und Knie- und Hüftgelenken klinisch in den Vordergrund gestellt. Die Gelenke seien wechselnd stark geschwollen, überwärmt und insbesondere morgens versteift.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.06.2009 hat Dr. Götz darauf hingewiesen, dass die Einschätzung von Prof. Dr. L., wonach die Auslösung eines SLE durch die Tetanus-Impfung weitgehend ausgeschlossen werden könne, dem derzeitigen Kenntnisstand der ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) entspreche. Dass es sich bei dem Krankheitsbild um einen viralen Prozess handeln könne, sei letztlich nicht ganz auszuschließen, jedoch gegenüber der diagnostischen Einordnung in den rheumatologisch-immunologischen Formenkreis als weit weniger wahrscheinlich anzusehen. Aufgrund der vorliegenden vier ACR-Kriterien sei die diagnostische Einschätzung eines SLE von Prof. Dr. P. weitaus wahrscheinlicher. Dass die antirheumatische Therapie keinerlei Einfluss auf das Krankheitsbild gehabt habe, sei unzutreffend, da sowohl Prof. Dr. P. als auch der Hausarzt Dr. St. von einem guten Ansprechen auf Enbrel, einem Antirheumatikum, berichtet hätten. Bzgl. der Möglichkeit einer viralen Erkrankung sei darauf hinzuweisen, dass nach Aktenlage eine klinisch relevante Immunsuppression durch die Impfung, die eine Aktivierung/Reaktivierung latenter Virusinfektionen hätte begünstigen können, nicht belegt sei. Wahrscheinlicher wäre, dass die Virusinfektionen durch die stattgehabte immunsuppressive medikamentöse Behandlung begünstigt worden sei.
Das SG hat sodann zur Klärung der Zusammenhangsfrage bei Dr. J., Universitätsklinikum H., von Amts wegen das Gutachten vom 07.07.2010 eingeholt. Dieser hat aufgrund der vorgelegten und insbesondere der anlässlich der ambulanten Untersuchung erhobenen Befunde eine rheumatologische/autoimmune Erkrankung bzw. ein SLE nicht zu diagnostizieren vermocht. Auch wenn die Entität der damaligen Krankheitsperiode retrospektiv nicht vollständig aufzuklären sei, spreche insbesondere die Tatsache, dass es unter Absetzen jeglicher immunsuppressiver Therapie zu einer kontinuierlichen Besserung der Beschwerden gekommen sei, die auch weiterhin noch anhalte, gegen eine Autoimmunerkrankung. Eine solche könne vielmehr praktisch ausgeschlossen werden. Eine anhaltende gesundheitliche Folgeschädigung, ausgelöst durch die Impfung, liege aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vor. Zwar könnte die geschilderte Schwellung des Armes, die nicht durch ärztliche Befunde belegt sei, nach der Impfung als Impfreaktion diskutiert werden. Zum einen erscheine dies aber wegen des verzögerten Auftretens nach erst einer Woche unwahrscheinlich, da die Impfreaktion typischerweise unmittelbar, innerhalb von Stunden, nach der Impfung auftrete. Eine lokale Reaktion auf die Tetanus-Impfung (Rötung, Schwellung, Lymphknotenbildung) habe zum anderen keinen Krankheitswert und sei nicht als Impfkomplikation oder Impf- oder Impffolgeschaden zu bewerten. Die Theorie einer Reaktivierung oder Chronifizierung einer Virusinfektion durch die Impfung als Ursache der Erkrankung könne weder theoretisch noch im Hinblick auf klinische Erfahrung oder wissenschaftliche Studien nachvollzogen werden.
Die Klägerin hat hierauf beantragt, bei Prof. Dr. L. ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen und unter Vorlage einer entsprechenden Stellungnahme des Dr. St. vom 08.10.2010 gegen das Gutachten von Dr. J. eingewandt, es enthalte gravierende Fehler in der Anamnese und der Befunderhebung.
Mit Urteil vom 23.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen und ist hierbei der Einschätzung des Sachverständigengutachters Dr. J. gefolgt. Die von der Klägerin behauptete Fehlerhaftigkeit des Gutachtens sei dem Gericht nicht nachvollziehbar. Soweit Dr. St. ausführe, es sei - anders als im Gutachten unterstellt - bei der Klägerin direkt im Anschluss an die Tetanusimpfung zu einer Pleuritis mit Pleuraerguss sowie einer Perikarditis und einer Myokarditis gekommen, so setze er sich damit in Widerspruch zu seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 19.05.2008. Danach habe er die Klägerin nämlich erst ab dem 12.08.2008 (gemeint ist 2005) wegen thorakaler Beschwerden und Atemnot behandelt und erst im weiteren Verlauf eine Pleuritis mit Pleuraerguss sowie eine Perikarditis und eine Myokarditis diagnostizien können. Nicht weniger unverständlich sei, dass Dr. St. nunmehr davon spreche, bei der Klägerin seien bereits einen Tag nach der Impfung lokale Beschwerden am linken Arm aufgetreten, die zwei Tage nach der Impfung um linksthorakale Beschwerden und Atemnot gesteigert worden seien. Auch hier stelle sich die Frage, auf welcher objektiven Datengrundlage Dr. St. diese Befunde gesichert habe. Den Antrag nach § 109 SGG hat das SG als sog. wiederholenden Antrag abgelehnt, da besondere Umstände, die eine wiederholte Anhörung desselben Gutachters rechtfertigen würden, nicht gegeben seien. Das Gutachten von Dr. J. mache schon deshalb eine weitere Stellungnahme von Prof. Dr. L. entbehrlich, weil Dr. J. nicht in den Diagnosestreit zwischen Prof. Dr. P. einerseits und Prof. Dr. L. andererseits eingetreten sei.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 14.12.2010 zugestellte Urteil am 12.01.2011 Berufung eingelegt und nach Hinweis des Gerichts den Klageantrag auf die Feststellung von Gesundheitsstörungen als Impfschaden beschränkt. Im Übrigen hat sie an ihrer Auffassung festgehalten, dass das eingeholte Gutachten des Dr. J. fehlerhaft sei und die gezogenen Schlussfolgerungen falsch seien. Außerdem sei Dr. J. wegen Befangenheit abzulehnen, da er selbst in der Entwicklung von Impfstoffen tätig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. November 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Gesundheitsstörungen rheumatoide Reaktionen, beginnender systemischer Lupus erythematodes, rezidivierende Pleuroperikarditis, Arthralgien und Sonnenempfindlichkeit Impfschäden aufgrund der Tetanusimpfung vom 28. Juli 2005 darstellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Bescheid vom 06.03.2009 hat das LRA den Antrag auf Erhöhung des GdB abgelehnt, zugleich aber festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" erfüllt sind.
Die B. Beamtenversicherung hat den Antrag der Klägerin auf Leistungsgewährung aus der privaten Unfallversicherung abgelehnt (vgl. Aktenvermerk des Berichterstatters vom 03.01.2012).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtskate des SG, die Senatsakte, die vorgelegte Verwaltungsakte sowie die beigezogene Akte des LRA im Schwerbehindertenverfahren verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, weil die Berufsrichter des Senats die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Den Beteiligten ist mit gerichtlicher Verfügung vom 04.04.2011 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG gegeben worden. Zugleich ist der Kläger darauf hingewiesen worden, dass die Berufung wenig aussichtsreich erscheint (vgl. Bundessozialgericht [BSG], SozR 3-1500 § 153 Nr. 9).
Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 26.06.2007 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der genannten Gesundheitsstörungen als Impfschaden.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG:
Danach erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde oder die auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde oder die gesetzlich vorgeschrieben war oder die auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, im Falle der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit dieses Gesetz nichts Abweichendes bestimmt.
Nach § 2 Nr. 11 Halbsatz 1 IfSG ist im Sinne dieses Gesetzes Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.
Unter weiterer Berücksichtigung der im sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die von der Klägerin begehrten Feststellung somit der folgenden Voraussetzungen:
Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem BSeuchG, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59).
Die Schutzimpfung muss nach der im sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden:
"Die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Standard der Wissenschaft dar. Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 Infektionsschutzgesetz und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kannversorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 f Infektionsschutzgesetz durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte."
Die seit dem 01.01.2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 07.04.2011, a. a. O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Maßstäbe liegen die vorgenannten Voraussetzungen im Falle der Klägerin nicht vor.
Die Klägerin wurde am 28.07.2005 mit Td-RIX und Tetagam N geimpft (s. Impfkalender Bl. 12 ff d. V-Akte). Td-RIX ist eine Kombinationsimpfung gegen die Erkrankungen Wundstarrkrampf (Tetanus) und Diphterie. Die Td-Impfung hat gegenüber dem Diphterie-Tetanus-Impfstoff (DT-Impfstoff) einen verringerten Diphtherietoxid-Gehalt (STIKO, Epidemiologisches Bulletin 30/2005, Tabelle 4, S. 271). Hierbei handelte es sich um eine öffentlich empfohlene Schutzimpfung i. S. der §§ 20 Abs. 3, 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IfSG. Nach Ziff. 1 der Bekanntmachung des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg über öffentlich empfohlene Schutzimpfungen vom 30.04.2007 – Az.: 52-5423-1.1 – (GABl. Nr. 5 vom 30.05.2007 S. 233f.) werden in Baden-Württemberg die von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen für die dort genannten Personenkreise und Indikationen öffentlich empfohlen, soweit nicht Sonderregelungen für Baden-Württemberg (beziehen sich nur auf FSME, Hepatitis B und Influenza) getroffen werden. Die öffentliche Empfehlung für das Land Baden-Württemberg wird jeweils mit der Veröffentlichung der Impfempfehlung der STIKO im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts wirksam. Für Verletzungsfälle bei unbekannter Vorgeschichte der Tetanus-Immunisierung hat die STIKO im Juli 2005 für Personen im Alter von sechs Jahren und älter die schon zuvor ausgesprochene Empfehlung einer Td-Kombinationsimpfung unverändert übernommen (STIKO, Epidemiologischen Bulletin 30/2004, Tabelle 4, S. 249, 30/2005, Tabelle 4, S. 271). Vorliegend enthält der aktenkundige Impfkalender der Klägerin keine weiteren Eintragungen außer der am 28.07.2005 erfolgten Impfung. Ob und wenn ja wann und in welchem Umfang bei der Klägerin vor dem 28.07.2005 eine Tetanus-Grund- oder Auffrischungsimmunisierung vorgenommen worden war, ist daher nicht bekannt. Soweit bei der Tetanus-Immunprophylaxe im Verletzungsfall zwischen sauberen, geringfügigen Wunden und allen anderen Wunden unterschieden und von Seiten der STIKO eine Simultanimmunisierung mit TIG (Tetanus-Immunglobulin) bei sauberen, geringfügigen Wunden nicht empfohlen wird (Epidemiologisches Bulletin 30/2004, Tabelle 4, S. 249, 30/2005, Tabelle 4, S. 271), steht dies einer Simultanimmunisierung vorliegend nicht entgegen. Die Klägerin hatte sich beim Aufrichten im Treppenhaus in die Kopfhaut den Teil eines rostigen Nagels gestoßen, der operativ entfernt werden musste (vgl. Röntgenbild im Gutachten Dr. Sch. vom 29.03.2007). Eine saubere Wunde im Sinne der Impfempfehlung der STIKO lag daher nicht vor, sodass die Simultanimmunisierung mit Tetagam N (Wirkstoff Tetanus-Immunglobulin) somit der Empfehlung der obersten Landesgesundheitsbehörde (§ 20 Abs. 3 IfSG) entsprach. Hiervon geht auch der Beklagte aus (vgl. Bl. 28 d. V-Akte).
Zur Überzeugung des Senats leidet die Klägerin zum Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht an Gesundheitsstörungen, die als dauerhafte Gesundheitsstörung auf die Impfung vom 28.07.2005 zurückgeführt werden können. Dies entnimmt der Senat den Feststellungen des Sachverständigen Dr. J. zum Gesundheitszustand der Klägerin im Zeitpunkt seiner Untersuchung.
Anders als die Klägerin hält der Senat die Argumentation des Sachverständigen Dr. J. für überzeugend und widerspruchsfrei, die dagegen von Dr. St. erhobenen Einwendungen hingegen ebenso wie das SG für nicht nachvollziehbar bzw. nicht entscheidungserheblich. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Soweit die Klägerin Dr. J. erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 28.11.2011 für befangen erklärt hat, versteht der Senat dies nicht als förmliches Ablehnungsgesuch, das vor Erlass des angefochtenen Urteils in erster Instanz zu stellen gewesen wäre (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 9. Auflage 2008, § 60 Rdnr. 11), sondern als inhaltliche Einwendung gegen das Gutachten. Auch diesem Einwand vermag sich der Senat indes nicht anzuschließen. Die bloße Behauptung, Dr. J. sei schon zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens mit der Entwicklung von Impfstoffen befasst gewesen, wird durch keinerlei Nachweise belegt und wäre auch im Falle der Bewahrheitung allein kein Umstand, an der Neutralität des Gutachters zu zweifeln. Vielmehr würde hierdurch die besondere Qualifizierung des Sachverständigen im Bereich des Impfschadensrechts unterstrichen, wohingegen eine Parteinahme aus diesem Umstand allein in keiner Weise abgeleitet werden kann. Den Gedanken der Klägerin aufgenommen müsste jeder Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, da er mit juristischen Fragestellungen befasst ist.
Dr. J. hat aufgrund der vorgelegten und von ihm erhobenen Befunde keine rheumatisch/autoimmune Erkrankung bzw. SLE diagnostizieren können. Zum Untersuchungszeitpunkt am 20.05.2010 war ein Exanthem, insbesondere das für den SLE typische Schmetterlingsexanthem, nicht zu erkennen. Es bestanden zervikal, nuchal, axillär oder inguinal keine Lymphknotenschwellungen. Die Lunge war seitengleich belüftet, der Klopfschall sonor, die Lungengrenzen bds. verschieblich. Die Herztöne waren rein, rhythmisch und ohne pathologische Geräusche. Die Leber war nicht vergrößert, die Milz tastbar, das Nierenlager und die Wirbelsäule nicht klopfschmerzhaft. Die Gelenke waren frei beweglich, ohne arthritische Anzeichen, es bestand keine Rötung, Schwellung oder Funktionseinschränkung. Da die Klägerin zum Vorstellungszeitpunkt auch nicht über Beschwerden geklagt hat, hält der Senat die Feststellung des Sachverständigen Dr. J., dass eine anhaltende Folgeschädigung, ausgelöst durch die Impfung, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vorliegt, für überzeugend. Seither sind keine neuen medizinischen Befunde bekannt geworden, die eine Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin belegten. Insbesondere finden sich in der Stellungnahme des Dr. St. vom 08.10.2010 zum Gutachten des Dr. J. keine dementsprechenden Anhaltspunkte.
Zur Überzeugung des Senats hat die Klägerin aber auch im Zeitraum ab der Impfung bis zur gutachterlichen Untersuchung durch Dr. J. keine über eine übliche Impfreaktion hinausgehende gesundheitliche Schädigung (Impfkompliktion) erlitten, die mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung zurückzuführen ist.
Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung, d. h. am 28. oder 29.07.2005, ist es auch nach Angaben der Klägerin nicht zu irgendwelchen körperlichen Auffälligkeiten gekommen. Bei ihrer gutachterlichen Untersuchung durch Dr. Sch. hat sie am 27.01.2007 angegeben, es sei im Bereich der Injektionen ca. nach 1 Woche am linken Arm zu einer wahnsinnigen Schwellung gekommen. Im weiteren Verlauf habe sie Schmerzen unter dem linken Rippenbogen entwickelt. Bei Prof. Dr. L. hat die Klägerin am 12.10.2007 berichtet, es sei schon wenige Tage nach der Injektion zu starken, schmerzhaften Schwellungen im Injektionsbereich beider Oberarme gekommen, links deutlich stärker als rechts sowie zu einer deutlichen Schwellung der Lymphknoten und der beiden Achseln und im Halsbereich. Obwohl die Beschwerden für etwa 1 ½ Wochen angehalten haben sollen, findet sich hierzu keinerlei Hinweis in den Krankenunterlagen des Kreiskrankenhauses L., wo die Klägerin am 11.08.2005 notfallmäßig wegen seit zwei bis drei Tagen bestehender atemabhängiger Schmerzen linksthorakal aufgenommen worden ist. Aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin erst lange Zeit nach der Impfung von diesen Symptomen, teilweise widersprüchlich, berichtet hat und ärztliche Befunde insoweit nicht vorliegen, steht insoweit nicht zur Gewissheit des Senats fest, dass tatsächlich die Schwellungen in der geschilderten Weise vorgelegen haben. Unterstellt, es ist tatsächlich zu den Schwellungen des/der Oberarme/s und der Lymphknoten gekommen, was der Senat jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für erwiesen hält, handelt es sich hierbei nicht um eine Impfkomplikation im oben genannten Sinne. Zwar wird eine derartige Lokalreaktion im Zusammenhang mit der Tetanus-Simultan-Impfung beschrieben. Im Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2005 wurden dem Bundesamt für Sera und Impfstoffe, Paul-Ehrlich-Institut, als der für die Impfstoffsicherheit zuständigen Bundesbehörde, 65 Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen nach Tetanus-Simultan-Impfungen mit insgesamt 199 Impfreaktionen gemeldet. Hierzu zählen auch "Lokalreaktion mit Schwellung" (11), "Lokalreaktion mit Schmerzen" (9) und "Lymphknotenschwellung" (1) (Bl. 38, 39 d. V-Akte). Die genannten Fallzahlen belegen aber, dass nur in einer geringen Zahl an Fällen entsprechende Symptome aufgefallen und gemeldet worden sind. Zudem hat Dr. J.s in seinem gut nachvollziehbaren und in sich schlüssigen Gutachten darauf hingewiesen, dass solche Reaktionen typischerweise unmittelbar, d. h. innerhalb von Stunden nach der Impfung auftreten. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit noch weiter, dass die nach Tagen bzw. einer Woche aufgetretenen Schwellungen auf der Impfung beruhen können. In jedem Fall aber steht zur Überzeugung des Senats fest, dass den von der Klägerin beschriebenen Reaktionen kein Krankheitswert zukommt. Eine Impfkomplikation ist jede nach einer Impfung aufgetretene Krankheitserscheinung, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgeht (§ 2 Nr. 11 IfSG, BSG, Urteil vom 07.04.2011, a. a. O.). Kurzzeitig vorübergehende Lokal- und Allgemeinreaktionen, die als Ausdruck der Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff anzusehen sind, sind keine Impfkomplikationen (vgl. STIKO, Epidemiologisches Bulletin 25/2007, S. 209 ff.). Dass es sich bei den von der Klägerin geschilderten Beschwerden (Schwellungen) nicht um Krankheitserscheinungen handelte, hat der Sachverständige Dr. J. bestätigt und wird durch den Umstand verdeutlicht, dass die Klägerin wegen dieser Erscheinungen keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hat und nach eigener Einlassung der Klägerin bereits nach 1 ½ Wochen die Beschwerden wieder abgeklungen waren.
Auch im weiteren Verlauf ist es nicht zu einer Krankheitserscheinung gekommen, die auf die Impfung mit Wahrscheinlichkeit zurückgeführt werden kann.
Dies gilt zum einen für den SLE, einer Kollagenose, die den Autoimmunkrankheiten zugeordnet wird. Dass die Klägerin hieran zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. J. und auch in der Folgezeit nicht gelitten hat, wurde oben bereits dargestellt. Auch für den Zeitraum davor ist eine solche Erkrankung der Klägerin nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich zum einen zur Überzeugung des Senats aus den im Urkundenbeweis zu verwertenden Ausführungen des Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 26.11.2008. Dieser hat die Klägerin am 12.10. und 05.12.2007 untersucht und hierbei keine Hinweise für eine Kollagenose bzw. einen SLE gefunden. Die Laborwerte zeigten eine unauffällige Blutsenkung und ein unauffälliges für die chronische Erkrankung sensibles CRP. Die für den SLE typischen Antikörper (Doppelstrang-DNA, Antikörper gegen SM-Antigen, gegen Ro/SS-Antigen, gegen LA-SS-B-Antigen) ergaben sämtlich negative Ergebnisse. Insbesondere der Faktor C3d des Kompliment-Systems, der im Falle eines SLE deutlich erhöht sein müsste, war unauffällig. Aber auch für die Zeit vor der Begutachtung durch Prof. Dr. L. steht zur Überzeugung des Senats nicht fest, dass die Klägerin an einem SLE erkrankt war. Das American College of Rheumatology (ACR) hat einen Kriterienkatalog aufgestellt, der bei der Diagnose von Lupus erythematodes helfen soll. Dieser umfasst elf Kriterien, nämlich sowohl typische Lupus-Symptome und Beschwerden wie Hautveränderungen und Gelenkschmerzen als auch Laborbefunde wie Blutveränderungen (verringerte Zahl der roten oder weißen Blutkörperchen oder der Blutplättchen), bestimmte Autoantikörper im Blut (gegen DNA, Ribonukleoproteine, Phospholipide) und in der Mikroskopie (antinukleäre Antikörper = ANA). Zwar fällt bei fast allen SLE-Erkrankten der Test auf ANA positiv aus. Ein positiver ANA-Test lässt jedoch nicht zwangsläufig auf einen SLE schließen. Bei rund drei Viertel aller SLE-Patienten ist der Nachweis von Antikörpern gegen doppelsträngige DNA positiv (http://www.curado.de/Lupus-erythematodes-Symptome-9380). Sind vier der elf Kriterien vorhanden, gilt die Diagnose eines SLE als wahrscheinlich mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad von 80–90 vom Hundert (Gutachten Dr. J. vom 07.07.2010). Zwar hat Prof. Dr. P. die Diagnose SLE bei gegebenen drei von zu fordernden elf ACR-Kriterien für sehr wahrscheinlich gehalten (Arztbrief vom 17.02.2006). Und auch die Versorgungsärztin Dr. P. ist nach Hinzutreten des weiteren ACR-Kriteriums "Sonnenempfindlichkeit" retrospektiv davon ausgegangen, dass die Krankheitserscheinungen Pleuroperikarditis, Arthralgien, Sonnenempfindlichkeit, entzündliche Blutbildveränderungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Krankheitsbild SLE zuzuordnen sind (Stellungnahme vom 30.01.2007). Gegen die Annahme eines SLE spricht indes, dass die Klägerin bei ihrer Untersuchung am 31.01.2006 durch Prof. Dr. P. auf gezieltes Befragen Arthralgien, Hautausschläge, Sonnenempfindlichkeit, aphtöse Schleimhautveränderungen und Augenentzündungen verneint hat, der ANA zwar mit 1:800 deutlich erhöht war, eine Feinspezifität des ANA aber nicht bestimmt worden und der Phospholipid-Antikörper-Test negativ gewesen ist. Außerdem zeigten sich bei der Kontrolluntersuchung am 09.03.2006 keine Symptome für eine "Reaktivierung" des SLE (Prof. Dr. P. vom 13.04.2006). Trotz der am 24.07.2006 festgestellten feinfleckigen, nicht juckenden Exantheme an Armen, Beinen, Stamm und Gesicht und der angegebenen Morgensteifigkeit von 60 - 120 Minuten sowie den Knie- und Fingergelenksschwellungen hat Prof. Dr. P. lediglich den Verdacht auf einen beginnenden SLE diagnostiziert (Arztbrief vom 24.07.2006). Im Impfschadensrecht muss jedoch der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also die Impfkomplikation, im Vollbeweis, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Mit diesem Grad der Wahrscheinlichkeit lag zur Überzeugung des Senats zu keinem Zeitpunkt ein SLE bei der Klägerin vor. Insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Prof. Dr. L., wonach die spezifischen immunologischen Parameter für einen SLE auch im Stadium nach der Impfung zu keinem Zeitpunkt vollständig nachgewiesen werden konnten (Gutachten vom 26.11.2008). Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit ist damit nicht gegeben.
Doch selbst wenn davon ausgegangen werden könnte, dass die Klägerin nach der Impfung an einem SLE erkrankt war, könnte diese Erkrankung nicht als Impfkomplikation festgestellt werden. Denn der SLE wäre nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die Impfung vom 28.07.2005 zurückzuführen. Hierbei stützt sich der Senat auf die Erkenntnisse der Sachverständigen Dr. Sch., Prof. Dr. L. und Dr. J., die übereinstimmend einen solchen Zusammenhang ausschließen, da kein einziger Fall der Induktion eines SLE durch eine Impfreaktion in der medizinischen Wissenschaft bekannt geworden ist. Dementsprechend enthält auch die Liste der Impfreaktionen des Paul-Ehrlich-Instituts für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2005 keine Meldung einer Autoimmunerkrankung. Ebenso wenig werden in Nr. 57 der AHP 2005 solche Impfschäden bei Diphterie- oder Tetanusschutzimpfungen erwähnt (Impfschaden bei Diphterie-Schutzimpfung: Sehr selten akut entzündliche Erkrankungen des ZNS sowie Neuritis, vor allem der Hirnnerven, Thrombose, Nephritis; Impfschaden bei Tetanus-Schutzimpfung: Sehr selten Neuritis, Guillain-Barré-Syndrom). Auch die seit Ende 2006 zu berücksichtigenden Veröffentlichungen der STIKO (vgl. Nr. 57 AHP 2008) geben keinen Anlass, an den Einschätzungen der genannten Sachverständigen Dr. Sch., Prof. Dr. L. und Dr. J. zu zweifeln. Denn auch dort finden sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einer Tetanus-Diphterie-Kombinationsimpfung und einem SLE. Die STIKO hat erstmals im Jahr 2004 Hinweise zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen von Schutzimpfungen erarbeitet und diese fortgeschrieben (vgl. zuletzt Hinweise für Ärzte zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen bei Schutzimpfungen/Stand: 2007, Epidemiologisches Bulletin 25/2007). Die Hinweise umfassen alle in Deutschland zugelassenen Impfstoffe und stellen die unterschiedlichen Kategorien (Lokal- und Allgemeinreaktion, Komplikation, Krankheiten/Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung, Hypothesen und unbewiesene Behauptungen) von unerwünschten Wirkungen für die jeweilige Impfung dar. Mit der im Jahr 2007 erfolgten Aktualisierung wurden die seit 2004 neu zugelassenen Impfstoffe sowie die seit 2004 gewonnenen neuen Erkenntnisse berücksichtigt. In den Hinweisen wird die Impfung mit einem Td-Impfstoff, wie er vorliegend zum Einsatz gekommen ist wie folgt abgehandelt:
Lokal- und Allgemeinreaktionen Als Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff kann es häufig (bei bis zu 20 % der Impflinge) innerhalb von 1–3 Tagen, selten länger anhaltend, an der Impfstelle zu Rötung, Schmerzhaftigkeit und Schwellung kommen, gelegentlich auch verbunden mit Beteiligung der zugehörigen Lymphknoten. Sehr selten bildet sich ein kleines Knötchen an der Injektionsstelle, im Einzelfall mit Neigung zu steriler Abszedierung. Allgemeinsymptome wie leichte bis mäßige Temperaturerhöhung, grippe- ähnliche Symptomatik (Frösteln, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit, Kreislaufbeschwerden) oder Magen-Darm-Beschwerden (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) treten gelegentlich und häufiger bei hyperimmunisierten (häufig gegen Tetanus oder gegen Tetanus und Diphtherie geimpften) Personen auf. In der Regel sind diese genannten Lokal- und Allgemeinreaktionen vorübergehender Natur und klingen rasch und folgenlos wieder ab.
Komplikationen Allergische Reaktionen an der Haut oder an den Atemwegen treten selten auf. Einzelfälle allergischer Sofortreaktionen (anaphylaktischer Schock) wurden in der medizinischen Fachliteratur beschrieben. Erkrankungen des peripheren Nervensystems (Mono- und Polyneuritiden, Neuropathie, Guillain-Barré-Syndrom) wurden ebenfalls in Einzelfällen in der medizinischen Fachliteratur beschrieben.
Krankheiten/Krankheitserscheinungen in ungeklärtem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung
In Einzelfällen wurde in der medizinischen Fachliteratur über allergische Erkrankungen der Nieren und Thrombozytopenie (Verminderung der für die Gerinnungsfunktion des Blutes bedeutsamen Blutplättchenzahl) berichtet, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Diphtherie-Tetanus-Impfung auftraten. Es sind auch Einzelfälle zentralnervöser Störungen (Enzephalopathie) beschrieben worden. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung ist bei diesen Beobachtungen fraglich. Es könnte sich in der Mehrzahl dieser Einzelfallberichte um das zufällige zeitliche Zusammentreffen von miteinander nicht ursächlich verbundenen selbstständigen Ereignissen handeln.
Keinerlei gesonderte Erwähnung findet in den Hinweisen der STIKO der Einsatz des Simultanimmunisierungspräparats Tetanus-Immunglobulin (hier Tetagam N), sodass davon auszugehen ist, dass insoweit keine Gesundheitsrisiken bekannt geworden sind.
Mithin fehlt es an einer Wahrscheinlichkeit, dass der SLE - sollte er bei der Klägerin vorgelegen haben - auf die Impfung zurückzuführen ist.
Dies gilt in gleicher Weise für die weiteren Erkrankungen der Klägerin, soweit diese überhaupt als gesichert anzuerkennen sind.
Die von der Klägerin beklagten Gelenkschmerzen können lediglich in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung auf diese ursächlich gestützt werden und sind dann als Lokal- und Allgemeinreaktion und nicht als Impfkomplikation einzuordnen. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und arthritischen Erscheinungen (Arthralgien), wie sie von Prof. Dr. P. ab Januar 2006 trotz der insoweit negierenden Angaben der Klägerin anamnestisch festgestellt worden sind, kann nach den Hinweisen der STIKO nicht angenommen werden. Zwar wird in der aktenkundigen Liste des Paul-Ehrlich-Instituts auch Arthralgie/Athralgie als gemeldete Impfreaktion genannt. Hierbei handelt es sich aber lediglich um Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen. Der Umstand, dass die STIKO diese Reaktionen nicht in ihre Hinweise 2007 aufgenommen hat, belegt, dass aus ihrer Sicht kein ursächlicher Zusammenhang als gesichert oder überwiegend wahrscheinlich anzusehen ist. Vorliegend spricht außer dem zeitlichen Abstand zwischen der Impfung und den erstmals im Arztbrief von Prof. Dr. P. vom 17.02.2006 erwähnten, allenfalls lediglich flüchtigen Arthralgien (vgl. Gutachten Prof. Dr. L. vom 26.11.2008), die die Klägerin zudem auf gezielte Nachfrage verneint hat, gegen einen wahrscheinlichen Zusammenhang, dass - sollte die Klägerin an einem SLE erkrankt sein - sowohl die Arthralgien als auch die weiteren Erkrankungen (Pleuroperikarditis, Exantheme aufgrund von Sonnenempfindlichkeit) eher dieser Autoimmunerkrankung zuzuordnen wären als der Schutzimpfung.
Soweit Prof. Dr. P. zunächst den Verdacht auf eine rheumatoide Reaktion (Arztbrief vom 17.02.2006) und sodann einen Zustand nach rheumatoider Reaktion (Arztbrief vom 13.04.2006) diagnostiziert hat, fehlen Angaben zur Dauerhaftigkeit, Ausprägung und Verlaufsform dieser Diagnose. Ein Diagnoseschlüssel nach ICD-10 wird ebenfalls nicht vergeben. Der Senat ist unter Berücksichtigung der auch im Übrigen nur wenig zuverlässigen Angaben in den genannten Arztbriefen des Prof. Dr. P. nicht hinreichend überzeugt, dass es sich insoweit um eine isolierte Erscheinung mit Krankheitswert gehandelt hat. Diese Auffassung stützt der Senat auch auf das Ergebnis der ambulanten Untersuchung der Klägerin durch Prof. Dr. L. am 12.10. und 05.12.2007, wo sich bei passiver und aktiver Bewegung sämtliche große und kleine Gelenke innerhalb der physiologischen Grenzen frei beweglich gezeigt hatten. Hinweise für entzündliche oder degenerative Veränderungen hatten sich nicht ergeben. Insgesamt hatte die klinische Untersuchung körperlich keinen pathologischen Befund ergeben. Auch die am 12.10.2007 erhobenen Laborbefunde hatten keinen Hinweis für eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis ergeben.
Eine rezidivierende Herzmuskel- oder Perikardentzündung hat die Kardiologin Dr. W. bei Normalbefund im Übrigen zwar im Jahr 2006 mehrfach diagnostiziert (Befundberichte vom 22.05., 29.05., 12.07.2006), spätestens seit November 2007 lag diese indes nicht mehr vor (Befundberichte vom 02.11.2007, 11.01.2008, 22.02.2008). Dr. W. hat die kardialen Befunde sowohl mit einer rheumatoiden als auch einer viralen Genese für vereinbar gehalten. Einen Kausalzusammenhang mit der Schutzimpfung vom 28.07.2005 hat sie nicht festgestellt. Auch insoweit geben weder die AHP 2005 noch die Hinweise der STIKO irgendwelche Anhaltspunkte, dass nach Tetanus-Diphterie-Impfungen eine Pleuroperikardentzündung wahrscheinlich wäre. Auch hier spricht gegen einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang im Übrigen der zwischen der Impfung und der ersten gesicherten Diagnose liegende lange Zeitraum. Erstmals hat Dr. St. im Dezember 2005 die Diagnose eines Perikardergusses gestellt. Hierbei handelte es sich allerdings um eine Fehldiagnose, da sich nicht Flüssigkeit, sondern Fett im subperikardialen Raum angesammelt hatte, was auch zu einer Zurücknahme der im Robert-Bosch-Krankenhaus zunächst erfolgten Diagnose eines Perikardergusses geführt hat (Prof. Dr. Sechtem vom 24.01.2006). Soweit im Arztbrief des Prof. Dr. P. vom 17.02.2006 auf die Diagnose einer "rezidivierenden Pleuroperikarditis" des Robert-Bosch-Krankenhauses verwiesen wird, hat die revidierte Einschätzung vom 24.01.2006 nicht Beachtung gefunden. Bedenklich ist daher auch die Äußerung im Arztbrief des Prof. Dr. P. vom 13.04.2006, wegen des in der Echokardiographie festgestellten kleinen organisierten Perikardergusses zeige die Klägerin eine "Neigung zu rezidivierenden Perikardergüssen". Denn gesichert wurde ein solcher erstmals bei dieser Untersuchung, wenngleich auch nur in kleinem Ausmaß. Auch der von Dr. W. im weiteren Verlauf am 22.05.2006 festgestellte Perikarderguß war nur geringfügig (3 mm - 6 mm, Normalmaß 1 mm).
Soweit Prof. Dr. L. in seinem Gutachten vom 26.11.2008 die Auffassung vertreten hat, das bei der Klägerin aufgetretene, dem klinischen Bild nach einem SLE-Schub entsprechende Krankheitsbild könne auf einer durch den Impfvorgang ausgelösten Überreaktion beruhen, die zwar selten, bei Patienten mit anamnestisch vorgegebenen Überreaktionen aber möglich seien, kann die Klägerin sich hierauf schon deshalb nicht stützen, weil die Möglichkeit einer Verursachung nicht ausreichend ist. Wenn Prof. Dr. L. ohne weitere Erklärung und Begründung unmittelbar im Anschluss in seinem Gutachten einen Zusammenhang zwischen der erfolgten Impfung und den nachfolgenden schwerwiegenden Krankheitssymptomen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für gesichert hält, vermag dem der Senat schon deshalb nicht zu folgen, weil es an einer Differenzierung zwischen möglicher und wahrscheinlicher Verursachung fehlt. Aus medizinischer Sicht hat der sachverständige Gutachter Dr. J. überzeugend erklärt, dass die von Prof. Dr. L. vertretene Theorie einer Reaktivierung oder Chronifizierung einer Virusinfektion durch die Impfung als Ursache der Erkrankung weder theoretisch noch im Hinblick auf klinische Erfahrung oder wissenschaftliche Studien nachzuvollziehen ist. Zu Recht hat der Versorgungsarzt Dr. Götz darauf hingewiesen, dass eine klinisch relevante Immunsuppression durch die Impfung, die eine Aktivierung/Reaktivierung latenter Virusinfektionen hätte begünstigen können, nach Aktenlage nicht belegt ist (Stellungnahme vom 19.06.2009). Viel eher wahrscheinlich sei, dass die immunsuppressive medikamentöse Behandlung eine Virusinfektion, sollte eine solche vorgelegen haben, begünstigt hat. Dass die von der Klägerin geschilderten Beschwerden letztlich auf den frühen Beginn mit hochdosierter Immunsuppression noch vor adäquater Diagnosestellung zurückzuführen sind, lässt sich auch aus Sicht des Sachverständigen Dr. J. im Hinblick darauf diskutieren, dass sich die Beschwerden der Klägerin im Laufe der Zeit kontinuierlich rückläufig nach Absetzen jeglicher Therapie gezeigt haben.
Insgesamt hat daher zu keinem Zeitpunkt eine auf die Impfung mit Wahrscheinlichkeit zurückzuführende Impfkomplikation bestanden. Somit kann auch eine auf der Impfkomplikation mit Wahrscheinlichkeit beruhende dauerhafte Gesundheitsstörung nicht festgestellt werden.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 193 SGG zurückzuweisen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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