L 19 RJ 353/97

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 17 Ar 665/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 RJ 353/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.06.1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der am 1959 in Griechenland geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt und war in Deutschland von 1975 bis 1993 versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt als Kraftfahrer. Anschließend bezog er vom 09.03. bis 30.11.1993 Krankengeld. Damit endete der Versicherungsverlauf des Klägers, da er sich nicht arbeitslos bzw arbeitssuchend meldete.

Am 27.04.1995 beantragte der Kläger in erster Linie wegen eines "insulinpflichtigen Diabetes mellitus" die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte ließ den Kläger nervenärztlich, chirurgisch und internistisch untersuchen. Außerdem gewährte sie ihm während des Vorverfahrens als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation ein stationäres Heilverfahren (25.04. bis 23.05.1996). Mit Bescheid vom 03.01.1996 und Widerspruchsbescheid vom 13.08.1996 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil der Kläger noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit gewissen funktionellen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.

Das Sozialgericht Nürnberg (SG) hat mit Beschluss vom 01.10.1996 die Stadt Nürnberg - Sozialamt - zum Verfahren beigeladen. Weiter hat es mehrere Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte sowie die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg beigezogen. Der Internist Dr.G. hat am 17.12.1996 ein Gutachten erstattet, wonach die Erwerbsfähigkeit des Klägers hauptsächlich durch den bekannten Diabetes mellitus mit Folgeschädigung, eine Einschränkung der Sinnesfunktionen sowie krankhafte Veränderungen im Bereich des Bewegungsapparates (Wirbelsäulensyndrom) eingeschränkt sei. Sofern eine psychische Fehlhaltung, die sich bei orientierender Befunderhebung auf diesem Fachgebiet angedeutet habe, keinen schwerwiegenden Krankheitswert beinhalte, könne der Kläger leichte Arbeiten im Sitzen noch ganztägig verrichten. Die daraufhin vom SG gehörte Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.O. hat im Gutachten vom 05.03.1997 aus psychiatrischer Sicht eine erhebliche Somatisierungsstörung (Versagenssyndrom) auf dem Boden einer akzentuierten Persönlichkeit festgestellt. Nach Abschluss der stationären Heilmaßnahme (23.05.1996) habe sich der Gesundheitszustand des Klägers zunehmend verschlechtert und zumindest mit dem Zeitpunkt der Untersuchung (21.02.1997) einen Beeinträchtigungszustand erreicht, der selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch in geringfügigem Umfang (weniger als 2 Stunden täglich) zulasse. Im Hinblick auf die Ausführungen der ärztlichen Sachverständigen hat auch die Beklagte den Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit (EU) mit dem 21.02.1997 angenommen, einen Rentenanspruch jedoch weiterhin verneint, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Mit Urteil vom 10.06.1997 hat das SG die Klage abgewiesen: Der Kläger sei zwar ab 21.02.1997 erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes. Rentenleistungen stünden ihm jedoch mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht zu, weil er in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU lediglich für 22 Kalendermonate Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet habe. Sogenannte Aufschubtatbestände (Krankengeldbezug, Arbeitslosigkeit oder Kindererziehungszeiten) seien ab 01.12.1993 nicht nachgewiesen.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung macht der Kläger einen früheren als den vom SG mit dem Tag der Untersuchung durch die Nervenärztin Dr.O. (21.02.1997) angenommenen Leistungsfall geltend. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu beachten, dass er bereits mit Bescheid vom 29.08.1996 als Schwerbehinderter mit einem GdB von 100 anerkannt worden sei. Auf Grund der schweren körperlichen Beeinträchtigung habe ein krankheitswertiges Versagenssyndrom mit Sicherheit auch schon im Jahre 1996 vorgelegen. Im Vergleich zu den Gutachten über seine Pflegebedürftigkeit (Pflegestufe II ab Februar 1996) sei zwischenzeitlich eine weitere Verschlechterung eingetreten. Schon ein halbes Jahr vor Erstattung des Gutachtens vom 21.06.1996 (bezüglich der Pflegebedürftigkeit) sei er von seiner Ehefrau "fast rund um die Uhr versorgt und gepflegt" worden. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass sich bei der Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst der Beklagten am 12.12.1995 ein anderer Untersuchungsbefund ergeben habe als zum (nur 6 Monate späteren) Zeitpunkt der Beurteilung durch die Pflegefachkräfte, die seit mindestens Februar 1996 das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe II bestätigt hätten. Schon damals sei er (der Kläger) zur Fortbewegung ständig auf Unterarmgehstützen angewiesen und deshalb zur Ausübung einer Ganztagstätigkeit außer Stande gewesen.

Der Senat hat den Internisten Dr.T. zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 26.02.1998 zu dem Ergebnis, der Kläger habe ab Untersuchung durch Dr.O. einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr nachgehen, in der davor liegenden Zeit dagegen leichte Tätigkeiten mit Einschränkungen noch vollschichtig verrichten können. Die AOK Mittelfranken hat eine Aufstellung der AU-Perioden des Klägers für die Zeit vom 15.01.1991 bis 30.11.1993 (Ende der Mitgliedschaft) übersandt. Nach den beigezogenen Unterlagen des AVF Nürnberg war beim Kläger mit Bescheid vom 18.11.1993 ein GdB von 30, mit Bescheid vom 29.08.1995 ein GdB von 50 und ab 15.03.1996 ein GdB von 100 mit den Merkzeichen B, G, H und RF festgestellt worden.

Zur weiteren Begründung der Berufung hat der Kläger bezüglich der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der streitigen Rentenansprüche mit mehreren Schriftsätzen (vom 13.03. und 13.08.1998 sowie vom 18.01. und 07.05.1999) erstmals in der Rechtsmittelinstanz vortragen lassen, er habe bei der Beklagten bereits im Jahre 1993 die Vormerkung der Kindererziehungszeit (KEZ) für den am 12.10.1993 geborenen Sohn Spyridon zu seinem Versicherungsverhältnis beantragt. Er sei deswegen im November (später berichtigt auf Oktober) 1993 zusammen mit seiner Ehefrau (der Beiladenen zu 2) beim Versicherungsamt (VA) Nürnberg gewesen und habe mit einer Sachbearbeiterin lang und breit die günstigste Zuordnung der KEZ erörtert. Als Ergebnis sei in einem unterschriebenen Formular festgehalten worden, das erste (am 29.04.1992 geborene) Kind Apostolos solle seiner Ehefrau, das zweite aber ihm zugeordnet werden, weil er damals zu Hause war und nicht arbeitete. Die Sachbearbeiterin habe seinerzeit ausdrücklich erklärt, damit sei die Sache (für ihn) erledigt, sie werde alles nach Bayreuth schicken. Erst im Verhandlungstermin beim SG (am 10.06.1997) habe er erfahren, dass angeblich kein entsprechender Antrag bei der Beklagten eingegangen sei. Er habe deshalb noch am selben Tage in Begleitung seiner Ehefrau beim VA Nürnberg vorgesprochen. Bei dieser Gelegenheit habe die Sachbearbeiterin auf die bereits 1993 erfolgte Antragstellung hingewiesen und ihr Unverständnis zum Ausdruck gebracht, ihm (dem Kläger) bei einer weiteren Vorsprache aber erklärt, dass der (1993 gestellte) Antrag versehentlich nicht weitergeleitet worden sei.

Das Versicherungsamt der Stadt Nürnberg hat dazu mitgeteilt, der Kläger habe am 13.09.1993 unangemeldet vorgesprochen und einen Termin für den 18.10.1993, 9.30 Uhr vereinbart; weitere Eintragungen seien nicht feststellbar.

Beigeladen zum Verfahren sind die Stadt Nürnberg - Sozialamt - und die Ehefrau des Klägers, D. A ...

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Nürnberg vom 10.06.1997 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 03.01.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.1996 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie geht im Anschluss an das Gutachten der Nervenärztin Dr.O. ebenfalls davon aus, dass der Leistungsfall der EU am 21.02.1997 eingetreten ist. Ein früherer Leistungsfall lasse sich medizinisch nicht begründen. Um die Zuordnung der Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten (BÜZ) für das Kind Spyridon zu seinem eigenen Versicherungsverhältnis habe sich Kläger nach Aktenlage erstmals im Juni 1997 bemüht, den entsprechenden Formblattantrag auf Grund übereinstimmender Erklärungen beider Elternteile aber erst am 17.12.1997 gestellt. Der Rentenantrag vom 27.04.1995 enthalte dazu keine Angaben. Ein Leistungsanspruch bestehe daher weiterhin nicht, weil bei Eintritt der EU anstelle von 36 Monaten nur Pflichtbeiträge für 22 Monate vorhanden seien.

Der Senat hat sowohl den Kläger als auch die Beigeladene zu 2 (Ehefrau des Klägers) informatorisch angehört. Weiter hat er als Zeugen Frau A. H. und H. S. , beide Bedienstete der Stadt Nürnberg, als Zeugen einvernommen; insoweit wird auf die Niederschrift vom 14.11.2001 verwiesen.

Dem Senat haben neben den Versicherungsunterlagen des Klägers und der Beigeladenen zu 2 die Schwerbehindertenakte des AVF Nürnberg und die Streitakten erster und zweiter Instanz vorgelegen; auf deren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und auch im Übrigen zulässig (§ 144 SGG).

Das Rechtsmittel erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet. Das SG hat vielmehr zu Recht festgestellt, dass der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Bewilligung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat. Der Kläger ist zwar erwerbsunfähig im Sinne des Gesetzes. Für die Bewilligung entsprechender Leistungen sind aber die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne von § 44 Abs 1 Nr 2 und Abs 4 iVm § 43 Abs 3 SGB VI nicht erfüllt.

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit haben Versicherte nach § 44 Abs 1 SGB VI, wenn sie 1. erwerbsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten haben und 3. vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Der Kläger hat die allgemeine Wartezeit erfüllt (§ 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI). Er ist auch erwerbsunfähig im Sinne des § 44 Abs 2 SGB VI. Ob er außerdem "in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hat", hängt von dem Nachweis ab, dass der dem Monat des Leistungsfalles vorausgehende Fünfjahreszeitraum (ggf. erweitert um die in § 43 Abs 3 SGB VI genannten Zeiten) zu drei Fünfteln (= 36 Kalendermonate) mit Pflichtbeiträgen belegt ist. Entscheidender Ausgangspunkt dieser Prüfung ist zunächst die Festlegung des Leistungsfalls, also des Beginns einer zeitlichen Leistungsbeinbuße oder (mit anderen Worten) eines Zeitpunkts, von dem an der Kläger selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch untervollschichtig (4 - 6 Stunden täglich) verrichten konnte. Dass beim Kläger auf Dauer EU vorliegt, ist unter den Beteiligten nicht mehr streitig. Unterschiedliche Auffassungen bestehen lediglich darüber, wann die dafür verantwortliche Leistungsminderung eingetreten ist. Gestützt auf die Beurteilung der im Klageverfahren gutachtlich gehörten Nervenärztin Dr.O. gehen das SG und die Beklagte davon aus, dass eine rentenrechtlich bedeutsame, einer Ganztagsbeschäftigung des Klägers nachhaltig entgegenstehende ("zeitliche") Leistungseinbuße erst mit der Untersuchung vom 21.02.1997 nachgewiesen ist. Demgegenüber vertritt der Kläger den Standpunkt, dass in seinem Fall die Grenze zur EU deutlich früher überschritten war. Zwar hat er selbst im Verlaufe des durch den Rentenantrag vom 27.04.1995 eingeleiteten Rentenverfahrens und des anschließenden gerichtlichen Verfahrens keine eindeutigen Vorstellungen entwickelt, ab wann er seiner eigenen Einschätzung nach die Wettbewerbsfähigkeit um die Besetzung von Ganztagsarbeitsplätzen verloren hat. Seinem Gesamtvorbringen ist jedoch zu entnehmen, dass er von einem wesentlich früheren Leistungsfall ausgeht. Einmal ist die Rede davon, dass er ab Dezember 1995 wegen Pflegebedürftigkeit von seiner Ehefrau praktisch rund um die Uhr versorgt werden musste; jedenfalls hätten die zur Beurteilung seiner Pflegebedürftigkeit gehörten Fachkräfte im August 1996 bereits für die Zeit ab Februar 1996 das Vorliegen der Pflegestufe II bestätigt. In zeitlicher Nähe dazu, nämlich mit Wirkung vom 15.03.1996, habe auch das AVF Nürnberg bei ihm einen GdB von 100 sowie das Vorliegen der Merkzeichen B, G, H (= Hilflosigkeit) und RF anerkannt. Die erwähnten "Feststellungen" nach dem Pflegeversicherungs- und dem Schwerbehindertenrecht lassen zwar die gedachte Möglichkeit eines früher, dh vor dem 21.02.1997 eingetretenen Leistungsfalls zu; ein den Klageanspruch begründender, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geführter Nachweis der zwingenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 44 SGB VI ist dadurch aber nicht erbracht. Ebenso wie das SG im angefochtenen Urteil vom 10.06.1997 ist vielmehr auch der Senat nach eigener Überprüfung zu der Überzeugung gelangt, dass der Leistungsfall der EU erst im Februar 1997 eingetreten ist. Ein früherer Zeitpunkt - etwa die Rentenantragstellung vom 27.04.1995 oder eines der vorstehend genannten Daten - konnte auch nach dem Ergebnis der ergänzenden medizinischen Beweisaufnahme im Berufungsverfahren nicht festgestellt werden. Der Senat stützt sich dabei auf die Ausführungen des von ihm gehörten Sachverständigen Dr.T. , der in seinem Gutachten vom 26.02.1998 die beim Kläger abgelaufene Krankheitsentwicklung sorgfältig nachgezeichnet und den einzelnen Zeitabschnitten mit unterschiedlicher Belastbarkeit eine abgestufte (auf der Einbeziehung jeweils hinzugekommener Befunde beruhende) Leistungsbeurteilung zugeordnet hat. Seinen schlüssigen und überzeugenden Darlegungen, denen sich das Berufungsgericht anschließt, ist zu entnehmen, dass die zur EU führende Leistungsminderung erst durch die Untersuchung Dr.O. am 21.02.1997 nachgewiesen wurde und dass ein messbar früherer Zeitpunkt für die damals diagnostizierte Leidensverschlimmerung nicht mit der für einen Nachweis notwendigen Sicherheit festgestellt werden konnte.

Für den vom Senat in Übereinstimmung mit dem SG am 21.02.1997 angenommenen Leistungsfall erfüllt der Kläger zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren; es fehlt jedoch an der notwendigen Beitragsdichte des § 44 Abs 1 Nr 2 SGB VI, da (nach den bisher gespeicherten Daten zum Versicherungsverlauf) der letzte Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter für den Kläger im November 1993 entrichtet wurde. Maßgebend für die Prüfung der sogenannten 3/5-Deckung ist der dem Leistungsfall vorangegangene Fünfjahreszeitraum, soweit er sich nicht durch "Schubzeiten" im Sinne des § 44 Abs 4 iVm § 43 Abs 3 SGB VI verlängert (vgl unten). In der Zeit vom 21.02.1992 bis 20.02.1997 sind für den Kläger statt der erforderlichen 36 unstreitig nur 22 Monate mit Pflichtbeiträgen nachgewiesen, wobei wegen des in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Monatsprinzips auch die nur teilweise mit Pflichtbeiträgen belegten Monate als volle Monate berücksichtigt werden.

Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung des SG (am 10.06.1997) Zeiten der Arbeitslosigkeit und des Krankengeldbezugs nach dem 30.11.1993 selbst ausgeschlossen hat, kommen nach den gegebenen Umständen (Geburt der Kinder Apostolos und Spyridon am 1992 bzw 1993) außer zusätzlichen Pflichtbeiträgen (für Zeiten der KEZ nach § 56 SGB VI) innerhalb des bezeichneten Fünfjahreszeitraumes weitere Pflichtbeitragszeiten in Betracht, die wegen Verlängerung des Fünfjahreszeitraums durch BÜZ nach § 43 Abs 3 Nr 3 iVm § 57 Abs 1 SGB VI gegebenenfalls den von der Beklagten bisher anerkannten 22 Monaten hinzugerechnet werden müssen.

Für einen Elternteil im Sinne von § 56 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Abs 3 Nrn 2 und 3 SGB VI wird eine Kindererziehungszeit (KEZ) angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (§ 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI).

Da beide Kinder der Eheleute A. im Bundesgebiet geboren sind und hier innerhalb der aus den leiblichen Eltern bestehenden Familiengemeinschaft (gemeinsam) erzogen wurden, da ferner offensichtlich kein Elternteil nach § 56 Abs 2 Nr 3 und Abs 4 SGB VI von der Anrechnung einer KEZ ausgeschlossen ist, hängt die Berücksichtigung zusätzlicher Pflichtversicherungszeiten oder die Feststellung anrechenbarer BÜZ in der bislang unbelegten Zeit vom 01.12.1993 bis 20.02.1997 davon ab, ob und in welchem Umfang letztere dem Kläger zuzuordnen sind.

Nach früherer - zur Zeit der Rentenantragstellung und bei Erlass der streitbefangenen Verwaltungsentscheidungen einschließlich des angefochtenen Urteils noch praktizierter - Verwaltungsübung der Beklagten wurden KEZ bei gemeinsamer Erziehung durch die leiblichen Eltern ohne oder bei verspäteter Erklärung gemäß § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI in Anwendung der Auffangregel des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI auch dann der Mutter zugeordnet, wenn das Kind bei objektiver Betrachtungsweise überwiegend vom Vater erzogen wurde. Zwischenzeitlich haben sich die Rentenversicherungsträger der davon abweichenden Auffassung des Bundessozialgerichts (BSG) in den Urteilen vom 16.12.1997 - 4 RA 59/97 und 4 RA 60/97 - angeschlossen (vgl Mitteilungen der LVA Ofr/Mfr 2001 S 530). Danach ist auch bei gemeinschaftlicher Erziehung durch leibliche Eltern die Vorschrift des § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI anzuwenden, durch die kraft Gesetzes die KEZ dem überwiegend erziehenden Elternteil zugeordnet wird, soweit die Eltern nicht von dem ihnen gemeinsam zustehenden Gestaltungsrecht nach § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI Gebrauch machen.

Das Maß der jeweiligen Zuwendung der Elternteile zu ihrem Kind ist vom Versicherungsträger nach den Grundsätzen des § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu ermitteln (BSG aaO). Gleiches gilt im Streitfalle für die vom Gericht einzuhaltende Untersuchungsmaxime (§§ 103, 106 SGG).

Innerhalb der drei Kategorien der Erziehung, die § 56 Abs 2 SGB VI unterscheidet (Alleinerziehung, gemeinsame und überwiegende Erziehung), kommt eine Zuordnung an den Vater somit nur dann in Betracht, wenn er das Kind allein oder (bei Fehlen einer übereinstimmenden Erklärung nach § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI) überwiegend erzogen hat oder wenn die Eltern - bei gemeinsamer Erziehung des Kindes - eine übereinstimmende Erklärung abgegeben haben, dass die Erziehungszeit dem Vater (Kläger) zugeordnet werden soll.

Eine solche gemeinsame öffentlich-rechtliche (Willens)Erklärung des Klägers und seiner Ehefrau (der Beigeladenen zu 2) ist - entgegen dem Vorbringen des Klägers - für die hier entscheidungserhebliche Zeit vor dem 21.02.1997 nicht nachgewiesen. Der Kläger hat insoweit geltend gemacht, er habe bereits im Jahre 1993 zusammen mit seiner Ehefrau vor dem VA der Stadt Nürnberg eine entsprechende Erklärung abgegeben. Die Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 2 sowie die Einvernahme von Zeugen durch den erkennenden Senat hat jedoch ergeben, dass dieses Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Insoweit hat sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 14.11.2001 schon selbst korrigiert, als er einräumte, im Jahr 1993 ohne seine Ehefrau (die sich damals anlässlich der Geburt ihres zweiten Kindes in stationärer Behandlung befand) beim VA der Stadt Nürnberg vorgesprochen und die Zuordnung der KEZ für den Sohn Spyridon zu seinem Versicherungskonto beantragt zu haben. Die Zeugin H. , die von 1990 bis 2001 als Verwaltungsbeamtin beim VA der Stadt Nürnberg tätig war, konnte sich zwar wegen seines "ungewöhnlichen" Namens noch an den Kläger erinnern und bestätigte auch, dass sie am 17.12.1997 dessen Antrag auf Feststellung von KEZ aufgenommen habe. An frühere Vorsprachen hatte sie jedoch keine Erinnerung, konnte insbesondere nicht bestätigen, dass der Kläger 1993 einen (von ihr aufgenommenen) gleichartigen Antrag gestellt und dabei die Zuordnung der KEZ zu seinem Versicherungskonto beantragt hatte; sie hält dies eher für unwahrscheinlich, konnte es aber auch nicht vollständig ausschließen. Die insoweit (nach der Aussage der Zeugin H.) verbliebene Ungewissheit hat der Verwaltungsangestellte S. , der von 1980 bis 1995 beim VA Nürnberg in der Anmeldestelle für Rentenanträge eingesetzt war, durch seine klaren und eindeutigen Angaben im Rahmen seiner Zeugenvernehmung am 14.11.2001 ausgeräumt. Aus den Eintragungen in der noch vorhandenen Terminsliste konnte der Zeuge Inhalt und Ablauf einer Vorsprache des Klägers am 13.09.1993 zuverlässig rekonstruieren. Danach hat der Kläger an diesem Tage das VA aufgesucht und dem Zeugen gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er einen Rentenantrag (wegen BU bzw EU) stellen wolle. Dieser Zweckbestimmung der Vorsprache war sich der Zeuge S. absolut sicher, weil er damals (wie er es generell tat) den vom Vorsprechenden erfragten Grund seines Anliegens durch handschriftliche Kennzeichnung (hier Ankreuzen der Spalte 22 in der Terminsliste) in einer für jeden Mitarbeiter des Versicherungsamts eindeutigen Weise festgehalten hat. Diese "Buchführung" diente, wie der Zeuge dem Gericht erläuterte, vorrangig dem Interesse der Rentenantragsteller, weil dadurch gewährleistet war, dass die zunächst nur mündlich entgegengenommenen Anträge dokumentiert wurden und mit diesem Datum in die regelmäßig erst später (nach Vervollständigung der erforderlichen Unterlagen) aufgenommenen Formblätter übertragen werden konnten. Den mit dem Zeugen für den 18.10.1993 vereinbarten Termin hat der Kläger nicht wahrgenommen, aber auch später nicht mehr bei diesem oder einem anderen Bediensteten des VA vorgesprochen; denn der weitere (Außenstehenden nicht ohne weiteres verständliche) Eintrag in der Terminsliste ("spricht ohne Termin vor") besagt nicht, dass der Kläger im zeitlichen Umfeld des versäumten Termins vom 18.10.1993 zur Weiterbearbeitung des am 13.09.1993 nur mündlich gestellten Antrags im VA erschienen ist, sondern dass er (wahrscheinlich per Telefon) den Termin storniert und seine nochmalige Vorsprache für später angekündigt hat, ohne dafür einen bestimmten Zeitpunkt zu vereinbaren. Für diesen Geschehensablauf spricht auch die Tatsache, dass beim VA Nürnberg Aufzeichnungen über weitere Vorsprachen des Klägers (ausgenommen den Renten- und Kontenklärungsantrag vom 27.04.1995, die Anträge auf Kontenklärung und Feststellung von KEZ vom 12.06.1997 sowie den weiteren Antrag auf Feststellung von KEZ vom 17.12.1997) weder beim VA Nürnberg vorhanden noch der Beklagten mit entsprechenden Unterlagen zugegangen sind.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass im Jahre 1993 kein Antrag des Klägers und/oder der Beiladenen zu 2 auf Zuordnung von KEZ zum Versicherungskonto des Klägers gestellt wurde. Gleichzeitig hält das Berufungsgericht den Sachvortrag des Klägers im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13.08.1998 (als unrichtig und jeder realen Grundlage entbehrend) für widerlegt. Unter diesen Umständen scheidet auch ein (auf objektiv unrichtige oder unvollständige Beratung gestützter) sozialrechtlicher Herstellungsanspruch des Klägers im Sinne der Berücksichtigung von Pflichtbeiträgen für ihm zurechenbare KEZ von vorneherein aus. Insbesondere haben sich weder aus den beigezogenen Akten der Beklagten noch durch die Beweisaufnahme des Senats Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des VA Nürnberg ergeben, dass ein Antrag auf Vormerkung und vom Regelfall abweichende Zuordnung der KEZ nicht an die Beklagte weitergeleitet wurde. Das Berufungsvorbringen des Klägers ist auch insoweit nicht bestätigt worden, als er geltend machte, Bedienstete des VA Nürnberg hätten nachträglich derartige Versäumnisse eingeräumt. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Hinweis auf den handschriftlichen Vermerk, den die Zeugin H. am 17.12.1997 auf der "Erklärung über die Zuordnung von KEZ/BÜZ" angebracht hat, ist schon nach dessen objektivem Wortlaut nicht geeignet, als Bestätigung eines bereits im Jahre 1993 gestellten (gleichartigen) Antrags zu dienen. Mit dem Inhalt dieses Vermerks konfrontiert, war sich die Zeugin ziemlich sicher, dass sie ihn auf Wunsch des Klägers angebracht hat und "andernfalls" (bei eigener Kenntnis oder Vorhandensein beweisender Unterlagen über die behauptete Antragstellung im Jahre 1993) anders formuliert hätte.

Ist die gemeinsame Erklärung beider Elternteile überhaupt nicht, nicht übereinstimmend oder (wie hier für zurückliegende Zeiträume) nicht rechtswirksam abgegeben, kommt eine Zuordnung der KEZ an den Kläger nur dann in Betracht, wenn und so lange er das Kind nach objektiven Gesichtspunkten (vgl BSG in SozR 3-2600 § 56 Nr 10) allein oder überwiegend erzogen hat. Von einer solchen Fallgestaltung kann vorliegend lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum ausgegangen werden. Insoweit folgt der Senat den Bekundungen der Ehefrau des Klägers, die im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 14.11.2001 in ihrer Eigenschaft als Beigeladene angehört wurde. Nach ihren Angaben hat sie den Sohn Spyridon am 1993 durch Kaiserschnitt entbunden und nach Entlassung aus der Klinik (wegen einer schweren, möglicherweise durch eine Infektion im Krankenhaus ausgelösten Krankheit) zu Hause überwiegend das Bett hüten müssen. Dieser Zustand, in dem sie das Kind weder stillen noch tragen konnte, dauerte nach ihrer Einschätzung etwa vier bis sechs Monate. Der Senat hält es deshalb für bewiesen, dass der Kläger nach der Krankenhausentlassung der Beigeladenen zu 2 bis März 1994 das Neugeborene Kind Spyridon, gleichzeitig aber auch den älteren Sohn Apostolos überwiegend betreut und erzogen hat, selbst wenn er dabei kurzfristig (in den ersten 14 Tagen) von seiner Schwiegermutter und später in nicht unerheblichem Umfang von seinen Schwestern, einer Nichte sowie durch die Schwester seiner Ehefrau unterstützt wurde.

Bezüglich dieses Sachverhalts folgt das Gericht im Wesentlichen den Angaben der Beiladenen zu 2, die im Gegensatz zum Kläger auf den Senat einen absolut glaubwürdigen Eindruck machte. Das gilt auch für die Dauer ihrer krankheitsbedingten Unfähigkeit, dem Neugeborenen Säugling die mütterliche Zuwendung und Betreuung in einem Maße angedeihen zu lassen, dessen Umfang ihren eigenen Vorstellungen entsprach. Ihre Schilderung gegenüber dem Senat ließ deutlich werden, wie stark die Beiladene zu 2 unter der Situation gelitten hat und wie sehr ihr daran gelegen war, so bald wie möglich die "angestammte" Rolle als Hausfrau und Mutter wieder zu übernehmen. Da die Beigeladene zu 2 (abweichend von den Behauptungen ihres Ehemannes und teilweise in offenem Widerspruch zu ihm) die Dauer ihrer "Asthenie" selbst mit vier bis sechs Monaten angegeben hat, sieht der Senat in Anwendung der Grundsätze des § 286 Abs 1 ZPO einen Zeitraum von fünf Monaten nach der Geburt, der durch die Zuordnung voller Monate (als der kleinsten Teileinheit von KEZ) bis 31.03.1994 reicht, als hinreichend nachgewiesen an. Das gilt jedoch nicht für die weitere Zeit ab April 1994. Seither bestand nach den glaubhaften und der Lebenswirklichkeit entsprechenden Schilderungen der Beigeladenen zu 2 kein darstellbares Übergewicht des auf den Kläger entfallenden Anteils bei der Versorgung, Betreuung und Erziehung der Kinder.

Dass der Kläger das Kind Spyridon über den 31.03.1994 hinaus allein oder überwiegend erzogen hat, ist damit nicht glaubhaft gemacht geschweige denn bewiesen. Nachgewiesen ist eine Tatsache - hier die alleinige oder überwiegende Erziehung wenigstens eines Kindes - nur dann, wenn sie mit der für den vollen Beweis erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit feststeht. Insoweit sah sich der Senat nicht in der Lage, den persönlichen Angaben des Klägers zu folgen. Dieser hat schon bezüglich des Sachverhalts seiner Vorsprachen beim VA der Stadt Nürnberg einander widersprechende Auführungen gemacht. Darüber hinaus steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Berufungsverfahren zur Überzeugung des Senats fest, dass wesentliche Angaben über Inhalt und Ablauf mehrerer Vorsprachen beim VA Nürnberg nicht den Tatsachen entsprechen. Der Senat konnte sich daher bei seiner Entscheidung nur auf die glaubhaften Angaben der Beigeladenen zu 2 stützen. Nach den auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätzen von der objektiven Beweis- bzw Feststellungslast (vgl Meyer-Ladewig SGG 6.Aufl § 103 RdNr 19) geht die Unerweislichkeit von Tatsachen, aus denen ein Beteiligter günstige Rechtsfolgen für sich herleiten will, zu seinen Lasten. Der Senat konnte daher das Vorbringen des Klägers, er habe bis in das Jahr 1995 das Kind Spyridon überwiegend erzogen, mangels ausreichender Nachweise der Berufungsentscheidung nicht zugrunde legen.

Lassen sich demnach zusammenfassend für die Zeit ab April 1994 "überwiegende Erziehungsanteile" des Klägers (bei der Betreuung, Versorgung und Erziehung wenigstens eines seiner beiden Kinder) nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad feststellen, sind vielmehr stattdessen die Erziehungsbeiträge beider Elternteile im Familienverbund etwa gleichwertig zu beurteilen, wird die KEZ - wenn und so lange es an einer "übereinstimmenden Erklärung" der Ehegatten fehlt - nach der Auffangregel des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI der Mutter (Beigeladene zu 2) zugeordnet (BSG in SozR 3-2200 § 1227 a Nr 7 und SozR 3-2600 § 56 Nr 10). Dies hat zur Folge, dass dem Kläger gemäß § 56 Abs 2 Nr 9 SGB VI die Zeiten der überwiegenden Erziehung seiner beiden Kinder von Dezember 1993 (die Pflichtbeiträge während des an die letzte Beschäftigung anschließenden Krankengeldbezuges endeten am 30.11.1993) bis einschließlich März 1994 zuzuordnen sind. Dadurch erhöht sich die Zahl der Pflichtbeiträge im Fünfjahreszeitraum vor Eintritt des Leistungsfalls nicht lediglich um 4, sondern um 9 auf insgesamt 31 Kalendermonate. Nach § 56 Abs 5 Satz 2 SGB VI erstreckt sich die KEZ für Kinder, die nach dem 01.01.1992 geboren sind (vgl § 249 Abs 1 SGB VI) auf 3 Jahre, beginnend mit dem auf die Geburt folgenden Monat, für das Kind Apostolos also vom 01.05.1992 bis 30.04.1995. Wird während dieses Zeitraums von dem Erziehenden (dies war in den Monaten Dezember 1993 bis März 1994 der Kläger) ein weiteres Kind (Spyridon) überwiegend erzogen, für das ihm ebenfalls eine Erziehungszeit anzurechnen ist, wird die KEZ für dieses Kind um die Anzahl von Kalendermonaten der gleichzeitigen Erziehung verlängert. Anders als dies der Wortlaut des § 56 Abs 5 Satz 2 SGB VI nahe legen könnte, beträgt nach Auffassung des Senats die Verlängerung hier nicht lediglich 4, sondern 5 Monate. Zwar kommt die Zeit der Erziehung des erstgeborenen Kindes Apostolos für den Monat November 1993 als fiktive Pflichtbeitragszeit nicht zum Tragen, weil dieser Monat bereits mit einem Pflichtbeitrag (aus dem Bezug von Krankengeld, § 3 Satz 1 Nr 3 SGB VI) belegt ist. Das ändert aber nichts daran, dass es sich um eine "anrechenbare KEZ" handelt, die mit einer weiteren KEZ (für den zweitgeborenen Sohn Spyridon) zusammenfällt. Eine "Verlängerung" der KEZ um lediglich 4 Monate würde im Ergebnis bedeuten, dass der während des Krankengeldbezugs für Monat November 1993 entrichtete Pflichtbeitrag KEZ im Umfang von zwei Kalendermonaten verdrängt, was nicht der gesetzgeberischen Intention entspricht und bei verfassungskonformer Auslegung das § 56 Abs 5 SGB VI nicht zu billigen ist. Letztlich kann die Frage auf sich beruhen und braucht im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht abschließend entschieden zu werden, da der Kläger auch mit 31 Kalendermonaten nicht die notwendigen "drei Jahre Pflichtbeitragszeiten" erreicht und damit unverändert die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 44 Abs 1 Nr 3 SGB VI nicht erfüllt.

Der streitige Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit lässt sich auch nicht aus § 241 Abs 2 SGB VI iVm § 240 Abs 2 SGB VI herleiten. Danach sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der EU für solche Versicherten nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit mit sogenannten "Anwartschaftserhaltungszeiten" (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI) belegt ist oder wenn die EU vor dem 01. Januar 1984 eingetreten ist. Zwar hatte der Kläger vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt; es fehlte jedoch an den übrigen Voraussetzungen. Dass EU beim Kläger nicht bereits vor dem 1. Januar 1984 bestand, ist unter den Beteiligten nicht streitig. Nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf vom 02.07.1998 ist die Zeit vom 01.01.1984 bis 30.11.1993 lückenlos mit Pflichtbeiträgen belegt. Hinzu kommen nach Auffassung des Senats (vgl oben) fiktive Pflichtbeiträge für Kindererziehungszeiten vom 01.12.1993 bis 31.08.1994. Für den Rest des Jahres 1994 sind jedoch weder Pflicht- noch freiwillige Beiträge nachgewiesen; auch liegen für die Monate September bis Dezember 1994 keine sonstigen Anwartschaftserhaltungszeiten vor, wie sie in § 240 Abs 2 Nrn 2 bis 6 SGB VI abschließend aufgezählt sind. Darüber hinaus besteht nachträglich keine Möglichkeit für die bezeichneten Kalendermonate nachträglich freiwillige Beiträge zu entrichten, weil diese nach § 197 Abs 2 SGB VI nur wirksam sind, wenn sie bis zum 31. März des Folgejahres gezahlt werden. Zwar wird die Frist des § 197 Abs 2 SGB VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen (§ 198 Satz 1 SGB VI); wegen der zur "Lückenschließung" im Sinne des § 241 Abs 2 Satz 1 SGB VI für das Jahr 1994 erforderlichen freiwilligen Beiträge ist jedoch durch die Einleitung des Verwaltungsverfahrens über den streitigen Rentenanspruch keine Fristunterbrechung herbeigeführt worden, weil der Rentenantrag erst am 27.04.1995, also nach Fristablauf, gestellt wurde. Insofern führt auch die Bestimmung des § 241 Abs 2 Satz 2 SGB VI zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Danach ist die Lückenschließung durch Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten für solche Kalendermonate nicht erforderlich, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist. Diese Voraussetzung ist lediglich für freiwillige Beiträge ab 01.01.1995 gegeben, weil insoweit die Frist des § 197 Abs 2 SGB VI durch den Rentenantrag unterbrochen wurde.

September 1993 gestellten Rentenantrag ausgegangen werden. Zwar hat er bei seiner Vorsprache im VA Nürnberg am 13.09.1993 gegenüber dem Zeugen S. zum Ausdruck gebracht, dass er einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen EU bzw BU stellen wolle. Selbst wenn es sich bei der durch das Versicherungsamt vorgenommenen Erfassung als Rentenantrag bereits um die Einleitung eines Rentenverfahrens handeln sollte, kann auf diesen Antrag nicht zurückgegriffen werden, weil er vom Kläger nicht weiter verfolgt wurde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Umstand, dass der Kläger zur Aufnahme des Formblattantrags weder den für 18.10.1993 vereinbarten Termin wahrgenommen noch später wegen des Rentenantrags beim VA Nürnberg vorgesprochen hat. Darüber hinaus hat der Kläger im Rahmen seiner Anhörung durch den Senat erklärt, er habe im Herbst 1993 keinen Rentenantrag gestellt und sich damals auch nicht erwerbsunfähig gefühlt. Diese Einlassung ist zwar nicht geeignet, die Aussage des Zeugen S. zu widerlegen, dass der Kläger am 13.09.1993 wegen eines Rentenantrags vorgesprochen hat, erklärt aber sein nachfolgendes Verhalten, dem zu entnehmen ist, dass er damals bei der Beklagten kein Rentenverfahren einleiten wollte.

Mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hat der Kläger daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen EU.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved